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Written in blood

Schattenspiel einer Legende
von

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Jäger und Gejagte


 

Fragen über Fragen. Unsicherheit.

Ein lähmendes Gefühl, das einem die Angst in die Glieder treibt.

Doch verzage nicht.

Dein Glaube wird dich leiten, selbst durch den dichten Nebel von Verschwörung und Verrat.
 


 

Der Würgereiz ließ sich kaum noch unterdrücken.

Heiße, abgestandene Luft biss in seinen Lungen, die Augen tränten ihm so sehr das seine Wangen schon ganz feucht waren. Tastend suchte Link nach Halt und nicht das erste Mal hatte er Ciera fluchen hören, nachdem sie fast ausgerutscht war. Dafür, das sie noch von so viel Jugend erfüllt war, kannte sie einige frivole Worte die er nicht einmal im Traum in den Mund nehmen würde.
 

Es wunderte Link gehörig, das Ciera den Weg oder die Falltür im Allgemeinen, zu kennen oder zumindest finden konnte. Hier unten gab es nichts als Schwärze, weswegen er sich auch nur langsam an der Wand entlang tasten konnte. Es gab nur sehr schmale Treppenstufen, sie waren glitschig und zum Teil ganz zerstört so das man fast regelmäßig das Gleichgewicht verlor. Es war zweifelsohne der Grund für Cieras Stimmung. Link konnte sich nur zu gut vorstellen, wie anstrengend es für die Kleine sein musste, hier hinab zu steigen. Gerade bei ihrer Atemnot.
 

"Ist alles in...Ordnung...?" Links Stimme klang vorsichtig und verhalten.

Er machte sich schon seine Gedanken zu diesem Unterfangen. Es war Link gewiss nicht Geheuer und sein Innerstes wollte sich noch immer nicht richtig festlegen; konnte er einem kleinem Mädchen vertrauen oder führte sie ihn nur in die Irre oder gar an das Messer? Es war zum Mäuse melken. Er kannte sie immerhin erst seit ein paar Stunden.

Doch nun hatte er so oder so keine andere Wahl mehr. Die Frage, ob er Ciera wirklich vertrauen konnte hatte Link sich in den letzten Minuten und Stunden viel zu oft gestellt, es war nun zu spät um sich noch mehr Gedanken zu machen. Entweder, sie kamen bald in der Stadt an oder sie würden hier unten womöglich ersticken.

Die Luft konnte kaum richtig zirkulieren. Kleine, winzige Nischen aus denen der Wind blies waren alles, was hier überhaupt für Sauerstoff sorgen konnte. Und wie das wiederum funktionierte, das wollte der Hylianer gar nicht so recht wissen. Sie waren schließlich ins Erdreich hinabgestiegen.
 

Ciera schluckte schwer und machte sich nicht einmal mehr die Mühe, über ihre Schulter hinter sich zu schauen.

Sie würde Link nicht sehen können. Einzig seine schweren Schritte und der schwache, pfeifende Atemzug verriet ihr das sie nicht alleine hier hinunter gegangen war. Und sie war sehr froh, das er bei ihr war.

Allein hätte sie sich sicher nicht getraut.
 

"Mir geht es gut... ich muss nur langsam gehen...", erwiderte sie schließlich auf Links Frage hin. Ciera fuhr sich nervös über die Lippen. Das, was Thelma über diesen Gang gesagt hatte mußte einfach stimmen. Am Ende würden sie in die Stadt kommen... wie die alten Räuberbanden damals. Das Mädchen wußte inzwischen nicht mehr, wie lange sie hier unten waren. Jegliches Zeitgefühl war ihr vollkommen abhanden gekommen und würden sie nicht nur geradeaus gehen können, so hätten sie zweifelsohne auch die Orientierung verloren.

Aber irgendwann mußte es ein Ende geben... es musste.
 

"Huh...?"

Ciera war immer mit einer voraus gestreckten Hand weitergegangen um nicht gegen etwas zu stoßen, doch nun trafen ihre kleinen Finger auf etwas Kaltes. Raues Gestein vielleicht. Sie tastete erschrocken die vermeintliche Wand ab, doch es gab keine Abzweigung oder dergleichen.
 

"Oh nein! Eine Sackgasse! Es geht nicht weiter...!"
 

"Wie bitte...?!"
 

Ein nervöser Laut entwich Links Kehle und seine Stimme klang lauter und entrüsteter als gewollt.

Das konnte doch nicht... war der Gang am Ende zugeschüttet? Womöglich eingestürzt...?

Schnell war er ganz bei ihr, zwang sich dazu, wieder ruhiger zu atmen.

Die Satteltaschen und der Seesack, welche er die ganze Zeit bei sich trug, landeten krachend auf dem Boden.

Vorsichtig streckte Link die Hände nach vorne und tatsächlich trafen sie auf kalten Stein.

Es war kein Geröll, was bedeutete, das der Gang nicht zugeschüttet war. Vermutlich.

Aber dennoch kamen sie so nicht weiter. Vielleicht hatte man den Gang auch schon lange entdeckt und zumauern lassen?
 

"Hat diese Thelma erzählt, wann der Gang zuletzt benutzt worden war...?", fragte er und tastete weiterhin die Mauer ab.
 

"Mh... vor einem Monat...ja, es muss... vor einem Monat gewesen sein...!

Thelma redet nicht oft über so etwas... schon gar nicht vor mir... aber manchmal kommt mir doch etwas zu Ohren..."

Cieras Stimme klang ein wenig abgehackt, der Atem schien wieder schwerer zu gehen.
 

"Vor einem Monat...?", wiederholte Link fragend, wand den Kopf in Richtung von Cieras Stimme.

Er musste die Kleine hier bald raus schaffen...
 

Die Frage warum, beziehungsweise wie der Gang benutzt werden konnte, verkniff sich der Hylianer.

Angestrengt dachte er nach. Wenn das wirklich stimmte, dann musste es einen Weg geben, an der Mauer vorbeizukommen. Vielleicht ein Mechanismus, einen Trick...

