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Tödliches Spiel: Auftakt

Das Leben ist kein Spiel. Der Tod schon ...
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier also das versprochene Finale! Ich hab überlegt, das Kapitel irgendwo in zwei aufzuteilen, hatte dann aber keine Lust dazu. Viel Spaß! Komplett anzeigen

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Deathmatch

Sie hatten Deidara wie vereinbart getroffen, und nun brausten die Privatwagen zweier Akatsuki-Polizisten die Allee entlang und gaben sich Mühe, jegliche Geschwindigkeitsbegrenzungen in den Wind zu schießen. Ein, zwei Mal wurden sie von Radarfallen geblitzt, aber das war keine große Sache. Sofern sie tatsächlich Orochimaru in die Finger bekamen und sein womöglich noch laufendes Spiel beendeten, hieß das.

Deidara schliff mit quietschenden Reifen ein und parkte halb auf dem Gehsteig, halb auf der Straße. Kisame brachte seinen Wagen kaum eleganter zum Stillstand. Die Seitentüren wurden aufgerissen, zugeschlagen. Sasori atmete kalte, feuchte Nachtluft. Es hatte zu regnen begonnen. „Das da ist es?“, fragte er und deutete auf das zweistöckige Haus, das nicht viel anders aussah als seine Straßengenossen – es war lediglich etwas breiter und wirkte heruntergekommener. Verlassen. Lediglich ein Zubau schien etwas neuer.

Deidara nickte knapp und stieß die Gartentür auf. Nach einem kurzen Stück ungepflegten Rasens prangte eine große Eingangstür. Sie schien mit Brettern verrammelt, aber wenn man genau hinsah, erkannte man, dass es braun bestrichene Eisenlamellen waren, die die Tür verriegelten.

„Wenn das mal nicht verdächtig ist“, kommentierte Kisame. „Wir sollten keine Zeit verlieren.“ Konan – oder eher ihr Doppelgänger – nickte.

Deidara strich sich die Haarmähne aus dem Gesicht. Er trug seinen Chakradetektor vor dem linken Auge. „Negativ, Kollegen. Durch die Lamellen und durch die Hauswände fließt Chakra, und zwar ziemlich starkes. Es wird nicht einfach, da reinzukommen.“

„Wir umrunden das Haus“, bestimmte Sasori. „Vielleicht finden wir irgendwo einen Zugang.“ Auch wenn er nicht viel Hoffnung hatte. Zur Not mussten sie auf brachiale Gewalt zurückgreifen.

Kisame betrachtete die Fenster, die allesamt ebenfalls fest abgeriegelt waren. Sie stapften durch hohes, nasses Gras, dann quetschten sie sich am Gartenzaun vorbei bis zur Rückseite des Hauses. Dort wurden sie fündig.

„Wenn, dann hier“, meinte Deidara, als er die Hintertür analysierte. „Hier ist die Chakrakonzentration am geringsten.“

„Merkwürdig, oder?“, fragte Kisame. „Als wollte Orochimaru, dass wir zur Hintertür reingehen.“

Deidara zuckte die Achseln. „Vielleicht hat er sich diesen Weg auch freigehalten, um selbst aus dem Haus zu kommen, und hinterher das Chakra verstärkt. Das würde erklären, warum es hier nicht so gefestigt ist.“

„Wenn da drin ein Spiel stattfindet, ist es egal, ob es eine Falle ist“, sagte Sasori. Sieben Jahre erfolgloses Warten auf Ergebnisse hatten ihn noch ungeduldiger werden lassen als üblich. „Wir brechen ein.“

Deidara grinste schelmisch, zog einen Batzen Lehm aus seinem Beutel am Gürtel und drückte ihn auf das Türschloss. „So würde es gehen. Es wäre halt Sachbeschädigung.“

„Geschenkt“, sagte Sasori.

„Gut. Dann einmal zurücktreten, bitte.“ Deidara formte ein Fingerzeichen und ließ den Lehm explodieren. Die Tür wurde aus dem Schloss geschleudert; das Chakra darin war nicht stark genug, um die Explosion zurückzuhalten.

Sasori nahm sein Handfunkgerät – das Einzige, das sie dabeihatten, da Konan das zweite mitgenommen hatte – und gab seiner Kollegin Bescheid. „Wir haben das Haus und gehen jetzt rein.“

„Verstanden“, knarzte ihre Stimme aus dem Lautsprecher. „Das Eindringteam ist zur Hälfte fertig. Noch haben sie nichts gefunden. Meine Doppelgängerin soll sich auflösen, wenn Sie die Situation im Griff haben. Es kann gut sein, dass ich ihr Chakra hier brauche.“

„Gut, weitermachen.“ Sasori nickte seinen Kollegen und der falschen Konan zu und die vier betraten das Haus.

Ihre Taschenlampen spießten die Dunkelheit in einem engen, modrigen Gang auf, der nach unten führte. Die Hintertür führte wohl in den Keller. Eine darauffolgende Tür ließ sich ohne Probleme öffnen, und sie erreichten einen kleinen Raum voller Gerümpel und mit drei weiteren Türen, die davon abzweigten. Als sie ihn betraten, flammten plötzlich mehrere Glühbirnen an der Decke auf.

Sasori wirbelte herum, sah aber keinen Angreifer – nur einen handelsüblichen Bewegungsmelder an der Wand, wie es ihn oft vor Haustüren gab.

Und kurz nach den Lichtern erwachte auch der uralte Röhrenmonitor in der Ecke zum Leben. In einem körnigen Schwarzweißbild grinste ihnen Orochimarus Fratze entgegen. „Hallo und willkommen, Special Agent“, ertönte seine schleimig-kratzende Stimme.

Kisame fluchte. Sasori starrte den Bildschirm nur grimmig an.

Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn Orochimaru nicht auch für den Fall vorgesorgt hätte, dass ein paar Akatsuki-Polizisten das Haus fanden.

 

Hakus Schrei gellte in Kakashis Ohren, als Zabusa sich ihm entgegenwarf, die gezackte Messerklinge wie einen Reißzahn gebleckt. Doch noch bevor der Söldner ihn erreicht hatte, wurde Kakashi klar, dass er geschwächt war: Nicht nur hatte er augenscheinlich schlimme Verbrennungen davongetragen, auch das Gift schien seine Wirkung zu tun. Zabusas Schritte waren unstet, seine Arme zitterten.

Kakashi war zwar nach seiner Aktion mit dem Kamui noch immer nicht ausgeruht, aber sein Sharingan ermöglichte ihm trotzdem, Zabusas Bewegungen spielerisch vorherzusehen. Er blockte den Messerstich mit dem Unterarm und ließ einen Hagel aus Faustschlägen gegen Zabusas Oberkörper und Kopf niedergehen. So brachte er genügend Abstand zwischen sie, dass er einmal um die eigene Achse wirbeln und wuchtig gegen Zabusas Brustkorb treten konnte. Der Kick schleudere den Söldner ächzend gegen die alte Badewanne, die in dem Kellerraum stand.

Abermals hob Kakashi die Hände. „Wir können das ohne unnötige Gewalt regeln. Hör mir einfach zu. Diesmal sitzen wir alle im selben Boot“, versuchte er es mit Vernunft.

„Er hat recht!“, rief Haku. „Kakashi kann uns sicher helfen, die anderen Spritzen mit dem Gegenmittel zu finden, dann können wir hier alle raus!“

Zabusa knurrte wortlos, nahm das Messer zwischen die Zähne und rappelte sich hoch. Seine Hände formten Fingerzeichen.

Haku schien zu erkennen, was er vorhatte. „Vorsicht! Die Wasserrohre!“

Zabusa beendete seine Siegel und die Rohre, die an der Wand nahe der Badewanne emporkrochen, barsten in einer Fontäne. Ein kleiner Wasserdrache bildete sich aus dem spritzenden Nass und sauste auf Kakashi zu, der sich mit einem gewagten Salto rückwärts in Sicherheit brachte.

Doch die wirbelnde Wasserfigur folgte ihm. Kakashi sprang zurück bis in die obere Ecke des Raumes, stieß sich von dort wieder ab und versuchte dem Drachen zu entgehen. Der Wasserschwall prallte lautstark gegen die Zimmerecke und war wuchtig genug, die Kamera abzureißen, die dort oben hing. Dann sammelte sich das Wasser wieder, und wie um den Schaden komplett zu machen, fegte es auf Kakashis Fersen auch noch den Fernsehbildschirm von seinem Sockel, der Funken sprühend auf dem Boden zerbarst. Und immer noch war der Hunger des Drachen nicht gestillt.

Kakashi war nun zwischen Zabusa und seinem Jutsu und sprang diesmal genau auf den Söldner zu. Der nahm das Messer aus dem Mund und warf sich ihm entgegen. Abermals erlaubte Kakashi sein Sharingan lebensrettende Präzision. Noch im Sprung trat er Zabusas messerbewehrten Arm zur Seite, landete dann mit dem anderen Fuß auf seiner Schulter und stieß sich abermals ab. Der Wasserdrache erwischte seinen eigenen Schöpfer und riss Zabusa von den Füßen, ehe er einfach zerplatzte und den halben Raum dabei überschwemmte.

Kakashi war nicht einmal sonderlich außer Atem. Er hatte momentan nur wenig Chakra, aber seine Beweglichkeit war fast wie gewohnt. „Ich sage es noch einmal. Es hat keinen Sinn.“

Zabusa rappelte sich prustend und spuckend in die Höhe. Sein Messer hatte er verloren. Seine Habichtaugen lösten sich von Kakashi und zuckten durch den Raum. Er schien sich Kakashi doch nicht länger als ersten Gegner vornehmen zu wollen. Kankurou war bis in eine Ecke zurückgewichen, also fixierte Zabusa Haku. Wankend und schwer atmend, die bloßen Hände zu Klauen gekrümmt, lief er auf den Jungen zu.

Der hielt plötzlich Zabusas Messer in der Hand – die Wasserwelle musste es zu ihm geschwemmt haben. Mit einer Hand bedrohte er Zabusa damit, mit der anderen machte er Fingerzeichen. Kakashi war erstaunt – Haku schien seine zweite Hand nicht für sein Jutsu zu benötigen. Vor ihm wuchs ein milchiger Spiegel aus der Wasserpfütze und blockierte Zabusa die Sicht. Der Söldner hielt sich nicht lange damit auf, sondern zertrümmerte ihn mit den Fäusten – und in dem Scherbenhagel stürzte sich Haku auf ihn.

