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Der Himmel muss warten

von

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Dämonische Unterbrechung

XIII) Dämonische Unterbrechung
 

Schweigend aßen sie, bis Sam plötzlich inne hielt. Seine Augen huschten hin und her und dann schloss er sie und verharrte reglos. Auch Dean war erstarrt. Eindringlich musterte er jeden im Raum, bevor auch er seine Augen schloss.

„Dämon!“, sagten sie fast zeitgleich.

Sie ließen die Reste ihres Frühstücks stehen. Dean warf einen Schein auf den Tisch und schon waren sie aus dem Gastraum verschwunden und hinter das Haus getreten. Die Präsenz des Dämons drängte sich auch in Deans Bewusstsein, doch Sam schien einen sechsten Sinn für seine Art zu haben. Er konnte immer schon genau lokalisieren wo sie waren, wenn Dean nur die vage Richtung fühlte.

„Du weißt wo?“, wollte der Blonde wissen und Sam nickte.

„Dann los!“

Der Jüngere schlang seine Arme um seinen Bruder. „Schließ die Augen, Dean“, sagte er und versuchte dessen Tonfall zu imitieren. Ein Lächeln huschte über die angespannten Züge des Älteren.
 

„Wo?“, fragte Dean und schaute sich auf dem Parkplatz um, auf dem sie jetzt standen.

Sie waren vor einem schäbigen Motel gelandet, in dem selbst sie nicht unterkriechen würden, keine halbe Meile von dem Diner entfernt. Sam zeigte auf eine Tür und schon setzte sich sein Bruder in Bewegung. Er folgte.

Vehement hämmerte der Blonde seine Faust gegen die Tür.

„Was ist?!?“, brüllte eine wütende Stimme kurz bevor die Tür aufgerissen wurde.

„Zimmerservice“, antwortete Dean bissig und drängte sich ins Zimmer.

„Ihr seid nicht vom Zimmerservice.“

„Pfiffiges Kerlchen“, stelle der Blonde keineswegs anerkennend fest und schaute sich um. Das Zimmer war eine Zumutung, selbst für seinen Geschmack und ihm war so ziemlich egal, wo er schlief. Aber hier rannten riesige Kakerlaken herum, die sich von den menschlichen Besuchern nicht zu fürchten schienen und wahrscheinlich von dem, der dieses Loch vermietete schon mit Namen angesprochen wurden.

Kakerlaken, die die Menschen in diesem Zimmer mit einem Lasso an einen Stuhl fesselten, erschienen vor seinem inneren Augen. Dean rümpfte angewidert die Nase und versuchte das Bild wieder los zu werden. Vielleicht hatte er wirklich zu viel fern gesehen!?!

Hinter dem Mann, der ihnen die Tür geöffnet hatte, saß eine junge Frau auf dem Bett. Sie hatte strähnige Haare und zerrissene, speckige Jeans. Beim Anblick der beiden Eindringlinge erhob sie sich und drängte sich an ihre Partner.

„Was wollen die, Billy?“, fragte sie ängstlich.

„Was wollt ihr?“, gab der die Frage an Dean weiter.

„Euch von diesem Ambiente befreien.“

„Ambiente? Befreien?“

„Eure Reise ist hier zu Ende!“, stellte der Blonde ruhig fest.

„Unsere Reise? Wer seid ihr?“, wollte der Typ erneut wissen.

„Es reicht wenn wir wissen, was ihr seid“, erklärte Sam und drängte sich weiter in den Raum. Auch er schüttelte sich. „Vielleicht sollten wir den Besitzer auch gleich mit exorzieren“, sagte er leise zu seinem Bruder.

„Oder die ganze Hütte komplett abbrennen“, erwiderte dieser.

„Wer seid ihr und was wollt ihr?“, fragte Billy jetzt energisch und versuchte die Brüder aus dem Zimmer zu drängen.

Die Brüder wechselten einen Blick.

„Wir sind ...“, begann die junge Frau.

„Christo!“

Sofort verfärbten sich die Augen der beiden schwarz.

