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Atlantis

von

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Der Vortrag

Müde glitt der Blick aus den beiden azurblauen Augen durch das Forum. Es waren viel mehr Leute gekommen, als er es sich je vorgestellt hatte. Als er es befürchtet hatte. Nicht, dass er Angst vor dem Vortrag hatte, nein. Derlei hatte er bereits so unzählige gehalten, dass er das Mitzählen aufgehört hatte. Doch dieses Mal war es eben etwas ganz Anderes. Dieses Mal ging es um weitaus mehr, als den Bericht über ein paar Mauerstücke, die sie ausgegraben haben, oder um antike Scherben, Gefäße oder Münzen.
 

Selbst das Publikum in dem riesigen Saal war ein anderes. Es war nicht ausschließlich ein Fachpublikum, es ging eben um weit mehr als die üblichen Kleinigkeiten. Es ging ihren Auftraggebern um mehr und für ihn persönlich ging es irgendwie um ALLES. Er seufzte. Die gesamte japanische Regierung war anwesend. Sie wollten natürlich wissen, was die von ihnen bezahlte und entsandte Expedition erlebt und gefunden hat. Wieder seufzte er. Und er würde es ihnen in Kürze erzählen, mit Bildern zeigen und Fundstücken beweisen. Und das, obwohl er in den vergangenen 2 Monaten versucht hatte, so selten wie möglich an das zu denken, was auf dieser Expedition passiert war.
 

Er wischte sich über das Gesicht, als sein Kollege Kakuzu mit durchaus besorgtem, wenn nicht sogar geschocktem, Blick auf ihn zukam und raunte: „Um Himmels Willen, Deidara! Wie siehst du denn aus??“ Er blickte an sich herab und seufzte erneut. Er wusste selber, dass er, im kompletten Gegensatz zu früher, gelinde gesagt beschissen aussah. Die sonst ordentlichen und stets gepflegten und gehegten blonden Haare hingen strähnig, zerzaust und spröde in alle Himmelsrichtungen von seinem Kopf. Unter seinen Augen konnte er die tiefen dunklen Ringe förmlich spüren, da er ohnehin die Augen aus permanentem Schlafmangel kaum aufzuhalten fähig war.
 

Für üblich war er ein stets adrett gekleideter und auch gut aussehender junger Mann gewesen. Nun sah er aus, als käme er direkt vom Ballermann und habe letzte Nacht noch einmal richtig die Sau herausgelassen, nur um heute als Schnapsleiche über die Welt zu wandeln. Mit dem kleinen Haken, dass Deidara weder auf dem Ballermann gewesen war, noch einen Tropfen Alkohol angerührt hatte.
 

Schlaff hob er seinen Kopf und erwiderte Kakuzus Blick, bis seine Stimme kraftlos der Aufforderung zu sprechen nachzukommen versuchte: „Lass mich in Ruhe. Ich ziehe diesen Vortrag hier noch durch und danach... ach, was weiß ich... Es ist doch alles egal.“ Der Größere blickte sich verstohlen um und zog den Blonden hinter die Bühne, da sich die Zuhörer allmählich alle auf ihren Plätzen eingefunden hatten und der Expeditionstrupp kurz vor der Präsentation stand.
 

Die Anderen aus ihrer Gruppe waren bereits dort und musterten Deidara mit ebenso entsetztem Blick, wie Kakuzu es selbst bis vor wenigen Augenblicken noch getan hatte. Er packte den Blonden an den Armen und sah ihm streng in die Augen: „Sag mal, spinnst du? Weißt du eigentlich was du da redest?“ Mit Tränen in den Augen erwiderte der Kleinere den Blick und keuchte aufgebracht: „Natürlich weiß ich das! Was willst du? Ich habe ALLES verloren! Ich kann und ich will nicht mehr! Weißt du eigentlich, wie die letzten 2 Monate für mich waren? Ich sag es dir: Es war die reinste HÖLLE!“ Er stieß Kakuzu von sich und fauchte: „Und jetzt muss ich hier alles noch einmal durchleben, obwohl ich es nur vergessen will!!“
 

