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Digimon Pandaemonium

Zwischen Schatten und Licht
von

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Das Pandaemonium

Wie ein Mantel lag eine unnatürliche Stille über der Welt. Stille und die Dunkelheit der Nacht und ihm, dem einsamen Wanderer, erschien es, als wäre es jene Dunkelheit, die jedes Geräusch erstickte. Die der Grund für dieses allgegenwärtige Schweigen der Natur war. Ein anhaltendes, düsteres Schweigen, in dem die Welt schlief.

Zumindest schien sie zu schlafen, denn dem aufmerksamen Beobachter entgingen die langsamen Bewegungen zwischen den Bäumen nicht. Und obwohl jedes Geräusch, dass jene Wesen, die sich dort herumtreiben mochten, erstickt wurde, so blieben sie den Augen des Wanderers dennoch nicht verborgen. Leise zählte er.

Es waren mindestens drei.

So sehr er die Stille ansonsten auch verabscheute, in jener Nacht kam sie auch ihm zu Gute. Denn so waren auch die anderen nicht fähig ihn zu hören. Nur sehen konnten sie ihn. Er musste vorsichtig sein.
 

Wie ein Schatten huschte er zwischen den Bäumen hindurch, verbarg sich hinter Büschen wann immer er befürchten musste, dass ihn jemand entdecken könnte. Doch nichts geschah. Sie sahen ihn nicht. Vielleicht rechneten sie nicht damit, dass jemand wagen könnte, hier einzudringen.

Dumme, einfältige Wachen.

Der Wanderer hüllte sich in seinen dunklen Umhang, zog den Hut tief ins Gesicht, als sich in seiner Nähe etwas regte. Seine Kleidung ließ ihn noch mehr mit der dunklen Umgebung verschmelzen und dennoch konnte er nicht sicher sein, unentdeckt zu bleiben. Doch sein Ziel, seine Aufgabe, war zu wichtig, um jetzt zu scheitern. Wenn er versagte, dann gab es keine Rettung mehr. Niemals.

Obwohl ihn die Angst beherrschte, der Wächter könnte seine Augen in der Dunkelheit leuchten sehen, folgte er dem Wesen, das sich ihm näherte, mit dem Blick. Die langen Arme streiften beinahe über den Boden, während das Digimon gelangweilt vor sich hin trabte. Über jene Digimon gab es zu viele Mythen, um beurteilen zu können, was wahr war. Doch es schien ihm nicht übertrieben zu behaupten, dass diese Arme einen wie ihn in Stücke zu reißen vermochten.

Er wagte kaum zu atmen, als das Digimon, Wendimon, in seiner Nähe stehen blieb, den Blick schweifen ließ. Seine Gedanken rasten und es war ihm unmöglich sich zur Ruhe zu zwingen. Fest schloss sich seine Hand um den Stab, den er mit sich führte, immer darauf bedacht, dass dieser nicht unter dem Umhang hervorlugte. Wenn man ihn entdeckte, dann war es sein Ende.

Doch er hatte Glück. Wendimon setzte seinen Rundgang fort, kehrte ihm, dem Wanderer, den Rücken zu und verschwand zwischen den Bäumen. Viele Augenblicke lang wagte er nicht sich zu bewegen, doch schließlich setzte er seinen Weg fort. Weiter in den Wald hinein, die Wachen hinter sich lassend, strebte er auf jene Höhle zu, die sein Ziel war.

Und wieder erschien es ihm, als würde niemand daran denken, jemand könnte töricht genug sein, um zu versuchen hier einzudringen. Denn obwohl er sich der Höhle immer weiter näherte, konnte er keine weiteren Wachen entdecken. Dennoch blieb er vorsichtig, er traute dem scheinbaren Frieden nicht. Und das nur zu Recht.
 

Vor ihm lag eine Lichtung, die von sanftem Mondlicht erleuchtet wurde. Mondlicht, das nicht durch die Bäume dringen konnte und ihn im Wald nicht verraten konnte. Doch hier? Suchend huschten seine Augen umher und blieben schließlich an den schlafenden Wachen am Höhleneingang hängen. Ja, sie schliefen, fürchteten keine Gefahr. Doch hier war er. Er, der Wanderer. Der einsame Rächer. Doch konnte er es wagen auf jene Lichtung zu treten? Er wusste nicht, ob dieser Ort beobachtet wurde. Aber er wusste, dass er sich beeilen musste. Mit jedem Herzschlag verstrich ein Augenblick der Nacht und wenn es erst Tag war, wäre es unmöglich seinen Plan auszuführen.

Und so handelte er. Schnell glitt er über die freie Fläche. Er sah seinen eigenen Schatten, den das Mondlicht auf den Rasen warf und konnte nur hoffen, dass niemand in seine Richtung blickte. Hoffen und beten. Doch schon hatte er die Wächter erreicht, kümmerte sich aber nicht weiter um sie. Er war nicht hier um zu töten. Sein Auftrag war wichtiger. So schlich er an ihnen vorbei in die Tiefe der Höhle hinein.
 

Es war ihm unmöglich zu sagen wie lange er gelaufen war. Unmöglich zu urteilen wie viel Zeit vergangen war. Immer wieder hatte er sich verstecken müssen, um den Blicken der Wachen zu entgehen. Doch schließlich war es so weit. Er bog um eine Ecke und vor ihm breitete sich eine riesige Halle aus Stein aus. Feine Linien zogen sich über den Boden, bildeten seltsame, verschlungene Muster, von denen man sagte, dass sie die ganze Geschichte der Welt erzählen würden. Doch zu lesen vermochte sie niemand. Und in jenem Moment waren nicht sie es, die die Aufmerksamkeit des Wanderers auf sich zogen. Nein, seine Augen hatten sich auf einen Gegenstand gerichtet, der inmitten der Halle auf einem kleinen Podest ruhte. In Seide gebettet lag er da, strahlte ein Licht von solcher Reinheit aus, wie der Wanderer es noch nicht gesehen hatte. Und ohne dass er es selbst bemerkte, rann ihm eine einzelne Träne über das Gesicht, während er langsam, fast andächtig, darauf zu trat.

Dort lag es in seinem Bett aus Seide. Das Herz dieser Welt, gefangen hier in der Finsternis und dennoch so rein und makellos. Das Licht, das es ausstrahlte war hell und dennoch blendete es ihn nicht. Nein, er war sogar fähig das rhythmische Pulsieren zu erkennen, das von jenem Gegenstand ausging. Vorsichtig streckte er seine Hände danach aus, umfasste den Gegenstand und barg ihn unter seinem Umhang, direkt über seinem Herzen.

„Wir wussten, dass du kommst, Wizarmon.“
 

Er fuhr herum. Das Licht hatte ihn derart gefangen genommen, dass er nicht bemerkt hatte, dass er nicht mehr alleine war. Und nun war es zu spät. Es waren zu viele und sie waren zu stark für ihn. Alleine konnte er hier nicht kämpfen.

Er, der Wanderer, er machte eine Bewegung mit seinem Zauberstab und die Macht der Illusion vervielfältigte ihn. So schnell er konnte ergriff er die Flucht, suchte seinen Weg aus den Höhlen hinaus, immer darauf bedacht seine Feinde abzuhängen. Er spürte, wie der Zauber an seinen Kräften zehrte, wie nach und nach jede seiner Illusionen zerstört wurde, bis schließlich nur noch er selbst übrig blieb.

Doch der Weg war nicht mehr weit, schon sah er den Ausgang der Höhle. Und es gelang. Er schaffte es.

Doch kaum hatte ihn das Mondlicht erfasst, da stürzten sich die Wächter auf ihn, die von ihrem Meister heran gerufen worden waren. Und noch bevor Wizarmon, der einsame Wanderer der Nacht, fähig war sich zu verteidigen, hatten sie ihn umzingelt und feuerten ihre Attacken auf ihn.

„Nein…“

Sein letzter Gedanke galt dem Herzen aus Licht, das er versprochen hatte aus der Dunkelheit zu retten. Jenem Licht, das ihre einzige Chance auf Rache, auf Gerechtigkeit war. Doch nun war alles verloren. Wieder vergoss er nur eine einzelne Träne, bevor er verging, um an einem anderen Ort wieder ins Leben zu treten.
 

Das Licht aber, jenes pulsierende Herz, es fiel nicht zurück in die Hände der Dunkelheit. Nein. Denn es zersprang unter dem heftigen Angriff der Bestien des Dunklen Meisters. Zersprang und die Splitter trug der Wind hinfort.

Folge 1: Willkommen in der Digiwelt

Es war dunkel in dem kleinen Zimmer. Nur das Mondlicht, das durch das offene Fenster fiel und der hell erleuchtete Monitor spendeten Licht. Doch mehr brauchte er auch nicht. Nein, eigentlich hatte er noch nicht einmal bemerkt, dass es dunkel geworden war, dass irgendwann der Mond aufgegangen war. Seine rechte Hand lag auf der Maus und das hektische Klicken war das einzige Geräusch, das zu hören war. Kurz glitt seine andere Hand von der Tastatur zu seinen Haaren, um sie sich aus den Augen zu streichen. Die ungebändigten, blonden Fransen hatten wieder einmal ihr eigenes Leben entwickelt.

„Shit!“, entfuhr es ihm und er schlug mit der Faust auf die Tischplatte, bevor seine Finger über die Tastatur flogen.

Damn u seepin???

Das durfte doch nun wirklich nicht wahr sein! Sie waren so dicht dran gewesen und dann so etwas. Mit einem wütenden Schnauben lehnte er sich zurück und ließ die Augen über den Bildschirm gleiten, auf dem in großen Lettern you loose geschrieben stand. Eine Antwort auf seine Frage erhielt er nicht.

ShadowQueen: xD again…

Er seufzte leise. Ja. Schon wieder. Er ließ den Blick über sein Zimmer gleiten, dachte kurz darüber nach, ob er das Fenster schließen sollte. Aber da es sich die Mücken ohnehin schon im Zimmer bequem gemacht hatten, konnte er es genauso gut offen lassen. Vielleicht fanden sie ihren Weg ja wieder nach draußen? Die Hoffnung starb immerhin zuletzt.

Dann wanderten seine Augen weiter zu den Leuchtziffern der Funkuhr, die neben seinem Bett am Boden stand. Es war 4:17 Uhr morgens.

Gerade hatte er überlegt, ob er ins Bett gehen sollte, als ihn ein unangenehmes Piepen aus den Gedanken riss. Ohne darüber nachzudenken, drückte er eine Taste, um das Gespräch entgegenzunehmen.

„Hey, Wolf… Wir haben schon wieder verloren, ist dir das aufgefallen?“

Die vertraute Stimme von ShadowQueen drang aus seinem Headset.

„Sieht so aus. Dabei waren wir so dicht dran…“

„Was ist eigentlich passiert? Ich hab nur noch Blitze und Sternchen gesehen…“

„Drag hat geschlafen und ich war tot.“

„Ach, darum bin ich gestorben!“

Die beiden brachen in Gelächter aus und er drehte sich wieder zu seinem Monitor und klickte sich in die Charakterauswahl weiter. Er gähnte und verschränkte dann die Hände hinter dem Kopf.

„Sag nicht, dass du müde bist?“

„Es ist halb fünf, Shad.“

„Na und?“

„Morgens.“

Er hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass sie sich an den Zeitunterschied erinnern würde. Es wäre das erste Mal gewesen.
 

Nur kurz darauf erklang wieder ein Piepen. Er brauchte keinen Blick auf den Monitor zu werfen, um zu wissen wer anrief.

„Drag ruft an“, kündigte er dem Mädchen am anderen Ende der Leitung an, bevor er ihn ins Gespräch holte.

„Hey, Leute. Neuer Versuch?“

FireDragon machte sich noch nicht einmal die Mühe die beiden anderen zu begrüßen. Wozu denn auch? Sie hockten sowieso schon länger gemeinsam vor dem Computer.

„Dir auch einen guten Morgen, Drag.“

„Ach ja. Hallo.“

„Ich geh schlafen, Drag. Es ist schon so spät, dass es schon fast wieder hell wird.“

Tatsächlich begann sich der Himmel im Osten bereits zu verfärben, kündigte das Aufgehen der Sonne an. Davon sah er allerdings nichts, da sein Fenster nicht in diese Richtung lag.

„Ach komm schon! Ein Versuch noch, dann kannst du deinen Schönheitsschlaf halten. Aber bringen wird es dir nichts.“

Mit den Fingern trommelte er auf der Tischplatte herum, ohne einen richtigen Rhythmus zu finden. Dafür war er schon zu müde. Dennoch musste er grinsen.

„Na von mir aus. Ein Versuch noch. Aber dieses Mal nimmt Shad den Heiler.“

„Tu mir das nicht an!“, stieß sie hervor.

„Und was mach ich dann?“

„Den Tank. Damit du mal weißt wie das ist, wenn der Heal auf dich vergisst.“

„Was kann ich dafür, dass mein Internet sich überfordert gefühlt hat, Wolf?“

„Besorg dir ein Besseres“, antwortete ShadowQueen an seiner statt.

Er nickte. Bis ihm einfiel, dass die beiden das ja nicht sehen konnten.

„Kommt, beeilt euch. Wenn das noch länger so geht, komm ich erst zu Mittag ins Bett.“

„Na und?“

„Rain kommt zum Mittagessen.“
 

Die Kommentare der beiden ignorierte er mehr oder weniger. Vielleicht hatten sie ja kein reales Leben, aber er zumindest hatte eines. Dass seine Freundin auch gerne spielte, brachte ihn zwar nicht unbedingt von seinem Computer weg, aber wenn sie da war, dann würde er sich auch um nichts in der Welt wieder davor setzen. Denn für ihn steckte hinter dem Namen RainDrop viel mehr als nur das aufgeweckte Mädchen, das seine Gegner am Liebsten aus dem Hinterhalt überfiel.

Als ShadowQueen und FireDragon mehr oder weniger zugestimmt hatten, dass sie jetzt anfangen sollten, wählte er seinen Charakter aus, um das Spiel zu starten.

Disconnect.

Stirnrunzelnd starrte er das Wort einen Moment lang an.

„Mich hat’s rausgeworfen, muss mich neu einloggen“, murmelte er dann.

„Aber über mein Internet lästern. Oh, shit!“

„Was?“

„Ich auch.“

Ein weiteres Fluchen sagte den beiden, dass es auch ihrer Mitspielerin nicht anders ergangen war. Seltsam. Aber darüber machten sich die Jugendlichen im Augenblick weniger Gedanken. Stattdessen loggten sie sich lieber wieder neu ein - oder versuchten es zumindest.

Error. Invalid username or password.

Ja, er war eindeutig schon zu müde, wenn er noch nicht einmal sein Passwort eintippen konnte, ohne einen Fehler zu machen. Doch als er nach dem dritten Versuch immer noch das gleiche Ergebnis erhielt, beschloss er, dass es nicht an ihm liegen konnte.

„Ich kann mich nicht einloggen.“

„Ich auch nicht.“

„Muss ein Serverproblem sein, Jungs. Ich näml…“

Mehr hörte er nicht mehr, denn ohne Vorwarnung war seine Internetverbindung nun völlig zusammengebrochen. Leise schimpfte er vor sich hin, beschloss aber, dass es ohnehin besser wäre, wenn er schlafen ging. Wenn er sich jetzt noch darum kümmerte, lief er nur Gefahr so lange mit den beiden anderen zu reden, bis es Zeit zum Mittagessen war. Doch als er den Computer herunterfahren wollte, wurde das gesamte Bild plötzlich blau.

Grundsätzlich hatte er ja nichts gegen diese Farbe, allerdings mochte er es nicht, wenn das Gerät Dinge tat, die es eigentlich nicht tun sollte. Schnell musste er feststellen, dass er weder seine Maus benutzen konnte, noch die Tastatur. Er probierte einige Tastenkombinationen. Nichts.

„So ein Mist aber auch…“

Mit einer Hand tastete er nach dem Powerknopf, um den Computer eben so auszuschalten. Er drückte den Finger auf den Knopf. Nichts. Zehn Sekunden, zwanzig Sekunden und noch immer geschah nichts.

Doch. Jetzt geschah etwas.

Auf dem blauen Hintergrund tauchten nach und nach einige Buchstaben auf und er brauchte einen Moment, um zu bemerken, dass es Worte waren. Und dass sich diese Worte an ihn richteten.

hi, IceWolf! u there?

„Was zum…?“

Er starrte verwundert auf den Bildschirm, war fassungslos. Erlaubte sich hier jemand einen Scherz mit ihm? Wahrscheinlich, denn anders konnte er sich das nicht erklären. Aber da sich sein Computer immer noch nicht abschalten ließ – auch nicht gewaltsam – blieb ihm nichts anderes übrig, als darauf einzugehen. Immerhin schien seine Tastatur wieder zu funktionieren, wenn man einmal von seinen geliebten Tastenkombinationen absah.

know u there. answer

Sein Gesicht verzog sich kurz zu einer Grimasse, bevor er wütend auf die Tasten hämmerte.

who are u?

Dafür, dass der andere zuerst so ungeduldig gewesen war, ließ er sich nun ziemlich viel Zeit mit seiner Antwort. Sofern überhaupt eine kommen würde. Gerade als sich sein Finger wieder auf den Power-Knopf gelegt hatte, tauchten endlich weitere Buchstaben auf. Langsam aber sicher begann sein Bildschirm einem Chatfenster zu gleichen, einzig mit dem Unterschied, dass der gesamte Hintergrund immer noch blau war.

Vaccine

we need u IceWolf

Ganz sicher war er nicht, war die Antwort auf seine Frage hier enthalten, oder eher nicht? Wahrscheinlich nicht, immerhin war der einzige Name, den er in diesem Geschriebenen erkennen konnte, sein eigener. Wer auch immer ihn hier auf den Arm nahm: Er verstand etwas von seiner Sache. Der Junge, den sie IceWolf nannten, konnte sich noch nicht einmal vorstellen, wie dieser Fremde es geschafft hatte in seinen Computer einzudringen und ihn auch noch daran zu hindern ihn abzuschalten. Er sah sich mit einer Situation konfrontiert, die er für unmöglich gehalten hatte.

Wenn er in diesem Moment geahnt hätte, dass es seinen beiden Freunden nicht anders erging, dass sie sich in einer Situation befanden, die der seinen zu ähnlich war, als dass es Zufall hätte sein können, dann wäre er beunruhigt gewesen. Doch so? So war er nur wütend. Und müde.

f*** off!
 

Als wäre das das Stichwort gewesen, begann sich der Hintergrund erneut zu verändern. Scheinbar aus dem Nichts, begannen Grashalme zu sprießen, bedeckten einen großen Teil jener Fläche, die zuvor in das Blau getränkt worden war. Erst nach und nach nahmen sie die Farbe an, die Grashalme eigentlich hatten. Gebannt starrte IceWolf auf den Bildschirm. Beinahe schien es ihm, als würde Wind durch das Gras streifen. Auch der Rest des Bildes veränderte sich, zeigte den Nachthimmel. Einzelne Sterne prangten an diesem, doch ihr Licht war schwach und hin und wieder wurden sie von den vorbei treibenden Wolken verdeckt. Das Ganze war in derart guter Grafik gehalten, dass er die einzelnen Grashalme beinahe zählen konnte.

Wie war das möglich?

Gerade als er sich ein wenig gefasst hatte, zog eine Bewegung am unteren Bildrand seine Aufmerksamkeit auf sich. Ein kleines Wesen sprang von dort hervor und begann auf der Wiese herumzutollen. Es erinnerte ihn an einen jungen Hund, einzig die Farbe wollte nicht so ganz passen. Erst als das Wesen stehen blieb und sich hinsetzte, konnte er erkennen, dass noch einige andere Details nicht so ganz passen wollten. Er schüttelte den Kopf.

Das kleine Wesen blickte nach rechts und IceWolf folgte dem Blick. Dort kam eine Gestalt…

Scharf zog er die Luft ein. Das war ja er selbst!
 

Das Bild verschwand und zurück blieb ein schwarzer Hintergrund.

welcome IceWolf

„Was soll das denn jetzt heißen?“

Er bemerkte noch nicht einmal, dass er die Worte laut aussprach. Er bemerkte auch nicht, dass in seinem Zimmer plötzlich Grashalme zu sprießen begannen und die Decke verschwand. Nein, er starrte auf die Worte und versuchte den Sinn dahinter zu ergründen. Ein Windstoß wirbelte sein Haar durcheinander. Vielleicht sollte er das Fenster doch schließen?

Doch als er sich umdrehte, war da kein Fenster mehr. Da war auch keine Wand mehr. Er drehte sich noch einmal um. Seine Augen huschten über die Graslandschaft, die vorher noch nicht da gewesen war. Glitten über den nächtlichen Himmel, die vereinzelten Sterne.

„Was…?“

War das ein Traum? Sein Gefühl sagte ihm, dass es nicht so war. Er war immer noch müde, ihm war kalt und das Entsetzen, das er empfand, fühlte sich zu echt an. Nein. Kein Traum. Dennoch kniff er sich selbst in den Arm. Aber es änderte nichts an seiner Situation. Er schlief eindeutig nicht.

Aber wo war er?

Welcome, IceWolf! New Quest: Find your Partner! You Accept?

Die Stimme klang metallisch, computergeneriert. Auf jeden Fall nicht menschlich. Ganz automatisch antwortete er mit einem Nicken. Es dauerte einige Augenblicke, bis er verstand was hier eigentlich gerade passiert war. Irritiert richtete er seinen Blick gen Himmel. Woher kam die Stimme? Hier war nirgendwo etwas, woran man einen Lautsprecher aufhängen könnte. Außerdem wurde er das Gefühl nicht los, dass diese Stimme zu den Nachrichten auf seinem Monitor gehörte… Wieder drehte er sich einige Male um die eigene Achse, bis er die Suche schließlich aufgab. Das hatte so wohl keinen Sinn. Dann begann er über das nachzudenken, das die Stimme gesagt hatte. Neue Quest?

„Ach, verdammt, ich zocke eindeutig zu viel…“

Dennoch sah er sich erneut um. Welchen Partner? Und wie sollte er diesen finden? Und überhaupt: War das hier ein verfluchtes Computerspiel?
 

In der Zwischenzeit war es auch FireDragon nicht viel anders ergangen. Er saß auf einem Baumstumpf, inmitten eines Waldes, umgeben von Bäumen, die er nicht kannte. Das einzige Licht, das er sah, kam von einigen seltsamen Blüten, die am ganzen Erdboden wuchsen. Auf den ersten Blick hatte er sie für normale Blumen gehalten, doch da sie inzwischen angefangen hatten in allen Farben des Regenbogens zu glühen und zu leuchten, hatte er beschlossen, dass er sich geirrt hatte.

Er schnaubte, blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Allerdings zeigte sich eben diese Strähne von dem Versuch nicht sonderlich beeindruckt und kehrte schon nach kurzer Zeit dorthin zurück, von wo er sie zu verscheuchen versuchte. Da er seine Hände aber nicht frei hatte, hatte er keine andere Möglichkeit, als es erneut zu versuchen.

Seine Hände hatte er demonstrativ vor der Brust verschränkt. Doch auch hier galt: Derjenige, an den sich diese Geste richtete, war davon nicht unbedingt beeindruckt.

New Quest: Find your Pa…

„Ja doch, wenn du mich dann endlich in Ruhe lässt!“

Schon seit einigen Minuten hatte ihn diese seltsame Stimme mit eben jenem Satz angesprochen. Er hatte gar nicht daran gedacht diese Quest anzunehmen. Aber nun musste er wohl einsehen, dass er keine andere Wahl hatte. Und wenn er sich schon dazu entschieden hatte anzunehmen, dann konnte er sich auch gleich auf die Suche nach diesem Partner machen, bevor er hier noch Wurzeln schlug. Oder Schlimmeres.

Er fuhr herum. Wieder hatte er sich eingebildet etwas gehört zu haben. Aber scheinbar hatte er sich getäuscht, denn hier war nichts. Einzig die Blumen wiegten sich leicht im Wind. Scheinbar waren sie ansonsten aber harmlos, immerhin stürzten sie sich nicht auf ihn, um ihn zu fressen.

Ohne lange weiter nachzudenken, schlug er eine beliebige Richtung ein und schlängelte sich zwischen den Bäumen hindurch. Er versuchte leise zu sein, war besorgt, dass ihn irgendetwas, das hier leben könnte, entdecken könnte. Die ganze Situation ähnelte zu sehr einem Spiel, als dass er der Stille des Waldes getraut hätte.

