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Atlantis

von

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Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt - Teil II

Wütend war Sasori bis nach Hause gelaufen. Warum es ihn dieses Mal nicht zum Wasserfall zog wusste er selbst nicht so genau. Er wollte sich einfach nur verkriechen und dafür hatte bisher immer sein Keller hergehalten. Doch auch dorthin zog es ihn dieses Mal nicht. Er hatte keine Lust darauf, möglicherweise seine Arbeiten in Wut zu verunstalten und darüber hinaus... Er lehnte sich an die Wand im Flur und seufzte. Der Rothaarige wusste, woran er dort unten wieder, verbotenerweise, arbeiten würde. Und nach diesem Gespräch hatte er das Gefühl, dass dies nicht die richtige Taktik sein würde. Er ärgerte sich ungemein über Konans Worte, hätte seine Freundin am Liebsten dem Erdboden gleich gemacht, aber dennoch war da etwas, das ihn zurückhielt.
 

Schließlich kam ihm eine Idee, wie er sich wieder etwas beruhigen konnte. Erschöpft stieß er sich von der Wand ab und stieg die Treppen nach oben empor. Deidara war ein heilloser Chaot. Sein Schlafzimmer sah seit Tagen aus, als habe eine Bombe eingeschlagen, was ihn nun auch schon seit Tagen nervte. Ein wenig aufräumen würde ihn auf andere Gedanken bringen, so hoffte er zumindest. Langsam schlurfte er in sein Schlafgemach und seufzte dort in der Tür laut auf. Es war ja noch schlimmer, als er es befürchtet hatte: das Bett war nicht gemacht, Klamotten lagen auf dem gesamten Fußboden verteilt, Unterlagen und Gesteinsproben schauten hier und dort unter den Wäschemassen hervor und gelüftet war hier ebenfalls seit Tagen nicht geworden.
 

Vorsichtig stieg er über die für ihn merkwürdig aussehende Kleidung herüber, wobei er bemerkte, dass viele Sachen dabei waren, die Deidara nicht einmal angehabt hatte. Zumindest hatte er den Blonden nie darin gesehen. Schließlich erreichte er sein Ziel und drückte die beiden Klinken herab, ehe er die Fenster nach außen drückte und ihm eine frische Brise entgegen kam. Das war doch schon viel besser! Sasori drehte sich wieder herum und beschloss, die ganze Kleidung in Wäschekorb und seinen Kleiderschrank zu verfrachten. Zunächst musste er sich allerdings ein wenig mehr Bewegungsfreiheit verschaffen.
 

Mit vorsichtigen Schritten watete er zum Schrank und schob vor diesem einen Wäscheberg zur Seite, ehe er ihn öffnen konnte. Schließlich nahm er sich seine Freizeitkleidung heraus, die aus einer legeren dunkelblauen Hose und einem schwarzen einfachen Shirt bestand. Rasch pellte er sich aus der lädierten Rüstung und zog sich die frischen Sachen über, ehe er die Lederteile seiner Kampfkluft in den Schrank packte und die dazugehörige schwarze Toga in den Wäschekorb warf.
 

Nach einer halben Stunde war der Fußboden schließlich kleidungsfrei. Missmutig stellte Sasori bei einem prüfenden Blick jedoch fest, dass das Chaos dadurch nur marginal gebändigt war. Seufzend schritt er zum Bett, um dieses ordentlich herzurichten. An der Bettkante jedoch stieß er sich plötzlich den Fuß an etwas, das dort sicherlich nicht hingehörte. Fluchend ließ er sich auf die Matratze sinken, hielt sich mit einer Hand den angeschlagenen Fuß und griff mit der anderen Hand unter das Bett, um nach der Ursache für diesen Unfall zu suchen. Knurrend zog er Deidaras Rucksack hervor, um ihn aufs Bett zu legen, damit ihm das nicht noch einmal passieren konnte. Er ärgerte sich schließlich jedoch darüber nicht damit gerechnet zu haben, dass der Rucksack, natürlich, nicht richtig verschlossen war, und sich der Inhalt über Fußboden und Bett verstreute.
 

