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Atlantis

von

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Aus anderen Augen betrachtet...

„Jetzt beruhige dich doch, bitte. Es ist doch nicht deine Schuld, dass ihr den Kalender nicht an euch nehmen konntet. Es wird sich eine andere Gelegenheit ergeben. Lass den Kopf nicht hängen...“ Konan blickte Sasori besorgt an, der mit geballten Fäusten und zusammengepressten Zähnen neben dem großen Tisch stand und mit zusammengekniffenen Augen ins Leere starrte. Itachi betrat das Speisezimmer und stellte eine Kanne frisch aufgegossenen, dampfenden Tee auf dem Tisch ab, goss das heiße Getränk in bereits vorbereitete Becher und verteilte diese an Konan, Nagato und Deidara, ehe er auch für Sasori einen abstellte und sich selbst einen nahm. Er setzte sich dazu und musterte die Situation mit einer gewissen Besorgnis.
 

Deidara seufzte leise und beobachtete jede noch so kleine Bewegung des Rothaarigen. Seit sie aus dem Zimmer Kabutos verschwunden waren hatte sich an Sasoris Anspannung nichts getan. Wie gerne hätte er dem Krieger irgendwie geholfen, doch, wie Konan es nun ebenfalls seit gut 10 Minuten tat, hatte auch er bereits mit Engelszungen auf diesen eingeredet, ohne jeglichen Erfolg. Alleine die Tatsache beruhigte ihn ein wenig, dass auch die Priesterin nicht mehr erreichte, als er selbst. Abermals seufzend ließ er seinen Blick schließlich durch das Zimmer wandern. Es war sehr gemütlich und geschmackvoll eingerichtet. Der Boden und die Wände waren in einem ähnlichen Stil gehalten, wie der Tempel in der Stadtmitte. Immerhin waren es selbst so etwas wie kleine Tempel, die eigens für die Eliteeinheit erbaut wurden und mit diesem Stil die Verbundenheit zum Tempel, zu Tsunade und ihrem einstigen Priestertum ausdrücken sollten.
 

Das Fenster zeigte zum offenen See heraus und bot nun, in den Abendstunden, einen atemberaubenden Anblick. Die Glühkäfer tummelten sich auf Lotosblüten, feinste Kristallpartikel funkelten in seichten Nebelschwaden in den verschiedensten Farben über der Wasseroberfläche. Unter dem Fenster stand eine verzierte, dunkle Kommode. Der Tisch mitsamt Stühlen füllte beinahe den gesamten restlichen Raum aus und war rustikal gestaltet und mit einer weinroten Tischdecke versehen. An den Wänden hingen jedoch verschiedene Bilder, unter anderem welche, die Itachi mit seinem Bruder Sasuke zeigten. Es war ein Zimmer, das einem stets das Gefühl gab nach Hause zu kommen.
 

Sasoris Faust donnerte ungehalten auf den Tisch herab, dass die Becher einen kleinen Sprung auf diesem machten. Dann drehte er sich zu Konan um und fauchte gereizt: „Wieso sollte ich mich beruhigen? Nach allem, was du für mich getan hast bin ich nicht einmal in der Lage einen lumpigen Kalender zu besorgen! Wer weiß, ob sich uns jemals wieder so eine Gelegenheit bietet? Es geht hier schließlich darum, dass du verbannt werden sollst, verdammt!“ - „Das weiß ich selber. Aber ich habe die Steine befragt und sie sagen mir, dass alles gut werden wird. Immerhin habt ihr doch den Zeitpunkt dieses Geheimtreffens in Erfahrung bringen können. Dann folgen wir ihm doch einfach dorthin und überführen ihn auf diese Weise...“ - „Du verstehst es nicht! Ich hatte den Beweis in der Hand und... verdammt, ich habe ihn liegen gelassen! Hätte ich ihn doch nur direkt mitgenommen... Wie kann man nur so unverantwortlich und... dumm sein...?“
 