 

Konan ging unruhig im Laster der Einsatzleitung auf und ab, während die nächste Meldung des Eindringteams auf sich warten ließ. Die Häuser hier waren allesamt verlassen gewesen – vielleicht hatte das mit diesen Bauvorhaben zu tun, die Kisame erwähnt hatte. Sie hatte nicht mehr viel Hoffnung, noch auf Orochimarus Werkstatt zu stoßen. Dabei hatten sie so lange an der Sache mit dem Tape und dem Stadtplan und den Hubschraubereinsätzen getüftelt! Hatten sie sich auf zu viele Unklarheiten eingelassen?

„Einsatzleitung, bitte kommen“, krachte es plötzlich aus dem Lautsprecher auf einem der mobilen Pulte.

„Hier Einsatzleitung, kommen“, meldete sich der Mann, der die Instrumente überwachte.

„Wir haben hier was gefunden … Sieht wie ein Labor aus, over.“

Konan spürte Erregung durch ihr Rückenmark kribbeln. Sie lagen doch nicht falsch. Sofort beugte sie sich zum Funkgerät. „Hier Special Agent Konan. Bleiben Sie, wo Sie sind, und warten Sie auf mich.“

Sie schaltete ihr eigenes tragbares Funkgerät auf die Frequenz, die vom Team benutzt wurde, um weiterhin mit ihnen und der Einsatzleitung in Kontakt bleiben zu können, und sprang von der Ladefläche in den strömenden Regen hinaus.

Gleich würde es sich zeigen, wie gut die Akatsuki-Polizei wirklich war!

 

Das Messer erwischte erst Zabusas Ohr, dann seine Hüfte und zog rote Blutschnüre nach sich, so schnell war Haku damit. Zabusa knurrte und versuchte ihn zu packen, dann, ihn zu schlagen, doch Haku war einfach zu flink. Es schien, als könnte er den Söldner, der von Minute zu Minute mehr wie ein unbeholfenes Riesenbaby wirkte, mit Leichtigkeit überwältigen. Er wollte ihn nicht töten, obwohl er vielleicht allen Grund dazu hatte. Orochimaru legte es darauf an, sie gegeneinander auszuspielen – wenn sie sich umbrachten, lachte sich der Schlangenmann höchstens ins Fäustchen!

Haku schlitzte Zabusas Unterarm auf und versuchte, ihn mit kleinen Wunden endlich zum Aufgeben zu zwingen, als die Welt vor seinen Augen plötzlich verschwamm. Sein Fuß trat nicht dort auf, wo er sollte, ein Schwindelgefühl packte ihn …

Er stürzte.

Hart schlug er mit dem Kinn am Boden auf, das Messer entglitt seinen Fingern, die nass vor Schweiß und Blut waren. Nicht einmal der Reflex, sich abzustützen, war gekommen. Das Gift musste mehr Schaden in ihm angerichtet haben, als er gedacht hatte. Obwohl er das Gegenmittel genommen hatte und die Symptome nicht mehr schlimmer geworden waren, hatte es ihm stark zugesetzt und ihn erschöpft.

Er kam nicht einmal dazu, einen Fluch auszustoßen. Plötzlich erwischte ihn Zabusas Stiefel am Hinterkopf. Haku stöhnte. Direkt vor sich sah er das Messer liegen, doch der Söldner trat auf seine Hand, die er danach ausstreckte, dass die feinen Knochen knirschten. Zabusa nahm das Messer und packte mit der anderen Pranke Haku im Genick. Wie ein Spielzeug hob er den mageren Junge in die Höhe, bis seine Beine in der Luft baumelten.

„Schade“, brummte Zabusa und sah ihn mit seinen eisigen Augen an. „Irgendwie habe ich dich gemocht.“ Damit verstärkte er den Druck um Hakus Hals und schnürte ihm die Luft ab.

 

 „Wenn Sie diese Nachricht hören, bedeutete das, dass Sie einen Schritt weitergekommen sind in Ihren bisher fruchtlosen Bemühungen, mich aufzuhalten“, sagte Orochimarus Stimme. Der Mann in der Aufnahme sah jünger auf, als er aktenkundig war. „Jahrelang haben Sie nicht gewusst, was Sie tun können, damit meine Spiele ein Ende haben. Heute biete ich Ihnen sogar drei Wege an, die Sie fortan beschreiten können. Das Spiel, das ich von langer Hand geplant habe, ist noch in vollem Gange. Zu Ihrer Linken führt eine Tür dorthin, wo meine momentanen Opfer um Ihr Leben kämpfen. Hinter der Tür zu Ihrer Rechten wiederum befindet sich ein kleines, unschuldiges Mädchen, das das Pech hat, als Einsatz für einen der Spieler zu dienen. Sobald das Spiel vorbei ist, wird der Raum, in dem es sich befindet, zu einer Todesfalle. Die Tür in der Mitte wiederum führt in den Raum, von dem aus man einen Blick auf die Bilder sämtlicher Überwachungskameras im Haus hat. Vergessen Sie nicht, Special Agent: Ich überwache den Ablauf meiner Spiele gern persönlich. Dort lässt sich auch die Zufuhr des tödlichen Nervengifts regulieren, das in das Haus strömt.

Welche der drei Türen werden Sie wohl wählen? Wollen Sie das laufende Spiel unterbrechen und versuchen, die Leben der Spielenden zu retten? Wollen Sie meine Regeln respektieren und stattdessen ein kleines Mädchen retten? Oder streben Sie danach, meinen Kontrollraum zu stürmen? Sie stehen am Scheideweg, Special Agent. Entscheiden Sie mit Bedacht.“

Sasori quetschte das Funkgerät in seiner Hand. Die hinterhältige Schlange wollte tatsächlich ein Spiel mit ihnen spielen. Gut, damit war eigentlich zu rechnen gewesen. Er würde Orochimaru nicht tun lassen, was er wollte.

Konans Doppelgängerin hatte währenddessen die drei Türen inspiziert. Auf die linke war ein Tic-Tac-Toe-Feld gemalt, auf die mittlere eine Kamera und auf die rechte ein Strichmännchen mit Zöpfen und einem Rock. „Sie sind nicht verschlossen“, sagte sie. „Wenn er nicht irgendeinen Mechanismus angebracht hat, können wir sie vielleicht sogar nacheinander betreten.“

„Dazu reicht die Zeit nicht“, sagte Sasori. „Wir müssen das laufende Spiel stoppen. Je eher, desto besser.“

„Dazu sollte aber jemand dieses Nervengift abschalten, von dem er geredet hat“, gab Kisame zu bedenken.

„Und dieses Mädchen? Vielleich löst man die Falle aus, sobald man den Zustrom des Giftes deaktiviert“, sagte Konan.

„Orochimaru hat nicht bedacht, dass wir vielleicht zu viert kommen“, grinste Deidara. „Wenn wir uns aufteilen, können wir alle drei Aufgaben gleichzeitig lösen.“

Kisame blieb vor der mittleren Tür stehen, die, wie Orochimaru gesagt hatte, in den Überwachungsraum führte. „Mich würde interessieren, ob er wirklich hierhinter ist. Dann wären alle unsere schönen Schlussfolgerungen für die Katz gewesen. Und das Eindringteam stürmt im Moment vermutlich eine leere Werkstatt.“

„Wir werden es ja gleich wissen.“ Sasori funkte die echte Konan an. „Wie sieht es bei Ihnen aus?“

Es kam keine Antwort. Das musste bedeuten, dass Konan ihr Funkgerät auf eine andere Frequenz geschaltet hatte – wahrscheinlich auf die des Eindringteams. Wenn sie schon so weit waren, würde wohl bald ein Ergebnis herausschauen.

„Na schön.“ Kisame ließ den Nacken kreisen, dass es knackte. „Wer übernimmt welche Tür? Wie sehr hassen Sie Orochimaru, Sasori?“

„Wieso?“

„Weil ich ihn auch gern zur Strecke bringen würde. Ich bin als Erster auf diesen Fall gestoßen und hab einige Nächte auf eigene Faust darüber gebrütet. Es wäre schön, wenn mein Einsatz sich rentieren würde.“

Sasori zuckte mit den Schultern. Das hier war kein offizieller Einsatz, und es war nicht mal sicher, ob Orochimaru wirklich im Überwachungsraum war. Da begab er sich lieber selbst in Gefahr, anstatt nur das Gift abzustellen. „Tun Sie, was Sie wollen.“

„Dann mach ich mich daran, das Mädchen zu retten“, sagte Deidara. „Ich bin ja schließlich nur ein einfacher Detective – Personenrettung ist sicher okay, aber Spezialeinsätze schimpft Itachi hinterher sicher unverantwortlich.“

„Dann werden wir beide das Spiel unterbrechen.“ Sasori nickte Konans Doppelgänger zu. „Los. Lassen wir die Spieler nicht warten.“

 

„Lassen Sie ihn los, Zabusa“, sagte Kakashi scharf, als er sah, wie Haku in Zabusas Griff zappelte. Der Söldner drückte ihm mühelos die Luft ab.

„Sonst was?“ Zabusa drehte sich zu ihm herum, um Haku wie einen Schild zwischen sie zu bringen. Kakashi bückte sich und überlegte fieberhaft, welches Jutsu er einsetzen könnte. Das Kamui? Ausgeschlossen, sein Sharingan hatte sich noch nicht weit genug erholt. Das Raikiri? Besser. Aber es würde ihm in seinem jetzigen Zustand nur einmal gelingen, und mit Haku als Geisel … Wenn er nur nahe genug rankäme …

„Kankurou! Ich habe absolut nichts gegen Sie, und die Sache mit dem Gefängnis ist hier nebensächlich. Sind Sie nicht so etwas wie Hakus Freund?“, rief Kakashi dem Puppenbauer zu. Doch der kauerte immer noch in einer Ecke und machte keine Anstalten, zu helfen. Kakashi unterdrückte einen Fluch und tat einen Schritt.

„Bleib, wo du bist! Bist du nicht auch irgendwie mit dem Jungen verbrüdert? Zumindest sieht es für mich so aus“, zischte Zabusa. Abermals nahm er das Messer zwischen die Zähne und zog aus seinem Hosenbund plötzlich eine Pistole hervor. Mit einem Klicken spannte er den Hahn und richtete sie auf Haku. Kakashi erstarrte.