Leise fluchend wischte Sasori sich über das Gesicht, stellte den Übeltäter neben sich hin und begann die Sachen wieder aufzusammeln. Rasch waren Stifte, Pinsel, Farbtuben, Malblock, eines dieser Radiergummis und eine kleine Dose mit einem integrierten Metallteil, von der er nicht sagen konnte, wofür sie gedacht war, wieder im Rucksack verschwunden. Schließlich griff er zu der Mappe und den losen Blättern, die aus dieser gefallen waren. Dann stockte er und hielt wie gelähmt inne. Er konnte sich nicht recht entscheiden, ob dieser Anblick beeindruckend oder unheimlich sein sollte. Als schaute er in einen Spiegel. In den schillerndsten und kräftigsten Farben sah Sasori Orte und Plätze von Atlantis, die er sofort erkannte und die er schier greifen konnte, so wirklich wirkten sie. Und dann sah er noch sich selbst...
 

Niemals in seinem Leben hatte er Bilder gesehen, die von solchen Farben waren. Es gab in ganz Atlantis, und vermutlich auch in keinem anderen Reich, solche farbenprächtigen Malereien. Gebannt sah er eines nach dem anderen intensiv und gefesselt an. Ein leichter Rotschimmer umgab seine Nase, als er die vor sich hatte, die ihn bei seinem Training zeigten. Selbst diese waren... schön! Sie zeigten nichts Schreckliches und auch kein Monster, sondern... einfach nur ihn. Mit zittriger Hand strich er darüber und musste augenblicklich an Konans Worte denken. Hatte sie vielleicht Recht gehabt? Zeigte er meist nur das, von dem er glaubte das es von ihm erwartet wurde?
 

Zitternd schaute er weiter und blieb an einem Bild hängen. Ein erschrockenes Keuchen entwich ihm, seine Augen weiteten sich vor Schreck und die restlichen Blätter fielen wieder zu Boden. Es war wohl das Schönste Bild von allen und doch ließ das Motiv das Blut in seinen Adern gefrieren. Er in den Armen Hirukos... vor dem Wasserfall und umgeben vom Wald, der auf keinem der Kunstwerke so detailreich, so liebevoll gestaltet gewesen war wie auf diesem. Das Wasser funkelte, als würde es tatsächlich auf diesem Blatt Papier fließen. Die Leuchtkäfer schienen regelrecht umher zu schwirren und ein leichter Nebel umgab ihn und seine Marionette. Und selbst Hiruko besaß auf diesem Bild nichts Bedrohliches oder Beängstigendes. Die Puppe wirkte genau so, wie er sie in diesem Augenblick auch tatsächlich empfunden hatte: als etwas Beschützendes und Tröstendes. Und er selbst? Er konnte nicht sagen, dass er sich selbst auf diesem Bild als schwächlich bezeichnen könnte. Zerbrechlich, ja. Schutzsuchend, auch. Aber nicht schwach. Wie konnte es nur sein, dass Deidara Hiruko genau so getroffen hatte, wie auch er das empfunden hatte, aber ihn selbst nicht? Sah er sich wirklich so viel schlechter, als er eigentlich war? Sah Deidara ihn so viel schöner, als er war? Oder sah Deidara ihn gar, wie Hiruko, wie er wirklich war?
 