Oder sie waren an einer Abzweigung vorbeigegangen.

Doch etwas in ihm flüsterte seicht, das er mit seiner ersten Intuition richtig liegen musste.

Wie sonst sollte es möglich sein, in die Stadt zu kommen, wenn der Gang noch intakt war...?
 

Genau in diesem Moment ertastete Link etwas unter seinen Fingerkuppen.

Eine doch sehr markante Unstimmigkeit im Gestein, etwas das ungewöhnlich für eine massive Wand wie diese war.

Link zog die Augenbrauen zusammen und fuhr die Konturen nach. Immer wieder. Es fühlte sich an wie ein Emblem, wie...
 

"Diese Form..."
 

Noch bevor er seinen Gedanken ganz formulieren konnte, gab das Emblem nach, rutschte in das Gestein.

Es knarzte. Dann geschah nichts. Link hatte den Atem angehalten, Ciera ebenso.

Sie tastete nach seinem Arm um sich festzuhalten. Ihre kleinen Hände waren kalt.
 

"L...Link..."
 

"Sshh... hör doch..."
 

"Was hast du gemacht Link?"
 

"Sei bitte einen Moment leise, Ciera!"
 

Es war gut möglich, das sie es mit ihren Ohren nicht wahrnehmen konnte, doch Link hörte eindeutig etwas.

Die um ein Vielfaches feineren Ohren des Hylianers erkannten eindeutig ein Geräusch, das von der Wand zu kommen schien. Es hörte sich an wie Metall, das über das Gestein gezogen wurde... ein ganz feines Klirren und Reißen...
 

Starr harrten sie der Dinge, abwartend.

Link tastete nach Cieras Schulter und zog sie ein paar Schritte von der Mauer weg.

Dann, mit einem Mal wurden die feinen Geräusche von einem viel lauterem abgelöst. Die Wände und der Boden um sie herum begann zu vibrieren... es war ein sehr beklemmendes Gefühl, in mitten der Dunkelheit.

Seine Brust schmerzte und er fühlte einen Knoten in seinem Hals, während er der Ungewissheit harrte und nicht weiter tun konnte als zu hoffen. Worauf, das vermochte er nicht zu sagen.

Etwas, was Link zuvor nie zu spüren vermochte. Diese Situation behagte ihm nicht und all seine Sinne waren alarmiert.
 

Ein Hauch frischer Luft streifte sein Gesicht - die Wand direkt vor Links Nase zog zur Seite.

Vollkommen perplex starrten beide in den Gang, der nun langsam freigegeben wurde.

Anders als der schwarze Schlund hinter ihren Rücken war dieser Teil des Gewölbes mit Fackeln versehen.

Hastig tanzten die Flammen im Sog der Luft, wie in freudiger Erwartung auf die neuen Besucher.

Schließlich blieb die Wand auf halbem Wege stehen, es knarzte erneut.
 

Erst mit jenem Geräusch traute Link sich wieder, zu atmen. Er musste sich die Augen zuhalten; durch das Licht der Fackeln reagierten sie äußerst empfindlich nach so langer Dunkelheit. Es brannte tierisch.

Wer, im Namen aller Götter Hyrules, kam bloß auf die Idee einen solchen Mechanismus zu wählen...?

Von so etwas hatte er noch nie gehört, geschweige denn es gesehen.

Schließlich war Ciera es, die zuerst ihre Sprache wiederfand, wenn auch nur leise.
 

"I...ich glaube, wir können...weiter...", murmelte sie, sah Link aus kleinen Augen an. Seicht legte sich der Schleier der Angst über ihre Züge. Mit leicht verzerrtem Gesicht sah er zu ihr herunter und nickte. Link sammelte Eponas Satteltaschen auf, schulterte sie und nahm Ciera ohne weiteres an die Hand. Er hoffte wirklich, das sie nun endlich ein Licht am Ende des Tunnels sehen würden.
 


 


 

Ihre Hände zitterten und krampften vor Anspannung, Zeravina schluckte schwer. Ihr Herz raste so schnell, das sie Angst hatte es könne sie verraten. Krampfhaft krallte sie ihre zarten Finger in die dünne schwarze Kluft mit der sie ihre Gestalt verbarg. Um ein Haar wäre sie einer Hand voll Söldnern in die Arme gelaufen. Nur der Dunkelheit der aufkommenden Nacht hatte die junge Frau es zu verdanken, das man sie nicht entdeckt hatte. Ein weiteres Mal schienen die Götter Gnade gehabt zu haben. In Situationen wie diesen war sich Zerafina nicht sicher, wie lange sie den Klauen des Königshauses noch entfliehen könnte. Gerade jetzt, wenn der Hof sogar schon Söldner schicken ließ...
 

Noch vollkommen aufgewühlt lauschte sie den letzten Wogen des vergangenen Tages, den Schritten der Männer... dann endlich traute sie sich, auszuatmen. Kraftlos lehnte sie sich an ein paar alte Weinfässer, die an der Fassade des Hauses standen, in dessen Schatten sie sich geflüchtet hatte. Das Treffen mit Halero war zum Glück gut verlaufen. Niemand hatte sie gesehen, niemand ahnte etwas. Doch die Kunde die er ihr brachte, war erschreckend gewesen. Mehr als das. Ihnen blieb kaum noch Zeit. Sie zerann in ihren Händen wie feiner Sand. Die Fäden der Marionette, die sich mit Wörtern wie Intrige oder Gier schmückte, zogen sich beängstigend schnell zusammen und der vermeintliche Frieden war bald nicht mehr als ein fein gewebtes Tuch, welches sich leicht zerreißen ließ...
 

Zeravina atmete tief ein und aus, ordnete ihre Gedanken. Also schön.

Sie würde nun zurückkehren, die Lage mit ihren Verbündeten besprechen und dann erst einmal ruhen.

Nur ruhen. Der Stress und die Angst, geschnappt zu werden nagten doch sehr an ihr.

