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Time Began To Play

HP/LV, DM/HG
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Und endlich geht es weiter mit TBTP!
Danke an alle Leser, die immer noch dabei sind und besonders an die Reviewer des letzten Kapitels!! Ich freue mich immer sehr über jegliche Art von Feedback. <3
Außerdem wurde dieses Kapitel wieder einmal von der großartigen Robino korrigiert. Vielen Dank dafür! *knuddel*
Doch nun viel Vergnügen mit dem Kapitel!

P.s.: Der englische Text am Anfang (inklusive dem Kapitelnamen) stammt aus dem Lied „Run“ von Snow Patrol. Komplett anzeigen

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All I've Done

You've been the only thing

that's right in
 

       All I've Done
 


 

Godric's Hollow, 15 Jahre zuvor
 

Es war ein Abend wie jeder andere.

Die Sonne ging langsam unter und strich die Welt in einem warmen Ton, der alles überflutete, was einmal Gestalt gehabt haben mochte. Die Vögel, die den ganzen Tag über unermüdlich ein unverwechselbares Chorkonzert gehalten hatten, verstummten einer nach dem Anderen bis nur noch die Nachtwächter zu hören waren, die die Dunkelheit zu ihrem besten Freund erklärt hatten. Mit jeder verstreichenden Sekunde leerten sich die Straßen von Godric's Hollow und es würde nicht mehr lange dauern, bis die Nacht alles und jeden für sich beanspruchen würde.
 

Doch noch war es nicht soweit.

Noch war ein rotes Licht am Horizont zu sehen.

Noch war alles gut.

Erst die Nacht würde zerstören, was nie hätte existieren dürfen.
 

Schweigend betrachtete Lily ihr blasses Gegenstück im alten Spiegel ihrer Mutter. Ein Hochzeitsgeschenk, das James immer gehasst hatte. Sie selbst hätte ihn auch niemals gekauft, aber er war von ihrer Mutter und das war Grund genug, um ihn zu ehren, zu pflegen und zu benutzen.

Sie sah gut aus. Ihr rotes Haar mit ein paar Locken zu versetzen, war eine gute Idee gewesen und der Rotton ihres Lippenstifts passte hervorragend zu ihrem neuen, grünen Kleid. Jeder, der sie so sehen würde, würde begeistert sein (einige würden sie auch beneiden) und normalerweise würde ihr dieser Gedanke größte Genugtuung bereiten, wenn nicht heute der Tag wäre, an dem alles zusammenbrechen würde.
 

Für ihre Freunde und Nachbarn sah es so aus, als würden Lily und James heute mit Sirius und seiner aktuellen Liebschaft einen Ball der Familie Malfoy aufsuchen.
 

„Ihr müsst einfach mitkommen“, hatte James' bester Freund mit viel Nachdruck in der Stimme verlangt. „In letzter Zeit nehmt ihr euch nie Zeit. Natürlich kann ich das verstehen, mit einem Kind und Arbeit, da hat man viel zu tun, wobei ihr zugeben müsst, dass Harry ein pflegeleichtes Kind ist. Es wird ihn nicht umbringen, wenn ihr ihn mal eine Nacht in der Obhut eines Babysitters lasst. Kommt schon, nur ein paar Stunden!“
 

Lily hätte das lieber vermieden. Seit dem kleinen Zwischenfall vor ein paar Jahren, als sie und Lucius sich aus Versehen geküsst hatten, war Narcissa alles andere als gut auf sie zu sprechen. Nicht einmal zu ihrer Hochzeit hatte sie sie eingeladen, aber das konnte sie ihr nicht verdenken. Hätte sie ihre beste Freundin mit ihrem Verlobten erwischt, hätte sie nicht anders gehandelt. Obwohl doch: Sie hätte die Hochzeit umgehend abgeblasen.

Insofern war es gut, dass Narcissa ein nicht ganz so hitziges Gemüt besaß.
 

Hinter ihr näherten sich Schritte und kurz darauf konnte sie im Spiegel beobachten, wie James den Raum betrat und sich ihr langsam näherte.

„Du siehst hinreißend aus“, sagte er leise und griff wahllos nach einer Kette, die auf ihrer Kommode lag. Langsam trat er hinter sie und strich behutsam ihr Haar zurück, ehe er sie ihr umlegte. „Ich bin davon überzeugt, dass du die Schönste heute Abend sein wirst.“
 

„Nein“, erwiderte sie und lehnte dabei müde an ihn. „Werde ich nicht.“
 

Seufzend ließ er seine Hände auf ihre nackten Schultern gleiten und drückte einen Kuss auf ihren Haarschopf.

„Mir gefällt das Ganze genauso wenig wie dir, aber du hast Albus gehört. Das ist der einfachste und beste Weg, von hier zu verschwinden, ohne dass jemand zu viele Fragen stellen wird. Zwar wäre es mir lieber, wir könnten uns vernünftig bei allen verabschieden, aber ich verstehe, dass das nicht möglich ist. Albus hat eben doch Recht.“
 

Ja und genau das war der Grund, warum ihr der ganze Plan nicht im geringsten gefiel.

Sie wusste, was Albus war: Ein Tempus Amicus. Jemand, der seine eigenen Gefühle und Wünsche in den Hintergrund stellte, um die Pläne der Zeit zu verwirklichen. Ihr war vollkommen bewusst, was er alles getan hatte, was er Tom Riddle und Gellert Grindelwald angetan hatte und was er beinahe Harry angetan hätte...
 

