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Shi Ans

von

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La Lutte

@ Kaoru: Das war pure Absicht, dass es ähnlich aufgezogen war wie damals bei hide ;P
 

@ LunaLee: Eigentlich mehr dafür, dass du die ganze Zeit Versuchskaninchen gespielt hast… ;)
 

@ Blaire: Ich hatte es absichtlich so aufgezogen, dass der Inhalt des ersten Kapitels stark den Ereignissen ähnelt, wie sie im Prolog von YOSHIKIs Biografie beschrieben werden, ähneln.
 

@ Asmodina: Überlebst du einen zweiwöchigen Hochladerhythmus? ;) Wenn nicht, musst du meiner Betha Dampf unterm Hintern machen!
 

@ T0M0: Es hätte auch Heath oder Pata treffen können – letztendlich hat da das Los entschieden, weil ich mir nicht einig werden konnte, wer die „Ehre“ hat…
 

@ JaeKang: Ich glaub, das waren die ersten drei oder vier Kapitel gewesen, wenn ich mich nicht irre…
 

@ -Shin-: Ich glaub, ich weiß was du meinst :) Und danke dafür! Ich versuche stets so real wie möglich zu schreiben, sodass die Story dreidimensional wirkt und nicht nur zwei- oder eindimensional (Verstehst du jetzt, was ich meine?).
 

@ Terra-gamy: Wie ich Yoshiki so leiden lassen kann? Weil es Spaß macht, Charaktere zu quälen? ;) Spaß beiseite, bei Shi Ans hab ich auch gehörig mit ihm und Toshi mitgelitten.
 

@ all: Wow, ich bin überwältigt vom Anklang, den das erste Kapitel gefunden hat (nicht dass ich mich beklage ;P)! Hoffentlich kann das nächste Kapitel da in etwa mithalten… Ich wünsche euch auf jeden Fall viel Spaß dabei!
 

••••••••••••••••••••
 

Es ging bereits auf Mittag zu, als Yoshikis Flieger in Tokyo landete und er von dort aus direkt in einen bereitstehenden Helikopter einstieg. Die Zeit des Fluges hatte er genutzt, um im Studio in LA Bescheid zu geben, dass er vorerst in Japan wäre. Anschließend hatte er sein Management verständigt, dass er unterwegs war, damit sie sich um entsprechenden Schutz durch Bodyguards für ihn kümmerten, und ganz zum Schluss hatte er sich noch bei Sugizo gemeldet und ihm mitgeteilt, dass er bereits auf dem Weg war. Der Violinist hatte versucht, ihn in ein Gespräch zu verwickeln – wohl der gutgemeinte Versuch, seine Gedanken ein wenig von Toshi wegzulocken, aber sie waren das einzige, worum sie kreisten. Nachdem er aufgelegt hatte, wollte er ein wenig schlafen, doch sobald er seine Augen schloss, fand er sich in jener Halle wieder, in der damals hide aufgebahrt worden war. Wie vor so vielen Jahren ging er den Gang hinunter zu dem geöffneten Sarg, doch als er hineinblickte, lag darin nicht der verstorbene Gitarrist sondern Toshi. Er hatte die Schlafen-Geschichte zweimal wiederholt, doch nachdem er jedes Mal nach Luft ringend und mit einem so heftig pochendem Herz aufgewacht war, dass er das Blut nur so in seinen Ohren hatte rauschen hören können, hatte er sich entschieden, auf Schlaf zu verzichten und sich stattdessen mit Filmen abzulenken. Doch wie Sugizo zuvor, so scheiterten auch diese nichtexistenten Welten daran, seine Gedanken von seinem besten Freund abzulenken.
 

