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Der Himmel muss warten

von

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Poltergeist II

XXV) Poltergeist II
 

Inzwischen verfrachtete Sam den zitternden Mann auf die Rückbank des Impalas und stellte die Tasche neben ihn.

Besorgt schaute er immer wieder zum Haus und hoffte, dass sein Bruder endlich rauskommen würde. Unruhig trat er von einem Fuß auf den anderen.

Dean kam nicht.

„Sitzen bleiben!“, forderte er barsch und rannte zum Haus zurück.
 

Er hatte gerade den Eingang erreicht, als die Tür aufgerissen und er von einem heraus hechtenden Dean umgerissen wurde. Sie landeten beide auf dem Rasen. Ein buntes Geschoss sauste über sie hinweg und zerbrach klirrend ein Stückchen weiter. Sam vermutete einen Blumentopf, aber er konnte den Kopf gerade nicht danach wenden, denn Dean lag mit seinem ganzen Gewicht auf ihm. Nicht, dass ihm das unangenehm wäre, aber hier vor allen Leuten? Okay da war nur Barknowitz im Impala, aber sie sollten trotzdem hier verschwinden.

Der blonde Winchester schien ähnlich zu denken. Kurz schimmerte so etwas wie Bedauern in seinen Augen dann stemmte er sich hoch und war mit wenigen Schritten an der Haustür und zog sie zu.

Ein weiterer Blumentopf zerbrach laut polternd an dem plötzlichen Hindernis.

„Bist du okay?“, fragte Dean und hielt ihm die Hand hin.

Der Blonde knurrte nur unwirsch, sammelte die Blätter ein und ging zum Wagen.

Er reichte dem wartenden Mann den Ordner und der fing auch sofort an wild darin zu blättern.

„Das ist ja alles durcheinander!“, maulte er und fing sich von den Brüdern je einen wütenden Blick ein.
 

Schnell zog er schweigend den Kopf zwischen seine Schultern und versuchte fieberhaft das Chaos zu sortieren.
 

„Dean! Du blutest!“, stellte Sam erschrocken fest und zog sofort dessen Kragen zur Seite um sich die Verletzung anschauen zu können.

Augenblicklich fuhr Deans Hand an seinen Hals.

„Lass das! Du reibst nur Schmutz rein“, ertönte Sams leise Stimme dicht neben seinem Ohr und verursachte ihm zusammen mit den vorsichtig tastenden Fingern eine wohlige Gänsehaut. Zu gerne würde er sich jetzt zu seinem Sammy drehen und ihn um Sinn und Verstand küssen.

Aber sie hatten einen Mann im Auto, der ihrer Hilfe bedurfte, und sie standen in der Öffentlichkeit eines Wohngebietes. Und soweit, dass es ihn nicht stören würde, war er noch lange nicht.

„Werd fertig!“, knurrte er stattdessen.

Sam erstarrte kurz, hatte er doch den Eindruck gehabt, dass seine Berührungen von Deans Körper sehr begrüßt wurden. Wahrscheinlich hatte er sich geirrt.

„Warte kurz“, sagte er rau und holte Verbandsmull und Pflaster aus dem Kofferraum.

Schnell hatte er die Wunde verschlossen und rutschte auf den Beifahrersitz.

Auch Dean war eingestiegen. Sein Blick suchte den seines Bruders um sich wenigstens so entschuldigen zu können, doch der Kleine starrte aus dem Seitenfenster.

Enttäuscht und wütend auf sich selbst holte der Blonde tief Luft.

„Wohin jetzt?“, fragte er dann und schaute in den Rückspiegel.

Der Mann war vollkommen in das Ordnen seiner Papiere vertieft, die er auf der ganzen Rückbank verteilt hatte und hörte den Winchester nicht.

„Hey!“, blaffte Dean und wedelte mit seiner Hand vor dem Gesicht des Mannes herum.