 

Die Eingangstür war bereits aufgebrochen. Die meisten Leute des Eindringteams standen noch im Freien im Regen, nur sechs Mann drängten sich in einen kahlen Vorraum und leuchteten mit ihren Taclights durch die nächste aufgebrochene Tür. Dahinter waren in der Tat Werkbänke und Schaufensterpuppen und allerlei Teufelszeug zu sehen, das nur Orochimaru gehören konnte. Konan bedeutete ihnen mit einem forschen Nicken, weiterzugehen, und zog ihre Dienstwaffe.

Geschmeidig wie Katzen schoben sich die Männer in ihren Kevlarrüstungen durch die Tür. Kurz darauf folgten Rufe, dass die Tür zu beiden Seiten gesichert war. Dennoch erschuf Konan einen weiteren Papierdoppelgänger, der den Männern an ihrer statt folgte.

Eine riesige Lagerhalle nahm sie auf. Die Tische, die sie gesehen hatte, waren nur ein paar von vielen gewesen. Über ihnen schwebten dicke Röhrenlampen, die allerdings abgeschaltet waren. Die Taclights der Spezialeinheiten schnitten durch die Dunkelheit. Die Halle war so weitläufig, dass Dutzende Möglichkeiten eines Hinterhalts in Konans Gedanken zu kribbeln begannen.

Die Lichter schwenkten über obskure Apparaturen, über einfache Werkzeuge und über blanke Tische und noch mehr Werkzeuge – und huschten dann plötzlich über ein kleines Kästchen in der Wand, auf dem etwas wie ein rundes schwarzes Auge prangte. Konans Doppelgängerin sog scharf die Luft ein. „Zurück!“, rief sie, aber es war zu spät.

Ein Lichtsensor war vermutlich die beste Waffe, die man gegen ein Eindringteam einsetzen konnte. Im hinteren Teil der Halle klickte etwas, als der Sensor eine Falle auslöste. Dann hallte ein Dutzend Schüsse fast gleichzeitig durch die Werkstatt, die kurz vom Entflammen von Schießpulver erhellt wurde. Die sechs Männer wurden allesamt erwischt, auch Konans Doppelgänger traf ein Schuss in die Brust. Als er sich in Papierfetzen auflöste, wurden seine Erinnerungen in Konans echten Körper transferiert und sie wusste, was geschehen war.

Die übrigen Spezialeinheiten riefen quer durcheinander, stürzten in die Lagerhalle, gaben sich gegenseitig Deckung, auf der Suche nach dem Feind. Schluckend betrat auch Konan den Raum. Die meisten der sechs waren noch am Leben und krümmten sich stöhnend am Boden. „Das war eine Gewehrfalle!“, sagte sie laut. „Macht das Licht aus!“

Im kurzen Feuerschein hatte ihr Klon eine Treppe am Ende der Halle ausgemacht. Es wäre Wahnsinn, durch die Finsternis zu tappen, also nahm sie das Gewehr eines der verwundeten Specials, dessen Taclight immer noch brannte, und dämpfte den Lichtschein mit einem Stück Papier. So würde sie sehen, was knapp vor ihren Füßen war, aber die Lichtsensoren würden hoffentlich nicht wieder ausschlagen.

Die Männer folgten ihr achtsam, als sie sich an den Werkbänken vorbei zu einer Treppe kämpfte. Sie war von einem Metallgitter umgeben und besaß hölzerne Stufen – es stank geradezu nach einer Falle. „Warten Sie hier“, befahl Konan, gab das Gewehr einem Special und nahm wieder ihre Dienstwaffe zur Hand. Dann ließ sie sich Flügel aus Papier wachsen und schwebte vorsichtig den schmalen Tunnel hinauf, den die Gitter bildeten, ohne die Metallmaschen oder den Boden zu berühren.

Am oberen Absatz fand sie ein Arbeitszimmer vor. Regale mit Zeichnungen und Schreibmaterial umgaben einen Schreibtisch, auf dem noch mehr Zeichnungen und Pläne lagen. Und davor stand, ihr zugewandt, eine einsame Gestalt und lächelte sie an. Bei dem Anblick bekam Konan eine Gänsehaut, aber es konnte sein, dass das von der Vorfreude herrührte.

Langes, schwarzes Haar, bleiches Gesicht, gelbe Augen. Dazu ein seltsam unpassender, weicher Frotteemantel. Die Figur, die sie so lange nur aus Videomaterial kannten.

Vor ihr stand Orochimaru.

 

Ein finsterer, kurzer Flur hatte Kisame zu einer weiteren Tür geführt, die sich dagegen sträubte, dass er sie zu öffnen versuchte. Erst als er sich mit der Schulter dagegen warf, sprang sie auf. Als er sah, was dahinter lag, stieß er einen Pfiff aus.

In dämmrigem Halbdunkel flimmerten einige Bildschirme auf einem wuchtigen Tisch vor sich hin. Es sah ganz so aus wie ein Überwachungsraum in einem öffentlichen Gebäude, und Kisame konnte sich fast einen dicken Security-Mitarbeiter vorstellen, der die Bildschirme beobachtete und dabei Fastfood mampfte.

Nur war hier niemand zu sehen. Der Schreibtischsessel war leer. Kisame war allein in diesem Raum. „Von wegen, du bist hier“, knurrte Kisame den Stuhl an und suchte nach der versprochenen Steuerung für die Klimaanlage. Immerhin hatte Orochimaru hierbei nicht gelogen. An der Wand neben dem Tisch war eine kleine Schalttafel, von der aus etliche Kabel in Kabelschächte führten. A/C stand über einem Schalter und Kisame schnippte ihn um. Ein glühendes Lämpchen erlosch. So, das machte den Rest des Hauses hoffentlich betretbar, ohne dass dieses ominöse Gift, von dem Orochimaru gesprochen hatte, in die Räume geblasen wurde.

Nachdem das erledigt war, widmete sich Kisame den Fernsehbildschirmen. Was er sah, war alarmierend. Die meisten zeigten leere Räume in dem Haus, aber in einigen davon lagen Leichen, und manche davon in keinem besonders schönen Zustand. Verflucht, sie hatten viel zu lange gebraucht, um hierher zu kommen. Die alte Schachtel, die Deidara angerufen hatte, hätte ruhig schon früher darauf kommen können, dass hier etwas nicht stimmte!

Nirgendwo war eine Spur von Leben zu sehen. Ein Fernsehbildschirm war allerdings tot – nur weißschwarzer Ameisenkrieg tobte dort. Die Kamera in dem Raum musste beschädigt worden sein.

Und irgendetwas sagte ihm, dass das genau der Raum war, zu dem Sasori und Konans Klon unterwegs waren.

 

Hakus Augen quollen ihm schier aus den Höhlen und dunkle Flecken wanderten in sein Sichtfeld. Seine Lungen lechzten nach Luft, die sie nicht bekamen. Sein Hals brannte höllisch dort, wo Zabusa ihm langsam die Kehle zerquetschte. Wie durch einen Nebel erkannte er die Pistole in Zabusas Hand als jene, die an der Tür angebracht gewesen war, an der Tür zu dem Wohnzimmer, in dem sie alle aufgewacht waren. Es war die Pistole, die ihren einzigen Schuss abgefeuert hatte, als sie den Schlüssel herumgedreht hatten. Dank Hinata war niemand getroffen worden. Darum hatte Zabusa also verhältnismäßig lange gebraucht, um sie zu verfolgen: Er hatte den Revolver von der Apparatur gerissen und mitgenommen. Aber er konnte unmöglich eine Kugel dafür haben – oder?

Kakashi startete keinen Versuch, Haku zu retten. Verdammt, er musste glauben, die Waffe wäre geladen! Wo war Kankurou? Warum half er ihm nicht? Hatte er Angst?

Dann war es eben, wie es schon immer gewesen war: Haku musste sich selbst helfen! In einem Aufgebot seiner letzten Kräfte schwang er erneut die Beine – und traf Zabusa genau in den Schritt.

Der hünenhafte Söldner ächzte und lockerte den Griff um Hakus Hals. Obwohl er mehr schwarze Punkte als sonst etwas sah, trat Haku erneut zu. Diesmal ließ Zabusa ihn fallen. Würgend landete der Junge am Boden und versuchte, seine Lungen mit Luft zu füllen, die aber immer noch nicht kommen wollte. Seine Kehle schmerzte höllisch, und das Ringen nach Luft raubte ihm fast das Bewusstsein. Erst beim dritten oder vierten Versuch klappte es. Bis dahin konnte Haku nur auf den kalten Fliesen kauern und zusehen, was sich vor seinen Augen abspielte.

In der Sekunde, in der Zabusa ihn losgelassen hatte, war Kakashi wie ein Pfeil auf ihn zugeschossen. Ein gezielter Tritt beförderte den Revolver aus seiner Hand, ein weiterer schleuderte Zabusa selbst ein paar Meter zurück. Noch im Sturz warf der Söldner sein Messer, aber Kakashi wich abermals mit schlafwandlerischer Sicherheit aus.

„Deine letzte Chance“, sagte der Rechtsanwalt.

Zabusa knurrte nur und formte schon wieder Fingerzeichen.

Kakashi tat es ihm gleich und umschloss dann sein Handgelenk. In seiner Handfläche begannen blaue Blitze zu zucken, die den Raum in unheimliches Licht tauchten. Das war garantiert ein tödliches Jutsu. Haku wollte etwas sagen, aber nur ein Krächzen verließ seinen Mund. Es war, als hätte Zabusa seine Stimmbänder zermatscht.

 

„Hallo, Special Agent“, sagte Orochimaru. Die Stimme war unverkennbar.

Konan schluckte, riss die Pistole hoch, die sie beidhändig hielt. „Keine Bewegung.“

„Sie haben es also geschafft, aus nichts außer Anfang und Ende ein sinnvolles Ganzes herzustellen“, fuhr das Schlangengesicht fort. „Da Sie allein hier sind, gehe ich davon aus, dass Ihre Kollegen das Haus gefunden haben, in dem mein momentanes Spiel stattfindet?“

„Sie haben das Recht zu schweigen“, sagte Konan düster. „Schalten sie die Falle auf der Treppe aus.“ Es wäre sicher nicht schlecht, wenn das Eindringteam zu ihr vorrücken konnte. Hoffentlich kaufte ihr Orochimaru ab, dass sie wusste, um welche Falle es sich handelte – dass es eine Falle gab, da war sie sich sicher.

