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36. Weiße Farbklekse

„Du stinkst nach Farbe.“

Ich sehe die junge Frau mir gegenüber an, die mir soeben diese Antwort gegeben hat. „Das ist ja auch kein Wunder – ich habe den ganzen Tag damit verbracht, die Wohnung eines Kumpels zu streichen.“

„So riechst du auch. Ganz zu schweigen davon, dass du total vollgekleckert bist“, folgt die Erwiderung auf dem Fuße, während ihre Augen an mir auf und ab wandern und die vielen weißen Farbkleckse auf meiner Kleidung begutachten.

„Und deshalb sitzt du jetzt also nicht neben mir“, stelle ich halb fragend fest. Sie zuckt mit den Schultern und sagt erst einmal nichts. Damit hatte unsere „Unterhaltung“ nämlich angefangen. Sie war in den Zug gestiegen und zielstrebig auf die zwei freien Plätze in meiner Nähe zugelaufen, um zunächst auf den Platz neben mir zuzusteuern. Dann jedoch änderte sie plötzlich die Richtung, schlängelte sich geschwind an dem Sitz neben mir vorbei und nahm mir gegenüber Platz.

„Warum interessiert es dich überhaupt, warum ich nicht neben dir sitze?“, setzt sie das Gespräch fort. „Kann dir doch total egal sein.“ Ihre grünen Augen bohren sich in meine und sie zieht ihre Augenbraue hoch.

Und dabei sieht sie einfach nur unverschämt gut aus. Das ist auch genau der Grund, warum ich gerne gewollt hätte, dass sie den Platz neben mir gewählt hätte. Das ist fürs Flirten einfach viel angenehmer. Allerdings hat sich ihre Platzwahl so gut als Gesprächseinstieg geeignet.

„Mich hat nur interessiert, warum ich anscheinend so abschreckend wirke, dass du nicht neben mir sitzen wolltest.“

Sie zuckt lässig mit den Schultern und ihre hellbraunen Haare glänzen dabei in dem künstlichen Licht des Zuges. „Ich kann den Gestank von Farbe nicht ab. So einfach ist das.“

„Ah ja.“ Ich grinse sie an.

„Jep.“ Sie nickt und schweigt dann für einen kleinen Augenblick. „Sag mal… wenn ich neben dir gesessen hätte, hätte das irgendeinen Unterschied gemacht?“

„Vielleicht… vielleicht auch nicht. Das werden wir nun nie erfahren.“ Versuche ich ihr philosophisch zu antworten.

„In irgendeinem Paralleluniversum habe ich mich wahrscheinlich neben dich gesetzt“, beginnt sie daraufhin, „war dann total vom Farbgestank genervt, bin dann aufgestanden und weggegangen und du warst furchtbar verletzt.“

Ich sehe sie perplex an, mit einer solchen Aussage habe ich wahrlich nicht gerechnet. „Paralleluniversum?“

„Genau.“ Sie grinst schon wieder.

„Klingt plausibel.“

Ihr Grinsen wandelt sich in ein leichtes Lächeln und sie fängt an in ihrer Tasche zu kramen. „Ich weiß.“

„Hast du noch mehr über Paralleluniversen zu sagen?“

„Eigentlich nicht.“ Sie holt einen Zettel aus ihrer Tasche und schreibt irgendwas hinauf. „Aber weißt du, hätte ich mich neben dich gesetzt, hättest du niemals diesen wunderbaren Gesprächsaushänger mit der Sitzplatzwahl gehabt.“

Ich grinse leicht, weil sie das Gleiche gedacht hat wie ich, gerade so, als ob sie meinen Gedankengang gelesen hätte. „Da hast du recht.“

Wir schweigen für einige Momente, bis ich eine weitere Frage stelle: „Wo wohnst du eigentlich?“

Es stellt sich heraus, dass sie nur zwei Stationen vor meiner aussteigen muss und das bedeutet auch, dass sie gleich den Zug verlassen wird.

Und kaum habe ich diesen Gedanken gedacht, so fahren wir prompt in den Bahnhof ein und sie steht auf. Ich versuche verzweifelt in meinem Kopf einen Weg zu finden, sie nach ihrer Telefonnummer zu fragen, ohne dabei total plump zu wirken.