Deidara blickte einmal in die Runde und knurrte: „Ihr wisst NICHTS! Und schon gar nichts darüber, was ich auf dieser beschissenen Expedition verloren habe!“ Kakuzu seufzte und wandte sich von dem Blonden ab: „Beruhige dich ein bisschen. Ich muss die Eröffnungsrede halten.“ Er hielt kurz inne. „Es tut mir wirklich Leid was passiert ist, Deidara, und das weißt du. Aber das Leben geht nun einmal weiter, vergiss das nicht.“ Der Größere ließ den Blonden zurück und betrat die Bühne, auf der ein kleiner Tisch stand, der mit einem Mikrofon versehen war. Für die Gäste gut versteckt verbarg sich hinter ihm, unter ihm, und über ihm eine ganze Menge an moderner Technik, die sein Pult und den dazugehörigen Laptop mit einem Beamer und anderen technischen Geräten zur Vorführung vernetzte.
 

Während Deidara die Blicke der anderen und die schmerzhaften Erinnerungen zu ignorieren versuchte, räusperte Kakuzu sich und wartete, bis sich das Gemurmel im Saal weitgehend gelegt hatte, ehe er ins Publikum sah und die Anwesenden begrüßte: „Ich freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind und heiße Sie herzlich zu unserer Präsentation willkommen.“ Er machte eine kurze Pause, in der die Zuhörer applaudierten. „Aufregende und ereignisreiche Monate liegen nicht nur hinter uns, sondern auch hinter Ihnen. Ich bin mir durchaus bewusst, dass unser Fund und unsere Erlebnisse im Grunde einer eigentlichen Katastrophe zugrunde liegen. Darum möchte ich im Namen der gesamten Mannschaft mein Beileid denen aussprechen, die durch das Erdbeben, den Tsunami und auch die daraus folgenden Auswirkungen im Atomkraftwerk in Fukushima ihr Leben, ihr Hab und Gut oder ihre Heimat verloren.“ Hinter der Bühne rang Deidara mit den Tränen. Ja, es gab viele, die Verluste erlitten hatten. Und er war einer von ihnen, auch wenn sein Verlust mit diesen Ereignissen im Grunde nichts zu tun hatte.
 

Nach einem weiteren Applaus setzte der Großgewachsene seine Rede fort: „Sie haben weder Kosten noch Mühen gescheut, um unseren Trupp auf eine schon oft versuchte Expedition zu schicken. Und doch war unsere Reise einmalig. Auf der Suche nach Beweisen für eine einstige Existenz der sagenumwobenen Stadt Atlantis hatten wir alle auf antike Fundstücke gehofft. Doch was wir fanden, das sprengt unser aller Vorstellungskraft, obwohl wir es mit eigenen Augen gesehen, am eigenen Leib erfahren haben.“ Bedeutungsvoll blickte er auf, griff nach einer kleinen Fernbedienung und drückte auf einen Knopf, woraufhin hinter ihm an der großen weißen Wand dank des Beamers ein großes Foto erschien.
 

Deidara musste es nicht sehen, er wusste auch so um welches Foto es sich handelte. Es war kurz vor ihrer Abreise entstanden. Die gesamte Mannschaft war darauf zu sehen mit ihren neuen Freunden, die sie tief unter der Erde in Atlantis gefunden hatten. Nur einer war nicht mit auf dem Bild. Und der Gedanke schmerzte so unsagbar gnadenlos in seiner Brust.
 

