Zum Inhalt der Seite

russischer Winter

Teil 1
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kap.2 Abschn. 2

Arthur war ratlos. Sie standen schon seit einer geschlagenen halben Stunde in ihrem Zimmer und Alfred schmollte immer noch. Wie ein kleines Kind. Doch so schnell der Gedanke gekommen war, verschwand er auch. Alfred war kein kleines Kind mehr, das war Arthur klar. Schließlich bekam er das oft genug unter die Nase gerieben. Ebenso wie die Tatsache, dass er bei der Erziehung seiner ehemaligen Kolonie anscheinend völlig versagt hatte.
 

"Also ich frage dich noch mal, was hätte das werden sollen, wenn‘s fertig geworden wäre?"

"Nichts."
 

Alfred antwortete ihm in solch einem patzigen Tonfall, dass er für einen Moment tatsächlich das Gefühl hatte, mit einem Kind zu reden. Entnervt seufzend, fuhr er sich durch die Haare und dann kopfschüttelnd übers Gesicht. Dabei machte sich sein Schlafmangel schon zum x-ten Mal am Tag bemerkbar. Ohne es verhindern zu können, oder zu wollen, verließ ein genervtes Geräusch seine Kehle. Egal wie sehr der Amerikaner auch gewachsen war, er blieb doch ein kleines Kind.
 

Vielleicht hatte er ihn ja mal mit dem Kopf nach unten fallen lassen, als er klein gewesen ist? Aber nein, daran würde er sich sicher erinnern. Wenn schon, dann im Vollsuff. Allerdings konnte er die Male während Alfred noch bei ihm war, in denen er auch nur einen Schluck Alkohol getrunken hatte, an einer Hand abzählen. Selbst da, war er jedoch noch nüchtern genug gewesen und hatte sich bemüht sich nichts anmerken zu lassen. Also musste sich der Jüngere irgendwo anders den Kopf gestoßen haben.
 

Leise schritt er zum Stuhl, der hier neben den zwei Betten, einer alten Standuhr, einem großen Kleiderschrank, zwei vollgestopften Bücherregalen an der Tür und einem Tisch, das Mobiliar ausmachte, setzte sich hin und musterte Alfred, der nur weiter auf dem Bett saß und schmollte. Er hatte immer versucht diese Situation so gut es ging zu meiden.
 

Schließlich waren Erinnerungen allgegenwärtig und diese Eine, war noch viel zu deutlich, als dass er sich ruhig mit dem Jüngeren in einem Raum befinden konnte, ohne bald die Geduld zu verlieren. Aber hier musste er sich nun zusammenreißen. Immerhin musste er es noch ein paar Tage, mit ihm aushalten.
 

"Also Alfred, was ist in dich gefahren?"

"Nichts, wie oft noch?"

"Darum benimmst du dich auch wie eine eifersüchtige Ehefrau?"

"Was?!"
 

In einer Mischung zwischen geschockt und ungläubig, sah Alfred ihn an und Arthur musste leicht grinsen, was seinen Worten so ziemlich alle Schärfe nahm. Nach wenigen Sekunden grinste dann auch der Amerikaner.
 

"Bin ich wirklich so schlimm?"

"Schlimmer."

"Also bitte, ich bin der Held, da musste ich dich doch retten!"

"Vor was den?"

"Vor dem Kommunisten."

Überzeugt sprang der Jüngere auf und stellte sich in Heldenpose, was den Engländer erneut schmunzeln ließ.

"Der hat mir ja auch was sooooo Schreckliches angetan."

"Was?"

"Er hat mich mit einer Kartoffelschale beworfen."
 

Arthur musste leicht grinsen, als er sich an das losgelöste und belustigte Gesicht Ivans erinnerte. Bei sich zu Hause, benahm der Russe sich anders als in den Versammlungen. Sonst war er immer so furchteinflößend und schien alles und jeden in Luft zerreißen zu wollen, wenn man ihm zu nahe kam, doch hier wirkte er komplett anders. So befreit. Er erweckte nicht mehr den Eindruck eines in die Ecke gedrängten Tieres, sondern eines mächtigen Löwen, der sich auf seinem Gebiet sicher fühlte. Vielleicht lag das auch daran, dass sie sich in seiner Höhle befanden.
 