Ein lautes Krachen ließ ihn ein Stück zurückspringen. Sein Herz hämmerte gegen seine Brust und seine Augen glitten suchend durch die Dunkelheit. War das eine Bewegung im Schatten? Hatte es dort geraschelt? Ohne dass er es bemerkte, hatte sich seine Hand zur Faust geballt, zitterte leicht. Ein kalter Schauder lief ihm den Rücken hinab. Wurde er beobachtet?

Erst allmählich beruhigte er sich wieder.

„Okay, ganz ruhig… hier ist nichts. Hier kann gar nichts sein…“

Seine Stimme klang rau und kratzig. Er fühlte sich wie ausgetrocknet.

Leicht schüttelte er den Kopf und drehte sich noch einmal im Kreis. Nein, hier war wirklich nichts. Also weiter.
 

Er hatte beschlossen seiner Umgebung mehr Beachtung zu schenken. Wer weiß, vielleicht war er vorhin selbst auf einen Ast getreten? Er hoffte es zumindest. Sein Blick wanderte an einem der Bäume nach oben. Sie waren viel größer als jene, die er von zu Hause kannte. Sie hatten nicht einmal Ähnlichkeit mit den Bäumen, die er kannte… Die Rinde war grau, doch schien es ihm, als würde sie von innen heraus leuchten. Vorsichtig legte er die Hand darauf. Sie war glatt, wies nicht die kleinste Unebenheit auf, und als er mit dem Fingernagel ein Zeichen hineinritzte, da verschwand es fast augenblicklich wieder. Zurück blieb nur ein dunklerer Schatten an jener Stelle, doch auch dieser war schon nach kurzer Zeit verschwunden.

„Krass…“

Ein leises Rascheln veranlasste ihn dazu sich umzudrehen. Wieder beschleunigte sich sein Herzschlag. Was war nur los mit ihm? Er hatte sich nie für einen Feigling gehalten, doch der nächtliche Wald setzte ihm zu…

Nein, er hatte es sich nicht eingebildet. Nun sah er es ganz deutlich. Dort hinten im Gebüsch, da bewegte sich etwas. Sollte er nachsehen?

Kurz rang er noch mit sich selbst. Doch schließlich siegte seine Neugierde und er schlich vorsichtig auf das Gebüsch zu. Mit beiden Händen zog er die dünnen Äste des Strauches auseinander und…

„Uah!“

Er wich zurück, doch das nutzte ihm nur wenig, denn das Wesen, das er gefunden hatte, folgte ihm einfach.

„Pierre! Da bist du ja endlich!“

Find your Partner. Quest completed.

Der Junge wich zurück, bis er mit dem Rücken an einen Baum stieß. Immer noch kam das Wesen auf ihn zu, näherte sich ihm mit seinen sechs winzigen Beinchen. Entfernt erinnerte es ihn an eine Raupe. Allerdings musste sie in der Nähe von Tschernobyl aufgewachsen sein, denn eine Raupe dieser Größe konnte es einfach nicht geben! Sie war etwa so lange wie sein Unterarm, aber mindestens doppelt so dick. Auch die Farbe war alles andere als gewöhnlich. Die Unterseite war dunkelgelb, während es an der Oberseite orangerot war. Doch viel irritierender als das, fand er den Kopfschmuck des Tieres. Er wirkte fransig, schien sich unruhig zu bewegen, obwohl kein Wind mehr ging. Kurz dachte er nach. Hatten Raupen einen Schwanz? Eher nicht, wie er glaubte, doch mit diesem Detail beschäftigte er sich nicht länger. Sein Blick war von den Augen des Tieres gefangen worden. Rote, glühende Augen, die nichts Gutes bedeuten konnten. Er warf einen Blick zur Seite und beschloss sich von dem Baum zu trennen und lieber noch ein Stück zurückzuweichen.

„Pierre?“

Woher kannte das Ding seinen Namen? Und warum konnte es überhaupt sprechen?

„Pierre, da piept etwas…“

Das Wesen war stehen geblieben und beobachtete ihn. Auch er beobachtete es. das Piep-Geräusch hatte er noch gar nicht bemerkt, erst jetzt, als er darauf aufmerksam gemacht wurde… Leicht irritiert blickte er an sich herab, fasste schließlich in eine der zahlreichen Taschen seiner Hose und zog ein kleines Gerät hervor. Dieses Gerät war mindestens ebenso sonderbar wie das Wesen, das vor ihm stand.
 

Worum es sich handelte, konnte er nicht so genau sagen. Es hatte vage Ähnlichkeit mit seinem Handy, war aber flacher. Tasten hatte es keine, er schloss einfach, dass es sich um einen Touchscreen handelte. Am Rand glaubte er diverse Schnittstellen erkennen zu können, doch wofür sie gut waren, wusste er nicht. Außerdem entdeckte er eine Stelle, an der man etwas ausklappen konnte. In seinen Augen ähnelte es einen USB-Stick und schnell stellte er fest, dass die Schnittstelle auf der anderen Seite des Gerätes, scheinbar für eben diesen Stick gemacht war.

„Was ist das?“, fragte er sich laut.

„Das ist dein Digivice.“

Erst einmal musste er nachdenken woher diese Antwort kam. Dann fiel sein Blick wieder auf das seltsame Wesen, das inzwischen zu seinen Füßen saß. Schnell wich er einige Schritte zurück.

„Du brauchst keine Angst haben, Pierre. Ich bin doch dein Partner…“

Es sah so aus, als würde das Wesen den Kopf hängen lassen und tatsächlich brachte es ihn dazu stehen zu bleiben. Wenn es ihn angreifen wollte, hätte es das wohl längst getan. Oder?

Erst jetzt erinnerte er sich an die Stimme. Quest abgeschlossen, hatte sie gesagt. Also war das kleine Ding hier wohl wirklich sein Partner.

„Was ist ein Digivice? Und… was bist du?“, fragte er vorsichtig.

Er hockte sich hin und wartete bis das Wesen zu ihm gekrochen kam. Glücklich rieb es seinen Kopf an Pierres Hose.

„Au… was? Das ist ja heiß!“

„Entschuldige, Pierre…“

Es zog seinen Kopf wieder zurück. Pierre musterte es erstaunt.

„Ist das eine Flamme?“

„Nein. Aber da ist eine Flamme drinnen“, teilte es ihm mit, als Pierre auf seinen roten Kopfschmuck zeigte.

„Aha…“

Wieder glitt sein Blick zu dem kleinen Gerät. Einfach um etwas zu tun, tappte er auf den Bildschirm, der daraufhin sofort hell wurde. Nur Augenblicke später, erschien über dem Bildschirm ein kleines Hologramm, das das kleine Wesen darstellte, das neben ihm hockte.

„Wow…“

Daneben erschien eine winzige Schrift. Als Pierre das Hologramm an dieser Stelle berührte, verschwand das Wesen, dafür wurde die Schrift leserlich.

Blacemon

Type: Flame

Level: BabyII

Attribute: none

Attack: Bubbles

„Blacemon? Bist das du?“, wollte er wissen. Das kleine Wesen nickte.

„Ich bin ein Digimon“, fügte es dann noch hinzu.

„Ein Digimon?“

Er runzelte leicht die Stirn und verkniff sich die Frage, was denn nun ein Digimon sei. Vielleicht wollte er es gar nicht allzu genau wissen.

„Und jetzt?“, fragte er. Diese Quest war zwar beendet, aber eine neue hatte er nicht erhalten.

Auch Blacemon gab ihm erst einmal keine Antwort, sondern wandte nur den Kopf in eine andere Richtung.

„Hast du das gehört, Pierre?“

„Was?“

Aber auf die Antwort brauchte er gar nicht lange zu warten, denn von dem Ast über ihm, ließ sich langsam aber stetig ein anderes Wesen herab. Es hing an einem seidigen Faden, den es wohl selbst gesponnen hatte. Auch dieses Tier hätte er auf den ersten Blick als Raupe eingestuft, allerdings hatte es mit Blacemon keinerlei Ähnlichkeit und sah auch eindeutig weniger freundlich aus. Pierre schauderte leicht, als er in die blitzförmigen Augen des gelben Tieres blickte, die ihn zornig anzufunkeln schienen.

„Das ist Kunemon!“

Ihm blieb nicht die Zeit zu fragen was ein Kunemon war, denn in diesem Moment hatte es den blauen, schnabelartigen Mund geöffnet. Dort sammelten sich jetzt bläuliche Funken, die einen sehr bedrohlichen Eindruck machten.

„Schnell weg hier!“, rief Blacemon.

Pierre reagierte gerade noch schnell genug, denn kaum hatte er sich in Bewegung gesetzt, schlug an jener Stelle, an der er eben noch gestanden hatte, ein Blitz ein!

Er kam noch nicht einmal dazu zu fluchen, sondern bemühte sich von hier wegzukommen.

„Pierre! Warte auf mich!“

Kurz blieb er stehen und sah sich nach Blacemon um, der mit seinen kurzen Beinen nicht so schnell laufen konnte. Das Digimon war schon ein ganzes Stück zurückgeblieben. Er lief zurück und hob es hoch, konnte dabei nicht umhin noch einmal einen Blick auf Kunemon zu werfen. Dessen Augen hatten sich zu schmalen Schlitzen verengt. Aber nicht nur die Augen, sondern auch die blitzförmigen Muster, die es am Körper trug, hatten sich verengt. Und wenn er sich das so recht überlegte, dann sah dieser Stachel, den es trug, auch ziemlich gefährlich aus. Und giftig…

„Jetzt aber schnell weg hier…“

Wieder schlug hinter ihm ein Blitz ein, dann noch einer und noch einer und…

„Shit!“

Einer der Blitze hatte vor ihm eingeschlagen, ihn zum Stolpern gebracht. Noch während er fiel, sah er sich nach seinem Verfolger um. Doch Kunemon hatte Verstärkung bekommen!

„Schnell, Pierre!“

Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Er sprang wieder auf, hastete an den letzen Bäumen vorbei und wäre beinahe gegen eine Felswand gelaufen, wenn ihn nicht rechtzeitig jemand am Arm gepackt und in eine andere Richtung gezerrt hätte. Dennoch stieß er sich die Schulter und schrammte sich am Unterarm auf.

Wer auch immer ihn vor diesem unsanften Zusammenstoß bewahrt hatte, zog ihn an der Felswand entlang. Erst jetzt begann sich Pierre zu wehren.

„Loslassen!“

Doch die einzige Reaktion, die er dadurch auslöste, war, dass sich eine Hand auf seinen Mund legte und er nur noch fester gehalten wurde. Er schlug um sich, versuchte sich zu befreien, doch es gelang ihm nicht. Selbst als er in die Hand biss, ließ man ihn nicht los! War er etwa den Kunemon entgangen, nur um einer noch größeren Bedrohung direkt in die Arme zu laufen?
 

Es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, in der er sich gewehrt hatte so gut es eben ging. Schließlich wurde er doch losgelassen und in eine dunkle Öffnung hineingestoßen.

„Blacemon! Hilfe!“

Doch das Digimon antwortete ihm nicht.

Unsanft kam Pierre am Boden auf und hob den Blick. Seine Augen blieben an einem blonden Burschen in seinem Alter hängen, der lässig vor ihm stand. Blacemon hockte zu seinen Füßen und sah zwischen ihm und Pierre hin und her.

„Was zum Teufel fällt dir eigentlich ein, dass du mich einfach so in ein dunkles Loch schleifst!“

„Ich freu' mich auch dich zu sehen, Drag. Reg dich ab, das gibt nur Falten. Haben wir sie abgehängt?“

„Ich denke schon“, antwortete Blacemon.

Folge 2: Goblin's Town

Pierre saß immer noch am Boden und starrte den anderen an. Erst als Blacemon ihn anstupste, regte er sich wieder.

„Wolf?“

„Nein. Der Geist deiner verstorbenen Urgroßmutter.“

Das war eindeutig Wolf, es gab gar keine Zweifel. Er kannte sonst niemanden, der ihm diese Antwort gegeben hätte. Aber wie kam er hierher?

Wolf hatte sich abgewandt, um einen Blick nach draußen zu werfen. Sie befanden sich in einer Art Höhle, mit dem Unterschied, dass der Eingang eher einem Loch glich. Und etwa einen Meter über dem Boden hing. Das erklärte zumindest die unsanfte Landung. Er streichelte Blacemon, während er den anderen beobachtete.

IceWolf und FireDragon hatten sich vor zwei Jahren kennen gelernt, als Wolf dem anderen das Leben gerettet hatte und die Flammengeister, die ihn angegriffen hatten, einfach weggepustet hatte. Seitdem hatten sie mehr oder weniger regelmäßig miteinander gespielt. Man traf selten Leute, die sich die Mühe machten einen anderen Spieler zu retten, solche Beziehungen musste man pflegen.

Gesehen hatten sie sich aber noch nie und Wolfs Profil war nicht gerade aufschlussreich. Dennoch, die Art und Weise wie er auftrat, passte zu seiner Vorstellung über IceWolf.

„Ich glaube sie sind weg. Glück gehabt…“

Mit einem Seufzen ließ er sich neben Pierre auf den Boden fallen und streckte die Beine von sich, strich sich durch sein Haar, das daraufhin nur noch zerzauster wirke. Erst jetzt fiel Pierre auf, dass der andere aussah, als hätte er sich in einem Schlammloch gewälzt. Und auch den Kratzer über Wolfs Auge bemerkte er erst jetzt. Es blutete nicht mehr, aber das Blut hatte sich fast über sein halbes Gesicht verteilt.

„Was ist denn mit dir passiert?“

„Ich bin diesen verfluchten Kunemon vorhin schon begegnet“, antwortete er und grinste Pierre an. „Und ich bin nicht besonders wild darauf ihnen noch mal über den Weg zu laufen.“

Dann fiel sein Blick auf das kleine Digimon, das zwischen den beiden lag und sich eng an Pierre kuschelte.

„Dein Partner?“

Er nickte.

„Dann bist du mir wohl einen Schritt voraus.“

„Wie meinst du das, Wolf?“

„Ich hab meinen Partner noch nicht gefunden.“ Er zückte ein Digivice aus seiner Hosentasche und berührte den Bildschirm. Allerdings tauchte dieses Mal kein Hologramm eines Digimon auf, sondern etwas anderes. Pierre musste erst genauer hinzusehen, um es zu erkennen.

„Ist das eine Karte? Ich wusste gar nicht, dass dieses Ding noch etwas anderes kann, als Infos über diese Digimon auszuspucken…“

Die Karte wäre sicher eine nützliche Funktion, allerdings schien sie ihm nicht vollständig zu sein. Er nahm an, dass sie erst aufgedeckt wurde, wenn man ein bestimmtes Gebiet erkundete.

„Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du erst mal herausfinden sollst, was ein Item kann, wenn du ein neues findest?“

Anstatt etwas darauf zu erwidern, warf er Wolf nur einen bösen Blick zu und zog sein eigenes hervor. Als er es am Bildschirm berührte, tauchte ein Hologramm von Kunemon auf.

„Die sind sogar Furcht einflößend, wenn sie nicht echt sind…“, murmelte Pierre leise.

Kunemon

Type: Larva

Level: Child

Attribute: Virus

Attack: Electric Thread

Wolf nickte leicht. „Hast du den riesigen Stachel gesehen?“
 

Bisher hatte Blacemon den beiden nur gelauscht, doch jetzt hob es den Kopf und sah Wolf an.

„Danke, dass du uns gerettet hast. Ich bin Blacemon!“

Den beiden war gar nicht aufgefallen, dass sie sich nicht vorgestellt hatten. Es war aber auch seltsam sich jemandem vorzustellen, den man schon zwei Jahre kannte…

„Kein Problem, hab’ ich gerne gemacht. Ich bin Konstantin. Kostja.“

„Du bist Russe, nicht wahr?“

„Nein, Drag. Ich tue nur so, in Wirklichkeit bin ich ein Spion der amerikanischen Regierung.“

Hatte er wirklich eine normale Antwort erwartet? Wohl eher nicht, denn so gut kannte er seinen Freund nun doch schon.

„Ich heiße Pierre.“

„Franzose?“

„Französische Schweiz.“

Kostja nickte. Wo die Schweiz war, wusste er in etwa, auch wenn er keine Ahnung hatte in welchem Teil davon französisch gesprochen wurde. Wenn er ehrlich war, hatte er noch nicht einmal gewusst, dass diese Sprache dort gesprochen wurde. Aber das musste er dem anderen ja nicht auf die Nase binden.

„Für mich bleibst du Drag. Ich befürchte ich kann den Namen nicht aussprechen…“

Sie grinsten sich leicht an, bis von draußen ein Geräusch ertönte. Es klang, als wäre etwas Schweres von sehr hoch oben herab gefallen. Auch Blacemon war sofort alarmiert und tappte so schnell wie möglich zu dem Loch. Aber es war zu klein, um nach draußen zu sehen, darum hob Pierre es hoch, als er selbst zu dem Ausgang trat. Die drei spähten nach draußen, doch sie konnten in der Dunkelheit nichts erkennen.

„Wir sollten warten bis es hell wird, bevor wir weitergehen“, schlug Kostja vor.

„Aber es wird doch gar nicht heller! Der Mond ist doch da!“

Beide sahen Blacemon verwirrt an. „Der Mond schon, aber die Sonne nicht“, sagte Pierre.

„Sonne? Was ist das?“

„Das kennst du nicht? Ist es hier etwa immer dunkel?“

„Natürlich, Pierre.“

„Na toll. Aber immerhin gibt es dann keinen Grund noch länger hier zu bleiben.“

Kaum hatte er das gesagt, wollte sich Kostja schon auf den Weg nach draußen machen.

„Halt, warte! Wir wissen doch gar nicht, wo wir hingehen sollen.“

Kostja beachtete seinen Einwand nicht, sondern kletterte nach draußen, sodass der andere gar keine Wahl hatte, sofern er nicht alleine bleiben wollte.

„Du vielleicht nicht, Drag. Aber ich schon.“

Noch einmal zeigte er ihm die Karte.

„Wir sind hier“, er wies auf drei kleine Punkte, von denen einer blau war. Die anderen beiden waren rot. Dann zeigte er auf einen anderen blauen Punkt, der ein ganzes Stück von ihnen entfernt war. „Und da wollen wir hin. Ich glaube, dass wir dort meinen Partner finden.“

Pierre und Blacemon waren ihm gefolgt und betrachteten nun die Karte. Der blaue Punkt lag an einer Stelle der Karte, die noch nicht aufgedeckt war.

„Wir sind die Punkte?“

„Ja. Blacemon und du, ihr seid die roten Punkte. So habe ich euch übrigens auch gefunden.“

„Ach, so…“

Eigentlich klang es ganz logisch so wie IceWolf das erklärte. Vielleicht würden sie dann auch eine neue Quest erhalten, wer wusste das schon? Es konnte auf jeden Fall nicht schaden. Er sah sich in alle Richtungen um, um sich zu orientieren.

„Heißt wohl, dass wir einen Weg diese Felswand hoch finden müssen.“

Kostja nickte und zeigte auf eine andere Stelle auf der Karte. Diese befand sich ganz in der Nähe, war aber auch noch nicht aufgedeckt.

„Ich glaube, dass hier ein Weg ist. Als ich die Karte das erste Mal fand, bewegte sich der Punkt immer weiter von mir weg und ich glaube, dass er diesen Weg genommen hat…“

Ganz sicher war er sich da zwar nicht, aber ein Anhaltspunkt war immerhin mehr als gar nichts. Und so wussten sie zumindest eine Richtung, in die sie gehen sollten.

„Also nach Westen“, stellte Pierre fest und setzte sich in Bewegung.
 

Was auch immer das Geräusch verursacht hatte, das sie gehört hatten, sie konnten es nicht entdecken. Die Dunkelheit war zu durchdringend und verbarg beinahe alles vor ihren Blicken. Sie hielten sich nahe an der Felswand, in der Hoffnung der dunkle Schatten, den sie selbst bei dem schwachen Mondlicht warf, möge sie vor den Kunemon verbergen. Und vor allen Digimon, die sie sonst noch angreifen könnten. Zu ihrer linken lag der Wald. Hin und wieder sahen sie die seltsamen Blumen aus dieser Richtung leuchten, doch ansonsten war er in undurchdringliche Schwärze getaucht. Sie wollten gar nicht wissen, was sich dort alles verstecken konnte. Beide warfen ständig unruhige Blicke um sich. Es behagte ihnen nicht sich in dieser scheinbar ewigen Nacht ihren Weg zu suchen. Denn ganz schien der Mensch seine Angst vor der Dunkelheit doch nicht zu überwinden…

Schweigend liefen sie nebeneinander her. Pierre hatte seinen Digimonpartner schon nach kurzer Zeit auf den Arm genommen, da Blacemon mit dem Tempo der beiden nur schwer mithalten konnte. So war es für alle einfacher. Bisher waren sie weder Kunemon, noch irgendeinem anderen Digimon begegnet. Immer noch ragte die Wand beinahe senkrecht in die Höhe. Solange ihnen keine Flügel wuchsen, schien es unmöglich daran hoch zu kommen. Obwohl sie der Stelle, an der Kostja eine Aufstiegsmöglichkeit vermutete, schon sehr nahe sein mussten, konnten sie nichts erkennen, das danach aussah.

„Wartet, bleibt doch mal stehen!“

„Was ist denn los?“

Verwundert betrachtete Pierre das kleine Digimon in seinen Armen.

„Hier stinkt es. Wir müssen vorsichtig sein!“

Kostja und Pierre blickten umher. Sehen konnten sie nichts, doch jetzt konnten sie es auch riechen. Der Gestank erinnerte sie an verfaulte Eier. Hier war er noch nicht besonders stark, aber mit jedem Schritt, den sie machten, wurde er durchdringender. Sie drängten sich nahe an die Felswand, um sich vor etwaigen Blicken zu verbergen. Vor weiter vorne ertönte ein lautes Brüllen. Es klang wütend und aufgebracht und viele kleine Vögel flogen erschrocken davon. Kostja und Pierre drückten sich flach an den Fels, hielten die Luft an und lauschten. Es wurde wieder still und dennoch wollte die Anspannung nicht von ihnen weichen. Deutlich konnten sie spüren, dass sich hinter der nächsten Biegung etwas befand. Nur was es war wussten sie nicht, doch sie waren sich nicht sicher, ob sie es überhaupt wissen wollten.

„Wir können hier nicht ewig stehen bleiben…“, zischte Kostja so leise wie möglich. Dennoch machte er keine Anstalten sich wieder in Bewegung zu setzen. Pierre verdrehte die Augen und drängte sich an seinem Freund vorbei. Obwohl sein Herzschlag raste und er lieber die Beine in die Hand genommen hätte, um wegzulaufen, schob er sich weiter nach vorne, bis er um die Biegung spähen konnte. Scharf zog er die Luft ein. Was war das denn?

‚Orks!’, schoss es ihm durch den Kopf.

Das erklärte zumindest den widerlichen Mief. Er musste von diesen Bestien kommen.

„Pierre! Kostja!“

„Leise, Blacemon, sonst hören sie uns noch“, flüsterte Pierre ohne sich nach dem Digimon umzudrehen. Immer noch hingen seine Augen wie gebannt an den schrecklichen Kreaturen mit der grünen Haut. Sie mussten fast so groß sein wie er selbst, obwohl das von seiner Position aus schwer zu sagen war.

„Drag? Shit, Drag…“

Im Gegensatz zu Pierre hatte sich Kostja umgedreht, als er die aufgeregte Stimme von Blacemon gehört hatte. Jetzt starrte er direkt in ein Paar gelber Augen. Augen, die sich leicht verengten, als sie näher kamen. Sie gehörten zu einem muskulösen Körper, in dessen Hand sich eine gefährlich aussehende Keule befand. Das Wesen zog sie am Boden nach, doch Wolf war sicher, dass es jederzeit bereit wäre sie ihm um den Kopf zu schleudern.

Kurz wandte er den Blick ab und ließ ihn zu seinem Digivice gleiten.

Goburimon

Type: Oni

Level: Child

Attribute: Virus

Attack: Goburi Bomb

„Könnt ihr nicht lei…“

Endlich hatte sich auch Pierre umgedreht, nur um zu erkennen, dass sich eines der Wesen, die er dort vorne erspäht hatte, irgendwie in ihren Rücken geschlichen hatte. Er wusste nicht wie es dort hingekommen war, aber eines stand fest: Sie hatten ein Problem.

Aus dem Rachen des fremden Digimon drang ein fürchterliches Grollen, das immer lauter wurde. Sie konnten nicht weiter. Zurück konnten sie auch nicht. Und in den Wald würden sie es wohl auch nicht schaffen, denn dann würden die anderen Wesen sie wahrscheinlich sehen.

