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Footsteps In The Rain

HP/LV, DM/HG, Grindeldore
von

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Gefangen

Danke an alle, die mir das letzte Mal ein Review hinterlassen haben. Ihr seid großartig.

Liebste Grüße, Ayako

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Gefangen
 

Ich war der erste, der Hermione alleine zurück in den Tanzsaal kommen sah. Sie war eine gute halbe Stunde weg gewesen und es überraschte mich, dass sie jetzt schon wiederkehrte. Ich war mir fast sicher gewesen, dass sie diesen Abend dafür nutzen würde, sich an Harry ranzumachen und der wäre ein Idiot, wenn er sie abweisen würde. Er mochte sie vielleicht nicht lieben, aber sie war gut aussehend, intelligent und das Mündel der Zabinis. Eine gute Partie. Sie wären ein großartiges Paar, zumindest war das damals meine Meinung. Inzwischen weiß ich, dass es zwischen den beiden niemals gut gegangen wäre.
 

Ihr Blick war genauso finster wie Rons (bei dem ich wieder stand, um nicht allein zu sein) und sie lief zielstrebig auf uns zu. Sobald der Weasley sie entdeckte, straffte er sich und sah sie mit glänzenden Augen an. „Hermione!“, begrüßte er sie atemlos. „Wo hast du denn Harry gelassen?“

Das fragte ich mich auch, wobei ich glaubte, dass er sie wahrscheinlich doch abgewiesen hatte.

Auch wenn sie meiner Meinung nach ein tolles Paar gewesen wären, wusste ich doch, dass Harry viel zu ehrenhaft war, um mit ihren Gefühlen zu spielen. Und genau das hätte er getan, wenn er sich auf sie eingelassen hätte – er liebte sie nicht, er würde es nie tun. Irgendwie war das ungerecht.
 

Hermione kam direkt vor uns zum Stillstand und strich sich eine Strähne hinter das Ohr. „Irgendein hochrangiger Wichtigtuer spricht mit ihm. Der Kerl hat mich weggeschickt, gescheucht um genau zu sein. Ich weiß nicht einmal, wer er war, aber... er war so unhöflich.“ Ihre Augen funkelten unheilverkündend. Sie hasste es, wenn sie von jemanden herablassend behandelt wurde und der Mann – wer immer er auch war – hatte das ganz offensichtlich getan. „Ich hätte Harry lieber nicht mit ihm allein gelassen... besonders weil ich den Typen noch nie zuvor gesehen habe.“

„Warum hast du es dann getan?“, fragte Ron verwirrt.

Sie biss sich auf die Unterlippe. „Er... ist nicht die Art Mensch zu der man allzu oft nein sagen sollte.“

Mit anderen Worten: Er war höchstwahrscheinlich ein Todesser des Inneren Kreises.
 

Armer Harry. Ich würde nicht mit ihm tauschen wollen.

Dass jemand ein Todesser war, war an sich nicht so ungewöhnlich, jeder hatte mindestens einen Todesser in seinem Bekanntenkreis. Die Todesser des Inneren Kreises waren allerdings eine ganze andere Kategorie. Sie waren die, die den Dunklen Lord am meisten beeindruckt hatten und regelmäßig mit ihm zusammentrafen. Ihre Identität war meistens geheim, nur einige wenige traten auch in der Öffentlichkeit als seine engsten Vertrauten auf. Lucius Malfoy zum Beispiel. Oder Bellatrix Lestrange.

Alle anderen hielten sich bedeckt, auch wenn ich nicht genau wusste, was der Grund dafür sein mochte.
 

Trotzdem erkannte man in der Regel einen, wenn er vor einem stand. Sie hatten ein bestimmtes Auftreten, eine bestimmte Ausstrahlung, bei der jeder merkte, dass es besser war, ab sofort vorsichtig zu sein. Ihr Interesse zu haben bedeutete, das Interesse des dunklen Lords geweckt zu haben und deshalb würde jedes Wort, das man zu ihnen sagte, an ihn übermittelt werden.

Was hatte Harry nur angestellt, um ihn auf sich aufmerksam zu machen?
 

Hermione hatte offenbar denselben Gedankengang, denn sie fragte mit gesenkter Stimme: „Meint ihr, es hat etwas mit seinem Vater zu tun?“

Sein Vater. James Potter. Ein Tabuthema. Nicht nur vor den Potters, sondern vor der ganzen Welt. Ehrlich gesagt habe ich erst bei Harry in Askaban erfahren, was mit James passiert war, aber dazu ein andermal mehr.

Ron sah sie jedenfalls ziemlich erschrocken an. „Wieso sollte es etwas mit ihm zu tun haben? Harry hat ihn doch kaum gekannt und überhaupt... es ist viel zu lange her. Außerdem weiß jeder, wie er ist. Es gibt keinen Grund für uns, uns Sorgen zu machen. Wahrscheinlich ist alles halb so wild.“
 

Wenn sie nicht beruhigt hatte werden wollen, hätte Hermione ihm jetzt widersprochen. Stattdessen nickte sie jedoch. „Du wirst Recht haben. Dieser Mann hat mich einfach nur erschreckt... vielleicht ist es ja ein Sponsor von einem Qudditchteam, der ihn hat spielen sehen...“

Das wäre nicht einmal so abwegig. Harry war ein ausgezeichneter Sucher und an diesem Abend waren hier genügend Arbeitnehmer anwesend, die nach talentierten Nachwuchs Ausschau hielten.

„Jap, bald wird Harry bei der Weltmeisterschaft mit fliegen!“, meinte Ron grinsend. „Meint ihr, er wird uns Karten besorgen können?“
 

Sofort begannen ich und Ron begeistert über Quidditch zu sprechen, während Hermione nur mit dem Kopf schüttelte und sich ein Glas Sekt von einem vorbeifliegenden Tablett nahm. Die Sorge um Harry war vorerst vergessen.