Orochimaru lächelte nur schief, streckte langsam die Hand nach einer lose verkabelten Schalttafel aus, die auf dem Schreibtisch lag – und plötzlich schnellte aus dem weiten Ärmel seines Morgenmantels eine weiße Schlange mit gebleckten Zähnen.

Konan reagierte blitzschnell und eiskalt. Ihre erste Kugel durchbohrte den Kopf des Tieres, das nach ihr schnappen wollte. Ihre zweite war auf Orochimarus Brust gezielt, ganz nach Lehrbuch. Doch so schnell sie auch war; Orochimaru war genauso schnell. Urplötzlich hielt er ein altmodisches Katana in der Hand, das hinter seinem Rücken am Tisch gelehnt haben musste. Ein Schwertstreich lenkte die Kugel punktgenau mit einem hellen Pling ab.

Konan schnalzte verärgert mit der Zunge, als der Schlangenmann ihre nächsten beiden Schüsse genauso abwehrte. Er war ein hervorragender Ninja. Natürlich.

Weitere Schlangen folgten der ersten und zwangen Konan, ihr Magazin leerzuschießen. Diesen Moment nutzte Orochimaru, warf sein Schwert in die Luft, formte Fingerzeichen und spie eklig aussehende, dunkle Flüssigkeit aus. Dann stieß er beide Hände zu Boden und ließ den Schlamm vor sich zu einem Erdwall anwachsen, als das Schwert gerade den höchsten Punkt seines Fluges erreichte. Es verschwand hinter der Mauer, und Konan hatte keinen Zweifel daran, dass er es wieder aufgefangen hatte.

Mit geübten Bewegungen lud sie ihre Dienstwaffe nach und löste mit einem Fingereichen den Doppelgänger auf, der gegenwärtig mit Sasori unterwegs war. Er zehrte zu sehr an ihrem Chakra, das sie im Kampf gegen Orochimaru dringend brauchen würde.

Im nächsten Moment schossen auch schon wieder zwei Schlangen seitlich an Orochimarus Schlammschild vorbei, größere als die vorherigen. Die Giftzähne waren riesig und glänzten.

Konan folgte Orochimarus Beispiel, warf ihre Waffe in die Luft und formte Siegel. Zwei Shuriken aus Papier schwebten über ihren Händen, die sie den Schlangen entgegenwarf. Die Wurfsterne zerteilten die Schlangenkörper sauber in der Mitte und flogen einen Bogen bis hinter den Erdwall.

Das würde ihn hoffentlich ablenken. Konan sprang mit aller Kraft, fing nebenbei ihre Waffe auf; ihre Flügel beförderten sie über den Schlammschild hinaus, wo sie einen Salto in der Luft schlug. Unter sich sah sie Orochimaru, der eben das Schwert sinken ließ, nachdem er sich der Papiershuriken entledigt hatte. Kopfüber formte sie ein weiteres Fingerzeichen und legte an. Die Papierfetzen bestürmten den Schlangenmann wie ein wütender Insektenschwarm und bohrten sich in seinen Schwertarm. Er war vielleicht eine halbe Sekunde blockiert, doch das reichte Konan. Immer noch mitten im Flug und Hals über Kopf, drückte sie ein paar Mal ab.

Drei saubere Schüsse schlugen in Orochimarus Brust ein und ließen ihn ächzend gegen die Erdmauer prallen.

Konan vollendete ihren Salto und landete leichtfüßig am Boden. „Sie hätten die Akatsuki-Einheit nicht unterschätzen sollen“, sagte sie trocken. Ihre Ausbildung hatte sich bezahlt gemacht. Sie wusste, dass sie ihn tödlich getroffen hatte. Orochimaru sackte röchelnd in die Knie. Er war nun keine Gefahr mehr für sie.

 

Um Zabusa herum wallte dichter, weißer Nebel auf, gespeist von der Pfütze, die sein Wasserdrache gebildet hatte. Während Kakashi noch auf ihn zustürmte, warf sich der Söldner herum, ehe die Nebelwand ihn verschlang.

Das würde ihn nicht retten. Kakashis Sharingan sagte ihm zuverlässig, wo sich Zabusa am Ende seiner Bewegung befinden würde. Er sprang mitten hinein in den Nebel und schlug mit seinem Raikiri zu. Ein ohrenbetäubender Knall ertönte, und Fliesensplitter und Mauerwerk wallten in einer Wolke auf und regneten zu Boden. Der Nebel wurde von dem Einschlag fortgeweht.

Kakashis Hand schmerzte nach dem Schlag. Seine Chakravorräte waren hiermit fast verbraucht. Noch einmal würde er sein Jutsu nicht benutzen können. Aber er musste getroffen haben. Es ging gar nicht anders.

Als die Staubwolke sich endlich senkte, lag Zabusa am Boden. Kakashi keuchte auf. Das darf doch wohl nicht wahr sein!

 

Sasori und Konans Papierdoppelgänger hatten die linke Tür betreten und sich den Weg durch die Dunkelheit geleuchtet. Trotzdem Eile geboten war, begingen sie nicht den Anfängerfehler, ungesichertes Gelände im Laufschritt zu durchqueren. Der Korridor führte um irgendeinen Raum herum, soviel war klar – erst ging es lange geradeaus, dann machte er einen Knick, dann noch einen. Sasoris Herz pumpte so viel Adrenalin und Chakra durch seinen mechanischen Körper wie schon lange nicht mehr. Schließlich rissen ihre Lampen eine eiserne Gittertür aus der Finsternis. Sie war mit stabil aussehenden Ketten und einem Vorhängeschloss verriegelt, und Sasori war sich sicher, dass auch diese mit Chakra verstärkt waren.

Aber genauso wie Deidara die Hintertür gesprengt hatte, würde auch dieses chakraverstärkte Metall nicht standhalten, wenn man es nur genügend Druck aussetzte. Und Sasori hatte da etwas ganz Besonderes, das er einzusetzen gedachte. „Gehen Sie zurück“, wies er Konans Doppelgängerin an. Diese öffnete den Mund, um etwas zu sagen – und löste sich plötzlich in Papier auf.

Sasori verharrte einen Moment, um drüber nachzudenken. Dem Klon war nichts zugestoßen – das konnte nur bedeuten, dass die echte Konan nicht länger ihr Chakra strapazieren wollte. Ob das Eindringteam irgendetwas Gefährliches ausgegraben hatte?

Ein ohrenbetäubender Knall, der von hinter dem Eisengitter kam, ließ Sasori sich wieder auf die Gegenwart konzentrieren. Nur ein paar Schritte entfernt ging ordentlich die Post ab, und seine Kollegin konnte wohl auf sich selbst aufpassen!

Er klappte die Düse in seiner rechten Handfläche auf und fütterte seinen Puppenkörper mit einer der beiden Schriftrollen, die er am Rücken unter seinem Akatsuki-Mantel trug. Ein extrem heftiger Wasserstrahl verließ seine Handfläche und schnitt durch die Kette wie durch Butter. Sasori wedelte mit der Hand und das ganze Eisengitter flog regelrecht aus den Scharnieren.

Er ließ die aufgebrauchte Schriftrolle fallen und zückte seine Pistole. Direkt hinter dem Gitter fiel Licht aus einer Türöffnung …

 

Das Mädchen war eingedöst und zuckte erschrocken zusammen, als es eine Berührung spürte. „Ganz ruhig“, sagte eine männliche Stimme. „Ich bin hier, um dich zu befreien.“

Er zog der Kleinen den Sack vom Kopf und löste dann den Knebel in ihrem Mund. Mit vom Weinen geröteten Augen sah sie sich um. Man hatte sie mitten in der Nacht aus ihrem Zimmer entführt, und seitdem hatte der kratzige Stoff verhindert, dass sie etwas sah. Erst jetzt erkannte sie, dass sie auf einem alten Sofa in der Mitte eines hohen Raumes saß. Ihre Knöchel waren um eines der Beine der Couch gebunden und um ihre Hüfte spannte sich ein dünner Gurt, sodass sie nicht hatte aufstehen können. Die Stunden hier drin waren die Hölle gewesen.

Der Mann, der vor ihr stand, hätte auf den ersten Blick auch als Frau durchgehen können. Er hatte langes blondes Haar und einen geschäftigen Gesichtsausdruck aufgesetzt. „Wer bist du?“, wisperte sie. „Wo ist mein Papa?“

„Ich bin Polizist, also keine Sorge. Detective Deidara von der Akatsuki-Soko. Lass mal sehen, wie wir dich hier losmachen können.“ Er löste die Knoten um ihre Knöchel, um ihre Handgelenke und fädelte dann den Gurt aus. „Na bitte, geht doch. Nichts wie raus hier. Hau-ruck!“, sagte er und hob sie an den Schultern hoch.

Irgendwo an ihrem Pyjama musste noch ein dünner Draht befestigt gewesen sein, denn plötzlich ertönte ein leises Schnalzen – gefolgt von einem ohrenbetäubenden Krach.

Der Boden bebte. Deidara stieß einen leisen Schrei aus, als es ihn auf den Hintern warf. Das Mädchen fiel zurück auf die Couch.

Mit einem metallischen Kreischen verschoben sich die Bodenplatten. Unter ihren Füßen zeigten sich lange Schlitze wie bei einem Grillrost. Hohe Stahlteile bohrten sich wie Klauen in die Höhe, schlossen sich über den beiden zu einer Kuppel zusammen. Auch vor ihnen klappte eine Platte auf und knallte donnernd gegen die anderen Bauteile. Sie besaß ein vergittertes Sichtfenster und wirkte ein wenig wie eine Tür.

Das Mädchen presste die Hände gegen den Lärm vor die Ohren und schrie. Deidara starrte die Konstruktion, die sich um und über sie aufgerichtet hatte, mit großen Augen an, ehe er an der Tür rüttelte. Vergeblich. Durch das Sichtfenster konnte man sehen, wie an der Wand des Raumes ein roter Timer zu laufen begann. Gegenwärtig zeigte er zehn Minuten an.

Das Mädchen schluchzte verängstigt vor sich hin, und Deidara fand endlich ein Wort, um ihre momentane Situation zu beschreiben.

„Hoppla.“

 

Im hinteren Bereich des Kontrollraums hatte Kisame noch eine Tür gefunden. Sie hatte in einen ziemlich neuen Flur geführt; die Wände und der Boden bestanden aus Holz, von dem noch Späne abstanden. Jemand hatte ihn roh zusammengezimmert – Kisame erinnerte sich, dass er draußen an einer Seite des Hauses eine Art Zubau gesehen hatte. Das musste wohl dessen Inneres sein.

