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Zum Vergessen gezwungen

Avatar - Die letzten Bändiger
von

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Schwarze Haare fallen über ihre Schulter. Allerdings sind es nicht ihre eigenen, sondern der Zopf ihres besten Freundes, den sie bereits seit Kindertagen kennt. Ein verschmitztes Lächeln liegt auf seinen Lippen, als er sie von hinten umarmt und kurz hochhebt, worauf sie hin kurz aufschreit. Nicht laut. Nur ein überraschendes ‚Ah…‘ und schon wendet sie ihren Kopf zur Seite um ihn anzusehen. Sie sieht sein Grinsen und lächelt ebenfalls. Natürlich wusste sie schon vorher, dass er es ist. Sie hätte nicht einmal zur Seite sehen müssen. Sie kannte ihn schon ihr ganzes Leben lang, dass alles andere überflüssig war. Und doch waren Worte ihre Geheimsprache. Sie sagten nie das, was sie meinten. Stritten sich, nur um einen Grund zu haben, um sich wieder zu vertragen. Kein Tag verging, an dem die beiden sich nicht sahen.

Zumindest solange, bis die ersten Truppen in die Dörfer einmarschierten und Bewohner, Bekannte, Freunde, ja selbst Familienmitglieder mitnahmen.
 

Die damals 10 Jährige konnte nicht ganz verstehen, was mit den Leuten passierte, die weggebracht wurden. Doch sie spürte, es war nichts Gutes. Dieses beklemmende Gefühl, dass sie immer hatte, wenn ihre Mutter sie auf den Dachboden schickte. Dort saß sie dann, zusammen mit ihrem besten Freund. Sie lukte durch die Ritzen in den Holzdielen. Immer wieder kamen die Soldaten. Immer mehr Menschen wurden mitgenommen. Es schien, als würde mit jedem Menschen, der verschwand, ein Teil ihrer Seele mitgenommen werden. Sie hasste die Soldaten dafür. Und wieso musste sie auf den Dachboden? Sie hatte doch nichts getan. Und sie war doch schließlich auch kein kleines Kind mehr. Zumindest in ihren Augen.
 

Als die Soldaten das Dorf an diesem Tag verließen, hatten sie wieder 2 Leute mitgenommen. Und das schlimmste daran, es waren sogar noch Kinder. Gerade in ihrem Alter. Was konnte der Herrscher mit ihnen wollen? Doch die Schwarzhaarige ahnte schon eine Weile, dass es nicht darum ging ihre Fähigkeiten zu nutzen. Es ging eher darum, ihre Kräfte zu versiegeln, damit sie sie nicht gegen die Regierung einsetzen konnten. Hatte der Herrscher so viel Angst vor den Bändigern, dass er sie alle gnadenlos abführte? Mit jedem Gefangenen, der gemacht wurde, wuchs die Wut der jungen Bändigerin. Ihre Augen wurden immer härter, immer öfter ballte sie ihre Hände zu Fäusten und konnte sich nur schwer zurückhalten, wenn ihre Eltern sie zu beschwichtigen versuchten. Auch ihr bester Freund schaffte es kaum noch sie auf den Boden zurückzuholen. Und irgendwann war ihre Wut so groß, dass sie das Lagerhaus des Dorfes in Brand setzte. Das Holzgebäude, welches mit Vorräten an Essen, Waffen und Heu gefüllt war, brannte bis auf die Grundmauern nieder und der schwarze Rauch war noch Kilometer entfernt zu sehen. Und wie es kommen musste, wurden die Truppen der Regierung aufmerksam und kamen abermals ins das kleine Dorf, um den Vorfall zu klären. Doch dieses Mal konnte ihre Mutter sie nicht auf den Dachboden schicken. Denn der Schwarzhaarige war mit ihr davon gerannt. In den Wald, bis zu einer kleiner Lichtung an einem Bach, welcher friedlich über Steine hinweg floss und irgendwann zum Dorf führte.

Die 10 Jährige konnte nicht fassen, was sie da getan hatte. Sie hatte gemerkt, dass sie das Feuer irgendwie beeinflussen konnte. Zum Beispiel, das einer Kerze und später auch, wenn ihre Mutter kochte. Doch bis zu diesem Zeitpunkt war es ihr nicht möglich gewesen selbst welches zu erzeugen. Sie fürchtete sich vor sich selbst. War sie ein Dämon? Die Bilder, welche durch ihren Kopf schossen, schienen wie in einer Horrorgeschichte. Zumindest für ein 10 jähriges Mädchen. Die Flammen waren einfach aus ihren Händen gekommen, als sie um sich geschlagen hatte. Sie war wütend auf die Soldaten gewesen. Sie hatte die aufgestauten Aggressionen ablassen wollen. Aber doch nicht so…

Ehe sie sich versehen konnte, stand das Lagerhaus in Flammen und ihr bester Freund zog sie geistesabwesend in den angrenzenden Wald. Sie stolperte jedoch mehr, als sie lief. Wie eine Puppe, welche erst noch laufen lernen musste. (Wenn sie es denn jemals können würde.)