Hätten wir uns doch mehr Sorgen gemacht. Vielleicht wäre er dann niemals zu einem Mörder geworden.
 

>>> Footsteps In The Rain <<<
 

Harry stand mit verschränkten Armen am Ufer des Sees, der in der Nähe des wunderschönen Anwesens lag, in dem der Dunkle Lord seine sogenannte Weihnachtsfeier abhielt. Insgeheim war er immer noch davon überzeugt, dass das alles nur eine Farce war und Hermiones Worte, dass der Dunkle Lord hier nach jemanden zu suchen schien, bestätigte seine Vermutung nur noch. Die Frage war nur: Was suchte er?

Und was wollte dieser Typ vor ihm eigentlich von ihm? Dieser Typ, der ihn Harry nannte. Oh, der konnte etwas erleben!
 

„Für Sie bin ich immer noch Mr. Potter“, sagte er kühl. „Ich habe Ihnen nicht erlaubt, mich mit meinem Vornamen anzusprechen.“

Er hatte sich ihm nicht einmal vorgestellt, aber der Mann schien ja auch so zu wissen, wer er war. Warum eigentlich? Hatte er sich über ihn informiert? Wahrscheinlich, doch was sollte er damit bezwecken? Harry hatte weder auffallende Noten, noch besaß er spezielle Fähigkeiten, die ihn für den Dunklen Lord und seine Todesser – und er war sich sicher, dass dieser Mann vor ihm ein Todesser war – von Interesse sein könnten. Das einzige, was ihn von seinen Mitschülern abhob war, dass er einen guten Sucher abgab, aber das war es auch schon. Warum also hatte man an ihm Interesse?
 

Vielleicht lag es an seiner scharfen Zunge, denn der Mann schien sichtlich amüsiert, als er entgegnete: „Ist das nicht etwas unfair, wenn ich dich so förmlich anreden müsste, während du mich einfach bei meinem Vornamen nennen würdest, Harry?“

Der Kerl schien ihn offensichtlich provozieren zu wollen. „Nennen Sie mir Ihren Nachnamen und es wird mir eine große Freude sein, Sie damit anzusprechen, Sir.“

„Ein wirklich fairer Vorschlag“, kommentierte der Mann lächelnd. „Allerdings habe ich nicht vor, ihn dir zu verraten.“
 

Dieser arrogante, selbstgefällige Mistkerl! Am liebsten würde er ihm jetzt seine Meinung sagen, seine Vernunft hielt ihn jedoch zurück. Er wusste nicht, wer das vor ihm war. Rein theoretisch könnte es der Dunkle Lord selbst sein oder zumindest einer seiner Spione. Er musste aufpassen, wie er sich verhielt, er durfte nicht zu unhöflich werden. Solange er ihn amüsierte, war alles im grünen Bereich, doch er durfte es nicht übertreiben. Aus diesem Grund war es das beste, wenn er so schnell wie möglich von ihm wegkam.
 

„Wenn das so ist, sehe ich unser Gespräch hiermit als beendet an“, sagte er kühl. „Einen schönen Abend noch.“

Daraufhin drehte er sich um und wollte einen dramatischen Abgang a là Severus Snape hinlegen, wäre da nicht der See gewesen, der sich nun in seiner ganzen Pracht vor ihm erstreckte. Beinahe wäre er schnurstracks hineingelaufen, als er plötzlich von einer überraschend festen Hand am Arm gepackt und zurückgezogen wurde.
 

„Vorsicht“, murmelte der Mann – Tom – sanft. „Das Wasser ist tiefer als es scheint und es wäre doch wirklich eine Schande, wenn du heute Nacht darin ertrinken würdest.“

Er zog ihn näher zu sich und beugte sich vor, sodass sein Atem heiß gegen Harrys Nacken schlug. „Deine kleine Freundin wäre sicher mehr als betrübt darüber.“

Wütend riss Harry sich von ihm los und fuhr wieder herum, während er das Brennen zu verdrängen versuchte, das sich plötzlich auf seinem Nacken ausbreitete. Er musste einen Weg finden, diesen Mann endlich loszuwerden. „Wer sind Sie?“, zischte er.
 

„Wer ich bin? Eine sehr gute Frage“, sagte Tom, während seine Augen aufmerksam über Harrys Körper glitten. „Du kannst die Menschen dort drinnen fragen. Sie werden dir alle eine andere Geschichte über mich erzählen können.“ Er streckte seine Hand aus und entfernte einen Fussel auf Harrys Umhang. „Die Frage ist nun: Wer bin ich für dich?“ Er lächelte ihn an.
 

Harry verengte seine Augen. Er könnte jetzt ehrlich sein – und unhöflich – oder sich eine höfliche, schleimige Antwort ausdenken, für die er sich sein ganzes Leben lang hassen würde. Letzteres wäre sicherlich vernünftiger, aber seit wann war er schon vernünftig? „Ich denke, dass Sie ein arroganter, selbstgefälliger, unhöflicher Mistkerl sind, der in seinem ganzen Leben noch nie einen Finger rühren musste und nur auf dieser Party hier ist, weil es von ihm erwartet wird.“

„Da haben wir sicher etwas gemeinsam, oder?“, entgegnete Tom mit sanfter Stimme. „Du bist sicherlich auch nur hier, weil dich der Dunkle Lord persönlich hergebeten hat, oder?“
 

Diese Reaktion überraschte ihn. Harry hatte damit gerechnet, dass der Mann nun beleidigt wäre oder wütend oder aufgebracht. Alles, nur nicht sanft. Oder so... verständnisvoll. So als würde er wirklich wissen, was in ihm vorging. Dass er es hasste, hier zu sein. Dass er froh gewesen war, als Hermione ihn hier hinaus gezogen hatte, weil er so der Tanzgesellschaft entkommen konnte.