Der Gang wand sich hin und her, dann führte er weiter in die Dunkelheit, während gleichzeitig ein paar Bretter in der Wand als Stufen dienten. Einem Gefühl folgend stieg Kisame so weit hinauf, wie es ging. „Dieser Mistkerl“, murmelte er amüsiert, als er erkannte, was er hier gefunden hatte.

 

Zabusa stützte sich schwer atmend mit einer Hand am Boden ab. Kakashis Blitzangriff war ins Leere gegangen … und er ahnte nun auch, wieso. Wäre Zabusa ausgewichen, hätte er ihn mit seinem Sharingan absurderweise trotzdem erwischt. Allerdings musste ihn wohl, als er sich herumgeworfen hatte, ein Schwächeanfall gepackt haben, ausgelöst durch das Gift in seinem Körper. Er musste gestrauchelt und gefallen sein, wie kein Mensch freiwillig fiel … und das hatte ihm das Leben gerettet.

Keuchend sah sich Kakashi um. Haku stemmte sich eben erst mühsam hoch, schien aber plötzlich nicht mehr sprechen zu können. Kankurou war noch weiter vor den Kämpfenden zurückgewichen und schien darauf zu warten, sich mit dem Sieger zu verbünden. Und Zabusa wankte bereits wieder auf Kakashi zu, die Fäuste erhoben.

Nun wich auch der Rechtsanwalt instinktiv zurück – und stieß mit dem Fuß gegen etwas. Ein rascher Blick, kostbare Zeit, die er ans Bücken verschwendete, dann hielt er die Pistole in der Hand, kalt und das glänzende Metall staubig. Hierhin war sie also gerutscht. Der Hahn war immer noch gespannt.

Zabusa kam immer noch näher, als beeindruckte ihn die Waffe gar nicht. Keuchend breitete er die Arme aus. War er wild darauf, sich eine Kugel einzufangen, damit sein Leiden ein Ende hatte? Kakashi packte den Revolver mit beiden Händen, krümmte den Finger um den Abzug. Sein Sharingan war bereits überstrapaziert; er sah doppelt und vor seinem linken Auge verschwamm das Bild, also kniff er es zu.

Haku stieß ein flehentliches Krächzen aus, aber er konnte sich jetzt nicht um ihn kümmern. Als Zabusa sich mit einem Knurren auf ihn warf und Kakashi mit dem Rücken gegen die Wand stand, drückte er ab.

Ein Klicken ertönte. Sonst geschah nichts.

Entgeistert starrte auf den Revolver. Er war nicht geladen! Dann war die Aktion von Zabusa vorhin ein Bluff gewesen?

Der Söldner erwischte ihn eiskalt. Seine Knöchel krachten gegen Kakashis Wange und schleuderten seinen Kopf herum. Erst den zweiten und den dritten Schlag konnte er mit den Händen abblocken – den vierten allerdings nicht. Er kam von der Linken des Söldners und zwischen seinen Fingern blitzte etwas Metallisches, teuflisch Scharfes auf.

Obwohl er sein Sharingan zugekniffen hatte, sah Kakashi das Ding wie in Zeitlupe herannahen. Er erkannte das Skalpell, mit dem er sich den Schlüssel für seinen Stachelkragen aus dem Auge hätte herausschneiden sollen. Er hatte die schmale Klinge einfach von sich geworfen, dann das Bewusstsein verloren und nicht mehr daran gedacht … Und Zabusa hatte sie irgendwann in ihrem Gerangel aufgelesen.

Seine hervorragenden Reflexe kamen dieses eine Mal zu spät. Die Klinge zog einen sauberen Schnitt quer über Kakashis Kehle und schlitzte seine Halsschlagader auf. Sein letzter Gedanke galt seiner Tochter, die er nie wiedersehen würde und die er noch hätte suchen müssen …

All seine Kraft quoll in Sekundenschnelle aus dem dünnen Schnitt in seinem Hals, seine Knie gaben nach. Er war tot, ehe er auf dem Boden aufschlug.

 

Haku konnte nicht einmal schreien. Als der Blutschwall aus Kakashis Hals strömte und der Rechtsanwalt umkippte wie ein Marionette, deren Fäden gerissen waren, drehte sich Zabusa bereits schwer atmend wieder herum.

Er hatte es tatsächlich getan. Dieser Kerl hatte Kakashi getötet, und er hatte immer noch nicht genug! Haku wusste längst, dass der Söldner ihm selbst dann nicht zuhören würde, wenn er noch richtig sprechen könnte. Er wollte den Code für den Safe mit dem Gegenmittel, und den fand er nun mal in seinem und Kankurous Magen.

Ein Blick auf Haku schien Zabusa davon zu überzeugen, dass von dem Jungen keine Gefahr mehr ausging. Stattdessen trat er auf Kankurou zu, das Skalpell blitzte zwischen seinen Fingern. Der Puppenbauer drückte sich weiter in seine Ecke und hob abwehrend die Hände. „Du musst mich nicht töten“, sagte er beschwörend. „Meine Zahl ist die Sieben, glaub mir.“

Zabusa zögerte tatsächlich kurz, aber er schien eher verwundert über Kankurous Dreistigkeit.

Haku hörte etwas außerhalb des Raumes zischen und krachen, aber er konnte den Blick nicht von den beiden Ninjas abwenden. Zabusas Arm zitterte, dennoch stach er zu. Das Messer bohrte sich in Kankurous Hals, als jemand mit polternden Schritten in den Raum stürmte. „Hände nach oben, Polizei!“

Kankurou sackte leblos in sich zusammen. Zabusa warf sich mit einem Knurren herum, von Kopf bis Fuß von fremdem und eigenem Blut vollgespritzt, hob die Hand mit dem Messer …

Das reichte dem Polizisten. Dreimal in rascher Folge drückte er ab und traf Zabusa dreimal in die Brust. Der Hüne taumelte, dann brach er zusammen.

Endlich war es vorbei.

Haku war noch immer wie paralysiert. Sie waren alle tot … Der Cop war zu spät gekommen …

Es war ein relativ kleiner Polizist, der einen schwarzen Umhang mit roten Wolken darauf trug. Sein Haar war kraus und rot, sein Blick irgendwie … milde, unbekümmert. Er sah sich in dem Kellerloch um und erkannte, dass Haku die letzte lebende Person hier war. „Tja, mein Junge“, sagte er. „Du wirst mir wohl einiges erklären müssen.“

„Ich …“, brachte Haku krächzend hervor. Seine Stimmbänder schienen in Flammen zu stehen. Er versuchte dem Polizisten mit Blicken klarzumachen, dass er noch nicht wirklich sprechen konnte, als er etwas sah, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Haku riss die Augen auf. Was sich dort vorn abspielte, das konnte doch nicht … Den Mund stumm aufgerissen, deutete er mit zitterndem Finger in die Ecke. Der Polizist hob eine Augenbraue und drehte sich dann langsam um, um zu sehen, was Haku so entsetzte.

 

In seinem Zustand würde Orochimaru die Falle für das Eindringteam nicht mehr deaktivieren können, so viel stand fest. Konan würde es selbst erledigen müssen, damit der Tatort gesichert werden konnte.

Orochimaru selbst stemmte sich noch einmal auf ein Knie hoch, das Schwert noch in der Hand. „Haben Sie immer noch nicht genug?“, fragte Konan abfällig. Er konnte den Arm nicht einmal ordentlich heben.

Der Schlangenmann verzog das Gesicht zu einem Lächeln. Blut und Speichel liefen aus seinen Mundwinkeln. „Stellen wir Ihre Kombinationsgabe doch noch ein letztes Mal auf die Probe“, röchelte er. „Sie sind würdige Gegner in meinem Spiel. Immerhin hat ein einziges Tonband Sie hierher gebracht.“

„Was soll das heißen?“, fragte Konan scharf.

Orochimaru lachte heiser. Mehr Schleim blubberte aus seinem Mund, und Konan erkannte mit einem Mal, dass es sich nicht um Blut und Speichel handelte, sondern um hellen Schlamm.

Seine Worte kamen ihr wieder in den Sinn. Sie haben es also geschafft, aus nichts außer Anfang und Ende ein sinnvolles Ganzes herzustellen. Ihr messerscharfer Verstand schnitt das Rätsel entzwei und offenbarte ihr einen ungehinderten Blick auf den Fehler, den sie begangen hatten. Anfang und Ende. Ein Hubschraubereinsatz am Anfang, eine Turmuhr am Ende. Immerhin hat ein einziges Tonband Sie hierher gebracht. Ein einziges Ziel, zu dem ihre Schlussfolgerungen sie führen würden. Genau wie in einem Denkspiel. In einem Spiel!

Vor ihren Augen zerfiel Orochimaru zu einem Haufen aus Matsch, in dem funkelnd das Schwert liegen blieb. Am liebsten hätte Konan sich geohrfeigt. Orochimaru hatte keinen Fehler beim Aufnehmen des Bandes gemacht. Wahrscheinlich hatte er das Band selbst so manipuliert, dass nur die beiden Teile mit den Hinweisen wiederherzustellen waren. Die Schlange hatte sie hierher gelockt und selbst nur einen Doppelgänger zu ihrem Empfang abkommandiert!

„An alle Einheiten“, sagte Konan in ihr Funkgerät, während sie sich auf den Rückweg machte. „Wir müssen sofort zu dem Haus, in dem Sasori und die anderen sind!“

 

In der blutverschmierten Ecke des Kellerraumes hatte Kankurous Kleidung alle Farbe verloren, als bleiche sie in Windeseile aus. Seine Haut zerfloss zu hellem Schlick, der Zabusas Leiche zu umarmen schien. Haku konnte den Blick nicht von dem Spektakel abwenden. Was ging hier vor? Kankurou war nicht der echte Kankurou gewesen? Oder gab es gar keinen echten Kankurou? In seinem Kopf drehte sich alles.

Der Rucksack mit der Puppe bewegte sich, das Reißen von Stoff ertönte. Wie ein Schmetterling, der sich aus seinem Kokon schälte, kämpften sich zwei Arme ins Feie, dann zwei Beine, und schließlich wurde ein dunkler, langer Haarschopf sichtbar, als eine hochgewachsene Gestalt sich ins Freie kämpfte.

