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Ain't afraid to die - the unknown life

[KaoruxDIE] - [DIExToshiya]
von

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„Ladies & Gentlemen, wir befinden uns im Anflug auf Wien-Schwechat.....“ vernehme ich ziemlich verschlafen die Stimme einer Stewardess im fließendem Englisch und ich befolge brav alle Anweisungen. Der Grund, warum ich in einem Flieger in Richtung eines Landes befinde das ich nicht einmal ansatzweise kenne ist folgender: 1) weil ich es momentan in meinem Heimatland nicht aushalte und 2) weil einige Paparazzi das Haus ausfindig machen konnten, indem ich derzeit mit Kaoru zusammen lebe. Meiner Schwester als auch meinem Schwager habe ich es zu verdanken, dass ich für eine Weile unerkannt abtauchen kann und um ehrlich zu sein habe ich schon ein recht mulmiges Gefühl in mir. Wie reagiert Kaoru, wenn er heraus findet, wo ich mich zur Zeit wirklich befinde? Ich kann nur darauf hoffen, dass er meine Entscheidung nachvollzieht als auch versteht. Doch wenn ich geahnt hätte, wie stressig das ganze Prozedere wird nur damit ich endlich in die Maschine hinein darf, dann wäre ich sicherlich mit dem Schiff aufs Festland übergesetzt. Dieser Reise habe ich nur zugestimmt, da mir meine Schwester versprach, kein Wort davon zu Kaoru zu sagen und dieser Abstand wird uns allen sicherlich ganz gut tun. Wer weiß, vielleicht hilft es mir ja ins Ausland zu gehen und ich erlange all meine Erinnerungen auf einem Schlag wieder. Als die Maschine endlich landet seufze ich tief auf, da ich nun mehrere tausend Kilometer von meinen Freunden abgeschnitten bin und ich entscheide mich dazu, den großen Andrang in Richtung Ausgang etwas abebben zu lassen bevor ich selbst aussteige. Ein Musikstudent aus der Kansai Region war den ganzen Flug über mein Sitznachbar und er ist so freundlich mich bis in die Ankunftshalle zu begleiten. Beim Förderband, wo das Gepäck ausgegeben wird muss ich in meiner Tasche nach dem kleinen Block kramen auf dem die Farbe, Form als auch Größe meiner Tasche aufgezeichnet sind. Zum Glück für mich, dass ich meine eigene Handschrift lesen kann, sonst wäre ich selbst hier in der Fremde hoffnungslos verloren. Mit meinem Gepäck gehe ich nun in die Ankunftshalle, wünsche dem Studenten noch viel Glück für sein Studium und erst da entdecke ich ein älteres Ehepaar, dass ein Schild mit meinem Namenskanji in die Höhe hält. Mit einem kurzen Lächeln gehe ich auf die kleine Familie zu, verbeuge mich zur Begrüßung und ich bekomme mit, dass sie so etwas wie meine Gasteltern sind zu denen mich meine Schwester geschickt hat. Auf den Weg in die Wohnung erfahre ich schließlich, dass sie schon seit zwei Generationen in diesem Land hier leben und trotzdem immer noch die Sprache ihrer Ahnen beherrschen. Da ich vom Flug noch tierisch müde bin, schlafe ich immer wieder fast ein und bekomme nur verschwommen die an mir vorbei streichende Umgebung mit. Endgültig am Ziel angelangt falle ich so wie ich bin in das für mich bereit gestellte Bett und verfalle in einen traumlosen Schlaf. Ich bin in einer gewissen Hinsicht doch froh, dass ich momentan keine Träume habe die mich heimsuchen und ich bin auch geistig ziemlich erschöpft.
 

Erst am nächsten Tag rege ich mich halbwegs, doch merkwürdigerweise ist mir sauschlecht und ich verspüre keinerlei Appetit. Mein Gastvater erklärt mir, dass es wohl am Jetlag liegt, weil ich mich nicht wohl fühle und ich nehme wenigstens eine Schale Misosuppe zu mir. Selbst diese schmeckt mir kaum und ich frage mich gerade, ob ich mich nicht zu sehr daran gewöhnt habe, die traumhaften Speisen von Toshiya vor mir am Tisch zu haben. Da ich außerdem noch recht erschöpft bin von meiner langen Flugreise bin, verbringe ich die ersten Tage in Wien eher innerhalb der Wohnung bis sich mein angeschlagener Körper an die neuen Bedingungen angepasst hat, dabei verschlafe ich den Großteil meiner Zeit. Erst nach einer Woche geht es langsam bergauf mit meinem Kreislauf und ich kann einen kleinen Rundgang um den Wohnblock machen, in dem ich momentan untergebracht bin. Natürlich begleiten mich die jüngeren Kinder des Haushaltes am Anfang, um mir die verschiedenen Verbindungsmöglichkeiten in die Stadt hinein zu erklären, die ich mir zu Beginn nicht merken kann. Da in unmittelbarer Nähe ein Fluss liegt, gehe ich oft wenn das Wetter gut ist dorthin und ich geniesse es im Gras zu liegen & gleichzeitig etwas Sonne zu tanken. Am Abend nerven die Gelsen tierisch, die in riesigen Schwärmen sich auf einen stürzen und ich ende oft mit mehr als drei Gelsenstichen gleichzeitig auf dem Heimweg. Um ehrlich zu sein traue ich mich immer noch nicht, in ein öffentliches Schwimmbad zu gehen aufgrund der Narben die ich auf meiner Brust trage und selbst Kaoru gegenüber würde ich sie nicht auf freiwilliger Basis zeigen wollen. Selbst wenn diese Verletzungen sehr gut verheilt waren, so erinneren sie mich als feine weiße Linien daran, wie knapp ich dem Tod eigentlich entronnen bin. Die restlichen Narben auf meinem Kopf sind dank meiner langen Haare nicht zu sehen und deswegen habe ich mich auch dagegen entschieden, sie eines Tages wieder einmal schneiden zu lassen. Außerdem mag ich es wie meine Haare zur Zeit sind. Selbst bei höheren Temperaturen trage ich lieber ein Langarmshirt, weil sie mir angenehmer als ein ärmelloses T-Shirt sind und ich renne oft mit Jeans und einer dünne Jacke bekleidet herum, wobei mich glücklicherweise keiner zu erkennen scheint. Selbst wenn ich mit der Straßenbahn unterwegs bin schaut keiner zu mir und um ehrlich zu sein erleichtert es mich tief in meinem Inneren sehr, endlich vollkommen unbemerkt zu leben. Nun da sich mein System an die neue Umgebung angepasst hat wage ich mich schon auf etwas längeren Abständen außer Haus und es fasziniert mich sehr, unterschiedliche Sprachen auf einmal in Bus, Straßenbahn als auch U-Bahn zu hören. Vor kurzen ist mir erst aufgefallen, dass ich doch recht bewandert in der englischen Sprache bin und das erstaunt mich sehr. Irgendwann muss ich also nach der Schulzeit die Zeit gehabt haben diese Sprache besser zu lernen. Selbst die landestypische Sprache fällt mir recht leicht zu erlernen, wobei ich mich oft zu fragen beginne, wann ich in meinem Leben so ein Genie im Bereich Sprachen geworden bin.
 