Aber er wollte nicht, dass der Mann es verstand. Er wollte in ihm nichts positives sehen. Er wollte ihn hassen, ihn verabscheuen und vor allen Dingen loswerden, denn wenn er das nicht schaffte, würde er sich auf ihn einlassen und das würde böse enden. So etwas endete immer böse.
 

Anstatt ihm also zu antworten, tat er so, als ob er nicht unterbrochen worden wäre: „Und jetzt haben Sie sich aus Langeweile den erstbesten Gryffindor ausgesucht, um sich zu unterhalten. Ich kenne das schon. Mit uns kann man das ja machen, wir sind das unterste in der Gesellschaft, die Verräter. Also kann man sich wunderbar über uns lustig machen, zu etwas anderem sind wir ja nicht gut!“
 

Schuld daran war ganz allein Albus Dumbledore. Bevor der Dunkle Lord die Macht ergreifen konnte, waren er und sein Phönixorden sein größtes Hindernis gewesen. Erst mit Dumbledores Tod war er an die Spitze der Gesellschaft gekommen und seitdem war es eine Schande, ein Gryffindor zu sein. Sie waren es, die am meisten gegen den Dunklen Lord rebelliert hatten. Viele ihrer Eltern waren immer noch gegen ihn. Sie waren ein potentieller Unruheherd und deshalb wurden sie von der Wiege aus unschädlich gemacht. Gryffindors hatten es immer schwerer als alle anderen. In der Schule, auf dem Arbeitsmarkt, ja selbst beim Einkaufen im Laden um die Ecke.

Harrys Meinung nach war es einfach nur ungerecht, doch so funktionierte es eben.
 

Tom hatte nach seiner kleinen Schimpfrede geschwiegen, bis Harry sich wieder beruhigt hatte. Doch nun sagte er: „Du solltest nicht so ungerecht zu deinem Haus sein. Ein paar der besten Menschen, die ich kenne, sind Gryffindors.“

Harry blinzelte und sah ihn erstaunt an. „Wirklich?“
 

„Wirklich“, versicherte er ihm. „Deine Mutter zum Beispiel. Die erste Frau, die sich getraut hat, an den Prüfungen der Tränkemeister teilzunehmen. Oder der Werwolf Remus Lupin, der trotz seiner misslichen Lage niemals aufgibt und weiterhin dafür kämpft, seine Träume wahr werden zu lassen. Oder auch dein Vater...“ Er sah ihn sanft an. „Auch wenn er dafür sterben musste, war er ein wahrer Kämpfer und ein großartiger Mensch. Du hast gelernt wie alle anderen das schlechteste in deinem Haus zu sehen, aber ich versichere dir, dass ihr viel gutes hervorgebracht habt und weiterhin werdet.“
 

Diese Rede verwirrte Harry. Er war es nicht gewohnt, dass sein Haus – oder gar sein Vater – von irgendjemanden positiv dargestellt wurde. Und doch stand vor ihm ein Mann, der genau dies tat. Entweder versprach er sich etwas davon oder es war wirklich seine Meinung. Oder beides war der Fall.

Was auch immer es war, er wollte es jetzt herausfinden: „Was wollen Sie von mir?“

„Du kannst die Förmlichkeiten ruhig fallen lassen, Harry.“

Harry sah ihn nur unbeeindruckt an, woraufhin er seufzte. „Lass uns ein wenig in das wunderschöne Wäldchen dort gehen. Dort lässt es sich viel angenehmer reden.“ Und vor allem allein.
 

Was immer Tom von ihm wollte, er wollte nicht, dass jemand anderes etwas davon mitbekam. Das bedeutete, es handelte sich entweder um etwas illegales, etwas terroristisches oder... Sex.
 

Harry musterte ihn durch zusammengekniffene Augen. War dieser Mensch vor ihm homosexuell? Vermutlich nicht, er würde ihn höchstens als bisexuell einschätzen. Oder asexuell. Obwohl nein, Asexualität wurde in der High Society der Zauberergesellschaft ebenso verteufelt wie Pädophilie oder Inzest (wobei letzteres bei besonders hochrangigen Hexen und Zauberern des Öfteren ignoriert wurde).

Das bedeutete, er musste zumindest in der Öffentlichkeit Liebschaften vorweisen. Wo ein Gryffindor ein gefundenes Fressen war.

Mit ihnen konnte man ruhig ein wenig spielen und sie jederzeit wieder fallen lassen. Keiner würde es ihm übel nehmen, außer der Gryffindor selbst. Andererseits... wenn er wirklich puren Sex wollte, hätte er sich anders verhalten. Auffälliger. Verführerischer.

Also war das wohl eher auszuschließen.
 

War es also etwas illegales? Wollte der Kerl ihn vielleicht umbringen? Oder ihm etwas verkaufen? Oder zu etwas anstiften? Das war eher möglich, aber unwahrscheinlich. Die Gefahr wäre zu groß, dass Harry es ausplaudern könnte oder im Falle eines Mordes, dass Hermione die Ermittler auf seine Fährte locken würde.
 

Blieb nur noch Terrorismus.

Könnte dieser Mann ein Rebell sein? Ja. Allein seine Rede über Gryffindors ließ darauf schließen. Er könnte durchaus zu den verbliebenen Mitgliedern des Phönixordens gehören und hier nach potentiellen Mitgliedern suchen. Und wer wäre da besser geeignet als James Potters Sohn? Andererseits wäre auch das viel zu gefährlich. Sie waren immer noch auf einer Party des dunklen Lords und der hatte sicher überall seine Spione.
 

Insofern könnte auch das genaue Gegenteil der Fall sein und in Harrys Augen war das das wahrscheinlichste: Tom war ein Todesser und auf der Suche nach vielversprechenden, jungen Leuten, die zu seinen Schoßhündchen werden sollten. Etwas, worauf Harry nicht sonderlich scharf war, da wäre ihm der Terrorismus um einiges lieber. Nun, man konnte eben nicht alles haben.
 