Auch Sasori verfolgte das Schauspiel wie gebannt. Sein Finger am Abzug juckte, doch er zwang sich zur Geduld – etwas, das ihm nicht leichtfiel. Aber er hatte das Gefühl, dass sich hier etwas abspielte, das jenseits des Begreiflichen lag, und das schmeckte ihm noch weniger, als zu warten.

Die Gestalt drehte sich mit einem Lächeln zu ihnen um, warf die langen schwarzen Haare zurück und fixierte Sasori. Haku hatte diesen Mann noch nie gesehen, aber nachdem er seine Stimme hörte, wusste er sofort, dass er Orochimaru vor sich hatte.

„Willkommen, Special Agent. Sind Sie überrascht? Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich den Ablauf meiner Spiele gern persönlich überwache.“

 

Kisame drückte die Tür auf und stieg in das Zimmer. Sie war so gut getarnt, dass sie von außen gar nicht zu sehen war, und konnte außerdem vom Flur aus verriegelt werden – gegenwärtig war sie jedoch unversperrt – und sicher war sie auch mit Chakra verstärkt gewesen. Er fand das alles sehr interessant – sicherlich führten die anderen Türen, die er in dem Geheimgang gesehen hatte, auch in verschiedene Zimmer des Hauses. Hatte sich Orochimaru Schleichwege an das Haus drangebaut, um seinen Opfern persönlich beim Sterben zuzusehen?

Dieser Raum hier sah aus wie ein Folterkabinett. Ein Safe war in eine der Wände eingelassen. Im Boden gähnte eine Grube voller spitzer Nadeln. Und zwischen beidem lag die Leiche eines jungen Mannes in schwarzer, katzenartig aussehender Kleidung. Kisame konnte keinen Puls ertasten. Fluchend zog er sich in den Geheimgang zurück – der Raum barg sicher noch andere Fallen. Er fragte sich, wie der arme Kerl wohl gestorben war.

 

„Nein“, keuchte Kankurou und tastete fassungslos über die Stahlplatte. Er versuchte den Schlüssel zu drehen, aber es ging nicht. „Nein!“ Zornig schlug er mit der flachen Hand gegen den Safe. Er hatte es doch fast geschafft! Eine Sekunde – eine einzige lächerliche, beschissene Sekunde länger, und er hätte das Gegengift gehabt!

Kankurous wütendes Brüllen ging in ein wortloses Heulen über.

Er hatte versagt.

Kraftlos sank er vor dem Safe zusammen. Selbst sich herumzudrehen war nach all der Aufregung anstrengend. Es half nichts, er musste sich kurz ausruhen … danach würde er zu Haku und Hinata zurückkehren und ihnen sein Versagen beichten …

Es war seltsam. Obwohl er nur an die Wand gelehnt dasaß, fiel es ihm immer schwerer zu atmen. So als würde eine unsichtbare Kraft seinen Brustkorb zusammenpressen … Eher zufällig fiel sein Blick auf die Spritze. Richtig, sie hatte sich in seinen Unterschenkel gebohrt, als er in aller Eile mit dem Schlüssel zu dem Safe gerobbt war. Und die Spritze war rotblau bemalt.

„Scheiße“, murmelte er und hätte fast aufgelacht. Er hatte sich doch noch eine Giftspritze aus der Grube eingefangen. Naja, vielleicht war es ein besserer Tod, als durch das langsam wirkende Nervengift zu sterben …

Als seine Lider schwer wurden und ihm die Augen zufielen, meinte er zu sehen, wie sich in der Wand eine Tür öffnete und eine dunkle, langhaarige Gestalt in den Raum trat.

 

„Sieht so aus, als bekäme ich doch noch was zu tun“, sagte Sasori. Vor ihm stand also der berühmt-berüchtigte Serienkiller, der die Stadt in den letzten sieben Jahren in Atem gehalten hatte. Und er war ziemlich sicher, dass es sich hierbei um den echten Orochimaru handelte.

„Du solltest vielleicht von hier verschwinden, Junge.“ Sasori nickte in Richtung Ausgang. „Ich hab zu lange auf diesen Moment gewartet, als dass ich dabei gestört werden möchte.“

Der Junge mit den langen Haaren nickte, würgte noch ein paar Worte aus, die Sasori nicht verstand, und lief erst zögerlich, dann Hals über Kopf davon, raus aus diesem Kellerloch, in dem buchstäblich die Hölle losgewesen war.

„Willst du ihn gar nicht aufhalten?“, fragte Sasori rhetorisch, während er über Kimme und Korn genau auf Orochimaru zielte.

„Er hat das Spiel bereits bestanden“, erklärte der Schlangenmann lächelnd. „Er hat sich seine Freiheit verdient.“

Somit wäre er also die erste Person, die je ein Orochimaru-Spiel überlebt hatte. Nicht übel. Sasori fragte sich, wie er das wohl gemacht hatte. „Ich werde nie verstehen, was in deinem Kopf vorgeht“, murmelte er. „Aber naja, das war’s jetzt immerhin mit dir. Übrigens überlege ich gerade, ob ich nicht irgendeinen Fall von Gefahr im Verzug vorschützen und dir einfach die Birne durchlöchern sollte.“

Orochimaru grinste. „Sie können es gerne versuchen.“ Wie um ihm einen Grund zu liefern, trat er einen Schritt auf den Special Agent zu.

Und Sasori tat es.

Dreimal in rascher Folge krachte seine Pistole, drei Kugeln trafen Orochimarus Brust wie zuvor Zabusas. Der Killer taumelte, sein einfaches, hässliches Gewand durchlöchert, aber es kam kein Blut. Das Grinsen war wie in sein Gesicht gemeißelt.

„Sieh an, eine kugelsichere Weste“, sagte Sasori trocken. „Du geht ja echt mit der Zeit.“

Aber er hatte damit gerechnet. Die letzte Kugel in seiner Trommel feuerte er auf Orochimarus Kopf.

Der plötzlich nicht mehr da war, wo er sein sollte.

Auf einem irrwitzig langen Hals schlängelte er sich zur Seite, entging der Kugel und schoss stattdessen direkt auf Sasori zu. Orochimaru würgte ein Schwert aus seiner Kehle hoch, das nun aus seinem Mund ragte.

Sasori warf ihm die Pistole entgegen und riss den Verschluss seines Akatsuki-Mantels auf. Aus der Kammer in seiner Bauchgegend schoss er ein Seil mit einem harpunenähnlichen Ende. Orochimarus Kopf wich beidem, Pistole und Harpune, elegant aus. Sasori fuhr eine Klinge aus seinem Handgelenk und wehrte das Schwert ab, das wie eine blitzende Zunge aus Orochimarus Maul ragte. Die Wucht des Anpralls drohte ihn trotzdem von den Füßen zu reißen, aber da hatte seine Harpune ihr Ziel erreicht – die Rohre an der Wand der Kellerkammer. Sie hakte sich ein und Sasori ließ das Getriebe rattern. Das Seil riss ihn fort von Orochimarus Kopf und quer durch den Raum. Es zahlte sich eben doch aus, einen mechanischen Puppenkörper zu besitzen.

Er schlug nach dem Körper des Killers, doch der stieß sich kraftvoll vom Boden ab. Wie ein Gummiband schnellten Kopf und Rumpf aufeinander zu und Orochimaru landete in der Mitte der Kammer, das Schwert stach immer noch aus seinem Maul. Speichel tropfte zu Boden.

„Sie sind wirklich für Überraschungen gut, Special Agent“, sagte der Schlangenmann undeutlich.

„Stimmt. Ich habe sogar Verstärkung dabei, ohne dass man es sieht“, sagte Sasori, entrollte eine Ninja-Schriftrolle und zückte eine Ampulle seines Blutes. Damit beschwor er ein halbes Dutzend Marionetten in ausgedienten Polizeiuniformen, die er mit Chakrafäden aus seiner Brustklappe verband. Vier von ihnen stürzten sich mit Schlagknüppeln und Macheten auf Orochimaru.

Dieser zeigte Sasori nun seine ganzen Ninjakünste. Allein mit seinen Unterarmen und Beinen blockte er die Waffen seiner Gegner ab, schlug und trat sie zur Seite. Eine Marionette wurde an der Wand zerschmettert, den Schlag einer weiteren wehrte Orochimaru ab und sein überlanger Hals schnellte wie eine Kobra nach vorn, die Schwertspitze durchbohrte knirschend den Puppenkörper und zertrennte dabei den Chakrafaden. Ein gezielter Tritt zerlegte die herrenlose Marionette in ihre Einzelteile. Eine weitere wurde quer durch den Raum geschleudert, die vierte zu Boden gerungen und dort zerstampft.

Sasori war immer noch nur mäßig beeindruckt. „Na schön“, sagte er und konzentrierte sein Chakra auf die beiden verbleibenden Puppen. „Genug mit dem Herumgefuchtel. Machen wir es doch mit Stil.“

Die Marionetten richteten nahmen schwere Maschinenpistolen von ihren Schulterriemen, wie sie sonst die Spezialeinheiten trugen. Orochimaru blieb nur eine Sekunde Zeit, überrascht die Augenbrauen hochzuziehen, während sie ihn ins Visier nahmen.

Dann entlud sich knatternd ein wahres Kugelgewitter auf den Schlangenmann. Die beiden Salven waren so gestreut, dass ihm keine Chance blieb auszuweichen. Jeder Schuss hallte mit einem ohrenbetäubenden Krachen durch den Raum, die Mündungen der Waffen flammten auf wie eine Discobeleuchtung. Orochimaru wurde sofort getroffen, aber der Dauerbeschuss hinderte ihn sogar am Fallen. Sein Körper zuckte wie unter Strom, und als die Puppen endlich aufhörten zu schießen, stank der Raum nach Schwarzpulver und wattige Stille kehrte ein.

Erst jetzt konnte Orochimarus Leiche zu Boden sacken. Sasori dachte eigentlich, dass es das nun gewesen sein müsste, aber natürlich war der Killer viel zäher. Sein Oberkörper, obwohl durchlöchert und blutüberströmt, zuckte noch in merkwürdigen Krämpfen, dann riss er seinen Mund unmenschlich weit auf. Wie eine Schlange, die sich häutete, kämpfte sich ein neuer Orochimaru aus seiner versehrten Haut. Er trug immer noch dieselbe Kleidung und schien unverletzt. Das Schwert war nun in seiner Hand.