Plötzlich ließ Sasoris Anspannung mit einem Mal nach und er sah resignierend in die Runde: „Machen wir es einfach, wie du gesagt hast. Schlimmer vermasseln kann ich es ja nicht mehr...“ Er seufzte. „Ich gehe eine Runde trainieren... das regt mich vielleicht wieder ab...“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren verließ er das Zimmer. Er musste gehen. Das Wichtigste in diesem Augenblick war, dass niemand seine Schwäche mitbekam. Dass niemand sah, wie sich Tränen des Frusts und der Hilflosigkeit in seinen Augen sammelten. Niemand sollte jemals sehen, wie bemitleidenswert er eigentlich war, wie unfähig und wie zerstörbar. Er musste verhindern, dass ihn jemals jemand SO sehen könnte. Die Menschen würden es ja doch nur dazu nutzen, um ihn anzugreifen. Er durfte keinen Fehler machen und vor allem durfte er keine Schwäche haben. Er durfte den Menschen keine Angriffsfläche bieten ihn wieder niederzumachen. Absolute Perfektion, jederzeit, das musste er leisten. Jederzeit alles können, alles schaffen und alles wissen. Er musste... funktionieren. Wie ein Uhrwerk... wie eine Marionette...
 

Deidara sprang auf: „Sasori, warte!“ Ehe er jedoch loslaufen konnte, hielt Konan ihn am Arm fest, sah ihn eindringlich an und schüttelte den Kopf: „Lass ihn, Deidara. Erstens braucht er jetzt wohl einfach einen Augenblick für sich und Zweitens wollte ich eh noch mit dir sprechen, ohne dass Sasori dabei ist...“ Missmutig setzte Deidara sich wieder auf seinen Platz, atmete einmal tief durch und nickte: „Gut... was gibt es denn?“ Die Priesterin sah einmal verstohlen in die Runde und räusperte sich: „Nun, wenn es geht würde ich das Gespräch unter vier Augen, und vor allem unter vier Ohren, führen, wenn es Recht ist...“ Nagato nickte sofort, nahm seinen Becher mit dem Tee und erhob sich: „Kein Problem. Wenn ihr mich sucht, ich bin im Arbeitszimmer und vertiefe mich noch ein bisschen in meine Unterlagen...“ Er lächelte Konan schüchtern an, ehe er ihr einen sanften Kuss auf die Stirn hauchte und das Speisezimmer mit geröteten Wangen verließ.
 

Itachi jedoch trank in Ruhe seinen Schluck Tee zu Ende, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust: „Es tut mir Leid, aber ich bleibe. Wir haben es noch nie nötig gehabt Geheimnisse voreinander zu haben. Wir beide nicht, Konan, und auch mit der Truppe nicht. Ich wüsste nicht, wieso wir jetzt damit anfangen sollten.“ Die Blauhaarige seufzte auf: „Ach, Itachi. Es ist etwas sehr persönliches über... Sasori... und ich weiß nicht, ob er es so gerne hätte, wenn es zu viele mitbekommen...“ Der Krieger zuckte jedoch nur unbeeindruckt mit den Schultern: „Aha. Und es ist ihm Recht, dass ihr zwei das ohne ihn beredet?“ - „Also... nein...“ - „Dachte ich es mir. Hör mal, es geht mir nicht darum hier schmutzige Details zu erfahren. Aber unsere Einheit baut darauf auf, dass wir jeden anderen genau kennen. Wir müssen uns aufeinander verlassen können, die Art und das Wesen eines jeden Teammitglieds kennen... das ist das, was uns Sasori über Jahre beigebracht und gelehrt hat und er kennt uns wie seine Westentasche. Was ich über ihn weiß kann ich mit viel Mühe an einer Hand abzählen... wenn es hoch kommt.“
 