Flüchtig rückte sie ihre Kleidung zurecht, blickte sich um und verschwand abermals in den Gassen der Stadt.

Obwohl sie kein Straßenkind gewesen war, kannte sie die Winkel und Gassen der Hauptstadt sehr gut.

Beinahe jedes Fleckchen Erde, jeder Pflasterstein war ihr bekannt, konnte zugeordnet werden.

Die junge Frau hatte über die Jahre hinweg ihr ganz eigenes System, eine Karte in ihrem Kopf, erstellt. Es hatte ihr schon oft den Hals gerettet, die Stadt so gut zu kennen. Während sie sich auf leisen Sohlen ihren Weg durch die Dunkelheit bahnte schaute sie sich immer wieder flüchtig um. Links, rechts – ihre schmale Gestalt huschte geschwind von Gasse zu Gasse und kein neugieriges Augenpaar vermochte sie zu erblicken.
 

Bald hatte sie es geschafft. Thelmas Gasthaus – und somit ihre Chance erneut unterzutauchen - war nicht mehr weit. Ihre gehetzten Glieder sehnten sich nach einer Pause. Nach Ruhe. Dem Lärmen der Angst zu entkommen...

Ein unscheinbares Geräusch ließ sie jedoch kurz herumfahren.

Sie stolperte langsam weiter, blickte hinter sich auf der Suche nach der Quelle des Geräusches.

Ein nervöses Glimmen begleitete ihren Blick.
 

Und dann stieß sie gegen etwas. Oder Jemanden.

Zeravina verlor das Gleichgewicht und stürzte. Nur mit größter Mühe konnte sie einen Aufschrei herunterschlucken, biss sich dabei jedoch auf die Zungenspitze. Sofort spürte sie einen reißenden Schmerz und schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. Ein dumpfes Klattern begleitete ihren Aufprall.
 

„Ah! Was zum-“
 

„Pass doch auf! Du hast sie umgerämpelt!“
 

„Moment mal, sie hat nicht richtig hingesehen...!“
 

Zeravina schüttelte benommen den Kopf. Unscheinbar schlich sich der metallene Geschmack von Blut in ihre Mundhöhle. Als sie sich an die Stirn faste erschrak sie kurz; ihre Kluft war verrutscht und ihr Gesicht somit nicht mehr verdeckt. Hastig wollte sie den Kopf abwenden und nach der Kapuze greifen, als sie aus dem Augenwinkel schon eine ihr dargebotene Hand sah. Das Licht des Mondes fiel zwischen die Häuser und erhellte in einer kleinen Nische die Gasse. Vorsichtig, gleich wohl etwas aus der Bahn geworfen, sah sie auf den jungen Mann, der ihr aufhelfen wollte. Sein Gesicht war von Schatten zerrüttet, so das sie nicht sagen konnte, wie alt er genau war - doch die klaren blauen Augen verrieten ihr sofort, welch gütige Seele in ihm hausen musste.

Sie sah ihn lange unentschlossen an, sah, wie sich seine Züge fragend verzerrten. Schließlich ergriff sie seine Hand, blinzelte bei der Berührung überrascht. Ein ihr unbekanntes Gefühl kitzelte durch ihre Fingerspitzen, verweilte sanft an ihrer Handfläche. Der Fremde zog sie auf die Beine.
 

Seine Hand ist so warm...
 

„Alles in Ordnung? Ich wollte dich wirklich nicht umstoßen, aber es ist ziemlich dunkel hier und...naja...“
 

Plötzlich geriet er ist stocken, ließ abrupt ihre Hand los und damit zerfloss auch das wohlige Gefühl, Zeravinas Finger wurden kalt. Sie blinzelte perplex, ballte die Hand zur Faust und schüttelte den Kopf.
 

„Nein nein...wie Ihr schon sagtet, es ist meine Schuld – ich habe nicht auf den Weg geachtet und bin in Euch hineingelaufen“.
 

Ein verhaltenes Lächeln begleitete ihre Worte. Eigentlich sollte sie längst nicht mehr hier sein.

Sie sollte wieder ihre Gestalt verhüllen, sich verabschieden und gehen... wahrscheinlich wurde sie noch immer gesucht und je weniger Kontakt sie zu anderen hatte, desto besser...
 

„...Ze...Zeravina...? Bist du das...?“
 

Eine dünne, helle Stimme ließ die beiden aufhorchen. Jetzt erst wurde der jungen Frau klar, das dieser Fremde offenbar nicht alleine durch die Gassen geschlichen war. Und mit dieser Erkenntnis kam die Erinnerung.

Sie kannte diese Stimme. Das Kind dahinter.
 

„Ciera...? Was- bei der großen Nayru, was machst du um diese Zeit noch hier draußen?!

Thelma kommt doch um vor Sorge wenn du dich hier mit Wildfremden herumtreibst...!“
 

Wo vorher noch eine vorsichtige Attitüde in ihrer Stimme vorherrschte, schwoll nun unverhohlener Ärger hervor.

Dieses Mädchen gehörte ins Bett, nicht auf die Straße und erst recht nicht zu so später Stunde mit einem ihr vollkommen unbekannten Gesicht!
 

Ciera schluckte merklich, schielte einmal nervös zu Link (welcher die Situation, in der er sich befand überhaupt nicht einschätzen konnte) und ergriff dann energisch das Wort. Sie erinnerte noch genau Link's Worte. Keine Lügen mehr.
 

„D...das weiß ich! Und...und ich werde mich auch bei ihr entschuldigen aber... ich hab etwas ganz Dummes gemacht und wenn Link nicht gewesen wäre, dann wäre ich wohl nie mehr in die Stadt gekommen...!