„Die Polizei von heute ist wirklich modern“, stellte er fest und strich sich eine klebrige Haarsträhne aus dem Gesicht.

Sasori schnaubte und ließ die beiden Puppen nachladen. „Dann töte ich dich eben so oft, bis selbst du nicht mehr aufstehst.“

Orochimaru lächelte nur, und die durchlöcherte Hülle zu seinen Füßen zerfloss plötzlich zu hunderten kleinen Schlangen. Der Killer warf sich selbst zur Seite, und auch aus seinen Ärmeln schossen fauchende Schuppentiere. Sasoris Puppen feuerten wieder aus allen Rohren, zerfetzten die hässlichen weißen Kriechtiere, die auf sie zuflogen. Schmatzend holten die Kugeln die Schlangen aus der Luft, die sich mit süßlichem Dampf füllte. Sasori fragte sich, ob es sich dabei um Gift handelte. Wenn ja, dann hatte er keine Angst davor. Er war so ziemlich gegen jede Art von Gift immun, die es auf der Welt gab.

Der Schwall aus Schlangen schien nicht enden zu wollen, und Sasori hatte Orochimaru aus den Augen verloren. Plötzlich krochen die Biester auch von der Seite heran, sprangen die Puppen an und rissen sie um, wickelten sich um sie, während diese immer noch weiterschossen. Würgeschlangen, dachte Sasori. Klar, warum sollten nur giftige darunter sein?

Ein paar besonders große Tiere brachen knackend die Holzgelenke der Puppenpolizisten. Auch um Sasoris Beine schlängelten sich bereits welche. Er holte seine Pistole mit einem Chakrafaden zurück in seine Hand, lud mit geübten Bewegungen nach und schoss sich die Viecher vom Leib.

Dann tauchte aus dem Nebel Orochimarus Visage auf, und gleich daneben das blitzende Schwert. Sasori riss die Arme vor und erlaubte es, dass einer davon abgehackt wurde, dann trat er Orochimaru wuchtig in den Bauch, was ihn in die schlangenversuchte Ecke schleuderte. Sasori aktivierte die zweite Schriftrolle in seinem Rücken, klappte eine kleine Düse in seiner heilen Hand auf und tauchte den halben Kellerraum in brüllende Flammen, die sogar seine eigenen Haare versengten. Die paar Kriechtiere, die noch übrig waren, lösten sich buchstäblich in Rauch auf, und er hörte Orochimarus Schrei über das Tosen der Flammen. So machte man das.

Wie eine menschliche Fackel taumelte Orochimaru aus dem Feuer. Der Kerl war vielleicht schwierig umzubringen! Schwer atmend taumelte er kurz, würgte eine neue Version seiner selbst aus, die mit dem Schwert auf Sasori zusprang – und ihm mit einem perfekten Hieb den Kopf abschlug.

Die Holzkugel segelte im hohen Bogen durch die Luft. Im selben Moment schoss Sasoris Herzstück aus seiner Brust und fuhr in das bereitgehaltene Loch im Korpus der demolierten Polizeipuppe, die Orochimaru zuvor so kunstvoll durch den Raum gekickt hatte. Der Kopf rollte über den Boden, als Sasoris neuer Körper schon aufgesprungen war und seine Machete in Orochimarus Nacken versenkte, dass die Spitze an seinem Hals wieder austrat.

Der Schlangenmann erstarrte. Ein Röcheln ließ Blut über seine Lippen laufen, das auf die Klinge tropfte. „Ich gehe mal davon aus, dass es das jetzt wirklich war. Ich muss schon sagen, du warst der hartnäckigste Gegner, den ich je hatte“, sagte Sasori. Bedauernd betrachtete er seinen ehemaligen Körper mit all den versteckten Fallen und Finessen, an denen er ewig lang gefeilt hatte. Dagegen war der Körper der Polizeipuppe plump, glatzköpfig und außerdem war die Uniform mottenzerfressen. „Aber du bist nicht der Einzige hier, der weiß, wie man sich häuten kann.“

Orochimaru brach zusammen, stützte sich mit den Händen auf dem Boden auf. Sasori ließ den Griff der Machete los. Selbst wenn Orochimaru versuchen sollte, sich noch einmal selbst auszuspucken, die Klinge würde sein neues Ich entzweischneiden. Und er zerfloss auch nicht, als wäre er ein Doppelgänger gewesen. Sasori hatte gewonnen. Endgültig.

Mit zittrigen Händen griff der Killer in seine Hosentasche. Sasori spannte sich an, doch statt einer Waffe zog Orochimaru einen Kassettenplayer hervor. Das beunruhigte den Special Agent in Wahrheit mehr, als wenn er einen weiteren Ninjatrick abgezogen hätte.

Orochimaru drückte eine Taste, die das Band zum Laufen brachte. Dann starb er.

Nur wenige Sekunden später erklang seine Stimme.

„Ich gratuliere Ihnen, Special Agent. Sie haben das Ziel, dem Sie all die Jahre hinterhergejagt sind, erreicht. Wenn Sie dies hören, bedeutete das, dass ich meinen letzten Atemzug getan habe.

Doch es wäre nicht Ihre Aufgabe gewesen, mich aufzuhalten. Über die Jahre habe ich nichts anderes getan als die Polizei selbst. Ich habe Verbrecher zur Rechenschaft gezogen, die Sie nicht bestrafen konnten. Menschen eine Lektion in Sachen Leben und Überleben erteilt. Sie und ich, wir hätten Verbündete sein können.

Dennoch haben Sie sich entschieden, sich in meine Spiele einzumischen. Ich mag tot sein, doch für die Dreistigkeit der Polizei, mein nobles Werk zu behindern, nehme ich mir das Leben eines Polizisten. Ein Leben gegen ein Leben, Special Agent. Sie fragen sich, was ich damit meine?“

Eine Kunstpause folgte, in der man nur das Band rauschen hörte. „Na spuck’s schon aus“, knurrte Sasori ungeduldig, an Orochimarus Leiche gewandt.

Ein leises Lachen ertönte wie als Antwort. „Vielleicht sollten Sie nach Ihrem Kollegen sehen, der versucht hat, das kleine Mädchen zu befreien. Beeilen Sie sich besser. Er hat nur wenige Minuten, ehe er bei lebendigem Leib verbrennt.“ Damit erstarb auch das Band.

Deidara! Sasori fluchte. Wann war die Sache endlich vorbei? Er unterdrückte den Impuls, Orochimaru zu treten, und lief los. Einen letzten Blick warf er auf den Keller, der mit all den Leichen einem Schlachtfeld glich. Die Spurensicherung würde ewig brauchen, das alles zu dokumentieren. In seinem neuen, etwas ungelenken Körper hetzte er den Gang zurück, den er gekommen war. Hoffentlich war Deidara nicht blindlings in die Falle gegangen. Und wenn doch – hoffentlich kam er dann nicht zu spät.

 

„Schneller, schneller“, murmelte Konan, obwohl sie der Fahrer des Truppentransporters nicht hören konnte. Sie saß hinten bei der Mannschaft wie auf Nadeln. Noch nie war sie so ungeduldig gewesen.

Sie konnte keinen Blick auf ihre Umgebung erhaschen, aber sie wusste, dass es nur mehr ein paar Minuten dauern konnte, bis sie das Haus erreichten, in das Sasori und die anderen gegangen waren.

 

Sasori stieß die Tür mit dem gemalten Mädchen auf und folgte dem Flur dahinter. Eine steile Treppe führte nach unten, danach eine weitere Tür in einen hohen Raum, der von schmutzigen gelben Lampen erhellt war. Dort traute er seinen Augen kaum.

Ein riesiges … Ding dominierte eine kleine Empore – ein Ungetüm aus schwarzem Eisen. Wenn Sasori Orochimarus letzte, aufgenommene Worte richtig verstanden hatte, dann handelte es sich wohl um einen Ofen.

„Sasori!“, rief Deidara ihm entgegen. Sein blonder Schopf war hinter einem vergitterten Sichtfenster zu sehen. Sasori lief zu ihm.

„Ganz toll gemacht, Deidara. In so eine offensichtliche Falle kannst auch nur du geraten.“ Sasori war nach dem kräftezehrenden Ermitteln und dem anschließenden Kampf mittlerweile so gereizt, dass er seinen Kollegen duzte, wie damals, als Deidaras neu bei den Akatsuki gewesen war, sie beide an einem Fall gearbeitet hatten und Sasori mehr oder weniger den Babysitter für ihn hatte spielen dürfen.

„Das ist nicht meine Schuld!“, rief Deidara. „Das Ding ist einfach aus dem Boden gefahren, als ich die Kleine hochgehoben habe!“

„Wie geht es ihr?“

Deidara warf einen Blick über die Schulter. „Gut – aber besser wär’s für uns beide, wenn Sie uns hier rausholen. Wir haben nur noch drei Minuten!“ Er deutete auf einen Timer neben der Tür zu dem Zimmer. 2:58, verkündeten rote Lettern.

Sasori ersparte sich jeden Kommentar. Er zerrte an der Tür, aber es half nichts. Da war auch ein Schalter, aber es passierte nichts, wenn er ihn umlegte. Dafür entdeckte er Kabel, die davon wegführten und im Boden verschwanden. Er sah sich um und erkannte einen Kabelkanal an der Wand, der bis knapp unter die Decke reichte. Dort endeten die Kabel in einem Stecker, der lose baumelte. Von der anderen Seite führte ein weiterer Kabelstrang heran, und eine Buchse hing nur einen Meter neben dem Stecker. Und dazwischen hingen die Enden zweier verchromter Ketten bis zum Boden. Auf der einen Seite waren sie mit stählernen Fleischerhaken besetzt.

Sasori brauchte nur eine Sekunde, um den Zweck dieser Vorrichtung zu verstehen. Er hatte genügend von Orochimarus Spielen studiert, um die Regeln sofort zu begreifen. Er sollte sich die beiden Haken irgendwo in seinen Körper jagen und sich dann an den anderen Enden der Ketten hochziehen. Eine Zahnradapparatur an der Decke verhinderte wohl, dass er zurückrutschen würde. Oben angekommen, musste er die Kabel zusammenstecken und somit einen Stromkreis schließen – dann ließ sich sicher die Ofentür öffnen.

„Beeilen Sie sich, Sasori!“, drängte Deidara.