„Was?“, schreckte der auf.

„Mach das woanders!“, knurrte Dean.

„Aber Sie …“, erschrocken verstummte er unter dem wütenden Blick des Fahrers und begann hektisch alles wieder einzusammeln.

„Wohin?“, wiederholte der Blonde seine Frage unfreundlich.

Sam hob nur kurz die Augenbrauen. So ganz wurde er aus seinem Engel nicht mehr schlau. Okay, bei dieser Unordnung, die der Typ auf der Rückbank binnen weniger Minuten angerichtet hatte, hätte er schon eher mit einem wütenden Verweis gerechnet. Niemand durfte den Impala so einsauen. Auch wenn es nur Zettel und die schnell wieder weggeräumt waren.

Innerlich schüttelte er den Kopf. Sie brauchten vielleicht beide einfach nur ein paar Tage Ruhe.

Er schob Deans schlechte Laune auf die letzten Tage. Dass sie nun einen Poltergeist jagen durften, half auch nicht wirklich weiter.

Aber immerhin hatten sie jetzt wieder Action!

„Ich weiß nicht. Ich habe hier keine Bekannten, zu denen ich ziehen könnte. Kann ich nicht bei ihnen bleiben?“

Deans Augen weiteten sich vor Schreck. ‚Bloß nicht!’, war alles was Sam darin lesen konnte.

„Wir nehmen Sie mit in unser Motel. Da nehmen Sie sich ein Zimmer und morgen sehen wir weiter“, sagte Sam freundlich und nickte seinem Bruder zu.
 

Leise stöhnend ließ sich der Blonde auf sein Bett fallen. Eigentlich hatte er Hunger. Aber nicht mal zum Essen hatte er Lust. Er wollte nur noch, dass das hier vorbei war. Sam würde nicht locker lassen, also würden sie mit Sicherheit Morgen die restlichen Straßen ablatschen und nach Schwefel oder toten Pflanzen Ausschau halten und Morgen Nacht würden sie dann dem Poltergeist einen Umzug nahelegen.

Und danach?

Deans Körper begann zu kribbeln als er an Sams Berührungen dachte, als der die Wunde an seinem Hals untersucht hatte und in seiner Mitte meldete sich etwas, dass vorfreudig um mehr Beachtung bettelte. Dieser Urlaub ... Er hoffte wirklich, dass er bis dahin mit seinen Gefühlen im Einklang war, beziehungsweise, dass sein Geist mit seinem Körper im Einklang wäre. Wieso musste er in letzter Zeit überhaupt soviel nachdenken? Wieso konnte er nicht einfach auf seine Gefühle hören, so wie früher? Er wollte doch fühlen! Und sein Körper fühlte sich eindeutig zu Sam hingezogen!

Murrend drehte sich Dean auf den Bauch. Sammy musste seine ausgebeulte Hose nicht unbedingt zu Gesicht bekommen. Nicht heute, wo der Kleine doch noch so viel Arbeit hatte.
 

Geschäftig wuselte Sam im Zimmer hin und her.

„Ich fahre noch mal los und besorge die Zutaten für die kleinen Umzugshelfer. Soll ich dir was zu essen mitbringen?“, fragte er.

Der Blonde brummte nur verschlafen und Sam zog die Augenbrauen hoch. Was war das denn? Eine Zustimmung?

Vermutlich, denn Dean hatte ja immer Hunger. Also nahm er den Schlüssel und verließ das Zimmer.
 

Stunden später kam er zurück.

Dean schlief. Noch immer hatte er seine Lederjacke an und noch immer lag er auf dem Bauch. Eine ganze Weile beobachtete Sam das schlafende Gesicht seines Engels, doch der sah nicht wirklich glücklich aus. Er musste an die strahlenden Augen denken und an das Leuchten, das vom Gesicht seines Geliebten ausging, wenn sie vollkommen erschöpft nach einer heißen Nacht aneinander gekuschelt einschliefen.