 

„... und schließlich, und das ist der wichtigste Punkt von allen,...“ Konan stockte. „Nun, er ist überzeugt, dass er nicht liebenswert ist.“ Bedrückt sah Deidara die Blauhaarige an. Seit Minuten schon schwiegen er, Nagato und Itachi bereits. Er wusste auch nicht, was er anderes sagen sollte, als das was allen hier klar war: das stimmte alles doch gar nicht! Betretenes Schweigen erfüllte den Raum, keiner wollte mehr etwas dazu sagen. Der Blonde seufzte innerlich auf. War es überhaupt möglich Sasori diese verdrehte Wahrnehmung abzugewöhnen? Wieder plagten ihn nach einem Gespräch mit Konan über den Krieger große Zweifel. Wenn Sasori doch schon sich selbst nicht lieben konnte, was hatte ER dann für Chancen? Zumal er nicht einmal wusste, wie das funktionieren sollte... Immerhin kam er aus einer ganz anderen Welt. Und würde vermutlich über kurz oder lang wieder dorthin zurück müssen... wenn er es denn wollte. Doch was sollte er hier in Atlantis bleiben, wenn Sasori ihn niemals lieben lernte? Leise liefen ihm Tränen an den Wangen herab. Es war zum Durchdrehen! Sasori hatte so viele wunderbare Eigenschaften, er müsste sich diese nur einmal vor Augen führen...
 

Plötzlich sah Deidara auf. Das war DIE Idee! Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und schrie Konan beinahe an, so aufgeregt war er: „Gib mir das Buch! Bitte!“ Die ehemalige Hohepriesterin sah ihn irritiert an: „Aber ich bin doch noch gar nicht...“ - „Egal! Nimm ein anderes! DAS da brauche ich!“ Noch immer etwas verwirrt reichte sie ihm das gewünschte Objekt und hob eine Augenbraue: „Würdest du mir dann auch verraten, was du damit vor hast?“ Doch der Blonde riss es ihr förmlich aus der Hand und stürmte aus dem Zimmer: „Keine Zeit! Erklär ich dir später!“ Rumms! Die Haustür fiel lautstark ins Schloss und Konan sah Nagato und Itachi an, die allerdings ebenso ratlos mit den Schultern zuckten.
 

Deidara stürmte über den Tempelplatz und überlegte, wo er sich einen Augenblick lang hinsetzen könnte, ohne dabei Sasori über den Weg zu laufen. Schließlich kam ihm eine Idee, die das Praktische mit dem Angenehmen verbinden würde. Etwas ziellos durchstreifte er die Gassen der Stadt, bis er schließlich dort ankam, wo er hin wollte: die Kneipe, in der er mit seinen Kollegen neulich gewesen war. So konnte er sich einen Schluck von dem köstlichen atlantischen Bier gönnen und gleichzeitig sein Vorhaben umsetzen. Leichtfüßig und wieder völlig gut gelaunt betrat er die kleine Spelunke und sah sich um. Es war bereits früher Abend und die Bar gut besucht. Plötzlich jedoch ertönte eine Stimme, die er nur zu gut kannte: Hidan! Er seufzte. Vielleicht würde der Jashinist so betrunken und abgelenkt sein, dass er ihn nicht...
 

„DEIDARA! Alte Socke, das ist ja eine Überraschung! Komm her!“ brüllte Hidan quer durch das Lokal, so dass sich sämtliche Gäste fragend zu ihm umdrehten. War ja klar! So lässig, wie es ihm nach dieser Peinlichkeit möglich war, trat er zu Hidan an den Tisch heran, der mit Kakuzu, Kiba und Shino in einer Ecke saß und bereits ordentlich gebechert zu haben schien. Kakuzu grinste den Blonden breit an: „Setz dich.“ Die Vier rutschten ein wenig zur Seite und Deidara nahm das Angebot eher gezwungenermaßen an. Sogleich wurde ihm auch ein Bier gereicht, das er dankend annahm. Kiba lallte ausgelassen: „Schön, dassu hier bis. Wir dachten schon, dassu dich gar nich mehr von diesem... NA... Sasssso... wie auch immer... trennen kannst...“ Der Blonde lachte aufgesetzt, was aber bei diesem Alkoholpegel keiner mehr bemerkte: „Ach, das ist doch nicht wahr. Er nimmt seine Aufgabe nur sehr Ernst und lässt mich nirgends alleine hin.“
 