Sie schloss die Augen, in der Hoffnung, dass sich alles als ein böser Albtraum herausstellen würde, wenn sie sie wieder öffnete. Natürlich wurde ihr Wunsch nicht erfüllt und so war es erneut ihr eigenes Gesicht, das ihr mit ernster Miene entgegenblickte.

„Ich werde Harry ins Bett bringen“, sagte sie leise. „Warte bitte unten auf mich.“
 

Kurz schien er ihr widersprechen zu wollen, doch dann nickte er und ließ sie allein. Sie rechnete es ihm hoch an, dass er ihr diesen letzten Moment mit ihrem Sohn schenkte. Er liebte Harry – später würden alle glauben, er liebe ihn mehr als sie selbst es tat – und er würde ihn schmerzlich vermissen. Allein sein Glaube in Albus brachte ihn überhaupt dazu, ihn im Stich zu lassen.
 

//Und warum tust du es dann? Warum lässt du ihn im Stich, obwohl du noch nie an ihn geglaubt hast?//

Sie hatte das Gefühl, dass sie niemals auf diese Frage eine Antwort finden würde.
 

Harry war in seinem Zimmer.

Heute saß er in der Mitte des Raumes auf dem Boden und beschäftigte sich mit einem Puzzle, für das Lily niemals die Geduld gehabt hätte. Er jedoch schien seine rege Freude daran zu haben. Hochkonzentriert legte er ein Teil an das Andere, wobei er nur ab und an inne hielt, um das Gesamtbild zu begutachten und nach möglichen Lösungsansätzen zu suchen.

Lily setzte sich zu ihm und beobachtete ihn eine Weile.
 

Es war faszinierend, wie seine kleinen Hände sich bewegten, wie er die Stirn runzelte, wenn er über die richtige Zusammensetzung nachdachte und wie seine Miene sich sofort aufhellte, wenn er begriff, dass er Recht gehabt hatte und alles genauso war, wie er es sich vorgestellt hatte. All dies ließ sie darüber nachdenken, in welche Richtung er sich wohl innerhalb der nächsten Jahre entwickeln würde. Würde er ein Wissenschaftler sein, immer auf der Suche nach neuem Wissen und innovativen Erkenntnissen? Würde er ein Politiker sein, jemand, der die Massen bewegte – faszinierte – oder würde ein Künstler sein, der seinem Wesen mit Hilfe seiner Werke Ausdruck verlieh?

Egal, welchen Weg er gehen würde, sie war sich sicher, dass er großartig sein würde. Immerhin war er ein Tempus Amicus und das bedeutete, dass ihm Großes bevorstand.

Sie wünschte sich, sie könnte ein Teil seines Lebens sein, könnte ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen und ihm dabei helfen, der zu werden, der er sein sollte.
 

Als hätte er ihre Gedanken gehört, hob Harry plötzlich seinen Kopf, um sie durch wache, intelligente Augen (ihre Augen) anzusehen. „Es hinauszuzögern, wird es nicht besser machen, Lily.“
 

Ihr erster Gedanke war, dass sie sich verhört haben musste. Ihren zweiten Gedanken sprach sie aus: „Es ist grausam, dass du mir diesen letzten Moment mit meinem Sohn nimmst.“
 

„Es ist besser so, glaub mir“, erwiderte Harry mit einem viel zu erwachsenen Tonfall. Seinen allwissenden Tonfall, der sie daran erinnerte, dass er viel mehr war als ein einfaches Kind. „Es ist besser, wenn ich dein von Reue gezeichnetes Gesicht vergesse. Und dir wird es leichter fallen, mich in diesem Zustand zurückzulassen.“ Er gähnte hinter vorgehaltener Hand, ehe er sich wieder seinem Puzzle zuwandte. „Du musst dir keine Vorwürfe machen“, sagte er, während er ein weiteres Puzzleteil an seinen Platz legte. „Du bist eine gute Mutter.“
 

Mit einem Mal fühlte sie sich furchtbar alt. „Offenbar nicht gut genug.“

Ein Teil von ihr wollte weinen.
 

„Es ist nicht deine Schuld“, erwiderte Harry sanft und legte ein weiteres Stück an. „Aber ich muss zu Tom und das ist der einzige Weg, der mir das ermöglichen wird.“
 

//Es muss einen anderen Weg geben//, schrie eine Stimme in ihr, ihr Mutterinstinkt, der sich vor allem anderen dagegen sträubte, den Plan, diesen elenden, grausamen, zerstörerischen Plan in die Tat umzusetzen. Letztendlich fügte sie sich jedoch dem Willen ihres Sohnes, so wie sie es von Anfang an getan hatte.
 

Eine letzte Frage musste sie ihm trotzdem stellen: „Wirst du mir vergeben?“
 

Als wäre ihm auf einmal alle Kraft genommen worden, ließ er seine Hände auf seinen Schoss fallen. Diesmal spiegelten seine Augen ihre eigene Traurigkeit wider, sobald er ihrem Blick begegnete. „Ich weiß es nicht“, erwiderte er beinahe entschuldigend.
 

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, stand sie auf und brachte ihn ins Bett.

Es war das letzte Mal.
 

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Malfoy Manor, Gegenwart
 

Wieder einmal Malfoy Manor.

Wieder einmal dort, wo sie mehr als einmal ihre Ferien verbracht hatte.

Wieder einmal bei der Frau, die ihre beste Freundin gewesen war.
 