Deidara beschloss, sich nun auch einen Schluck Tee zu gönnen, der ihn vielleicht etwas beruhigen könnte. Die Stimmung war etwas kribbelig, wenn auch nicht unbedingt angespannt. Ein leises Fluchen entwich ihm, als er sich die Lippen an dem heißen Getränk verbrannte, während er gespannt zwischen Itachi und Konan hin und her sah. Die Priesterin nickte nach schier unzähligen Sekunden und knurrte: „Gut, wie du meinst. Dann bleib hier, aber behalte alles vorerst für dich, bitte.“ - „Wie du wünschst.“ - „Na schön.“ Sie sah Deidara an, der noch immer beleidigt seiner verbrannten Lippe Luft zu fächerte. Kurz schmunzelte sie, ehe sie sich wieder fasste und zu erklären begann: „Weshalb ich mit dir sprechen wollte Deidara ist Folgendes: ich habe die ersten Seiten durchgearbeitet und etwas gefunden, das dir weiterhelfen könnte.“
 

Ehe der Blonde antworten konnte, sah Itachi neugierig auf: „Wobei helfen?“ Zu seiner Verwunderung grinste Konan plötzlich über das ganze Gesicht und flötete: „Nun, Deidara hat mich gebeten ihm dabei zu helfen Sasori besser zu verstehen, um ihm ein guter Freund sein zu können.“ Ihr offensichtliches Zwinkern war für den Geologen nicht zu sehen, der Schwarzhaarige jedoch verstand, was sie ihm sagen wollte und nickte schließlich einfach: „Achso.“ Dann wandte die Priesterin sich wieder Deidara zu, der eine leichte Röte um die Nase entwickelt hatte, und erklärte weiter: „Nun, wir haben uns ja schon über seine Pläne und Forschungen zu dieser Umwandlung unterhalten... und bevor du fragst, Itachi, es hat etwas mit seinen Marionetten zu tun, mehr musst du jetzt gerade nicht wissen.“ Sie seufzte. „Jedenfalls... Ich habe Notizen gefunden, die sehr aufschlussreich waren.“
 

Konan überlegte einen Augenblick, wie sie alles Weitere formulieren sollte, bis sie dennoch vorsichtig fortfuhr: „Also, so wie es aussieht hat Sasori eine ganz andere Vorstellung von den Auswirkungen, die diese Umwandlung mit sich bringen würde.“ Fragend sah Deidara auf: „Wie kann man DAS denn bitte anders verstehen?“ - „Ich musste es auch mehrmals lesen, bis ich es glauben und ansatzweise nachvollziehen konnte. Für Sasori bedeutet diese Umwandlung, dass er wieder integriert wird. Er sieht das ganze, so weit ich verstanden habe, so: Die Menschen in Atlantis hassen ihn und deshalb meiden sie ihn und schließen ihn aus. Er glaubt, dieser Hass kommt daher, dass er sich ihnen gegenüber noch nicht genug bewiesen und profiliert hat. Er ist nach einer Weile sogar zu der Überzeugung gekommen, dass er Leiden erdulden muss, um zu beweisen, dass er Atlantis treu ist.“ Sie seufzte leise. „Und irgendwie ist er dann auf die merkwürdige Idee gekommen, dass er, wenn er erst einmal keine Gefühle mehr in sich trägt, diesen Beweis seiner Treue erbracht hat. Es ist sehr schwierig zu erklären...“
 

Wieder mischte Itachi sich ein: „Du meinst er glaubt, dass die Menschen ihn erst dann akzeptieren, wenn er ein perfekter und höriger Sklave ist?“ - „Im Prinzip ja. Es sieht ganz danach aus. Er glaubt, dass er besonders perfekt sein muss, um Anerkennung zu bekommen und diese Perfektion würde durch Gefühle und Menschlichkeit nur behindert. Und wenn er diese Perfektion erreicht hat, so glaubt er, würde es besser werden.“ Sie stockte. „Und wenn nicht würde es ihn ja nicht mehr interessieren. Das hat er auch geschrieben...Er hat eine so... surreale Sichtweise auf diese Angelegenheit, dass es fast so scheint, als rede er über etwas ganz anderes als wir...“ Bedrückt nickte Deidara: „Verstehe... Was muss einem Menschen nur widerfahren sein, dass er einen so schlechten Bezug zu Gefühlen hat? Ich meine... Hat es überhaupt einen Sinn zu versuchen mich mit ihm anzufreunden? Oder soll ich es lieber sein lassen, da er die Welt aus völlig anderen Augen sieht als ich?“
 