Missmutig registrierte der Amerikaner, dass der Ältere mit den Gedanken immer weiter abschweifte und schnaubte missmutig, bevor er einmal vor Arthurs Nase schnippte. Leicht zusammenzuckend, sah er ihn an und hob fragend die Augenbraue.

"Was?"

"Wo bist du bloß wieder mit deinen Gedanken, Iggy?"
 

Resigniert seufzend stand er auf und streckte kurz seine Glieder, bevor er schließlich zu einem Bücherregal an der Tür herüber ging. Neugierig besah er die Bücher und hob die Augenbraue. Alle Bücher waren auf Englisch. Dostoewski und Tolstoi standen neben Oscar Wilde, Shakespeare und Onore de Balsak. Der Spieler, neben Dem Bildnis des Dorian Grey, Frieden und Krieg und Mittsommernacht. Alle Bücher auf Englisch, dabei jedoch wusste der Engländer, wie schwierig es dem Russen fiel, diese Sprache zu sprechen. Mit hochgezogener Augenbraue, schnappte er sich eines der Bücher und besah es sich. Obwohl er Friede und Krieg eigentlich schon gelesen hatte, war er neugierig. Zudem war es wahrscheinlich ein gutes Buch, um sich die Zeit zu vertreiben. Ebenso wie das Tagebuch der Anne Frank, dass er im unteren Regal entdeckte. In einer eleganten Bewegung, nahm er das Buch und las kurz rein. Es war gutes Englisch. Schön geformte Sätze und saubere Zeichensetzung.
 

Plötzlich vernahm er leisen Atem an seinem Ohr und Körperwärme direkt an seinem Rücken.

"Was hast du da?"
 

Wortlos hob er das Buch hoch, dass der Amerikaner, der ihm über die Schulter lugte, die Schrift gut lesen konnte. Trotzdem beugte er sich weiter vor, wobei sein warmer Atem, über den Hals des Engländers strich. Leichte Schauer rannten ihm den Rücken entlang.

Verdammt, der Andere war ihm zu nah.
 

Viel zu nah!
 

Eigentlich wollte er sich empört umdrehen und ihm sagen er solle ihm von der Pelle rücken, doch dann blickte er in die Augen des Amerikaners und etwas ließ ihn innehalten. Etwas, das in den blauen Augen erglomm und sie wie Fesseln wirken ließ. Ohne sein wirkliches Zutun, versank er in den blauen Iriden und schluckte heftig ein paar Mal hintereinander.
 

Erneut rückte der andere Körper etwas näher an ihn heran. Ihm war, als könne er den trainierten Körper an seinem Rücken spüren, obwohl sie sich nicht berührten. Ihre Gesichter kamen sich immer näher, ohne dass er merkte, dass sie sich bewegten.
 

"Iggy?"
 

Die Stimme des Amerikaners klang rauh und ziemlich tief. Ein ungewohnter, aber dennoch schöner Klang. Fast schon erotisch.
 

Sekunden verstrichen ohne dass etwas passierte. Sie sahen sich nur in die Augen und versanken in denen des Anderen. Spürten den Atem des Anderen auf ihren Lippen und wagten es doch nicht sich doch nicht näher zu kommen. Normalerweise hätte er wegen der Irrationalität der Situation aufgelacht. Hätte den Größeren angeschrien oder ihm Beleidigungen an den Kopf geworfen. Doch nun konnte er nichts sagen. Schaute nur weiterhin in diese wundervollen Augen. Konnte sich nur mit Mühe und Not davon abhalten, ihn ihnen zu versinken.
 

Aber dem Anderen schien es genauso zu gehen. Gedankenverloren musterte der Größere das schmale Gesicht mit den wundervollen Augen. Dabei trafen seine Saphire auf die Smaragde des Kleineren und versuchten aus ihnen zu lesen. Der Ältere war ihm schon immer ein Rätsel gewesen. Dauernd hatte dieser schlechte Laune und dennoch gab es zwei Gesichtsausdrücke die er für immer im Gedächtnis behalten hatte. Dieses sanfte, liebevolle Lächeln mit dem er ihn immer angesehen hatte und die Tränen, nach dem er gegen ihn verloren hatte.
 

