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Die beste Freundin

Wichtel-FF
von

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Die beste Freundin

Es gab drei Dinge, mit denen man sie ködern konnte: Kaffee, Kaffee, Kaffee, und Terpentin.

Nun, eigentlich war das nicht wirklich die Wahrheit, wenn sie ehrlich mit sich selbst war. Und wenn man davon ausging, dass es sich, zählte man jedes Wort, nur um zwei Dinge handelte. Oder, wenn man pingelig war und nach der Bedeutung ging nur zwei. Wenn sie ehrlich war, dann gab es tatsächlich noch eine Sache, mit der man sie ködern konnte.

Diese Sache war vielmehr ein jemand, ein ganz bestimmter jemand, der ihr sehr ans Herz gewachsen war. Jonas.

In den letzten Tagen hatten sich ihre Gedanken um niemand anderen gedreht, immer nur um ihn, um ihre gemeinsame Zeit.

Sie erinnerte sich, wie sie sich kennengelernt hatten, damals. Es schien schon eine halbe Ewigkeit her zu sein, dass sie gemeinsam hinter ihrem Chef hergelaufen waren, den jeweils anderen so unscheinbar wie möglich abschätzend. Sie hatten beide neu angefangen an diesem Tag, hatten beide nicht ganz genau gewusst, was sie erwartete.

Die ersten vorsichtigen Gespräche, die sie heute dazu brachten zu schmunzeln, waren ihr ebenfalls noch gut in Erinnerung.

Es hatte nicht lange gedauert, bis sie sich ungezwungener unterhalten konnten und auch ab und zu gemeinsam Mittag essen gingen, um noch ein wenig länger die Gesellschaft des anderen – und die damit einhergehenden Diskussionen über ihre gemeinsame Lieblingsserie – genießen zu können.

Irgendwann hatten sich kleine Gewohnheiten in ihre Beziehung hineingeschlichen, der schwarze Kaffee für sie am Morgen, wenn sie wieder einmal zu spät aufgestanden und deshalb zu Hause keine Zeit für ihre morgendliche Koffeindosis gehabt hatte, oder die Packung seines Lieblingstees, die ihn bei seiner Ankunft im Büro erwartete.

Sie war froh gewesen, ihn zu haben, denn bei ihm brauchte sie sich niemals verstellen. Nicht ein einziges Mal.

Ihr Blick wanderte durch die kleine Küche ihrer Wohnung, in welcher sie nun saß.

„Ich muss mit dir reden.“

Die Worte klangen immer noch in ihrem Kopf nach. Sie hatte nicht gewusst, was sie zu erwarten hatte. Hatte sie etwas falsch gemacht, in der letzten Zeit? Sie konnte sich nicht erinnern.

Er spielte nervös mit seinem Handy in der Hand herum, etwas, was er nur dann tat, wenn er wirklich nervös war.

„Weißt du …“, begann er, in seiner Stimme ein kleiner, unsicherer Hüpfer, der ihr vermutlich entgangen wäre, wenn sie ihn nicht gekannt hätte. Er schluckte, dann fand er seine Stimme wieder: „Ich muss dir etwas gestehen.“

Noch jetzt spürte sie den Schweiß, der sich auf ihren zusammengelegten Handflächen gebildet hatte. Ihr Herz hatte wie wild angefangen zu klopfen und für einen kleinen, wirklich klitzekleinen Moment hatte ein kleiner Teil von ihr gehofft, dass er die Worte sagen würde, die sie schon länger von ihm hören wollte.

Der unscheinbare weiße Umschlag mit ihrem Namen darauf lag wartend vor ihr auf ihrem Küchentisch.

Es war seine Handschrift, für sie erkennbar unter tausenden, und doch scheute sie sich davor, das Kuvert zu öffnen. Sie wusste, was sie darin zu erwarten hatte. Und sie wollte es nicht sehen.

„Ich habe jemanden kennengelernt.“

Die Worte waren wie Gift, unangenehm, nicht weil sie ihm kein Glück in seinem Leben wünschte, sondern weil sie gehofft hatte, dass sie diejenige sein würde, die dieses Glück in sein Leben brachte.

Nachdem diese Worte seinem Mund entkommen waren, sprudelte die weitere Geschichte nur so von seinen Lippen.

Sie war eine Bekannte eines Jugendfreundes von ihm und sie hatten sich auf der Geburtstagsfeier von ebendiesem kennengelernt.

„Klischeehaft, ich weiß“, hatte er gesagt und dabei gelächelt. „Aber manchmal schreibt das Leben halt klischeehafte Geschichten.“

Er hatte ihr erzählt, wie sie sich schon auf der Feier gut verstanden hatten, wie sie sich erneut verabredet hatten.

„Und irgendwann hat es gefunkt.“

Ihre Küche war auf einmal viel zu klein zum Atmen. Sie stand abrupt auf, lief hinaus in den Flur und bis an sein Ende, bis zu ihrem Atelier. Leichter Terpentingeruch wehte ihr entgegen, ihr Blick fiel auf die aufgestellte Staffelei, auf das Bild darauf. Sie wusste nicht mehr, was es hatte werden sollen, die Strichführung war verworren, keine sinnvollen Muster mehr erkennbar.

Er hatte ihr, ohne es zu wissen wehgetan.

Sie biss sich auf die Unterlippe.

„Ich wollte es dir persönlich sagen und dir die Einladung übergeben“, hatte er gesagt und ihr den weißen Umschlag, der nun auf ihrem Küchentisch lag, entgegengehalten. „Du kommst doch, oder?“

Sie hatte genickt, unfähig etwas anderes zu tun. Später würde sie weinen, nahm sie sich vor. Nachdem sie lächelnd dabei zugesehen hatte, wie er sein Ja-Wort gab. Er würde niemals erfahren, dass sie gerne diejenige gewesen wäre, die ihm zu diesem Zeitpunkt gegenüberstand.

Sie würde weiter in der Rolle der besten Freundin bleiben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  FreeWolf
2012-02-12T20:10:23+00:00 12.02.2012 21:10
Huff, entschuldige, dass ich dich so lange auf den wirklich verdienten Kommentar habe warten lassen. :)

Also dann: du hast meinen Anfang gut eingesetzt. *lach* Terpentin ist nicht Teil der Allgemeinbildung? Huch, mea culpa. ^^°
Ich arbeite so oft damit, dass ich es beinahe schon einmal in meinen Tee bzw. Kaffee gegossen habe. Traurige Sache das. *hust*

Ich mag den Anfang, dieses Kleinliche. :) Ich liebe solche Sachen. *lach*

Die kleinen Gesten, die die beiden langsam miteinander verbundne haben sind so wunderbar. ^___^ Aaw, ich will auch jemanden, der mir Dienstags Kaffee spendiert. (Hast du Little Numbers gelesen? XD) Oder überhaupt jeden Tag Kaffee. Und ausgerechnet schwarzer - so trinke ich ihn auch immer. ;)

>>„Klischeehaft, ich weiß“, hatte er gesagt und dabei gelächelt. „Aber manchmal schreibt das Leben halt klischeehafte Geschichten.“<<

Ich könnte ihn hassen für diesen Satz. Doofer Jonas. ;)
Aber ich mag den Moment zu sehr, auch wenn er eher negativ behaftet ist.
Ein schlechter Moment für sie. Aber hey - vielleicht kommt ja an der nächsten Ecke ein toller Kerl am Junggesellentisch vorbei, mit dem sie tanzen könnte, oder wer weiß was.*kicher*

Nun denn, eine gelungene Geschichte. :) Danke dafür!

Gruß und Kuss
Wolfi


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