Die Eingangshalle sah so aus, wie Lily sie in Erinnerung hatte. Düster, dunkel, verstaubt, groß, deprimierend, protzig. Perfekt für eine alte Reinblüterfamilie und überaus beängstigend für eine Muggelgeborene wie sie es war. Wenn sie nicht wüsste, dass der Rest des Hauses freundlicher war, hätte sie in diesem Augenblick bereut, dass sie es zugelassen hatte, dass ihr Sohn an einem solchen Ort aufgewachsen war.

Doch sie konnte es nicht bereuen.

Erst recht nicht, als sie sah, wie Narcissa die Treppe heruntereilte, um zu ihnen zu gelangen.
 

Ihre ehemalige Freundin hatte sich verändert.

Vor nicht allzu langer Zeit hatte in ihren Augen ein ewiges Leuchten geherrscht – besonders wenn von ihrem Verlobten Lucius die Rede gewesen war – und ihr ganzes Dasein war voller Leben gewesen. Doch nun wirkte sie abgestumpft, verloren, beinahe leer. Doch diese Leere wurde gefüllt, als sie erkannte, wer da leibhaftig vor ihr stand.

„Draco.“

Nicht mehr als ein Flüstern und doch wäre in diesem Augenblick kein Schrei lauter gewesen. Der Junge blickte zu seiner Mutter und zwang sich zu einem Lächeln. „Hey...“
 

Ohne die Zeit zu haben, diese Situation wirklich zu begreifen, stürzte Narcissa auf ihn zu und zog ihn fest an sich und schien ihn überhaupt nicht mehr loslassen zu wollen.

„Du bist wieder da“, flüsterte sie, während Freudentränen über ihre Wangen liefen. „Du bist Zuhause.“
 

Lily bezweifelte, dass das hier momentan wirklich das Zuhause des Jungen war. Er musste sich nach einem anderen Ort sehnen, einen anderen Menschen, seine eigene Familie, die eigentlich erst im Entstehen war.

Wer war es wohl gewesen, der ihn und Hermione auseinandergetrieben hatte? Das Schicksal? Oder die Zeit?

Momentan würde sie es beiden zutrauen.
 

Eine junge Frau – wahrscheinlich Dracos Ehefrau – erschien dort, wo Narcissa vor einigen Augenblicken noch gestanden hatte und beobachtete das Geschehen. Sie war durchaus hübsch anzusehen, aber Lily wagte zu bezweifeln, dass die beiden Liebe füreinander empfanden.

Langsam ging sie auf Mutter und Sohn zu und wartete darauf, dass sie sich wieder voneinander lösten. Erst dann erlaubte sie sich ein erleichtertes Aufschluchzen und warf sich ihrerseits dem Jungen um den Hals. Nicht unbedingt die klügste Entscheidung, musste er doch immer noch unter den Folgen seiner längeren Gefangenschaft leiden. Draco ließ es jedoch über sich ergehen und war sogar in der Lage, ihr beruhigende Worte zuzuflüstern.

Nun, vielleicht hatten die beiden ja doch Gefühle füreinander. Allerdings bezweifelte sie, dass sie genug waren, um eine langfristige Beziehung führen zu können.
 

Für Lily war dies der beste Zeitpunkt, um zu verschwinden. Also drehte sie sich um und steuerte auf den Ausgang zu. Draco war in Sicherheit, alle freuten sich und ihr Sohn würde nun keinen Grund mehr haben, sich von Tom Riddle fern zu halten. Alles würde so werden, wie die Zeit es sich vorgestellt hatte und sie würde wieder in ihr eigenes, einsames, unabhängiges Leben zurückkehren.
 

Doch anstatt alles so verlaufen zu lassen, wie es sein sollte, entschied Narcissa sich dazu, wieder einmal genauso zu handeln, wie es die Heldinnen in ihren geliebten Liebesromanen zu tun pflegten: „Lily... warte.“
 

Seufzend blieb sie stehen und wandte sich zu ihrer ehemaligen Freundin um. Dabei konnte sie sehen, wie das junge Ehepaar durch eine versteckte Seitentür verschwand. Wunderbar, sie waren nun also allein. Wie viele Klischees würden denn noch erfüllt werden?
 

Narcissa schien jedenfalls bereit zu sein, weiterhin in dem Dankbaren-Heldinnen-Stereotyp zu bleiben, denn sie spielte nervös an ihrem Ärmel herum, während sie nach Worten zu suchen schien. Lily beschloss, sie zu erlösen und damit gleichzeitig die ganze Sache zu beschleunigen: „Ist Lucius gar nicht da?“
 

Für einen Moment stieß diese Frage auf Überraschung, doch Narcissa fing sich schnell wieder.

„Nein, er ist... nicht da. Er ist... unterwegs.“ Vermutlich im Auftrag des Dunklen Lords. „Ich müsste mich nun wahrscheinlich bei dir bedanken“, fuhr sie etwas selbstsicherer fort, „aber es fällt mir schwer nach allem, was geschehen ist, ausgerechnet für dich Dankbarkeit zu empfinden.“
 

„Sei unbesorgt, ich habe nichts dergleichen erwartet. Wenn du jemanden danken willst, dann geh zu Harry, er hat mich darum gebeten, deinem Sohn zu helfen.“
 

Augenblicklich hellte sich ihre Miene auf und sie lächelte zärtlich. „Ich hätte mir denken können, dass Harry dahinter steckt. Er lässt seine Familie nicht im Stich.“
 

Sollte sie das als ein Seitenhieb auf ihre eigenen, vergangenen Taten interpretieren? Nein, wenn Narcissa jemanden beleidigte, tat sie es direkt. Wahrscheinlich dachte sie im Augenblick überhaupt nicht daran, wie man ihre Worte interpretieren könnte, zu erleichtert war sie, ihre Familie wieder zu haben.
 