„Aniki, begleitest du mich heute?“ fragt mich die Jüngste der drei Kinder, die gerade aufbrechen will und sie sieht mich direkt an. „Sicher doch, Yumi-chan“ kommt aus mir hervor, schnappe mir meine Tasche als auch meine Jeansjacke und verlasse mit ihr die Wohnung. Mit ihr bin ich sehr gerne unterwegs, da sie mir Teile der Stadt zeigt, die ich sonst nie während meines Aufenthaltes zu Gesicht bekommen hätte und obendrein macht es auch Spaß mit ihr unterwegs zu sein. Oft fahren wir eine bestimmte Strecke ab, die ich mir rasch merken kann und nebenbei kommt in mir manchmal die Frage auf, was meine Freunde in diesem Augenblick tun. Ob ich Kaoru davon überzeugen könnte, dass er ebenfalls in diese Stadt kommt? Gerade als ich an Kaoru denke überkommt mich ein leichtes Schuldgefühl, da ich ja ohne ihm ein Wort zu sagen nach Österreich geflogen bin und ich senke deswegen leicht meinen Blick. Ich würde mich ja liebend gerne bei ihm melden, doch ich tue es einfach nicht da ich a) meinen momentanen Standort nicht verraten und b) Kaorus Wut auf mich ziehen will. Ich könnte eventuell Toshiya anrufen, doch von dem habe ich ja leider keine Nummer. Seufzend blicke ich aus dem Fenster der Straßenbahn mit der wir gerade fahren und ich ertappe mich dabei, dass ich den schwarzhaarigen Bassisten von Dir en Grey doch etwas vermisse. Doch was ist es, dass mich so an ihn anzieht? Ich werd aus mir selbst nicht schlau und ich stehe auf, als mir Yumi andeutet das wir die nächste Station aussteigen. Mit einem Nicken folge ich ihr, ermahne mich innerlich dazu nicht weiter an Kaoru & Toshiya zu denken und ich folge ihr durch die Menschenmassen, die sich bei dieser Station bilden. Innerlich ermahne ich mich ruhig zu bleiben, da ich auf einmal in mir das Gefühl verspüre kaum Luft zu bekommen aufgrund der vielen Menschen um mich herum und ich atme tief aus, als wir in einen Waggon der U-Bahn einsteigen, der recht leer wirkt. „Du siehst etwas blass aus“ vernehme ich nur von ihr, wobei sie doch recht besorgt klingt und erst da wird mir bewusst, dass ich so oder so nie wieder auf einer Bühne stehen konnte. Was hilft es Dir en Grey, wenn ich da oben eine Panikattacke bekomme, nur weil die Halle gesteckt voll ist? Nein, es ist besser wenn ich mich komplett aus dieser Welt heraus halte, die ein Teil meiner Freunde ist und ich wundere mich gerade wie das Plattenlabel auf einen kompletten Ausstieg von mir reagieren wird.
 


 

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Toshiyas POV:
 

Es war doch gut, dass ich am Abend noch die Maschine nach Osaka genommen und unsere Leute von der Security angerufen habe, denn als ich am nächsten Morgen das Haus erreiche war es von Paparazzi umzingelt. Daisuke schien regelrecht erleichtert zu sein mich zu sehen und auch Kyo ist kurz darauf erschienen. Nach diesem Vorfall entschied Kaoru ihn vorerst zu seiner Schwester zu bringen und ich bin direkt nach Nagano zu meinen Eltern abgehauen, da ich den Paparazzi nicht über den Weg rennen wollte. Nun sind zwei Wochen verstrichen, die ich mit diversen Shootings kreuz & quer innerhalb Japans verbracht habe und auf meinem Handy bemerke ich eine Kurznachricht von Shinya. Seufzend lese ich mir diese durch, worauf ich den nächsten Zug nach Osaka nehme und mich gerade frage, warum uns Kaoru so kurzfristig zusammen trommelt. // Hoffentlich hat es nichts mit Daisuke zu tun // denke ich gerade, wobei ich noch bildlich vor mir habe, wie ich mit ihm am Dach des Gebäudes sitze, in dem unser Plattenlabel untergebracht ist. Kurz huscht mir ein Lächeln über die Lippen, da ich klar eine gewisse Unschuld in seinen Augen sehen konnte und auch wie er mich mit einer vertrauten Wärme angesehen hat. Dank dem Shinkansen bin ich noch am Nachmittag in Osaka und rufe mir ein Taxi, dass mich direkt zu Kaorus Haus bringt. Bei meiner Ankunft fällt mir sofort anhand von Kaorus Körpersprache auf, dass etwas nicht stimmt und schweigend gehe ich ins Wohnzimmer weiter, wo auch schon Kyo & Shinya anwesend sind. „Weiß irgendeiner von euch drei Bescheid, wohin sich DIE verschanzt hat?“ kommt die Frage nun aus Kaoru hervor, womit er die Katze aus dem Sack lässt und ich wundere mich ehrlich gesagt sehr, dass sich unser leader-sama zuerst an uns wendet. Während er auf eine Antwort wartet fällt mir sofort auf, mit welchem Blick mich Kaoru belegt und innerlich seufze ich lautlos auf. „Hast du bei seiner Familie schon nachgefragt?“ will ich nun wissen, während Kyo als auch Shinya verneinen den Rotschopf in den letzten vierzehn Tagen gehört oder gesehen zu haben und ich schlucke nur, als ich ein kurzes Aufblitzen in Kaorus Augen bemerke. „Sonst würde ich euch nicht fragen“ konterte Kaoru kühl auf meine Frage, wobei ich eine Ahnung habe, warum diese scheinbar nicht erreichbar ist. „Kaoru, überlasse es bitte mir. Ich werd ihn schon ausfindig machen und dich kontaktieren“ schlage ich ihm nun vor, stehe langsam auf und ich bin kurz davor in Richtung Tür zu gehen, als mir deutlich klar wird wie misstrauisch er mir gegenüber noch ist. Es kostet ihm sichtlich Überwindung meinem Vorschlag zuzustimmen und er will, dass ich mit Shinya in Kontakt bleibe.
 