Das wollte er schon um Deans Willen wieder erleben! Er wollte ihn endlich mal wieder entspannt sehen. Entspannt, glücklich und mit leuchtenden Augen! Sein Bruder war in letzter Zeit viel zu kontrolliert!

Er weckte seinen Großen und schaffte es mit viel Mühe ihn an den Tisch zu bekommen.

Lustlos und schweigend kaute Dean auf seinem Burger herum. Noch nicht einmal die Hälfte hatte er geschafft, als er sich schon wieder Richtung Bett verzog.

Schnell lag seine Kleidung auf dem Boden und er kroch unter seine Decke.

Sam schüttelte nur den Kopf. Er wusste zwar, dass sein Bruder nervlich am Ende war, obwohl er gehofft hatte, dass der Poltergeist seine Laune ein wenig gehoben hätte, aber dass er sich so schlecht fühlte hatte er nicht geahnt.

Seufzend hob er die Kleidungsstücke auf und legte sie auf einen Stuhl. Dann ging er zu seinem Bruder und streckte seine mentalen Fühler aus. Doch sein Engel war einfach nur mit sich und der Welt unzufrieden. Wieder holte er tief Luft.

Vorsichtig zog er eine Ecke des Verbandes von Deans Hals und kontrollierte die Wunde. Alles sah gut aus.

Dean murrte leise.

Zärtlich ließ Sam seine Finger über Deans Wange streichen, doch die erhoffte Reaktion blieb aus.

Und so setzte er sich mit seinem Laptop an den Tisch und suchte nach Hinweisen zu ihrem Poltergeist.
 

Der folgende Tag war genauso furchtbar gewesen, wie Dean es sich schon vorher ausgemalt hatte.

Sie hatten auch noch die letzten Straßen auf Anzeichen von Belials Anwesenheit untersucht und Passanten und Anwohner gefragt. Doch der Dämon blieb verschwunden.

Jetzt saßen sie auf ihren Betten und warteten auf Peter Barknowitz. Der Hausbesitzer wollte gleich mitkommen und dann, wenn sein unwillkommener Untermieter vertrieben worden war sofort in seinem Haus bleiben. Die kleinen Säckchen gegen den Poltergeist lagen auf dem Tisch.

„Dean?“, begann Sam etwas unsicher.

„Ich will nicht darüber reden!“

„Aber warum?“

„Was warum?“, stöhnte der Blonde resigniert. Sam würde es nicht auf sich beruhen lassen.

„Warum hast du geantwortet?“

„Keine Ahnung. Für mich hat es genauso geklungen, als hättest du es gesagt.“

„Aber dann hättest du es doch aussprechen müssen.“

„Keine Ahnung, ich … es ist einfach so passiert. Ich will das nicht!“

„Warum nicht, Dean?“

„Weil …“, der Blonde brach kopfschüttelnd ab.

„Bitte Dean, ich möchte es verstehen! Warum sperrst du dich so sehr gegen das, was du bist? Es ist doch nichts Schlimmes ein Engel zu sein. Ich bin ein Dämon und …“

„Wie oft noch, Sam?“, begann der Blonde und verdrehte die Augen, „Du bist kein Dämon. Deine Seele ist lediglich vergiftet, auf Drogen, was weiß ich! Aber du bist kein Dämon!“

„Woher willst du das wissen? Ich habe genügend dämonische Eigenschaften und eine Dämonenfalle kann mich halten, dich nicht! Und der Exorzismus funktioniert bei dir auch nicht, bei mir schon!““

„Du bist aber kein Dämon!“

„Weil du das sagst, oder was?“

„Glaub mir bitte, Sam.“

„Angenommen ich würde dir glauben, und angenommen ich würde sagen ich bin dämonisch, aber kein Dämon …“

„Du bist keiner!“, versuchte es Dean noch einmal nachdrücklich.

