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Im Nebel

von

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Eine Landstraße – eine dunkle, unbeleuchtete Landstraße. Das war der Weg nach Hause. Nicht weit bei Tageslicht und vor allem nicht im Geringsten auffällig. Aber heute und jetzt sah das ganz anders aus.
 

Nebel hing schwer über den Feldern. Da war kein Mond und erst recht keine Sterne, die etwas Licht in diese trostlose Dunkelheit hätten bringen können. Es war kalt und der Atem wandelte sich in kleine Schwaden, nur um dann gleich wieder zu verschwinden.
 

Sie war den Weg schon so oft gegangen. Auch bei Dunkelheit. Aber heute, da war irgendwas anders. Es war eine Stimmung in der Luft – eine Art Aura, die ihr bei jedem Schritt Gänsehaut auf die Arme und Schauer über den Rücken jagte. Warum war sie denn so dumm gewesen und hatte kein Taxi gerufen oder jemanden von ihren Bekannten gebeten sie nach Hause zu bringen? Weil es doch nur eine halbe Stunde zu Fuß war, beantwortete sie diese Frage an sich selbst.
 

Mit jedem Schritt wuchs ihre Unsicherheit über diese Entscheidung und sie haderte mit sich, ob sie nicht vielleicht doch wieder umkehren sollte. Unsinn! Dachte sie, als sie in der Ferne durch den Nebel hindurch ganz schwach die Lichter der Straße erkannte die in den Ort hineinführte, wo sie wohnte. Also setzte sie den Weg – mit ein wenig neuem Mut – fort.
 

Doch dann passierte etwas, was ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.

TAP TAP TAP.

Da waren Schritte zu hören. Aus dem Nebel drangen dumpf die Geräusche von Schritte an sie heran.
 

Erschrocken fuhr sie herum und blickte sich um – nichts. Sie blieb einen Moment stehen und starrte in alle Richtungen, doch es war nichts zu erkennen. Die Geräusche aber waren immer noch zu hören, aber sie konnte nicht wirklich ausmachen aus welcher Richtung diese kamen. Ob es der Nebel war oder ihre panische Angst, welche das Blut in ihren Ohren rauschen ließ, das konnte sie in diesem Moment nicht beantworten.
 

„Hallo?“ rief sie in einem kurzen Anflug von Wagemut. „Ist da jemand? HALLO?“ Zuerst kam keine Antwort nur das stete Geräusch der Schritte war zu hören – doch dann hörte sie ein leises kehliges Lachen und ein Wispern, welches ihren Herzschlag eine Sekunde aussetzen ließ.
 

„Meins.“

flüsterte dieser Jemand dort im Nebel mit einer rauen und kehligen Stimme. Nun wich die Panik dem Entsetzen und keuchend sprintete sie nun die Landstraße entlang immer auf die Lichter der Ortschaft vor ihr zu. Vor Angst und blinder Furcht stolperte sie und wäre fast den Hang hinunter gestürzt. Doch sie rappelte sich wieder auf und lief weiter.
 

Aber die Schritte folgten ihr auch weiterhin. Und obwohl sie um ihr Leben rannte, behielten die Schritte stets den selben Rhythmus bei.

TAP TAP TAP.

Und über ihr eigenes Keuchen hinweg hörte sie auch das kehlige Lachen wieder – welches aber jetzt um einiges näher schien als vorher.
 

Ihr Herz hämmerte gegen ihre Rippen, sodass sie Angst hatte, sie würden zerbersten. Mit jedem weiteren Schritt rang sie mehr um Luft. Sie keuchte und hustete, denn die kalte, nebelgetränkte Luft machte es ihr das atmen schwer. Aber sie kam den Lichtern der Straße näher, obwohl der Nebel immer dichter zu werden schien.
 

Die Schritte blieben hinter ihr, zu dem Lachen gesellte sich wieder das Flüstern.

„Meins.“

Panik und Wut verleiteten sie dazu, laut aufzuschreien. „Ich finde das gar nicht witzig. Das ist einfach nur ein kranker Scherz.“ Doch sie bereute diese Äußerung – als die Antwort ihres Verfolgers kam.

„Das ist auch kein Scherz.“
 

Eine neue Welle der Panik und neues Adrenalin ließen sie die letzten Meter zur erleuchteten Straße schaffen. Der Nebel war immer noch dicht und die Straßenlaternen leuchteten so gleißend als wären sie die Sonne. Aber – und das war für sie am wichtigsten – da waren keine Schritte mehr. Kein kehliges Lachen und kein Flüstern. Einfach weg.
 

Sie atmete tief durch und blieb einen Moment stehen und lauschte. Aber da war nichts. Kein einziges Geräusch. Es schien als habe der Nebel alles verschluckt – so wie ihren Verfolger. Und langsam verdammt sie dieses Erlebnis als eines von zwei Möglichkeiten: einen Streich von einem Teenager, dem langweilig gewesen war – oder, was wohl wahrscheinlicher war, eine reine Einbildung ihrer durch den Nebel und die Dunkelheit überstrapazierten Sinne.
 

Sie sah sich kurz um und erst jetzt erkannte sie, dass sie vor der Tür, der kleinen Dorfkapelle am Ortseingang stand. Sie konnte nicht sagen, warum, aber diese Tatsache übte eine gewisse Faszination aus. Wie von einem Seil gezogen betrat sie die Kapelle und setzte sich in eine der kleinen Bänke und wartete dort ein paar Minuten. Die Auswirkungen, der Panik, die sie noch vor wenigen Augenblicken fest im Griff hatte, waren nun deutlich zu spüren.
 

Ihre Atmung beruhigte sich. Ihre Beine schmerzten leicht – das würde einen Muskelkater geben. Schließlich verließ sie die Kapelle wieder, um ihren Weg fort zu setzen. Als sie die Tür öffnete kam ihr der Nebel schon entgegen. Doch sie beschloss sich auf die letzten Meter ihres Weges nicht mehr in Panik versetzen zu lassen. Sie wandte sich in Richtung Ortsmitte, als der Nebel sich kurz lichtete.
 

Ein kehliges Lachen.

Und ein markerschütternder Schrei.

Dann kehrte der Nebel zurück und es wurde still.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Trollfrau
2012-04-03T10:12:17+00:00 03.04.2012 12:12
Schön beschriebene Szenerie. Ich hatte auch sofort das Bild einer der Straßen bei uns hier vor Augen. Und irgendwie hat diese Geschichte mich dazu inspiriert, etwas Eigenes in der Art zu schreiben. Man, man. Jetzt inspirieren mich bereits FF hier auf Mexx. ;c)


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