Ehe Konan antworten konnte, sprang plötzlich Itachi von seinem Stuhl auf und schlug sich mit der Handinnenfläche flach gegen die Stirn: „Verdammt, ich habe eine Idee!“ Er blickte Konan an. „Wir haben dir doch erzählt, dass Nagato und ich auch nichts brauchbares finden konnten...“ Sie nickte etwas verstört: „Jahaaaa....“ - „Ich... verstehst du nicht? Eine andere Sichtweise! Das... es ist zumindest einen Versuch wert, es mal zu versuchen es aus anderen Augen zu sehen...“ - „Sag mal, bist du fiebrig oder wovon redest du da bitte?“ - „Ich rede davon, dass ich vielleicht weiß, wie wir hinter das Geheimnis des Portals kommen könnten... Bitte entschuldigt mich, ich muss weg...“ Er stürmte aus dem Zimmer. Das letzte, was man von ihm noch hörte, ehe die Haustür ins Schloss fiel, war ein aufgeregtes Rufen: „Wartet nicht auf mich!“
 

Für einige Sekunden wurde es absolut still, ehe Konan leicht den Kopf schüttelte: „Manchmal, aber wirklich nur höchst selten, da ist mir Itachi ein noch größeres Rätsel, als ohnehin schon...“ Sie sah mit einem schiefen Lächeln auf, als Deidara erheitert kicherte: „Ist klar! Das sagt mir die Frau, die ernsthaft mit Sasori befreundet ist...“ Die beiden sahen sich in die Augen, ehe sie ausgelassen zu lachen begannen. Der Blonde fasste es nicht, wie gut das tat und wie befreiend es war. Für einen kleinen Augenblick waren alle Sorgen so unendlich weit weg. Als gäbe es keine Probleme. Ein sorgenfreier Moment, der ihm so viel Kraft gab.
 

Nachdem die beiden ihren Lachanfall hinter sich hatten, trank Deidara seinen restlichen Tee aus, der mittlerweile auf eine ungefährliche Temperatur abgekühlt war, und erhob sich schließlich von seinem Platz: „Ich werde mich auch verabschieden. Mal sehen, ob ich Sasori nicht doch etwas beruhigen kann...“ Auch Konan stand auf und begleitete den Geologen zur Haustür. Auf dem Weg durch den Flur sah sie ihn aus den Augenwinkeln an und lächelte liebevoll: „Du magst ihn sehr gerne, nicht wahr?“ - „Nun... ich mag ihn und ich finde es schade, dass jemand, der eigentlich so nett ist, so wenig Freunde hat...“ - „Hör auf mir etwas vorzumachen zu versuchen, Deidara. Hier geht es nicht um Freundschaft.“ Der Blonde biss sich ertappt auf die Unterlippe, nickte schließlich aber, ohne jedoch den Blick der Priesterin zu erwidern: „Also... ich weiß, es klingt dumm. Ich kenne ihn gar nicht und wir sind erst so kurze Zeit hier, aber...“ Die beiden blieben vor der Haustür stehen.
 