Sie lächelt, als sie auf ihrem Weg zur Tür neben mir stehen bleibt und sich mir noch einmal zuwendet.

„Weißt du“, sagt sie, während sie mir den Zettel, den sie vorhin geschrieben hat, in die Hand zu drückt, „vielleicht hab ich mich auch nicht neben dich gesetzt, weil man Leute viel besser aus dem Augenwinkel anschauen kann, wenn man nicht neben ihnen sondern ihnen gegenüber sitzt.“

Damit ist sie verschwunden und ich sitze positiv überrascht mit dem Zettel in der Hand da.

Ich werde anrufen, Cara, da kannst du dir sicher sein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Finvara
2013-06-23T13:41:30+00:00 23.06.2013 15:41
Hallo :3
Ich mag es, einfach ins geschehen geworfen zu werden. So mir nichts, dir nichts. Dein kleiner, süßer OS hat einen wunderbaren anfang und es folgt eine kleine Verwirrung. Ich dachte, die beiden kennen sich. Nun ja, offensichtlich nicht.
Mir gefällt sehr gut, dass Cara ihm ihre Nummer gibt und nicht umgekehrt. Dadurch wirkt sie stark. Und ein wenig frech ist sie auch. Obwohl ich wenig über sie weiß und noch nicht mal eine Idee hab, wie sie aussehen könnte, mag ich sie.
Es ist etwas so alltägliches, dass es jedem passieren könnte. Daher finde ich auch, dass du die Perspektive gut gewählt hast. Ich-Erzähler und Gegenwart ist erstmal ungewöhnlich aber für den kleinen OS sehr gut geeignet :)

Liebste Grüße an dich
Finvara
✖✐✖
Antwort von:  w-shine
26.06.2013 20:29
Hallöchen :)

Danke dir für deinen Kommentar. Freut mich, dass es dir gefallen hat und dass du Cara magst :)
Es ist auch schön zu hören, dass dir die Perspektive zu sagt, obwohl sie ja doch etwas ungewöhnlich ist. Danke :)

Liebe Grüße,
Shine
Von:  DoctorMcCoy
2013-05-28T15:50:34+00:00 28.05.2013 17:50
Hallo :)

Da du ja im Zirkel angegeben hast, zu welchem One-Shot du gerne einen Kommentar hättest, habe ich Ene-Mene-Miste gemacht und der ist es dann geworden :)
Und da war mir das Glück wirklich hold, denn dieser kurze OS war wirklich mehr als nur niedlich.

Bei dem Anfang der Geschichte habe ich ja erst gedacht, dass die zwei Personen sich kennen. Erst später ist mir dann klar geworden, dass sie sich fremd sind. Aber es gefällt mir, einfach mitten ins Geschehen geworfen zu werden.
Auch wenn man nicht viel von den Beiden erfährt, sind sie einem doch ziemlich schnell sympathisch, besonders Cara gefällt mir. Ich muss ihr auch Recht geben, dass gegenüber viel schöner ist als nebeneinander zu sitzen. Immerhin kann man sich dann angucken und muss nicht irgendwie schief sitzen^^
Die Sache mit dem Paralleluniversum hat mir super gefallen. Da hätte ich sie auf jeden Fall auch angerufen *haha* Mich als Sci-Fi-Liebhaber hätte sie auf der Stelle mit dem Spruch gehabt^^

Für mich war es am Anfang etwas ungewohnt, dass es in der ersten Person Singular und dann auch noch Gegenwart ist, aber da hat man sich schnell dran gewöhnt. Und ich denke, dass dies wirklich sehr gut passt, um nur eine kleine Szene aus ihrem Leben darzustellen. Dadurch wirkt das ganze dann noch näher.

Mir sind zwar ein paar Fehler aufgefallen, aber die hat Shizana schon erwähnt, weshalb ich das dann einfach unterlassen werde. Doppelt muss ja nicht unbedingt sein xD
Dein Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Du schaffst es wirklich, alles sehr bildlich darzustellen und der Text lässt sich sehr flüssig lesen.