Sicher. Lebendig. Bei ihr.

Beneidenswert.
 

„Nun, du hast ihn eben gut erzogen“, erwiderte sie schlicht. „Gibt es sonst noch etwas, was du mir zu sagen hast? Ansonsten würde ich nun nämlich gerne wieder gehen. Zuhause wartet...“
 

„...nichts auf dich.“
 

Lily hob eine Augenbraue. „Na so was, Narcissa. So grausame Worte aus deinem Mund? Sieht dir gar nicht ähnlich. Wo ist deine immer währende Höflichkeit geblieben?“
 

„Mach dich nicht über mich lustig, Lily“, entgegnete sie ernst und strich sich eine Haarsträhne zurück. „Ich habe nichts als die Wahrheit gesagt. Du hast alles verloren, wovon du immer geträumt hast. Denkst du, ich habe vergessen, was du mir immer und immer wieder erzählt hast? Du wolltest heiraten und viele Kinder kriegen. Du wolltest sie zu guten Menschen erziehen und dabei zusehen, wie sie glücklich werden. Und dann wolltest du deinen Lebensabend mit dem Mann, den du mehr als alles andere auf der Welt liebst, verbringen. Ich kann nicht glauben, dass du dieses Glück, das du in greifbarer Nähe hattest, einfach so wegwerfen würdest.“
 

Ah, darum ging es ihr also. „Du willst wissen, warum ich Harry im Stich gelassen habe. Und du glaubst, dass der Impuls dazu von mir ausging.“ Eine berechtigte Frage, allerdings war sie der Meinung, dass es Narcissa nicht das Geringste anging. „Vor dir muss ich mich nicht rechtfertigen.“
 

„Nein, das musst du nicht“, stimmte sie ihr zu. „Aber ein kleiner Teil von mir hat nach wie vor nicht die Hoffnung aufgegeben, dass sich das alles als ein großes Missverständnis herausstellen wird.“
 

Das überraschte sie jetzt doch. Sie hatte immer geglaubt, dass Narcissa sie hassen würde. Dass sie sie für eine schlechte, unfähige Mutter halten würde, die alles, was ihr widerfahren war, verdient hatte. Stattdessen schien sie immer noch an sie zu glauben und immer noch die in ihr zu sehen, die sie einmal gewesen war.

Gute, liebe, naive, kleine Narcissa.
 

„Ein Missverständnis?“, wiederholte sie leise. „Ich habe ein Kind zur Welt gebracht, es von mir gestoßen und mich jahrelang nicht im mindesten dafür interessiert, wie es ihm geht oder was es tut. Inwiefern soll das ein Missverständnis sein?“
 

„Wenn ich das wüsste, würde ich dich nicht fragen“, erwiderte sie leise und ging einen Schritt auf sie zu. Ihre Miene war hart, doch ihre Augen verrieten, dass sie die Gesamtsituation mehr mitnahm, als sie zugeben wollte. „Ich kann nicht glauben, dass du das alles grundlos getan haben sollst. Das sieht dir überhaupt nicht ähnlich. Irgendetwas muss passiert sein. Irgendetwas hat dich verändert. Und ich möchte wissen, was es war.“
 

„Und was soll es dir bringen?“, fragte sie kühl. „Hoffst du etwa, dass es sich um einen bösen Zauber handelt und du ihn nur brechen musst, damit alles wieder wie früher wird? In diesem Fall bist du naiver, als ich geglaubt habe.“
 

„Ist es wirklich Naivität das Beste in dem Menschen sehen zu wollen, der einmal wie eine Schwester für einen gewesen ist?“, stellte sie die Gegenfrage. Sie näherte sich ihr einen weiteren Schritt, wobei ihr Gesicht diesmal weicher wurde – und trauriger.

„Weißt du eigentlich wie ähnlich dir dein Sohn ist? Manchmal hatte ich das Gefühl, dich vor mir zu haben, wenn ich mit ihm gesprochen habe. Das muss ein Grund dafür sein, warum ich mich ihm immer näher gefühlt habe, als meinem eigenen Sohn: Er hat meine Erinnerung an meine beste Freundin am Leben gehalten.“
 

„Rührend“, kommentierte Lily trocken. „Aber du irrst dich, es war ganz sicher nicht seine Ähnlichkeit zu mir, die dich dazu gebracht hat, ihn zu lieben.“
 

Das erste Mal seit Beginn ihres kleinen Gesprächs wurde Narcissa vorsichtig. „Worauf willst du hinaus?“
 

Sie runzelte die Stirn. „Du willst mir doch nicht sagen, dass du es nicht bemerkt hast? Du? Seine Mutter? Die, die ihn großgezogen und seine Pubertät miterlebt hat?“ Da sie immer noch verwirrt aussah, schien das tatsächlich der Fall zu sein. Ungläubig schüttelte Lily mit dem Kopf. „Wahrscheinlich sollte es mich nicht wundern. Er wollte wohl nicht, dass du es erfährst.“
 

„Dass ich was erfahre?“
 

Für einen Moment zögerte sie. Eigentlich sollte sie es Harry überlassen, ihr alles zu erzählen. Es wäre fairer und richtiger. Außerdem gab es sicher einen bestimmten Grund, warum Narcissa nichts wusste. Vielleicht wollte er einen Menschen haben, der in ihm nur einen normalen Menschen sah, ohne besondere Fähigkeiten, ohne einer Macht, die niemand besitzen sollte.

Oder er hatte Angst vor ihrer Reaktion.

