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Paperwings

von

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Preface

Preface
 

Der Tag war ziemlich scheiße. Anders konnte ich es einfach nicht ausdrücken. Eigentlich war mir sehr danach, irgendwelche Cocktails in mich hineinzuschütten und mir ordentlich die Kante zu geben — es war ja Wochenende und ich hatte nichts Besonderes geplant — aber sich allein zu betrinken war nicht sehr erfüllend.

Ich saß an der Bar eines Clubs, dessen Namen ich mir nicht einmal im Traum hätte merken können, und fragte mich ein ums andere Mal, warum um alles in der Welt ich zugestimmt hatte, hierher zu kommen. Ich nahm mein Cocktailglas in die Hand und drehte mich auf dem Barhocker um, sodass ich auf die tanzende Menge schauen konnte. Es war voll, eigentlich schon überfüllt, aber das schien niemanden besonders zu stören. Einige nutzten es natürlich zu ihrem Vorteil. So wie Gillian, der Mensch dessen unwillige Begleitung ich war. Sie presste sich in der Menge so fest gegen ihren Tanzpartner, dass mir schon vom Zusehen schlecht wurde.

Ich strich mir die Haare hinters Ohr, ehe ich einen Blick auf die Uhr an meinem Handgelenk warf. Halb eins. Zeit für meinen Abgang.

Ich wandte mich wieder zur Bar, um das Glas abzustellen, das ich in der Hand hatte. Im selben Moment schob der Barkeeper mir ein neues vor die Nase.

»Ich hab das nicht bestellt«, erklärte ich ihm über die Lautstärke der Musik hinweg. Der Typ zuckte allerdings nur die Schultern und deutete mit dem Kopf neben mich. Als ich meine Aufmerksamkeit vom Barmenschen weglenkte und neben mich schaute, grinste mir ein fremder Kerl entgegen. Er brauchte nicht einmal den Mund aufzumachen, um jedermann wissen zu lassen, was für eine Art Mann er war. Der klassische Aufreißer.

Ich hatte ihn heute Abend schon ein paar Mal gesehen. Er hatte jedes Mal eine andere Olle am Arm gehabt, nur wusste ich nicht, ob (a) bei jeder bereits zum Schuss gekommen war, (b) die Weiber zu kotzen angefangen hatte, bevor er zur Sache gekommen war, (c) sie ihm schnell zu langweilig geworden waren oder (d) die Damen — Gott behüte — geschnallt hatten, dass der Kerl ein Volltrottel war. Im Grunde war es mir auch ziemlich egal.

»Ich glaube, du hast gerade etwas fallen lassen«, sagte er dann in einem Tonfall, der mich wohl butterweich machen sollte. »Meinen Kiefer.«

Augenrollend schob ich den Drink, den der Barkeeper vor mir abgestellt hatte, zu ihm hinüber und stand auf, um zu gehen.

Als ich draußen die warme Sommerluft einatmete, fühlte ich mich ein wenig besser.

»Läufst du immer davon, wenn du angesprochen wirst, Rosenrot?«

Ich verdrehte wieder die Augen. Der Kerl aus dem Club tauchte neben mir und ich musste feststellen, dass er an der Bar nicht so groß auf mich gewirkt hatte wie jetzt. Aber das hatte vielleicht auch daran gelegen, dass er im Club gesessen hatte.

»Nur, wenn jemand so lahme Sprüche auspackt wie du«, antwortete ich. Ich wandte mich nach links. Er folgte mir, was mich nur ein weiteres Mal die Augen rollen ließ. Offenbar gehörte er zur hartnäckigen Sorte. »Findest du keine andere, die du aufreißen kannst?«

»Der Club ist langweilig«, meinte er. Er hielt locker mit mir Schritt. Ich schrie innerlich. Der Tag war schon beschissen genug gewesen, warum musste ich jetzt diesen Möchtegern an der Backe haben?

»Natürlich«, murmelte ich. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass er eine Schachtel Zigaretten aus seiner Hosentasche zog. Er schob sich einen Stängel zwischen die Lippen. Dann warf er mir einen Blick zu.

»Stört es dich, wenn ich eine rauche?«, fragte er mich dann, die Kippe immer noch zwischen den Lippen. Er hatte das Feuerzeug bereits in der Hand.

»Ja«, sagte ich kurz angebunden.

»Wieso?«, wollte er überrascht wissen. »Wir sind doch draußen.«

Seine Logik war bahnbrechend. »Zieh einfach Leine.«

Ein unverschämtes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. Ich erwischte mich innerlich wieder dabei, wie ich die Augen verdrehte. Er steckte sein Feuerzeug weg, nahm die Zigarette und schnippte sie weg.

»Also, Rosenrot«, fing er an und das konnte nichts Gutes heißen. »Ich bin neu in der Stadt. Möchtest du mir nicht ein paar… Sehenswürdigkeiten zeigen?«

Ich musste ihn nicht ansehen, um die Zweideutigkeit seiner Frage zu begreifen; der Ton in seiner Stimme reichte völlig aus. Ein hartnäckiger Notgeiler. Heute hatte ich den Jackpot geknackt.

Ich blieb stehen, zog einen Geldschein aus meinem Portemonnaie, stellte mich damit an den Rand des Gehwegs und hob die Hand. Eins der entgegenkommenden Taxis hielt neben mir. Eigentlich hatte ich keine Lust gehabt, Geld für ein Taxi auszugeben, aber wenn ich dadurch schneller von diesem Typen wegkonnte, dann sollte es mir recht sein.

»Wow, das war ja einfach«, meinte der Kerl und grinste anzüglich. Ich sah ihn zweifelnd an.

»Genieß deine Sightseeing-Tour«, sagte ich zu ihm, als ich die Tür des Taxis öffnete und mich auf die Rückbank sinken ließ. Er hatte einen irre vorfreudigen Ausdruck in den Augen, als er neben dem Auto stand, bereit einzusteigen. »Oh, warte. Du kriegst ja gar keine!«

Ich schlug die Tür des Wagens zu und nannte dem Fahrer die Adresse. Danach ließ ich mich gegen die Rückenlehne sinken. Ich warf einen Blick über die Schulter. Der Typ stand wie bestellt und nicht abgeholt dort, wo das Taxi gehalten hatte, und schaute mir hinterher.

Ich grinste in mich hinein. Die Augen schließend lehnte ich den Kopf gegen die Nackenstütze. Ein kleines Seufzen entfloh mir. Wenn der Kerl nicht so ein selbstverliebter Casanova gewesen wäre, hätte er seine Sightseeing-Tour bekommen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  ChasingCars
2011-11-01T13:53:29+00:00 01.11.2011 14:53
Ich kann mich erinnern, die erste Version mal zumindest angelesen zu haben, aber ich weiß keine Details mehr. Deshalb bin ich unvorbelastet und gespannt, wie es hier weitergeht! :) Viel Spaß & Erfolg beim Nanowrimo!
Von:  Pataya
2011-11-01T12:24:16+00:00 01.11.2011 13:24
hey,

fängt ja schon mal gut an^^ ich hoffe, das rebirth von "paperwings" kann mit dem ersten mithalten ;P

grüße PAT


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