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Zum Fremdgehen verführt

Und das mit nur einem Versuch
von

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Wie man Spaß an langweiligen Dingen findet

Es gab Tage, an denen das Leben es einem nur schwer machen wollte. Es gab Tage, die schon bei ihrer Planung versprachen, einfach schrecklich zu werden. Und es gab Tage, an denen man am Besten einfach im Bett blieb und sich die Decke über den Kopf zog.

Ein wundervolles Beispiel für Tage dieser Art war eben dieser Tag. Meine Eltern hatten mich dazu überredet, mit zu dem Geburtstag meiner Großmutter in einem kleinen Kaff in den Bergen zu kommen. Was hieß überhaupt überredet? Das hätte ja bedeutet, dass ich freiwillig zugestimmt hätte. Sie hatten mich gezwungen, erpresst mit meinen benötigten Shoppinggeldern. Und meine Schwester hatte natürlich gemeint, dass es schon nicht so schlimm werden würde. Hatte die eine Ahnung.

Dazu musste man wissen, dass es in erwähntem Bergkaff so gut wie nichts gab. Na gut, man hatte einen Wald mit einem kleinen See, den man aber auch nur mit gutem Willen als solchen bezeichnen konnte. Mich persönlich wunderte es, dass es dort, mitten in der Pampa, überhaupt Strom und fließendes Wasser gab, wobei doch moderne Technik so furchtbar war. Und genau deswegen gab es weit und breit weder einen Fernseher noch einen Computer. Das bedeutete, dass ich nur noch mein Handy hatte, aber selbstverständlich musste ich eine halbe Stunde laufen, um überhaupt schlechten Empfang zu haben, und Internet? Ha ha, guter Witz. Ich war völlig von der Außenwelt abgeschnitten, da auch keine Busse oder Züge in diesen Ort fuhren. Vielleicht erinnerte es mich gerade deswegen an das Dschungelcamp, nur waren wir alle nicht berühmt und der Großteil meiner Verwandten nicht einmal besonders hübsch. Nicht, dass ich mich selbst perfekt fand, aber ich war zufrieden, und meine Verehrer und Verehrerinnen schienen ja doch etwas an mir sehr toll zu finden.

„Jui, jetzt mach nicht so ein Gesicht!“, forderte mein Vater. „Du siehst aus, als würdest du jetzt am Liebsten sofort tot umfallen.“

Hm. Wenn er wüsste, dass er damit zu 100 Prozent richtig lag. Ich hielt es aber für klüger, nichts dazu zu sagen, sondern mich mit meinem MP3-Player zu beschäftigen und aus dem Fenster zu sehen, während mein Vater unser Auto durch ein anderes Pampagebiet steuerte. Ich fragte mich, ob es mir nur so vorkam, dass in diesen Gegenden alles gleich aussah oder ob es wirklich so war. Ich freute mich auf jeden Fall wieder auf Tokyo. Es war ja nur dieses Wochenende, das ich irgendwie überleben musste. Ab nächstem Jahr war ich alt genug, um Arbeit vorzuschieben und in meiner eigenen Wohnung zu bleiben. Ob ich das allerdings mit meinem Gewissen vereinbaren könnte, war eine ganz andere Diskussion.

Es dauerte noch eine ganze Weile, bis wir endlich ankamen, und als ich aus dem Auto stieg, war meine Laune auch schon wieder im Keller. Es ging nicht um Natur- oder Frischluft, es ging um den Gestank von Kuh- oder Pferdemist, der darin mitschwang.

Nein, ich hatte nichts gegen Tiere. Kühe fand ich jetzt zwar nicht so toll, aber Pferde mochte ich eigentlich schon. Nur eben, dass ihr Mist so stinken musste, war nicht so mein Fall, aber damit musste ich wohl leben.

Gelangweilt nahm ich meine Tasche und wartete, bis meine ganze Familie vorgegangen war, und trottete dann im Schneckentempo hinterher. Nein, ich war nicht scharf darauf, das Haus zu betreten, denn das war der Anfang vom Ende. Meinem persönlichen Ende.

Natürlich wurden wir herzlich begrüßt, meine Schwester Chihiro und ich wurden noch dazu durchgeknuddelt und zugetextet, wie groß wir doch geworden wären. Ich wusste selber, dass ich seit letzten Jahr maximal ein paar Zentimeter gewachsen war, und es nervte mich, jedes gottverdammte Jahr den gleichen Mist zu hören.