//Nun, vor meiner Reaktion hat er sich nicht gefürchtet.//
 

Im Endeffekt war es ihre Verbitterung und der Schmerz der letzten Jahre, die sie dazu trieben, dieser Frau, dieser alten Freundin, dieser Rivalin die Wahrheit ins Gesicht zu sagen: „Unser Sohn ist ein Tempus Amicus.“
 

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Godric's Hollow, 16 Jahre zuvor
 

James hatte sich das erste Mal seit langem dazu entschieden, mit seinen Rumtreiberfreunden trinken zu gehen und ihr kam das gerade recht. So sehr sie ihren Mann liebte, manchmal war sie doch ganz froh, ihn für ein paar Stunden los zu sein. Nicht zuletzt, da sie so etwas Zeit alleine mit ihrem Sohn hatte.

Sie hatte die Bedeutung des Lebens nicht gekannt, bis sie ihn das erste Mal in ihren Armen gehalten hatte.
 

„Die Liebe einer Mutter ist die stärkste Macht auf Erden“, sagte Albus immer und er hatte Recht. Ihr Sohn verlieh ihr eine bisher ungekannte Stärke. Harry gab ihr das Gefühl, alles schaffen zu können. Solange es zu seinem Wohlergehen beitrug, würde sie in der Lage sein, jedes Hindernis zu überwinden und jedes Opfer zu bringen.

James mochte die Liebe ihres Lebens sein, aber ihre Liebe zu Harry würde über ihren Tod hinausgehen, davon war sie überzeugt.
 

Lächelnd stellte sie die Tasse Heißer Schokolade auf einem Tablett ab, mit dem sie sich sofort auf den Weg in das Zimmer ihres Sohnes machte. „Harry, hier kommt deine Schokolade“, singsangte sie munter, während sie den Raum betrat und lächelte glücklich. „Du musst dein Buch für einen Moment weglegen, mein Liebling.“
 

Sie blickte auf und plötzlich glitt das Tablett aus ihren Händen. Die Tasse schlug auf dem Boden auf und zerbrach, woraufhin sich der Inhalt auf dem Teppich ergoss. Das würde hartnäckige Flecken geben, aber das spielte keine Rolle, nicht angesichts dessen, was sie vor sich hatte.

Harry hielt immer noch das Märchenbuch in seinen kleinen Händen, doch er war nicht mehr auf seinem Sitzkissen, wo sie ihn zurückgelassen hatte, als sie in die Küche gegangen war. Stattdessen saß er auf dem Schoß einer rothaarigen Fremden, die sich ihrerseits auf dem Fensterbrett niedergelassen hatte, das gleichermaßen als Sitzgelegenheit diente.
 

Ohne lange zu überlegen zog sie ihren Zauberstab und richtete ihn auf sie. „Lassen Sie sofort meinen Sohn los!“
 

Die Frau hob ihren Blick und lächelte. Ihre Augen kamen ihr seltsam vertraut vor, momentan war sie jedoch mehr an der Frage interessiert, was dieses Miststück hier zu suchen hatte. „Lily“, sagte besagtes Miststück mit einer ekelhaft süßen Stimme. „Wie schön, dich endlich kennenzulernen.“
 

„Ich sagte, Sie sollen meinen Sohn loslassen“, wiederholte sie eisig. Von Nettigkeiten würde sie sich nicht beeindrucken lassen. Diese Frau war unerlaubterweise in ihr Haus eingebrochen, um sich an ihrem Sohn zu vergreifen. Für viele wäre das Grund genug, um sie in die ewigen Jagdgründe zu befördern.
 

Ihr Gegenüber schien das genauso zu sehen, denn sie hob vorsichtig ihre Hände, als Zeichen, dass sie unbewaffnet war. „Ich verstehe deine Wut und die Sorge um dein Kind ehrt dich, aber ich schwöre bei meiner Magie, dass ich nicht hier bin, um dir oder deiner Familie zu schaden.“
 

„Oh, natürlich bist du nicht deshalb hier“, wenn dieses Weibsbild darauf bestand, die Formalitäten wegzulassen, konnte sie das gerne haben, „Harry, komm her. Sofort.“
 

Brav wie er war, glitt ihr Sohn sofort auf den Boden und lief langsam, Schritt für Schritt auf sie zu. Sobald er in Reichweite war, zog sie ihn zu sich und hielt ihn fest an ihrer Seite, während sie weiterhin ihren Zauberstab auf die Fremde gerichtet hatte. Diese war inzwischen selbst aufgestanden und hatte nach wie vor die Hände erhoben. Es wäre nun das Klügste gewesen, sie außer Gefecht zu setzen und einen Auror zu verständigen, der sich ihrer annehmen würde. James hätte das definitiv getan. Allerdings war sie schon immer neugierig gewesen und deshalb fragte sie: „Wer bist du? Und wie bist du hier reingekommen?“
 

„Ich bin die Mira dieser Zeit“, verkündete sie höflich. „Und ich bin hier, weil der Tempus Amicus mich hereingelassen hat.“
 

Sie brauchte zehn Sekunden, um die Bedeutung dieser Worte zu begreifen und zehn weitere, um sie für möglich zu halten, dann: „Raus.“
 

„Lily...“
 

„Raus aus meinem Haus!“
 

„Hör mir zu...“
 

„Ich soll dir zuhören!?“, zischte sie, während sie Harry schützend hinter sich schob. „Ich weiß genau, was du willst. Du willst ihn mir wegnehmen und ihn zu einem zweiten Albus Dumbeldore machen. Aber das lasse ich nicht zu. Er ist mein Sohn.“
 

„Du magst ihn geboren haben“, erwiderte die Mira ruhig. „Aber das macht dich nicht zu seiner Mutter.“
 

Ach nein? Sie war also nicht seine Mutter? Sie, die ihn neun Monate in sich getragen hatte. Sie, die Nacht für Nacht an seiner Wiege gestanden hatte. Sie, die ihm Märchen vorgelesen, ihn ernährt, ihm das Sprechen, das Laufen, das Leben gelehrt hatte? Sie, die ihn mehr als jeder andere auf dieser Welt liebte?