Er hat mir geholfen und er ist kein Fremder...! Er...er...“
 

Dem Mädchen fehlten langsam die Worte. Sie hatte schnell und ohne Luft zu holen gesprochen. Sie wußte nicht, wie sie Link noch vor einem schlechtem Urteil durch Zerafina verteidigen könnte; Ciera wußte, das Zeravina eine sehr misstrauische Person war und das sie Link so lange mit ihrem Blick erdolchen würde, bis er sich ihres Vertrauens „würdig“ erwies. Und nach all den Strapazen wollte sie das der komische Kauz, der ihr an der eisigen Quelle begegnet war, ein warmes Bett bekam und nicht dafür zahlen musste.
 

Link fing an, auf seiner Unterlippe zu kauen. Er hasste es im Mittelpunkt verbaler Auseinandersetzungen zu stehen.

Es war ihm sehr unangenehm. Er verlagerte ständig sein Gewicht von einem Bein auf das andere und sah abschätzend zu der Frau, die offensichtlich Zeravina hieß. Ihn überraschte es zudem, das Ciera sie kannte. Es reihte sich momentan alles aneinander, zu schnell für ihn, er konnte die einzelnen Fragmente der Geschehnisse gar nicht recht erhaschen und fast glaubte Link nicht an einen Zufall sondern an eine Art Fügung.
 

Der Gang, in dem er und Ciera sich bis vor kurzem noch befunden hatten, führte zu einer Hintergasse.

Der Zugang war dicht mit Efeu bewuchert und das Grün hielt sich äußerst hartnäckig. Kaum zu glauben, das der Geheimgang erst vor kurzer Zeit benutzt worden sein sollte; letztlich musste Link einige der Pflanzen mit einem kleinem Messer durchtrennen; ein unscheinbarer Fakt, der ihm nur noch mehr zu denken gab. Aber er fügte sich.

Was blieb ihm denn nun auch anderes übrig? Und er entschied, stumm zu beobachten, zu sehen was kommen mochte.
 

Ciera führte ihn erstaunlich flink durch die Dunkelheit, vorbei an halb zerfallenen Häusern oder dem ein oder anderem Bettler, welche von der Nacht verschluckt wurden. Es waren Ecken und Winkel der Hauptstadt, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Die zweite Seite einer Medaille, Schatten im Glanz der Königsfamilie von Hyrule. Hässliche Schatten, die wohl niemals weichen würden.
 

Zeravina hüllte ihr Haupt in den Stoff ihres Mantels. Sie hatte Cieras Worte vernommen, doch konnte sie kein Risiko eingehen. Wer sagte ihr, das dieser junge Mann kein Spion war? Wer sagte ihr, das die vermeintliche Rettung Cieras nicht Teil eines Plans war...? Eines Plans, um in die hinteren Reihen der Untergrundbewegung zu kommen...?

Auch wenn seine Augen noch so viel Güte ausstrahlten, sie konnte nicht jedem trauen. Das hatte sie schmerzlich lernen müssen. Mit scharfem Blick betrachtete Zerafina die halb von der Nacht verdeckte Gestalt, die den Namen Link trug. Er wirkte nervös, etwas abgekämpft und so, wie er dort stand mit dem bisschen Gepäck, reichlich... naiv. Ja, anders konnte die junge Frau es nicht beschreiben. Ein genauer Blick genügte und sie hatte das Gefühl, den Charakter dieses Jünglings genau zu erkennen. Unsicher und der Situation nicht ganz gewahr. Außerdem schien er die Hauptstadt noch nicht oft oder gar nicht besucht zu haben. Dennoch, sie musste vorsichtig sein. Zeravina schüttelte bestimmend den Kopf.
 

„Nein Ciera. Mag sein, das er dir geholfen hat aber, nein. Wenn du glaubtest er könnte bei Thelma Unterschlupf finden, dann muss ich dich enttäuschen. Du weißt, warum. Ich nehme dich mit und du wirst ihr genau erklären was geschehen ist. Mach dich auf eine gehörige Standpauke gefasst, Ciera.“
 

Sie wandte sich zu Link, welcher einfach nur starr und vor den Kopf gestoßen dort stand. Er wagte es anscheinend nicht einmal, das Wort zu ergreifen. Sie seufzte. Ihr Blick war eisern und leicht kühl. Egal ob er einen langen Weg hinter sich hatte, er musste sich ein anderes Nachtlager suchen, so hart klingen mochte.
 

„Verzeih, aber ich kann-“
 

Ihre Worte wurden harsch durchbrochen. Das Sirren eines Pfeils durchschnitt die Luft und das himmlische Geschoss blieb mit einem dumpfen Aufprall in einem Karren direkt neben ihnen stecken. Erschrocken wirbelten die drei herum, Cieras spitzer Schrei hing noch hallend in der Luft und sie hatte sich reflexartig an Links Beine gekrallt. Jener begriff bei weitem nicht, was geschah. Gerade noch musste er hören, das man ihn ohne irgendwelche triftigen Gründe stehen lassen wollte und im nächsten Moment riss ein Geschoss die Stille der Nacht entzwei. Beinahe hilflos blickte er sich um, erkannte kaum den Pfeil der in dem Karren neben ihm steckte. Hastig griff er sich seine Taschen vom Boden.

Er wollte etwas sagen, wollte Erklärungen einfordern doch dafür war keine Zeit. Zeravina erkannte innerhalb von Sekunden, das dieser Pfeil ihr gegolten haben musste. Hastig suchte sie nach dem Schützen, entschied das es zu dunkel war um etwas zu erkennen und schubste Link grob in eine Richtung.
 

„Lauft, schnell...!“, zischte sie bissig und schob die beiden weiter.

Er stolperte haltlos vorwärts, nahm Ciera mit sich – doch sie kamen nicht einmal um die nächste Ecke.
 

Lärmende Schreie.

Donnerndes Gebrüll.

Ein verräterisches Sirren.
 

Link heulte auf, sein vor Schock verzerrter Schrei vibrierte in der Luft und er ließ die Satteltaschen fallen.

Ein langer, dicker Pfeil steckte in seiner linken Schulter. Er fiel auf die Knie, war mit einem Mal wie gelähmt. Solchen Schmerz hatte er noch nie gespürt. Ciera schnappte erschrocken nach Luft und eilte an seine Seite.
 