Sie saßen in der Falle.
 

Mit einem wütenden Brüllen schwang Goburimon seine Keule und stürmte auf die kleine Gruppe zu. Pierre stolperte, als Kostja gegen ihn stieß und beide fielen zu Boden, starrten das Wesen mit weit aufgerissenen Augen an. Sollte das hier ihr Ende sein?

„Blacemon, lass das! Sei vorsichtig!“

Das kleine raupenartige Digimon hörte ihm gar nicht zu, sondern sprang dem Feind entgegen. Aus seinem Maul schoss es kleine Seifenblasen. Obwohl es in den Augen getroffen wurde, stoppte Goburimon seinen Lauf nicht. Nein, es schien sogar noch mehr aufgebracht zu sein. Wieder und wieder schoss Blacemon seine Seifenblasen ab. Doch es half alles nichts. Das Digimon brüllte zwar vor Schmerz und Wut, dennoch hob es die Keule an, schwang sie einen Moment über dem Kopf, um sie dann auf Blacemon herabsausen zu lassen.

„Blacemon!“

Es prallte gegen die Felswand, blieb dort liegen ohne sich zu bewegen. Pierre kroch zu ihm und nahm es auf den Arm.

„Sie haben uns gesehen!“

Pierre hatte gar nicht bemerkt, dass die anderen Goburimon auf sie aufmerksam geworden waren. Er rappelte sich vom Boden auf und drängte sich an die Wand, seinen kleinen Digimonpartner fest an sich gedrückt. Sein Blick huschte kurz zu Kostja.

„Was hast du vor?“

„Laufen, was sonst?“

Das war wohl nicht die schlechteste Idee. Sie waren ohnehin schon gesehen worden, da konnten sie auch versuchen in den Wald zu fliehen. So schnell er konnte lief er Kostja hinterher, als dieser versuchte den Angreifern zu entwischen. Doch es waren zu viele. Er sah gerade noch wie der andere von einer der Keulen getroffen wurde, bevor er vor Schmerz keuchte. Etwas hatte ihn in den Rücken getroffen. Und noch einmal. Wellen des Schmerzes breiteten sich durch seinen Körper aus, raubten ihm die Fähigkeit klar zu denken. Er ging zu Boden. Und was dann geschah, bemerkte er nicht mehr.
 

Um ihn herum war es dunkel, als er aufwachte. Er fühlte sich, als sei er überfahren worden und sein Kopf musste auf das Doppelte seiner normalen Größe angeschwollen sein, denn ansonsten war es unmöglich, dass er so schwer war. Er klappte die Augen wieder zu, da er ohnehin nichts sehen konnte. Als er sich zu bewegen versuchte, stöhnte er leise auf. Schmerz. Sein ganzes Denken wurde von Schmerz beansprucht. Er konnte noch nicht einmal sagen woher er kam, er war einfach… da?

„Pierre?“

Woher kam diese Stimme? Sie kam ihm bekannt vor, doch er wusste nicht woher. Noch einmal öffnete er die Augen. Ja, jetzt konnte er mehr erkennen. Ein Steinboden. Er schien auf einem Steinboden zu liegen. Sein Blick wanderte weiter zu den Eisengittern, die vor ihm in die Höhe ragten. Gitter? Woher kamen sie? Wo war er überhaupt?

„Pierre, es tut mir so Leid, dass ich dich nicht beschützen konnte…“

Wärme. Er spürte etwas Warmes an seiner Hand. Blacemon, natürlich. Jetzt fiel es ihm wieder ein. Er war plötzlich in diesem Wald gelandet und Blacemon begegnet. Und Wolf. Und später waren sie den Goburimon begegnet.

Ruckartig stemmte er sich hoch. Er keuchte vor Qual, doch er versuchte es zu ignorieren so gut er eben konnte. Waren sie gefangen genommen worden? Es schien so.

Sein Blick glitt zu Blacemon. Das Kleine sah furchtbar aus, sein ganzer Körper war von Schrammen übersäht. Doch wahrscheinlich sah er selbst nicht viel anders aus. Er streckte die Hand nach dem Digimon aus und strich ihm vorsichtig über den Kopf.

„Geht es dir gut, Blacemon?“

Es kroch näher zu ihm und er nahm es auf den Arm.

„Natürlich geht es mir gut. Es tut mir so Leid, Pierre… Dabei muss ich dich doch beschützen…“

Er lächelte leicht. „Du hast dich doch ganz gut geschlagen. Goburimon war ja viel größer als du.“

„Und sie waren in der Überzahl.“

Pierre hob den Kopf und sah sich etwas genauer um. Dort in der Ecke saß Wolf. Er hatte ihn noch gar nicht bemerkt. Auch Kostja sah nicht besser aus als Blacemon und so wie er an der Wand lehnte, schien es, als würde er sich selbst kaum aufrecht halten können.

„Wo sind wir hier?“, fragte Pierre.

Doch seine beiden Begleiter gaben ihm keine Antwort. Scheinbar wussten sie es also auch nicht. Das einzige, das ihm gewiss erschien, war, dass sie von den orkartigen Digimon hierher verschleppt worden waren. Doch warum wusste er nicht.

Leicht runzelte er die Stirn, als sein Digivice zu piepen begann. Er kramte es aus seiner Tasche hervor und berührte den Touchscreen. Doch es tauchte nur das 3D-Hologramm von Goburimon auf. Was er auch versuchte, er schaffte es nicht ein anderes Bild zu bekommen.

„Du bist doch zu blöd, Drag.“

„Halt die Klappe. Sag mir lieber was ich jetzt machen soll.“

Es hörte einfach nicht auf zu piepen. Pierre konnte zwar nicht sehen, dass sein Freund die Augen verdrehte, aber er ahnte es. Er blickte auf, als er Kostja leise stöhnen hörte. Dieser versuchte sich hochzustemmen, doch es wollte ihm nicht gelingen.

„Warte“, sagte Pierre und kroch zu der Wand, um sich neben Kostja zu setzen. Scheinbar hatte es den anderen schlimmer erwischt als ihn selbst.

„Schau.“
 

Pierres Blick fiel auf die seltsamen Symbole, auf die Kostja zeigte. Die hatte er bisher noch gar nicht beachtet, hatte sie für reine Zierde gehalten. In den vier Ecken des Bildschirmes des Digivices befanden sich kleine Symbole. Das erste – links oben – war vergleichbar mit einem X, nur dass die Enden senkrecht mit einander verbunden waren.

„Wenn du hier drückst, tauchen die Digimon auf. Das ist auch so etwas wie eine Standartfunktion, also wenn du irgendwo auf den Bildschirm drückst, dann taucht das auf.“

Das erklärte natürlich warum er die Digimondaten ohne Probleme gefunden hatte. Ansonsten allerdings nichts. Dann wanderte Kostjas Finger zu dem Symbol in der linken unteren Ecke. bestand aus einem senkrechten Strich und zwei Halbkreisen.

„Damit kommst du in das Menü.“

Pierre berührte das Symbol und tatsächlich tauchte dieses Mal kein Digimon auf. Stattdessen sah er ein kleines Bildchen von Blacemon und darunter stand Digimon Data.

Dann zeigte Kostja auf die Symbole in den rechten Ecken. Sie sahen gleich aus und ähnelten zwei C, die Rücken an Rücken standen, nur dass sie noch durch einen Strich in der Mitte ergänzt wurden.

„Mit denen kannst du die Menüpunkte auswählen.“

Pierre zögerte kurz, doch dann drückte er das Symbol und das Bild von Blacemon verschwand. Stattdessen stand dort nun Map. Da hatte er wohl die Karte gefunden. Er schaltete zum nächsten Punkt. Questlog. Der Schriftzug blinkte, also schloss er, dass das wohl auch das Piepen verursachte.

New Quest: Goblin’s Town

Er drückte darauf und es tauchten noch einige weitere Informationen über die Quest auf. Leicht runzelte er die Stirn.

„Da steht, dass wir Koromon treffen sollen. Wer ist Koromon?“

Kostja zuckte mit den Schultern und auch Blacemon sah verwirrt aus. Aber immerhin hatten sie nun eine neue Quest. Pierre warf noch einen Blick auf die Karte.

„Sieh mal, der blaue Punkt ist auch hier irgendwo!“

Tatsächlich. Tatsächlich hatten die Goburimon sie genau an jene Stelle gebracht, an der sich der blaue Punkt befand, den sie gesucht hatten. Nur brachte sie diese Erkenntnis im Augenblick nicht weiter, da sie hier gefangen waren.

Kostja zog sein eigenes Digivice hervor. Man konnte deutlich sehen, dass ihm jede Bewegung Schmerz bereitete, doch er biss die Zähne zusammen und suchte nach seinem eigenen Questlogbuch. Er hatte die neue Quest nicht erhalten. Wahrscheinlich weil er seinen Partner noch immer nicht gefunden hatte.

„Wir sollten versuchen die Karte abzugleichen. Du hast andere Stellen aufgedeckt als ich. Und vielleicht kannst du mir die Quest auch schicken“, schlug er vor.

Pierre nickte. Erst wollte er fragen wie sie das machen sollten, doch dann fiel ihm der ausklappbare Stick wieder ein.

„Ist ja beinahe wie ein Schweizer Taschenmesser“, scherzte er, als er es ausklappte. Tatsächlich passte es mit der Schnittstelle an Kostjas Digivice zusammen.

Connecting…

Nach einigen Versuchen gelang es den beiden tatsächlich die Karte und das Logbuch auf einander anzustimmen. Das war doch schon ein kleiner Erfolg.
 

Sie hatten ihre Versuche gerade beendet, als ein wütendes Brüllen erklang, das sich verdächtig nach Goburimon anhörte. Begleitet wurde es von dem Gekreische einer hohen Stimme, die sich entweder über die grobe Behandlung beschwerte oder aufgebracht ‚Seifenblasen!’ rief.

„Was ist denn jetzt los?“, fragte Kostja. Sein Blick lag auf der Gittertüre, die sie in diesem Raum einsperrte. Blacemon trippelte an die Türe, um hinaus zu sehen.

„Da kommt ein Goburimon. Und es hat zwei Digimon gefangen!“

„Was?!“

Sofort rutschte Pierre auf den Knien zu der Gittertüre um auch nach draußen sehen zu können. Tatsächlich! Der grüne Ork schleifte zwei kleine Digimon durch den langen Gang aus dunklem Stein. Das Gekreische kam von rosaroten Digimon, das aussah als würde es aus Gummi bestehen. Die Fellkugel mit dem Horn beschränkte sich darauf seine Seifenblasen lautlos auf Goburimon zu feuern. Aber beide waren sie sichtlich verängstigt und dem großen Digimon nicht gewachsen.

„Dieses Digimon ist so feige… Immer auf die Kleinen…“

Pierre drehte den Kopf, als er Kostjas Stimme neben sich hörte. Es musste ihm schwer gefallen sein sich hierher zu schleppen, doch die Wut, die er nun in den Augen des blonden Jungen lesen konnte, schien seinen Schmerz zu vertreiben.

Die Digimon kamen näher und näher. Pierre und Kostja hatten keine Ahnung was sie tun konnten, doch sie konnten doch nicht einfach zusehen! Nur wie sollten sie den kleinen Digimon helfen? Sie konnten sich doch nicht einmal selbst helfen.

Schließlich war Goburimon auf gleicher Höhe mit der Tür ihrer Zelle.

„Hey! Warum legst du dich nicht mit jemandem an, der gleich groß ist wie du!“

Kostja hatte eindeutig eine zu große Klappe und am Liebsten hätte Pierre ihn dafür geschlagen. Aber immerhin lenkte er so die Aufmerksamkeit Goburimons von den beiden kleinen Digimon ab.

„Gahr!“

Mit seiner Keule schlug es gegen die Gittertüre, doch dabei passte es nicht gut genug auf und der kleine Fellball konnte ihm entwischen. Es hopste ein kleines Stück zurück, bevor es einen ganzen Schwall von bunten Seifenblasen auf das Digimon abfeuerte. Als sich Goburimon danach umdrehte, drangen auch aus Blacemons Maul Seifenblasen und trafen es. Doch dieses Mal war es nicht überrascht genug, um seinen zweiten Gefangenen freizulassen. Mit der Keule schlug es erst nach dem kleinen Digimon mit dem Horn, um dann herumzufahren und noch einmal gegen die Zellentüre zu schlagen. Die Eisenstäbe hielten den Hieb auf, dennoch schrammte einer der Nägel über Pierres Arm und riss eine blutende Wunde.

„Ah!“

„Pierre!“

Plötzlich begann das Digivice, das Pierre noch immer in der Hand hielt, zu leuchten. Ein kleiner Schriftzug tauchte auf, doch es geschah zu schnell, als dass er es lesen hätte können. Das Licht bündelte sich zu einem dichten Strahl, der schließlich Blacemon erfasste.

„Was… passiert da?“

Pierre erkannte seine eigene Stimme beinahe nicht mehr. Fest klebte sein Blick auf seinem Digimonpartner, dessen Körper das Licht aufzusaugen schien und immer heller zu strahlen begann. Und schließlich begann es sich zu verändern. Es würde größer. Viel größer. Das Licht wurde so hell, dass Pierre die Augen schließen musste.

Blacemon digitiert zu…

Smemon!

Mit riesigen Augen starrte Pierre sein Digimon an, das gerade noch ein kleiner Winzling gewesen war. Doch jetzt saß ein Drache vor ihm. Ein Drache, der zwar immer noch deutlich kleiner war als Goburimon, der aber aussah, als könnte er sich trotzdem wehren. Beine hatte er nur noch vier, doch die Krallen an ihren Enden sahen aus, als könnten sie erheblichen Schaden anrichten. Anstelle eines weiteren Beinpaares hatten sich Flügel gebildet. Auch an diesen befanden sich Furcht einflößende Krallen und die Flughaut, die sich dazwischen spannte, war zweifärbig. Ein Teil davon war rot, der andere war in demselben dunklen Blau gehalten, in dem auch die Mähne des Drachen war. Pierre war fasziniert. War das wirklich sein Blacemon?

Smemon

Type: Flame Dragon

Level: Child

Attribute: Vaccine

Attack: Fire Blast
 

Das Drachendigimon gab ein düsteres Grollen von sich, als seine roten Augen auf Goburimon fielen. Einzig mit der Kraft seines Körpers riss es die Eisentüre aus ihren Angeln, sodass sie scheppernd zu Boden fiel. Das Geräusch hallte in dem langen Gang wider, warf das Echo hundertfach zurück. Goburimon wich an die gegenüberliegende Wand zurück, es bemerkte noch nicht einmal, dass ihm auch das zweite Digimon entkam, das es gefangen hatte. Sein Blick hing starr an dem Drachen und seine Augen weiteten sich, als sich das Maul des Digimons öffnete und sich Flammen darin zu sammeln begannen. Mit einem wütenden Brüllen schleuderte Smemon seinem Gegner die Flammen entgegen. Goburimon versuchte zurückzuweichen, doch es gelang ihm nicht. Seine Kleider gingen in Flammen auf und schreiend ergriff das Digimon die Flucht.

Pierre und Kostja folgten Smemon aus der Zelle heraus. Die beiden kleinen Digimon hüpften ihnen entgegen.

„Ihr habt uns gerettet!“, rief das rosarote Gummimonster erfreut und sprang im Kreis herum.

„Wir sind noch nicht sicher. Kommt, schnell raus hier“, meinte die Fellkugel dagegen und hoppelte ihnen voran. Sie hatten Mühe ihm zu folgen, dennoch erhaschten sie kurze Blicke in die anderen Zellen. Sie waren voller Digimon! Doch im Augenblick hatten sie nicht die Zeit, um sich darum zu kümmern. Erst mussten sie sich selbst retten.

Sie rannten eine Treppe nach oben, doch in diese Richtung war auch Goburimon geflohen. Und inzwischen waren auch dessen Gefährten informiert. Plötzlich sahen sich die beiden Jungen und die drei Digimon einer ganzen Wand von Gegnern gegenüber.

„Überlasst das mir!“

Smemon stürzte sich nach vorne. Es schlug mit seinen Krallen um sich, verteilte Hiebe mit Schwanz und Flügeln. Immer wieder schleuderte es Feuerbälle auf die Digimon, doch es waren einfach zu viele.

„Drag, fang!“

Kostja hatte zwei Keulen ergattert, von denen er eine nun an Pierre weitergab. Sie waren schwer und die beiden konnten sie kaum halten, doch es gelang ihnen einige Hiebe auszuteilen, von denen sich die Goburimon aber nur wenig beeindruckt zeigten. Auch die beiden kleinen Digimon griffen weiter mit ihren Seifenblasen an.

„Das schaffen wir nie!“

Es gefiel Kostja nicht dem anderen Recht zu geben, doch wahrscheinlich hatte er Recht. Er fing die beiden kleinen Digimon auf, als sie von einem Angriff zurückgeschleudert wurden. Sie sahen furchtbar aus. Und dennoch gaben sie nicht auf.

„Ihr seid so tapfer…“, murmelte Kostja.

Und ganz plötzlich begann sein Digivice zu leuchten. Doch nicht nur seines, auch das von Pierre leuchtete wieder. Die Lichtstrahlen vereinten sich und trafen auf die beiden Digimon in seinen Armen. Schnell sprangen sie zu Boden und dann begannen auch sie sich zu verändern.

Koromon digitiert zu…

Agumon!

Tunomon digitiert zu…

Gabumon!
 

Vor Kostja standen ein kleiner Dinosaurier und noch ein Tier, das er nicht so genau erkennen konnte, da es einen dichten blau-weißen Pelz am Rücken trug. Jedenfalls hatte es ein Horn…

Auch die beiden stürzten sich nun mit neuer Kraft in den Kampf und tatsächlich gelang es ihnen die Goburimon zurückzudrängen.

„Schnell!“

Das ließen sich Pierre und Kostja nicht zweimal sagen. Sie folgten den beiden Digimon, die ihnen den Weg zwischen den seltsamen Häusern aus Stein hindurch wiesen. Alleine hätten sie sich in diesem Gewirr aus Straßen und Gassen verlaufen, doch mit den beiden gelang es ihnen den Weg zu finden. Hinter ihnen flatterte Smemon einher, das hin und wieder Flammenkugeln nach hinten schickte. Doch irgendwann hatten die Goburimon die Verfolgung aufgegeben.
 

„Ich kann nicht mehr…“

Völlig entkräftet ließ sich Kostja zu Boden sinken. Sein Atem ging schnell und sein Herz raste. Er bemerkte nicht einmal wie hart der Stein war, auf dem er saß.

„Hier in der Nähe ist eine Höhle. Es ist nicht mehr weit. Dort sind wir sicherer als hier“, sagte das Digimon mit dem Pelz.

Pierre half seinem Freund auf die Beine und gemeinsam stolperten sie weiter, bis sie die Höhle endlich erreicht hatten. Erschöpft sanken sie zu Boden und betrachteten die drei Digimon, die mit ihnen hier waren.

„Ihr habt euch verändert“, stellte Pierre fest.

„Ja. Wir sind digitiert. Ich heiße jetzt Smemon.“

Folge 3: Gefangene in der Stadt aus Stein

„Schnell! Wacht auf!“

Irgendjemand rüttelte ihn unsanft. Vor Schreck war er sofort auf den Beinen, doch schon im nächsten Moment bereute er es. Seine Gelenke mussten gerostet sein, während er geschlafen hatte, denn er konnte sie kaum bewegen. Nun, immerhin kannte er nun jeden Knochen seines Körpers, denn sie schienen alle zu schmerzen. Wenigstens war die bleierne Erschöpfung von ihm gefallen. Er war einfach zu lange wach gewesen, so viel stand fest. Auch um seine Verletzungen stand es dank Gabumon nun besser. Das Digimon hatte Heilkräuter aufgetrieben, die wahre Wunder zu wirken schienen.

„Was ist denn los?“, hörte er Drags Stimme. Er klang verschlafen und äußerst schlecht gelaunt.

Seine Augen brauchten einige Zeit, um sich in der Dunkelheit zu Recht zu finden, doch schließlich fiel sein Blick auf die anderen. Stimmt. Sie waren in diese Höhle geflohen. Er, Drag, Smemon und die beiden anderen Digimon, die sich als Agumon und Gabumon vorgestellt hatten. Und Gabumon war es, das sie nun alle aus dem Schlaf riss, allerdings sah es so aus, als würde es bei Agumon scheitern.

„Sie kommen. Die Goburimon kommen.“

Sofort war Kostja hellwach. Das hatte ihnen ja gerade noch gefehlt! Wenn diese Orks sie zu fassen bekämen, dann sah es schlecht für sie aus. Schon das letzte Mal hatten sie nur mit Müh und Not entkommen können, doch dieses Mal… Dieses Mal waren ihre Gegner vorbereitet und sie selbst noch halb im Traumland.

„Was machen wir jetzt?“

Kostja erkannte seine eigene Stimme beinahe nicht mehr und sein Hals fühlte sich an, als hätte er Sand gefrühstückt.

„Erst einmal abhauen“, antwortete Gabumon, dem es nun endlich gelungen war das kleine Dinosaurierdigimon zu wecken. Während es Agumon vor sich her schob, eilte es aus der Höhle und den anderen blieb keine andere Wahl als ihm zu folgen.

Kostjas Blick glitt über die dunkle Umgebung, als er nach draußen trat. Der kalte Wind zerrte an seinen Kleidern und immer noch lag Dunkelheit über der Welt. Selbst der Mond hatte sich hinter den Bergen versteckt und das einzige Licht kam von vereinzelten Feuern, die in den Tälern entzündet worden waren. Und von einer Fackelschlange, die den Weg herauf kam, den sie gestern genommen hatten. Das mussten die Goburimon sein.

Sie waren schon nahe. Zu nahe nach seinem Geschmack.
 

Er vermied es sich noch länger Gedanken zu machen und beeilte sich lieber, um die anderen nicht zu verlieren. Inzwischen war selbst Agumon so weit wach, dass es den Ernst der Lage erkannte. Sein Blick fiel auf Smemon, das den Kopf immer wieder in alle Richtungen wandte, als hätte es Angst plötzlich aus einer dunklen Nische angegriffen zu werden. Nun, wahrscheinlich war dieser Gedanke nicht einmal falsch. Unbewusst griff er nach seinem Digivice und schloss die Hand fest darum. Wenn er seinen Partner doch auch schon gefunden hätte! Dann hätten sie eine bessere Chance gegen die Digimon. Doch so? So war er den anderen nur im Weg. Leise fluchte er vor sich hin und konzentrierte sich wieder auf das Laufen. Wenigstens waren seine Glieder inzwischen warm geworden und schmerzten nicht mehr bei jeder Bewegung.

Langsam veränderte sich die Umgebung. Wo erst nur schroffer Fels gewesen war, begannen kleine Pflanzen zu sprießen, erst vereinzelt, dann immer mehr, bis schließlich die ersten Bäume auftauchten. Wenigstens waren sie hier nicht weithin sichtbar, doch andererseits…

„Gabumon, warte doch einmal!“, keuchte er.

Er hätte nicht gedacht, dass es ihn gehört hatte, doch es drehte sich tatsächlich kurz zu ihm um.

„Wenn uns die Goburimon hierher folgen, stecken sie doch alles in Brand. Und wenn ihr kämpfen müsst, tut das den Bäumen auch nicht gerade gut.“

„Denk nicht an das Leben der Bäume, sondern an dein eigenes“, fauchte ihn Drag an, doch er ignorierte den anderen weitestgehend.

Gabumon nickte zwar leicht, doch scheinbar hatte es keine andere Lösung. „Sie werden uns jagen, bis sie uns gefangen haben, egal wohin wir gehen…“ Es klang entmutigt und ließ die Ohren hängen. So hatte Kostja das nun zwar nicht gemeint, aber scheinbar war Gabumon nicht so selbstbewusst wie es sich vorhin gegeben hatte.

„Dann werden wir eben hier auf sie warten und kämpfen“, beschloss Agumon mit fester Stimme. „Wenn sie uns schon fangen wollen, dann werden wir nicht kampflos aufgeben!“

Mit diesen Worten baute es sich vor den anderen auf und starrte den Weg entlang, den sie gekommen waren. Der Fackelzug kam immer näher und mit ein wenig Anstrengung glaubte Kostja schon die Gesichter der grünen Digimon erkennen zu können.

Auch Smemon machte sich für den Kampf bereit, einzig das Digimon mit dem schönen Pelz schien unschlüssig zu sein. Und er selbst. Kostja hatte keine Ahnung was er tun sollte außer seinen Gefährten aus dem Weg zu gehen.