Mit einem raschen Nicken verlasse ich kurz darauf das Haus und ich krame mir eine Zigarette hervor. Ich komme nicht umher leicht zu grinsen, da Daisuke von sich aus den Abstand zu Kaoru sucht. „Ich ahne schon, worum du deine Familie gebeten hast, Daisuke“ murmle ich nun vor mich hin, gehe die Straße entlang und es ist eine wahre Genugtuung für meine Seele, dass Kaoru momentan eine Informationsquelle weniger zur Verfügung hat. Nebenbei rufe ich meine Managerin an und bitte sie darum mir Termine in Übersee zu verschaffen. Ich weiß auch nicht, warum aber irgendwie kommt es mir so vor, dass Daisuke sich nicht mehr innerhalb des Landes befindet. Zum ersten Mal ist mir, dass sie regelrecht begeistert klingt über meine Entscheidung und sie bittet mich darum, mein Handy aktiv zu lassen um mich jederzeit erreichen zu können. Kurz darauf suche ich meine Wohnung in dieser Stadt auf, die ich ja in den letzten zehn Jahren mit der von Daisuke zusammen legen habe lassen und ich lasse mir gerade durch den Kopf gehen, was genau passiert ist. „Was nun, Kaoru? Was ist dein nächster Schritt?“ frage ich mich gerade, liege am Sofa und starre die Zimmerdecke an, dabei wundert es mich tief in meinem Inneren nicht, dass er Daisuke doch nicht so sehr kennt wie unser Herr leader-sama wohl dachte. Ist er wirklich nur so blind oder beabsichtigt er wirklich Daisuke gegen seinen Willen an sich zu binden? Das ich mit Shin in Verbindung bleiben soll ist nur ein taktischer Schachzug Kaorus, damit er Daisuke für sich haben kann, doch da spiele ich sicherlich nicht mit. Einen Zug von meiner Zigarette machend schreibe ich eine Kurznachricht an Shinya, dass ich wahrscheinlich bald selbst das Land verlassen werde um nach Daisuke zu suchen und kurz darauf erhalte ich auch schon einen Anruf meiner Managerin, dass sich für ein deutsches Jugendmagazin posieren soll. Leicht die Augen verdrehend stimme ich schließlich zu, mache einen erneuten Zug von meiner Zigarette und setze mich nun auf. Wenn ich schon einmal in Deutschland bin, so konnte ich locker in den anderen europäischen Ländern in denen wir zuvor während unserer Touren waren nach Daisuke suchen.
 

Die Visitenkarte der drei Anzugsträger hervor fischend starre ich diese lange an und auf einmal kommt mir eine Idee. Ich rufe Shinya an, da ich mit ihm wegen dieser Idee reden will, dabei richte ich mir nebenbei schon einige Taschen für den Abflug nach Europa her. Es ist zwar schon eine Weile her, dass ich mit der Band dort war, aber mein Englisch ist soweit mir selbst bekannt ist noch nicht eingerostet. Am frühen Abend treffe ich auf unseren Drummer in einem Café das nicht all zu weit entfernt liegt. Dort erzähle ich ihm von meiner Vermutung, wo sich Daisuke aufhalten könnte, bitte ihn an Kaoru die Visitenkarte weiter zu reichen die mir auf Okinawa überreicht wurde und teile ihm noch mit, dass ich mich erst in ein paar Tagen wieder bei ihm melden werde. Shinya nickt nur, dann bricht er auf mit den Worten, dass er Kaoru sofort in Kenntnis setzt über meinen Plan. Nach diesem Treffen streife ich durch die Straßen eine rauchend und zermartere mein Hirn, wo ich eigentlich mit der Suche anfangen sollte. Europa kenne ich nur aus dem Auto als auch aus dem Flugzeug heraus, wie soll ich da denn bitte Daisuke ausfindig machen? Was gibt mir aber die Sicherheit, dass er sich gerade dort irgendwo aufhält? Ganz einfach, indem ich innerlich versuche seinen Gedanken zu folgen. Es gibt nur zwei Kontinente, auf denen sich Daisuke sehr wohl fühlt: Europa & Amerika. Auf dem Rückweg in meine Wohnung überlege ich mir gerade, ob ich mir eventuell einen Dolmetscher anlegen sollte, doch durch den würde ich zu schnell als Bandmitglied Dir en Greys auffallen und ich entschließe mich dazu, bei meinem Englisch als Hilfsmittel zu bleiben. Gerade als ich bei der Tür herein bin, ruft mich erneut meine Managerin an und teilt mir meine Abflugdaten mit. Obendrein erfahre ich noch von ihr, dass mich mehrere Termine in Deutschland erwarten und ich seufze dabei lautlos auf. // Du tust es nur, um Daisuke zu finden // sage ich mir geistig, schnappe mir meine Taschen und breche nun in Richtung Flughafen auf, dabei muss ich an unsere allererste Reise in dieses Land denken. Jeder Einzelne war innerlich aufgeregt, da wir kaum wussten was uns dort erwarten würde und genau so fühle ich mich erneut, als ich zum Schalter in der Abflughalle aufbreche. Der erste Stop meiner Reise ist in Hamburg, gefolgt von den Städten Köln, Berlin und München. Wenigstens sind es nur so wenige Städte die ich aufsuchen muss aufgrund der Termine fürs Fotoshooting und beim Boarding spiele ich mich gerade mit dem Gedanken, in München eventuell über die Grenze nach Osten zu reisen. „Es wird zwar stressig, aber wenigstens muss ich nicht Kaoru über den Weg laufen“ bringe ich nur hervor, lehne mich in meinen Sitz zurück und schließe meine Augen.
 

Nach mehr als zwölf Stunden in der Luft habe ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen und ich fühle mich ganz & gar geschlaucht. Scheinbar bin ich es nicht mehr gewohnt, einen Langstreckenflug in einem Durchgang zu absolvieren. Leicht gähnend gehe ich samt meinem Gepäck auf den Ausgang zu, wo ich schon von mehreren Herrschaften erwartet werde und tief in meinem Inneren bin ich froh, dass ich erst in drei Tagen mein Shooting in der Hamburger Innenstadt habe. Bis dahin kann ich mich wenigstens akklimatisieren und in Ruhe darüber nachdenken, wo sich Daisuke befinden könnte. Im Hotel angelangt liege ich nachdenklich in meinem Zimmer, starre die Zimmerdecke an und ich frage mich gerade, wie es ihm gerade so geht. Mit absoluter Sicherheit steckt Daisuke nicht in einem luxuriösem Hotel. Meine Augen schließend wandern meine Gedanken an früher, wo ich nur mit ihm ein Zimmer teilen konnte, da Kyo sich aufgrund der vielen Klamotten beschwerte, die dieser überall verstreute. Eigentlich waren ja Kyo, Daisuke und ich dazu eingeteilt worden ein Zimmer miteinander zu teilen, aber da wir in seinen Augen zu viel Chaos auf einmal verursachten zog er lieber zu Kaoru & Shinya. Ein leichtes Grinsen huscht mir über die Lippen, als ich mich noch ganz gut daran erinnern konnte, dass selbst Kaoru fast der Schlag getroffen hätte aufgrund der im ganzen Zimmer verteilten Kleidung von uns beiden. Daisuke und ich haben uns halt nicht entscheiden können, was wir denn konkret anziehen sollten, wobei es der eigentliche Hauptgrund für diese Unordnung gewesen war. Am Ende rannten wir in der Kleidung des Anderem zum geplanten Interview und Kyo hat dabei sichtlich die Augen verdreht. Hey, wir waren zu dem Zeitpunkt jung & obendrein passten uns auch die Klamotten des Anderen wie angegossen. Amüsiert von dieser Erinnerung schüttle ich leicht meinen Kopf, schlüpfe aus meinen Sachen und springe rasch unter die Dusche, dabei driften meine Gedanken zu Daisuke ab.
 