Link!“
 

Zeravina fluchte. Rasch kniete sie sich herunter, griff ohne zu zögern nach dem Pfeilschaft und brach ihn ab - eine plötzliche, harsche Berührung an der frischen Wunde. Abermals kreischte Link, diesmal vor unsäglichem Schmerz, Punkte tanzten vor seinen Augen und seine Sicht verschwamm kurzzeitig. Brennend und zürnend raste jener Schmerz durch seinen Körper, der eine solche Erfahrung zum ersten Mal machte. Nur am Rande bekam er mit wie Zeravina ihn unsanft auf die Beine zog, seine freie Hand auf die Wunde legte und versuchte ihn weiter zu zerren. Wie im Rausch taumelte er hinter ihr her, hielt sich die Schulter in einem kläglichen Versuch die Blutung zu mindern. Bereits jetzt war der dünne Stoff von Rot zerfressen.
 

Sein Verstand setzte in diesen Augenblicken komplett aus, ein Schwall Adrenalin war das Einzige was ihn noch auf den Beinen hielt und würde die junge Frau vor ihm nicht an seinem Arm zerren, ihn wie wild geworden durch die Seitenstraßen ziehen, so wäre er lägst verloren.
 

Von ferner her hörte man eine Meute rufend und geifernd durch die Gassen rennen. Söldner.

Fünf an der Zahl, den Bogenschützen eingerechnet. Er hastete von Dach zu Dach um seine Beute nicht zu verlieren. Man hatte ihm viel Geld gezahlt. Ungeheuer viel. Und auch, wenn er an seinen Taten zweifelte – niemand hatte ihm gesagt das ein unschuldiges Kind bei der Zielperson verweilte – so brauchte er jeden Rubin, den er kriegen konnte. Mit wachem Blick suchte er Wege um über die Zinnen zu kommen, mied das Licht wie eine von Schwärze besessene Kreatur. Seine Augen wanderten kurz hinter sich, auf jene, die sich dieser Mission angeschlossen hatten.

Es waren einfache Räuber, Banditen die der Bezeichnung Söldner bei weitem nicht gerecht wurden. Und es kam, wie es sich der Schütze bereits dachte: an statt sich weiter ihrem Ziel zu widmen, stürzten sich drei auf die zurückgelassenen Taschen, welche achtlos auf der Erde ruhten. Nur einer verlor seine Aufgabe nicht aus den Augen und hetzte der kleinen Gruppe nach.
 

Auch gut. Je weniger ihm im Weg standen, desto besser. Wieder auf seinen Weg achtend, sprang er weiter, holte die Bande langsam ein. Der junge Mann bei seiner Zielperson war verwundet und mit der Gewissheit, das dieser Umstand sie verlangsamen würde, nahm er die Jagd auf...
 


 

Wimmernd zwang die kleine Ciera sich, weiterzulaufen. Ihre kurzen Beine pochten schmerzhaft, das Atmen wurde ihr immer schwerer und zu allem Übel hatte sie unheimlich viel Angst. Ihre Brust schmerzte. Immer wieder hörte sie Zeravinas peitschende Stimme, die sie zum weiterlaufen zwang. Sie hatten kaum eine Chance zu entkommen und Zeravina musste darauf vertrauen, ein geeignetes Versteck zu finden um ihre Verfolger abzuschütteln. Vage orientierte sich die Fremde, war dankbar um ihre Kenntnis innerhalb der Stadt. Ihre Gedanken hetzten durch ihren Kopf, versuchten Besonderheiten in der Umgebung festzustellen. Flüchtig schaute sie auf den Bauernjungen, den sie stützte.

Er blutete stark, keuchte und stöhnte vor Schmerz. Sie mussten sich beeilen.
 

„Weiter Ciera..! Bleib nicht stehen...!“

So schnell es ihnen möglich war, rannten sie weiter. Gehetzt wie Vieh und mit blanker Angst in den Gliedern. Wenn wenigstens Ciera und dieser Junge entkommen konnten... es war schließlich Zeravina, hinter der sie her waren...
 

Ein Pfeil sirrte an ihrem Gesicht vorbei, fraß sich in ihren Mantel und hinterließ einen blutigen Schnitt auf ihrer schneeweißen Wange. Sie wandte sich fluchend nach links. Und als die Flüchtenden in eine vor Schlamm und Dreck triefende Seitenstraße einbogen, erkannte Zeravina eine Chance, zu entkommen. Endlich...!

Ohne Rücksicht zog sie Link weiter, unter die Plane eines kleinen Marktstandes und lehnte ihn an die Wand.

Ciera deutete sie, näher zu kommen.
 

Hastig setzte sie sich auf den Boden, besah sich die Hauswand, an welcher jener Stand aufgebaut war und es vergingen nur Sekunden, bis sie fand was sie suchte. Ein kleines Fenster nahe des Bodens, dessen Gitterstäbe von Rost nur so zerfressen waren. Die gehässigten Rufe ihrer verbliebenen Verfolger hingen ihr nah im Nacken. Und Zeravina handelte. Hastig stieß sie mit ihren Füßen gegen das Gitter. Es knarrte und donnerte. Die Gitterstäbe gaben gnädiger Weise schnell nach; krachend landete das Schmiedeeisen im Untergrund des Gebäudes.
 

„Hinein da, los!“

Nervös blickte sich Haleros Verbündete um, als sie Ciera vielleicht auch etwas zu grob in das schmale Loch zwängte.

Das Kind passte ohne Probleme durch, doch ob es die Erwachsenen schaffen würden sollte sich zeigen. Sie stand auf, zog Link von der Wand und klatschte ihm ein paar mal gegen die schweißnasse Wange. Er war benommen und zitterte, seine Kleidung war durchtränkt mit Blut. Der Pfeil hatte ihn schlimm erwischt. Sie hasste es, einen Verletzten so zu treiben, aber ihr blieb angesichts der Lage keine andere Wahl. Wenn sie jetzt nicht entkamen, war alles zu spät.
 