Nun saß er im Hubschrauber und Tokyo zog unter ihm vorbei. Der Himmel war grau und mit Wolken behangen. Es würde ihn nicht wundern, wenn es bald zu regnen anfinge. Seine Hände zitterten vor Anspannung und Sorge und waren schweißig nass, sodass er sie immer wieder an seiner Jeans abwischte, doch sie wurden einfach nicht trocken. Sugizo hatte sich nicht mehr gemeldet, weshalb er davon ausging, dass Toshi die Nacht überstanden hatte. Das musste bedeuten, dass es ihm besser ging, nicht?! Von Pata und Heath hatte er nichts gehört, aber er vermutete, dass sie ebenfalls dort waren, wenn der Jüngste seiner Chaotentruppe vor Ort war.
 

Er war froh, dass der Landeplatz des Krankenhauses, in dem sein bester Freund lag, relativ schnell in Sicht kam. Eigentlich war er nur für Rettungshubschrauber bestimmt, doch das interessierte ihn im Augenblick herzlich wenig. Normalerweise versuchte er ja, seinen Ruhm nicht zu seinem eigenen Wohle auszunutzen, aber es gab immer Ausnahmen und die aktuelle Lage war eine solche. Er war YOSHIKI, der YOSHIKI, der für den Kaiser ein Lied hatte komponieren und vorspielen sollen, also konnte er auch auf einem Landeplatz für Rettungshubschrauber mit einem zivilen Helikopter landen! Wenn er aus dem Fenster blickte, dann konnte er unter sich noch keine Security ausmachen, aber er würde auch ohne zu Toshi kommen. Dass es sich um ein Krankenhaus handelte, bestärkte seine Hoffnung, dass er vielleicht nicht von fanatischen Fanmassen zerdrückt wurde, die ihm die Kleider halb vom Leib rissen.
 

Kaum hatten die Kufen des Hubschraubers festen Boden berührt, da entriegelte er auch schon die Tür, stieg aus und lief einmal quer über das Landefeld zum Eingang in die Notaufnahme, von wo aus ihm auch direkt zwei Krankenpfleger entgegen kamen, die nicht sonderlich freundlich drein blickten. Diese und ihr aufgeregtes Geschnatter ignorierte er jedoch, rückte nur die Sonnenbrille zurecht, zog das Capi, das er trug, tiefer ins Gesicht und verbarg seine gebleichten Haare unter der Kapuze seines Shirts. Jetzt nur noch an die Info, fragen, wo genau Toshi war, und er konnte damit aufhören, sich zusammenzureißen und auf Automatismus zu funktionieren. Leider hatten sich die männlichen Krankenschwestern an seine Fersen geheftet und unwohl nahm er wahr, wie sich etliche Leute nach ihm umdrehten, als er an ihnen vorbeiging. Ob das nun daran lag, dass er durch den falschen „Eingang“ hereingekommen war oder daran, dass sie ihn erkannten, konnte er nicht sagen – er hoffte, dass es Ersteres war.
 

„Was glauben Sie eigentlich…“, setzte einer der Krankenpfleger erneut an, als Yoshiki plötzlich stehen blieb, sodass sie fast in ihn hineinrannten, und sich zu ihnen umdrehte, während er seine Sonnenbrille etwas nach oben schob.

„Wissen Sie, wer ich bin?!“, zischte er leise.

„Das gibt Ihnen noch lange nicht…“, versuchte derselbe Pfleger wie vorhin sein Glück, wurde jedoch unterbrochen.

„Interessiert mich gerade nicht die Bohne! Deyama Toshimitsu liegt hier irgendwo und ich will zu ihm und zwar sofort!“ Gegen Ende hin war er lauter geworden, sodass sich etliche Anwesende in seine Richtung drehten und er des Öfteren geflüstert seinen Namen wahrnehmen konnte. Die beiden Krankenpfleger sahen sich kurz an, ehe sie ihm mitteilten, dass sich jener auf der Intensivstation im siebten Stock befände und er dort nach genaueren Informationen fragen sollte.