Doch das war nichts gegen den Ausdruck, welcher gerade das fein geschnittene Gesicht und diese ausdrucksstarken Augen, heimsuchte.
 

Plötzlich klopfte es an der Tür. Wie aufs Stichwort, zuckten die Beiden zusammen und rückten peinlich berührt voneinander. Arthur näher ans Bücherregal und Alfred mehr in den Raum rein.

"Herein!"
 

"Alfred? Wo ist Arthur?"

Zuerst wollte der Amerikaner wahrheitsgemäß antworten, doch als er sah wie Arthur leicht den Kopf schüttelte, überlegte er es sich anders.

"Er ist nicht da, wieso?"

"Gut.", wirklich erleichtert sah der Kanadier, der an die Tür geklopft hatte, zwar nicht aus, doch dann schüttelte er den Kopf und drückte seinen Eisbären noch näher an sich, fast als wolle er sich vor einer unsichtbaren Bedrohung schützen. Dabei huschten die blau- violetten Augen unruhig hin und her und er schien angestrengt zu überlegen.
 

Schließlich seufzte er leise.
 

"Ich brauche deine Hilfe."

"Sicher, ich bin doch der Held. Aber wobei?"

"Versprich mir, dass du mich nicht auslachst."

"Hoch und Heilig."
 

Kurz sah sich der Kanadier misstrauisch im Raum um. Arthur war sich sicher dass er ihn nicht sehen konnte, dennoch wurde Alfred gepackt und aus dem Raum gezerrt.
 

In einer Mischung aus Erleichterung und fast schon Enttäuschung, setzte der Engländer sich mit dem Buch auf sein eigenes Bett fallen. Hatten sich sie gerade tatsächlich, fast geküsst? Nein, das konnte doch nicht sein? Schließlich konnte der Amerikaner ihn nicht ausstehen und er selber...
 

Ja was genau war eigentlich mit ihm selber? Er verstand sich selber nicht mehr. Meistens tat er nur so, als würde er Alfred hassen. Doch nun war er wirklich fast schon panisch, wenn er sich nur vorstellte mit dem Amerikaner in einem Zimmer zu schlafen! Sonst machte es ihm doch auch nichts aus.
 

Warum jetzt? Warum, ausgerechnet hier?
 

Und warum zum Henker, benahm sich der Amerikaner so verdammt seltsam?!
 

~*~
 

"Iggy!"

"Wie oft noch, du sollst mich nicht so nennen."
 

Jedoch ignorierte der Andere die Bemerkung und drückte ihn fest an sich. Es war immer wieder erstaunlich, wie schnell der Kleine erwachsen wurde. Mit einiger Mühe und dem ein oder anderen unterdrückten Fluch, schaffte er es schließlich sich zu befreien.
 

Aber auch wenn er sauer war, als er in ihm das so bekannte Gesicht sah, wurde er augenblicklich wieder ruhig. Es war, als würden ihm alle Sorgen von den Schultern abfallen. Jedes Mal wenn er in die enge Umarmung gezogen wurde, fühlte er sich plötzlich sicher und das Lächeln, ließ ihn seinen Alltag vergessen. Diese unglaubliche Wirkung, hatte nur Alfred auf ihn.
 

"Musst du mich jedes Mal halber erwürgen?", sein angestrebter, strenger Tonfall, war nicht mal halb so streng, wie er hätte sein sollen.

"Ich freu mich halt dich zu sehen."

Das leicht enttäuschte Gesicht des Amerikaners, zauberte wieder ein Lächeln auf seine Lippen.

"Ja. Tut mir leid, dass ich nicht öfters kommen kann."

"Aber nun bist du ja da."
 

Lächelnd packte der Amerikaner ihn am Arm und zog ihn hinter sich her ins Haus. Er folgte ihm amüsiert. Ehe er sich versehen konnte, wurde er gepackt, auf das große Sofa im Wohnzimmer verfrachtet und der Amerikaner düste schon in Richtung Küche. Erneut entlockte das dem Engländer ein belustigtes Grinsen. Er fragte sich oft, woher der Jüngere diese ganze Energie nahm.
 

"Hier Iggy."