In diesem Wald, an dem Bach, welcher so friedlich dahin floss, standen sie nun beide und waren außer Atem. Die Sonne schien durch das lichte Blätterwerk der großen Bäume und zeichnete helle Flecken auf die Umgebung unter ihnen. Für einen kleinen Moment war es still. Nur das Zwitschern der Vögel, das Rascheln der Blätter im Wind und das Plätschern des Baches belebten den Augenblick. Es dauerte eine Weile, bis auch die Atemgeräusche der beiden Kinder an ihr Ohr drangen. Sie hob den Blick und konnte in das Gesicht ihres besten Freundes blicken, welcher sich gerade den Schweiß von der Stirn wischte und sie dann breit angrinste. Wieso lächelte er? Lachte er sie aus? ... Nein, natürlich nicht. Und das wusste sie auch. Und doch kam ihr sein Lächeln im diesem Moment so endlos weit entfernt vor.
 

Wenn sie heute an diesem Moment zurückdachte, konnte sie immer noch nicht sagen, was sein Lächeln zu bedeuten hatte. Doch sie wusste, warum sie damals das Lagerhaus in Brand gesteckt hatte. Sie wusste, warum Feuer aus ihren Händen gekommen war und warum sie sich schon vorher mit diesem Element verbunden gefühlt hatte. Sie war eine Feuerbändigerin. Genauso wie ihre Urgroßmutter, welche aber bereits vor sehr langer Zeit starb. Ihre Mutter hatte ihr Geschichten von den alten Bändigern erzählt. Und vom dem Avatar, welcher zu seinen Lebzeiten die sogenannten ‚Goldenen Zeiten‘ der Bändiger eingeläutet hatte. Er hatte den damaligen Feuerlord gestürzt und dessen Sohn hatte seinen Platz eingenommen. Eine Ära des Friedens brach für alle Menschen an. Egal ob Bändiger oder nicht.

Doch so, wie es eine goldene Ära gab, musste es auch eine Ära der Dunkelheit geben. Denn mit den Jahren wurden immer weniger Bändiger geboren und auch so schienen viele Bändiger ihre Kräfte zu verlieren. Doch um eine Familie scharrten sich die Bändiger und sie wurde somit immer mächtiger. Zuerst stiegen sie in den Adel auf. Doch mit den Jahren erlangten sie immer mehr Einfluss. Und nach 400 Jahren war es so weit, dass diese Familie das Land anführte. Sie hatte die Nationen reformiert. Es gab weder die einzelnen Königreiche noch Bändiger. Außer in ihren eigenen Reihen.

Heute war es eigentlich unmöglich einen Bändiger zu Gesicht zu bekommen. Sie versteckten sich. Hielten ihre Kräfte geheim. Auch die Schwarzhaarige vermied es ihre Kräfte zu benutzen. Sie wollte nicht, dass ihre Familie leiden musste. In den vergangen 8 Jahren war es nicht nur einmal vorgekommen, dass sie aus Leichtsinn etwas angezündet hatte. Aber sie wollte auch lernen, die Flammen zu kontrollieren. Die anderen Jugendlichen im Dorf wussten natürlich, dass sie eine Bändigerin war und mieden sie deswegen. Und als wenn das nicht schlimm genug war, eröffnete ihr ihr bester Freund auch noch, dass er mit seinem Vater das Dorf verlassen würde um durch die Welt zu ziehen. Sie wollten sich einen neuen Ort zum Leben suchen. Neue Arbeit. Eine neue Möglichkeit das Leben wieder lebenswert zu machen. So zitierte der Schwarzhaarige seinen Vater, was bei der 18 Jährigen natürlich überhaupt nicht gut ankam. Sie hasste ihn in diesem Moment. Wie konnte er sie einfach alleine lassen? Er wusste doch ganz genau, dass er ihr einziger Freund war. Und er war alt genug. Er müsste nicht mit seinem Vater mitgehen. Doch der Bändigerin war klar, was sie da von ihm verlangte und anstatt weiter wütend auf ihn zu sein, weinte sie einfach und versteckte ihr Gesicht hinter ihrem Arm. Im nächsten Moment spürte sie seine Umarmung und wollte ihn erst wegdrücken. Doch er kam ihr zuvor. Jedoch nicht, um sie von sich zu schieben, sondern nur, um genügend Platz für einen ersten und letzten Kuss zu lassen.