Also ein süßer, kleiner One-Shot, der auf jeden Fall Lust auf mehr macht.
Lg Lady
✖✐✖
Antwort von:  w-shine
29.05.2013 22:56
Hallöchen :)

Vielen lieben Dank für deinen ausführlichen Kommentar!
Freut mich, dass dir meine kleine Geschichte gefallen hat. Jep, es ist wohl ungewöhnlich, dass die Geschichte in der Gegenwartsform ist, aber ich mag das gelegentlich ganz gerne. Ich benutze öfter mal verschiedene Zeitformen, je nachdem was ich gerade als passend empfinde.
Die Rechtschreibfehler sollte ich dann wohl besser mal schnell ausbessern, damit nicht noch mehr Leute drüber stolpern ;)

Vielen Dank noch mal, Re-Kommentar folgt bald, aber wahrscheinlich nicht vor nächster Woche!

LG Shine
Von:  Shizana
2013-04-25T15:50:29+00:00 25.04.2013 17:50
Eine schöne Alltagsgeschichte, ich mag ja so etwas sehr. Man erfährt zwar nicht viel über die Charaktere, aber ich denke, das ist auch nicht wichtig - die Handlung ist das, was im Mittelpunkt stehen sollte, und das tut sie ohne Frage.
Interessant fand ich das mit den Paralleluniversen. Das macht Cara zu einer sehr interessanten Figur, obgleich man nicht viel über sie weiß. Ich denke, die beiden werden noch viele solcher Unterhaltungen führen, bei denen man gern Mäuschen spielen würde.

Genug des Lobes, Zeit für das Konstruktive:

- die mir so eben
"soeben" wird zusammengeschrieben.

- dass du total voll gekleckert bist.“ Folgt die Erwiderung
"vollgekleckert" wird ebenfalls zusammengeschrieben, "voll gekleckert" hat eine ganz andere Aussage. Außerdem forme bitte den anschließenden Satz in einen Erläuterungssatz nach der Wörtlichen Rede um, also: "[...] vollgekleckert bist“, folgt die Erwiderung."

- in meiner Nähe zu gelaufen
"zugelaufen", aye.

- ich gerne gewollte hätte
Hier haben wir einmal das "gerne", welches ich in meinem letzten Kommentar schon erwähnt hatte, und einen Vertipper bei "gewollte". :3

- gerade so als ob
Hier fehlt ein Komma nach "gerade so".

- „Da hast du Recht.“
"recht haben" wird laut neuer deutscher Rechtschreibung kleingeschrieben(, ebenso wie "leid tun") ;).

- und sie steht auf und ich versuche
Wortwiederholung. Arbeite lieber mit Kommas als unnötig oft "und" zu verwenden.


Bis zum nächsten OS, hrhr.
Shizana
✖✐✖
Antwort von:  w-shine
25.04.2013 21:56
Vielen Dank auch für diesen Kommentar :)
Ich schreibe gerne mal kleine Episoden aus dem Alltag - freut mich, dass du so etwas magst. Dass mit den Paralleluniversen ist mir ganz spontan in den Sinn gekommen, insgesamt kann ich über die Geschichte nur sagen, dass der Weg nach Hause manchmal doch sehr inspirierend sein kann ;)
Ach ja... die Fehlerliste: Du hast damit definitiv meine Schwächen aufgedeckt - Getrennt- und Zusammenschreibung und die Kommasetzung (und gelegentlich hier und da mal die Groß- und Kleinschreibung...^^""). Danke für die Suche, ich werde versuchen darauf zu achten, obwohl es wahrscheinlich hoffnungslos ist...

Ich freue mich auf weitere Kommentare und werde mich dann mal an meinen Re-Kommentar machen! :D

Liebe Grüße,
Shine
Von:  DemonhounD
2013-03-26T10:11:00+00:00 26.03.2013 11:11
Uh! Soooo eine niedliche Geschichte! Da kommt bei mir gleich das Fangirliekreischen zum Vorschein..., AHAHHHHHHHHHHHH! *kreisch* Da war es. Gut... okay... kann nicht kommentieren. Muss flennen. Das war ja sooo süß!!!
Antwort von:  w-shine
28.03.2013 11:09
:D :D
Bwahaha, der Kommentar hat mich echt zum Lachen gebracht^^" Aber ich nehm mal an, dass heißt, dass es dir gut gefallen hat, ja? :D Freut mich!


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