„Danke!“ Damit schob er sich die Sonnenbrille wieder über die Augen, da sie erneut ein wenig nach unten gerutscht war, und eilte zum nächsten Aufzug, in welchen er verschwand, während er noch mehrmals seinen Namen hörte, aber er reagierte nicht darauf. Im Grunde überraschte es ihn nicht, dass sie ihm doch so schnell weitergeholfen hatten, denn auch sie mussten die Unruhe bemerkt haben, die seine Anwesenheit ausgelöst hatte. Hätten sie ihn noch weiter dort unten festgehalten, hätte es sicherlich nicht mehr lange gedauert, bis sich die ersten mit Autogramm- und Fotowünschen auf ihn gestürzt und somit das reinste Chaos in der Notaufnahme ausgelöst hätten.
 

Rasch drückte er auf die Sieben, ehe noch irgendwer auf die Idee kommen könnte, ihm zu folgen, und lehnte sich, nachdem sich die Türen geschlossen hatten, seufzend gegen die metallene Verkleidung. Nun, da er seinem Ziel so nahe war, merkte er wie die Maske der Stärke wieder langsam von ihm wich und durch Angst ersetzt wurde – Angst, seinen besten Freund verlieren.

Ein leises „Pling“ kündigte an, dass der Aufzug die entsprechende Etage erreicht hatte und nachdem die Türen wieder aufgeglitten waren, stieg er aus und blieb vor einer Tafel mit diversen Wegweisern stehen. Doch er musste darauf gar nicht nach der richtigen Abteilung suchen, da Heath gerade von der Männertoilette zurückkam und ihn entdeckte.
 

„Yoshiki!“

„Heath?!“ Er zuckte leicht zusammen und drehte sich dann in Richtung des jüngeren Bassisten, der ihn in eine freundschaftliche Umarmung schloss. „Wo ist Toshi? Wie geht es ihm?“, wollte er wissen und löste sich wieder von ihm.

„Komm mit“, entgegnete der Größere nur, legte ihm eine Hand zwischen die Schulterblätter und dirigierte ihn so. Aber anstatt in einem Krankenzimmer zu stoppen, führte er ihn in einen Aufenthaltsraum, in dem Pata und Sugizo saßen und sich gedämpft unterhielten.

„Yoshiki!“

Die beiden Gitarristen sprangen praktisch auf, als sie ihn sahen und während der Jüngere ihn umarmte, drückte der andere seine Schulter. Das war zwar alles schön und gut, aber zu Toshi zu kommen hatte im Moment oberste Priorität – gefolgt von „in Erfahrung bringen, ob die Ärzte, die sich um ihn kümmerten, überhaupt fähig waren und wenn nicht, ihm die besten Weißkittel des Landes, wenn nicht der ganzen Welt zu besorgen“.

„Ich will zu Toshi! Wo ist er? Wie geht es ihm?“

„Setz dich erst einmal“, entgegnete Sugizo und drückte ihn auf den nächsten Sitz, während Heath aus einem Wasserspender ein Glas Wasser abzapfte und es ihm reichte.

„Ich will kein Kaffeekränzchen machen, sondern zu Toshi!!“, brauste ihr Leader auf und drückte Pata das Wasser in die Hand, der es unschlüssig hin und her drehte. Was sollte er jetzt damit? Schlussendlich gab er es wieder an ihren Bassisten zurück, der es dann einfach selbst trank.

„Du wirst nicht zu Toshi können“, erklärte der Jüngste der Truppe und ging vor Yoshiki in die Hocke.

„Was heißt das?!“

„Das heißt, dass sein Zustand so kritisch ist, dass nur Familienmitglieder zu ihm dürfen und auch nur sie von den Ärzten die Einzelheiten über seinen Zustand erfahren“, antwortete Heath und lehnte sich gegen die Wand.

„Ich bin sein bester Freund!!“

„Seine beiden Brüder und seine Mutter sind bei ihm. Sie kommen in regelmäßigen Abständen her und sagen uns, wie es ihm geht“, fuhr Sugizo fort und fiel im nächsten Moment auf den Hintern, da der Drummer abrupt aufgestanden war und ihn somit aus dem Gleichgewicht gebracht hatte. Er war noch gar nicht wieder richtig aufgestanden, da stürmte der Ältere aus dem Warteraum.
 