Sasori trat auf die Ketten zu und nahm die Haken in die Hand. „Auf ein letztes Spiel also“, murmelte er und stieß sich den einen rechts in die Brust, den anderen hakte er geschickt in dem Gelenk ein, das ihm erlaubte, seinen Rumpf zu drehen.

Es gab Dutzende Möglichkeiten für einen Ninja, dieses Spiel zu besiegen. Und wieder einmal zahlte sich ein gefühlloser Puppenkörper aus. „Tut mir leid, Orochimaru. Aber das ist fast zu einfach.“

Mit mechanischen Bewegungen hangelte er sich nach oben, während die Uhr hinter ihm unerbittlich weitertickte. Hätte seine Feinmotorik in diesem Körper besser funktioniert, hätte Sasori einfach seine Chakrafäden eingesetzt, aber so ging es schließlich auch. Oben angekommen, steckte er die beiden Kabelenden zusammen. Danach hakte er die eine Kette aus und riss sich den zweiten Haken einfach aus dem Leib, wobei ein Stück Holz mitging. Kurz hing er nur mit der Kraft seiner Arme, dann rutschte er an einer der Ketten zu Boden. Seine Handfläche bekam dabei einiges ab, aber auch das schmerzte nicht.

Fast fand er es schade, dass er nicht mehr von Orochimarus Spielen mitbekommen hatte. Der Schlangenmann setzte fast immer auf Schmerzen und die Schwächen menschlicher Körper. An Sasori hätte er sich höchstens die Zähne ausgebissen.

Am Ofen angekommen, hatten sie immer noch eine halbe Minute Zeit. Man hörte ein leises Surren. Die Schaltkreise im Türschloss wurden wohl jetzt mit Strom gefüttert. Sasori drehte den Schalter und hörte ein metallisches Schaben, als mehrere Riegel zur Seite geschoben wurden. „Herausspaziert, du Unglücksrabe“, sagte er und zog die Tür auf.

„Puh, danke. Sie haben was gut bei mir“, seufzte Deidara und stieg aus dem Ofen. Das Mädchen hatte er sich halb über die Schulter gelegt, wie einen Sack Kartoffeln. Wer sie überhaupt war, mussten sie noch herausfinden. Sie rührte sich nicht, allerdings konnte Sasori sehen, wie sie atmete.

„Sieht so aus, als wäre die Kleine ohnmächtig geworden“, stellte Sasori fest.

Deidara drehte den Kopf, um sie anzusehen. „Ja. Gut.“

„Wieso ist das gut?“

„Deswegen“, sagte Deidara. Mit einem kräftigen Stoß schubste er Sasori in Richtung Ofentür. Dann verpasste er ihm noch einen Fußtritt, der Sasoris hölzerne Außenhaut knacken und ihn in die grauschwarze Apparatur hineinstolpern ließ.

„Was zum Teufel …“, ächzte Sasori, als Deidara mit einem kräftigen Rums die Tür zuwarf. Dann formte er ein simples Fingerzeichen vor seiner Nase. Irgendwo über ihnen explodierte etwas, wahrscheinlich eine Lehmfigur. Eine Lehmfigur, die der Detective oben bei den Kabeln versteckt haben musste – schon als er den Raum betreten hatte. Sofort erstarb das elektrische Surren. „Was soll das?“, rief Sasori und sah in Deidaras teuflisches Grinsen, das nur ein paar Zentimeter von seinem Gesicht entfernt war. Er packte die Gitterstäbe und rüttelte daran, aber der Stromkreis war wieder unterbrochen. Die Tür war wieder fest verriegelt.

„Mach sofort auf!“, zischte Sasori. „Deidara! Was hast du getan?“

Im nächsten Moment sprang der Timer auf null. Flammen fauchten unter Sasori auf; er sah sie durch den Rost zwischen seinen Füßen lodern. Fluchend rüttelte er erneut an der Tür. Erst fingen seine Hosen Feuer, dann das Holz seiner Beine. „Deidara!“, knurrte er. „Du Scheißkerl! Macht die verdammte Tür auf! Sofort!“

Deidara zuckte nur entschuldigend die Schultern, während er das ohnmächtige Mädchen auf seiner Schulter zurechtrückte. „Game over, Special Agent“, sagte er.

Sasori schlug gegen die Tür, dann noch einmal und noch einmal, versuchte das Äußerste aus seinem geborgten Körper herauszuholen, aber es reichte nicht. Er war hier eingesperrt, ohne die Möglichkeit, sein Herzstück irgendwohin zu transferieren, und ohne die Kraft, auszubrechen … Das Metall des Ofens glühte, die Hitze trieb das Holz blättchenweise als Asche aus seinem Gesicht. Er fühlte nichts, kein Feuer, keine Hitze, aber er sah die Flammen, die über seinen Körper leckten und für die er nichts als reines Brennmaterial war, und durch die Chakraverbindung zu seinem Herzteil konnte er sogar den Rauch riechen.

Und er sah Deidara, der mit dem Mädchen auf dem Arm seelenruhig aus dem Raum spazierte und sich nicht einmal mehr nach ihm umsah. Sasori riss den Mund auf, um ihn zu verwünschen, aber in dem Moment knickte eines seiner Beine ein und er stürzte zu Boden, den Flammen entgegen.

Es dauerte nur Minuten, und von Akatsuki-Special Agent Sasori war nichts weiter als Asche übrig.

 

Haku war gerannt, als wäre der Teufel hinter ihm her. Die Gittertür neben dem Kellerraum war plötzlich weg, und er fand einen Weg in ein vollgerammeltes Zimmer. Von dort kam er in den Garten des Hauses. Es regnete, und die frische Luft war das Angenehmste, was er je gerochen hatte. Immer noch schmerzte sein Hals und er konnte kaum schlucken, aber er lebte. Er lebte und war wieder frei.

Haku stieß einen krächzenden Jubelruf aus und vollführte einen Luftsprung. Dann trafen ihn die Schuldgefühle.

Sie waren zu acht in dem Haus gewesen. Nur er war freigekommen. Die anderen waren alle gestorben, sie waren tot … Er wusste, er sollte sich der Polizei stellen, und er hatte eigentlich erwartet, hier ein ganzes Aufgebot an Wagen mit Blaulicht zu sehen, aber da war niemand. Der Polizist schien allein in das Haus gekommen zu sein.

Und er war zu spät gekommen.

Wäre er nur ein wenig früher in den Raum gestürmt, wäre Kakashi nicht gestorben. Kankurou wäre … Er wusste nicht, was wirklich mit Kankurou geschehen war. Was er dort drin in diesem Haus erlebt hatte, überstieg seinen jugendlichen Verstand. Er brauchte dringend Ruhe. Vielleicht konnte er sich später einen Reim darauf machen. Wahrscheinlich brauchte er auch eine Behandlung gegen die Nachwirkungen des Giftes. Er kannte ein paar Leute auf der Straße, die ihm da helfen konnten. Ärzte, die keine Fragen stellten.

Haku schüttelte den Kopf, um die tosenden Gedanken in seinem Kopf loszuwerden.

Auf die Polizei konnte man sich eben einfach nicht verlassen. Aber er wollte auch nicht weiterhin in den Schatten der Gesellschaft leben. Nicht einmal das hatte ihn vor Orochimaru geschützt. Er war ein unbeschriebenes Blatt Papier, und er war noch jung. Vielleicht würde er ehrlicher werden. Sich einen richtigen Job suchen bei jemandem, der ob seiner Herkunft ebenfalls nicht viele Fragen stellte. Im Moment konnte er das noch nicht sagen. Im Moment war er am Leben, und das reichte ihm.

Er rannte bis zum Ende des Häuserblocks und ließ sich dort erst gegen eine Hausmauer sinken, um Atem zu schöpfen. Seine Glieder waren bleischwer. Nur ein paar Minuten, bis sich sein Atem wieder einigermaßen beruhigt hatte … Dann kämpfte er sich hoch und schleppte sich weiter. Er musste herausfinden, wo genau er war, und er brauchte einen Schlafplatz für die Nacht. Ganz sicher würde er Albträume haben. Aber er lebte. Er war das erste Opfer von Orochimaru, das überlebt hatte.

Als er am Ende der Straße noch einmal zu dem Haus zurücksah, waren sie da: Blaulicht erhellte die Nacht, und es wuselte nur so vor bewaffneten Einsatzkräften.

 

--- GAME OVER ---


Nachwort zu diesem Kapitel:
... und das war's mit Auftakt. Wer auch immer bis hierher durchgehalten hat - ich danke dir fürs Lesen und hoffe, es hat dir gefallen :)
Ich habe auch schon in meinem Weblog erwähnt, dass ich vielleicht einen abschließenden Teil zu meiner Tödliches Spiel-Reihe schreiben werde ... mal sehen. Würde mich über bejahende Stimmen natürlich freuen ;)
Bis dann!
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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  yugi-san
2019-03-28T11:23:02+00:00 28.03.2019 12:23
Wahnsinns gute Fanfiction, ich verstehe wirklich nicht, wie diese FF so wenige Kommentare bekommen konnte. Man sieht die Mühe welche du dir gemacht hast einen spannenden und abwechslungsreichen Plot auszudenken - nicht zu vergessen mit deinem bildhaften Schreibstil. Ich bin wirklich glücklich, dass ich die Möglichkeit hatte deine FF lesen zu können und dies auch an einem Stück, anderweitig wäre ich wohl vor Spannung gestorben^^"
Kakashis Tod tat mir iwie voll leid, aber gut er war halt notwendig.

LG
yugi-san
Von:  Mia-chan9923
2016-11-06T16:37:36+00:00 06.11.2016 17:37
Keine Ahnung warum aber ich wahr irgendwie glücklich darüber das Haku überlebt hatte xD ich persöhnlich finde kein Wort das diese FF beschreiben könnte sie wahr einfach nur... wie soll man sagen? Einfavh alles in einem xD hier spreche ich auch noch mal meinen größten Respekt an dich aus du hast das echt klasse geschrieben! Ich würde mich über einen abschließenden Teil freuen!!! xD

LG Mia-chan
Antwort von:  UrrSharrador
20.11.2016 11:13
Danke für deinen Kommi :) Bzw für all deine Kommis bisher, ohne dich hätte ich wohl das Gefühl gehabt, die FF umsonst fertig geschrieben zu haben^^ Freut mich also riesig, dass sie dir so gut gefallen hat.
Ich seh mal, was sich punkto abschließender Teil machen lässt^^
lg


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