14. Dezember | Kamingespräch
A man who won't die for something is not fit to live.
(Martin Luther King Jr.)
„An was denkst du?“
Neji seufzte. Was sollte er antworten?
Dass es durch das Feuer ziemlich warm geworden war, schon fast zu warm, doch er nicht wollte, dass sie von ihm wegrückte? Ihre Wärme mochte er. Dass sie hoffentlich morgen eine neue Mission zugeteilten bekommen würden? Er hasste das Warten auf einen Auftrag. Denn dann war er zuhause und er war nicht gern bei sich zuhause. Hanabi kam wohl gerade in die Pubertät, denn sie war zur Zeit unausstehlicher als früher. Hatte er seine Wäsche abgegeben? Sonst würde es knapp mit den Hemden, besonders wenn sie morgen wirklich eine Mission hatten. Langsam wurde es wieder Zeit.
„Neji? Ich rede mit dir.“ TenTen sah ihn fragend an, sie wartete immer noch auf eine Antwort.
„Ich denke an alles Mögliche.“ Was antwortete man?
„Wirklich sehr genau.“
„Warum willst du das denn wissen?“ Angriff war die beste Verteidigung.
Sie zuckte mit den Schultern. „Weil es mich interessiert.“
Schon bevor sie zusammengekommen waren, waren sie befreundet gewesen, doch für Neji war es immer noch verwunderlich, wenn sie sich dafür interessierte, was er dachte, fühlte.
„Ich will wieder auf eine Mission.“
„Ich auch.“ Wenn auch aus anderen Gründen. „Nur trainieren ist langweilig. Aber zusammen.“
Früher hatte er die Einsamkeit gemocht, mit ihrer Stille und Ruhe. Doch auch mit TenTen zusammen konnte es ruhig und still sein, aber auf eine andere, bessere Weise. Sie brauchte keine vielen Worten, keine andauernde Bestätigung um ihm das Gefühl zu geben, willkommen zu sein.
„Was liest du denn da?“
Sie drehte den Kopf leicht, um ihm in die Augen zu schauen. „Ist das jetzt eine echte Frage oder eine nur aus Höflichkeit?“
Ausdrucksloses Gesicht. „Habe ich jemals eine Konversationsfrage gestellt?“
TenTen lächelte. „Nein, Smalltalk ist sicher nichts deins.“
Neji war der Freunde der kurzen und prägnanten Sätze; für ihn hatte dieses, in seinen Augen sinnlose Gerede nichts. „Das sagt doch schon der Name. Warum sollte ich dünne Gespräche führen wollen?“
Da war er wieder, sein analysierender Verstand.
„Martin Luther King Jr. Ein Menschenrechtler, der für die Gleichberechtigung aller Menschen eingesetzt hat.“
„Ein Träumer.“
„Ich würde ihn als Optimisten bezeichnen, der für seine Träume gekämpft hat.“
„Gekämpft hat? Was ist mit ihm passiert?“ Er bekam alles mit, einfach alles. Ob es nun mit den Augen war oder mit den Ohren. Manchmal war es zum verzweifeln, aber eben nur manchmal.
„Er ist erschossen worden.“
„Für seinen Traum.“ Eine rhetorische Frage, dass hörte TenTen am Klang und auch, dass Neji diese von ihr bejaht haben wollte.
„Für seinen Traum.“
„Also ein Träumer.“
„Wenn man für seine Träume kämpft, ist man ein Träumer?“ TenTen hatte in einer gewissen Weise um ihn gekämpft, nicht gegen eine andere Frau, sondern gegen seine Vergangenheit und sie hatte gewonnen.
„Kommt auf den Traum an.“ Sein größter Traum, die unbegrenzte Freiheit, war meinst so tief in ihm selbst begraben, als wolle er ihn vor sich selbst verstecken.
„Clanführer zu sein?“
„Bei mir ist das unmöglich und du hast keinen Clan.“
„Und wenn ich in einen einheiraten würde?“
„Ich kann kein Clanführer werden, dass habe ich dir doch gerade gesagt.“
Ihr Blick wurde weich. „War das ein Heiratsantrag?“
„Nein. Hättest du einen gewollt? Wir sind gerade mal siebzehn.“
Ein Seufzer. „Warum musste du eigentlich immer so realistisch sein?“
Darauf wusste Neji keine Antwort, zumindest keine, mit der TenTen zufrieden gewesen wäre. Also wechselte er das Thema. „Und was sagt er sonst noch so?“
„Ein Mann, der nichts hat, wofür er sterben würde, sei nicht im Stande zu leben.“
„Er ist für seinen Traum gestorben. Wofür würdest du sterben?“
TenTen schwieg und starrte in die Flammen. „Ich weiß nicht, vielleicht für meine Freiheit. Oder für Licht, das Wärme bringt und die Finsternis vertreibt.“
„So melancholisch. Und ich hätte gedacht, du würdest Schokolade sagen oder die Waffe, die du gestern – wenn du gekonnt hättest – stundenlang im Schaufester angestarrt hast."
„Du bist doof, als wäre ich so oberflächlich.“
„Denke ich nicht.“ lenke Neji ein. „Ich wusste nur nicht, dass du die Frage so ernst neben würdest.“
„Wofür würdest du denn dein Leben geben?“
„Für dich.“
TenTen starrte in ein paar Sekunden an und küsste ihn dann auf den Mund. Wenn sie allein waren, waren ihm Liebesbekundungen wie Küsse nicht unangenehm. Sie wusste, dass dies nicht an ihr lag, sondern nur an seiner Abneigung an öffentlich Zurschaustellung von Gefühlen. „Das ist besser als ein Heiratsantrag.“
„Du weißt, dass du mir viel bedeutest.“
„Schon, aber das ist das erste Mal, dass du es mir sagst.“