 

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Gerade als ich mit Yumi das Einkaufszentrum betrete in das sie hinein will, bekomme ich ohne jegliche Vorwarnung Schluckauf und ich frage mich gerade, woher dieser wohl kommt. „Scheinbar denkt jemand an dich, dem du ziemlich wichtig bist, Daisuke aniki“ höre ich nun von ihr, wobei sie regelrecht amüsiert klingt und ich befolge ihren Tip, indem ich den Buchstaben der an mich denkenden Person zu erraten versuche. „Ein T wie treulos“ antworte ich ihr, sehe sie direkt an und ich bin ehrlich gesagt verwirrt. Ich kenne doch niemanden im meinem vertrautem Umkreis, dessen Name mit T beginnt. Es ist fast so, als wolle dieser Schluckauf nicht aufhören und je verzweifelter ich nun nachdenke, wer es den sein könnte, desto heftiger und unerträglicher werden diese Schübe. „Toshimasa Hara“ murmle ich nun leicht rot geworden vor mich hin, als mir endlich eine Person mit diesem Buchstaben einfällt und kaum das mir dieser Name über die Lippen fällt hört auch mein Schluckauf endlich auf. „Und, schon heraus gefunden, wer es denn war?“ fragt sie mich recht neugierig geworden nach, wobei ich ein sichtliches Glitzern in ihren Augen sehe und ich nicke nur kurz, da ich selbst vor Kaoru diesen Namen bisher geheim gehalten habe. „Diese Person muss wohl ziemlich intensiv an dich gedacht haben, so heftig wie dein Schluckauf war“ meint sie nur mit einem aufmunterndem Lächeln und einem schelmischen Aufblitzen ihrer Augen, dann führt sie mich in ein Running-Sushi Lokal, wo schon ihre Freundinnen auf sie warten. Ob sie recht damit hat? Soll das etwa heißen, dass er mir doch vergeben hat für die Fehler, die ich begangen habe? Denkt er etwas deswegen so sehr an mich? Schweigend sitze ich neben Yumi und lasse meine Gedanken weit abschweifen. Ich könnte ja versuchen ihn zu erreichen. Doch als ich mich daran erinnere, wie ich bei meinem letzten Versuch ihn anzurufen reagiert habe, schießt mir leichte Röte ins Gesicht und ich starre die Tischplatte vor mir an. Das muntere Geschwätz der Mädchen ausblendend spüre ich klar, dass mein Herz gerade schneller zu schlagen beginnt, nur weil ich gerade an Toshimasa Hara denken muss und ich frage mich in diesem Augenblick, wann ich eigentlich damit angefangen habe so sehr an ihm zu hängen. „Klar komme ich mit“ antworte ich, als mich Yumi aus meinen Gedanken reißt und mich fragt, ob ich mit ihnen in die Innenstadt fahren will. Auch wenn ich nicht sonderlich Appetit gehabt habe, so habe ich wenigstens etwas von den angebotenen Speisen probiert und ich muss sagen, dass Toshiya um Meilen besser kocht als die Köche dieses Lokals. Gestaffelt brechen wir nun zur U-Bahn auf, dabei fällt mir erst jetzt bei der schlanksten der drei komplett in schwarz gekleideten Mädchen auf, dass sie verschiedene Bilder auf ihrer Tasche befestigt hat. „Wer sind die denn alle?“ will ich nun wissen, da meine Neugier angestiegen ist und in der U-Bahn sitzt sie direkt neben mir. Aufmerksam höre ich ihr genau zu, als sie mir erklärt, wer alles auf diesen Bildern oben ist und ich bin ehrlich gesagt überrascht, dass selbst in Österreich Dir en Grey ein Begriff ist.
 

Nun will ich wissen, wie sie die Band findet und ob sie schon einmal auf ein Konzert von ihnen war. Ich bin so froh, dass Yumi ihnen gegenüber verschweigt, wer ich wirklich bin und während wir uns mehr über Dir en Grey unterhalten ist mir, dass ich am besten Weg bin mich selbst besser kennen zu lernen. Den restlichen Tag verbringen wir durch die Innenstadt bummelnd, dabei lerne ich sogar recht abstruse Themen kennen, warum Dir en Grey momentan auf Pause sind. Schmunzelnd schüttle ich nur den Kopf, als ich die unmöglichsten Verschwörungstheorien zu Ohren bekomme und ich bin regelrecht gespannt, wie Kaoru wohl auf all diese Nachrichten reagieren wird. In einer dieser Thesen gelte ich sogar als das absolute Unschuldslamm und ich muss mich sichtlich zusammen reißen um nicht vor lauter Lachen zu platzen. // Oh mann, Kaoru, wenn du das nur hören könntest // denke ich gerade, grinse nur vor mich hin und für mich ist es lange her, dass ich mich so ausgeglichen gefühlt habe. „Ich kann ja mal versuchen, ob ihr näher an die Band ran kommen könnt, denn ein Freund von mir ist zwar Anwalt oder so was in die Richtung, aber er kennt Dir en Grey persönlich“ gebe ich nun von mir, worauf die Augen der jungen Mädchen nur so vor Begeisterung aufleuchten und ich kenne da drei Personen mit Anzug, die absolut gegen diese Idee von mir wären. Außerdem hätte Kaoru sie an der Backe und nicht ich. Am Abend fahre ich mit Yumi zurück und mir fällt klar auf, wie nachdenklich sie auf einmal wirkt. „Daisuke aniki, findest du nicht, dass du dich heute zu auffällig benommen hast?“ fragt sie mich nun und bestürzt stelle ich fest, dass sie mit ihrer Frage recht hat. Was in aller Welt hat mich bloß dazu veranlasst so gedankenlos zu handeln? Ich bin ja momentan so etwas wie Dir en Greys Maskottchen, also sollte ich doch alles Mögliche tun um meine Freunde als auch ihre Privatsphäre zu schützen. „Es ist mir nicht aufgefallen“ bringe ich leise hervor, senke schuldbewusst leicht meinen Blick und tief in meinem Inneren hoffe ich sehr darauf, dass keiner der Paparazzi nun erfährt, wo ich mich gerade aufhalte. „Sieh zu, dass du beim nächsten Mal etwas vorsichtiger mit deinen Worten bist, Aniki“ sagt sie nun aufmunternd zu mir, lächelt mich kurz an und ich nicke nur darauf. Yumi hat recht, in Zukunft sollte ich doch vorsichtiger mit bestimmten Aussagen sein und obendrein würde ich von Kaoru gekillt werden, wenn er davon Wind bekommt, was ich wildfremden Menschen auf offener Straße vorgeschlagen habe.
 