„Reiß dich zusammen Junge, nicht einschlafen! Los jetzt, rein da...!“
 

Link gehorchte. Er musste. Nur noch bedingt war er in der Lage ihre Worte zu vernehmen, sein Bewusstsein entglitt langsam seinen Händen. Und doch versuchte Link, der dieser Situation immer noch nicht ganz gewahr wurde, wach und Herr über seinen Körper zu bleiben. So ließ er sich schwerfällig auf die Knie fallen, japste kurz und zwang sich so gut es ging durch die kleine Öffnung. Kaltes Gestein riss an seiner Kleidung und im nächsten Moment fiel er – zum Glück nicht tief – in flaches, abgestandenes Wasser. Knirschend presste Link die Zähne aufeinander um einen Aufschrei zu unterbinden. Seine Schulter brannte wie Feuer. Ciera war sofort bei ihm.
 

„Steh auf...! Steh auf...!“, drängte die Kleine, linste einmal zu dem Fenster. Sie wußte nun, wo sie hier waren.
 

Zeravina verlor keine Zeit, wollte ihnen sofort folgen. Ihre Beine hingen gerade in der Luft, als eine raue Hand sie am Kragen ihres Mantels packte. Sie würgte erstickt, ihre Augen waren weit aufgerissen. Jemand fluchte deftig, wollte sie wieder hochziehen.
 

„Komm her du kleine Hure!“, giftete eine dunkle Männerstimme. Sie zappelte aus Leibeskräften, stieß sich den Kopf. Nein. Bei der Göttin Farore, sie würde hier nicht versagen, niemals! Zittrig tastete sie nach einem kleinem Halfter an ihrem Gürtel, zog einen Dolch und schnitt den Stoff ab. Ihr Verfolger jaulte schmerzerfüllt, sie hatte ihn an der Hand erwischt. Krachend fiel ihre Gestalt zu Boden, von draußen brüllte der Söldner, der sie gerade noch festgehalten hatte.
 

Keine Zeit, keine Zeit...!
 

Keuchend rappelte sie sich auf, scheuchte Link und Ciera sogleich weiter. Hier hatten sie bessere Chancen.

Hier, in der Kanalisation. Den beißenden Geruch ignorierend hasteten die drei weiter, so weit weg wie möglich.
 


 

Leise schlich der Bogenschütze näher.

Sein „Kamerad“ fluchte deftig, spuckte auf den Boden und schüttelte seine linke Hand. Sie blutete.
 

„Sind sie entwischt, Victor...?“
 

Angesprochener sah zur Seite. Er knurrte und trat gegen die Mauer. Er konnte ihnen nicht folgen.

Seine Gestalt war zu massiv für diesen mickrigen Spalt.
 

„Dachte ich mir. Wenn deine Kumpanen nicht so gierig auf Beute wären, hätten wir sie vielleicht noch gefangen. Schönen Dank auch“.
 

Victor warf ihm einen eisigen Blick zu, stapfte näher und packte den Schützen am Kragen seiner schwarzen Tunika.
 

„Ach ja?! So wie ich das sehe, sind sie auch dir entwischt, Sarik!

Spiel dich also nicht so auf! Gott, wie ich euch Hylianer hasse!“
 

Sarik verzog nicht eine Mine. Dieses aufbrausende Gehabe interessierte ihn nicht. Viktor gehörte ohnehin zu der Sorte Mensch, die mehr Kraft als Verstand besaß. Er war ein stämmiger, mit Narben übersäter Mann, stinkend und grobschlächtig. Im Vergleich zu ihm wirkte Sarik beinahe zierlich.
 

„Lass los, Victor.“

In seiner Stimme hallte eine stumme Drohung nach. Die Luft schien für einen Moment zu vibrieren, war stickig. Schließlich grunzte Victor verächtlich, stieß Sarik von sich mit der Absicht, ihn den Boden küssen zu lassen, doch der gewandte Hylianer fing sich ohne Mühe und strich den Stoff seiner Kleidung glatt. Noch immer waren seine Züge unberührt.
 

„...Fakt ist, das sie uns entwischt sind. Es hat keinen Sinn, nun blind die Durchgänge zur Kanalisation abzusuchen, da wir ohnehin nicht wissen, wo ihr Zielort liegt“, bemerkte Sarik sachlich und blickte sich um. Sie würden Informationen brauchen, um dieser Frau aufzulauern. Und sie würden sie jagen. Bis zum bitteren Ende.

Es interessierte nicht, warum oder weshalb – nur, das ihr Auftraggeber dieses Weib lebend haben wollte.

Victor wandte sich ab. Er traute Sarik nicht und wenn es nicht um so viel Geld gehen würde, hätte er der Zusammenarbeit kaum zugestimmt. Dies beruhte auf Gegenseitigkeit.
 

„Mach, was du willst aber komm mir nicht noch einmal unter die Augen...!“

Er hatte keinen Nerv mehr, hier herumzulungern. Heute hatten sie verloren, und vorerst wäre ihr Opfer sicher. Vorerst. Er würde seine Jungs zusammenraufen und die Sache zu Ende bringen. Mit oder ohne Sarik; wobei es klar war, das er plante, den Gewinn für sich einzustreichen und den Hylianer zu beseitigen wenn diese Sache vorbei war...
 


 

Achtsam schob Zeravina die Verkleidung bei Seite. Sie achtete auf jedes Geräusch, auf verdächtige Schatten, doch diesmal blieb die fortschreitende Nacht ruhig. Nur die Ratten zu ihren Füßen zeugten von Leben, davon, das nicht alles schlief.
 