Völlig genervt verfrachtete ich meine Tasche in das Doppelzimmer, das mir zugeteilt worden war, für den Fall, dass ich einen Freund oder eine Freundin mitgebracht hätte, und ließ meine Tasche einfach fallen, wo ich stand. Es ging nicht um das Zimmer, aber es war Nachmittag und wir waren früh am Morgen losgefahren. Ich war müde und hatte beim besten Willen keine Lust, mich zu meinen Tanten und Onkels, Cousins und Cousinen und deren Partnern zu gesellen. Meine Nichten und Neffen bildeten auch nur eine Ausnahme, weil sie mich anhimmelten. Wobei – zeitweise war das nerviger als jede erzwungene höfliche Unterhaltung. Kleine Kinder. Wie ich sie manchmal hasste. Sie waren laut, machten Dreck und kosteten Geld, aber das Schlimmste: Erwähnte ich schon, dass sie laut waren und man sich nicht einfach mit einem MP3-Player in eine Ecke setzen und Musik hören konnte? Sie waren ZU laut.

„Jui, ich weiß, dass die Reise lang war, aber komm jetzt mit runter“, hörte ich meine Mutter vom Flur aus sagen.

Am Liebsten hätte ich mich in meinem Zimmer eingeschlossen und wäre durch das Fenster abgehauen, aber wo hätte ich dann bitte schön hin sollen? Außerdem wäre das wirklich unreif gewesen. Wenn ich schon fliehen musste, dann mit meinen ganzen Sachen durch die Haustür.

„Jui, komm jetzt. Du kannst dich nicht ewig da drin verstecken!“, meinte meine Schwester. Sie war zwar jünger als ich, aber nerviger als ältere Schwestern es je sein könnten. Aber ihre Idee war eigentlich gar nicht schlecht. Ich könnte die Tür zu stellen, damit wäre ich hier drin ganz sicher gewesen, aber ob man mich dann noch mit Brot und Wasser versorgen würde? Das Fenster war ja immer noch da, aber das bedeutete, dass jemand dadurch kommen könnte.

Ich seufzte und trat gezwungen lächelnd auf den Flur. Das war noch etwas, das ich an Familienfesten hasste: Es wurde von mir erwartet, dass ich lächelte und fröhlich war, aber das wurde von allen erwartet. Dass 90 Prozent der Anwesenden lieber eine Wurzelbehandlung über sich ergehen lassen würde als am Wochenende mitten in der Pampa festzusitzen, war prinzipiell uninteressant.

Lustlos trat ich also mit meiner Familie den Weg nach unten an. Im Wohnzimmer waren fast alle Sitzgelegenheiten besetzt, abgesehen von prähistorisch wirkenden Stühlen und Hockern, die knarrten, sobald man ein Telefonbuch darauf ablegte. Ich setzte mich lieber nicht auf einen von denen sondern lehnte mich an die Wand.

Was mich doch wunderte, war, dass der eingebildetste meiner Cousins zwischen Küche und Wohnzimmer pendelte. Dass er in der Küche half, war bei einer Wahrscheinlichkeit von 0. Also musste doch etwas Interessantes in der Küche sein, besonders, da ein anderer meiner Cousins ebenfalls ständig in der Küche war. Seufzend tat ich es ihnen also gleich, eher als Neugierde als aus wirklichem Durst, den ich vorgab, denn irgendetwas musste dort sein.

Zuerst sah ich nur meine Großmutter, aber hinter der Ecke stand ein schwarzhaariger Junge, wenn man ihn noch so bezeichnen wollte. Er war schlank und etwa so groß wie ich. Auf einer Seite hatte er seine Haarspitzen hellbraun gefärbt. So weit ich es sah, als er sich zu mir umdrehte, hatte er grau-blaue Augen, aber ich vermutete, dass er einfach nur Kontaktlinsen trug und in Wirklichkeit dunkelbraune oder schwarze Augen hatte, wie die Meisten meiner Landsleute. Er hatte ein hübsches Gesicht und sah auch sonst nicht schlecht aus. Oder zumindest könnte er einiges sehr viel interessanter machen.