Konan stellte sich vor Deidara und sah ihm direkt ins Gesicht: „Nein, das ist nicht dumm. Weißt du... Würde es hier 'nur' um Freundschaft gehen, dann hätte ich niemals diese Bücher auch nur angerührt. Lass mich dir noch eine Sache über Atlantis verraten, bevor du gehst...“ Zaghaft nickte der Geologe: „Klar, was denn?“ - „Jedes Kind, das hier geboren wird, bekommt mit 10 Jahren eine ganz persönliche Weissagung. Sozusagen einen Schicksalsspruch. Dieser wird von der Hohepriesterin gemeinsam mit allen anderen Priesterinnen in einem zweitägigen Ritual orakelt. Wie genau das funktioniert ist nicht wichtig.“ Sie lächelte warm. „Jeder Atlanter wird im Laufe seines Lebens an den Punkt gelangen, an dem er intuitiv weiß, dass seine persönliche Weissagung eintritt. Selbst wenn man sie vergessen hat, so löst diese spezielle Situation aber das Wissen darüber wieder aus.“ - „Okay...“ - „Und an dem Tag, als du statt Sasori kamst und du mich so lieb getröstet hast und wir heimlich in den Keller geschlichen sind, da wusste ich, dass MEINE Weissagung ihre Erfüllung findet.“ Freundschaftlich legte sie Deidara ihre Hand auf die Schulter und lächelte warm: „Ich verrate dir, wie meine Weissagung seit meinem zehnten Lebensjahr lautet.... 'Unter rauschendem Gold findest du den Schatz; für den, der ihn verloren hat.'...“
 


 

Pling... Pling... KLOCK....
 

Genervt öffnete Neji seine Augen und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. Er hatte einen sehr langen Tag hinter sich und war zeitig zu Bett gegangen. Und dann machte hier irgendetwas – oder irgendjemand – einen unverschämten Radau.
 

Pling...
 

Sein Blick wanderte zu seinem Fenster. Warf da jemand Steine dagegen?
 

KLOCK...
 

Knurrend krabbelte er aus dem Bett. Ja! Das warf jemand tatsächlich Steine gegen sein Fenster! Missgelaunt durchquerte er sein kleines Schlafgemach und blickte durch die Scheibe nach draußen. Skeptisch hob er eine Augenbraue, als er Itachi entdeckte, und öffnete das Fenster. Er sah seinen Kollegen streng an und knurrte: „Sag mal, weißt du eigentlich wie spät es ist? Was ist?“ Entschuldigend hob der Ältere unten vor dem Haus seine Hände: „Es tut mir sehr Leid, Neji. Aber ich würde dich nicht wecken, wenn es nicht sehr wichtig wäre. Komm doch bitte kurz zur Tür, dann erkläre ich dir alles.“ Seufzend nickte Neji: „Ist gut, warte. Ich bin sofort unten...“
 

Noch immer etwas verstimmt schloss er sein Fenster wieder, zog sich rasch ein Shirt über den entblößten Oberkörper und machte sich auf den Weg zur Haustür. Unterwegs band er sich seine langen, dunklen Haare zu einem lockeren Zopf zusammen. Er wollte nicht komplett wie gerade eben aus dem Bett geschmissen aussehen, auch wenn genau dies der Fall war. Es war ärgerlich genug, dass er jemanden in den Shorts, in denen er schlief, empfangen sollte. Wehe, es war nicht wirklich wichtig, dann könnte Itachi sich eine Standpauke aller erster Güte abholen, so viel war dem Krieger bereits klar.
 