„...husch, die Luft ist rein...!“

Sie blickte hinter sich und nickte. Rasch griff sie sich Link's rechten Arm, stützte ihn und kam vorsichtig auf den Hinterhof von Thelmas Taverne. Ciera folgte ihnen stumm, wischte sich angewidert die Hände an ihrem kurzem Kleid ab. Es stank entsetzlich nach Schwefel, Unrat und Tod. Mit einem kurzen Blick auf Zervina schob das Mädchen den Geheimgang wieder zu. Er wurde geschickt kaschiert durch eine unscheinbare Statue, die sich durch einen alten Mechanismus bewegen lies. Ciera wußte, das es in der Stadt einige Geheimnisse gab, hatte sie doch oft genug den Gesprächen der Erwachsenen gelauscht.
 

Langsam bewegte sich das Trio auf die Hintertür zu, begleitet von dem Fiepsen der Ratten und Link's rasselndem Atem. Er stand kurz vor der Bewusstlosigkeit. Auch wenn Zeravina ihm nicht trauen mochte, so musste sie sich eingestehen das es ihre Schuld war. Er wurde in etwas hineingezogen, das weit über dem Verständnis des Jungen lag, wurde verletzt und jetzt kämpfte er mit den Folgen. Link musste versorgt werden. Das war sie ihm nun schuldig und kurz streifte sie der Gedanke an die wohlig warme Berührung ihrer Handflächen...
 

Sie seufzte leise.
 

„Geh voraus Ciera. Sag Thelma Bescheid“, bat sie. Das Mädel nickte wieder stumm und tapste voran; es war klar das sie von diesem Erlebnis ein leichtes Trauma davon trug und der Gejagten schmerzte die Brust bei dem Gedanken.

Eine unschuldige Kinderseele mit solch einem Vorfall zu belasten war gewiss nicht in ihrem Sinne gewesen.
 

„Gleich haben wir es geschafft, Junge...“, flüsterte sie, den Blick quer über den Hof bis zum Gasthaus gerichtet.
 


 

Thelma schnaubte vor Wut. Es geschah des öfteren, das die Wirtin laut und temperamentvoll ihren Unmut kund tat; vor allem diesen saufenden Halunken gegenüber, die sich Soldaten nennen durften, doch heute erreichte ihre Wut einen neuen Höhepunkt. Nicht nur, das einer ihrer Schützlinge sich nicht mehr blicken lies, nein, dieser vermaledeite Nichtsnutz von einem Ehemann trieb sich noch immer auf den Straßen herum. Und wenn sie herausfand, das er sich in den Schoß einer anderen Frau geflüchtigt hatte, dann mögen ihm alle Götter Hyrules beistehen...!

Schnaubend warf sich Thelma ein Handtuch über die Schulter und räumte die soeben gesäuberten Gläser in einen Schrank. Es war bereits nach Mitternacht und den letzten Gast hatte sie vor kurzem erst verabschiedet. Die Waisen, um die sie sich kümmerte, schliefen bereits in ihren Betten und träumten von einer besseren Zukunft.
 

„... ich hoffe das es ihr gut geht...“, murmelte sie in Gedanken an die kleine Ciera, als das Quietschen der Hintertür sie aufhorchen ließ. Thelma fackelte nicht lange, griff unter den Tresen und holte einen schweren Knüppel hervor.

Es hatte sich ihr niemand angekündigt und sie rechnete auch nicht damit, das bestimmte Leute jetzt schon zurück sein könnten. Auf leisen Sohlen umging sie den Tresen, wartete kurz horchend, die Schlagwaffe bereit in den Händen – und war erstaunt als Ciera in ihr Sichtfeld trat. Die Kleine zitterte und war mit Dreck besudelt.
 

Sofort ließ Thelma den Knüppel geräuschvoll fallen und kniete sich zu ihr hinunter.
 

„Ciera Schätzchen, wo warst du...? Kannst du dir vorstellen was für Sorgen ich mir gemacht habe?“
 

Ciera nickte hastig. Ihre Mimik war verzerrt, Tränen glitzerten in ihren Augenwinkeln und man merkte das sie mit sich kämpfte. Es brauchte nur einen Blick um zu erkennen, das etwas passiert war. Sie krampfte kurz, als Thelma sie in ihre Arme zog. Es schien die Wirtin wenig zu kümmern, das sie dreckig war und stank.
 

„T...Tante Thelma... d...draussen... Zeravina braucht Hilfe...“, brachte sie mit bebender Stimme hervor.

Ein Hauch von Panik begleitete die zarten Töne.
 

„Zeravina sagst du? Sie ist schon zurück...?“
 

Ehe Thelma noch weiter nachharken konnte, hörte sie die Hintertür ein weiteres Mal.

Jemand fluchte leise und die Tür fiel ächzend ins Schloss.
 

„Thelma? Ich brauche deine Hilfe, jetzt gleich...!“

Zerafina stand der Schweiß langsam auf der Stirn. Die ganze Zeit schon stützte sie den Verwundeten und da Link sich immer weniger selbst auf den Beinen halten konnte, war es umso schwieriger. Sie war schließlich eine Frau und eine recht zierliche noch dazu. Die Wirtin bedachte Ciera noch mit einem verwirrten Blick, deutete ihr an zu warten und kam zur Tür.
 

Thelma sog erschrocken die Luft ein. Ihre Augen huschten einen Moment gehetzt hin und her, musterten den jungen Hylianer, der inzwischen weißer als eine Wand war. Dann fing sie sich. Rasch kam sie an Zeravinas Seite, stützte an statt ihrer den Verletzten, was die junge Frau mit einem dankenden Gesichtsausdruck quittierte.

Sie blickte Zerafina vielsagend an.
 

„Koch mir eine Nadel ab Schätzchen, schnell.

In der Vorratskammer findest du Pechdraht und die Tinktur, die uns der Priester überlassen hat. Beeil dich Kind...!“
 

Mit diesen Worten brachte Thelma Link in eines der Hinterzimmer. Er hatte die Augen fest geschlossen, stöhnte leise und war sich seiner Umgebung nicht mehr bewusst. Er war schweißnass und ausgekühlt. Alles war dunkel, Schmerz dominierte jede Faser seines Körpers, lähmte ihn.
 