„Wir wollten da raus“, sagte sie leise und in einem ganz anderen Tonfall aus noch vor wenigen Sekunden.

„Deswegen müsst ihr aber nicht gleich das Erstbeste nehmen, das euch über den Weg läuft!“, stellte Sam leicht angewidert fest. Er hatte fast Mitleid mit den beiden Dämonen.

„Aber ...“

„Nichts aber. Ihr könnt euch entscheiden. Zurück in die Hölle, oder Dunkelheit und Vergessen“, ließ sich der Blonde ungeduldig vernehmen.

„Ich geh nicht zurück“, schrie die junge Frau schrill auf.

„Okay!“, Dean wandte sich an seinen Bruder und Sam nickte.

Sofort richtete er seine Hand gegen Billy, während der jüngere Winchester dessen Mädchen übernahm.
 

Ein harter Schlag traf den jungen Dämon. Aber noch bevor er erschrocken aufschreien konnte, wurde er in die Knie gezwungen.

Es dauerte nicht lange bis die beiden Dämonen flackernd starben und die besessenen Körper zur Seite kippten.

Schnell waren die Brüder bei den Bewusstlosen.

„Jung, unerfahren und dumm“, kommentierte Dean die eben vernichteten Dämonen. „Wenn alle so wären, wären wir hier schon fertig.“

Sam legte den Kopf schief und tastete nach einem Puls.

„Kümmere dich um sie, ich warte draußen“, sagte Dean, als sich die beiden regten, und verließ den Raum. Das hatte er schon immer lieber seinem Bruder überlassen. Er hatte nie die Ruhe und nie die richtigen Worte um den ehemals Besessenen das Geschehene schonend beizubringen.

Der Jüngere nickte nur und begann den beiden zu erklären, was passiert war.
 

Dean kickte einen Kiesel über den Parkplatz. Er war froh wieder draußen zu sein. Die frische Luft tat ihm gut. Er war nach der durchgefahrenen Nacht hundemüde und fühlte sich angeschlagen. Und er freute sich darauf, gleich schlafen zu können, wenn Sam fuhr.

Plötzlich schlugen seine Instinkte Alarm. Seine Nackenhaare stellten sich auf und er sprintete auf die Zimmertür zu. Doch noch bevor er sie erreichen konnte, ließ ihn ein verzweifelter Aufschrei von Sam zusammenzucken.

Polternd krachte er durch die Tür.

Er kam zu spät.

Sam war verschwunden. Nur die beiden Geretteten schauten ihn verängstigt an.

„Wo ist er?“, wollte er wissen.

„Wer?“, fragte die junge Frau mit panisch schriller Stimme.

„Sam, mein Bruder!“

„Sam?“, fragte sie ängstlich.

Dean verdrehte die Augen: „Der junge Mann, der bei ihnen war, als … groß, braune, längere Haare, Dackelblick.“

„Ein alter Greis mit zotteligem Bart stand plötzlich hinter ihm und hat ihn mitgenommen.“

„Mitgenommen?“, echote Dean.

„Ja, sie waren plötzlich verschwunden.“

„Verdammt, Sammy!“, knurrte Dean und schloss die Augen. Er schob seinen rechten Ärmel ein Stück nach oben und legte seine linke Hand auf die freigewordene Stelle. Kurz konzentrierte er sich auf seinen kleinen Bruder. Unbehauene Steine schälten sich aus der Dunkelheit. Ein Gang? Eine Höhle? Rechts, ein ganzes Stück weiter sah er einen Lichtschein. Rote Schatten flackerten über die Wände.

Der Geruch von verbranntem Fleisch kroch ihm in die Nase. Er hörte Schreie, seine Schreie und dann explodierte der Schmerz in seinem Bauch und strahlte in alle Körperteile aus.

Die Erinnerungen an seine Zeit in der Hölle schlugen mit aller Gewalt über ihm zusammen. Er taumelte und seine Hand rutschte von seinem Arm.