„Jui, Schatz, gut, dass du da bist“, meinte meine Omi. „Hilfst du uns mit der Schlagsahne?“

Standardmäßig wäre meine Antwort auf jeden Fall ein klares ‚Nein‘ gewesen, aber dieser Fremde machte mich neugierig, also nickte ich nur, schnappte mir den Schneebesen und machte mich an die Arbeit. Es dauerte auch nicht lange, bis meine Großmutter uns allein ließ. Neugierig sah ich meinen Vorarbeiter an. „Hilfst du freiwillig oder wurdest du dazu verdonnert?“, fragte ich nach kurzer Zeit schon. Ich musste immerhin herausbekommen, wer dieser gutaussehende Fremde war und was er bei unserer öden Familienfeier tat.

„Wohl erstes. Ich bin mit Sora hier, und irgendwie muss ich mich für die Einladung bedanken.“ Freundlich lächelte er mich an.

Er war also mit Sora hier. Sora war erwähnter eingebildetster Cousin und nebenbei auch der, den ich am Meisten verabscheute. Und dieser Fremde war jedenfalls zu gut für ihn.

„Sora? Ich wusste gar nicht, dass er jemanden mitbringen wollte.“ Okay, ich hätte ihn zwar via Facebook fragen können, aber das hatte ich nicht getan. Weil es mich nicht sonderlich interessiert hatte. So schnell konnte sich so etwas ändern.

„Das war auch kurzfristig“, erwiderte mein Gesprächspartner lächelnd. „Wir sind erst seit drei Wochen zusammen.“ Er verzog leicht das Gesicht. Da war jemand nicht allzu glücklich.

„Und du bist nicht zufrieden mit ihm“, stellte ich vorsichtig fest. Das Eis, auf dem ich mich gerade bewegte, war wahnsinnig dünn. Wenn es brach, könnte das böse enden.

„Nicht direkt“, wich der Schwarzhaarige mir aus. „Kann ich dir vertrauen, Jui?“

Woher wusste er denn meinen Namen? Ach ja, meine allerliebste Omi hatte mich ja so genannt. Das bedeutete, dass er nichts mit den Ohren hatte. „Klar“, antwortete ich locker. „Aber vielleicht wäre es ganz gut, mir erst mal deinen Namen zu verraten.“

„Ach, sorry, ganz vergessen. Ich heiße Rui.“

Rui. Moment. Da war doch nur ein Buchstabe Unterschied zu meinem Namen. War das jetzt Zufall oder Schicksal? Auf jeden Fall konnte ich mir seinen Namen merken.

„Gut zu wissen. Na los, was ist dein Beziehungsproblem?“

„Sora. Weißt du, ich fand ihn attraktiv und nett und auch irgendwie verdammt süß, aber seit wir zusammen sind, sehe ich immer mehr schlechte Seiten an ihm. Er ist so oberflächlich und beurteilt Menschen nach Aussehen, Szenezugehörigkeit oder Musikgeschmack. Und er ist, seitdem wir zusammen sind, so extrem zickig. Ich darf keine eigene Meinung haben, ich muss ihm nur gehorchen. Und dazu ist er zwar attraktiv, hat im Bett aber nichts drauf.“

Die charakterlichen Merkmale meines lieben Cousins waren mir natürlich nicht neu, aber die Bettgeschichten interessierten mich schon. Nur fehlte mir die Lust, weiter nachzufragen, und so viel Taktgefühl besaß ich dann doch noch. Nur verstand ich eines an der Geschichte nicht. „Warum machst du dann nicht einfach mit ihm Schluss?“

„Ich bin wahrscheinlich zu nett.“

Oh ja, das war schlecht. Das bedeutete, dass Sora mit ihm Schluss machen musste. Was für Trennungsgründe gab es denn? Hm. Beschissenes Verhalten. Aber wenn Rui zu nett zum Schlussmachen war und sich so bereitwillig von Sora heruntermachen ließ, wäre so ein krasser Verhaltenswandel zu auffällig, und das wusste mein Cousin wahrscheinlich auch. Also musste eine andere Möglichkeit her.

Welche Gründe gab es denn noch, um eine Beziehung zu beenden? Gewalt. Aber das passte genauso wenig zu Rui.

„Worüber denkst du so angestrengt nach?“, riss mich seine Stimme aus meinen Überlegungen.

„Wie wir Sora dazu bringen können, mit dir Schluss zu machen“, antwortete ich wahrheitsgemäß.

„Das schaffst du nicht.“

Na, wenn er meinte. Aber ich hatte eine Idee, die gleich mehrere positive Faktoren mit sich brachte. Ich konnte Sora und mit ein wenig Glück noch einen anderen meiner Cousins erwischen, aber einen wunderbaren Vorteil für mich daraus ziehen. Immerhin war Fremdgehen auch ein Trennungsgrund…
 

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Hach ja, und noch etwas Neues von mir.
 