Kakuzu sprach weiter: „Wir haben lange überlegt, wie wir Ihnen nachvollziehbar machen können, was wir erlebt und gefunden haben. Ihnen schlicht die Forschungsergebnisse zu zeigen schien uns nicht angebracht, da es nicht die Herrlichkeit und die Aufregung vermitteln kann, die wir erlebt haben. Darum haben wir uns entschieden Ihnen vor der Präsentation unserer Funde und Ergebnisse in aller Genauigkeit zu berichten, was in Atlantis passiert ist.“ Ein argwöhnisches Raunen ging durch den Saal, viele Gäste murmelten miteinander und schienen über diese Worte überrascht zu sein, doch Kakuzu setzte unbeirrt fort: „Statt Ruinen fanden wir so viel mehr. Nicht einfach nur eine Stadt, nicht einfach nur eine Kultur, sondern eine ganze Welt, die sich fernab der unsrigen entwickelt und erhalten hat. Und deshalb begrüßen Sie bitte mit mir meinen Kollegen Deidara, der akribisch und ausführlich Logbuch geführt hat, um seine und unsere Eindrücke schriftlich festzuhalten.“
 

Ein verhaltener Applaus ertönte und mit schweren Schritten schleifte der Blonde sich nach vorne zu seinem Kollegen an das Rednerpult. Lange musste er nicht warten, ehe er mit kraftloser Stimme beginnen konnte, da das Publikum bei seinem Anblick rasch verstummte. Müde sprach er zu den Zuhörern, sich innerlich immens zusammenreißend. Er schloss seine Augen und ließ sich von seinen Gedanken in die Zeit zurücktreiben. Bildlich hatte er die Zusammenstellung der Expeditionsgruppe vor Augen, die Verhandlungen mit der Regierung, die ihnen ihre Aufgabe erklärte und die Hilfsmittel zusprach. Erlebte die Aufregung bei der Inspizierung des U-Bootes noch einmal und die Vorbereitungen, die allerdings allesamt für diesen Vortrag eher unwichtig waren, da die Verantwortlichen und die Auftraggeber der Regierung selbst im Publikum saßen. Deidara atmete tief durch und erreichte in den Gedanken den Augenblick, in dem ihr U-Boot den Hafen verließ und sie sich auf den Weg in ihr Abenteuer machten. Und plötzlich war es ihm, als wäre er tatsächlich wieder dort, erlebte das Gefühl mit Haut und Haar. Er öffnete die Augen und sah sich um, um mit gefasster Stimme seinen Vortrag zu beginnen:
 

„Niemals hätte ich gedacht, dass eine Forschungsreise eine so radikale persönliche Veränderung mit sich bringen würde. Dass sie fast zu einem spirituellen Wandel führen könnte, ein Pfad der Selbstfindung sein würde. Doch heute weiß ich, dass es möglich ist. Dass die wahren Erkenntnisse über das Leben nicht in Fundstücken stecken, sondern allein in uns selbst. Und dass diese Erkenntnis manchmal mit Schmerz und Verlust verbunden ist, obwohl man so viele Dinge erlebt und gefunden hat.“ Er hielt einen Augenblick inne, sah sich um und seufzte. „Es gibt nicht nur eine Wahrheit. Doch andere Wahrheiten sind oft unglaublich, schwer zu begreifen oder für einen selbst vielleicht schlichtweg nicht passend. Die Wahrheit, von der ich Ihnen nun berichten werde ist eine solch unglaubliche. Und doch ist sie genauso passiert, wie ich es Ihnen erzählen und zeigen werde.“ Er lächelte gequält. „Und alles begann an dem Tag, an dem ein Ereignis sich auf ihre und unsere Realität auswirkte. Der Tag, an dem ein Erdbeben so viele Ereignisse auslöste, die Sie zu einem Teil sehr gut kennen und zum anderen Teil nun kennenlernen werden. Der Tag, an dem ein Erdbeben nicht nur eine atomare Katastrophe auslöste, sondern auch in Verbindung mit einem Tsunami das Tor zu einer Welt öffnete, die atemberaubender nicht sein könnte. Der Tag, an dem wir den Zugang zu der Parallelwelt fanden, zu der auch die sagenhafte Stadt Atlantis gehört..."



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