Wütend knurrte er durch zusammengebissene Zähne und versuchte diese Bilder wieder in die Tiefen seines Unterbewusstseins zu verbannen und den Würgereiz zu unterdrücken, der seinen Magen plötzlich zu einem krampfenden Klumpen machte.

Unsicher machte die junge Frau einen Schritt auf ihn zu. Er bemerkte es gar nicht.

Dean straffte sich, atmete noch einmal tief durch und schloss erneut die Augen. Keine Sekunde später war er verschwunden.
 

„Ich werde nie auf eurer Seite stehen!“, knirschte Sam keuchend.

„Es gibt keine „eure“ Seite, Sam. Wir stehen auf einer Seite! Es ist deine Seite!“, sagte der Alte, der vor Sam stand.

„Nie! Nie wird eure Seite meine sein. Die einzige Seite auf der ich stehe ist die, auf der auch Dean steht!“

„Sag dich endlich von ihm los. Er hält dich nur auf!“

„Nie!“, spuckte der Winchester dem Dämon entgegen.

„Du wirst deine Meinung ändern“, tönte der zauselige Alte siegesgewiss und wandte sich von Sam ab.

Mit wenigen Schritten schlurfte er zu dem Feuerbecken, das in der Mitte des Raumes stand.

Sam verdrehte seine Augen als er versuchte zu erkennen, was der Dämon da tat, doch er war mit starken Lederriemen auf einen Holztisch gefesselt. Die ganze Situation erinnerte ihn stark an den Typen, den sie kurz vor Deans Tod in einem Kühlschrank beerdigt hatten. Der wollte damals seine Augen haben und auch hier lag er fast genauso da und konnte seinen Kopf nicht bewegen.

Er war sich zwar sicher, dass der Dämon es diesmal nicht auf seine Augen abgesehen hatte, aber er vermutete, dass der ihn auf die dämonische Seite zwingen wollte. Wie war ihm allerdings noch ein Rätsel. Doch er hatte den Verdacht, dass es ihm nicht gefallen würde.

Mit zwei glühenden Brandeisen kam der Dämon wieder auf ihn zu und grinste ihn boshaft an.

„Nein, nein, dass muss … nein!“, stotterte Sam und versuchte sich in den Fesseln zu bewegen.

Der Alte lachte nur und presste ihm ein heißes Eisen auf die Brust, kurz unter seinem Schlüsselbein.

Die Schmerzen explodierten in Sams Körper.

Er schrie und wand sich wie ein Aal in den Riemen. Schweiß brach ihm am ganzen Körper aus und der Geruch nach verbranntem Fleisch stieg ihm in die Nase. Er schluckte hart.

„Lauter, Sammy!“, feuerte ihn der Dämon an, „Dein Bruder hat das dreißig Jahre ertragen!“ Und schon hielt er das zweite Eisen an Sams Arm.

Wieder schrie er gequält auf. Tränen verschleierten seine Sicht und liefen ihm an den Schläfen herab.

„Dean wird mich retten“, keuchte er heiser. „Er wird mich retten und dich töten.“

„Was soll der große Dean Winchester mir schon antun können. Ich bin ein mächtiger Dämon und er ist von allen guten Geistern verlassen worden!“, lästerte der Alte.

„Dean wird kommen und dich in der Luft zerreißen!“

„Wenn der kleine Sammy nicht weiter weiß, brüllt er nach seinem Bruder. Das ist niedlich! Der hat auch immer wieder nach dir geschrien als wir ihn gefoltert haben. Immer wieder hat er um deine Hilfe gebettelt und dann … am Ende hat er nach seiner Mami gebrüllt. Aber keiner hat ihm geholfen. So wie dir keiner helfen wird. Wie soll dich dein Bruder denn finden? Er ist nur ein Mensch, Sam. Schwach und hilflos. Aber du, du bist zu Höherem geboren! Nur ein paar Tropfen, Sam! Ein paar Tropfen von meinem Blut und dir steht die ganze Welt offen!“, machte der Dämon Dean weiterhin schlecht und versuchte den jüngere Winchester zu überzeugen.