Hidan lachte auf: „Ist klar, Blondi! Das haben wir vorhin ja gesehen, ne!“ Er stieß dem Geologen seinen Ellbogen in die Seite und zwinkerte übertrieben. Deidara seufzte. Selbst hier trug der Jashinist seinen geheiligten Columbo-Gedenk-Mantel noch immer. Eigentlich fehlte diesem nur noch ein Hut, damit er im Gesamtbild zu „Columbo Jones“ mutierte. Die blöden Sprüche hatte er jedenfalls schon einmal drauf. Doch der Blonde winkte ab und knurrte: „Lass mich doch in Frieden, wenigstens versuche ich nicht vergeblich die Weiber anzugraben.“ Ehe Hidan wieder provoziert antworten konnte, mischte Kakuzu sich ein: „Schluss jetzt! Da seht ihr euch tagelang nicht, aber macht immer dort weiter, wo ihr aufgehört habt!“ Selbst Shino musste grinsen, als Deidara und Hidan zeitgleich beleidigt die Arme vor der Brust verschränkten und eine Schnute zogen.
 

Entgegen aller Befürchtungen verflog die Zeit regelrecht. Vier Runden später schaffte es Kiba nicht einmal mehr, seinen Kopf aufrecht zu halten. Seufzend erhob Shino sich und grinste den anderen zu: „Ich glaube, ich bringe unseren Schluckspecht mal nach Hause.“ Als ob er dasselbe dachte, bellte Akamaru ein paar Mal auf. Zu Dritt hoben sie den Betrunkenen hoch auf die Beine, der sich umgehend auf Shinos Schulter abstützte und darüber einfach nur belustigt war. Mehr als ein Kichern bekam Kiba einfach nicht mehr heraus. Shino verabschiedete sich von seinen drei Kollegen und verließ die Bar mit Kiba und Akamaru im Schlepptau.
 

Deidara beschloss, dass es DIE Gelegenheit war, um auch endlich wieder gehen zu können, immerhin hatte er noch etwas vor und das Bier half ihm nicht sonderlich dabei dieses hinterher auch adäquat umzusetzen. Doch ehe er aufstehen konnte, saßen plötzlich zwei junge atlantische Frauen an ihrem Tisch und kicherten herum. Die eine hatte langes schwarzes Haar und zwinkerte den Dreien zu: „Na, habt ihr heute noch was vor?“ Hidan, ganz in seinem Element, streckte die Brust heraus und tönte: „Bis jetzt noch nicht, aber so wie es aussieht hat sich das gerade geändert...“ Die Schwarzhaarige schnaubte kurz abfällig, ehe sie sich mit vollster Aufmerksamkeit zu Kakuzu wendete und diesem mit langen Wimpern zuklimperte. Die zweite Frau hatte kurzes blaues Haar und versuchte ihrerseits Deidara anzuflirten: „Und was ist mir dir?“
 

Hidan verschränkte fluchend und schwer beleidigt die Arme. Doch als der Geologe knochentrocken seine Antwort gab, musste der Jashinist lauthals loslachen. Deidara lächelte die junge Dame süßlich an, beugte sich zu ihr vor und hauchte: „Ich bin schwul.“ Wie ein geölter Blitz und zutiefst beleidigt rauschte die Blauhaarige wieder ab. Hidan wischte sich die Freudentränen aus den Augen und klopfte Deidara kräftig auf die Schulter: „Alter, das war ja geil! Hast du DAS Gesicht gesehen?“ Der Blonde nickte grinsend: „Ich weiß, ich bin ein Arschloch, aber das musste einfach sein.“ Kakuzu mischte sich auf einmal breit grinsend in das Gespräch ein: „Ich mache mich auch mal auf...“ Die beiden sahen auf. Mit der Schwarzhaarigen im Arm dackelte der Finanzier und Schatzsucher ab.
 