Seufzend ließ er seinen Blick noch einmal über den See schweifen, ehe er nickte. „Gut, gehen wir.“

Tom lächelte charmant und bot ihm seinen Arm an, doch Harry hatte keine Lust auf diese Farce und stapfte einfach an ihm vorbei. Hinter sich hörte er ein amüsiertes Glucksen und seine Augen verengten sich. Wie gut, dass der Mann sein Verhalten unterhaltsam fand. Er würde sich daran gewöhnen müssen.
 

Tom überließ ihm die Führung und so liefen sie eine ganze Weile zwischen Bäume und Büsche hindurch, bis sie zu einer kleinen Lichtung kamen, die Harry einigermaßen überschaubar vorkam. Dort blieb er stehen und drehte sich zu dem älteren Mann um. „Also?“

Er wollte es hinter sich bringen und zu seinen Freunden zurückkehren. Zu seinem Leben.
 

Es war leider nicht so einfach.
 

„Ein interessanter Ort, um stehen zu bleiben“, meinte Tom und ließ seinen Blick über die Bäume schweifen. „Magst du Wälder?“

Magst du Wälder? Sollte das ein Witz sein? Warum sollte es ihn bitte schön interessieren, ob er Wälder mochte? „Na ja“, meinte er und sah sich ebenfalls um. „Eigentlich nicht...“

Und schon hatte er wieder seine ganze, ungeteilte Aufmerksamkeit. „Eigentlich nicht?“
 

Harry zögerte, ehe er beschloss, dass es nicht schaden würde, es ihm zu erzählen. „Die Bäume“, begann er deshalb leise und machte eine ausladende Handbewegung. „Sie sind so gigantisch und sie versperren die Sicht. Sie sind wie Mauern, die dich einschließen wollen und nie wieder gehen lassen.... Wer weiß, was sich hinter ihnen versteckt... oder ob man je wieder aus ihnen herausfindet.“ Er schüttelte mit dem Kopf. „Ich mag keine Wälder.“
 

Tom betrachtete ihn nachdenklich. „So habe ich das noch nie gesehen. Für mich waren Wälder bisher immer ein Zufluchtsort, ein Versteck. Aber es stimmt... man sieht nicht weit. Hier könnte man leicht überfallen werden und niemand würde es merken. Der See hat dir besser gefallen, oder?“

Natürlich hatte er das, doch das ging ihn nichts an. „Was wollen Sie von mir?“ Zum wievielten Mal hatte er ihn das schon gefragt? Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er die Antwort immer noch nicht kannte.
 

„Vielleicht will ich mir einfach nur meine Langweile vertreiben und mit jemanden plaudern, der genauso gelangweilt wirkte wie ich?“

„Bei allem Respekt, Sir, aber jemand wie Sie spricht nicht einfach so mit jemanden wie mir.“

„Mag sein“, entgegnete er sanft. „Aber ich kann dir eines versichern: Ich bin nicht irgendjemand.“
 

Harrys Augen verengten sich. „Dieses Spiel macht Ihnen einen Riesenspaß, nicht wahr? Ich finde es jedoch alles andere als lustig. Sagen Sie mir endlich, was Sie wollen, damit wir diesen ganzen Mist hier hinter uns bringen können!“

„Nur, wenn du mich endlich anfängst zu duzen und Tom zu nennen“, verlangte er und sah ihn ernst an. „Ich biete so etwas nicht jedem bei der ersten Begegnung an und ich gebe zu, dass es mich kränkt, dass du das nicht zu schätzen weißt.“

„Vielleicht könnte ich das, wenn ich endlich wüsste, was Sie“, Tom warf ihm einen strengen Blick zu, „na gut, was du von mir willst!“
 

„Schon besser“, kommentierte der Ältere, ehe er ihn wieder charmant anlächelte. Dieses Lächeln hatte etwas unheimlich anziehendes und einnehmendes an sich, so wie der ganze Mensch im allgemeinen. Harry war sich sicher, dass ihm sowohl Frauen als auch Männer scharenweise zu Füßen lagen. Was für ihn übrigens ein weiterer Grund war, um ihn loswerden zu wollen, so jemand war definitiv kein guter Umgang für ihn. Die Gefahr, sich in ihm zu verlieren, war einfach zu groß.
 

Dass Tom jetzt auch noch ein paar Schritte auf ihn zukam, machte das ganze auch nicht besser: „Jetzt denke einmal scharf nach, Harry. Was wird jemand wie ich wohl von jemanden wie dir wollen?“

„Auf jeden Fall nichts Gutes“, erwiderte er und blieb stur stehen, selbst als sie nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Man durfte nicht zurückweichen oder wegrennen, wenn ein Raubtier auf einen zukam, denn dann wurde man automatisch zur Beute und solange gejagt, bis man erlegt wurde. Wenn man aber still stehen blieb und sich nicht rührte, würde es irgendwann das Interesse verlieren und wieder verschwinden. Zu seinem Pech war Tom aber kein Raubtier oder zumindest kein gewöhnliches.
 

„Nichts Gutes also“, meinte er und gluckste leicht, während er mit einer Hand Harrys Kinn anhob, damit sie sich in die Augen sehen mussten. „Dann haben wir aber Glück, dass gut immer vom Auge des Betrachters abhängt, nicht wahr?“

Im nächsten Moment küsste er ihn. Ah, er will also doch Sex, war Harrys erster Gedanke. Sein zweiter war, dass das besser war, als die Rekrutierung von Gefolgsleuten. Er müsste ihm nur heute Nacht geben, was er wollte und wäre ihn dann für immer los. Die Frage war nun: Wollte er es ihm geben?
 

Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, zog sich Tom wieder von ihm zurück. Das hieß, er löste seine Lippen von seinen, blieb aber dicht an ihm gedrückt stehen. Wahrscheinlich war es Absicht, dass sein Atem weiterhin gegen Harrys Gesicht schlug.