Sam schluckte hart. Sein Magen rebellierte, als der Geruch nach verbranntem Fleisch immer schlimmer wurde.
 

Dean öffnete die Augen und stand genau in dem Gang, den er vorher schon gesehen hatte. Vielleicht hatte Sammy ja doch Recht und es war gar nicht so schlimm ein Engel zu sein? Zumindest mit einigen seiner Fähigkeiten konnte er ganz gut leben. Seinen Sammy hätte er als Mensch nie finden können. Andererseits wäre er ihm aber auch nicht entführt worden, wenn sie noch Menschen wären.

Oder?

Er schnaubte ungehalten. Er hatte Sammy verloren und ihn dann sterbend in  Cold Oak wiedergefunden. Damals hatte das ganze Dilemma angefangen.

Wütend schob er diese Erinnerung beiseite.
 

Weiter hinten nahm der Winchester das Flackern wahr und schlich darauf zu.
 

Forcas, der Dämon, bearbeitete Sam inzwischen mit dem Messer. Er ritzte einige kunstvolle Symbole in dessen Haut.

Mit perfider Freude rammte er dem Gefangenen den Dolch in den Oberarm.
 

Dean hörte seinen Bruder schreien und sprintete los. Die Zeit für Vorsicht war vorbei.

Am Eingang zu der Höhle schaute er sich kurz um.

Ein Typ mit langen, zotteligen, grauen Haaren stand, mit dem Rücken zu ihm, neben einer Person, die auf einem Holztisch lag und in der Dean seinen Bruder vermutete. Kurz schaute er sich um. Außer ihnen konnte er kein weiteres Wesen fühlen.

Irgendetwas machte der Typ mit seinem Gefangenen. Er hörte nur ein dumpfes Stöhnen.

Und dann trat der Dämon zurück.

„Du wirst schlucken Sammy!“, verkündete er mit dem Brustton der Überzeugung.

Der Blonde biss die Zähne zusammen. Jetzt hatte er hundertprozentige Sicherheit. Nicht dass er die gebraucht hätte, er wusste es schon vorher: Der Gefangene auf dem Tisch war sein Sammy. Aber für einen winzigen Augenblick hatte er gehofft sich geirrt zu haben.

Dean konnte selbst aus der Entfernung ausmachen, dass Blutergüsse die Rippen seines Kleinen zierten und er schien Schwierigkeiten beim Atmen zu haben.

Sammy war verletzt. Blut lief über seinen bloßen Oberkörper und Dean sah die Brandwunden. Der Geruch nach verbranntem Fleisch wehte bis zu ihm und brachte die Erinnerungen wieder. Er schluckte.

Seine Hände zitterten leicht.

Der Blonde atmete bewusst tief ein und verwandelte die Angst und den Schmerz, die die Erinnerungen ausgelöst hatten in Wut, unbändige Wut.

Wieder schaute er zu Sam. In seinem Mund steckte wohl ein Knebel, denn sonst würde Sam den großen Trichter, der aus seinem Mund ragte wohl ausspucken.

Er konnte Sams Schmerzen fast schon körperlich spüren.

‚Halt noch ein wenig durch, Sammy‘, flüsterte er in Gedanken.

Was hatte der Scheißkerl seinem kleinen Bruder nur angetan. Das konnte er nicht in Minuten getan haben! Verging die Zeit hier wie in der Hölle? Waren sie hier in der Hölle? Er hatte in seinen vierzig Jahren ja noch nicht mal die Hälfte davon zu sehen bekommen. Also warum nicht?

Langsam schlich er, sich in die Schatten duckend, weiter an den Dämon heran.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Stevielein
2012-06-19T08:14:16+00:00 19.06.2012 10:14
ui wieder ein sehr schönes Kapitel.
Ich bin wirklich sehr gespannt wie es weitergeht :D
Hoffe das nächste kommt bald.
Will doch wissen wie Dean dem Dämon den Hintern aufreisst xD


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