„Warum sind sie überhaupt so scharf darauf uns zu fangen?“

„Sie fangen jeden, der sich ihnen widersetzt. Jeden, der sich weigert den Befehlen des Schatten zu gehorchen“, erwiderte Gabumon mit leiser Stimme.

„Ja. Darum nehmen sie so viele Digimon gefangen und sperren sie weg. Sie haben Angst, dass wir uns gegen sie verschwören könnten!“

Das gelbe Digimon stampfte mit einem Fuß und verzog wütend das Gesicht, während sich in seinen Augen das Licht der Fackeln spiegelte und ihm ein gefährliches Aussehen verlieh.

„Wir müssen die Digimon befreien…“, meinte Kostja.

„Erst müssen wir uns selbst helfen!“

Er fing den wütenden Blick von Pierre auf, kümmerte sich aber nicht wirklich darum.

„Ich bin euch hier sowieso keine Hilfe. Aber wenn ihr sie ablenkt, kann ich versuchen die Digimon zu befreien!“

„Das ist viel zu gefährlich für dich!“, begehrte Gabumon auf.

„Dann wirst du ihn begleiten. Smemon und ich halten sie schon so lange in Schach.“

Agumon war wohl wirklich die Zuversicht in Person, aber da keiner der anderen einen besseren Vorschlag hatte, wurde er akzeptiert, ohne lange darüber nachzudenken. Pierre schenkte ihm zwar noch einen weiteren bösen Blick, doch das bemerkte Kostja schon nicht mehr, denn er hatte Mühe mit Gabumon mitzuhalten, als es sich nach links wandte und lospreschte.

„Du kennst den Weg?“

„Natürlich.“

Lange hatte er nicht Zeit, um sich darüber zu wundern, denn er hatte Mühe es nicht aus den Augen zu verlieren. Er erschrak, als das Digivice in seiner Hand zu piepen begann. Kurz warf er einen Blick darauf. Es kam aus dem Questlog. Quest Updated las er da. Wer auch immer Koromon war: offensichtlich hatten sie ihn getroffen. Als nächste Aufgabe sollten sie das Gefängnis der Stadt leeren. Das traf sich doch gut.
 

Schweigend rannten sie nebeneinander her, während sie den Kampf hinter sich ließen. Immer wieder drangen die Stimmen und Rufe der anderen zu ihnen durch und Kostja machte sich nun doch Sorgen um sie.

„Deckung.“

Er zog Gabumon in einen Busch, der diese Bezeichnung kaum verdient hatte. Aber er erfüllte den Zweck, denn er verbarg sie. Vor ihnen tauchten einige leuchtende Augen auf, die in die Richtung zogen, aus der sie kamen. Offensichtlich erhielten die Goburimon Verstärkung. Sie mussten sich beeilen, denn lange würden Agumon und Smemon nicht durchhalten können.
 

Gefühlte Ewigkeiten später schlichen sie zwischen einigen Steinbrocken hindurch, bis sich vor ihnen endlich die Stadt aufbaute. Obwohl sie ihr die ganze Zeit so nahe gewesen waren, konnten sie erst jetzt einen Blick darauf erhaschen. Kostjas Augen suchten die steinernen Häuser ab, doch er konnte nirgends ein Anzeichen finden, dass jemand da war.

„Schnell“, flüsterte Gabumon und eilte ihm wieder voraus, um ihn durch das Gewirr der Straßen und Gassen zu führen.

Die Stadt aus Stein war alles andere als eine geplante Stadt. Die Straßen kreuzten sich in unmöglichen Winkeln und schienen in Schlangenlinien zu verlaufen und nicht selten in Sackgassen zu enden. Alleine wäre er hier verloren gewesen, so viel stand fest. Anders als bei ihrer Flucht, hatte er nun die Gelegenheit sich die seltsamen Bauten genauer anzusehen. Sie waren aus unförmigen Steinen zusammengesetzt, die sich dennoch nahtlos aneinander fügten und dem Ganzen den Charme eines Puzzles verliehen. Obwohl die Häuser windschief waren und ebenfalls Winkel aufwiesen, die er an einem Haus noch nie gesehen hatte, schienen sie sehr stabil zu sein. Er schüttelte leicht den Kopf und konzentrierte sich auf die gepflasterte Straße unter seinen Füßen. Erst als sie unter zwei Häusern hindurch liefen, die sich von beiden Seiten über den Weg neigten und sich so aneinander lehnten, begann er sich Sorgen zu machen, dass die Steinstadt über ihm zusammenbrechen könnte.

Nach schier unendlich vielen Biegungen erreichten die beiden einen weiten Platz, der sogar annähernd rund war. In seinem Zentrum befand sich eine Treppe, die nach unten führte. Da mussten sie hin!

Doch so einfach war das nicht, denn vor der Treppe hatten sich zwei Wachen aufgebaut, die den Weg versperrten.

„Überlass das nur mir.“

In Gabumons Stimme schwang jener Kampfgeist mit, den er zuvor bei dem Dinosaurierdigimon wahrgenommen hatte. Offensichtlich hatte Gabumon sein Selbstvertrauen wiedergefunden und Kostja war darüber nicht unglücklich. Während er selbst sich im Schatten verbarg, stürmte Gabumon auf die beiden Goburimon zu und hüllte sie in ein wahres Meer aus blauen Flammenzungen. Die beiden wussten nicht wie ihnen geschah, während ihn Angreifer ihnen mit Pranken und Horn zusetzte und noch bevor sie die Gelegenheit hatten sich zu wehren, lagen die beiden am Boden.

Kostja kam näher. „Sind sie jetzt tot?“

„Nein. Komm, schnell.“
 

Er hatte keine Zeit, um zu widersprechen. Stattdessen folgte er Gabumon die schmale Treppe hinab, die in einen ebenso schmalen Gang führte, den er schon kannte. Doch erst jetzt fiel ihm auf, dass er schwach erleuchtet war. Es war aber nicht zu erkennen woher das Licht kam, denn Fackeln gab es hier keine.

Schon nach wenigen Schritten erreichten sie die ersten Zellen. Kostja warf einen Blick auf das Schloss mit dem sie verriegelt waren. Die sollten eigentlich kein allzu großes Problem darstellen. Zumindest nicht für ihn. Schon wollte er in seinen Taschen nach einem geeigneten Werkzeug suchen, als ihm Gabumon einen noch schnelleren Weg zeigte: Das Digimon ließ das Schloss einfach schmelzen. Kostja wollte gar nicht wissen wie heiß die Flammen waren, die es spuckte, jedenfalls dauerte es nicht lange, bis Gabumon zum nächsten Schloss weiterlaufen konnte und er selbst sich gegen die Gittertür stemmte, um sie zu öffnen. Leicht war es nicht, denn durch die Hitze war das Gitter ebenfalls ein wenig verschmolzen.

Noch einmal warf er sich gegen die Tür, bis sie schließlich nachgab und er zwischen einigen verschreckten Digimon stand, die ihn anstarrten, als wäre er aus einer anderen Welt.

„Keine Angst. Wir sind hier um euch zu befreien.“

Es war als würde eine Starre von ihnen fallen. Sofort sprangen sie aus der Zelle hinaus und ab nun hatte Kostja einige kleine Helfer, um die anderen Türen zu öffnen.
 

Es ging voran, aber die Kleinen zu befreien forderte mehr Zeit, als er gedacht hätte. Und er glaubte nicht, dass Smemon und Agumon den Goburimon so lange stand gehalten hatten, also schloss er, dass sich die Digimon längst auf dem Rückweg befanden und nur zu schnell feststellen würden was sie hier machten.

Er lauschte, während Gabumon gerade eine der letzten Türen öffnete. Unter all den Digimon, die sie hier gefunden hatten, hatte er seinen Partner immer noch nicht ausfindig machen können. Warum? Er musste hier irgendwo sein, nur wo, das war die große Frage.

„Wir können richtig froh sein, dass Gabumon und sein Freund gekommen sind um uns zu retten!“

„Ja, ich dachte schon wir wären ewig eingesperrt.“

„Zum Glück haben sie uns nicht in den Tiefen Keller gesperrt!“

Er horchte auf. Bisher war das Gebrabbel der Digimon an ihm vorbeigegangen. Er war mehr damit beschäftigt gewesen die Türen aufzubrechen. Doch jetzt…

„Was ist das für ein Keller?“, fragte er die kleine Feuerkugel aus der zwischen all den Flammen zwei Ärmchen hervor ragten. Die stechenden, lila Augen richteten sich auf ihn und unwillkürlich machte er einen Schritt zurück. Das Vieh war ja gruselig!

„Hinter der unsichtbaren Türe liegt eine Treppe, die noch tiefer führt. Dort ist ein Keller, aber ich bin nicht sicher, ob die Goburimon davon wissen.“

„Woher weißt du von dem Keller?“

„Dies war unsere Stadt, bevor der Schatten kam“, antwortete es schlicht.

Kostja biss sich auf die Lippen. Konnte es sein? War es möglich, dass sein Partner dort war? Einen Versuch war es wert.

„Dann weißt du doch sicher wie man dort hinkommt.“ Er wandte sich an Gabumon. „Kommst du hier alleine klar?“

„Ich kann es dir zeigen, Mensch, wenn du es wünscht.“

Mit diesen Worten schwebte es zum Ende des Ganges. Gabumon nickte ihm kurz zu und machte sich dann wieder an die Arbeit und er folgte der Flammenkugel zu der Wand. Hier sollte eine Tür sein? Das konnte er sich schwer vorstellen, selbst wenn sie unsichtbar war. Doch das Digimon schwebte dicht an die Wand heran und im Schein seiner Flammen konnte Kostja einen flackernden Schatten sehen. Ein Türgriff!

Der Griff selbst war nicht sichtbar, doch der Schatten sagte ihm, dass da einer sein musste. Er tastete danach und bekam das kalte Metall schließlich zu fassen. Er drückte die Klinke nach unten und zog die Türe auf. Ein kalter Windhauch kam ihm entgegen, obwohl sich die Wand scheinbar nicht verändert hatte. Immer noch sah er nur den Stein vor sich, von der Tür fehlte jede Spur. Doch er konnte sie spüren, wenn er seine Finger darauf legte, konnte die Holzmaserung erfühlen. Vorsichtig streckte er die Hand aus und – griff durch die Wand aus Stein.

„Na dann mal los.“

Begleitet von dem Flammendigimon schritt er voran.
 

Es war dunkel um sie herum. Das kleine Digimon, dessen Namen er immer noch nicht wusste, war die einzige Lichtquelle. Er warf einen kurzen Blick auf sein Digivice.

Peti Meramon

Type: Flame

Level: BabyII

Attribute: none

Attack: Fire Bubbles

Nun, jetzt wusste er schon einmal mehr. Er hatte Mühe damit nicht über seine eigenen Beine zu stolpern, doch irgendwann waren sie am Fuße der Treppe angekommen. Vor ihnen befand sich eine weitere Tür, doch dieses Mal war sie wenigstens sichtbar. Als Kostja nach der Klinke griff, musste er aber schnell feststellen, dass sie abgeschlossen war.

„Oh nein! Die Goburimon müssen die Tür wohl doch gefunden und den Schlüssel gestohlen haben!“

Peti Meramon zog Kreise über Kostjas Kopf und er musste sich anstrengen, um nicht zu genau hinzusehen. Doch auch auf die Umgebung zu sehen war keine gute Idee, denn wie das Digimon, so kreisten auch die Schatten umher, flackerten über die Wände und waren verschwunden bevor man sie richtig fixieren konnte.

„Beruhig’ dich doch mal…“, murmelte er, während er in seiner Hosentasche kramte und schließlich ein Stück Draht hervor zog.

„Immerhin hast du den Meister im Schlösserknacken vor dir.“

Das war vielleicht ein wenig übertrieben, aber über eine gewisse Erfahrung verfügte er in dieser Kunst tatsächlich, also machte er sich an dem Türschloss zu schaffen, während seine Gedanken an einen anderen Ort huschten.
 

Es war ein heißer Sommertag und der Boden unter seinen Füßen war trocken. Staubwolken wirbelten auf, während die beiden Jungen über den Weg hetzten, dicht gefolgt von einem großen Hund, der sie den Hügel hinab zum See hetzte. Lachend und kreischend stürzten sie sich in das Wasser und für kurze Zeit war keiner der drei sichtbar. Erst allmählich tauchten die Köpfe wieder auf, doch schon nach wenigen Augenblicken stürzten sich die beiden Jungen aufeinander, begleitet vom fröhlichen Bellen des Hundes.

„Nanuk!“

Der Hund horchte auf und paddelte ans Ufer zurück. Das dunkle Fell klebte an seinem Körper und selbst als er sich schüttelte, um das Wasser loszuwerden, sah er kaum besser aus. Auf den Ruf antwortete er mit einem freudigen Bellen, das auch die beiden Jungen dazu brachte aufzusehen. Dort oben stand ihr Großvater!

In seinem karierten, blauen Hemd und der abgetragenen Hose, deren Farbe sich nicht mehr so genau feststellen ließ, winkte er den Jungs und dem Hund zu.

„Kostja, Artjom! Kommt doch mit zu Ilja Ivanovitsch!“

Das ließen sich die beiden nicht zwei Mal sagen. Der alte Tischler hatte immer eine gute Geschichte für die beiden übrig und das verwinkelte Haus, in dem er lebte, barg unendlich viele Geheimnisse.
 

„Wetten ich bin schneller dort?“, rief Artjom, als das Haus in Sichtweite kam und schoss wie ein Blitz davon. Kostja blieb nicht viel Zeit, um überrascht zu sein, denn wenn er gewinnen wollte, musste er sich anstrengen. Er verließ den Kiesweg und rannte über die Wiese, direkt auf den Zaun zu. Dieser bestand nur aus einigen Balken und für den Jungen war es nicht schwer darüber zu klettern und doch noch vor Artjom anzukommen.

„Das war nicht fair!“

Kostja streckte seinem Cousin die Zunge heraus und empfing Dascha, die junge Hündin von Ilja Ivanovitsch. Und kurz nach Dascha tauchte auch Anna Dmitrijevna auf.

„Da seid ihr ja!“, begrüßte sie die Jungen und schließlich auch ihren Großvater, als er zu ihnen trat.

„Gut, dass ihr so schnell kommen konntet. Ilja ist in letzter Zeit so vergesslich!“

„Was ist denn passiert?“, wollte Artjom wissen.

„Er ist in die Stadt gefahren, aber er hat den Schlüssel für den Werkzeugraum mitgenommen. Wie soll ich so meinen Garten pflegen und das Unkraut ausstechen!“

Es war weniger eine Frage, denn eine Beschwerde. Kostja und Artjom machten ein enttäuschtes Gesicht. Sie hatten sich auf Ilja Ivanovitsch gefreut, aber er war gar nicht da!

„So, ihr beiden, nun zeige ich euch etwas“, verkündete ihr Großvater, während er Anna Dmitrijevna zu einer kleinen Hütte folgte. Sie öffnete das Tor, das in einen größeren Raum führte, der nun aber leer war, denn die alte Klapperkiste, die kaum noch als Auto zu bezeichnen war, war mit Ilja Ivanovitsch auf dem Weg in die Stadt. Vor einer weiteren Türe blieb sie stehen.

Fasziniert beobachteten die beiden Jungen, wie ihr Großvater einen gebogenen Draht hervorzog und damit in dem Schloss herumzustochern begann.

„Kannst du es damit wirklich öffnen, Großvater?“, fragte Artjom zweifelnd.

„Klar kann er das, unser Großvater ist der Beste! Kannst du uns das auch beibringen?“

„Ja! Bitte, Großvater!“

Der alte Mann lächelte und gab ein zustimmendes Gemurmel von sich, während das Schloss …
 

… sich klickend öffnete.

„Na endlich.“

Die Türe quietschte ein wenig, als er sie aufmachte, doch endlich konnten sie den nächsten Raum betreten. Peti Meramon sagte irgendetwas, doch das hörte er gar nicht mehr, denn sein Blick hing an dem Szenario, das sich hier bot. Überall entlang der Wand des Raumes brannten Feuer, die ihn in helles Licht und Wärme tauchten. Es war ein kleiner Raum und auf den ersten Blick schien sich hier nichts Besonderes zu befinden. Er machte einen Schritt nach vorne und sah sich um. Die flackernden Flammen machten es ihm nicht leicht, etwas zu erkennen, doch schließlich fiel sein Blick auf ein kleines Digimon, das nahe an den Flammen lag und sich nicht bewegte. Das hellblaue Fellbünden hatte die Augen geschlossen. Seine abstehenden Hundeohren und der Schwanz wirkten leicht angesengt, was bei dieser Nähe zum Feuer wohl kein Wunder war. Es machte nicht gerade einen gesunden Eindruck.

Find your Partner. Quest completed.

Die Stimme hatte sich schon länger nicht gemeldet, doch Kostja war nicht unbedingt verwundert. Er drückte das kleine Digimon an sich und stand wieder auf.

„Was verbrennen die hier denn?“

Peti Meramon, das die ganze Zeit durch den Raum gekreist war, gab nicht sofort eine Antwort. Doch schließlich gab es einen erstickten Laut von sich und sah ihn aus schreckgeweiteten Augen an. „Die Schriften! Sie verbrennen die alten Schriften!“

Er hatte zwar keine Ahnung von welchen Schriften das Digimon sprach, aber etwas Gutes konnte es nicht bedeuten. Und wie sagte man so schön? Wo man Bücher verbrennt, verbrennt man bald auch Menschen. Oder in diesem Fall wohl eher Digimon.

„Wir sollten von hier verschwinden, Peti Meramon.“

„Natürlich.“

Er zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts. Über dieses seltsame Digimon konnte man sich nur wundern.
 

Als sie wieder oben ankamen, sahen sie gerade noch wie eine blaue Stichflamme durch den Gang schoss. Offensichtlich hatten sie zu lange gebraucht!

„So ein Mist!“, fluchte er, während er sich unter einer Flammenkugel wegduckte, die in seine Richtung geflogen war.

Ihr Vorteil war, dass der Gang so schmal war, sodass immer nur zwei Goburimon nebeneinander Platz hatten. Doch die Attacken der kleinen Digimon, die hier eingesperrt waren, schienen die Goburimon nicht wirklich zu stören, einzig vor Gabumons Flammenattacken wichen sie zurück. Sein Blick fiel auf das Digimon in seinen Armen. Jetzt hatte er seinen Partner zwar gefunden, doch konnte er diesen kaum in den Kampf schicken. Er spürte den Atem und den Herzschlag des Kleinen, doch es war noch nicht aufgewacht und das war wahrscheinlich auch besser. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen sich aufzumachen, um die Digimon zu befreien…

Nein, diesen Gedanken verwarf er wieder. Immerhin konnte er diese armen kleinen Kreaturen doch nicht im Stich lassen. Und seinen Partner hätte er ansonsten auch nicht gefunden. Nein, er hatte die richtige Entscheidung getroffen und sie würden hier nicht verlieren! Nicht mit den vielen Digimon, die auf der Seite von ihm und Gabumon kämpften!
 

Gabumon machte sich auf das Schlimmste gefasst, als eines der Goburimon nach vorne stürmte, die Keule über dem Kopf schwingend. Neben ihm wichen einige Digimon zurück und er konnte es ihnen kaum verübeln. Auch er selbst wäre am liebsten zurückgewichen, doch das durfte er nicht! Nein, er musste sie schützen so gut er konnte, denn ohne ihn wären sie verloren.

So stürmte auch er nach vorne, den Kopf leicht geneigt, um seinen Gegner mit dem Horn zu rammen. Immer näher kam das Goburimon.

Doch dann stand die Zeit für einen kurzen Moment still.

Ein helles Licht flutete durch den Raum und brachte die Goburimon dazu wie versteinert stehen zu bleiben. Auch Gabumon hielt an, drehte sich auf der Suche nach der Quelle des Lichtes um. Es war das kleine Digimon in Kostjas Armen. Es erstrahlte in einem unglaublich hellen Licht. Ein Licht wie es Gabumon noch nie gesehen hatte und selbst als es erlosch und die Dunkelheit zurückkehrte, erschien sie ihm nicht mehr ganz so dicht wie zuvor. Was war gerade geschehen?
 

Erstaunt blickte er auf seinen Partner. Sein Digivice hatte einen leisen Ton von sich gegeben und im nächsten Augenblick war das Digimon erwacht und hatte zu strahlen begonnen, heller als die Sonne jemals strahlen würde. Er hatte die Augen zusammengekniffen, denn das starke Licht brannte in ihnen, dennoch hatte er erkannt, dass die kleinen Verletzungen verschwunden waren, hatte gespürt wie der Herzschlag des Digimons stärker wurde und als das Licht erloschen war, schien es vor Energie förmlich überzulaufen.

„Wahnsinn…“

„Hallo, Konstantin.“

Kurz verzog sich der breite Mund des Digimon zu einem Lächeln, doch dann wurde es wieder ernst. Immerhin gab es hier noch etwas zu erledigen. Als es zu Boden sprang, griff er nach dem Digivice und berührte leicht den Bildschirm.

Sneschimon

Type: Lesser

Level: BabyII

Attribute: none

Attack: Bubbles

„Jetzt zeige ich euch wo der Hammer hängt!“, drohte es, während es sich in den Kampf stürzte.

„Sneschimon, warte!“

Aber es hörte ihm gar nicht erst zu.

Nicht nur Kostjas Partner stürzte sich in den Kampf, nein, auch die anderen Digimon schienen wieder Mut zu fassen, während die Goburimon sich immer noch nicht regten. Das Licht hatte ihnen ziemlich zugesetzt, wie es aussah. Als unzählige Seifenblasen über sie hereinbrachen, ergriffen jene in der vordersten Reihe die Flucht. Oder sie versuchten es zumindest, denn es war so gut wie unmöglich sich durch dieses Gedränge zu wühlen. Fasziniert beobachtete Kostja die Reaktion der orkartigen Digimon. Wie sie in Panik verfielen, ihre Attacken gegeneinander richteten. Es herrschte heilloses Chaos und immer noch griffen Gabumon, Sneschimon und die anderen Digimon an.

Dann geschah es.

So etwas hatte er noch nie gesehen. Vor seinen Augen schienen sich einige der Digimon aufzulösen, zu zerbröseln, als wären sie nichts weiter als Sand. Glitzernd sanken die einzelnen Partikel zu Boden, während die Luft förmlich zu vibrieren schien. Es war, als wäre zu viel Energie freigesetzt worden, als würde ein einziger Funke genügen, um eine Explosion auszulösen. Was war das?

Noch während er darüber nachdachte, verschwanden die glitzernden Partikel endgültig. Wohin wusste er nicht und wahrscheinlich könnte es ihm auch keiner sagen. Er nahm an, dass das die Art der Digimon war zu sterben.

Auch die Spannung in der Luft schien sich zu legen. Es war, als würden die vielen kleinen Digimon die Energie in sich aufnehmen, um sich zu stärken. Sie erschienen ihm größer als vorhin, wenn auch nicht viel. Und in jedem Fall wirkten sie stärker und gesünder. Was war passiert?

„Jetzt aber raus hier!“

Gabumons Stimme riss ihn aus den Gedanken und er setzte sich in Bewegung. Sneschimon sprang wieder in seine Arme und gemeinsam eilten sie die Treppe nach oben. Doch was sie dort erblickten, ließ sein Herz für einen Augenblick stehen bleiben.

Folge 4: Feuer und Eis

„Ach du Schande!“

Pierre ging hinter einem Felsen in Deckung, als eine Keule auf ihn zu segelte. Das Zusammentreffen mit den Goburimon war nicht gerade sanft ausgefallen und Smemon und Agumon hatten alle Mühe sich die grünen Kreaturen vom Leib zu halten. Vielleicht war es gut, dass Kostja und Gabumon nicht hier waren. Auch zu dritt wären die Digimon ihren Gegnern unterlegen gewesen. So würden wenigstens sie der Vernichtung entgehen. Obwohl – wenn die Goburimon mit ihnen fertig waren, würden sie in die Stadt zurückkehren. Der Unterschied bestand also lediglich darin, dass sie an verschiedenen Orten zugrunde gehen würden, wenn ihnen nicht schnell etwas einfiel. Die Tatsache, dass dieser Biester eine Fähigkeit hatten, um sich zu einem gewissen Maß vor Angriffen zu schützen, machte ihnen den Kampf allerdings nicht leichter.

„Vielleicht war das doch keine so gute Idee“, rief ihm Agumon zu, während es einen Schritt zurück trat und dann eine weitere Flammenkugel auf die Angreifer schleuderte.