// Kao killt mich so oder so // denke ich nun schmollend, verziehe mich in mein Zimmer, nachdem wir wieder angelangt sind und ich lehne mich bei der Wand neben meinem Bett an. Dabei lausche ich aufmerksam dem Song ain't afraid to die, welcher gerade gespielt wird und ich seufze tief auf. Ich muss zugeben, heute habe ich mich wirklich total daneben benommen. Ich sollte unbedingt damit aufhören, mich den Teenagern als auch jungen Erwachsenen so dringend anpassen zu müssen, denn ich gehöre ja offensichtlich nicht mehr in diese Altersgruppen hinein. Seufzend stehe ich kurz auf, schnappe mir meine Malsachen, setze mich auf den Boden, schließe kurz meine Augen und horche ganz genau auf die Takte des nächsten Songs. Dann öffne ich meine Augen und ich beginne mit dem ersten vernehmbaren Klang zu zeichnen. Ich lasse mich dabei treiben und versuche mir nebenbei vorzustellen, wie meine Freunde bei ihren Proben diesen Song perfomen. Die Art, wie Shinya den Takt auf seinem Drumset angibt; Toshiya & Kaoru die hochkonzentriert ihren Riffs folgen und obendrein Kyo, dessen kraftvolle Stimme diesem Grundgerüst folgt. Ein kurzes Lächeln huscht mir über die Lippen, als ich kurz über meine entstehende Zeichnung streiche und erst da erkenne, dass ich Kyo genau so zeichne, wie ich ihn mir gerade auf einer Bühne vorstelle. Im Augenblick ahne ich nicht im Geringsten, dass ich durch diesen Vorgang meine aufkommenden Erinnerungen an früher auf Papier festbanne und ich stecke sehr viel Zeit als auch Energie in diese Zeichnungen hinein. Meistens sind es Kyo & Shin, die ich da in den mir passenden Farben auf Papier banne, daneben zeichne ich auch gerne, wenn ich unten am Fluß bin. Sogar mit Acrylfarben habe ich begonnen und da ist mir ein Bild von Kaoru gelungen, dass ich ihm bei meiner Rückkehr geben möchte. Auch von Tosh sind schon zwei Leinwände mit ihm als Motiv bemalt worden. Doch einen Block rühre ich momentan nicht an, da ich andauernd knallrot werde, wenn ich mir die Zeichnungen darin anschaue. Es wäre mir sehr peinlich, wenn Kaoru sie sehen würde, denn in meinen Augen sind diese von mir erschaffenen Zeichnungen völlig absurd und hirnrissig. Nie im Leben würde ich mit einem Mann auf intime Weise zusammen sein und doch hat sich vor ein paar Tagen die Theorie anderwertig bewahrheitet - sehr zu meinem Leidwesen oder sollte ich doch eher sagen sehr zu meinem Glück?
 

Da ich die Stadt auch einmal bei Nacht sehen wollte, war ich am Wochenende ausgegangen ohne vorher zu wissen wie diese Nacht für mich enden würde. So gut es ging schlug ich mich mit meinem wenigen Deutsch recht gut durch und ich bin mit einer Gruppe von Jugendlichen in einen Club gegangen, der voll gestopft war. Bei der Tür bin ich umgedreht, da mir zuviele Menschen darin erschienen und eine rotblonde Frau in hohen Schuhen & sehr knappen Glitzerkleid kam auf mich zugewackelt. Sie scheint Interesse an mir zu haben, deswegen stimmte ich zu sie hinein zu begleiten und ich war erstaunt darüber, nicht durch die Menschenmassen zu müssen. Anfangs redet sie nur mit mir und sie füllt mich mit Alkohol ab, doch nach dem ersten Glas Sekt wird mir so schlecht, dass ich mich direkt vor ihren Füßen mehrfach übergeben muss. Angewidert rümpft sie ihre Nase und schickt mich davon, dann stehe ich vor dem Club und schlendere weiter durch die Straßen. In einem anderen Club versuche ich mein Glück und eine Brünette wird auf mich aufmerksam. Sie scheint recht nett zu sein, worauf wir rasch ins Gespräch kommen und dann in einem unbeobachteten Moment gemeinsam aufs Damenklo verschwinden. Gerade als ich sie küsse ist mir, als fühle ich überhaupt nichts dabei und werde ehrlich gesagt langsam unsicher, ob ich gerade wirklich das Richtige tue. In jenem Moment, als sie mir über den Schritt streicht schaffe ich sofort Abstand zu ihr und blicke sie verwirrt an. Denn in dem Augenblick, als sie es erneut versucht mich zum Großteil zu entkleiden und zu berühren, habe ich auf einmal einen gutaussehenden schwarzhaarigen Mann vor mir, dessen rehbraune Augen halb geschlossen sind und er sich unter meinen Berührungen leicht zu räkeln beginnt. „Tut mir Leid“ murmle ich ihr nur entgegen, richte rasch meine Kleidung und stürme aus dem Club hinaus. Auf den Weg heimwärts kriege ich diese Bilder einfach nicht mehr aus dem Kopf und rot geworden verschwinde ich rasch in meinem Zimmer, dabei bin ich mehr als erleichtert, dass alle schon schlafen. Um mich innerlich zu beruhigen springe ich rasch unter die Dusche, doch auch dort bekomme ich die Bilder des Schwarzhaarigen nicht mehr aus dem Kopf, wie er nackt unter mir liegt. Nun renne ich komplett rot an, warum auf einmal habe ich solche Bilder, die in meinem Kopf herumspuken und wieso gerade mit einem Mann? kami-sama, sag bitte, was habe ich denn falsch gemacht? Einen Blick an mir selbst hinunter werfend schlucke ich nur, da ich ein sichtliches Problem hatte und in einer gewissen Weise bin ich doch halt froh, dass es nicht Kaoru ist den ich da nackt vor meinen Augen habe. Meinen Mut zusammen nehmend schließe ich meine Augen, atme tief ein & aus und tue das, was wohl für jedem Mann das Natürlichste in so einer Situation war. Danach war ich nur teilweise zufrieden gestellt, da mir tief in meinem Inneren doch etwas Wichtiges abging. Bevor ich schlafen gehe, verbanne ich diese unartigen Bilder noch in einen Block, den ich noch nicht angerührt habe und anfangs wusste ich nicht, wen ich denn da in so lasziven Posen zeichne.
 