Schon nach wenigen Minuten, bekam Arthur von dem Jüngeren einen Tee vor die Nase gestellt. Dankbar nickte Arthur und probierte einen Schluck. Zwar kein geschmackliches Meisterwerk, aber dennoch guter Tee. Zumindest besser als das, was er heute in der Konferenz mit Spanien und Frankreich, vor die Nase gestellt bekommen hatte.
 

Und bis auf die Tatsache dass er und Antonio sich fast die Köpfe eingeschlagen hätten, war alles auch relativ glatt gegangen. Zumindest besser, als er es erwartet hätte. Zwar waren auch Spanien und Frankreich sehr weit fortgeschrittene Kolonialmächte, doch er war ihnen eine Nasenlänge voraus. Und das schien die zu stören.
 

Mächtig zu stören.
 

Natürlich, schließlich nagte es an deren Stolz, dass er, als der Kleinste von ihnen, nun plötzlich doch weit oben war. So weit oben, dass sie ihn nicht einholen konnten. Denn abgesehen von Amerika, gab es noch Indien und andere Länder die unter seiner Obhut standen. Amerika aber, erstmal ganz weit vorne.
 

"Arthur?!"

"Was? Oh, tut mir leid, ich war in Gedanken."

"Das habe ich gemerkt. Ich habe dich gefragt wie die Versammlung gewesen ist."

"Unangenehm, aber besser als erwartet."
 

Der Amerikaner nickte grinsend und nahm einen Schluck von dem Getränk, dass er vor sich stehen hatte. So viel der Engländer sich erinnerte, hieß das Gebräu Kaffee. Er hatte es mal probiert und verstand nicht wirklich, was der Jüngere daran liebte. Doch das schien nicht nur in Amerika beliebt zu sein. Viele Länder bestellten sich Unmengen, an den dunklen Bohnen.
 

"Was hast du heute noch so vor Iggy?"

"Nichts besonderes. Ich wollte einfach mal wieder nach dir sehen."

"Dann können wir ja was zusammen unternehmen."

"Gerne."
 

Das Gesicht des Jüngeren begann zu strahlen.
 

"In der Nähe hat eine neue Bar eröffnet. Sie bieten wirklich guten Whiskey."

Bei dem letzten Wort verzog der Engländer leicht das Gesicht. Whiskey hatte er auch schon zuhause genug. Da seine Brüder Schottland, Irland und Nordirland nie wussten was sie ihm schenken sollten, brachten sie bei jeder Gelegenheit Whiskey mit. Einmal hatte der Schotte ihm abwechslungshalber Zigarren mitgebracht. Die Dinger lagen schon das dritte Jahrzehnt unbenutzt, irgendwo in seinem Keller herum. Zusammen mit einem beachtlichen Vorrat an irischem und schottischem, hochwertigen Whiskey.
 

"Von Whiskey, hab ich erstmal genug."

"Na gut. Dann haben sie dort noch hochwertigen Wein und Rum."

Das Erstere konnte der Engländer bis auf den Tod nicht ausstehen und von dem zweiten, hatte er die Schnauze gestrichen voll.
 

"Außerdem haben sie dort guten Cognac und russischen Wodka."

"Was?"
 

Erstaunt hob der Engländer die Augenbraue. Seit wann lieferten die Russen auch im Ausland? Es war ihm gar nicht aufgefallen... Da musste er in Zukunft wohl besonders darauf achten, wenn er seine Vormachtsstellung nicht schon sehr bald und sehr schnell verlieren wollte. Schließlich kannte er das Land. Und dessen Personifikation Braginsky. Genug von seinen Boten, hatten bereits das Leben in den kalten Weiten dieses Landes verloren und genug russische Diplomaten in England, hatten sein Misstrauen erweckt.
 

“Also, was sagst du?”

“Gern.”

Daraufhin strahlte Alfred und sprang enthusiastisch auf.
 

~*~
 

Kaum dass er sich versah, waren sie schon an der Bar und eine Stunde später, ordentlich angetrunken. Arthur zumindest. Alfred schien immer noch recht nüchtern, aber er hatte auch deutlich weniger getrunken.
 

“Sag mal Iggy, darf ich dich was fragen?”

“Klar doch.”
 