„Wir brauchen einen Plan!“, antwortete er, während er eine Keule aufhob und sie ziellos über den Felsbrocken warf, hinter dem er sich verbarg. Zu seiner großen Verwunderung traf er sogar.

„Oder ein Wunder…“, erwiderte Smemon, während es kurz neben ihm auftauchte und einem Goburimon einen Hieb mit dem Schweif verpasste.

Es hatte sich zu nahe an Pierre gewagt.

„Wunder sind leider ausverkauft.“

Ohne es zu bemerken, hatte er einen von Wolfs Sprüchen übernommen. Wahrscheinlich hatte er diese Bemerkung einfach schon zu oft gehört. Aber das brachte sie im Moment auch nicht weiter.

Smemon stürzte sich wieder ins Kampfgetümmel. Dadurch, dass es fliegen konnte, hatte es den Vorteil außer Reichweite der Keulen zu sein. Mit seinen Flammenangriffen verursachte es einiges an Chaos in den Reihen der Goburimon, konnte aber nicht viel Schaden anrichten. Es sorgte vor allem dafür, dass die Kreaturen von Agumon und Pierre abließen und stattdessen versuchten Smemon zu erwischen. Anscheinend waren sie nicht die Klügsten, was nur ein Vorteil war.

Auf diese Weise gelang es Agumon tatsächlich drei von den Wesen zu vernichten. Fasziniert beobachtete Pierre wie sie sich auflösten, zerfielen und nichts von ihnen übrig blieb. Die Luft schien einen Augenblick zu flimmern, sich mit Energie zu füllen, doch das war schnell vergangen, dafür schien Agumon nun nur so vor Energie zu strotzen. Interessant. Scheinbar konnte die Energie von vernichteten Digimon von anderen aufgenommen werden. Das war nützlich zu wissen.

Das Chaos, das sein Digimonpartner verursachte und Agumons neu gewonnene Stärke gaben Pierre neue Hoffnung, dass dieser Kampf doch nicht ganz so aussichtslos war, wie sie zuerst gedacht hatten. Zumindest konnten sie Kostja und Gabumon nun ein wenig Zeit verschaffen. Er selbst konnte nicht viel tun, außer den grünen Kreaturen hin und wieder eine Keule gegen das Bein zu knallen, doch für den Augenblick reichte das auch, denn es steigerte ihre Verwirrung nur noch mehr.
 

Inzwischen hielt er es nicht mehr für unmöglich hier doch noch lebend herauszukommen. Die Goburimon waren zwar in der Überzahl, aber aus irgendeinem Grund waren sie schwächer als Smemon und Agumon.

Doch er hatte sich zu früh gefreut, denn gerade als er sich kurz vom Kampf zurückzog, um Atem zu schöpfen, fiel sein Blick auf drei weitere Goburimon, die sich ihnen aus jener Richtung näherten, in die Gabumon und Kostja verschwunden waren. Er konnte nur hoffen, dass die beiden nicht erwischt worden waren. Auf den ersten Blick sah er keinen Unterschied zwischen den Neuankömmlingen und den anderen Goburimon. Erst als er das zweite Mal hinsah, fiel ihm auf, dass eines der Digimon deutlich größer war als seine Artgenossen.

„Da kommt Verstärkung“, rief er Agumon zu, doch es war zu beschäftigt, um wirklich darauf reagieren zu können. Auch Smemon ließ nicht erkennen, ob es gehört hatte, sondern griff nur weiter an. Wenn man die bedachte, dass ihre Gegner ohnehin in der Überzahl waren, machten diese drei allerdings auch keinen großen Unterschied mehr. Dachte er zumindest.

Zu Pierres Verwunderung stürzten sich die drei nicht direkt in den Kampf, sondern blieben in einiger Entfernung stehen, um das Geschehen zu beobachten. Er wandte sich ab, schenkte ihnen nicht viel Aufmerksamkeit. Erst als er das bereits bekannte Flimmern aus den Augenwinkeln wahrnahm, drehte er sich wieder um.

Er glaubte seinen Augen nicht trauen zu können.

Das Goburimon, das ihm wegen seiner Größe schon vorher aufgefallen war, stand nur noch alleine da. Das Flimmern der Luft und die Tatsache, dass es noch ein Stück gewachsen war, sobald es die Energie aufgenommen hatte, sagten ihm, was geschehen war: Es hatte seine Artgenossen vernichtet.

„Nanu?“

Er verstand den Sinn dahinter nicht ganz. Glaubte es so eine bessere Chance zu haben? Nun, sie würden es schon noch vom Gegenteil überzeugen, da war er sich sicher.

Kaum hatte es die Energie absorbiert, setzte es sich endlich in Bewegung. Pierre sah, wie sich Agumon vorbereitete, um das Digimon anzugreifen. Doch als es zwischen die anderen Goburimon trat und seine Keule zu schwingen begann, zögerte das Dinosaurierdigimon mit seinem Angriff.

Was geschah da?

Die drei konnten es kaum glauben: Das Goburimon begann auch die Angreifer zu vernichten, sie aufzunehmen. Es schlug mit der Keule um sich, schleuderte Feuerbälle. Vernichtete, zerstörte, um sich die Energie der anderen zu beschaffen und mit jedem toten Artgenossen noch ein Stück größer zu werden.

„Zumindest haben wir weniger Gegner, wenn sie sich gegenseitig umbringen…“, meinte Smemon, doch besonders überzeugt klang es nicht.

Fasziniert beobachteten Pierre, Smemon und Agumon das Spektakel, bis schließlich auch das letzte Goburimon unter einem unbarmherzigen Keulenschlag fiel.

Inzwischen war ihr Gegner doppelt so groß wie zuvor und Pierre wich instinktiv ein Stück zurück, als es sich in ihre Richtung wandte und sie aus gemeinen, gelben Augen anfunkelte.
 

Ein Furcht erregendes Kampfgebrüll löste sich aus der Kehle des Goburimon und brachte nun auch die beiden Digimon dazu zurückzuweichen.

„Vielleicht wäre es besser zu rennen?“, schlug Agumon vor.

„Nein. Das schaffen wir“, widersprach Smemon und als wollte es seine Worte bestätigen, bildete es eine Flammenkugel in seinem Maul, die es dem Gegner entgegen schleuderte. Doch dieser zeigte sich davon wenig beeindruckt.

Es gab nur ein weiteres Brüllen von sich, machte aber keine Anstalten die drei anzugreifen. Stattdessen griffen seine plumpen Finger nach einer Schnur, die um seinen Hals lag. Und an der Schnur baumelte eine dunkle, kleine Kugel. In den Pranken des großen Digimons sah es aus wie ein Spielzeug für Puppen. Fest hielt es die Kugel umschlossen und schließlich begann sie zu leuchten. Es war nicht der richtige Ausdruck dafür, denn eigentlich strahlte die Kugel kein Licht aus. Viel mehr erschien es so, als würde sie das wenige Licht der Sterne in sich aufsaugen. Immer schneller strömte das Licht auf die Kugel zu und um das Goburimon herum bildete sich ein dunkler Wirbel, der von einzelnen roten und violetten Lichtstrahlen durchzogen wurde.

„Was zum…?“

„Es digitiert!“, schrie Agumon entsetzt. Und es sollte Recht behalten.

Der ganze Vorgang dauerte nur wenige Sekunden. Der Strudel verschwand und die Kugel pulsierte nur noch leicht in den Pranken des Digimons. Doch vor ihnen stand nun kein Goburimon mehr. Es hatte sich verändert, war noch ein Stück größer geworden und starrte sie nun aus bösartigen Augen an.

„Jetzt ist es wirklich ein Ork…“, murmelte Pierre, während sein Blick über die dreckig-braune Haut huschten und schließlich an dem Knochen hängen blieben, den es als Waffe trug. Er wollte gar nicht wissen wo der herkam.

„Was ist ein Ork?“, wollte Agumon wissen, doch bevor Pierre antworten konnte, tat es Smemon.

„Etwas, das sicher nicht nett ist.“

Dtraf es den Nagel auf den Kopf. Das Digimon vor ihnen kam auf sie zu. Das scheußliche Maul mit den langen, gekrümmten Zähnen, hatte es drohend geöffnet und obwohl es aussah, als hätte es das Maul zu einem Grinsen verzogen, lag darin nichts, als pure Bösartigkeit.

Fugamon

Type: Oni

Level: Adult

Attribute: Virus

Attack: Evil Hurricane
 

„Ähm… Smemon?“, fragte Agumon kleinlaut.

„Ja?“

„Rennen wir jetzt?“

„Ja…“

Wie auf Kommando drehten sich die drei um und rannten. Sie hatten zwar keine Ahnung wohin, aber das würde sich früher oder später schon noch herausstellen. Ihr Weg führte sie an einigen krummen Bäumen vorbei und endete schließlich vor einer Felswand, die vor ihnen senkrecht in die Höhe ragte.

„Und jetzt?“, fragte Pierre.

Er hatte nicht Zeit, um lange nachzudenken, denn Agumon stieß ihn an und eilte den rechten Weg entlang. Kurzerhand folgte Pierre ihm, erst als er sich umdrehte, stellte er fest, dass Smemon ihnen nicht gefolgt war, sondern sich in die andere Richtung gewandt hatte. Er fluchte.

Das Fugamon zögerte kurz als es die Stelle erreichte, an der sich die Gruppe getrennt hatte und entschied sich schließlich dem rechten Weg zu folgen. Aber im Gegensatz zu Agumon und Pierre wusste es wohin dieser Weg führte.
 

Pierre blieb stehen. Erst hatte er sich nichts dabei gedacht, als die Wand auf der anderen Seite immer näher gekommen war. Doch jetzt befanden sie sich in einer Sackgasse, waren von Smemon getrennt und als er sich umdrehte, stellte er fest, dass ihnen Fugamon auf den Fersen war. Grandios.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte er wieder, doch dieses Mal hatte Agumon keine Idee. Also hatten sie keine andere Wahl, als zu kämpfen…
 

Smemon hatte gehofft, dass das bösartige Digimon ihm folgen würde, doch es war leider anders gekommen. So zögerte es nicht lange, sondern machte wieder kehrt, um die anderen zu erreichen. Schon aus einiger Entfernung konnte er erkennen, dass Agumon verzweifelt Flammen auf das Digimon schleuderte, doch besonders viel Wirkung zeigte das nicht.

Mit einem wütenden Brüllen nahm Smemon Anlauf und rammte Fugamon mit seinem ganzen Gewicht, flatterte dann schnell davon, um sich außer Reichweite des Digimons zu bringen. Mit dieser Knochenkeule wollte es nicht unbedingt Bekanntschaft schließen. Stattdessen kreiste es über Fugamons Kopf und versuchte es zu verwirren, wie es ihm vorher schon bei den Goburimon gelungen war. Doch scheinbar war dieses Digimon ein wenig klüger. Es achtete gar nicht erst auf Smemon, sondern stapfte auf Agumon und Pierre zu. Das Dinosaurierdigimon fegte es mit einem Keulenhieb gegen die Felswand, wo es benommen liegen blieb.

Dann schritt es auf Pierre zu und streckte die Pranken nach ihm aus. Smemon griff mit seinen Flammenattacken an, doch Fugamon schien es nicht einmal zu bemerken. Stattdessen erwischte es Pierre an einem Bein, als dieser zu flüchten versuchte, und zog ihn an sich heran.
 

„Ah!“

Unsanft landete er auf dem Bauch am Boden und wurde schließlich über diesen geschleift. Dieses Ding würde ihm noch das Bein ausreißen, wenn es so weitermachte! Er versuchte es zu treten, doch es half alles nichts. Fugamon ließ nicht los, sondern schloss die Finger nur noch fester, daran änderten auch Smemons ständige Angriffe nichts.

Auch wenn es nicht so ausgesehen hatte, so hatte Fugamon doch auf Smemon geachtet. Das war der Grund, warum es sofort herumfuhr und mit der Knochenkeule nach ihm schlug, als es sich zu nahe an seinen Gegner heran wagte. Wie zuvor schon Agumon, so landete auch Smemon an der Felswand, an der es langsam zu Boden rutschte. Es rappelte sich zwar hoch, doch als ihm Pierre entgegen flog und auf ihm landete, lagen sie beide am Boden und schneller als sie gedacht hätten, hatte Fugamon sie zu handlichen Paketen verschnürt.
 

Kostja stieg die letzten Stufen hinauf und blieb wie angewurzelt stehen. Vor ihm hing ein widerliches Grinsen in der Luft. Als er genauer hinsah, stellte er fest, dass das Grinsen zu einem braunen Körper gehörte, der in einem Lendenschurz im Tiger-Motiv steckte und einen Knochen in der Hand hielt. Irgendwie sprangen ihm diese skurrilen Details eher ins Auge als die gefährlich aussehenden Zähne. Vielleicht hatte er sich an den Anblick von Zähnen aber auch schon zu sehr gewöhnt, seit er hier gelandet war.

Kurze Zeit starrten sich Kostja und das Digimon gegenseitig an, ohne dass etwas geschah. Erst als eines der kleinen Digimon plötzlich zu schreien begann, kam wieder Bewegung in die Gruppe. Rund um ihn fiepte und kreischte es, Seifenblasen flogen durch die Luft und schon nach einem kurzen Augenblick sah er das Digimon nur noch durch einen bunten Schleier.

Wo kam dieses Ding denn plötzlich her?

„Lass mich los! Ich muss kämpfen!“

Sneschimon wand sich aus seinen Armen und sprang den anderen Digimon hinterher in den Kampf. Doch Kostja stellte sehr schnell fest: dieses Ding war von einem ganz anderen Kaliber, als die Goburimon, mit denen sie es bisher zu tun gehabt hatten. Ein Blick auf sein Digivice verriet ihm den Namen und das Level. Adult. Es war nun wirklich nicht schwer zu erraten, dass das wohl mindestens eine Stufe über Child stehen musste. Somit hatte es ein höheres Level als Gabumon, das wiederum ein höheres Level als Sneschimon hatte. Seiner Schätzung nach müssten auch die anderen Digimon etwa Sneschimons Level haben. Ganz toll. Ob sich dieses Fugamon von einer Übermacht der kleinen Zwerge schlagen lassen würde?

Nein, es sah nicht so aus. Ein einziger Angriff von Fugamon genügte, um die kleinen Digimon zurückzuschleudern und selbst Gabumon stürzte schwer getroffen zu Boden. Kostja eilte zu Sneschimon und hob es hoch, während das gegnerische Digimon ein irres Lachen hören ließ. Dann erhaschte er einen Blick hinter Fugamon, wo ein Käfig stand. Nun, immerhin wusste er nun was aus Pierre und den anderen beiden Digimon geworden war… Eigentlich war der Käfig viel zu klein für sie, er hatte keine Ahnung wie Fugamon es geschafft hatte sie dort hinein zu stopfen. Aber gewiss war: Sie konnten sich bestimmt nicht bewegen.
 

Wie die Digimon, die noch dazu fähig waren, so suchte auch Kostja erst einmal das Weite, als Fugamon zu einer neuerlichen Attacke ausholte. Das Ganze würde zu einem Katz und Maus Spiel werden, wenn ihnen nichts einfiel. Die Digimon stoben in alle Richtungen davon, doch Kostja musste zu seinem Entsetzen feststellen, dass sich das braune Digimon ihn als Opfer ausgesucht hatte.

„Shit…“

Ziemlich ziellos rannte er in irgendeine Richtung davon und versuchte das Digimon in den engen Straßen der Stadt abzuhängen. Er würde sich hier heillos verlaufen, das stand fest, aber es half alles nichts. Kämpfen konnten sie gegen dieses Ungetüm wohl kaum. Allerdings war sein Partner da anderer Meinung.

„Hör auf wegzulaufen, wir müssen kämpfen! Es erwischt uns doch sowieso! Wir müssen die anderen Digimon beschützen!“

Es zappelte in seinen Armen herum und machte es Kostja nicht gerade einfach es festzuhalten.

„Das schaffst du doch nie!“, konterte er, worauf Sneschimon erst einmal schwieg.

„Alleine nicht, aber wenn uns die anderen helfen…“, meinte es dann. „Links!“, schrie es an der nächsten Kreuzung.

Kostja tat wie ihm geheißen wurde und bog nach links ab. Er hatte ohnehin keine Ahnung wohin er laufen sollte, also folgte er auch den anderen Anweisungen. Dabei stellte er fest, dass Sneschimon definitiv über einen besseren Orientierungssinn verfügte, als er selbst, denn nur nach wenigen Biegungen standen sie wieder auf dem Platz, von dem sie geflohen waren. Von Fugamon fehlte jede Spur. Im Moment zumindest.

„Wir müssen sie rauslassen…“, murmelte er und rannte auf den Käfig zu. Sneschimon blieb zurück und sah sich stattdessen aufmerksam in der Gegend um.

„Es kommt!“

Er fluchte. Gerade hatte er den Draht wieder hervor gezogen, mit dessen Hilfe er schon Sneschimon befreit hatte, als Fugamon auf den Platz stürmte, die Knochenkeule schwingend und offensichtlich rasend vor Zorn.

„Du musst versuchen es aufzuhalten!“ Was für eine dämliche Bemerkung, das wäre Sneschimon wohl selber klar. Aber ob es das schaffte?

Eben das schien auch Sneschimon zu denken, aber es stürzte sich dennoch in den Kampf. Wie aus dem Nichts tauchten auch einige der anderen Digimon wieder auf. Sie mussten sich in den Gassen versteckt haben, doch jetzt kamen sie Sneschimon zu Hilfe. Unter ihnen erkannte er auch Peti Meramon. Und wo steckte eigentlich Gabumon?

Er versuchte sich nicht von dem Kampf ablenken zu lassen, während er in dem Schlüsselloch herumzustochern begann. Drag sagte irgendetwas, das er aber nicht verstand und darum ignorierte. Es konnte im Moment nicht so wichtig sein.

Erst ein Schrei von Sneschimon ließ ihn herumfahren.

„Sneschimon!“

Ohne lange nachzudenken, ohne weiter auf das Schloss zu achten, sprang er auf und stürzte auf seinen Digimonpartner zu. Er schaffte es gerade es vom Boden aufzulesen und einige Schritte zu laufen, bevor er unter der Keule begraben werden konnte. Fest drückte er es an sich.

„Was auch immer du tust, wage es nicht dich aufzulösen…“, meinte er leise.

„Das… habe ich nicht vor…“

Die Stimme des kleinen Digimon war schwach und kaum mehr als ein Flüstern. „Ich muss weiterkämpfen…“

„Du kannst so nicht kämpfen!“

Sneschimon widersprach nicht, aber er erkannte den eisernen Willen in seinen Augen.

„Na gut…“, gab er schließlich nach. „Aber versprich mir, dass du nicht…“

„Ich verspreche es.“

Kostja war froh das Wort nicht aussprechen zu müssen, auch wenn er nicht ganz sicher war wie das Digimon zu seinem Versprechen stand. Aber er musste ihm vertrauen.

Und das würde er!
 

Kaum hatte er Sneschimon am Boden abgesetzt, als sein Digivice zu leuchten begann. „Nanu?“

Ein Lichtstrahl brach daraus hervor und steuerte direkt auf Sneschimon zu und es geschah, was er schon einmal gesehen hatte: es digitierte.

Sneschimon digitiert zu…

Vukmon!

Als das Licht wieder erloschen war, schnappte Kostja hörbar nach Luft. Das konnte doch nicht sein! Vor ihm stand ein Hund. Nein, eigentlich war es wohl eher ein junger Wolf. Sein Körper war von eisblauem Fell bedeckt, einzig die Beine und der Schweif waren zu einem Teil dunkelblau. Wie es auch schon bei Sneschimon gewesen war, so trug auch dieses Digimon vier kleine Edelsteine an seiner Stirn, in denen er noch einen Rest des Lichtes zu erkennen glaubte, der ihm zur Digitation verholfen hatte. Auch an einem seiner Vorderläufe trug es solche Edelsteine. Ob sie aber eine tiefere Bedeutung hatten, war ihm nicht klar.

Aber was ihn stutzen ließ: Sein Digimonpartner sah nun genauso aus wie der Hund, der über die grüne Wiese seines Bildschirms gelaufen war!

„Du bist digitiert…“

„Weil du mir neue Kraft gegeben hast.“

Er hatte keine Gelegenheit eine Antwort zu geben, denn Vukmon stürzte sich in den Kampf. Es war zwar immer noch deutlich schwächer, als Fugamon, aber es war flink auf den Beinen, sodass die Knochenkeule immer wieder ins Leere schlug. Er selbst eilte in der Zwischenzeit zu dem Käfig zurück und beendete sein Werk.
 

„Urgh…“

Hinter ihm gab das Gitter plötzlich nach und er stürzte nach hinten, schlug hart am Boden auf. Allerdings bemerkte er davon nicht viel, denn das Gewicht, das auf ihm lastete, raubte ihm beinahe den Atem. Smemon und Agumon waren schwer genug, um ihn zu zerquetschen… Auch als das Gewicht von seinem Körper verschwand, tanzten erst einmal seltsame Punkte vor seinen Augen und er bekam gar nicht richtig mit, dass Kostja ihn auf die Beine zog. Erst allmählich klärte sich seine Sicht wieder und damit auch seine Gedanken.

„Du hast sie ja nicht mehr alle…“

„Schön dich zu sehen.“

Pierre verzog das Gesicht und bemerkte, dass Agumon und Smemon nicht so lange gebraucht hatten, um zu reagieren, wie er. Sie hatten sich schon in den Kampf gestürzt.

„Was ist das?“

„Meinst du meinen Partner oder Fugamon?“

„Fugamon kenne ich schon…“

Er nahm sein Digivice zur Hand und sah selber nach, bevor er noch eine dämliche Antwort bekam.

Vukmon

Type: Beast

Level: Child

Attribute: Vaccine

Attack: Ice Bomb

Pierre wollte gerade etwas sagen, als die drei Digimon von Fugamon zu Boden geworfen wurden.

„Mist… Sie sind trotzdem nicht stark genug…“

„Sie werden es schaffen.“

Er sah seinen Freund an. Woher nahm Kostja diese Zuversicht? Es war ihm ein Rätsel, aber es war nicht der richtige Zeitpunkt, um das zu klären. Stattdessen sollten sie nach einer Möglichkeit suchen den Digimon zu helfen.

Kostja packte ihn am Arm und zog ihn mit sich. Pierre erkannte, dass er auf die Treppe zusteuerte, an deren Ende sich das Gefängnis befand.

„Was hast du vor?“

„Dort unten liegen noch Keulen herum.“

Scheinbar hatten sie die gleiche Idee gehabt.
 

Nur Minuten später kehrten sie wieder zurück, doch sie zögerten, bevor sie sich in dem Kampf beteiligten. Wenn Pierre ehrlich zu sich selbst war, dann hatte er verdammt große Angst. Aber das würde er Kostja nicht auf die Nase binden und darum packte er die Keule fest mit beiden Händen und rannte auf Fugamon zu. Von seinem Kriegsgeschrei ließ sich das Digimon nicht beeindrucken, doch es reagierte, als Pierre ihm die Keule auf das Hinterteil donnerte. Allerdings brauchte es nur eine Handbewegung, um den Jungen einige Schritte zurück zu werfen und zu Boden stürzen zu lassen. Sein ganzer Körper schmerzte und er glaubte jeden einzelnen seiner Knochen spüren zu können, während er das Digimon wie erstarrt ansah. Er war nicht fähig sich zu bewegen, während es näher kam und den Knochen hob, um ihn im nächsten Augenblick auf Pierre herabsausen zu lassen. er kniff die Augen zusammen.
 

Der erwartete Hieb blieb aus, stattdessen vernahm er ein gequältes Keuchen. Vorsichtig öffnete er die Augen. Smemon! Es hatte den Schlag abgefangen, sah nun aber alles andere als fitt aus.

„Smemon! Wieso…“

„Ich… muss dich doch beschützen.“

Dieses Digimon tat wohl alles, damit ihm nichts zustieß. Es brachte sich selbst in Gefahr, um ihn zu retten. Und es wäre bereit sein Leben zu geben. Für ihn.

„Verdammt, Drag, sitz da nicht so blöd rum, sondern beweg dich!“

Kostja riss ihn aus seinen Gedanken. Recht hatte er. Pierre rollte sich weg von der Stelle, nur Sekunden bevor die Keule dort einschlug. Er sprang auf die Beine und hechtete davon, obwohl es ihm weh tat Smemon dort liegen zu lassen. Und Fugamon stellte sich als absolut rücksichtslos heraus. Immer wieder drosch es auf das Digimon ein und schien nur ein Ziel zu verfolgen: Seine völlige Vernichtung.