Das sollte doch wohl ein Witz sein.

„Raus aus meinem Haus“, wiederholte sie und ließ ein paar Funken aus ihrem Stab heraus sprühen. Langsam verlor sie ernsthaft die Geduld.
 

Dass diese Mira sie nun abschätzig zu mustern begann, machte es auch nicht besser. „Es ist merkwürdig“, sagte sie langsam. „Jede Andere hätte an meinen Worten gezweifelt und nicht wahrhaben wollen, dass ihr Sohn wirklich ein Tempus Amicus ist. Du jedoch glaubst mir... warum?“
 

Sie konnte nicht anders: Sie verdrehte die Augen. „Ich habe mehrere Sommer im Hause Malfoy verbracht und meinen Abschluss als eine der besten in meinem Jahrgang gemacht. Ich weiß sehr wohl, was ein Tempus Amicus ist und ich kenne die Zeichen.“ Sie hatte sie nur nicht bemerken wollen. Hatte alles auf den Zufall schieben wollen. Denn es gab auch normale Wunderkinder, nicht wahr? Nicht jedes intelligente Kind musste ein Tempus Amicus sein. Warum also ihres?

„Er ist noch ein Kind“, wechselte sie ihre Taktik. „Es dauert noch Jahre bis er seine Aufgabe erfüllen muss. Warum musst du jetzt schon kommen? Ich kann ihn großziehen. Ich kann ihn alles lehren, was er wissen muss. Ich werde ihm eine unbeschwerte Kindheit geben.“
 

„Das weiß ich“, entgegnete die Mira sanft. „Du wärst großartig gewesen, aber dummerweise würdest du ihn in die falsche Richtung lenken.“ Langsam ließ sie ihre Hände wieder sinken und nickte zu Harry, der immer noch schweigend hinter Lily stand. „Du musst wissen, dass er seine Entscheidung bereits getroffen hat. Er hat die Richtung gewählt, in die wir ihn von nun an führen müssen, aber du und James werdet ihn mit eurer Erziehung von diesem Weg abbringen.“
 

„Wenn er wirklich ein Tempus Amicus ist, kann man ihn überhaupt nicht von seinem Weg abbringen, besonders nicht, wenn er seine Entscheidung bereits getroffen hat. Denn unter diesen Umständen wird er immer auf den richtigen Weg zurückkommen.“
 

„Das ist richtig, Lily. Und genau deshalb sind wir hier.“

Es war Harry, der gesprochen hatte und gleichzeitig hatte er absolut nichts von dem Harry, den sie kannte. Er klang.... erwachsen. Und der Blick, mit dem er sie ansah, war ebenfalls älter. Weise.

Zeitlos.
 

„Was zum...?“
 

„Es ist der Tempus Amicus, der aus ihm spricht“, erklärte die Mira mitfühlend. „Jener Teil, der von der Zeit geliebt und geleitet wird. Ein unsterbliches Wesen, das solange sein wird, wie die Zeit existiert.“
 

„Großartig“, kommentierte Lily sarkastisch. Da war also ein unsterblicher Parasit im Körper ihres Sohnes, den sie nicht vertreiben konnte. Die Welt wurde von Minute zu Minute besser. „Und was genau wollt ihr mir sagen? Dass es der Zeit nicht in den Kram passt, dass ich meinen Sohn großziehe?“
 

„Ich denke, momentan ist es eher das Schicksal, dass sich darüber ärgert“, meinte die Mira mit einem triumphierenden Lächeln. „Dank meiner Nachfolgerin haben wir es ziemlich durcheinander gebracht.“
 

„Du solltest dankbar sein“, warf Harry ein. „Ohne unseren Einfluss wären du und James bereits seit einigen Jahren tot.“
 

Sie erzählten ihr alles. Sie erzählten ihr, welche Rolle ihr Sohn gehabt hätte: Der Auserwählte, ein Anführer, derjenige, der den Dunklen Lord besiegen würde.

Ein Junge mit einer grauenvollen Kindheit. Petunia – wie hatte Albus ihn nur zu Petunia bringen können?

Ein Kind, das niemals wirklich Kind sein durfte. Ein Hoffnungsschimmer. Ein Ausgestoßener. Ein Held. Ein Staatsfeind. Ein Freund. Ein Geliebter. Ein Symbol.

Ein Waise.
 

Sie weinte und hielt ihren Sohn noch lange, nachdem die Mira verschwunden war. Sie tat es immer noch, als James einige Stunden später zurück kam und sie in der Mitte von Harrys Zimmer vorfand.

Doch sie hatte verstanden. Ihr Sohn mochte immer noch ein Hoffnungsträger und mit einer schweren Zukunft belastet sein, aber wenigstens würde ihm jenes Leben erspart bleiben, welches das Schicksal für ihn vorgeschrieben hatte.
 

Sie würde alles tun, damit es niemals so weit kommen würde.
 