„Du bist aber ein Engel! Du hast Flügel! Du kannst alles was ein Engel tun kann. Warum sträubst du dich so dagegen einer zu sein?“

„Weil ich keiner …!“

„Warum Dean? Warum wehrst du dich so sehr dagegen?“

„Weil ich nicht so werden will wie sie!“, platzte der Blonde heraus. „Hast du dir die Engel, die wir kennen, mal angesehen? Kalt, herzlos, manipulativ! Ich will nicht so werden!“

Sam schnappte erschrocken nach Luft. So hatte er die Engel noch nie gesehen. Aber Dean hatte Recht! Er hatte mit jedem Wort Recht! Warum war er darauf nicht schon viel früher gekommen? Sie hätten sich diese Diskussion sparen können. Er hätte sich diese Diskussion sparen können.

Er hatte Dean wieder … war verletzt das richtige Wort? Sein Bruder hockte wie ein Häufchen Elend auf seinem Bett.

Jetzt würde er sich noch mehr in sich zurückziehen!

Sam könnte sich ohrfeigen! Er war manchmal wirklich ein richtiges Trampeltier!

Doch bevor er noch länger mit seinem Schicksal hadern konnte, klopfte es an der Tür.

Dean straffte sich und der Jüngere stand auf und öffnete.
 

„Setzen sie sich“, bot Sam Barknowitz einen Stuhl an. „Möchten sie einen Kaffee?“

„Ich dachte wir würden gleich aufbrechen?“, fragte er hoffnungsvoll und stellte seine Tasche neben der Tür ab.

„Wir warten noch eine Weile. Wir wollen so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf uns ziehen“, sagte der jüngere Winchester.

„Dann nehme ich einen Kaffee“, antwortete der Mann leise.
 

„Sie sollten da wegziehen“, sagte Sam plötzlich in die Stille des Raumes.

„Warum?“, fragte der Mann verwundert.

„Selbst wenn wir Ihr Haus von dem Poltergeist befreit haben, Ihre Nachbarin werden sie damit nicht los.“

„Aber?“, begann der Hausherr und starrte den Dunkelhaarigen verwundert an. Dann ging ihm auf, was der damit gemeint hatte und nickte.

„Ja, sie ist wirklich ein sehr boshafter Mensch. Meine Frau hat sich auch von ihr belästigt gefühlt“, bestätigte er nach einer Weile.
 

Schweigend hockten sie auf ihren Plätzen und tranken ihren Kaffee.

Irgendwann, als die Stille schon fast bedrückend geworden war, stand Sam auf, sammelte die Tassen ein und ließ in der Spüle heißes Wasser darüberlaufen.

Dean zog sich seine Lederjacke über und stopfte die Säckchen in seine Innentasche.

„Was ist da drin?“, wollte Peter Barknowitz wissen.

„Zitronengras, Engelwurz, Eisenkraut, der Dreck von einer Kreuzung und vieles mehr“, erklärte Sam und erntete einen mehr als skeptischen Blick der Anwesenden.

„Er hat gefragt“, erklärte er in Deans Richtung.
 

Vorsichtig schlichen die Männer durch die im Dunkeln liegenden Gärten. Den Impala hatten sie ein paar Querstraßen weiter stehen gelassen. Sie wollten kein unnötiges Aufsehen erregen.

„Sie bleiben hier im Garten. Suchen Sie sich Deckung!“, befahl Sam und schlich dann hinter Dean zum Hintereingang des Hauses.

Schnell hatte der blonde Winchester das Schloss geknackt.

„Okay, zuerst das Erdgeschoss. Ich nehme Küche und Wohnzimmer, du die anderen beiden Seiten. Dann gehst du nach oben und ich in den Keller“, sagte Dean leise und hielt seinem Bruder sechs Säckchen hin.

Sam nickte und schlich, die Schrotflinte im Anschlag, los.



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