Schon alleine, dass er fragte ob er das durfte, verunsicherte Arthur. Normalerweise platzte Alfred immer sofort damit raus, wenn ihm etwas im Kopf umherschwirrte.

“Was bin ich für dich, Iggy?”
 

“Mein kleiner Bruder, warum fragst du?”

“Einfach so.”
 

~*~
 

Nach dem Tag, begannen ihre Auseinandersetzungen. Sie stritten sich, warfen sich Beleidigungen an den Kopf und ab dem Tag, bekam Arthur immer mehr das Gefühl, dass ein Bruder ihn hasste. Eigentlich war das vorhersehbar, dass es irgendwann in die Brüche gehen würde, dennoch war der Independence day, der allerletzte Schlag in den Magen gewesen.
 

Ab da, hatte er sich von seinem Bruder losgesagt.
 

Es war ein langer Prozess gewesen. Er war schmerzhaft und erniedrigend. Es folgten viele Niederlagen, Erniedrigungen und Amerikas Demonstrationen, seiner geballten Macht, ihm gegenüber. Und dennoch, hatte er ihn immer im Herzen behalten. Was also, war das gewesen? Wollte der Amerikaner ihn echt küssen? Aber wieso das?
 

Er wurde jäh aus den Gedanken gerissen, als die Tür aufging und der Amerikaner reinstürzte.
 

~*~
 

Obwohl er eigentlich Angst davor gehabt hatte, dass der Amerikaner ihren ‚beinahe Kuss‘ ansprechen würde, war er doch enttäuscht gewesen, als dieser es nicht getan hatte. Weder im Zimmer, noch später beim Mittagessen. Es schien, als wäre das dem Jüngeren vollkommen egal. Und genau das machte ihn kirre. Denn ihm spukte er ständig in Gedanken rum. Schien sie zu beherrschen.
 

Das Schlimmste dabei war jedoch, dass es ihm gefiel. Ihm gefiel der Gedanke, dass Alfred möglicherweise Interesse an ihm hätte. Aber konnte es sein, dass es dem Amerikaner was bedeutet hatte? Schließlich machte er nicht sonderlich den Eindruck auf ihn, dass es ihn auch nur ansatzweise berührte. Und bis auf die eifersüchtigen Blicke die er erntete, wenn er mit Ivan sprach, zeugte es auch nicht sonderlich von Interesse.
 

Nach dem Essen war Alfred wieder auf ihr Zimmer gegangen. Arthur war es egal. Er bemerkte es nicht mal richtig, weil er in Gedanken versunken dasaß und auf die Tischplatte starrte. Doch der Amerikaner hatte ihn auch nicht angesprochen.
 

Niemandem schien es aufzufallen, dass der Grünäugige wie paralysiert auf die Tischplatte starrte und in Gedanken versunken war. Zumindest sprach ihn keiner darauf an. Und er war dankbar für das Taktgefühl der Leute die ihn tatsächlich in Ruhe gelassen hatten, auch wenn sie es möglicherweise bemerkt haben.
 

Jedoch besaßen einfach nicht alle Nationen, solches Feingefühl.
 

“Nanu, Angleterre, was ist den los?”

“Nichts Froschfresser. Verschwinde.”

“Das sehe ich.”
 

Noch ehe Arthur was sagen konnte, hatte der Franzose sich schon neben ihn gesetzt und musterte ihn genaustens.
 

“Es ist nichts moron.”

“Hör mal Arthur, du kannst viele anlügen, mich aber nicht, dafür kenne ich dich schon zu lange.”, Arthur hasste es, wie der Franzose ihn beim Namen nannte, dennoch schien es im Moment, eine fast schon beruhigende Wirkung auf ihn zu haben.
 

Aber sollte er Francis das echt erklären? Sie hassten sich. Sie stritten sich. Und doch konnten sie nicht ohne einander. Das Problem war nur, ob Francis das für sich behalten würde. Sicher, der Andere war zwar recht unzuverlässig, doch bei wichtigen Sachen, hatte er bisher die Klappe gehalten. Sonst hätten sie den zweiten Weltkrieg wahrscheinlich nie gewonnen. Hier war die Frage aber auch, ob der Franzose es für wichtig genug halten würde, um die Klappe darüber zu halten. Dennoch war er wohl der Einzige dem er es erzählen und dann möglicherweise auch einen durchführbaren Lösungsvorschlag bekommen könnte.
 