„Ich habe hier ein Zimmer“, hauchte er. „In der obersten Etage. Die Tür direkt hinter dir, wenn du die Treppe hinauf kommst.“ Er küsste ihn noch einmal flüchtig. „Ich werde dort sein.“
 

Im nächsten Moment war er verschwunden. Harry starrte verdutzt auf die Stelle, wo er gerade noch gestanden hatte. Wo war er hin? Wie hatte er das gemacht? Welchen Zauber hatte er verwendet? Es hatte kein Geräusch gegeben und er konnte auch nirgends Fußabdrücke finden. Tom hatte sich buchstäblich von einer Sekunde zur anderen in Luft aufgelöst. Nicht einmal sein Geruch lag mehr in der Luft. Es war, als wäre er niemals hier gewesen.
 

Vielleicht ist er niemals hier gewesen. Vielleicht habe ich mir das alles nur eingebildet. Vielleicht werde ich jetzt wahnsinnig.

Zwar wäre das gar nicht mal so unwahrscheinlich, aber er durfte nicht vergessen, dass Hermione bei ihm gewesen war, als der Mann zu ihnen gestoßen war. Sie war wegen ihm gegangen und das hätte sie nie getan, wenn Tom sie nicht weggeschickt hätte. Sie mochte eine gute Freundin sein, aber bei solchen Veranstaltungen war sie eine unheimliche Klette.

Was war es also für ein Zauber, den Tom angewandt hatte?
 

Es muss starke, schwarze Magie sein. Also war er tatsächlich mindestens ein hochrangiger Todesser, aber das hatte er ja von Anfang an vermutet. Nur... wie hochrangig war er? Definitiv hochrangig genug, um ungemütlich zu werden, wenn er ihn einfach abwies. Merlin, vielleicht hätte er seine Mutter doch nicht dazu überreden sollen, hierherzukommen.
 

Plötzlich hörte er etwas hinter sich rascheln und er wirbelte herum, spähte misstrauisch zwischen den Bäumen hindurch, während er nach seinem Zauberstab tastete, den er – wie immer – bei sich trug. Es war nichts zu sehen, aber das hatte nichts zu bedeuten. Hier konnte alles sein, einfach alles. Eine... Kreatur, ein Vampir, ein tollwütiger Werwolf, vielleicht sogar... keine Ahnung was genau.

Gut, wahrscheinlich reagierte er über, aber das tat er immer, wenn er allein in einem Wald war. Allein im Wald. Verloren, verlassen, verängstigt und nicht in der Lage, irgendetwas zu sehen.

Irgendetwas zu erkennen.

Oder gar zu...
 

Entkommen. Er musste entkommen. Das war alles, was er wusste. Schneller, immer schneller, immer weiter. Wenn er stehen blieb oder hinfiel oder einfach langsamer wurde, würden sie ihn fangen. Er musste weg hier! Aber wohin? Überall waren nur Bäume. Viele, endlose, grausame Bäume, die ihn festzuhalten schienen.

Es gab keinen Ausweg. Er war gefangen.

Hinter sich hörte er die Schritte, zu schnell, viel zu schnell, sie würden ihn einholen... oder töten. Schon flog wieder ein grüner Lichtblitz an ihm vorbei. Warum wollten sie ihn töten? Was hatte er denn getan?

Was immer es war, es musste sehr böse gewesen sein, anders konnte er sich das alles einfach nicht erklären.

„Harry!“, rief er die Stimme seines Vaters, viel zu weit weg, aber gleichzeitig viel zu nah. „Harry, bleib stehen!“

Sein erster Impuls war, auf ihn zu hören. Vielleicht würde alles wieder gut werden, wenn er auf ihn hörte. Vielleicht würde er ihn dann in den Arm nehmen und ihm sagen, dass alles in Ordnung war, so wie immer, immer, immer, immer...
 

„James?“

Mit einem Schlag war er wieder in der Gegenwart und bemerkte, dass er sich zusammengekauert hatte. Seine typische Reaktion bei einem Flashback. Er kauerte sich hin, umschlang seine Beine und vergrub seinen Kopf in seinen Knien, wie um sich zu schützen. Nicht, dass ihn diese Position vor irgendetwas schützen könnte. Für Zauber wäre er die perfekte Zielscheibe, genauso wie für alles andere, was ihm schaden wollte. Auch seine Erinnerungen wurden dadurch nicht unterdrückt... es war also sinnlos, absolut sinnlos und doch konnte er es nicht lassen.
 

„James? Bist du es wirklich?“

Langsam hob er den Kopf. Einige Meter von ihm entfernt stand kein anderer als Sirius Black. Für einen Moment starrten sie sich nur schweigend an, wobei Sirius' Augen hoffnungsvoll über Harrys Gesicht glitten. Doch sobald er erkannte, dass er nicht James war, dass er es überhaupt nicht sein konnte, wurde er wieder zu den Menschen, den Harry kannte. Sein Pate. Der beste Freund seines Vaters. Der Mann, der ihn mehr als jeder andere auf der Welt hasste. Aber gleichzeitig seine einzige Chance, hier irgendwie wieder herauszukommen.
 

Er wusste, sollte Sirius ihn allein lassen, würde er wieder von seinen Erinnerungen geplagt werden. Er konnte hier nicht alleine bleiben.

Aus diesem Grund streckte er hilfesuchend seine Hand nach ihm aus. „Sirius“, hauchte er. „Bitte...“

Als hätten ihn diese beiden Worte aus einer Starre befreit, stolperte Sirius zurück. Er würde ihn allein lassen. Er würde ihn hier sitzen lassen, aber Harry... konnte das nicht zulassen. Deshalb richtete er sich mühsam auf und sah ihn an. „Sirius...“

Doch der Mann schüttelte mit dem Kopf. „Bleib weg von mir! Mit dir will ich nichts zu tun haben!“ Er lallte. Offenbar hatte er wieder einmal getrunken und zwar nicht wenig. Ein Wunder, dass er ihn in diesem Zustand erkannt hatte, dabei wäre es viel einfacher gewesen, wenn er ihn weiterhin für seinen toten Vater halten würde. Da würde er ihm jetzt wenigstens bedingungslos helfen, aber so... würde es sehr schwierig werden.
 