„Smemon!“

Er durfte nicht zulassen, dass ihm etwas passierte! Das durfte nicht geschehen… Obwohl er das Digimon erst vor so kurzer Zeit kennen gelernt hatte, hatte er es in sein Herz geschlossen. Ob er es zugeben wollte oder nicht, es bedeutete ihm viel. Es hatte ihm das Leben gerettet. Es begab sich in Gefahr. Für ihn. Langsam aber sicher traten Tränen in seine Augen und sein Blick verschwamm. Eine einzelne davon löste sich aus seinem Auge, kroch langsam über sein Gesicht, bis zu seinem Kinn hinab. Dort löste sie sich und fiel.

Doch den Boden sollte sie nie erreichen, denn das Digivice, das er besaß, begann zu leuchten. Der Lichtstrahl erfasste die Träne und schien sie beinahe aufzusaugen. Vorsichtig hielt er das Gerät in der Hand, während der Strahl länger und immer heller wurde. Doch anders als er erwartet hatte, traf der Strahl nicht auf Smemon, sondern auf Kostjas Digivice. Es war, als würden sich die beiden Geräte miteinander verbinden.

Mit weit geöffneten Augen beobachtete Pierre das Spektakel. Was geschah? Der Lichtstrahl wurde heller und blendete in den Augen, dennoch konnte er den Blick nicht abwenden. Und dann, begann sich schließlich eine Abzweigung zu bilden und die beiden Digivices mit Smemon zu verbinden. Sein Partner erstrahlte in dem Licht, das viel zu hell war, um echt zu sein. Und dann digitierte es.

Smemon digitiert zu…

Ardomon!
 

Aus dem kleinen Drachen war ein großer Drache geworden. Allerdings hielt sich die Ähnlichkeit mit einem der typischen, europäischen Drachen in Grenzen, die neue Digitationsstufe von Smemon erinnerte ihn eher an einen dieser chinesischen Drachen, wie sie durch die Welt der Anime schwirrten. Nur die Flügel waren erhalten geblieben und wollten nicht so Recht zum Rest des Körpers passen. Der Drache war in dem gleichen Orangeton gehalten wie schon Smemon und Blacemon, mit gelber Unterseite und diversen, roten Musterungen, die sich über den ganzen Körper zogen. Auf den Flügeln erkannte er eines der Symbole, die auf seinem Digivice prangten. Es war das erste davon. Das X, dessen Enden durch senkrechte Striche verbunden waren.

Fugamon war das Lachen inzwischen wohl vergangen, denn als es den riesigen Drachen erblickte, fiel der Knochen scheppernd zu Boden.

Ardomon richtete seine roten Augen auf das gegnerische Digimon, während Vukmon und Agumon erst einmal das Weite suchten. Diesen Kampf würden sie dem stärkeren Digimon überlassen.

Ardomon

Type: Flame Dragon

Level: Adult

Attribute: Serum

Attack: Spirit of Fire
 

Als das Drachendigimon zu sprechen begann, glaubte Kostja beinahe das Zittern Fugamons zu sehen. Wobei er sich da wahrscheinlich täuschte. Fasziniert glitt sein Blick über den Drachen. Ob Vukmon wohl auch zu so einer beeindruckenden Gestalt digitieren würde?

„Fugamon, du, der du Deinesgleichen getötet hast, um stärker zu werden. Du, der du ein Diener der Dunkelheit bist. Du, der du dem Bösen verfallen bist. Dies soll dein Untergang sein.“

Selbst Kostja lief bei diesen Worten ein eiskalter Schauder den Rücken hinab. Die Macht, die in der donnernden Stimme des Drachen lag, war beinahe fühlbar.

Ardomon erhob sich höher in die Luft. Sein Körper bog sich, bis sein Kopf seinen Schweif berührte und er einen vollkommenen Kreis formte, in dessen Mitte ein rotes Licht glühte. Das Licht breitete sich aus, wurde größer und nahm schließlich die Form von Fugamon an. Als Ardomon den Kreis löste, fiel die Flammengestalt von oben auf Fugamon zu und verschmolz mit ihm.

Erst war nichts zu erkennen, doch dann begann sich das Digimon in Qualen zu winden, zu schreien. Und ganz langsam löste sich Fugamon auf, setzte seine Energien frei, die von den anwesenden Digimon aufgenommen wurden.

„Wahnsinn“, hauchte Kostja.

Ardomon hatte ganz schön viel Eindruck hinterlassen.

Doch während das Digimon zu seinem Partner zurückkehrte, zog etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich. Dort, wo sich Fugamon aufgelöst hatte, war ein kleiner Gegenstand zu Boden gefallen. Das leise Geräusch war in dem allgemeinen Tumult untergegangen, doch Kostja hatte den Gegenstand dennoch entdeckt. Was war das denn?

Er ging auf die Stelle zu und hockte sich dort hin. Es war eine Schnur, an deren Ende eine kleine Kugel baumelte, von der ein seltsames, violettes Licht ausging.

„Kostja! Was machst du? Komm!“

Er antwortete nicht, sondern stand auf und ließ den Gegenstand in seine Tasche gleiten, ohne sich noch mehr Gedanken zu machen. Dann kehrte er zu den anderen zurück.

Folge 5: Neue Wege

„Im Westen der Stadt treiben sich noch einige einsame Goburimon herum“, berichtete Agumon, als es zu der kleinen Gruppe stieß. Seit einer Stunde waren sie damit beschäftigt die Goburimon aus der Stadt zu verjagen. Jetzt, wo Fugamon besiegt war, hielt sich ihr Widerstand in Grenzen, dennoch dauerte es seine Zeit, um die Digimon aufzuspüren. Erst vor wenigen Minuten hatten sie Gabumon gefunden. Das Digimon hatte sich mit einigen der kleineren Digimon in eines der Häuser zurückgezogen und war dort in eine Auseinandersetzung mit einigen Goburimon geraten. Doch jetzt sah es so aus, als wäre ihre Arbeit beinahe beendet. Das war auch gut so, denn die Digimon waren erschöpft und langsam aber sicher meldete sich der Hunger. Es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, seit sie aus der Stadt in jene Höhle geflohen waren. Die Digimon hatten zwar einige Früchte besorgen können, doch es war kein besonders ausgiebiges Mahl gewesen.

Pierre konnte nur hoffen, dass die anderen Digimon in der Zwischenzeit etwas zu essen besorgen würden. Ansonsten würde er noch verhungern. Smemon saß neben ihm und lehnte den Kopf gegen sein Bein, während es darauf wartete, dass sie aufbrachen. Obwohl man sah, dass es lieber sitzen bleiben würde. In etwa so sah auch Kostja aus. Auch dieser saß am Boden, doch die Art und Weise, wie er sich hingehockt hatte, verlieh ihm das Aussehen eines Froschmenschen. Einzig Vukmon schien das Wort Müdigkeit nicht zu kennen. Unermüdlich strich es um Kostja, Pierre und Smemon herum und schien nur darauf zu warten, dass sie sich endlich auf den Weg machten.

„Wir müssen sie verjagen, komm schon, Konstantin, steh endlich auf, wir müssen da hin…“, plapperte es vor sich hin und Pierre fragte sich, ob es bei diesem Digimon wohl einen Knopf gab, um es auszuschalten. Wenn ja, dann mussten sie ihn schnell finden. Wenn nicht, sollten sie es fesseln und knebeln.

Auch Kostja schien ähnliche Gedanken zu haben. Er reagierte nur, um das Digimon ständig darauf hinzuweisen, dass es ihn Kostja nennen sollte. Doch Vukmon ignorierte das gekonnt und brabbelte einfach weiter, bis selbst Agumon nur noch den Kopf schütteln konnte.
 

Eigentlich hatte Vukmon ja Recht. Eigentlich sollten sie nicht hier herumstehen und sitzen, sondern diese verrückten Digimon vertreiben. Wenn er sich nur nicht so schwer fühlen würde…

Sein Partner stupste ihn mit der Schnauze an und legte die Pfoten auf seine Schultern. Er verlor beinahe das Gleichgewicht, konnte eine unsanfte Landung auf der Nase aber gerade noch verhindern.

„Na gut, na gut…“, murmelte er und stand mühsam auf. Er fühlte sich wie eine wandelnde Leiche aus einem schlechten Film. Ein Blick auf Pierre und Smemon verriet ihm, dass es den beiden auch nicht anders erging. Agumon schien noch halbwegs fitt zu sein, aber Vukmons Energie besaß wohl keiner.

„Das heißt dann wohl, dass wir aufbrechen…“, meinte Pierre demotiviert. Kostja gab ihm keine Antwort, sondern wandte sich an Agumon.

„Weißt du wie viele es sind?“, wollte er wissen. Kurz dachte das Dinosaurierdigimon nach.

„Drei oder vier vielleicht.“

Das waren nicht allzu viele. Sie hatten die Erfahrung gemacht, dass die Digimon nach dieser Niederlage die Flucht ergriffen, wenn sie nicht in großer Überzahl waren. Er nickte leicht.

„Gut.“

Dann wandte er sich an Pierre und Smemon.

„Ich glaube das schaffen Vukmon und Agumon alleine. Smemon sieht müde aus. Geht schon einmal vor, aber hebt uns etwas zu essen auf.“

Dieses Angebot war kein Resultat reiner Nächstenliebe, auch wenn es auf den ersten Blick so scheinen mochte. Natürlich sah er, dass das Drachendigimon kaum noch gerade stehen konnte, doch das war nicht der Hauptgrund für diesen Vorschlag.

Kurz hatte er das Gefühl, als wollte Smemon protestieren, doch es kam nicht dazu, denn Pierre stimmte ihm bereits zu.

„Außerdem bin ich dieses hyperaktive Fellbündel dann für kurze Zeit los“, meinte er scherzhaft.

Kostja gelang nur ein schiefes Grinsen und Vukmon schien das gar nicht gehört zu haben, sondern lief bereits in die Richtung davon, in die sie mussten.

„Bis später.“

Etwas gemächlicher folgten er und Agumon, während Vukmon von einer Straßenseite zur anderen tänzelte, einige Meter vorlief, um dann wieder zurückzukehren, eine Runde um die beiden zu drehen und dann wie vom Blitz getroffen wieder davonzustürmen. Erst als sie näher an den Ort kamen, an dem sich die Goburimon befanden, wurde es ruhiger. Ganz plötzlich, als hätte man einen Schalter umgelegt. Es setzte bedächtig eine Pfote vor die andere. Seine Ohren zuckten, während es angestrengt lauschte und schließlich vor einer scharfen Biegung stehen blieb. Das bedeutete wohl, dass sich ihre Gegner dahinter aufhielten.

Als Agumon und er aufgeschlossen hatten, spähte der kleine Wolf um die Ecke und zog den Kopf dann schnell wieder zurück.

„Sie sind nur zu dritt“, verkündete es leise.

„Na dann los“, gab Agumon das Startsignal und begleitet von übermütigem Gebrüll stürzten die beiden um die Ecke. Kostja folgte ihnen und beobachtete grinsend, wie die orkartigen Wesen die Beine in die Hände nahmen und rannten, während ihnen Feuerkugeln und Eiskristalle hinterher jagten. Vukmon verfolgte sie noch kurz, bis es sicher sein konnte, dass sie die Stadt nicht mehr heimsuchen würden. Diese Digimon sollten einen Schock für ihr Leben haben!
 

Zufrieden setzte sich Agumon auf den Boden, während sie auf Vukmon warteten. Kostja blieb stehen, lehnte sich aber gegen eine Wand. Er fürchtete, dass er nicht mehr aufstehen könnte, wenn er sich jetzt setzte.

Eine Zeit lang herrschte Schweigen zwischen den beiden. Schließlich seufzte Agumon.

„Weißt du, ich hätte nicht gedacht, dass wir jemals wieder digitieren könnten.“

Er horchte interessiert auf.

„Wie meinst du das?“

„Naja, Gabumon und ich sind früher schon einmal digitiert. Aber als die Große Finsternis kam, sind wir wieder auf das BabyII-Level zurückgefallen. Das ist mit fast allen Digimon passiert und wir wissen nicht warum. Seitdem ist es keinem mehr gelungen zu digitieren, außer den Dienern des Schatten.“

Kurz dachte er über das nach, was ihm Agumon gerade erzählt hatte. Es gab einige Dinge, die er nicht verstand und nach denen er gerne gefragt hätte, doch er konnte nicht alle Fragen gleichzeitig stellen, das war ihm klar. Also musste er irgendwo anfangen.

„Weißt du wie viele Level es gibt?“

„Also, da ist zuerst das Baby-Level. Dann kommt BabyII und das nächste ist Child. Danach kommt Adult. Angeblich gibt es noch höhere Level, aber ich kenne niemanden, der noch weiter digitiert ist…“

Besonders viele Neuigkeiten brachte diese Erklärung nicht, aber es war ein Anfang. Er nahm an, dass auch Agumon keine Ahnung hatte, warum Gabumon und es selbst digitiert waren. Es ergab in seinen Augen nicht wirklich Sinn. Vukmon und Smemon waren digitiert, weil es nötig gewesen war. Sie hatten sich verändert, um ihre Partner zu schützen und das Digivice hatte reagiert. Warum hatte es auch auf Gabumon und Agumon reagiert? Sie hatten keine Verbindung zu den beiden. Gerade wollte er eine weitere Frage stellen, als Vukmon wieder auftauchte. Es sah mit sich und der Welt zufrieden aus und sprang fröhlich auf Kostja zu.

„Sie sind weg! Jetzt können wir essen gehen!“, verkündete es.

Das Wort ‚essen’ schien Agumons Lebensgeister zu wecken, denn es sprang beinahe vom Boden auf. Kostja folgte ihm und Vukmon blieb dieses Mal an seiner Seite und summte fröhlich ein Liedchen vor sich hin.

Inzwischen zog Kostja sein Digivice aus der Tasche und betrachtete es eingehend. Es hatte vorhin einen kurzen Ton von sich gegeben, verfiel aber nicht mehr in ununterbrochenes Piepen wann immer es seine Aufmerksamkeit erringen wollte. Es schien lernfähig zu sein. Nun, an diesem seltsamen Ort, an dem er gelandet war, wunderte er sich über nichts mehr. Er hatte vorhin keine Zeit gefunden, um herauszufinden, warum es sich gemeldet hatte, also tat er es jetzt.

Wie erwartet war es das Questlog, das sich gemeldet hatte.

Goblin’s Town. Quest completed.

Gut, das hatte er sich gedacht.

New Quest: Twilight Zone

Er runzelte die Stirn. Dieser Questname war noch nichts sagender als der letzte. Wer auch immer sich das ausgedacht hatte: Es mangelte ihm an Fantasie. In der Hoffnung etwas mehr über die neue Quest herauszufinden, berührte er den Schriftzug. Ein kleines Hologramm erschien über dem Bildschirm. Es war eine kleine Kugel, die in dunklem Licht vor sich hin pulsierte. Ein kleiner Schriftzug war zu erkennen und Kostja berührte ihn.

Blocked.

Na toll! Da bekam er eine neue Quest, aber es ließ sich nichts darüber herausfinden. Einzig eines schien ihm gewiss: es hatte etwas mit dem Gegenstand zu tun, den er vorhin aufgesammelt hatte. Seine Hand glitt in seine Hosentasche und er umschloss den Gegenstand. Er hatte die Größe einer Murmel und seine Oberfläche war absolut glatt. Der kleine Gegenstand hatte eine unheimliche Anziehungskraft auf ihn. Wann immer er daran dachte, verspürte er den Drang die Kugel zu berühren, sie vor den Blicken anderer zu schützen. Er wollte sie für sich behalten. Für sich alleine.

Das war auch der Grund, warum er nicht gewollt hatte, dass Pierre und Smemon sie begleiteten. Er wollte nicht, dass sein Freund davon wusste. Dieser Gegenstand gehörte ihm ganz alleine und er hatte schon vermutet, dass es dazu eine Quest geben würde. Jetzt zu erkennen, dass er sie noch nicht beginnen konnte, war frustrierend.

Mühsam löste er seine Finger wieder von der Kugel und widmete sich wieder seinem Digivice. Schnell erkannte er, dass das nicht die einzige neue Quest war.

New Quest: Time Loop

Dieses Mal war das Ergebnis zufrieden stellender, als er die Quest auswählte. Kurz überflog er den Beschreibungstext, schenkte ihm aber wenig Beachtung. Seine Augen blieben schließlich an der aktuellen Aufgabe hängen. Find ShadowQueen stand da. Eigentlich hätte er sich denken können, dass auch das Mädchen hier irgendwo sein musste, wenn schon Drag und er selbst hier gelandet waren. Es war nur logisch, aber dennoch war er bis jetzt noch nicht auf die Idee gekommen nach ihr zu suchen. Er beschloss einen Blick auf die Karte zu werfen, aber zuerst sah er nach, ob es noch weitere Quests gab. Tatsächlich.

New Quest: Shadow Fighters

Doch auch hier blieben die Informationen spärlich. Das einzige, das er erfuhr, war, dass er zuerst die Quest Time Loop abschließen musste, um diese zu starten. Gut, er konnte warten.
 

Inzwischen hatten sie das Zentrum der Stadt wieder erreicht. Peti Meramon schwebte ihnen entgegen und nahm sie freudig in Empfang,

„Wir haben den Menschen und ihren Freunden ein Mahl bereitet.“

Kostja unterließ es die Augenbraue hochzuziehen, sondern folgte dem Digimon einfach in eines der zahlreichen Häuser. Durch eine windschiefe Tür gelangte er in einen kleinen Raum, der sieben Ecken hatte und jede Wand schien unterschiedlich lang zu sein. Doch damit hielt er sich nicht lange auf, denn sein Blick fiel auf den langen Tisch, der hier stand. Dieser bog sich unter der Last von unzähligen Schüsseln und Tellern durch. Allerdings schienen diese Digimon etwas anderes unter einem Festmahl zu verstehen als er selbst. Skeptisch betrachtete er eine Schüssel, die mit einer braunen, geleeartigen Masse gefüllt war, die einsam vor sich hin wabberte.

Im Gegensatz zu ihm war sein Partner allerdings begeistert und stürzte sofort davon.

„Mein Lieblingsessen!“

Mit diesen Worten zog er eine große Schüssel an sich heran und hätte sie dabei fast von dem Tisch geworfen. Irgendwie gelang es ihm die Schüssel unbeschadet auf den Boden zu befördern. Es zog die Lefzen hoch und entblößte seine Zähne, als sich Agumon einen Schritt zu nahe an es heran wagte. Dann beförderte es die Schüssel in eine Ecke, schlang die Pfoten darum und begann zu fressen. Wann immer ihm ein Digimon zu nahe kam, richteten sich seine Nackenhaare drohend auf und ein leises Grollen drang aus seiner Kehle. Der Blick aus seinen Augen sagte nur zu deutlich: Es wäre jederzeit bereit sein Essen bis aufs Blut zu verteidigen.

Etwas unentschlossen stand Kostja einen Augenblick alleine herum, doch als er Pierre entdeckte, steuerte er einfach auf diesen zu.

„Was davon ist genießbar?“, wollte er wissen. Im nächsten Augenblick war er sich nicht sicher, ob es klug war gefragt zu haben. Franzosen sagte man nach, dass sie seltsame Dinge aßen. Pierre war zwar kein Franzose, aber immerhin so etwas Ähnliches…

Andererseits wäre es wohl besser als ein vollkommener Start ins Ungewisse.

„Das kommt ganz darauf an. Wenn du keine Zähne mehr hast und daran gewohnt bist, dass dein gesamtes Essen zu einem undefinierbaren Brei vermischt wird, dann kann ich dir das Zeug dort drüben empfehlen“, antwortete Pierre. Er fuchtelte mit der Hand in die Richtung, aus der Kostja gerade gekommen war und wo er auch das seltsame Gelee entdeckt hatte.

„Eher nicht, danke…“

Sein Blick glitt über eine Art Salat, der aber in allen möglichen Farben leuchtete und weiter zu einer Pastete, die aussah, als wäre sie in einen Farbtopf gefallen. Kurz zusammengefasst ließ sich sagen: das Essen hier war bunt und farbenprächtig. Ob es genießbar war, musste er erst herausfinden.

Wie Pierre, so machte auch Kostja einen Bogen um die seltsamen Schwabbelmassen, sondern versuchte sich an festeren Speisen. Er musste feststellen, dass die meisten davon noch nicht einmal so schlecht waren.
 

„Ich glaube ich platze“, verkündete Vukmon und ließ sich neben Kostja zu Boden fallen. Es streckte die Beine von sich und sah Kostja von unten herauf an, während dieser an der Wand lehnte.

„Das ist ja auch kein Wunder bei den Mengen, die du gefressen hast“, antwortete Smemon mit einiger Verzögerung. Halb dösend saß es am Boden und lehnte den Kopf an Pierres Bein. Doch dieser beachtete das Gespräch der beiden Digimon in diesem Moment wenig, denn er war mit seinem Digivice beschäftigt.

„Hast du gesehen, dass wir eine neue Quest haben? Oder zwei besser gesagt.“

„Ja.“

„Gut. Hast du eine Ahnung wo wir ShadowQueen finden sollen?“

„Schau doch auf der Karte nach.“

Irgendwie hatte Kostja selbst vergessen nachzusehen, aber das spielte im Augenblick keine Rolle, denn Pierre kam seiner Aufforderung sofort nach.

Immer noch war von der Karte nur ein kleiner Teil aufgedeckt. Das ergab ein interessantes Muster, aber beide schenkten dem wenig Bedeutung, sondern suchten nach weiteren Punkten auf der Karte. Ohne fündig zu werden.

„Es hätte mich auch gewundert, wenn wir sie bisher übersehen hätten“, meinte Kostja nachdenklich.

„Aber das ergibt doch keinen Sinn! Wieso kann ich dich sehen und Shad nicht?“

Das war allerdings eine gute Frage, auf die er keine Antwort wusste.

„Und wie sollen wir sie jetzt finden?“

Kostja zuckte mit den Schultern. Inzwischen hatten sich einige der kleinen Digimon um ihre Retter gesammelt und beobachteten neugierig, was sie trieben. Auch Agumon und Gabumon gesellten sich zu ihnen.

„Gibt es ein Problem?“, wollten sie wissen.

„Wir sind auf der Suche nach einer Freundin von uns und…“, begann Pierre, wurde aber schnell unterbrochen.

„Wir haben jemanden wie euch gesehen! Haben jemanden gesehen! Gesehen!“, quietschte es aus der Richtung der kleinen Digimon. Ein undefinierbares, weißes Digimon hüpfte fröhlich auf und ab. Es war eines der wenigen Digimon, bei denen man einen Unterschied zwischen Kopf und Körper machen konnte. Kennzeichnend waren das kleine Horn, das es trug, sowie die beiden winzigen Ohren. Es sprang um ein braunes Digimon herum, das ihm selbst ziemlich ähnlich sah aber drei Hörnchen hatte.

„Was habt ihr gesehen?“

„Gesehen!“, quietschte das weiße Digimon.

„Jemanden wie euch“, fügte das braune hinzu.

Pierre warf Kostja einen kurzen Blick zu, aber der zuckte nur mit den Schultern. Gut, da musste er dieses Verhör wohl selbst fortsetzen.

„Wo habt ihr sie gesehen?“

Jetzt hörte das kleine Digimon auf herumzuhoppeln.

Gummymon

Type: Lesser

Level: BabyII

Attribute: none

Attack: Double Bobble

Es sah Pierre aus großen, runden Augen an, bevor es antwortete.

„Sie haben sie zu der Insel gebracht“, verkündete es dann mit bedeutungsschwerer Stimme.

Ein Raunen ging durch die anwesenden Digimon. Wieder sahen sich Pierre und Kostja kurz an. Sie schienen die einzigen zu sein, die nicht wussten worum es ging.

„Was ist das für eine Insel?“

Wieder ein Raunen und schließlich war es das kleine, braune Digimon, das das Wort ergriff.

Chocomon

Type: Lesser

Level: BabyII

Attribute: none

Attack: Double Bobbel

„Wir haben gesehen, wie die Pawn Chessmon jemanden wie euch auf die Insel unter dem Berg gebracht haben. Man sagt der Schatten würde dort hausen.“

Das war doch schon eine brauchbarere Antwort. Wenigstens wusste er nun an welches der beiden Digimon er sich wenden musste, wenn er etwas wissen wollte. Wenn er genauer darüber nachdachte, warf die Antwort allerdings mehr Fragen auf, als sie beantworten konnte. Eine Insel unter einem Berg? Von dem Schatten hatte er nun schon öfter gehört, allerdings konnte er sich auch darunter noch nichts vorstellen. Er beschloss erst einmal an diesem Punkt anzusetzen.