Dieser eine Moment ließ sie noch heute mitten in der Nacht aufwachen. Er hatte ihr damals versprochen, dass er herausfinden würde, was mit den ganzen Leuten passierte, welche von den Soldaten weggebracht wurden. Sie hatte ihm daraufhin das Versprechen gegeben zu trainieren, damit sie ihm folgen könnte um ihm bei der Suche zu helfen. Dieses Training hatte 2 Jahre gedauert und sie musste von Tag zu Tag mehr aufpassen, dass sie nicht von den Soldaten entdeckt wurde. Und was noch erschwerend hinzu kam, waren die Hunter, welche nun extra ausgebildet wurden um Bändiger ausfindig zu machen und diese festnehmen zu können. Denn wer sich heute nicht freiwillig als Bändiger outete, war ein Feind der Regierung und wurde ohne Erklärungen abgeführt.

Doch sie würde sich nicht ergeben. Nicht umsonst hatte sie neben ihren Bändigungskräften auch noch Kampftechniken geübt. Wie? Sie hat sich mit Jungs geprügelt. Schon sehr bald war sie als Störenfried verschrien und ihre Familie hatte es immer schwerer mit ihr. Lediglich ihre kleine Schwester, welche vier Jahre jünger war, kam noch mit ihr klar. Daher erzählte sie auch nur ihr von ihrem Plan das Dorf zu verlassen und auf die Suche zu gehen. ‚Auf die Suche wonach?‘, fragte ihre kleine Schwester damals. ‚Nach anderen Bändigern. Ich werde die Regierung stürzen und herausfinden, was mit unseren Nachbarn und Freunden passiert ist. Mach dir keine Sorgen. Ich bin stark. Ich werde wiederkommen. Schon bald wird eine neue Ära anbrechen!‘
 

Das waren ihre Worte.

Worte, die ihr heute Tränen der Wut in die Augen treiben. Sie war naiv gewesen zu glauben, dass sie einfach losziehen konnte, andere Bändiger fand und mit ihnen die Regierung stürzen konnte. Einen Plan, den sie bis zum Punkt mit den Bändigern verwirklichen konnte. Sie hatte tatsächlich Bändiger gefunden. Zuerst einen Erdbändiger, der ihr einen Monat, nachdem sie aufgebrochen war, über den Weg gelaufen war. Ganz zufällig. Denn er wurde von einem Hunter gejagt und sie half ihm. So setzten sie ihre Reise fort und trafen nach weiteren zwei Wochen einen Wasserbändiger, welcher ihnen half sich gegen die Regierungstruppen zu behaupten. Und in Ba Sing Se kam schließlich noch eine Luftbändigerin hinzu. Und um das Ganze noch irgendwie perfekt zu machen, traf die Bändigerin in der großen Hauptstadt ihren besten Freund wieder, welcher nun dort arbeitete. Es war schön ihn wieder zu sehen. Doch es war nicht das Gleiche. Besonders nicht mit ihren neuen Wegbegleitern im Schlepptau. Sie hatten sich zu lange nicht gesehen. Und doch verstanden sich die beiden noch immer ohne Worte. Natürlich redeten sie trotzdem miteinander. Sie wollten immerhin wissen, wie es dem jeweils anderen ergangen war. Es war ein schöner Moment. Und er hatte wieder dieses Lächeln auf den Lippen, welches sie schon vor 10 Jahren nicht einordnen konnte. Doch ein Lächeln, welches sie an etwas erinnerte, dass sie krampfhaft versucht hatte zu vergessen. An eine Zeit, welche das Ende des friedlichen Lebens, ihres friedlichen Lebens eingeläutet hatte.
 

Nun war sie dankbar dafür, dass er ihr etwas hinterlassen hatte, dass sie nicht aufgeben ließ. Etwas, dass sie weiter antrieb, auch, wenn die Erinnerungen an die Vergangenheit ihr immer wieder die Tränen in die Augen steigen ließen. Sie bereute nichts. Denn würde sie auch nur eine Sekunde ihres Lebens bereuen, hätte sein Tod keinen Sinn gehabt.



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