„Yoshiki!“

Die drei eilten ihrem Leader hinterher, der mit geballten Fäusten zurück zum Aufzug und dem dortigen Wegweiser stapfte. Als der ihm auch nicht weiterhalf, krallte er sich die nächstbeste Krankenschwester, die ihm über den Weg lief, bevor seine Bandmitglieder auch nur den Hauch einer Chance hatten, ihn aufzuhalten.

„Ich will zu Deyama Toshimitsu, bringen Sie mich zu ihm!“

„Gehören Sie zur Familie?“, wollte die bereits etwas ältere Schwester wissen. Zumindest schien sie schon einmal etwas zu wissen, andernfalls hätte sie ihm sicherlich nicht die Frage gestellt. Nur stand er jetzt vor dem Problem, was die richtige Antwort war, um zu Toshi zu kommen… die Wahrheit würde ihm wohl nicht weiterhelfen, andernfalls wären Heath, Pata und Sugizo schließlich bei ihrem Sänger. Was blieb ihm sonst noch?

„Er ist mein Bruder!“, erklärte er mit fester Stimme. Auf dem Papier stimmte das zwar nicht, aber nachdem sie beide praktisch zusammen aufgewachsen waren, kam Toshi dem ziemlich gleich und außerdem sah er generell X als seine Familie an. In dem Sinne war der Ältere also sogar doppelt sein Bruder! Leider schien die Krankenschwester seine Logik nicht zu kennen, denn in ihrem Gesicht konnte man deutlich ablesen, dass sie die Aussage als Lüge abstempelte und ihn aller Wahrscheinlichkeit nach erkannt hatte.

„Tut mir leid, aber Sie können nicht zu ihm. Nur Familienangehörige haben Zutritt.“

„Ich bin YOSHIKI von X JAPAN und mir sind Ihre Regeln gerade herzlichst egal! Sie bringen mich auf der Stelle zu Toshi!!“, forderte er lauter und musste sich stark um seine Fassung bemühen. Alles was er wollte, war zu seinem besten Freund zu kommen, der um sein Leben kämpfte. Mehr wollte er doch nicht! War das so schwer zu verstehen?

„Bitte mäßigen Sie Ihre Stimme, dies ist eine Intensivstation“, wies die Krankenschwester ihn unbeeindruckt zurecht und stieß dabei auf dasselbe Problem, dem sich schon so viele seiner Lehrer während der Schulzeit gegenüber sahen: Yoshiki Regeln aufzwingen zu wollen, sorgte erst recht dafür, dass er sie brach.

„Das ist mir scheißegal!! Bringen Sie mich zu Toshi oder ich schreie hier herum so viel ich will!!!“ Während er näher an die Pflegekraft herangetreten war, war seine Stimme deutlich lauter geworden, sodass aus dem Schwesternzimmer zwei weitere Krankenschwestern kamen und weiter hinten im Gang auch noch die Tür eines Arztzimmers aufging.
 

„Sollen wir ihn stoppen?“, flüsterte Sugizo zu Pata und Heath, mit denen er einen knappen Meter hinter ihrem Leader stand.

„Danke, aber ich hänge noch an meinem Leben“, äußerte der Älteste der kleinen Gruppe nur und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ich stimme Pata zu. Das einzige, was ihn wieder runterbringt, ist Toshi zu sehen…“
 

„Selbst wenn Sie der Kaiser höchstpersönlich wären, ich kann Sie nicht zu Herrn Deyama lassen. Vorschrift ist Vorschrift.“

„…“ Deutlich war zu sehen, wie seine Kiefer arbeiteten und seine Fäuste zitterten. „Schön, wie viel wollen Sie?“

„Bitte?“

„Jeder ist käuflich! Was ist ihr Preis?“

„Wollen Sie mich bestechen?“

„Entweder kaufe ich Sie oder ich kaufe das ganze beschissene Krankenhaus, wenn ich nur so zu meinem besten Freund komme!!!“, brauste der Drummer weiter auf.
 