Plötzlich wurde es an ihrem Tisch sehr still und Deidara blickte zu Hidan herüber. Erschrocken sah er, wie der Jashinist auf das Glas vor sich starrte und angespannt wirkte. Eigentlich wollte er ja los, aber selbst Hidan konnte und wollte er SO nicht alleine lassen. Statt dessen fragte er vorsichtig: „Hey... was ist denn plötzlich mit dir los?“ - „Nichts!“ - „Erzähl das deiner Oma! Los, sag schon!“ - „Es ist nichts, Blondi. Lass mich in Ruhe!“ Seufzend deutete Deidara dem Schankwirt an, noch zwei Bier zu bringen. Als diese auf ihrem Tisch standen versuchte er sein Glück erneut: „Ich weiß, dass wir nicht die besten Freunde sind, Hidan. Aber ich sehe doch, dass etwas nicht in Ordnung ist...“ - „Wenn es einen Menschen auf dieser Welt gibt, mit dem ich NICHT darüber reden will, dann bist DU das!“ Wieder entstand Schweigen, während sie ihr Bier tranken.
 

Nach zehn Minuten absoluter Funkstille schob Deidara schließlich sein Bier von sich und sah Hidan noch einmal mitfühlend an: „Falls du es dir anders überlegen solltest, ich habe immer ein offenes Ohr für dich. Vergiss das nicht.“ Er verstand das Gemurmel und Gegrummel nicht, das Hidan von sich gab, also erhob er sich und wandte sich zum Gehen: „Bis die Tage.“ Wieder machte der Jashinist keinerlei Anstalten, also ging Deidara schließlich einfach und hoffte, dass der sture Bock es sich irgendwann vielleicht doch noch anders überlegen würde. Vielleicht war es ja auch wirklich nicht so schlimm und Hidan war schlicht beleidigt, wieder mal nichts zum Abschleppen abbekommen zu haben. Leicht angesäuselt machte der Blonde sich auf den Heimweg.
 


 

Eine weitere Stunde war vergangen, ehe Sasori das gesamte Chaos in seinem Schlafzimmer in Ordnung gebracht hatte. Erschöpft, aber deutlich entspannter ließ er sich auf die Couch im Wohnzimmer sinken und legte den Kopf in den Nacken. Es war früher Abend und Deidara schien noch immer unterwegs zu sein. Es war so... still. Friedlich, erholsam, aber auch... einsam. Er hatte gar nicht bemerkt, wie sehr er sich bereits an die Anwesenheit des Blonden gewöhnt hatte. Er konnte es kaum selber glauben, aber er wusste nichts mit sich anzufangen. Sonst hatten sie immer zusammen Essen gemacht und, obwohl er sich immer wieder über Deidaras chaotische Art lautstark aufgeregt hatte, eine Menge Spaß gehabt dabei. Zumindest Sasori selbst. Auch ihre Gespräche über die Ereignisse des Tages, kurz bevor sie zu Bett gingen, waren immer sehr schön gewesen. Auch wenn diese meist in Auseinandersetzungen über Kunst abdrifteten. Er hatte Spaß daran gefunden, den Geologen damit aufzuziehen und dieser ließ sich jedes Mal aufs Neue provozieren.
 