Er wusste nicht wieso, doch er erzählte es ihm tatsächlich. Alles. Bis ins kleinste Detail.
 

“Das heißt ihr beiden cheries, seid nischt zusammen?”

“No.”

“Aber i‘r ‘ättet euch fast geküsst?”
 

Noch eine weitere Macke von Francis, immer wenn der nervös oder aufgeregt war, bekam er einen solch starken französischen Akzent, dass Arthur ihn stellenweise nicht mehr verstand. Dennoch nickte er. Francis sah ihn in einer Mischung aus Unglauben und Verständnislosigkeit an.
 

“Okey mon Cheri, die Grundzüge hab isch verstanden. Nur das außenrum nischt. Was genau stört disch, ihn sich einfa‘ch zu krallen?”

“Du hast gar nichts verstanden! Ich bin nicht in ihn verliebt!”
 

Amüsiert musterte der Franzose ihn.

“Klar doch mon Cheri.”
 

Genervt seufzte Arthur. Francis jetzt zu versuchen vom Gegenteil zu überzeugen, würde nichts bringen. Das wusste er nur zu genau.

“Selbst wenn, Froschfresser, er ist sicher nicht in mich verliebt.”

“Und woher willst du das wissen?”

“Weil er mich sonst nicht verlassen hätte.”
 

Sie schwiegen. Selbst wenn sie sich oft stritten, der Erste, der erfahren hatte wie scheiße es Arthur ging nach dem Alfred ihn verlassen hatte. Eher gesagt der Erste, an dem er seiner Wut freien Lauf gelassen hatte und am Ende fast in Tränen ausbrach. Nebenbei, auch der Letzte. Der Langhaarige schüttelte nur den Kopf. Er wusste nur zu genau, wie sehr das den Engländer verletzt hatte. So unglaublich tief verletzt.
 

“Jetzt reicht es, mon chere Anglais. Du hast definitiv zu lange darum getrauert. Du musst endlich nach Vorne sehen. Und Tatsache ist nun mal, dass unsere grande cata, anscheinend doch was für dich empfindet. Anders kann ich mir das nicht erklären, dass er Ivan eifersüchtig hinterher starrt, wenn ihr beide miteinander redet.”

“Aber…”

“Nichts aber, Arthur.”

“Doch! Was wenn er doch nichts für mich empfindet? Was wenn du es dir nur einbildest?”
 

Sie starrten sich an. Arthur war klar wie haltlos sein Argument war. Wenn es um Gefühle ging, war Francis immer der Erste, der so was bemerkte. Fast schon wie ein gut dressierter Bluthund. Darum war es eigentlich fast unmöglich, dass er sich irrte, oder es sich gar einbildete. Dennoch wollte Arthur nicht daran glauben, dass Alfred was für ihn empfinden sollte. Vielleicht Hass, ja das war noch möglich. Aber dann gab es keinen Grund für ihn eifersüchtig zu sein. Oder?
 

“Jetzt hör mal. Ich kann mir das gar nicht einbilden, Arthur. Denn das würde selbst ein Blinder mit Krückstock bemerken. Aber wenn du mir nicht glaubst, dann musst du dich wohl selber überzeugen.”

“Und wie?”

“Ich habe da eine Idee…”
 

~*~
 

Seit einer halben Stunde saß Arthur nun schon da und dachte nach. Eigentlich gab es recht wenig dass in seinem Kopf rumschwirrte. Eher gesagt nur eine Sache. Und zwar Francis Vorschlag.
 

“Nanu, Angliya? Was machst du denn hier?”
 

Peinlich berührt zuckte er zusammen als er Ivans Stimme hörte. Eigentlich hatte er ja gehofft dass der Russe hier nicht auftauchen würde. Ein dummer Gedanke, wenn man bedachte, dass er hier vor dessen Zimmertür saß und auf ihn wartete. Seit einer halben Stunde. Etwas schwerfällig richtete er sich auf und ergriff zum Aufstehen dankbar die Hand, die Ivan ihm entgegenstreckte.
 

“Ich muss mit dir reden Russia.”