Vorsichtig ging er einen Schritt auf ihn zu, während er die Hände gehoben hatte, um ihn zu zeigen, dass er nicht bewaffnet war. Dass er ihm nicht weh tun wollte. „Sirius... ich bin es nur“, flüsterte er und versuchte, die Panik aus seiner Stimme zu vertreiben, die immer noch in ihm herrschte. Der Wald war ihm immer noch allzu deutlich bewusst. Er musste hier raus. „Sirius... bitte, du musst mir helf...“
 

„Geh weg von mir!“, rief er hysterisch und wich noch mehr zurück. Dabei stolperte er aber über seine Füße und fiel buchstäblich auf seinen Hintern. Harry wollte sich ihm noch mehr nähern, um ihm wieder aufzuhelfen, aber Sirius warf mit einem Stein nach ihm, bevor er auch nur einen Schritt tun konnte. Glücklicherweise flog er vorbei, weshalb Harry nicht verletzt wurde. Die Geste erschreckte ihn trotzdem. Genauso, wie die Worte, die darauf folgten: „Verrecke!“, fuhr Sirius ihn an. „Verrecke und schmor in der Hölle! Da hättest du schon vor Jahren landen müssen!“ Er rappelte sich mühsam wieder auf, wobei seine wilden, geweiteten Augen ganz auf Harry gerichtete waren. In ihnen wirbelte ein solcher Hasse und eine solche Wut, dass ihm ganz Angst und Bange wurde. Was hatte er nur getan, um das verdient zu haben?
 

Doch Sirius war noch nicht fertig. Schwankend stand er da und funkelte ihn an, während er lallend sagte: „Und vor allen Dingen: Halt dich von mir fern! Ich will dich nie wieder zu Gesicht bekommen!“
 

Ich will dich nie wieder zu Gesicht bekommen.

Es war dieser Satz, der ihn verfolgte, während er sich alleine einen Weg aus dem Wald suchte. Sirius hatte ihn stehenlassen, kaum hatte er zu Ende gesprochen und Harry war wieder auf sich allein gestellt gewesen.

Verrecke!

Mit zusammengepressten Lippen stolperte er weiter, während er verzweifelt versuchte, sich zusammenzureißen. Er hatte heute bereits einen Zusammenbruch gehabt. Er brauchte keinen weiteren. Aber der Wald... er wollte ihn gefangen halten. Er würde hier drin sterben und dann in der Hölle schmoren, genauso, wie Sirius es sich wünschte. Er...
 

Ich werde dort sein.

Eine andere Stimme, eine sanftere Stimme, Toms Stimme. Tom wollte nicht, dass er starb. Er wartete auf ihn und wollte ihn oder zumindest seinen Körper. Zwar nur für eine Nacht, aber immerhin.

Wie es wohl wäre... sich eine Nacht wieder einmal so zu fühlen, als würde man geliebt werden? Einem Fremden alles zu geben und ihn danach nie wieder zu sehen? Vielleicht würde es den Schmerz vertreiben, den sein Zusammentreffen mit Sirius in ihm ausgelöst hatte.

Bin ich wirklich schon so verzweifelt?
 

Verzweifelt oder nicht, der Gedanke an Tom half ihm dabei, irgendwie wieder aus dem Wald zu kommen. Sobald er die Bäume hinter sich gelassen hatte, sah er hinauf in den Himmel und atmete tief ein und aus, bis sich sein Herzschlag langsam wieder beruhigte und die Erinnerungen aus seinem Kopf verschwanden. Was blieb, war die Gegenwart und die wundervolle Weite, die sich vor ihm erstreckte. Genaugenommen war es nur die Wiese, die er vor einiger Zeit mit Hermione umgangen hatte, doch das war genug. Keine Bäume. Nur Gras, Blumen und das Haus.
 

Selbst von seinem Standort aus konnte er die Musik hören, die in den Tanzsälen erklang. Die Gäste mussten sich wunderbar amüsieren. Er konnte seine Klassenkameraden förmlich vor sich sehen, wie sie versuchten, sich erwachsen zu benehmen, Eindruck zu schinden oder vielleicht auch nur die Aufmerksamkeit ihres Schwarmes zu bekommen. Keiner würde ihn vermissen, nicht einmal seine Mutter, die sicher zukünftige Tränkemeister suchte oder einfach mit Severus... sonst was tat.

Wann hätten sie wohl angefangen, nach ihm zu suchen, wenn er nicht aus dem Wald gekommen wäre? Sobald seine Mutter gehen wollte? Oder erst, wenn er auch morgen nicht Zuhause angekommen wäre? Hätten sie überhaupt zurückkommen können?

Gut, dass ihm dieser Gedanke nicht gekommen war, als er noch drinnen gewesen war. Das hätte ihm den Rest gegeben.
 

Langsam setzte er sich wieder in Bewegung und schlenderte auf das Haus zu. Unterwegs begegnete er dem ein oder anderen Pärchen, wobei nur die wenigsten ihm Beachtung schenkten, dafür waren sie viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Ihm konnte es recht sein. Er wollte mit niemandem sprechen.

Kurz darauf trat er durch eine Tür ins Treppenhaus. Wie alles in diesem Gebäude wirkte auch hier alles groß, hell und definitiv teuer. So etwas konnte definitiv nur dem Herrscher eines Landes gehören. Oder vielleicht Lucius Malfoy, dem würde er auch so etwas zutrauen.
 