„Jetzt geht das wieder los“, seufzte der Bassist.

„Dass mit dem Studio damals hab ich ja noch nachvollziehen können, aber was will er denn mit einem Krankenhaus?“, schloss sich Pata an.

„So oft wie er in einem ist, würde sich das doch glatt rentieren…“, entgegnete Sugizo.
 

„Gibt es hier irgendwelche Probleme?“, erkundigte sich der Arzt, der aus seinem Büro gekommen war und an die kleine Truppe herangetreten war.

„Ich will zu Deyama Toshimitsu und zwar sofort!!“, wiederholte Yoshiki aufgebracht seine Forderung zum gefühlten hundertsten Male und so wie seine Stimme zitterte, konnte man ahnen, dass sein Temperament an einem seidenen Faden hing und es, wenn es so weiter ging, nicht mehr lange dauern würde, bis es vollends durchbrechen würde.

„Tut mir leid, aber nur Familienangehörige haben Zutritt“, wiederholte der Mediziner die Hausordnung und legte in einer beruhigenden Geste eine Hand auf die Schulter des Pianisten. Dies sorgte allerdings nur dazu, dass der Geduldsfaden des Musikers endgültig riss und er äußerst grob die Ärztehand wegschlug und ihn zur Seite schubste.

„Ich will zu Toshi und zwar hier und jetzt und kommen Sie mir nicht noch einmal mit dem Familienscheiß!!!“

„Ich muss Sie bitten, augenblicklich meine Klinik zu verlassen oder ich muss Sie von der Sicherheit entfernen lassen“, entgegnete der Arzt gefasst und packte ihn am Arm, um ihn in Richtung Aufzug zu eskortieren.

„Lassen Sie mich los!!!“ Mit der freien Hand schlug Yoshiki nach seinem Widersacher und kämpfte gegen den Klammergriff an seinem Oberarm an.

„Bitte beruhigen Sie sich“, mischte sich eine der hinzugekommenen Schwestern ein und versuchte mit ihren Kolleginnen so gut es ging den inzwischen tobenden Schlagzeuger zu beruhigen. Dieser verstand unterdessen die Welt nicht mehr… er wollte doch nichts Böses! Er wollte nur an der Seite seines besten Freundes sein und diesem beistehen, doch statt dass man ihn zu ihm brachte, wurde er angegriffen!
 

Unbemerkt von allen anderen, da sämtliche Aufmerksamkeit auf Yoshiki ruhte, den inzwischen auch dessen Bandkollegen versuchten zu beruhigen, öffnete sich am Ende des Flures eine Tür und ein Mann, der sicherlich keine 170cm groß war, und Mitte 50 sein musste, dafür aber eine deutliche Ähnlichkeit zu dem Sänger von X JAPAN aufwies, kam heraus und näherte sich dem ganzen Trubel.

„Gibt es ein Problem?“, wollte er wissen.

„Kenichi!“ Augenblicklich hielt Yoshiki inne, als er die vertraute Stimme wahrnahm.

„Herr Deyama…“ Auch der Arzt hatte seinen Blick dem Neuankömmling zugewandt.

„Gibt es ein Problem?“

„Ich will zu Toshi!“, wiederholte der Drummer erneut seine Forderung, richtete sie diesmal jedoch direkt an den ältesten Bruder seines besten Freundes und ignorierte das Krankenhauspersonal.

„Das geht in Ordnung“, erklärte Kenichi nur in Richtung des Arztes, „er ist Toshis kleiner Bruder.“ Er wusste selbst nur zu gut, dass der ehemalige Störenfried aus Schulzeiten eine weitaus engere Bindung zu seinem jüngsten Bruder hatte, als er und Kazuo – der mittlere der drei Deyama-Brüder - es je haben würden.

