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Adventskalender 2011

Eine Kurzgeschichtensammlung
von

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Türchen 13 - Wahre Schönheit

Auf einem kleinen Platz vor einem Möbelhaus stand es in einem Pflanztopf, um nicht umzufallen. Ein kleines, knorriges Bäumchen, das sich gegen jeden Versuch des Gärtners gesträubt hatte, gerade zu wachsen. Es war vom Christbaumverkäufer schon mit dem niedrigsten Preis versehen worden, doch trotzdem wollte es niemand haben. Irgendwie schien es fast schon etwas traurig auszusehen, fand der Händler. Aber ihm war es sowieso egal, ob er es am Ende des Tages zusammen schneiden musste oder nicht. Er hatte die Preise der anderen, der schöneren Bäume so angesetzt, dass er ohnehin mit Gewinn abschließen würde.

Beim letzten Versuch es doch noch loszuwerden sprach er eine Frau an, die dem kläglich aussehenden Bäumchen nur einen verächtlichen Blick zuwarf und die Augen verdrehte. »Was soll ich mit dem hässlichen Ding? Hacken Sie ihn klein und benutzen das Holz zum Heizen, zu etwas anderem taugt der Baum nicht!« Mit diesen Worten ließ sie den Verkäufer stehen. Nun gut, dachte der, es wäre wirklich besser ihn klein zu machen. Der wettergegerbte Mann nahm seine Säge vom Anhänger und ging wieder zurück zu dem kleinen Bäumchen. Er setzte an und…

»Halt! Bitte, würden Sie ihn mir verkaufen?« Ein alter, etwas abgerissen aussehender Mann humpelte auf eine Krücke gestützt auf ihn zu. »Was kostet er denn?«, fragte er mit krächzender Stimme.

»Guter Mann, er kostet fünf Euro«, gab der Verkäufer etwas verdutzt Auskunft.

»Fünf Euro… Moment…« Der Alte zog eine kleine Geldbörse aus der Manteltasche. Dabei fielen seinem Gegenüber die fehlenden Fingerkuppen am Zeigefinger und Daumen seiner abgetragenen Handschuhe auf. Der Christbaumverkäufer starrte seinen Kunden unverhohlen an und erwachte erst aus seiner Trance, als der alte Mann mit den freundlichen Augen all sein Geld in die Handfläche schüttete und mühsam die kleinen Münzen zusammen zählte.

»Lassen… Lassen Sie es gut sein mein Herr. Behalten Sie ihr Geld – Ich schenke Ihnen das Bäumchen« Verwirrt sah ihn sein Kunde an. »Aber das kann ich nicht annehmen!«

»Bitte, nehmen Sie es mit. Bevor ich es klein mache, sollen lieber Sie es haben. Ich fahre jetzt eh gleich nach Hause, da kann ich Sie und das Bäumchen auch mitnehmen. Kommen Sie!«
 

Und so kam es, dass das kleine, schiefe Bäumchen in der Stube eines alten, armen Ehepaares stand. Es thronte auf seinem Platz neben dem Fernsehgerät auf einem umgedrehten Getränkekasten, der mit einem weißen Leintuch verhüllt worden war. Die Frau schmückte es mit sehr alten, handbemalten Glaskugeln, die sie noch in jungen Jahren gekauft hatte, als es ihnen noch besser ging. Mit viel Liebe verwandelte sie das unmöglich gewachsene Immergrün in einen strahlenden Christbaum, dessen Anblick die Herzen der beiden Alten erquickte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Evilsmile
2011-12-13T22:58:34+00:00 13.12.2011 23:58
Schöne Story, die aussagt, dass es vielmehr darum geht, was man draus macht.
Für diesen Tannenbaum sind die Festtage bei diesem Ehepaar sicher eine nettere Erfahrung als für den prächtigsten Baum bei..werweißwem... Wenn ich so drüber nachdenk, ne Story aus der Sicht von nem Tannenbaum, die hätte auch mal was *g*
Btw: Gastauftritt von Sarah? Hatte ich sofort vor Augen bei dem Satz von der Dame die die Augen verdreht^^;


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