Leise, um Kiba und Akamaru nicht zu wecken, öffnete er die Haustür und sah den Älteren, der dahinter zum Vorschein kam, vorwurfsvoll an: „Also, was ist so wichtig, dass du mich um diese Uhrzeit aus dem Bett schmeißt?“ - „Hör zu, ich möchte dich um einen dringenden Gefallen bitten...“ Für einen kurzen Augenblick musterte er den Blinden. Schon immer hatte Itachi großen Respekt vor dessen Fähigkeiten gehabt, die er trotz, oder vielleicht auch gerade wegen, seiner Einschränkung wie ein Besessener trainiert hatte. Neji war körperlich absolut fit, was man selbst unter dem Shirt noch erahnen konnte. Erst jetzt fiel dem Älteren auf, dass er diesen SO noch nie gesehen hatte. Doch der strenge Blick des Jüngeren erinnerte ihn daran, dass er nicht deswegen hergekommen war, so versuchte er sich zu erklären: „Es ist so... Sasori und ich glauben, dass Kabuto ein Spion ist und Sakura eine Intrigantin. Eigentlich sollten wir mit niemandem darüber sprechen, weil die Gefahr zu hoch ist, dass uns jemand verraten könnte. Aber Sasori hat herausfinden können, dass Kabuto sich heimlich mit jemandem trifft und wir vermuten, dass dieses Treffen zur Informationsweitergabe dienen soll...“
 

Allmählich erkannte Neji, dass es tatsächlich eine ernste und brisante Angelegenheit war. Er sah Itachi an und raunte: „Vielleicht sollten wir das doch lieber nicht auf offener Straße besprechen...“ Er zog den Älteren ins Haus hinein und schloss die Haustür hinter diesem, ehe er sich wieder an Itachi wandte und nickte: „Du weißt, was eure Bemühungen für Konsequenzen haben können, oder?“ - „Natürlich. Aber du musst zugeben, dass es schon merkwürdig ist, dass Sakura Kabuto deckt und dadurch an Konans Posten als Hohepriesterin gekommen ist. Konan hat in ihrer Vision gesehen, dass Kabuto ein Spion ist. Sie hat sich noch nie geirrt...“ Seufzend nickte der Blinde nachdenklich: „Gut, da gebe ich dir Recht. Konan war eine sehr weise und fähige Hohepriesterin. Und zuverlässig. Aber eines verstehe ich nicht... Wie kann ausgerechnet ich euch behilflich sein?“
 

Lächelnd erklärte Itachi weiter: „Die Idee ist mir vorhin spontan gekommen, deshalb habe ich dich auch einfach so 'überfallen'. Nagato und ich haben Konan versprochen mehr über das Portal herauszufinden. Sie hat sehr große Angst vor der Verbannung, vor allem da sie unschuldig ist.“ Er seufzte leise. „Aber wir haben noch nichts finden können. Meine Bitte ist nun, dass du uns beim nächsten Mal vielleicht begleiten könntest...“ Es überraschte ihn nicht, dass Neji nicht sofort antwortete. Er legte dem Jüngeren eine Hand auf die Schulter: „Ich weiß, dass das sehr viel verlangt ist. Aber ich habe die Hoffnung, dass du etwas dort sehen kannst, was uns verborgen bleibt...“ Neji sah unsicher auf und haderte: „Du willst mir sagen, dass du MICH fragst, weil ich MEHR sehen könnte? So ein Blödsinn...“ Doch Itachi schüttelte energisch den Kopf: „Nein, eben nicht! Verstehst du nicht? Niemand konnte das Prinzip dieses Portals verstehen. Für Nagato und mich ist es einfach nur ein aufgerichteter Kreis aus Stein, der mit scheinbar wirren Symbolen und Worten versehen ist. Was aber, wenn es mit derselben Energie funktioniert, die DU als Einziger sehen kannst? Es ist zumindest einen Versuch wert, meinst du nicht?“
 

Ein Lächeln schlich sich auf Nejis Lippen, während er zu Itachi aufsah. Noch nie in seinem Leben hatte ihn jemand WEGEN seiner Augen um etwas gebeten. Vielleicht trotz seiner Einschränkung, aber niemals hatte jemand es als etwas gesehen, dass mehr war, als die normale Sehfähigkeit. Es war ein wundervolles Gefühl für ihn, diese Worte in seinen Gedanken immer und immer wieder anzuhören. Und logisch waren Itachis Ausführungen obendrein. Es war herrlich, sich nicht als minderwertig oder eingeschränkt zu fühlen. Jemanden vor sich stehen zu haben, der ihm sagte, dass es eine Fähigkeit und kein Handicap war. Noch immer leicht lächelnd nickte er schließlich: „Gut, ich werde euch helfen... und danke...“ Erfreut, aber verwirrt, erwiderte Itachi den Blick: „Das ist wundervoll. Aber der Dank gebührt dir. Du riskierst viel dafür und ich hoffe, du verzeihst es mir, dass ich dich da mit hineinziehe...“ - „Da gibt es nichts zu verzeihen. Wir riskieren alle dasselbe. Aber dieses Risiko nehme ich gerne auf mich... einerseits für Konan und Atlantis. Andererseits...“
 