„Aber…“, wollte die Krankenschwester ganz am Anfang ansetzen, wurde jedoch von Kenichi unterbrochen, der seine Worte wiederholte, dass Yoshiki Toshis kleiner Bruder sei. Wie zur Bekräftigung seiner Worte, zog er den Jüngeren aus dem Pulk, der sich gebildet hatte und dirigierte ihn ohne weitere Worte an das Personal in Richtung der Tür, aus der er gekommen war.
 

„Danke, Kenichi.“

„Dass du aber auch immer nur für Tumult sorgen kannst…“, äußerte der Ältere. Es sollte eigentlich die angespannte Stimmung ein wenig lockern, doch Yoshiki schwieg nur. Er war froh, endlich am Ziel angelangt zu sein.
 

Mit grünem Kittel, Mundschutz und Einweghandschuhen bekleidet, durfte Yoshiki wenig später endlich das Krankenzimmer von Toshi betrete. Kenichi wartete im Vorraum, während sein jüngerer Bruder Kazuo und ihre Mutter am Bett des anderen saßen. Beide standen sie auf, um den Neuankömmling zu begrüßen – Kazuo mit einer Verbeugung und ihre Mutter mit einer Umarmung. Mit zusammengezogenem Magen, nahm der Pianist das Zimmer in Augenschein, das mit Unmengen an Apparaten, die blinkten oder piepten oder beides zusammen taten, vollgestellt war. Sie alle waren in irgendeiner Art mit seinem besten Freund verbunden, der reglos im Bett lag und in gewisser Weise einer unvollständigen Mumie Konkurrenz machte, da ein Großteil seines Körpers – zumindest soweit Yoshiki das sehen konnte – mit Bandagen oder Gipsverbänden bedeckt war.

„Wie geht es ihm, Okaa-san?“, fragte der Jüngste im Raum leise. Nachdem er praktisch mit Toshi aufgewachsen war, war es für ihn nur natürlich, dessen Mutter ebenfalls mit „Mutter“ anzusprechen.

„Nicht gut…“, antwortete sie mit gesenktem Kopf und umschloss seine rechte Hand mit ihren beiden.

„Aber er hat die Nacht überlebt. Sugizo hat am Telefon gesagt, dass er dann über den Berg ist!“

„Sein Zustand ist trotz allem noch sehr kritisch, Yoshiki… er hat schwere innere Verletzungen, ein Schädelhirntraume und noch zahllose weitere Blessuren.“ Ihre Stimme zitterte und es war ihr deutlich anzusehen, dass sie mit den Tränen kämpfte.

„Toshi ist stark“, entgegnete der Pianist, doch es klang, als würde er es mehr zu sich selbst sagen.

„Er wird künstlich beatmet, er liegt im Koma, keiner kann sagen wann und ob er aufwachen wird…“, mischte sich Kazuo mit ein und drückte die Schulter seiner Mutter.
 

Schweigend löste sich Yoshiki von Frau Deyama und trat ganz an das Bett heran, wo er schweigend Toshi musterte, während dessen Mutter zu ihrem anderen Sohn leise meinte, dass sie sich etwas zu essen holen sollten und mit ihm das Zimmer verließ, damit der Drummer ein paar ungestörte Minuten mit seinem besten Freund haben konnte.

Dieser ließ sich kraftlos auf einen der Stühle fallen und nahm vorsichtig Toshis Hand, an der ein intravenöser Zugang angebracht war, in die seine. So ruhig und leblos wie er dalag, sah er vor seinem inneren Auge stets hide in seinem Sarg liegen. Doch die Wärme, die die Hand ausstrahlte, erinnerte ihn daran, dass der andere nicht dessen Schicksal teilte. Er lebte – sein Herz schlug, das zeigte das EKG an, und sein Brustkorb hob und senkte sich, wenn auch nur dank einer Maschine.
 