“Ja, in Ordnung. Macht es dir noch was aus, wenn ich mich schnell umziehe?”

Erst jetzt bemerkte England Ivans Aufzug. An der Jogginghose klebte Schnee und sie war nass. Anscheinend war der Andere draußen gewesen. Zumindest würde das seinen komischen Aufzug und die geröteten Wangen erklären.
 

“Ja, kein Problem.”

“Gut. Dann komm mit rein, da.”
 

Nickend folgte der Engländer dem Russen ins Zimmer. Erstaunt sah er sich um und ließ sich dann auf das Bett fallen. Eigentlich wusste er nicht genau was er erwartet hatte. Nach der prunkvollen Eingangshalle, den großen Zimmern und dem Esssaal, wahrscheinlich noch etwas mehr Prunk und schicke Möbel.
 

Doch in dem Falle wurde er bitter enttäuscht.
 

Die Einrichtung war eher spärlich. Ein einfaches, aber anscheinend dennoch stabiles Bett, ein Kleiderschrank, ein Bücherregal und Tisch mit Stuhl. Auf dem Tisch stand eine Vase, mit Sonnenblumen. Als er sie sich aber näher besah, stellte er fest, dass sie künstlich waren. Natürlich, Sonnenblumen mitten im Winter, waren auch unmöglich. Hier in Russland zumindest. Auch die Tapete war in schlichtem weiß gehalten. Einzig der dunkle Teppich mit den beigen Blumenmustern als Verziehrungen, brachte etwas Farbe ins Spiel.
 

Kaum dass sie drinnen waren, verzog sich der Russe augenblicklich, in einen angrenzenden Raum. Wenig später kam er in einer anderen Hose und einem Pullover zurück. Dann schnappte er sich den Stuhl, stellte ihn mit der Lehne, Arthur gegenüber und setzt sich rittlings drauf.
 

“Also Angliya, was gibt es?”
 

Er hatte wirklich sehr lange über Francis Vorschlag nachgedacht, Zuerst hatte er ‚Pro und Contra‘ abgewogen und hinterher noch die Folgen ausgerechnet. Diese waren allerdings eher weniger das Problem. Bis auf Francis, kannte er niemanden, der das freiwillig machen würde. Und bei dem Froschfresser, war er sich nicht wirklich sicher, ob dieser es nicht ganz uneigennützig machen würde.
 

“Ähm, ich hätte da eine Bitte an dich Ivan.”

“Schieß los.”

Erneut erinnerte er sich an Francis Worte.
 

“Du musst jemand wählen Anglais, bei dem es identisch rüberkommt. Jemand der nicht allzu verklemmt ist und das auch machen würde. Jemand, mit dem du dich relativ gut verstehst und den Alfred auch gut kennt. Am liebsten auch jemand, den Alfred bis auf den Tod nicht ausstehen kann. Dann bist du auf der sicheren Seite und kannst dir sicher sein, dass es auch klappt. Dann siehst du schon, dass ich recht hatte.”
 

Francis hatte recht gehabt. Doch egal wen er alles in Gedanken durchgegangen war, er hatte einfach niemanden gefunden. Alle die ihm eingefallen waren, schienen nicht geeignet. Bis auf diesen Einen. Es war sein letzter Ausweg. Wenn er jetzt nein sagen würde, wüsste er nicht an wen er sich noch wenden sollte.
 

“Du weißt ja dass zwischen mir und Alfred nicht alles stimmt.”

“Da.”

“Ähm und ich wollte dich da um deine Hilfe bitten.”

“Was genau meinst du.”
 

Arthur holte tief Luft und betete einmal das Vaterunser runter. Jetzt oder nie. Das war seine Chance, endlich die Wahrheit zu erfahren
 

“Und zwar geht es darum, dass ich dich …”

“Ja?”
 

Der Engländer stockte nervös.
 

“Ich würde dich gerne fragen, ob du eine Weile lang meinen Freund spielst.”



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Juuri
2012-07-10T07:56:43+00:00 10.07.2012 09:56
beim letzten Satz ist mir grad der Mund aufgeklappt xDDD
bitte schreib schnell weiter *___*
ich WILL wissen wie es weitergeht <3


Zurück