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Baby, it's cold outside

Ein Adventskalender
von

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16. Dezember - Agatha

Raoul hasste es, fremde Zimmer zu betreten. Doch gerade hatte er einen triftigen Grund dafür – es ging um Leben und Tod. Da konnte er nicht zögern. Auch wenn er Julias Zimmer seit Jahren nicht mehr betreten hatte. Und kaum lag die schmale Tür hinter ihm, war ihm auch klar, warum.

Julia war nie die Königin der Ordnungsliebenden gewesen – doch der Anblick, der sich ihm bot, ließ den Braunhaarigen mit den roten Strähnen doch todesmutig schlucken. Warum hatte er seinen Hut und seine Peitsche vergessen?

Hier wäre ein Indiana-Jones-mäßiger Auftritt angebracht. Immerhin wucherten beinahe schon Lianen in dem Zimmer, und wer wusste, was sich so alles unter der zentimeterdicken Schmutz... Raoul verbesserte sich in Gedanken: Schutzschicht aus Staub, Katzen- und Hundehaaren und diversem anderem, dessen Herkunft er niemals würde wissen wollen.

Raul schluckte und machte einen Schritt nach vorne. Irgendwo hier war das arme Opfer, das er würde retten müssen. Warum hatte ihre Tante die arme Agatha auch hier einbürgern müssen? Man roch doch schon von Weitem, wie katastrophal das nur enden konnte.. Der junge Spanier seufzte auf und setzte seine Füße nun tatsächlich über die Schwelle, und sogleich schloss sich die Tür zu Julias Zimmer mit einem leisen Knallen.

“So, jetzt bin ich also drin”, murmelte der Grünäugige vor sich hin, und stieg sogleich auf eine undefinierbare, wulstig-runde Unterlage, die sich zu bewegenschien.

Oh nein, schoss ihm durch den Kopf, Julia würde wohl keine Schlange in ihrem Zimmer halten..! Er hasste Schlangen. Oh dios mio, betete er in Gedanken – nicht zum ersten Mal, seit er erfahren hatte, dass er Agatha retten sollte.

Der Grünäugige wich in einem Sprung von einem halben Meter Höhe zurück zur Tür, und seine Schulter machte unbequeme Bekanntschaft mit dem Garderobenhaken, der amüsanterweise die Form eines Kaktus hatte. Und sich auch so anfühlte.
 

In einem Anflug von panischer Überreaktion peitschte er mit einem Gürtel, der gerade vor seiner Nase baumelte, heftig auf den.. 'Angreifer'. Die grünen Augen geschlossen, traute er sich erst, nachdem er einige Momente bang auf ein Geräusch von Seiten des Monsters gelauscht hatte, die Augen zu öffnen. Vorsichtig schielte er auf das Wesen, welches ihm zum Opfer gefallen war: eine pinke Socke lag schlapp auf dem Boden. Arme Socke, sie war elendiglich zugrunde gegangen.

Raoul feilte noch an einer geeigneten Grabrede, während er voranschritt, nun furchtloser. Immerhin hatte er sich bewaffnet, wie ein wahrer Kerl dies machen würde. Eine Gürtel-Peitsche – darum hätte ihn selbst Indiana Jones beneidet!
 

Das Zimmer allerdings glich tatsächlich eher einer Mischung aus Dschungel, Schlachtfeld und Blutbad als einem Zimmer. Von der Lampe hing eine Sammlung von Damenunterwäsche, die der junge Spanier nicht genauer betrachten wollte, der Schrank sah aus wie der Eingang zu einer Höhle, wenn er es sich genau überlegte. Die Türen standen sperrangelweit offen, und von ihnen herab ergossen sich Kaskaden von bunter Kleidung, schillernden Kostümen für ihre Shows und so manchem Requisit, das Julia sich einfach angeeignet hatte und nur alle heiligen Zeiten mal hervorkramte.

Irgendwie kam sich Raoul vor wie in einer Schatzhöhle – es fehlte nur noch die magische Lampe, die ihm die Suche nach Agatha erleichterte, und ein Djinn, der ihm noch zwei andere Wünsche erfüllte..

Raoul lachte in sich hinein, während er sich den Weg an einem Kleiderhaufen vorbei bahnte und die Packung Tampons auf dem Nachttisch ignorierte.

Laut Standortbeschreibung Tante Jositas sollte die Pflanze drei Schritte von dem Schreibtisch entfernt stehen.. Zumindest, wenn es dieses seltsame Etwas sein sollte, das sich dort, grau grün vertrocknet, unter einem Berg aus orangefarbener Hosen, Röcke, Kleider und T-Shirts versteckt hatte.
 

Vorsichtig schwang Raoul den Gürtel, um seiner Gesuchten endlich das Leben zu retten, doch er musste gleich einsehen, dass dies wohl keine so gute Idee war. Also musste er wohl tatsächlich durch. Raoul schloss die Augen, warf den Gürtel zur Seite und fasste beherzt nach den Kleidern. Hoffentlich, hoffentlich hatte Julia keine unangenehmen Überraschungen darin versteckt. Immerhin wollte er jetzt nicht gerade Push-Up-BHs in seinen Händen halten. Immerhin konnte Julia auch jeden Moment nach Hause kommen.
 

“Also dann, Agatha”, teilte er der Pflanze mit, “Lass uns hier raus!”

Seine Tante würde sich bestimmt über ihre geliebte Agave freuen.. und damit würde er wenigstens einer kein Weihnachtsgeschenk mehr schuldig sein..!



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  chaoticgirl
2012-03-01T17:50:06+00:00 01.03.2012 18:50
Oh oh! Er legt sich doch nicht ernsthaft mit seiner Schwester an?!
Schlechte Idee, Raul! Komm sofort raus da!

Och Gott, der arme kleine Raoul. Benimmt sich ja wie mein Bruder, wenn ich mal obenrum nur mit BH bekleidet durchs Haus laufe... dabei will ich gar nicht wissen, wie SEIN (also Raouls - das von meinem Bruder kenne ich) Zimmer aussieht. Wahrscheinlich keinen Deut besser. Schließlich fällt der Apfel nicht weit vom Stamm. Und Geschwister können so verschieden nicht sein, oder? :D

Aber süß, wie er sich mit Indiana-Szenen Mut macht.
Und das arme Pflänzchen erst... das braucht jetzt erstmal ne langjährige Psychotherapie!
Deine

chao
Von:  kylara_hiku_Lamore
2012-01-03T16:54:34+00:00 03.01.2012 17:54
^^ oje da muss man echt angst haben dass nicht doch noch irgenwelche raubkatzen zum vorschein kommen. das ganze abenteuer wegen einer...Pflanze OMG ich dachte es geht um ein kleines tierchen!
Von: abgemeldet
2011-12-30T09:30:33+00:00 30.12.2011 10:30
HAchja, die liebe OIrdnung ... Das erinnert mich irgendwie an Zeiten, in denen ich noch mit meiner alten Mitbewohnerin zusammengewohnt hab ... Das sah zwar weniger katastrophal aus, aber dafür stank es umso bestialischer.
Auf die Grabrede für die pinke Socke wäre ich allerdings schonmal gespannt ;)


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