„Hey…“, flüsterte der Pianist kaum hörbar und räusperte sich mehrmals, da seine Stimme stark belegt war. Er legte die Mütze und die Sonnenbrille, die er noch immer trug, ab und nur überdeutlich konnte man in seinen Augen und in seinem Gesicht die Sorge, die Ohnmacht und die Angst, gepaart mit Erschöpfung, ablesen. Doch außer Toshi war niemand da, der dies hätte sehen können…

Zitternd hob er seine andere Hand und berührte mit seinem Zeigefinger die Wange des anderen.
 

„Hörst du mich, Tocchi? Ich bin hier! Tut mir leid, dass ich nicht früher da sein konnte… aber ich verspreche dir, von jetzt an werde ich nicht mehr von deiner Seite weichen, ok?!“
 

Vorsichtig strich er über die warme Haut unter seinem Finger, in der Hoffnung, dass die Berührung den anderen vielleicht wecken könnte.
 

„Bitte mach die Augen auf, Tocchi, danach kannst du solange schlafen wie du willst und ich verspreche bei aller Schokolade der Welt und bei meiner Weinsammlung, dass ich dich danach ausschlafen lasse – solange du willst! Ich werde auch nicht rein zufällig irgendwelche lauten Geräusche machen, um dich so zu wecken – versprochen!“
 

Doch alle Versprechen der Welt brachten den Sänger nicht dazu, seine Augen aufzuschlagen, sodass Yoshiki seinen Stuhl leise ein wenig nach hinten rückte und seinen Oberkörper dann nach vorne beugte, sodass er seinen Kopf auf Toshis Oberarm legen konnte, wo er dann selbst die Lider senkte.
 

„Bitte bleib hier, Tocchi… du musst stark sein, du musst kämpfen!“, flüsterte er und schniefte einmal kurz, als vereinzelte Tränen sich den Weg durch seine Wimpern hindurch bahnten und über seine Wangen rannen.

„Ich kann dich nicht auch noch verlieren… ich hab doch schon Papa und hide… und außerdem hast du es mir versprochen! Du hast versprochen, für immer an meiner Seite zu sein und den Weg mit mir gemeinsam zu gehen. Außerdem, wer soll sonst meinen überfürsorglichen Babysitter spielen? Heath, Pata und Sugizo sind da bei weitem nicht so gut darin wie du und… und außerdem will ich keine andere Glucke!“
 

Blind wischte er sich über die Augen und machte es sich dann wieder so bequem wie nur irgend möglich.
 

„Erinnerst du dich noch daran, wie wir das erste Mal eigene Songs bei diesem einen Fest aufgeführt haben und wie eifersüchtig und neidisch die anderen Bands dann waren, weil sie nur gecovert haben und wir so einen riesen Applaus bekommen haben? Oder als ich noch Sänger war… du hast dich hinter meinem Rücken ständig schlapp gelacht und gedacht, ich würde es nicht registrieren! Oder… oder was du damals ins Jahrbuch geschrieben hast, als wir die Oberstufe abgeschlossen haben? We are X!“
 

Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen, während weitere Tränen seine Wangen benetzten und er die Worte wiederholte.
 

„We are X… gemeinsam werden wir auch das schaffen. Erinnerst du dich? Zusammen sind wir unschlagbar! Zusammen gehört uns die Welt!“
 

••••••••••••••••••••
 

Falls ihr euch wundert, weshalb Yoshiki Taiji nicht bei den Menschen mit aufzählt, die er verloren hat… Das liegt daran, dass ein Großteil der Story vor Taijis Tod geschrieben wurde. Ich hatte überlegt, es abzuändern, beschloss dann aber, Taiji in der FF am Leben zu lassen.
 

Inwieweit Yoshikis Bestechungsversuche bei Toshi Wirkung zeigen und er die Augen wieder aufmacht, erfahrt ihr dann im dritten Kapitel!
 