Da meine neueste Zeichnung mit Kyo erstmal vom Grundaufbau her fertig ist, strecke ich mich etwas und ich mache mich nun an die Colorierung, dabei blicke ich kurz auf, als Yumi bei der Tür herein blickt. „Ein Anruf für dich, Aniki“ sagt sie nun zu mir, dabei blicke ich von meinem Block auf und nicke nur leicht. Sorgsam lege ich alles auf den Tisch, dann verlasse ich das Zimmer und überlege fieberhaft, wer mich denn hier anrufen könnte. Schlagartig überkommt mich eine gewisse Übelkeit, als ich innerlich die leise Vorahnung bekomme wer denn der Anrufer in Wahrheit sein kann. Bei der Wand angelehnt stelle ich fest, dass mir auf einmal total schwindlig geworden ist und mein ganzer Körper sich zittrig anfühlt. „Ich lege mich hin“ murmle ich nur Yumi entgegen, die wie der Rest der Familie recht besorgt wirkt und kaum das ich mich in mein Bett gelegt habe, dreht sich alles vor meinen geschlossene Augen wie bei einem nie enden wollenden Ringelspiel. „Daisuke-kun? Wie geht es dir?“ vernehme ich nun die Stimme von Yumis Mutter, die nach mir sieht und ich habe imer noch meine Augen geschlossen. „Etwas besser“ antworte ich ihr leise, dabei starre ich nun die Zimmerdecke an und ich frage mich gerade, wieso mir auf einmal so schlecht geworden ist. „Es war eine deiner beiden Schwestern, sie meint sie ruft später noch einmal an“ richtet sie mir nun aus, dann verlässt sie mein Zimmer und tief in meinem Inneren spüre ich klar, wie mir ein Stein der Erleichterung vom Herzen fällt. Doch in diesem Augenblick wird mir bewusst, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, dass Kaoru über meine Familie heraus findet wo ich mich zu Zeit befinde und allein bei diesem Gedanken muss ich kurz schlucken. // Ich bitte dich, kami-sama...... erhöre mich und lass Kaoru noch nicht wissen, wo ich mich aufhalte // denke ich gerade, schließe meine Augen erneut und um ehrlich zu sein ist es mir doch recht unangenehm, dass ich gerade auf diese Art auf Kaorus Fürsorglichkeit als auch Freundschaft reagiere. „Bitte verzeih mir, Kaoru.....“ murmle ich nur vor mich hin, starre weiterhin die Zimmerdecke an und ich entschließe mich dazu, morgen mit der gesamten Famile darüber zu reden, ob ich wieder nach Osaka zurück kehren soll.
 


 

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Toshiyas POV:
 

Während meiner Shootings in Deutschland halte ich mit Absicht nicht viel Kontakt zu Shinya und ich sitze gerade im Zug in Richtung München, nachdem ich in Berlin erneut für dieses Jugendmagazin posiert und nebenbei auch Fotos für das europäische Label gemacht habe, bei dem Dir en Grey verzeichnet ist. Gähnend blicke ich auf das Display meines Handys und es zeigt mir mindestens fünf verpasste Anrufe von einer Nummer an, die ich im Schlaf sogar erkennen würde. Um in Ruhe etwas Schlaf zu erhalten, schalte ich das Mobiltelefon komplett ab und im Augenblick ist es mir völlig egal, wer mich versucht so dringendst zu erreichen.
 

Dir en Grey waren mit dem Bus in Deutschland unterwegs und ich hatte den absperrbaren Bereich zum Schlafen für mich alleine. Es war früh am Morgen gewesen, als ich wach wurde und kurz darauf jemand an der Tür anklopfte. „Herein“ brachte ich nur hervor, gähnte kurz und in dem Moment als ich aufstehen wollte fiel mir auf, dass ich mich nicht bewegen konnte. „Tosh, hast du...?“ höre ich nun Shinya fragen, der gerade herein kommt und sichtlich irritiert wirkt. „Wir sind bald in München angekommen“ nuschelt unser Drummer noch in meine Richtung, dann verschwindet er wieder. „Shin, sag Kaoru Bescheid“ kommt es noch aus mir hervor, deute auf den Schlafenden, wobei er nur kurz mit dem Kopf nickt, dann ist er wirklich nicht mehr zu sehen. Ich richte meinen Blick auf den drei Jahre älteren Japaner, der bei mir angeschmiegt sich noch im Land der Träume befindet und ich seufze tonlos auf. Wahrscheinlich war er in der Nacht zu mir gekommen ohne das ich es bemerkt habe. Sein Kopf ruht genau auf meinen Bauch und er hat mich sogar mit beiden Armen umschlungen, dabei wirkt er so friedlich im Schlaf. Kurz darauf taucht dann schließlich Kaoru auch auf und ich weise durch einen entnervten Blick auf unseren Zweitgitarristen hin, der mich erneut mit einem Stofftier zu verwechseln scheint. „Sieh lieber zu, dass es ihm nicht zur Angewohnheit wird“ beklage ich mich gerade bei ihm, worauf ich Kaoru direkt anschaue und er wusste ganz genau, was ich mit dieser Aussage meinte. „Danke, dass du mir gegenüber ehrlich bist“ kommt es nun von Kaoru, dessen Blick nun auf dem rothaarigen Mann ruhte, der mich als Teddybärersatz ansah und ich konnte ihm ansehen, dass er gehen wollte. „Toshiya, gibt es noch etwas, das du mir zu sagen hast?“ will er noch von mir wissen, die Hand an der Klinke ruhend und auf meine Antwort abwartend. „Daisuke taucht immer dann bei mir auf, wenn es bei euch beiden Unstimmigkeiten in eurer Beziehung gibt“ werfe ich ihm nun die Worte an den Kopf, dabei verschränke ich meine Arme und blicke Kaoru lange an. Mit einem kurzen Nicken verschwindet er schließlich und ich verdrehe die Augen, da ich immer noch den Rotschopf an der Backe hatte.
 

Als ich aufwache, habe ich dieses Bild von damals im Kopf und ich frage mich gerade, ob Kaoru schon zu diesem Zeitpunkt etwas geahnt hat. Warum ist es mir nicht schon früher aufgefallen? Die Art, wie Kaoru mir diese Frage stellte und die Art, wie er mich dabei ansah. Außerdem, wieso fiel mir nicht schon damals auf, welche Signale mir Daisuke zu übermitteln versuchte? Ganz einfach erklärt: weil ich zu diesem Zeitpunkt noch viel zu blind für mein Umfeld als auch meiner eigenen Gefühlswelt war. Nachdenklich geworden richte ich mich in meinem Sitz auf und blicke aus dem Fenster, dabei bekomme ich das Bild nicht mehr aus dem Kopf an welches ich mich noch sehr gut erinnern kann. Deswegen war Shin damals so irritiert gewesen, da jeder in der Band zu dem Zeitpunkt ganz genau wusste, was zwischen den beiden Gitarristen lief. Trotzdem finde ich es immer noch merkwürdig, dass sich unser Nesthäkchen immer noch wie leicht versteinert verhält, wenn Daisuke und ich zusammen sind. Leicht aufseufzend stehe ich nun auf, strecke mich etwas und meine Laune sinkt etwas in den Keller, da es zu regnen beginnt. Ich kann aus meinem Abteil aus schon sehen, wie einige der Fahrgäste sich bereit machem am nächsten Bahnhof auszusteigen und genau da höre ich die Ansage, dass wir fast in der bayrischen Hauptstadt sind.
 