Sasori seufzte. Er wollte sich gar nicht vorstellen wie es wohl wäre, wenn Deidara auf einmal wieder weg sein würde und vermutlich niemals wieder zurückkäme. Müde wischte er sich über das Gesicht und tat sich schwer die Erkenntnis auch wirklich in Worten in seinen Gedanken auszusprechen. Er wollte nicht, dass Deidara wieder fortging. Er wollte ihn nicht... verlieren. Nicht einmal das Bisschen, was sie bisher miteinander erlebt hatten und noch weniger das, was er seither empfunden hatte. Er konnte nicht mehr zulassen, aber er wollte es noch viel weniger wieder verlieren. Seine Gedanken schweiften zum Nachmittag zurück, als sie zusammen hinter dem Wasserfall gestanden hatten, und sein Gesicht begann wieder zu glühen. Wäre er nicht so von Angst zerfressen, dann hätte er dort... Wie dumm kam er sich vor. Er war wohl wirklich der Einzige in der gesamten Truppe, der sich an diese Vorschriften gehalten hatte. Nicht, dass er unheimlich viele Möglichkeiten gehabt hätte, nicht hier in Atlantis, aber dennoch kam er sich dumm vor. Es wäre sein erster Kuss gewesen. Und er hätte nicht einmal gewusst, was er hätte machen sollen... können... dürfen... müssen...
 

Mit einem Mal richtete er sich kerzengerade auf. Er wollte Deidara nicht verlieren. Das jedoch wäre vermutlich der Fall, wenn er jedes Mal aufs Neue aus Angst und Scham Reißaus nahm. Er musste... ja, er musste sich nur ein wenig vorbereiten, damit er in etwa wissen konnte, was auf ihn zukam. Energisch sprang er auf und machte sich auf den Weg in den Keller. Er durfte nicht riskieren, dass der Blonde ihn DABEI erwischte. Die Angelegenheit war ihm peinlich genug. So musste der Keller dafür herhalten. Bei dem Gedanken musste er leicht schmunzeln. Nie im Leben hätte er geglaubt, dass seine Werkstatt mal für so etwas herhalten würde.
 

Ungeduldig hüpfte er die Treppen hinab, ging zielsicher zum Schreibtisch und machte das Licht an. Sasori war so in seine Gedanken vertieft, dass ihm nicht einmal das Fehlen einiger Notizbücher auffiel, sie waren in diesem Augenblick völlig belanglos. Statt dessen rief er Hiruko zu sich und atmete einmal tief durch. Plötzlich kam er sich doch mächtig lächerlich vor. Aber eine andere Idee hatte er nicht. Und Hiruko war einfach seine liebste Marionette, die fast immer an seiner Seite war. Er hatte alles mit ihr trainiert, wieso also nicht auch das? … Nein, es half nichts, er kam sich lächerlich vor. Aber für diesen Moment musste er seinen kriegerischen Stolz wohl oder übel vergessen.
 

Er trat an Hiruko heran und lehnte sich an die Brust der Puppe, die natürlich noch ein gutes Stück größer als Deidara war. Vorsichtig hielt Sasori sich an der Vorderseite der Schultern fest und stellte sich auf seine Zehenspitzen. Sein Gesicht hatte bereits wieder dieselbe Farbe, wie seine Haare. Der durchdringende Blick der Marionette machte es nicht unbedingt einfacher, also schloss er die Augen und tastete mit einer Hand nach dem Gesicht Hirukos. Schließlich hatte er auch mit geschlossenen Augen ausreichend Orientierung und atmete noch einmal tief durch. Er streckte sich noch ein kleines Stück und ignorierte alle Gedanken, die ihm durch den Kopf schossen, sondern legte seine Lippen nur auf die seiner Marionette...
 

Sasori öffnete die Augen wieder und ließ sich zurück auf den gesamten Fuß sinken. Das wars? Darum wurde so ein Tumult gemacht? Er stutzte und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. Entweder, diese ganze Sache mit dem Küssen wurde maßlos übertrieben oder aber er hatte irgendetwas falsch gemacht. So einfach hatte er es sich nicht vorgestellt und fragte sich, wieso er bisher eine solche Angst davor gehabt hatte. Er ließ sich auf seinen Hocker sinken und dachte nach. Was war bloß anders, als beim letzten Mal...?
 