In diesem Sinne hoffe ich, dass euch das Kapitel weiter in den Bann gezogen hat und über eure Meinungen, Gedanken, Kommentare etc. würde ich mich natürlich freuen :)



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Kaoru
2012-03-01T18:03:07+00:00 01.03.2012 19:03
OK, dann wollen wir uns auch noch gleich diesem - schon arg vernachlässigtem - Baby widmen.

Hm, so viel passiert ja hier noch nicht, aber man hat schon so ein Gefühl, dass sich das noch ziemlich tragisch entwickeln wird. Zu meinen Lieblingskapiteln gehört es nicht wirklich, weil ich Yoshikis Reaktion auf die Aussage der Schwester, dass er als nicht-Familienangehöriger nicht zu Tosh dürfe, echt etwas überzogen divenhaft finde.
Nicht nur, dass er rücksichtlos auf alle anderen Patienten das halbe KH zusammenschreit, sondern dass er sie auch noch bestechen will. Mit den Worten "letztendlich ist jeder käuflich".
OK, ich kann ihn iwie verstehen, aber in dem Moment hätt ich ihm gerne eine geklebt. Verwöhnte Diva!

Und letztendlich setzt er doch eh seinen Kopf durch, immerhin wissen Toshis Eltern ja, wie eng die beiden miteinander sind. Von daher... Geduld ist eine Tugend!

Nya, soweit dazu~
(We are X!)
Von:  Astrido
2012-02-24T19:28:04+00:00 24.02.2012 20:28
ich kann yoshikis aufgebrachtheit gut verstehen. is auch sehr ungewohnt für ihn, dass zum einen die personen ihn nicht kennen und ihm seinen willen nicht geben. außerdem hatte er ja totale angst um toshi.
ich hatte fast angst, dass sie ihn ruhig stellen müssen, bis herr deyama dann gekommen ist.
es wäre sehr niedlich, wenn toshi was von den versprechen mitbekommt, wo er im koma ist, sodass er sie dann "einfordern" kann XD
lg
mayuura

Von:  Terra-gamy
2012-02-05T22:43:07+00:00 05.02.2012 23:43
na wenn yoshiki schon solche Versprechungen macht muss Toshi ja aufwachen, nur um zu kontrolieren, ob der auch seine Versprechen einhält^^
Von:  Gedankenchaotin
2012-02-04T23:59:29+00:00 05.02.2012 00:59
Ich an der Stelle der Krankenschwester hätte mich glaub ich nicht mit Yoshiki angelegt, auch wenn sie eben nur den Vorschriften folgen muss.

Toshi wird mit Sicherheit spüren, dass Yoshiki an seinem Bett sitzt und dessen Familie wird ja nun dafür sorgen, dass er das auch weiterhin kann.. also Toshi.~
Ich werde gespannt sein, was du mit ihnen noch vorhast.~

LG Gedankenchaotin
Von:  Asmodina
2012-02-04T21:07:02+00:00 04.02.2012 22:07
Dieses Kapitel berührt mich sehr und ich kann Yoshikis Wut verstehen. Ich hoffe du schreibst schnell weiter
P.S: Du willst nicht wirklich, das ich deine Beta antreibe, oder?^^
Von:  -Shin-
2012-02-04T16:38:21+00:00 04.02.2012 17:38
Maaaan, ich bin echt gespannt wie sich das weiter entwickelt.
Also natürlich interessiert es einen bei FFs immer was als nächstes passiert.. *drop* XD
..aber ich kann das absolut nicht abschätzen.
Wenn wird Toshi aufwachen und was dann?

Und ich reg mich jetzt nicht seitenlang über diese 'Familien-Regal' auf.. aber ich könnte. >.<;

PS: Ja, ich weiß was du meinst.. gut, dass wir uns so schön verstehen. =D

PPS: Mein Brower hat sich gerade vor Freude geschlossen. Gut das es die ungespeicherten Entwürfe gibt. *tret*


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