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Malfoy Manor, Gegenwart
 

Sie hatte gekämpft. Sie hatte nach einem Weg gesucht, die Mutter zu sein, die ein Tempus Amicus brauchte. Sie hatte alles getan, was die Zeit ihr in den darauf folgenden Monaten aufgetragen hatte und es war nie genug gewesen. Es würde niemals genug sein. Manchmal wünschte sie sich, sie hätte sich gegen die Zeit gestellt. Vielleicht wäre sie dafür bestraft worden. Vielleicht wäre sie gestorben. Aber wenigstens hätte sie in diesem Fall die Liebe ihres Sohnes nicht verloren.
 

Nun war sie hier und stand der Person gegenüber, die so perfekt in die Rolle der Mutter hineinzupassen schien.

Narcissa Malfoy.
 

Sie starrte Lily mit großen Augen an, während sie versuchte, einen Sinn aus den Worten zu machen, die sie soeben gehört hatte. Insgeheim bereute die Rothaarige bereits, ihr Harrys wahre Identität enthüllt zu haben. Es war nicht an ihr gewesen.

Leider waren dies Worte, die man nicht zurücknehmen konnte, nicht nachdem sie einmal ausgesprochen worden waren.
 

„Harry... ist ein Tempus Amicus?“ Ungläubigkeit, Verwirrtheit, sogar eine Spur Angst. Genau das, was sie selbst damals empfunden hatte.
 

„Nicht ein Tempus Amicus“, sagte Lily seufzend. Warum mussten sich immer alle so schwer tun? „Der Tempus Amicus. Warum glaubst du, ist jeder hinter ihm her? Weil er intelligent ist? Alle Seiten haben mehr als genug intelligente Leute bei sich. Er ist derjenige, um den sich alles dreht.“ Was für ein schreckliches Schicksal das doch war. Wenigstens verfügte er diesmal über die Mittel, um damit fertig werden zu können. „Glaubst du, der Dunkle Lord würde sich grundlos um ihn bemühen?“
 

„Nein... aber ich dachte...“, Narcissa schlang ihre Arme um ihren Oberkörper und schüttelte mit dem Kopf. „Ich weiß nicht, was ich gedacht habe. Ich glaube, ich habe es nicht sehen wollen.“ Sie hob ihren Blick und blickte ihr schuldbewusst entgegen. „Du musst mich wirklich hassen.“
 

Hassen? Lily blickte ihr schweigend entgegen, ohne zuzulassen, dass ihr Gesicht ihre Gefühlsregung verriet. Für ihre ehemalige Freundin war dies Antwort genug: „Ich würde mich hassen, wenn ich an deiner Stelle wäre. Ein Tempus Amicus holt sich immer das, was er braucht, nicht wahr? Der Gedanke, dass der eigene Sohn eine andere Mutter vorgezogen hat... wie muss dich das doch all die Jahre verfolgt haben.“

Plötzlich wich der schuldbewusste Ausdruck einem glücklichen Lächeln. „Oh ja. Ich würde mich definitiv hassen.“
 

„Du bist vermutlich der einzige Mensch, der sich darüber freut, wenn er gehasst wird“, erwiderte Lily trocken.
 

Das Lächeln wich einem erschrockenen Ausdruck. „Nein. Nein! Du missverstehst mich!“ Narcissa trat auf sie zu und griff nach ihrer Hand. Sie war kalt. „Natürlich möchte ich nicht, dass du mich hasst. Genauso wenig wie ich möchte, dass du leidest. Wie ich bereits sagte: Du bist wie eine Schwester für mich“, ach ja? Vor kurzem war das Verb noch im Präteritum gewesen, „das wird sich niemals ändern. Ich hasse es, dich leiden zu sehen. Aber du hast es mir soeben selbst gesagt: Harry hat mich gewählt. Ein Tempus Amicus hat mich gewählt. Weißt du überhaupt, was das bedeutet?“
 

„Du glaubst wirklich, es geht hier um mich und dich, oder?“, entgegnete Lily und entriss ihr die Hand, wich vor ihr zurück. „Harry hat keinen von uns gewählt. Harry hat überhaupt niemanden gewählt. Es war dieser Tempus Amicus, den deinesgleichen so zu verehren scheint.“
 

Narcissas Augen weiteten sich. „Heißt das etwa... du weißt, für wen er sich entschieden hat?“
 

Ob sie es wusste? Sie hatte es seit dem Augenblick gewusst, in dem diese Mira im Zimmer ihres Sohnes gestanden hatte. Seit man ihr das Einzige entrissen hatte, was in ihrem Leben einen Sinn gemacht hatte.
 

„Harry war ein Jahr alt, als euer Lord in unser Haus eingedrungen ist, um ihn zu töten.“

Narcissa schnappte erschrocken nach Luft, was Lily gekonnt ignorierte. „Da der Tempus Amicus das nicht zulassen konnte, hat er das Einzige getan, was ihn aus dieser Situation hätte retten können: Er hat Harrys Magie mit der des Dunklen Lords verknüpft und ihn damit zu seinem mächtigsten Beschützer gemacht, während Harry für immer an ihn gebunden wurde. Warum glaubst du, lässt euer Lord ihm soviel Freiraum? Warum hört er auf seine Meinung? Und warum hat er ihn all die Jahre direkt unter Albus Dumbledores Nase zur Schule gehen lassen?“
 

„Weil er sich seiner sicher ist“, hauchte Narcissa. „Weil er bereits weiß, dass er ihm gehört.“
 

Und das Einzige, was er nun tun musste, war darauf zu warten, dass sich Harry dessen endlich bewusst wurde.
 

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Es war dunkel, als Lily in ihr Appartment zurückkehrte.