Er stockte kurz und wandte den Blick ab. „Nun, andererseits hat mich noch nie jemand wegen meiner Augen um etwas gebeten, weil es niemand verstehen kann... Aber... Nimm meinen Dank einfach an, bitte.“ Nun lächelte auch der Ältere und nickte: „Neji, ich habe dich nie als eingeschränkt gesehen. Vielleicht habe ich das nie gesagt, aber so ist es. Es ist eine Gabe. Und ich würde viel dafür geben die Welt nur einmal so zu sehen, wie du es kannst...“ - „Dito...“ Die beiden sahen sich verstohlen an und Itachi lächelte entschuldigend: „Ich glaube, ich habe dir bereits genug Schlaf geraubt. Ich melde mich morgen bei dir und gebe dir Bescheid, wann wir zum Portal gehen werden.“ - „Nicht der Rede wert. Bis morgen.“
 

Eher missmutig öffnete Neji die Haustür wieder. Er wusste nicht so ganz genau wieso, aber er hatte das Gefühl sich nicht ausreichend bei Itachi bedankt zu haben. Er war einfach ungemein schlecht darin, seine Gefühle in Worte zu fassen. Sie überhaupt richtig wahrzunehmen. Doch dieses Mal war die Freude in ihm so deutlich, so klar, dass er den Älteren nicht einfach so gehen lassen wollte. Er wollte nicht hinterher als undankbar dastehen. Auf der Türschwelle sahen die beiden sich noch einmal in die Augen, ehe Itachi warm lächelte: „Also, bis morgen...“ Auch er hatte das Gefühl, dass diese Verabschiedung nicht reichte für das, was Neji durch seine Bitte riskierte. Nach einigen Sekunden, in denen er sich wie versteinert fühlte, warf er sämtliche Bedenken über Bord, zog den Kleineren in seine Arme und hauchte: „Danke...“ Etwas überrumpelt, aber mit einem ungewohnt guten Gefühl erwiderte Neji die Umarmung dankbar: „Dito...“
 


 

Deidara hatte sich erst gar nicht die Mühe gemacht und im Haus nach Sasori gesucht. Er wusste auch so, dass dieser nicht dort sein würde. Zielsicher war er direkt zu dem Trampelpfad geschlendert, hatte seinen Gedanken nachgehangen, und brachte nun die letzten Meter bis zum Strand hinter sich. Zu seiner Verwunderung war es jedoch ungewöhnlich still. Normalerweise konnte er Sasoris Training bereits von Weitem hören. Dieses Mal jedoch schien nicht ein Laut dadurch zu entstehen. Er stutzte. Ob Sasori doch schon zu Hause war? Plötzlich blieb er stehen und schluckte schwer. Oder war Sasori gar im Keller und war im Begriff diese schreckliche Umwandlung zu vollziehen? Nervös lief er weiter, die Übelkeit zu ignorieren versuchend, die sich in ihm breit machte.
 

Rasch erreichte er den kleinen Strand und sah sich um, ehe er wieder einen Schritt zurückwich, sich an die Felswand presste und erneut einen Blick zum Ufer riskierte. Dieses Mal jedoch vorsichtig und möglichst unauffällig. Beruhigt erkannte er, dass Sasori doch hier war, und ihn darüber hinaus nicht gesehen zu haben schien. Wie gebannt betrachtete er den Krieger. Die ganze Situation erinnerte ihn stark an die Nacht, als er den Rothaarigen beim Schlafen gesehen hatte. Mit dem kleinen Unterschied, dass dieser scheinbar nicht eingenickt war, sondern hellwach.
 