„Was ist dieser Schatten?“

Leicht ratlos sahen sich die Digimon einen Moment an und schließlich war es Agumon, der zu einer Erklärung ansetzte.

„Es ist nicht so einfach zu erklären, wisst ihr. Wir glauben, dass der Schatten ein Digimon ist, aber ganz sicher sind wir nicht, denn manchmal ist er unsichtbar oder er ist nur ein dunkler Schatten. Aber ich bin sicher, dass er auch eine andere Gestalt hat. Wir wissen nicht wo er herkommt, er war plötzlich da und hat begonnen die Macht zu übernehmen. Viele bösartige Digimon dienen ihm und er nutzt sie, um uns zu unterdrücken. Aus irgendeinem Grund sind nur die Digimon, die ihm dienen, dazu in der Lage zu digitieren. Er ist aufgetaucht kurz nachdem die Große Dunkelheit über die Digiwelt kam.“

„Digiwelt?“, fragte Kostja.

„Große Dunkelheit?“, fragte Pierre.

Dieses Mal ergriff Gabumon das Wort.

„Die Digiwelt ist die Welt, in der ihr euch befindet. Es gibt viele Legenden, die sagen, dass neben unserer Welt noch andere existieren. Ich habe nicht daran geglaubt, doch ihr seid eindeutig nicht von hier.

Ich weiß nicht wie es in eurer Welt ist, aber hier war es früher anders als jetzt. Es ist schon einige Zeit her, dass es geschah. Eines Tages ist die Sonne nicht mehr aufgegangen. Es war, als hätte sie jemand vernichtet. Es war der Tag, an dem wir zurückdigitierten. Überall herrschte Angst und Panik und viele Digimon, die sonst nur nachts durch die Gegend streiften, nutzten die Gelegenheit, um noch mehr Schrecken zu verbreiten. Seit diesem Tag ist die Sonne verschwunden und das einzige Licht, das uns bleibt, sind die Sterne und der Mond. Wir wissen nicht was passiert ist oder wie es passieren konnte. Aber viele von uns glauben, dass die Sonne eines Tages zurückkehren wird. Bis dahin warten wir gefangen in der Großen Dunkelheit.“

Schweigen senkte sich über den kleinen Raum. Das einzige Geräusch, das noch zu vernehmen war, war der Atem der Digimon. Kostja und Pierre brauchten erst einen Moment, um das alles zu verarbeiten. Es sah so aus, als würden in dieser Welt einige Dinge schief laufen. Es war ein Wunder, dass bisher noch keine Quest aufgetaucht war, die sie aufforderte die Digiwelt zu retten. Obwohl: wahrscheinlich würde es auf genau das hinauslaufen, wie er ahnte. Er hatte schon genug Spiele gespielt, um das zu wissen.

„Wie kann eine Insel unter einem Berg liegen?“, brach Kostja das Schweigen schließlich. Eine gute Frage, dieses Detail hatte Pierre schon wieder verdrängt.

„Wenn ihr die Berge weiter hoch geht, dann kommt ihr zu dem Berg auf Stelzen. Er bildet eine gigantische Kuppel über einem Krater. Niemand weiß wie tief dieser Krater ist, aber in einiger Tiefe schwebt eine kleine Insel“, erzählte Gabumon.

Diese Welt wurde immer schräger, so viel war klar. Aber immerhin hatten sie nun ein Ziel vor Augen.

„Dann gehen wir!“

Motiviert sprang Vukmon auf, dass es sich total überfressen hatte, hatte es bereits erfolgreich verdrängt. Stattdessen sprühte es vor Tatendrang.

„Ihr könnt da nicht hingehen!“, quietschte Gummymon.

„Das ist viel zu gefährlich“, fügte Chocomon hinzu.

Zustimmendes Gemurmel von den anderen Digimon war zu hören.

„Das ist purer Selbstmord“, stimmte auch Agumon zu.
 

„Dies muss es nicht zwingend sein.“

Peti Meramon hatte bisher geschwiegen, doch nun meldete es sich wieder zu Wort. Nachdenklich schwirrte es hin und her, während ihm die Augen aller Anwesenden folgten.

„Weißt du etwas, das wir nicht wissen?“, fragte Gabumon.

Das Flammendigimon hielt inne und starrte auf Pierre und Kostja hinab.

„Es gibt Legenden, alte Legenden, die von einer Zeit künden, in der sich unsere Welt nicht selbst retten kann. Eine Zeit der Dunkelheit und des Ungleichgewichtes, eine Zeit des Krieges und der Zerstörung. Alte Legenden, die selbst wir beinahe vergessen hatten, bis sich an jenem schicksalhaften Tag die Große Dunkelheit über die Welt senkte und uns das Licht nahm. Erst nachdem mehrere tausend Stunden der Finsternis verstrichen sind, soll unser Hilferuf gehört werden und Kinder einer anderen Welt zu uns führen. Mit der Macht des Lichtes in ihren Herzen sind sie fähig unserer Welt das Licht zurückzugeben.“

Pierre fasste sich an den Kopf. Da war sie ja endlich, die ‚Rettet die Digiwelt’-Quest. Er hatte schon darauf gewartet. Nachdem sie nun offiziell zu der großen Hoffnung der vielen kleinen Digimon geworden waren, konnten sie nun ja endlich aufbrechen. Er stand auf und Smemon tat es ihm gleich.

„Gut, dann können wir jetzt ja gehen. Oder gibt es noch etwas, das wir wissen sollten?“

Es schien erst nicht so, als würde noch eine Antwort kommen. Der Entschluss der beiden schien ohnehin festzustehen und nach den Worten von Peti Meramon wagte niemand sich ihnen in den Weg zu stellen.

„Achtet auf eure Schritte, Menschen. Der Feind eures Feindes ist nicht immer euer Freund. Ihr mögt die Macht der Dunkelheit zu fürchten lernen, dennoch mag euch ihr Nutzen verborgen bleiben“, mit diesen Worten schwebte Peti Meramon davon und ließ die anderen zurück.
 

„Na dann mal los“, meinte Pierre. In seiner Stimme war beinahe ebenso viel Tatendrang zu erkennen wie in Vukmons übermütigem Herumgehampel. Die Digimon hatten ihnen die Richtung gewiesen, in die sie gehen mussten, um den Berg auf Stelzen zu erreichen, nun war es an ihnen zu tun, was auch immer sie tun mussten. Wenn sie das selbst wissen würden, wären sie schon einen Schritt weiter. Aber vielleicht war es auch besser nichts von zukünftigen Ereignissen zu wissen. Sie wussten beide, dass das den Spaß am Spiel drücken konnte. Doch inwiefern war das hier noch ein Spiel? Eine Frage, über die keiner von ihnen gerne nachdenken wollte.

So traten sie also ihren Weg an, um den Berg auf Stelzen zu erreichen. Was sie dort erwartete, war ihnen nicht klar, doch vielleicht würden sie dort mehr Antworten finden, als ihnen Recht war.

Ihr Weg führte sie durch einen Wald voll knorriger Bäume, über schmale Pfade an steilen Felswänden. Die Dunkelheit machte es ihnen nicht leicht den Weg zu finden, sich nicht zu verlieren und nirgends abzurutschen. Doch es gelang und schließlich ragte vor ihnen der Berg auf Stelzen in die Luft. Noch war er in weiter Ferne, doch ihr Ziel zu sehen, trieb die kleine Gruppe voran.
 

Schon als er an diesem Tag die Augen aufgeschlagen hatte, war ihm klar gewesen, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Bisher war er nur nicht fähig gewesen zu erkennen was genau es war. Es war ein unbestimmtes Gefühl, dass etwas nicht so lief, wie es sollte. Mit einer Hand fasste er sich an den schmerzenden Kopf und fegte den Wecker bei dem Versuch ihn auszuschalten auf den Boden. Das piepsende Gerät kullerte durch den halben Raum, bevor es an den Berg aus zerknülltem Papier stieß und diesen umstürzte. Irgendwo auf halbem Weg war das Piepen verstummt und nun lag das Gerät verschüttet unter einer Papierlawine. Dort würde es auch bleiben, bis er es am Abend aufsammeln und wieder auf den Nachttisch stellen würde. So wie gestern.

Er stutzte. Gestern?

Ja, der Wecker hatte den Berg schon am Vortag dazu gebracht einzustürzen und er konnte sich nicht erinnern, dass er ihn wieder aufgebaut hätte. Stirnrunzelnd sah er den Papierhaufen einen Augenblick an, beschloss aber, dass es eine logische Erklärung dafür geben musste. Es gab für alles immer eine Erklärung. Vielleicht hatte seine Schwester damit gespielt und den Berg wieder gebaut.

Schlaftrunken schleppte er sich erst an seinen Computer und schaltete diesen ein. Die Zeit, die dieser brauchte, um hochzufahren, sämtliche Updates herunter zu laden, zu installieren und das Virenprogramm darüber zu jagen, nutzte er, indem er unter die Dusche sprang. Unter dem kalten Wasserstrahl wurde er endlich richtig wach.

Schon nach wenigen Minuten kehrte er in sein Zimmer zurück und warf einen Blick auf den Bildschirm. Hatte es nicht erst gestern ein Update für Tra’valie gegeben? Warum gab es schon wieder ein neues?

Was auch immer der Grund dafür war, er beschloss die Zeit zu nutzen, um sich Frühstück zu besorgen. Doch in der Küche wartete schon die nächste Überraschung auf ihn. Sein Vater stürmte gerade aus dem Raum, ein Brötchen im Mund, das Sakko nur halb angezogen und mit Hektik im Gesicht.

„Guten Morgen…“, meinte er unschlüssig.

„Guten Morgen! Bis heute Abend!“, rief sein Vater zurück und stürmte aus dem Haus. Hatte er etwa schon wieder verschlafen? Na, hoffentlich wurde das nicht zur Gewohnheit.

Zumindest seine Mutter war wie erwartet noch nicht aufgestanden. Er griff sich ein Brötchen und warf aus purer Gewohnheit einen Blick auf die Uhr, die vor dem Fensterbrett stand. Diese zeigte nicht nur die Uhrzeit, sondern auch die Außentemperatur, die Luftfeuchtigkeit und das Datum an. Irritiert blieb sein Blick an dem Datum hängen.

Folge 6: Déjà-vu

Russland, St. Petersburg, 7. Juli, Samstag, 9:30 Ortszeit, UTC +4
 

Sie schreckte hoch, wollte mit einer Hand nach der Handlehne greifen und sich mit der andern am Sitz abstützen. Doch da war keine Lehne und ihre Hand griff ins Leere. Da war kein Sitz, in dem sie zusammengesunken war. Nein, sie lag in einem Bett, umgeben von flauschigen Kissen und unter einer leichten Decke, die das Motiv einer fetten Katze zierte. Hektisches Ticken drang an ihr Ohr. Ticken von unzähligen Uhren, von denen keine genau gleich tickte wie die anderen in diesem Raum. Es war unmöglich zu sagen wie lange eine Sekunde wirklich dauerte, wenn man sich nicht auf den Zeiger einer der Uhren konzentrierte.

Doch das waren zu viele Gedanken für diesen Morgen. Ein leichter Druck an ihren Schläfen sagte ihr, dass sie erst wach werden sollte, bevor sie sich mit derartigen Dingen beschäftigte. Sie schwang die Beine aus dem Bett und stand auf. Leicht unsicher auf den Beinen schleppte sie sich zum Fenster und öffnete es. Heute war einer von den zehn Regentagen, die dieser Monat jedes Jahr durchschnittlich haben sollte. Seltsam, ihr schien es, als würde es viel mehr davon geben. Ein Blick auf das Thermometer sagte ihr, dass die Temperaturen auch schon einmal besser gewesen waren. Nun gut, auch das war nichts Neues.

Sie schüttelte den Kopf und wandte sich wieder dem Bett zu, zog ihre Reisetasche darunter hervor. Das Ding war gerade klein genug, um noch als Handgepäck durchzugehen. Mehr hatte sie auch nicht gebraucht, sie hatte keinen aufwändigen Urlaub, sondern nur ein Wochenende bei ihren Großeltern geplant gehabt. Und es war Zeit, um wieder nach Novosibirsk zurückzukehren. Sie hatte davon geträumt.

Sie hatte geträumt im Flugzeug zu sitzen und total verschlafen zu haben.

In der Wohnung war es noch still. Ihre Großeltern waren keine Frühaufsteher, daher hatte sie alle Zeit der Welt, um sich im Badezimmer fertig zu machen, obwohl sie nicht länger als eine halbe Stunde benötigte. Nur noch ein wenig Make-up… Mit dem Ellbogen stieß sie an das Glas, das auf der Ablage stand, stieß es um und das Wasser, in dem die Zähne ihrer Großmutter genächtigt hatten, ergoss sich über Wattebäusche und Medikamentenschachteln.

Déjà-vu.
 

13:30 Ortszeit
 

Das laute Klackern ihrer Absätze begleitete sie, während sie die Treppe nach unten eilte. Zum Glück lag die Wohnung ihrer Großeltern dicht an der Metrostation. Sie stieß die Haustüre mit einem Ruck auf und Schritt die einzelne Stufe hinab, blieb einen Augenblick stehen, um einen Blick über die altertümlichen Fassaden der gegenüberliegenden Häuser gleiten zu lassen. Sie liebte diese Stadt um ihres Prunkes Willen und fühlte sich hier wohl. Doch dafür blieb nun keine Zeit. Mit schnellen Schritten, aber nicht so hastig, als dass es ausgesehen hätte, als wäre sie übermäßig in Eile, machte sie sich auf den Weg die Furshtatskaya Ulitsa entlang, bog an der nächsten Ecke nach links ab und sah schon den Eingang zum St. Petersburger Untergrund vor sich.

Obwohl der Regen nachgelassen hatte, fühlte sich die Kleidung auf ihrer Haut feucht an, als sie das Gebäude betrat und sich sofort in einem unmöglichen Gedränge wiederfand. Das laute Geräusch ihrer Schuhe auf dem gräulich gefliesten Boden fiel kaum auf, wurde von den Geräuschen der Menschen um sie herum übertönt. Geschickt angelte sie eine Hand voll Münzen aus ihrer kleinen Handtasche und drängte sich an einigen missmutig dreinblickenden Männern vorbei. Der Geruch von Schweiß und Alkohol lag in der Luft und unwillkürlich verzog sie das Gesicht vor Ekel, während sie der Frau hinter der Glasscheibe das Geld entgegen schob. Im Austausch dafür erhielt sie eine Münze, auf der ein großes M prangte. Sie unterließ es sich zu bedanken – die Frau hätte es ohnehin nicht zu schätzen gewusst – und wandte sich ab, schritt auf eines der Drehkreuze zu, die sie von der Untergrundbahn trennten.

Während ihre Finger mit der Münze spielten und sie darauf wartete, dass die Menschen vor ihr endlich durch das Kreuz waren, waren ihre Gedanken bereits in den überfüllten Zügen, die tief unter der Erde von einem Ende der Stadt zum anderen brausten. Peinlichst darauf bemüht das Gerät nicht zu berühren, warf sie ihre Fahrmünze in den vorgesehen Schlitz und schritt durch das Drehkreuz. Alleine von der Menge der Menschen, die sich auch auf dieser Seite befanden, wurde sie auf die scheinbar endlos in die Tiefe führende Rolltreppe geschoben.

Die St. Petersburger Metro war die tiefste in ganz Europa. Endlos lange schien sich die Rolltreppe nach unten zu winden, endlos viele Menschen zu transportieren und einen Augenblick fragte sie sich, wie jeder von ihnen in diese Züge hineinpassen sollte? Es schien ihr unmöglich.

Ewigkeiten später fand sie sich in der Halle unter der Erde wieder. Die Station war einfach, stilvoll, frei von dem Prunk, der so manch anderen Ort in dieser Stadt kennzeichnete. Kaum hatte sie die Halle betreten, konnte sie das Rattern eines einfahrenden Zuges hinter den geschlossenen Türen hören, die ihr den Blick auf die Schienen verwehrten. Sie hatte Glück, es war der Zug in ihre Richtung. Gemeinsam mit unzähligen anderen Menschen drängte sie sich durch die Türen, kaum dass diese sich geöffnet und den Blick auf den bereits überfüllten Zug freigegeben hatten. Sie zwängte sich zwischen den Menschen hindurch, versuchte einen Platz zu finden, an dem sie dem Gedränge entkam – zwecklos. Nun, immerhin umfallen konnte sie nicht mehr.

Erst als es Zeit wurde, um sich aus dem Zug zu drängen, bereute sie es nicht in der Nähe des Einganges geblieben zu sein. Sie fluchte stumm vor sich hin und stolperte schließlich in die Stationshalle. Für den Marmor an den Wänden und die aufwändige Dekoration der Station hatte sie wenig übrig, stattdessen blieb ihr Blick an der digitalen Uhranzeige hängen, die ihr verriet, dass sie noch ganze zwei Minuten auf den nächsten Zug warten musste. Nun, immerhin musste sie die Halle nicht wechseln, sondern lediglich auf den anderen Bahnsteig zustolzieren.

Auch das Gedränge in diesem Zug war in Worten unbeschreiblich. Leise seufzend drehte sie sich um, um den Zug zu verlassen, als ein älterer Mann sie anrempelte und zur Seite stieß. Beinahe wäre sie umgeworfen worden, doch es gelang ihr sich zu halten, allerdings fand sie sich in den Armen eines weiteren Fremden wieder. Verdutzt sah sie in die braunen Augen des Fremden. Woher kannte sie ihn? Mit einer gemurmelten Entschuldigung auf den Lippen riss sie sich los und stürzte an der nächsten Station aus dem Zug und lehnte sich an die kühle, graue Wand der Moskovskaya. Sie musste erst einmal tief durchatmen, ihre Gedanken beruhigen. Was war nur los mit ihr?

Déjà-vu.
 

15:30, Ortszeit
 

Die Fahrt zum Flughafen war ereignislos verlaufen, hatte ihr geholfen ihre strapazierten Nerven wieder zu beruhigen. Als sie am Pulkovo Flughafen angekommen war, hatte sich das schlagartig geändert. Es war, als hätte sie all dies schon einmal gesehen, schon einmal erlebt. Als wäre heute nicht heute, sondern bereits die Vergangenheit.

Nun blieb ihr allerdings nur wenig Zeit, um darüber nachzudenken, denn es wurde Zeit, um sich auf den Weg zum Gate zu machen.

Sie hatte mit keinen Problemen gerechnet und tatsächlich sollte es auch keine geben. Zum Glück. Erst als sie den Bus betrat, der sie zum Flugzeug bringen sollte, machte sich eine ungute Vorahnung in ihrem Inneren breit, die sie aber nicht wirklich greifen konnte. Ihre Kopfschmerzen kehrten zurück, während sie sich an ein Fenster lehnte und den Blick über die Maschinen gleiten ließ. Das dort hinten war ihre. Sie konnte nicht sagen woher sie das wusste, doch sie war sich dessen sicher. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass immer noch eine halbe Stunde Zeit bis zum Abflug war. Leise seufzte sie. Sie liebte die Besuche bei ihren Großeltern, doch der Rückweg war zu lange, sie verlor zu viel Zeit durch die Zeitverschiebung. In Novosibirsk wäre es schon nach drei Uhr morgens, wenn sie ankam. Dann hatte sie nur wenige Stunden, um zu schlafen und rechtzeitig zum Mittagessen bei Kostja vor der Türe zu stehen.

Der Gedanke an ihn zauberte ihr unwillkürlich ein Lächeln auf die Lippen. Aber erst standen ihr ein Flug nach Moskau und von dort in ihre Heimatstadt bevor. Und drei Stunden Zeitverschiebung, die mit schlafen so viel besser genutzt wäre.
 

Südafrika, Kapstadt, 7. Juli, Samstag, 12:15 Ortszeit, UTC +2
 

Nachdenklich malte er Achterschlaufen auf ein Blatt Papier, während sein Blick an der großen Fensterfront hing und scheinbar auf den weißen Segeljachten zu liegen schien. Doch eigentlich nahm er sie gar nicht wahr, viel mehr ging sein Blick durch sie hindurch, schien sich irgendwo in unendlicher Ferne in die Erde zu bohren, als hoffe er dort auf das zu stoßen, das er suchte. Klarheit.

Doch genau diese Klarheit schien es im Augenblick nicht zu geben. Er hob den Blick, als seine Mutter den Raum betrat. Nein, vielmehr schwebte sie in das Zimmer, ihre leichten Schritte verursachten auf dem Parkett nicht den geringsten Laut. Sie schenkte ihm ein leichtes Lächeln, bevor sie nach einem Buch griff und den Raum genauso leise und anmutig wieder verließ. Zurück blieb nur ein sanfter Geruch nach Mandeln, der einzige Hinweis, dass sie mehr als eine übernatürliche Erscheinung gewesen war. Sein Blick fiel auf das schnurlose Telefon, das in seiner Halterung stand. Beinahe wollte er beginnen die Sekunden zu zählen, die es noch brauchte, um zu läuten, doch das erübrigte sich, als das Gerät vor sich hinzudüdeln begann. Es wunderte ihn nicht, dass sein Vater die Türe aufriss und nach dem Telefon griff, ihm bedeutete sich gefälligst aus dem Raum zu verziehen.

Er nahm sein Blatt Papier mit sich und schlurfte in sein Zimmer, schloss die Tür hinter sich und ließ sich leise seufzend auf das Bett fallen. Er schloss die Augen, als könnte das die Realität von ihm fern halten, doch es half nichts. Erbarmungslos stürmte sie auf ihn ein, als leises Klopfen aus der Richtung seiner Tür zu hören war. Seine Mutter. Er wusste, dass sie es war. Er wusste, dass sie ihn bitten würde ihr mit dem Essen zu helfen.

Déjà-vu.
 

18:20 Ortszeit
 

Er saß vor dem Computer und überlegte gerade ein neues Spiel zu starten, doch was erhoffte er sich eigentlich? Etwas war nicht in Ordnung, es schien, als wäre etwas an der Zeit durcheinander geraten. Jedes Gespräch, das er geführt hatte, jede Handlung. Als wäre es schon einmal da gewesen. Ganz verstand er es nicht, aber er wusste sich nicht zu helfen. Mit einem Seufzen klickte er seinen Charakter erneut an. Ihm war langweilig. Also doch spielen. Er wartete darauf in die Runde gelassen zu werden.

Invalid.

Kurz starrte er den Schriftzug an. Warum? Daran konnte er sich nicht erinnern. Vielleicht war dieser Tag doch anders als der letzte?

Obwohl ihm das Spiel offensichtlich den Zugang verweigerte, erhaschte er einen Blick auf die Spielerliste. Er kannte nur einen einzigen der Namen, die sich dort fanden. ThunderFrog. Er stutzte kurz. Ihm schien es, als wäre auch hier etwas nicht in Ordnung. Noch einmal blickte er auf die Spielerliste. Ja. Etwas war anders.

Er zählte. Es war ein Spieler zu wenig. Und er musste sich nur kurz das Gehirn zermartern, um zu erkennen wer fehlte. Er hatte gestern nur ein Spiel mit ThunderFrog gespielt, obwohl er mit dem anderen ansonsten gerne spielte. Ansonsten hatte er in dieser Runde nur FireDragon gekannt. Doch wo war dieser hingekommen?

Von seinem Namen fehlte jede Spur und auch eine Suche in der Mitgliederliste blieb erfolglos.

Er lehnte sich zurück, verschränkte die Hände vor der Brust. Was war nur passiert?
 

Kanada, Whitehorse, 7. Juli, Samstag, 14:20 Ortszeit, UTC -7
 

Mit den Fingern trommelte er auf der Tischplatte herum und starrte auf den Bildschirm seines Computers, versuchte herauszufinden was daran nicht stimmte. Vor sich sah er seine Freundesliste. Ganze einhundertsiebenundzwanzig Einträge umfasste sie und dennoch glaubte er, dass etwas fehlte. Es war das gefühlt hundertste Mal, dass er durch die Liste scrollte, ohne erkennen zu können was anders war als sonst. Schließlich blieben seine Augen an einem Namen hängen. RainDrop stand da in grauenhaft eckiger Schrift, die ihn immer wieder daran erinnerte, dass die Macher des Spieles zwar geniale Grafiker und Denker waren, ihnen hin und wieder aber der Sinn für Ästhetik fehlte. Dies war einer der Fälle.

