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Die Amazonen

Chaos im Urwald
von

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Dicke Lippe

Hochgewachsene schlanke Frauen tanzten um Pari herum. Alle gefährlich knapp mit bunten Tüchern verhüllt. Tanzten leichtfüßig – und neben ihrer Leichtigkeit sogar barfüßig – über den feuchten, weichen Waldboden. Zwei hatten sich von der Gruppe abgesetzt, steckten sich gegenseitig leuchtend violette Blumen ins lange, kräftige Haar und kicherten dabei dümmlich. Einige von den Tänzerinnen hatten Bögen dabei. Hin und wieder spannten sie Pfeile ein und zielten auf Pari, ihren Gesichtern nach aber nur aus Spaß. Und Pari lachte mit ihnen. Bis einer Frau der Pfeil, scheinbar, auskam... Scheinbar, denn plötzlich fühlte Pari ein Pieksen im Rücken. Sie fasste hin, soweit sie kam...
 

„Sicher nehmen wirs mit.“, grollte es, rückhaltlos zynisch: „Man weiß ja nie, wofür mans noch brauchen kann.“ „Ach, Yara...“, seufzte eine andere Stimme: „Wie hast du nur so herzlos werden können?“ „Es ist noch ein Kind.“, pflichtete eine dritte Stimme kritisch bei: „Also führ dich nicht so auf, Yara.“ „Bei der ersten Chance wird uns das Kind abhauen und dann die gesamte kaiserliche Armee auf uns hetzen.“, argumentierte es, sicher Yara. „Klar, weil die kaiserliche Armee öfters wegen dem Quäken eines Kindes irgendwo hinhetzt.“ Nun war wer anderer zynisch geworden. Pari öffnete die schweren Augenlider einen Spalt breit.

Ein dunkler Strich, dahinter verschiedene Grüntöne.

„Es ist wach geworden.“, bemerkte jemand. Dicht neben Paris Kopf. „Jag ihm noch einen Betäubungspfeil rein.“, schlug Yara vor. „Ist nicht gut für den Kreislauf.“, kam es ablehnend zurück. Die Augenlider fielen wieder zu.

„Es ist schon etwas schwer.“, meinte jemand weiter vorne. „Kein Wunder.“, meinte Yara: „So ausgefressen wie es ist.“ „Yara!“, kam es ermahnend von dicht neben Paris Kopf: „Das Kind kann dich hören!“ „Wie hast du nur so herzlos werden können...“, kam es abermals, von vorne.

Langsam gewann Pari ihr Körpergefühl zurück. Was es ihr übermittelte, war nur wenig ermutigend. Sie hing. Sie war an Händen und Knien irgendwo angebunden, vermutlich an einem langen Holzstock, und baumelte nach unten. Sie wurde getragen, wie man sonst nur Jagdwild transportierte. Und sie war als „ausgefressen“ bezeichnet worden. Kurz bekam Pari die Panik, als nächstes Mittagessen ihrer Entführer geplant zu sein. Doch sie brachte sich schnell wieder zur Vernunft. So ein Unsinn... Es gab keine Kannibalen.

Es gab ja auch keine Amazonen.

Nun gut, vielleicht gab es Kannibalen, aber die hier waren es sicher nicht. Sie hatten sie wiederholte Male als Kind bezeichnet und mindestens eine der Stimmen schien sich Sorgen um ihren Kreislauf zu machen.

...Damit sie besser ausbluten konnte?

Aus! Sie musste Ruhe bewahren. Würde man sie tatsächlich braten wollen, würde sie zu gegebener Zeit einen Fluchtweg finden. Schließlich war Pari ungemein klug. Wie mehrere Palastangestellte wiederholte Male betont hatten. Nicht hübsch, und auch nicht lustig oder sowas. Wenn Pari etwas war, so war es klug. Sie nickte sich selbst ermutigend zu.

Und krachte unsanft zu Boden. „Hoppla.“, kam es von hinten. „Na, ganz toll.“, von vorne. „Auweh...“, von Pari. Sie rollte den Kopf am Boden ein wenig hin und her, um die Beule am Hinterkopf zu reiben. „Da hättet ihr sie auch gleich dort umbringen können.“, bemerkte Yara, hörbar amüsiert. „Wir hätten auch dich umbringen können.“, kam es giftig zurück: „Die haben sowieso nicht geglaubt, dass du eine von uns bist.“ „Ja, alles für die Geheimhaltung.“, bestätigte es mit drohendem Unterton. „Vorsicht.“, warnte Yara: „Du sprichst hier mit einer Tochter der Stammesältesten.“ „Mit einer von vielen.“, meinte die Stimme von hinter Pari: „Die hat genug andere, das würd ihr gar nicht auffallen...“ „Inu!“, kam es von vorne. „Die Stammesälteste wird erfreut sein, zu hören, was du so über ihre Mutterqualitäten denkst.“, bemerkte Yara. „Yara!“, kam es von vorn. Pari wagte es mal wieder, die Augen zu öffnen.

Grün.

Ein Gesicht beugte sich über sie. Ein nettes Gesicht, pausbackig wie die Köchin im Palast. Nur jünger. Es lächelte. „Na? Die Reise gut überstanden?“ Kurze, dunkelbraune Locken standen lustig in alle Richtungen ab. Sie verführten einen, hineinzufassen und kräftig zu wuscheln. Die sanften, dunkelblauen Augen sahen wohlwollend auf Pari herunter. Pari versuchte zu sprechen. „Wo bin ich?“, wollte sie sagen, doch „Wawawa...“, war es, was tatsächlich aus ihrem Mund kam. Pari zwang sich zu mehr Konzentration und wollte es eben nochmal versuchen, als ihr eine warme Hand auf die Schulter gelegt wurde. „Schon gut. Das sind die Nachwirkungen der Narkose. Bald geht’s dir wieder besser.“ „Und was dann?“, fragte Yara. „Ganz einfach. Wir behaltens.“, sagte das Pausbackengesicht entschlossen. „Ich muss zurück!“, wollte Pari sagen: „Meine Meisterin wartet auf mich!“, doch es klang auch diesmal nach: „Awawawa...“ „Schon gut.“, wiederholte Mondgesicht beruhigend: „Du wirst es bei uns gut haben.“ Ein anderes Gesicht drängte sich in Paris Blickfeld. Ein magereres, härteres. Mit unheimlich hellen, bernsteinfarbenen Augen. Die Lippen waren nett. Wirkten weich. Doch sie zischten: „Hauptsache du hältst dich fern von mir, Knödel.“ Und schon war alles Nette an ihnen verschwunden. Sie ekelten Pari nur noch.



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