Sasori wischte sich die stummen Tränen aus den Augenwinkeln, die einfach mächtiger waren als sein Wille, diese zu unterdrücken. Wortlos krallte er sich an Hiruko fest. Die Marionette saß auf einem der zig Felsen im Sand und er selbst hatte sich an die leblose Brust seiner Puppe gepresst. Er wusste, wie absonderlich das war, was er hier tat. Er schämte sich jedes Mal dafür, doch es war die einzige Möglichkeit für ihn, sich ein wenig zu beruhigen und diesen inneren Sturm zur Ruhe kommen zu lassen, ohne dass jemand es mitbekam, der es gegen ihn hätte verwenden können. Sicherheit, Ruhe, Schutz, duldbare Schwäche, Imperfektion, Menschlichkeit. Er hatte auf voller Linie versagt und Konan war schlichtweg zu höflich, um es so direkt auf den Punkt zu bringen. Doch sie musste es sich gedacht haben. Immerhin wusste er es selbst doch auch. Er hatte ihren Dank nicht verdient. Hatte seine Aufgabe nicht ordentlich ausgeführt.
 

Er hatte ALLE maßlos enttäuscht. So wie er sich selbst maßlos enttäuscht hatte. Er musste sich wieder fangen und für seine Unfähigkeit bestrafen, ehe es jemand anderes tat. So mussten sie ihn doch irgendwann annehmen... er hasste sich selbst doch genauso wie sie. Er schalt sich in ihrem Namen, damit sie es nicht mehr tun mussten. Kraftlos zog er die Arme seiner Marionette noch ein wenig fester um sich. Er hatte es nicht verdient von jemandem im Arm gehalten zu werden, in dem mehr Leben steckte als in dieser Puppe. Sie konnte ihn nicht abweisen, und doch konnte sie ihn auch nicht liebevoll trösten. Sie tat ihm gut und zeigte ihm doch jedes Mal, was er niemals bekommen würde. Er hatte es nicht verdient seinen Kopf auf eine Brust zu legen, unter der ein Herz schlug. Denn er musste seines doch auch verleugnen, um zu funktionieren. Um sie stolz zu machen. Um sie gnädig zu stimmen. Und so lange er das nicht tat, hatte er nichts anderes als eine leblose Hülle verdient, die ihn an sich heranließ, aber nicht reagierte. Eine Hülle, die ihm optisch zeigte, was er emotional nicht besaß.
 

Deidara hatte einen kleinen Zeichenblock aus seiner Tasche geholt. Er wollte Sasori trösten, doch dieses Bild war so rein und echt, dass er es festhalten musste. Wie der Rothaarige zusammengekauert und klein in den Armen dieses Ungetüms lag verschlug ihm die Sprache. Es sah so ungemein surreal aus und doch zeigte es Sasori genau so, wie Deidara diesen empfand. Sensibel, menschlich, zart und von einer kindlichen Bedürftigkeit. Zum ersten Mal konnte der Geologe sehen, was er schon lange ahnte. Dieses versteckte Wesen Sasoris spiegelte sich in diesem Augenblick mehr wider, als jemals zuvor. Schon vom ersten Augenblick an hatte er den Krieger als schön empfunden. Doch die Schönheit dieses Moments, dieses Blickes hinter die übermächtige Fassade, war mehr Kunst, als jede Explosion es jemals sein könnte. Jede Detonation war anders, und doch funktionierten sie im Prinzip immer gleich. Dieser Anblick jedoch war einzigartig und voller Gefühle, die sich zu einer Atmosphäre vermischten, die SO wohl nie wieder entstehen würde.



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