Ohne wirklich darüber nachzudenken, stieg Harry die Treppe hinauf, immer weiter, immer Stufe um Stufe, immer weitergehen. Und plötzlich... war er ganz oben.

Er musste ein paar Schutzzauber durchschritten haben, denn das hier war hundertprozentig keine öffentliche Zone. Im Gegensatz zu den unteren Stockwerken fehlte hier das Marmor, die reich verzierten Teppiche und die uralten Gemälde, die unten alles zu erdrücken schienen. Hier fühlte es sich wohnlicher an und um einiges gemütlicher. Der Boden war aus Holz, die Wände mit einem warmen Ton gestrichen und überall standen Pflanzen herum. Sehr merkwürdig...
 

Es gab zwei Türen. Eine vor ihm und eine direkt hinter ihm. Beide wirkten relativ unscheinbar, aber Harry ließ sich davon nicht täuschen. Sie waren hundertprozentig mit mehreren Schutzzaubern belegt worden, die ein unbefugtes Eindringen unmöglich machen würden. Verdammt, entweder war Tom der Dunkle Lord oder einer seiner allerengsten Vertrauten. Anders konnte Harry sich jedenfalls nicht erklären, warum er hier oben ein Zimmer haben sollte. Außer es war eine Falle. Vielleicht war er hierher gelockt worden, um... um... ja, warum?

Was sollte der Dunkle Lord von ihm wollen?
 

Wenn er Tom ist, dann will er Sex.

Aber irgendwie konnte er nicht glauben, dass Tom der Dunkle Lord war. Wahrscheinlich interpretierte er ohnehin viel zu viel in diese ganze Situation hinein. Er sollte wirklich aufhören, immer so paranoid zu sein.
 

Langsam ging er auf die Tür zu, die Tom ihm genannt hatte und streckte vorsichtig seine Hand nach der Klinke aus. Nichts passierte, nicht einmal, als er das kalte Metall berührte und er atmete erleichtert aus. Von einem Schutzzauber außer Gefecht gelegt zu werden, wäre heute das Tüpfelchen auf seinem persönlichen I gewesen.

Bevor er die Tür öffnete, zögerte Harry noch einmal. Noch konnte er umdrehen und verschwinden. Noch konnte er zurückgehen und so tun, als hätte er Tom nie getroffen. Wenn er einmal drinnen war, würde es kein zurück geben, da war er sich sicher.

Aber was sollte er denn da unten? Bei seinen Freunden, die sich auch bestens ohne ihn amüsierten? Bei seiner Mutter, die schon seit Jahren aufgehört hatte, ihn zu sehen? Bei Sirius, der ihn hasste? Und bei all seinen Klassenkameraden, die er nach den nächsten Monaten ohnehin nie wieder sehen würde?
 

Es war nicht so, dass er glaubte, dass es dort drin besser werden würde. Tom würde ihn für eine Nacht benutzen, vielleicht sogar nur für ein paar Stunden, und ihn dann wegwerfen, als wäre er der Staub unter seinem Bett. Es war sehr wahrscheinlich, dass er sich danach noch schlechter fühlen würde als jetzt.
 

Trotzdem öffnete er die Tür und trat ein.

Das Zimmer... war riesig. Oder vielleicht wirkte es nur so, weil die Wand vor ihm komplett aus Glas bestand und den Blick auf den Wald und die Ländereien freigab, die sich um dem Manor befanden. An der linken Wand stand ein relativ großes Futonbett auf dem grüne Bettwäsche lag. Grün war überhaupt eine Farbe, die hier dominierte. Nicht nur die Bettwäsche, auch das Sofa auf der rechten Seite und die Wände zeigten unterschiedliche Grüntöne auf. Der Boden war ein dunkles Holz, aus dem auch die Regale und Schränke zu bestehen schienen, die an den restlichen Wänden standen. In ihnen befanden sich unzählige Bücher und Pflanzen. Große Pflanzen, kleine Pflanzen, kunstvolle und verwilderte, manche mit, manche ohne Blüten... hier war ganz offensichtlich jemand davon besessen.
 

Tom war nirgends zu sehen. Merkwürdig, hatte er nicht gesagt, er würde auf Harry warten? Schulterzuckend durchquerte er das Zimmer, um vor der Fensterwand stehen zu bleiben. In regelmäßigen Abständen waren daran Vorhänge angebracht worden – ebenfalls grün – die leicht in einem unsichtbaren Wind wehten, dessen Ursache Harry nicht sofort finden konnte. Eigentlich interessierte es ihn auch überhaupt nicht, wo er herkam, ihn interessierte vielmehr der Ausblick.

Man konnte weit sehen, da das Umland flach war, erst am Horizont taten sich wieder kleine Hügel und Bergkuppen auf, über denen die Sterne funkelten. Er sah zu dem kleinen Wäldchen, in dem er noch vor kurzem gefangen gewesen war. Von hier aus wirkte es beinahe winzig. Lächerlich, dass er dort die Beherrschung verloren hatte, er hätte auf jeden Fall früher oder später wieder dort hinausgefunden. Der Wald war nicht so groß, dass man dort tagelang herumirren konnte, bis man...
 

Etwas vor ihm erregte seine Aufmerksamkeit. Kurz glaubte er, er würde es sich einbilden, aber als es nach mehreren Sekunden immer noch nicht verschwunden war, kam er zu der Erkenntnis, dass es echt sein musste. Da waren zwei rote, leuchtende Schlangenaugen über seiner gespiegelten Schulter und sie funkelten ihn an. Im nächsten Augenblick ertönte hinter ihm ein leises Zischen, was ihn böses ahnen ließ.

Langsam, ganz langsam drehte er den Kopf, bis er über seine Schulter spähen konnte. Direkt hinter ihm stand ein Sessel und darauf hatte sich eine gigantische Schlange breit gemacht. Harry konnte nicht einschätzen, wie lang sie war, aber allein die Größe ihres Kopfes machte ihm gewiss, dass sie durchaus in der Lage wäre, ein Kind zu verschlingen.
 