Meine Tasche schnappend fällt mir daraus etwas entgegen und überrascht blicke ich den Talisman an, der nun in meiner Hand liegt. Ein kurzes wehmütiges Lächeln huscht mir über die Lippen, da ich ganz genau weiß, dass ich ihn in Niigata in einem Tempel mir geholt habe bevor wir als gesamte Band mit dem Shinkansen nach Aomori gefahren waren. Doch etwas war anders am Talisman und als ich ihn genauer betrachte fällt mir auf der Rückseite eine mir vertraute Handschrift auf. Innerlich erstarre ich, da niemand davon gewusst haben konnte und ich starre wie gebannt die Worte an, die in der leicht chaotisch wirkenden Handschrift verfasst wurden. Wie durch einen Blitzschlag fährt mir der Gedanke durch all meine Knochen, dass Shinya mich dabei beobachtet hat wie ich diesen Talisman noch in meine Tasche gab. Aber wie in aller Welt gelangt dann Daisukes Handschrift auf die Rückseite? Noch nachdenklicher geworden verlasse ich mein Abteil, stopfe den Talisman wieder in meine Tasche und mir ist auf einmal, als fehle mir selbst ein wichtiges Teil in diesem Puzzle.
 


 

************
 


 

Die Tage vergehen wie im Flug und meine neuerste Zeichnung ist fast fertig geworden. Außerdem habe ich einen recht merkwürdigen Traum gehabt. Ich kann mich kaum noch daran erinnern, welche Bedeutung er für mich hat. Lagsam stehe ich nun auf, recke mich so gut es geht und ich setze meinen Entschluss in die Tat um. Ich habe mich nach dem Telefonat mit meiner Schwester dazu entschieden, in Osaka anzurufen und Kaoru Bescheid zu sagen, dass es mir a) gut geht und b) um ihm zu sagen wo ich mich gerade befinde. Tief ein & aus atmend setze ich mich im Wohnzimmer aufs Sofa, dann nehme ich all meinen Mut zusammen und rufe kurzerhand Kyo an, da ich ihn in der Nähe zu Kaoru bzw. Shinya vermute. Außerdem sind es die beiden einzigen Telefonnummern, die ich ständig bei mir habe und die von Kaoru weiß ich ehrlich gesagt nicht. Gerade als ich von einer mürrischen Stimme begrüßt werde, kann ich über das Telefon mitbekommen wie es aus Kyos Hand genommen wird und ich beisse mir auf die Lippen, als ich auf einmal Kaorus Stimme vernehme. „Hallo... Kao... alles ok bei euch?“ kommt es recht unsicher von mir, wobei ich mehrmals schlucken muss und innerlich ermahne ich mich dazu ruhig zu bleiben. „DIE, wo in aller Welt steckst du eigentlich? Ich mach mir riesige Sorgen um dich“ höre ich nun Kaoru zu mir sagen, dabei verspüre ich ein Stechen in meinem Herzen und schlagartig kommen in mir Schuldgefühle hoch, da ich nicht wollte, dass sich Kaoru meinetwegen solche Sorgen macht. „Bei Verwandten meines Schwagers im Ausland; es tut mir aufrichtig leid, dass ich dir gegenüber nichts gesagt habe, Kao. Sei deswegen bitte auch nicht böse auf mich, dass ich dich erst jetzt anrufe“ bringe ich leiser werdend hervor, da mich sichtlich jeglicher Mut verlassen hat den ich eigentlich für dieses Gespräch aufbringen wollte und ich senke sogar leicht meinen Kopf. „Mein kleiner Baka, was soll ich nur mit dir anstellen?“ kommt es nun von Kaoru, wobei ich mir nicht gerade sicher bin ob ich da eben einen leichten Seufzer vernommen habe. „Mich lieb haben?“ kommt es nun von mir mutiger geworden, da Kaoru doch nicht zu toben begonnen hat und eine brilliante Idee schießt mir gerade durch den Kopf. Danach verläuft der Rest des Gespräches mit Kaoru viel entspannter. Außerdem kommt es mir so vor, als könnte ich ihn über das Telefon lächeln hören und ich nun viel entspannter als zu Beginn des Telefonats. „Ich komme recht bald wieder zurück nach Hause, Kao“ verspreche ich ihm noch, dann lege ich auf und ich bin regelrecht verwirrt, da ich von den Kindern leicht grinsend angestarrt werde.
 

In diesem Augenblick ahne ich nicht im Geringsten, dass Toshiya sich ebenfalls im deutschsprachigen Raum befindet und dieser auf der Suche nach mir ist, weil Kaoru durch meine Familie nicht meinen momentanen Standort ermitteln konnte. Schade nur, dass ich nicht noch etwas mit Kyo plaudern konnte. Ich hätte ihm gerne von den Zeichnungen erzählt, die ich während meines Aufenthaltes hier von ihm angefertigt habe und ich bin regelrecht gespannt, wie Kyo & Shinya auf diese Geschenke reagieren. Dementsprechend motiviert schnappe ich mir meine Zeichensachen als auch meine Tasche und gehe wie üblich hinunter zum Fluß, wo ich leise die Melodie zu ain't afraid to die vor mich hinsumme. Es ist das einzige Lied, dass ich langsam auswendig kann und ich liebe diese Melodie. Sie inspiriert mich sehr und hilft mir auch oft zu entspannen. Nebenbei hilft mir dieses Lied dabei, meine seelischen Schmerzen für einen ungewissen Augenblick zu vergessen. Darüber hinaus habe ich das Gefühl, dass ich die Kraft bekomme mit der Leere in mir fertig zu werden, wenn ich es in einem traurigen Zustand höre. Wenn ich kann, dann höre ich ain't afraid to die in Dauerschleife um mir Kyos Worte einprägen zu können. Gäbe es in diesem Universum ein bestimmtes Lied, dass ich auf einem Instrument erlenen sollte, dann gewiss ain't afraid to die. An meinem Lieblingsplatz sitzend ist mir auf einmal, dass ich ganz genau weiß wie ich die zweite Gitarre in diesem Lied zu spielen habe und wann genau mein Einsatz kommt. Da ich gerade nichts auf Papier bannen kann, gehe ich kurz zurück um meine Zeichensachen in mein Zimmer zu bringen, dann breche ich in die Stadt auf und suche nach einem Geschäft, indem Instrumente verkauft werden. Jetzt will ich es wirklich wissen, ob ich auch in der Lage bin, mein Lieblingslied zu spielen. In einem Einkaufszentrum nicht weit entfernt stoße ich schließlich auf so ein Geschäft und ich sehe mich genau um, dabei schwirrt mein Kopf aufgrund der verschiedenen Marken. // Kao hat mir gar nicht gesagt, dass es soviele davon gibt // denke ich gerade, als ich vor einem Exemplar stehen bleibe das meine Interesse erweckt und langsam strecke ich meine Arme danach aus.
 