Etwas umständlich legte Thelma Link auf eine behelfsmäßige Pritsche.

Sie wußte nicht, wer er war, nur das er schnellstmöglich Hilfe brauchte.

Alles andere konnte warten. Sie würde niemanden verbluten lassen.
 

Die Herrin des Hauses zündete eine weitere Öllampe an, hetzte zu einem der Regale und öffnete einen kleinen Holzkasten. Mit einer Schere in der Hand kam sie zu der Liege und zerschnitt das Oberteil des jungen Mannes.

Mit einem Ruck zog die die Stoffenden auseinander. Und da wurde ihr das Ausmaß der Verletzung bewusst.

Er hatte viel Blut verloren, dunkle Schlieren die seinen Arm hinabrannen zeugten davon. Eine Pfeilspitze hatte sich tief in Fleisch und Muskel gebohrt.

Thelma verließ den Raum, um saubere Tücher und Wasser zu holen. Von nebenan konnte sie Zeravina in der Vorratskammer wühlen hören. Auf ihrem Weg kam ihr Ciera wieder in den Sinn, welche verloren am Tresen stand.

Ihr konzentrierter Blick milderte sich etwas.
 

„Ciera, geh und wasch dich. Zieh dir etwas frisches an und ab ins Bett“, sprach sie in einem Ton, der keine Wiederworte zulassen würde. Angesprochene blickte zögernd auf, ein ganzer Schwall Tränen wuschen den Dreck bedingt aus ihrem rundem Gesicht. Ihre Unterlippe zitterte verschwörerisch.
 

„A...aber...aber Link ist doch...ich kann doch-“

Unvermittelt brach sie ab und fing an zu schluchzen.
 

Und dort stand ein kleines Mädchen, ein junges Geschöpf, das solchen Terror und den Schrecken einer Hetzjagd noch nie erlebt hatte. Noch nie hatte sie jemanden so bluten sehen. So schreien hören vor Schmerz. Es hatte ihre junge Seele in ihren Grundfesten erschüttert. Ciera konnte und wollte nicht begreifen, was in so kurzer Zeit geschehen war.
 

Auch wenn in ihr noch der Ärger über Cieras Verschwinden brodelte, so war ihr Blick in diesen Augenblicken nur von Nachsicht erfüllt. Thelma trat näher, wischte der Kleinen mit beiden Händen über das Gesicht und sah sie wohlwollend an.
 

„Hab keine Angst Liebes, ich kümmere mich um ihn. Ist er ein Freund von dir...?“
 

Ciera nickte eifrig.

Sie sah Link bereits als einen Freund an; vielleicht auch mit zu viel kindlicher Naivität –

kannte sie ihn doch erst seit heute früh.
 

Thelma lächelte sie aufmunternd an.
 

„Na, dann darfst du ihm aber nicht so schmuddelig gegenübertreten, wenn er wieder aufwacht...!“
 

Wieder konnte Ciera nur nicken. Sie wischte sich energisch über die Augen. Thelma würde sich kümmern, das wusste sie genau. Langsam wandte sie sich dann ab und schlurfte in den ersten Stock, um sich zu waschen.

Den besorgten Blick Thelmas sah sie zum Glück nicht. Zu diesem Zeitpunkt war sich die stämmige Frau noch nicht ganz sicher, ob dieser Hylianer die Nacht überleben würde. Sie hatte schon einige Verletzungen gesehen und versorgt.

Thelma lebte schließlich in einer Zeit in der schon viele arme Seelen halb tot vor ihrer Türe zusammengebrochen waren. Ein Trauerspiel, das sich viel zu häufig wiederholte.
 

Es war klar, das der Fremde zu viel Blut verloren hatte und das in zu kurzer Zeit.

Trotz der Pfeilspitze, die noch immer in der Wunde saß und die Blutung eigentlich hätte verlangsamen sollen.

Wer auch immer den Pfeil von der Sehne schnellen ließ, hatte ganze Arbeit im Schatten der Nacht geleistet

Den Kopf schüttelnd wischte Thelma sich die Hände an ihrer Schürze ab, ging raschen Schrittes voran um die Materialien zum reinigen der Wunde zu besorgen.
 

Der Junge würde nun viel Glück und die Gnade der Göttin Farore brauchen...


Nachwort zu diesem Kapitel:
AN: Lang, lang ist's her. Über ein Jahr, wenn ich richtig sehe... Ich möchte mich hiermit für die lange Wartezeit entschuldigen und im gleichem Zug noch einmal betonen, das ich eine Fanfic wie diese hier nicht abbreche, sondern wenn nötig einfach nur pausiere. Ich hatte einfach zu viel anderes im Kopf und erst kürzlich die Zeit und Muße, dieses Kapitel endlich zu einem Abschluss zu bringen. Ob das nächste Kapitel auch wieder so lange auf sich warten lässt (ich hoffe mal nicht!) kann ich nicht sagen, nur das es wie immer weitergehen wird. Einen Dank an alle, die noch weiterlesen und diese FF nicht vergessen haben :)

Viele Grüße und auf bald!

EDIT: Ich habe noch ein paar kleine Fehler beseitigt, besonders die Szene mit der Schusswunde bedurfte noch einmal einer Aufarbeitung.


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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  BienchensLullaby
2015-03-26T06:48:03+00:00 26.03.2015 07:48

Also ich habe diese Geschichte jetzt gelesen und muss sagen das es eine der bessten ist die ich je gelesen habe. Dein SchreibStil ist echt genial und man kann sich direkt in das Geschehen hinein versetzen. Ich hoffe das du bald weiter schreibst denn ich möchte unbedingt wissen wie es weiter geht. An sich ist die Storyline schon echt genial und man merkt das du deinen eigene Geschichte um the legend of Zelda schriebst.
Ich bin jetzt schon ein Riesen Fan :D schrieb Bitte schnell weiter ;)
LIEBE GRÜßE
Meli


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