Für mehrere Sekunden starrten sie sich einfach nur an. Dann zischte die Schlange erneut und ließ ihren Kopf vorschnellen. Erschrocken hob Harry seine Hände vor sein Gesicht, um es zu schützen, schloss seine Augen und erwartete einen Biss. Nur, dass er nicht kam. Stattdessen spürte er, wie etwas über sein Handrücken strich.
 

Langsam öffnete er seine Augen wieder und spähte durch seine Finger. Der Kopf der Schlange befand sich direkt vor ihm. Sie starrte ihn weiterhin an, während sie mit ihrer gespalteten Zunge seinen Geschmack aufnahm. Etwas, was Harry überaus überraschte, er hatte geglaubt, sie würde ihn angreifen wollen, aber vielleicht würde sie es ja doch noch tun. Plötzlich ließ sie ihren Kopf wieder zurückschnellen und zischte ihn noch einmal an, ehe sie sich wieder auf dem Sessel einrollte.
 

O...kay?

Bevor er sich darüber klar werden konnte, was gerade geschehen war, hörte er ein Lachen. „Wie es aussieht, scheint Nagini dich zu mögen“, sagte Tom und trat aus einer Tür hervor, die Harry erst jetzt auffiel. Ob sich dort ein Badezimmer befand? Eigentlich wollte er es gar nicht wissen. Stattdessen sah er den Mann an und fragte: „Nagini? Du hast eine Schlange?“
 

„Ja“, sagte er und ging langsam auf ihn zu. Er hatte einen wirklich eleganten Schritt und irgendwie wirkte er dabei äußerst... anziehend. Auch wenn es Harry ganz und gar nicht gefiel.

„Sie ist meine älteste Freundin und hasst so gut wie jeden, der mich besucht.“ Er schenkte ihm ein Lächeln und kam ein paar Schritte vor ihm zum Stillstand. „Du kannst dich geehrt fühlen.“

„Mir kommen gleich die Tränen vor Rührung“, entgegnete Harry trocken und wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Dabei stieß er jedoch mit der Scheibe zusammen.

Eigentlich war er hier ebenfalls gefangen. Sollte er gehen wollen, würde Tom ihn aufhalten. Oder die Schlange würde ihn beißen. Oder er würde viele Meter in die Tiefe stürzen, sollte er durch das Fenster springen.
 

Trotzdem fühlte er sich hier um einiges besser als noch wenige Augenblicke zuvor im Wald, denn das hier war eine freiwillige Gefangenschaft und er hatte vor, jeden einzelnen Augenblick davon zu genießen.
 

Tom näherte sich ihm noch etwas mehr und nahm dann sanft eine von Harrys Haarsträhnen zwischen seine Finger „Ich gebe zu, dass ich nicht geglaubt habe, dass du zu mir kommen würdest, aber es kommt mir überaus gelegen.“ Er schenkte ihm ein raubtierartiges Grinsen. „Ich hasse es, alleine Schach spielen zu müssen.“

Harry blinzelte. Hä?



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  HerzZehn
2014-02-23T08:25:40+00:00 23.02.2014 09:25
Immer noch beeindruckend. Ich weiß gar nicht so genau, wie ich das beschreiben soll. Man lernt Harry und die anderen als völlig neue Charaktere kennen. Sie haben andere Beziehungen zueinander, sie verhalten sich anders und man glaubt es ihnen trotzdem. Es ist fantastisch, wie du es schafft, diese Welt zu schaffen.
Von:  strify09
2012-02-17T16:31:13+00:00 17.02.2012 17:31
hi
super kapi, spannend :D
bin aufs neue gespannt
lg strify

Von:  Koala
2012-02-12T20:37:12+00:00 12.02.2012 21:37
wirklich tolle story bis jetzt XD
*grins*
etwas vollkommen anderes als die meisten tomxharry ff die man hier so ließt <<
war abba erst etwas schwer sie reinzufinden da ich den ich-erzähler immer mit der hautperson, also harry in diesem fall, verbinde...da es aber in diesem fall neville ist hat mich anfangs etwas verwirrt XD
*lach*
auch tom hat es mir sehr angetan...er wirkt zwar nicht super böse abba auch nicht schei** freundlich was ich persönlich sehr gelungen finde...
er hat halt was erhabenes XD
*grins*
und nagini fand ich eh schon immer toll...doof vllt das zu sagen abba ich hoffe sie kommt noch gaaaanz oft vor XD
*keliner nagini fan ist*
ist tom in der ff auch parselmund?
na ich hoffe es doch XD!
Von:  mimaja56
2012-02-02T13:08:17+00:00 02.02.2012 14:08


auch wenn ich mich sehr kurz halte mit meinem Senf,

du hast mich voll in der Hand mit dieser Story.
Ich mag Harry und Tom, ich mag all das für uns noch Verborgene.
Aber vor allem kann ich es kaum erwarten wann du uns das nächste Türchen öffnest um mehr Einblick in das Leben der Beiden zu bekommen.

Warum hat Tom Harry bisher verschont und ihn in Askaban schmoren lassen?
Was hat Harry getan oder auch nicht getan, das er dort gelandet ist. Das ihn alle Welt für einen Mörder, einen Verräter, für einen Schwerverbrecher hält?
Was hat dazu geführt, dass Harry auf seine Hinrichtung wartet.....

danke und bis bald
mimaja
Von:  DBZ-Fan1986
2012-02-01T20:40:56+00:00 01.02.2012 21:40
super! ich will sofort mehr lesen. :-)
Von:  Kagomee16
2012-02-01T18:33:07+00:00 01.02.2012 19:33
ein gelungenes kapi^^
das ende ist einfach klasse geworden^^
freue mich schon wenn ich mehr davon zu lesen kriege^^
mach weiter so^^

lg kagomee16


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