Ich weiß, dass ich weder oft über Vidoll noch über vistlip geschrieben habe bisher, und eigentlich höre ich beide Bands auch nicht soo~~~ oft wie andere, aber... Ich weiß nicht, mir war danach, und dieses Kapitel ist komplett im Urlaub in den Sommerferien entstanden. xD
 

Zu der Perspektive: Na ja, wer mich kennt, weiß, dass ich ganz gern mal anfange runzujammern, wenn ich in der Ich-Perspektive schreiben muss, und ich kann nicht versprechen, dass ich das hier komplett aufhalten kann, aber nach 'Ikiteru ★ Fairytale' hatte ich eigentlich schon Spaß daran, etwas mit dieser Sicht zu schreiben.
 

Wieso ich bei Jui und Rui gelandet bin, weiß ich selber ehrlich gesagt nicht, aber ist eigentlich schon lustig. Ähnlich wie K und Ray. Sich reimende Namen finde ich also schon irgendwie toll. Wie krank. :'D
 

Na ja, ich lasse euch jetzt auch in Ruhe.

Kleine Anmerkung: Kommentare und Favos lassen das Autorenherz höher schlagen, aber ich kann wie immer niemanden zu irgendetwas zwingen. Traurig, aber wahr.
 

Bis zum nächsten Kapitel!
 

Hikari



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  klene-Nachtelfe
2011-11-19T21:00:18+00:00 19.11.2011 22:00
Oh man Jui sprichgt einem mit seinen Gedanken aus der Seele!!!
Es gibt so Familientreffen die schrecklich sind!
Hehe ich finde deine Idee mal wieder echt klasse...vor allem da ich vistlip durchaus interessant finde und dein erstes Kapitel mal wieder sehr viel verspricht!
Ich bin sehr gespannt was du mal wieder aus dem Ärmel zaubern wirst!
LG -^.^-
Von:  OK
2011-10-29T17:38:35+00:00 29.10.2011 19:38
Heyho! :3

<Ich wusste selber, dass ich seit letzten Jahr maximal ein paar Zentimeter gewachsen war, und es nervte mich, jedes gottverdammte Jahr den gleichen Mist zu hören.>
Wie wahr. Damit kann sich doch so gut wie jeder identifizieren. :p ABER du hast die Frage, was die Liebe gerade so macht, vergessen! :D

Nein, jetzt mal ernsthaft, ich mag verzwickte, chaotische, absolut liebevolle Familienverhältnisse und die Charaktere (wir brauchen ein bisschen mehr vistlip ... :I) hier in deiner FF, deshalb werde ich auch dran bleiben. ♥ :>
btw ... du hast mir mit dem Kapitel den Tag gerettet. :o Danke. ♥
Ich freu mich auf das nächste Kapitel. :)
Liebe Grüße.

Von:  RuiShin
2011-10-15T12:29:55+00:00 15.10.2011 14:29
Also ich muss sagen dein neuer FF ist Klasse!
Schon alleine weil Rui mitspielt**schwärm**
Bin schon sehr gespannt wie sich das alles Entwickelt.

Bis zum nächsten mal^^
LG Ruishin
Von:  -hoshi-
2011-10-14T10:29:40+00:00 14.10.2011 12:29
So, hallo
erstmal danke für die zweite einsendung zu meinem Wettbewerb^-^
Ich hab die FF ja schon gestern morgen vor der Arbeit gelesen, hatte aber nicht mehr genug Zeit für ein Kommi... dann hol ich das jetzt mal nach^-^
Also erstmal sehr schön, dass du Riku genommen hat, ich liebe Riku, das hat mich gerade gefreut als ich das Chara-Bild gesehen hab auch wenn er nur kurz vorkommt(und dann hast du auch noch zielsicher das hübscheste Shootingbild von Riku genommen^o^)...
so zum Inhalt kann ich nach dem ersten Kapitel noch nicht so viel sagen, aber auf jeden Fall hat mir das erste Kapitel schon mal Lust auf mehr gemacht.
So und zu dem Pairing: Sehr erfrischend, dass es mal kein Standardpairing ist, so gerne ich manche auch mag, Abwechslung ist doch was sehr schönes^-^
So, dann bis zum nächsten Kapitel
lg
hoshi


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