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Düster das Herz

von

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Flucht XXII

Ich fühlte mich unwohl, eingeengt in diesem hässlichen Kleid, das unvorteilhaft an meinem Körper herabhing. Sommerlich kurz mit blassen Punkt darauf, wie für ein kleines Mädchen. Fehlte nur noch die Schleife im Haar. Nein, war das armselig.

Der Spiegel auf der Bahnhofstoilette verriet mir meine Hässlichkeit, Unweiblichkeit, die ich ausstrahlte. Abgemagert, kein Arsch, keine Titten für gaffende Kerle, kein Funken Selbstbewusstsein in den Augen.

Hoffentlich erkannte man nicht den Jungen in mir. Für diese Maskerade hatte ich meinen letzten Stolz über Bord geworfen. War nur noch eine leere Hülle, die sich betrachtete. Die schlecht gefärbten Haare aus den Augen fegte. Angewidert den Nagellack auf meinen Finger betrachtete.

Nun war ich auch eine dieser Schlampe, ich fragte mich, wie sich das anfühlen musste.

Und diese Selbsterniedrigung nur, damit die Polizei mich nicht fand, fing, fortbrachte.

Ich packte das geklaute Make up aus der Tasche. Alles war geklaut, sogar die Haarspangen.

Wie schminkte man sich? Warum tat man es? Blieb mir denn nichts erspart?

Bei jeder neuen Schicht auf meinem Gesicht empfand ich absolute Selbstverachtung.

Ich war ein Jäger, Engelsucher, Mädchenmörder, keine Plastikpuppe. Das war nicht mehr ich, was mich aus dem Glas anstarrte. Nur ein neues, hässliches Mädchen auf der Welt.

Was man nicht tat, damit man mitgehen durfte, nicht die Nacht im Freien sitzen musste.

Ich war so tief gesunken, dass ich mich für einen Schlafplatz prostituierte. Wie abstoßend war ich geworden? Lag sicher an der Kapelle und der permanenten göttlichen Anwesenheit.

Ich beendete mein Werk, richtete das Kleid, zerschlug den Spiegel; ab in die nächste Straßenbahn, immer weiter weg von Jones und seiner neuen Meisterin. Vielleicht sah ich ihn wieder. Vielleicht auch nicht.

Aus dem Gebäude hinaus, direkt in die Nacht.

Nehemia war tot, nun fristete an seiner Stelle Cecilia ein armseliges Schicksal.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2012-01-02T16:29:32+00:00 02.01.2012 17:29
Nehemia als Mädchen also...
Mal sehen, ob ich mich damit anfreunden kann. Als Kerl hätte er sich auch ganz gut prostituieren können...
Obwohl ich eher angenommen hätte, dass er sich eher irgendwelche Bruchbuden als Unterkunft sucht, als genau das weiterzumachen, von was er weggelaufen ist. Die gibt es im Grunde überall. Aber vielleicht braucht er es doch bequemer?
Nun... wenigstens versinkt er zurecht im Selbstmitleid, aber ändern tut sich rein gar nichts.


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