Merkwürdig ungewohnt ist es für mich, als ich die rot-weiße Gitarre in meinen Händen halte und ich blicke sie genau an. „Kann ich die bitte ausprobieren?“ frage ich nun den Verkäufer, der auf mich zu kommt und mit einem Nicken deutet er mir zu einem passenden AMP, wo ich sie anschließen kann. Ich bin wahrlich erstaunt, dass ich genau weiß was ich da tue und ich stimme sie erst mal so, wie ich die Melodie zu ain't afraid to die im Kopf habe. Kurz tief Luft nehmend zähle ich geistig ab wann Shinyas Drums zu hören sind, dann fange ich einfach an zu spielen. Ich bekomme nicht einmal mehr mit, dass ich gerade so spiele, als hätte ich schon von Geburt an dieses Instrument in meinen Händen gehabt und tief in meinem Inneren folge ich instinktiv den verschiedenen Wechsel. Was Kaoru wohl sagen würde, wenn er mich nun so sehen könnte? Ich drifte immer mehr von mir selbst ab, dabei ist mir in diesem Augenblick, als beobachte ich einen Fremden dabei, wie er in meinem eigenen Körper die Kontrolle über etwas hat, dass mir ein absoluter Fremdkörper ist. Ich werde direkt aus meiner geistigen Abwesenheit heraus gerissen, als der Verkäufer mich gerade fragt wie lange ich schon Gitarre spiele. „Seit der Mittelschule“ antworte ich nur auf die Frage, wobei ich ehrlich gesagt nicht einmal weiß, ob ich gerade eine richtige Antwort abgebe. Bis zu diesem Augenblick habe ich seit meinem Unfall keine Gitarre in den Händen gehabt. Kaoru bestand zwar darauf, dass ich auf der Acousticgitarre meine Akkorde übe, aber ich bin lieber im Freien gewesen als zu lernen wie man dieses Instrument beherrscht. Bevor dieser Verkäufer damit beginnt mit mir fachspezifische Begriffe auszutauschen bedanke ich mich vorerst, dass ich die Gitarre ausprobieren durfte und verlasse das Geschäft, nachdem ich ihm sage das ich es mir in Erwägung ziehe sie mir zu kaufen. Tief seufzend nehme ich vor dem Einkaufszentrum auf einer Bank Platz und starre auf meine Hände. Was in aller Welt war gerade passiert? Es wirkt so irreal auf mich, dass ich vor ein paar Minuten eben eine Gitarre gehalten und sogar darauf spielen konnte. „Ich beginne wohl schon zu tagträumen“ murmle ich nur vor mich hin, stehe nun auf, stopfe beide Hände in meine Jackentasche und gehe zu Fuß zurück, dabei bekomme ich das Bild von mir selbst mit diesem Fremdkörper nicht mehr aus dem Kopf.
 

// Na toll... jetzt kommt langsam DIE von Dir en Grey in mir hervor -_-“ .... ich bin aber nicht DIE // denke ich tief seufzend, kicke eine leere Getränkedose in Richtung Fahrbahn und beisse mir sogar kurz auf die Lippen, da in mir das Gefühl aufkommt, als würde mich diese Identität in zwei Wesen spalten. Warum konnte dieser blöde Unfall nicht noch gleich den Rest meiner unliebsamen Vergangenheit ausradieren? Mich innerlich dadurch immer mehr herab ziehend bemerke ich nicht, dass es auch Personen in meinem engsten Umkreis gibt, denen es völlig egal ist ob ich nun ein weltberühmter Rockstar bin oder nicht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Cookie-Hunter
2012-12-12T09:19:34+00:00 12.12.2012 10:19
Österreich? Eine interessante Wahl. Aber es geht ja in erster Linie darum, dass er Abstand gewinnt.
Klasse finde ich die Kids, weil sie ihn so mit in ihr Alltagsleben einbeziehen. Gerade Teenager sind ja doch recht biestig, wenn es darum geht, dass sie einen Erwachsenen mitnehmen sollen. Auch die Freundinnen von Yumi. Man merkt beim Lesen jedoch, wie gut ihm das tut. Das Zeichnen ist ein schönes Hobby für unseren Dai, auch wenn er nicht merkt, woher er diese Detailtiefe bei seinen Werken kommt. Kyo und Shinya werden sich mit Sicherheit freuen, wenn sie das sehen. Bekommt Toshiya eigentlich noch DEN Block zu sehen? Zumindest hätte ich gerne eine Aufnahme von seinem Gesicht, wenn er da mal einen Blick rein wirft.
Die Reaktion von Die auf das Gitarrenspiel kann man gut nachvollziehen. Da hat er die ganze Zeit das Gefühl, dass die anderen ihm einen Bären aufbinden wollen, jedes Mal, wenn sie ihm sagen, dass er erfolgreich in einer Band gespielt hat. Und dann zeigt ihm sein Unterbewusstsein, dass ER falsch liegt. Dass es in ihm steckt. Doch ich bin zuversichtlich, dass er noch einen Draht zu diesem unbekannten Wesen in sich findet.
Was noch? Ach ja: Ein Hoch auf Toshiyas Intuition. Daisuke ist weg? Ich flieg mal eben nach Europa, der wird da irgendwo schon herumschwirren. Dass der aber auch so schnell Aufträge da gekriegt hat... Respekt. Jetzt muss ihm sein Gefühl nur noch einen weiteren Schubs in die richtige Richtung geben. Wobei er mit München ja schon mal nach dran ist.
Was Kaoru angeht... Einerseits finde ich, dass er zu sehr klammert, nicht genug Vertrauen in seinen Freund hat. Gut, bei den ganzen Anzeichen hätte ich das auch nicht mehr. Und ich wünsche ihm ja auch, dass er mit seiner Liebe glücklich wird, aber wenn die Beziehung zwischen ihm und Die beide unglücklich macht, würde ich ihm ja am liebsten raten seinen geliebten Rotschopf ziehen zu lassen. Sobald dieser wieder zu sich selbst gefunden hat und mit sich selbst im reinen ist.
Mal schauen, wie sich das alles noch entwickelt. Wirst da ja mit Sicherheit einen Plan haben, oder?


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