Aus einer Laune heraus öffnete er das Profil der jungen Gamerin, doch abgesehen von dem kleinen Bildchen eines Regentropfens und einigen spärlichen Informationen, die in mindestens drei Sprachen verfasst sein mussten – Englisch, Russisch und noch etwas, das er nicht definieren konnte und wozu ihm noch kein Übersetzer etwas Passendes geliefert hätte – fand er hier nichts. Dennoch wurde er das Gefühl nicht los, dass gerade hier der Schlüssel seines Problems lag. Er überlegte kurz ihr eine Nachricht zu schicken, wusste aber, dass es sinnlos war. Sie hatte angekündigt einige Tage nicht da zu sein und er wusste nicht wann sie zurückkehren würde. Vor allem, da Zeit auch nicht mehr das zu sein schien, das sie einmal war.

So ließ er die Augen wieder über den kurzen Text gleiten, den das Mädchen geschrieben hatte. Und schließlich blieben sie an einer Reihe seltsamer Symbole hängen. Er überflog den Satz und stellte fest, dass er sogar Englisch war und da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Nun wusste er was er gesucht hatte.

Er klickte ihr Profil und seine Freundesliste weg, zog weiter zur Mitgliedersuche.

IceWolf

Eine Zeit lang geschah nichts, während er darauf wartete, dass eine Information ausgespuckt wurde.

User with this name was not found.

Augenblicke lang starrte er den Schriftzug an und fragte sich, ob er träumte oder nicht. Aber eigentlich war es nicht die Zeit, um zu träumen. Was war passiert? Wo war der Kerl hingekommen? Er würde das Spiel doch nicht aufgegeben haben? Das konnte er sich nicht vorstellen, nicht IceWolf. Der war doch schon beinahe süchtig danach, anders konnte er es sich nicht erklären, dass der junge Russe zu allen möglichen und unmöglichen Zeiten online war.

Nachdenklich lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und warf einen Blick auf den Wecker, der noch immer in dem Papierchaos lag. Vor allem passte es nicht. Dieser Tag schien zu verlaufen wie der vorherige. Selbst wenn IceWolf beschlossen haben sollte das Spiel zu lassen, er hatte es nicht gestern getan. Oder heute.

Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.

„Ich komme gleich!“

Er machte aber keine Anstalten sich zu bewegen. Aus irgendeinem Grund hing sein Blick wie gebannt auf dem Wecker, wurde beinahe magisch davon angezogen.

Er bückte sich hinab und hob das Ding hoch, betrachtete nachdenklich die Zeiger, die sich immer weiter bewegten. Irgendetwas sagte ihm, dass sich alles ändern würde, wenn der Minutenzeiger die dreißig erreicht hatte. Was ihm das sagte? Er wusste es nicht. Konnte es nicht definieren. Es war einfach so.

Es war als würde sein Leben davon abhängen. Eine seltsame Unruhe hatte von ihm Besitz ergriffen. Wenn er den Zeiger aufhalten könnte, er hätte es getan. Doch warum wusste er in jenem Moment noch nicht.

Der Minutenzeiger sprang um, erreichte die magische dreißig. Und nichts geschah. Beinahe enttäuscht ließ er den Wecker auf seine Knie sinken und wollte sich nach unten aufmachen, um zum Essen zu kommen. Gerade als er sich erhoben hatte, klopfte es an der Türe und seine Mutter steckte den Kopf herein.

„Dein Vater hat gerade angerufen. Du sollst ihm am Abend mit den Hunden helfen.“

Er hatte keine Zeit, um etwas zu erwidern. Sie war so schnell weg, wie sie gekommen war. Obwohl er hinunter gehen wollte, ließ er sich wieder auf seinen Stuhl fallen. Gestern. Nein, eigentlich vorgestern.

Er drehte sich wieder zu seinem Computer um, ließ den Mauszeiger über die Uhrzeit gleiten.

14:35 Uhr, Freitag 6. Juli.

Ein kalter Schauder lief ihm den Rücken hinab. Nein.
 

Russland, Novosibirsk, 8. Juli, Sonntag, 03:20 Ortszeit UTC +7
 

Der Mann in dem schlichten grauen Anzug stand dort, wartete. Eigentlich hatte er seine Tochter nicht abholen wollen, es war nicht die richtige Uhrzeit dafür. Es hatte sich zufällig ergeben, doch nun musste er feststellen, dass ihr Flug sich wohl verspätet hatte. Zumindest fehlte von dem Mädchen jede Spur. Vielleicht brauchte sie nur etwas länger, um vom Gate hierher zu gelangen? Er wusste es nicht, aber ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er zu müde war, um lange darüber zu philosophieren.

Ewigkeiten schienen zu vergehen und immer noch fehlte von ihr jede Spur. Sein Blick fiel wieder auf die Uhr. 4 Uhr morgens. Missmutig trat er an einen dieser gelangweilt herumlungernden Typen mit der nicht gerade schicken Uniform des Flughafens heran.

Wo denn der Flug von Moskau bleibe. Erst erhielt er keine Antwort, einzig einen gelangweilten, vielleicht leicht genervten Blick. Schließlich ließ sich der Bursche doch dazu herab einige Worte in sein Funkgerät zu knurren, doch die Antwort ließ einige Zeit auf sich warten. Und als sie endlich kam, verstand er, der Mann im Anzug, der auf seine Tochter wartete, kein Wort davon. Es musste sich um irgendeinen Code handeln, schloss er, denn das Gesicht des Burschen spiegelte alle möglichen Emotionen wieder, doch keine Unverständnis.
 

Südafrika, Kapstadt, 7. Juli, Samstag, 22:25 Ortszeit
 

Ein nachdenklicher Zug hatte sich auf sein Gesicht gelegt, während er vor dem Computer saß. Er rieb sich die Augen, doch ihm fiel nichts ein, das er noch nicht versucht hätte, um auch nur ansatzweise Logik in diese Sache zu bringen. Sein Kopf schmerzte und er wurde den Gedanken nicht los, dass es noch schlimmer kommen würde. Er wusste nur noch nicht wie.

Wahllos klickte er durch die Profile seiner Freunde und blieb schließlich bei ThunderFrog hängen. Kurz überflog er den Text, der dort stand und ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Doch dann, ganz plötzlich, verschwand der Text. Als wäre er plötzlich ausgelöscht worden.

This user does not exist.

Was sollte dass denn nun wieder?
 

„Verflucht…“

Das konnte Drag laut sogen. Kostja packte den anderen am Arm und zog ihn hinter sich her in den kleinen Wald hinein, der sich hier befand und diese Bezeichnung eigentlich gar nicht verdient hatte. Viel mehr war es eine Ansammlung von knorrigen Dingen, die vielleicht in ihren früheren Leben Bäume gewesen waren.

Aber es erfüllte seinen Zweck, sie waren außer Sicht. Sein Blick fiel kurz auf den Körper des kleinen Digimons in Pierres Armen. Smemon war nach dem heftigen Angriff wieder zurück digitiert und Kostja nahm an, dass es so schnell nicht mehr einsatzfähig wäre. Was sie nun machen sollten, war ihm allerdings ein Rätsel.

„Dort hinten ist eine kleine Höhle“, teilte ihnen Vukmon mit.

Der kleine Wolf hatte die Gegend ein wenig ausgekundschaftet und kehrte nun zu ihnen zurück. Aus einem Grund, den weder Pierre, noch Kostja verstanden, hatte das Digimon den letzten Kampf so gut wie unbeschadet überstanden. Doch das tat nun wenig zur Sache.

So leise es ihnen möglich war folgten sie dem kleinen Wolf zu der Höhle und krochen hintereinander hinein. Es war stockdunkel, Kostja sah noch nicht einmal seine Hand, wenn er damit vor seinem Gesicht herumwedelte. Na toll…

„Mach mal Licht.“

„Wie denn?“

„Mit dem Digivice, du Idiot“, zischte Pierre.

Der Russe erwiderte nichts, sondern sorgte erst einmal für Licht. Er nahm an, dass es die Sorge um seinen Partner war, die den anderen aggressiv machte. Es würde ihm selbst wohl kaum anders ergehen, wenn er in dieser Situation wäre, daher schwieg er.
 

Ewigkeiten schienen zu vergehen, während sie in der Dunkelheit saßen.

„Hört ihr das?“

Kostja hob den Kopf, doch er konnte weder sehen noch hören was Vukmon gehört hatte.

„Nein“, antwortete Pierre an seiner statt.

Kostja konnte die Bewegungen des kleinen Wolfes an seiner Seite mehr erahnen, denn sehen. Unruhig scharrte es mit den Pfoten.

„Vielleicht sollten wir uns einmal ein wenig umsehen“, schlug Kostja vor. Er war lange genug mit dem anderen auf engstem Raum zusammengepfercht gewesen. Das sah auch Vukmon so und es sprang begeistert auf den Ausgang zu und war verschwunden bevor noch jemand ein weiteres Wort sagen konnte.

„Wir sind bald zurück.“

Wie sehr er sich doch täuschen sollte.
 

Angespannt lauschend schlichen die beiden durch die Dunkelheit, immer darauf bedacht kein verräterisches Geräusch zu verursachen. Selbst das Wolfsdigimon war erstaunlich ruhig, ja beinahe beängstigend ruhig. Die letzten Bäume wichen zur Seite und vor ihnen ragte eine steile Wand aus Fels in die Höhe.

„Sackgasse, wie es aussieht.“

Kaum hatten diese Worte seine Lippen verlassen, ging ein leichtes Beben durch die Erde, kaum wahrnehmbare Erschütterungen. Kostja blieben sie erst verborgen, doch Vukmon wich instinktiv einige Schritte zurück.

„Was ist los?“

„Hier ist… etwas.“

Kostja blieb keine Zeit, um genauer nachzufragen, denn in jenem Moment tat sich unter seinen Füßen eine Kluft auf, wuchs, als wolle sie ihn verschlingen. Ein Schrei verließ seine Lippen, als er in die scheinbar unendliche Schwärze hinab gerissen wurde. Und er fiel in die Unendlichkeit.
 

Zu seiner Erleichterung stellte Pierre fest, dass die Heilkräuter, die Gabumon ihnen mit auf den Weg gegeben hatte, wahre Wunder wirkten. Blacemon sah besser aus, als zu jenem Zeitpunkt, an dem sie die Höhle aufgesucht hatten. Erleichtert lehnte er sich zurück, doch er sollte die Ruhe nicht lange genießen können. Leise Stimmen drangen zu ihm durch. Er kannte sie nicht und sie klangen nicht unbedingt freundlich in seinen Ohren.

„…müssen wir sie finden und zum Schatten bringen.“

„Wozu? Früher oder später kommen sie von selbst. Wir haben das Mädchen.“

„Aber…“

„Diese dummen Menschen. Freundschaft. Als ob es so etwas geben könnte.“

Schweigen.

Pierre hielt den Atem an und kroch näher an den Ausgang der Höhle heran, doch immer noch konnte er keinen Blick auf die beiden Digimon erhaschen, die da sprachen.

„Aber wenn der Schatten wütend wird, bist du Schuld“, meinte die erste Stimme leicht trotzig.

Ein Lachen folgte dem und die Antwort konnte Pierre nicht verstehen. Flügelschlagen verriet ihm, dass sich die beiden Digimon wohl in die Luft geschwungen hatten, um zu ihrem Meister zurückzukehren. Oder zu tun was auch immer sie zu tun gedachten.
 

Wie in Trance saß sie da, unfähig sich zu bewegen, unfähig den Blick abzuwenden, unfähig einen einzigen ihrer Gedanken zu fassen, die durch ihren Kopf zu wirbeln schienen. Wenn man sie gefragt hätte, wer sie war, hätte sie nicht geantwortet. Hätte die Antwort darauf nicht gewusst. Und selbst wenn, sie hätte es nicht in Worte fassen können. Es war, als würde sich ihre Existenz nur um das drehen, das da vor ihr geschah. Um jenes seltsame Geschehen vor ihren Augen.

Gefangen in schattenhaftem Licht war sie, sie und ihre Gedanken. Vor ihr, in ebensolchen Schatten, ruhte ein Ei von seltsam dunkler, blauer Farbe. Es schien zu pulsieren, zu leben, obwohl es noch nicht geschlüpft war. Doch kleine Risse in der Schale zeigten, dass dies bald geschehen sollte. Da. Noch ein Sprung. Ein kleines, dunkelrotes Wesen kullerte daraus hervor. Sein Körper schien aus nichts weiter, denn Gummi zu bestehen, einzig die weißen Augen mit der glühend roten Pupille waren daran noch zu erkennen. Doch so sollte es nicht lange bleiben. Nur kurze Zeit, nachdem es geschlüpft war, wurde sein Körper größer, veränderte sich in dem dunklen Licht, aus dem er entstanden war. Kleine Ärmchen, ein Maul. Nur wenige neue Details, die doch ein ganz neues, einzigartiges Wesen daraus machten.

Doch wieder blieb es nur kurze Zeit wie es war. Der kleine Körper wand sich in Qualen, während es sich erneut veränderte. Ein harter Käferpanzer, aus dem sechs Beine hervorbrachen, glänzende Flügel, die die Dunkelheit spiegelten. Grausame, rote Augen, in denen die Mordlust lauerte.

Augenblicke vergingen und ein gequälter Laut verließ die Kehle des Wesens, getroffen von einem schwarzen Blitz wand es sich einige Momente, verging. Und zurück blieb nichts, als ein dunkles, blaues Ei, das in dem dunklen Licht leicht pulsierte, als würde es bald schlüpfen wollen.

Und eine einzelne Träne lief über das Gesicht des Mädchens, während sie dem schaute.



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Kommentare zu dieser Fanfic (14)
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Von:  Alaiya
2012-07-31T14:19:05+00:00 31.07.2012 16:19
Und dann bin ich auch mit dem geschriebenem durch! :)

Generell muss ich sagen, dass ich die Geschichte bisher ziemlich gut fand und es auch sehr schade finde, dass sie bisher nicht weitergegangen ist und das seit... Naja, bald ist es schon ein Jahr.

Wäre gespannt wer die neuen Charaktere sind.
Übrigens interessant, dass die Digimon hier ihre Energie wohl weniger gut halten können, dass sie einfach auf Baby II zurückdigitieren.

Allgemein hab ich den Eindruck, dass du das Konzept sehr gut durchdacht hast. Auch die Digiwelt wirkte als solche sehr lebendig und interessant, so dass es mich sehr interessieren würde, was da denn noch kommt. :)

Kritikpunkte sind die beiden selben wie vorher: Wenig Charakterbeschreibungen und Absätze (gerade im letzten Kapitel war es wirr, weil ich bei den ganzen "ers" dann nicht wusste ob "er" nun ein neuer Charakter war oder nicht).

Aber ansonsten: Schöne Geschichte soweit.
Von:  Alaiya
2012-07-30T19:33:31+00:00 30.07.2012 21:33
So, ich hab weiter gelesen.
Ich muss sagen: Viel zu sagen habe ich soweit erst einmal nicht, weil alles interessante entweder von den anderen Kommischreibern oder in meinem letzten Kommentar schon gesagt wurde.
Einzig feststellen muss ich: Das mit den Leerzeichen war in diesem Kapitel ganz, ganz schlimm. Hat mich sehr aus dem Lesefluss gebracht.

Was es damit auf sich hat, dass sich die Digivices verbinden zur Digitation, würd ich übrigens auch gern wissen.

Ach ja, und eine Sache irritiert mich tatsächlich: Du benutzt eigentlich ausschließlich die englischen Übersetzungen der japanischen Termini, aber dann dazwischen das Wort "Digitiert". Das finde ich etwas verwirrend. ^^" Ist vielleicht geschmackssache, aber ich find es schon seltsam.

Morgen les ich dann die letzten beiden Kapitel.
Bis dann,

Alaiya
Von:  Alaiya
2012-07-26T19:25:55+00:00 26.07.2012 21:25
Ich habe mich dazu entschlossen, auch wenn es eigentlich zwei Kapitel zu wenig sind, die Geschichte noch mit in die Auswertung mit hinein zu nehmen. Zwar werde ich Punktabzüge für die fehlenden Kapitel geben, aber mit ausgewertet wird sie im Gegensatz zu den ein, zwei Kapiteleinsendungen erst mal :)

Ich finde die Geschichte soweit sehr interessant und stilistisch soweit eigentlich sehr gut geschrieben.
Die Idee mit der Einbindung in ein Onlinespiel, wenn man so will, ist jetzt sicher nicht neu (ich hab es schon mehrfach in Digimon Fanfics gesehen und eine meiner ersten lief sehr ähnlich ab am Anfang xD), aber hier eigentlich recht schön dargestellt. Gerade auch das Einbringen der anderen Spieler und der Onlinekontakte finde ich sehr gut gemacht :)
Bin mal gespannt, was es mit der Digiwelt hier auf sich hat und warum es wie ein Onlinespiel den Tamern direkt "Quests" gibt. Und natürlich was denn nun das Pandaemonium ist.
Schön gelungen finde ich die Beschreibungen der Digimon und der Umgebung. Hier kann man sich viel vorstellen... Ganz im Gegenteil leider zu den menschlichen Charakteren, die du praktisch gar nicht beschreibst. Ich weiß vom Kapitel selbst, dass der eine stacheliges Haar hat, aber nicht viel mehr.
Und dahingehend frag ich mich auch eine Sache die ganze Zeit: Sprechen sie noch immer Englisch?
Die Kämpfe waren bisher kurz, aber auch recht flüssig beschrieben. Kann ich nichts gegen sagen.

Eine Sache stört mich jedoch: Du machst Zwischendurch immer wieder Zeilenumbrüche, wo keine hingehören. Das hat mich jetzt schon mehrfach verwirrt, da ich eigentlich dann immer mit immensem Zeitsprung oder Ortswechsel rechne (wie es laut Rechtschreibung in Deutschland definiert ist), dies aber oft nicht der Fall ist...

Lese morgen weiter und werde alle zwei Kapitel kommentieren.
Von:  PenAmour
2011-11-08T14:12:20+00:00 08.11.2011 15:12
Ach wie schön ein neues Kapitel.^^
Ich fand es zwar durchaus herausfordernd - durch die Perspektivwechsel innerhalb des Kapitels, aber passend "Wirr" - wenn man es so sagen möchte. Die neuen Charaktere bleiben für den Moment noch im Halbverborgen - gerade die Tatsache, dass du sie erst mal nur mit Online-Avataren nennst und sie an anderer Stelle in ihrer Umgebung zeigst, empfand ich als sehr reizvoll. Die Beschreibungen der Metrostation und das Drumherum waren sehr anschaulich.
Am anschaulichsten empfand ich aber das Ende - das Schlüpfen. Die Wortwahl hat mir gut gefallen und war bild- und klanghaft.
Einzig dem letzten Satz schein ein Wort zu fehlen, wenn ich mich nicht täusche?
Und eine einzelne Träne lief über das Gesicht des Mädchens, während sie dem schaute.[/i|
Hier und da waren einige Wortdopplungen, die man ausbessern könnte, aber im großen und ganzen nichts dramatisches. Meine Neugier ist geweckt, ich hoffe und warte auf das nächste Kapitel.
Bis dahin
PenAmour

Von:  PenAmour
2011-10-27T13:29:43+00:00 27.10.2011 15:29
Mit furchtbarer Verspätung schaffe ich es nun doch noch zu Lesen und zu Kommentieren.
Hier und da bin ich über ein paar Formulierungen gestoßen - die sich hauptsächlich am Anfang befinden (Froschmensch, am Boden o.ä), es scheint so, als hättest du dich dann aber warmgeschrieben. Agumons Schilderungen haben mich aufhorchen lassen. Allgemein bin ich doch recht gespannt und verschlinge deine Worte ganz gerne.^^
Dem LotR-Vergleich von darkfiredragon kann ich mich nur anschließen - wenn also irgendwann "Mein Schatzssss" aus Kostjas Mund kommt, würde es mich nicht wundern... ;)
Und mich erfreut es, dass die Mädels so laaaangsam wieder Erwähnung finden, obwohl mir die beiden Jungs eigentlich ganz sympathisch erscheinen.
Das Ende verwirrt mich und lässt mich neue Theorien aufstellen ZUGLEICH.
Daher bin ich wahrlich gespannt und hatte wieder viel Spaß beim Lesen.
Bis dahin
PenAmour



Von:  darkfiredragon
2011-10-21T11:46:37+00:00 21.10.2011 13:46
So, jetzt bin ich auch enldich mal dazu gekommen das neue Kapi zu lesen und es war super^^
Hm, die Kugel die Kostja gefunden hat erinnert mih ein wenig an den "Einen Ring" aus der Herr der Ringe, niemanden sehen lassen, nur für sich behalten... bin gespannt was für Auswirkungen das noch haben wird.
Ach ja, die unvermeidliche Rettet-die-Digiwelt-Quest, sie steht zwar noch nicht offiziell im Questlog so wie ich das mitbekommen habe aber sie ist halt schon da - in den Erwartungen der Digimon an die Kinder. Peti Meramons etwas kryptische Aussage über die Dunkelheit wird uns wohl später nochmal einholen.
Und dann natürlich der letzte Absatz mit diesem "Yesterday again"-feeling, wobei ich mir nicht sicher bin aus wessen Sicht das geschrieben ist - ist das Absicht deinerseits?
Ich freue mich auf jeden Fall auf das nächste Kapi und hoffe dass es bald onkommt ;)

lg, darkfiredragon

Von:  PenAmour
2011-10-14T08:20:11+00:00 14.10.2011 10:20
Ich finde darkfiredragons Theorie sehr interessant und unterstütze sie einfach mal *mit dem Fähnchen wedel*. Endlich bin ich dazu gekommen, das neue Kapitel zu lesen, hapuh.
Den Kapiteleinstieg finde ich etwas holprig, sehr verschachtelt, als suchtest du noch nach den richtigen Worten, nichtsdestotrotz ist das nur ein kleiner Mangel.
Allgemein zeichnet sich das Kapitel durch eine gute Portion Galgenhumor aus, das lässt es frisch erscheinen und mich schmunzeln. (Orks eben...)
Deine Digiritter wirken wesentlich aktiver, sie beteiligen sich direkt am Kampf und die Verknüpfung zwischen Digitation und Mensch scheint mir stärker zu sein, wenn man es mit den ersten beiden Staffeln vergleicht. Auch die Adult-Digitationen finde ich zeitlich passend. Ich bleibe also gespannt und warte mal darauf, was die Mädels noch zur Handlung beitragen.
Ein schönes Wochenende
bis dahin
PenAmour
Von:  darkfiredragon
2011-10-07T21:57:55+00:00 07.10.2011 23:57
Sehr schönes Kapi, ich werd es später nochmal in der überarbeiteten Version lesen. Mir is noch nich ganz klar wie das genau mit den Digitatinen funktioniert, vllt erfahren wir ja später noch etwas mehr dazu. Hm, was das wohl für ein Splitter sein mag den Kostja da aufgesammelt hat? - der startet bestimmt ne neue Quest :D Aber ich persönlich tippe ja darauf dass es ein (verunreinigter?) Splitter von dem Herz aus Licht is das im Prolog zu Bruch gegangen ist.
Ich freue mich auf jeden Fall aufs nächste Kapi.

lg, darkfiredragon
Von:  PenAmour
2011-10-02T18:33:48+00:00 02.10.2011 20:33
So, etwas verspätet, da bin ich wieder mit meiner Meinung. xD
Wie darkfiredragon schon erwähnte, konnte man sich gut in die Handlung hinein versetzen und mitfiebern.
Der Übergang aus dem Flashback war cool, so etwas habe ich letztens selbst ausprobiert einen Fluss einzubauen und die Zeiten ineinander gleiten zu lassen. Eine schöne Technik, denke ich.
Auch das Muster eines Games bleibt weiter erhalten - und anhand der Quest bleibt in den langen Kapiteln die Orientierung vorhanden und man erhält immer einen kleinen Ausblick auf das, was da kommt.
Der Cliffhanger. Ach ja, er ist gut gesetzt und bindet den Leser ;D.
Alles in allem wieder ein schönes, rasantes Kapitel.
Da fällt mir ein, endlich mal keine Japaner als Protagonisten, sondern ein Schweizer und ein Russe - keine typischen Charaktere bei Digimon, wie schön.^^
Bis dahin
PenAmour
Von:  darkfiredragon
2011-09-30T07:53:45+00:00 30.09.2011 09:53
Wie gemein, ein Cliffhanger. Die mag ich gar nich - es sei denn ich schreib sie selber :D
Aber (ansonsten) gefällt mir das Kapi sehr gut, man kann richtig schön mit Kostja mitfiebern =) Ich hoffe es geht bald weiter.

lg, darkfiredragon


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