 

Es klopfte und Sakura blickte auf. Sie saß in einem luftigen Nachthemd an ihrem Tisch und sortierte ihre Kristallfragmente. Seufzend raunte sie: „Moment, bitte.“ Wenn sie eines in den letzten Tagen gelernt hatte, dann dass man als Hohepriesterin keinerlei Freizeit mehr zu haben schien. Immer musste sie erreichbar sein, immer gab es etwas zu tun. Sie stand auf, griff nach dem Morgenmantel, der auf ihrem Bett lag, und zog sich diesen über. Wer es auch war, in luftiger Seidenwäsche musste sie dann doch nicht jeder sehen. Nachdem sie den Gürtel des plüschigen rosaroten Mantels um ihre Hüften festgebunden hatte, trat sie an die Tür und öffnete diese.
 

Ihr Atem stockte kurz. Sie hatte mal wieder Tsunade erwartet, doch die Herrscherin war es nicht, die vor ihr stand. Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse und trat einen Schritt zurück: „Komm rein.“ Kabuto lächelte ihr süffisant zu und sprach übertrieben freundlich: „Besten Dank, meine Liebe.“ Er schritt in ihr Zimmer und wartete, bis Sakura die Tür hinter ihm geschlossen hatte, ehe er sich zu ihr drehte und lächelte: „Ich bin hier um dir zu sagen, dass der Plan sich geringfügig geändert hat.“ Die Hohepriesterin verschränkte die Arme vor der Brust und fauchte: „Wie jetzt? Vergiss es, Kabuto! Ich habe keinen Bock mehr auf deine Spielchen! Ich weiß ja nicht einmal, was du wirklich vor hast, also lass mich endlich in Frieden!“
 

Der Schriftführer schritt langsam durch das Zimmer, ließ den Stoff der Vorhänge durch seine Finger gleiten und kicherte leise: „Aber, aber. Ich sagte dir doch, dass wir nur die Waffe zerstören wollen. Das ist doch eine sehr edle Gesinnung, meinst du nicht auch?“ - „Das kannst du erzählen, wem du willst. Du verheimlichst mir etwas und so lange du mir das nicht sagst werde ich gar nichts mehr für dich tun, verstanden?“ - „Das ist wirklich ein Jammer, meine Liebe. Und was ist mit deiner Angst vor der Verbannung?“ - „Ich werde schon begnadigt, so lange ich DICH ans Messer liefere.“ Kabuto blieb stehen und lächelte Sakura an: „Sieh mal einer an, du wirst ja richtig boshaft. Wie niedlich.“ Die junge Frau erschrak, als der Brillenträger plötzlich auf sie zukam, ihre Gesicht am Kinn griff und mit finsterem Ton fauchte: „Jetzt hör mal zu, Sakura. Wir müssen die Elite schwächen, sonst kommen wir nie an die Waffe heran. Und DU wirst uns dabei behilflich sein, verstanden?“ Panisch nickte sie nur. „Gut, pass auf. Unsere Einheit ist noch nicht so weit, sie hat sich ziemlich blamiert, um ehrlich zu sein. Aber das weißt du ja selber. Wir müssen uns Zeit verschaffen und das geht nur, wenn wir euer blödes Fest verschieben. Und da kommst DU ins Spiel. Ohne dich kann das Fest und die Ernennung eines Erzeugers nicht stattfinden. Du hast jetzt zwei Möglichkeiten: entweder du spielst mit und ich erkläre dir, wie wir das machen werden oder du verzögerst das Ganze als aufgequollene Wasserleiche, die unter ungeklärten Umständen ihr Ende in den Tiefen des Sees gefunden hat. Na, was sagst du?“
 

Er lockerte den Griff um ihr Gesicht und wartete ab. Sakura trat einen Schritt zurück und keuchte ängstlich. Sie wusste, dass Kabuto keine Späße machte. Was blieb ihr anderes übrig? Sie sah ihn an und raunte resignierend: „Was soll ich machen...?“



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