Dracos Flucht, die Erinnerungen, das Gespräch mit Narcissa, all das hatte sie erschöpft und das war auch der einzige Grund, warum sie sich zu Tode erschrak, sobald die Stimme zu sprechen begann: „Da bist du ja endlich.“
 

Es gab genau zwei Menschen auf dieser Welt, für die sie alles tun würde. Einer davon saß gerade auf ihrem Sofa und wäre sie nicht so schrecklich stolz gewesen, hätte sie sich nun vor seine Füße geworfen, um ihn anzuflehen, bei ihr zu bleiben.

So jedoch legte sie sich theatralisch eine Hand aufs Herz und funkelte ihn an. „Verdammt, James, willst du, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?“
 

Egal, wie oft sie es sah, sein Lächeln würde auf sie immer dieselbe Wirkung haben, wie am allerersten Tag.

„Entschuldige. Ich wollte dich nicht erschrecken.“
 

Für mehrere Sekunden tat sie nichts, als ihn reglos anzustarren, dann glitt sie aus ihrem Mantel, warf ihm über den nächsten Stuhl und schlenderte in aller Ruhe in die Küche. „Was willst du hier?“, rief sie von dort aus, während sie ihren Kühlschrank nach dem Orangensaft durchsuchte, den sie vor kurzem gekauft hatte. Sie bekam trotzdem mit, dass er ihr gefolgt war.
 

„Ich möchte mit dir reden.“
 

Oh, bitte nicht.

„Worüber?“, fragte sie und griff nun stattdessen nach der Milch. Verdorben, igitt. Sie stellte die Packung auf die Anrichte und setzte ihre Suche fort.

Währenddessen schien James nach den richtigen Worten zu suchen, denn als sie sich schließlich – nun endlich wirklich mit dem Orangensaft in der Hand – wieder zu ihm umdrehte, wirkte er äußerst... gespalten.
 

„Ich... glaube, ich habe mich dir gegenüber ungerecht verhalten.“ Sie hob eine Augenbraue. Tatsächlich? Wie war er nur wieder darauf gekommen? „Ich habe dich dafür verantwortlich gemacht, dass wir all die Jahre ohne Harry gelebt haben, ohne auch nur für einen Moment daran zu denken, wie sehr du darunter gelitten hast.“ Gelitten. Noch einer, der mit diesem Argument kam. Er und Narcissa sollten sich zusammentun. „Dabei hätte ich es besser wissen müssen. Bei dem, was Harry ist. Bei dem, was ich über dich weiß. Ich...“
 

Sie unterbrach ihn, indem sie auf ihn zuging, ihn mit ihrer freien Hand in einen Kuss zog.

„Es ist okay“, flüsterte sie gegen seine Lippen. „Ich hätte dasselbe getan.“
 

Es war nicht okay und das wussten sie beide. Vielleicht würde es nie wieder okay sein.

Doch ihre Ehe war weder für den Sommer noch für den Frieden geschlossen worden, sondern für den tiefsten aller Winter und einen Krieg, dessen Ende sie vielleicht niemals erleben würden.

Deshalb war es okay und deshalb würden sie es für den Moment vergessen.
 

Sie hatte ihn vermisst.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ab dem nächsten Kapitel wird wieder Harrys Perspektive dominieren, versprochen. Und eventuell könnte es auch wieder eine Begegnung mit dem Dunklen Lord geben....
Ich wünsche euch bis dahin eine wundervolle Zeit.
Liebe Grüße, eure Ria Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (11)

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Von:  Aiyu-TheApfel
2015-10-03T11:11:45+00:00 03.10.2015 13:11
So jetzt habe ich innerhalb der letzten Tage beide Geschichten soweit wie es zumindest da war gelesen und...
Wow du hast meinen Respekt! Die Art wie du schreibst. Echt unglaublich, ich hab schon viele Geschichten gelesen, aber das hier gehört einfach zu den Besten.
Fast schon Schade das du nicht mehr weiter geschrieben hast, ich würde es mir wünschen^^
 
LG Reyu
Von:  Mei2001
2015-06-06T17:40:57+00:00 06.06.2015 19:40
Super Kapi!
Von:  Vegetasan
2015-04-19T02:06:08+00:00 19.04.2015 04:06
Sehr schade das die Geschichte hier endet und du nicht weiter geschrieben hast.

Die Geschichte gefiel mir sehr.
Von:  peili23
2013-06-16T05:07:58+00:00 16.06.2013 07:07
super kapitel ... und durch die perspektive wird lily einem ja fast wieder sympatisch^^ bin schon ganz gespannt wies weitergeht
Antwort von:  Riafya
16.06.2013 08:04
Vielen Dank! <3
Von:  -Koto-
2013-06-12T22:54:33+00:00 13.06.2013 00:54
jetzt klärt sich ja so einiges und man erfährt was aus Harry Vergangenheit ich bin schon so gespannt was weiter passiert hoffe das im nechste Kapitel wieder Harry und tom vorkommen, ich liebe die zwei!!!!!
Antwort von:  Riafya
14.06.2013 11:48
Uii, danke für deinen lieben Kommentar. <3
Ja, das war mal wieder ein kleines "Aufklärungskapitel", wie ich sie gerne nenne. Es freut mich sehr, dass es wirklich ein paar Dinge klären konnte.
Ich liebe Harry und Tom doch auch. *________*
Aber noch kann ich nicht zu 100 % sagen, ob sie schon im nächsten oder erst im übernächsten Kapitel aufeinandertreffen. Da muss ich erstmal schauen, wie es sich entwickelt...
Liebe Grüße, Ria
Von:  Neko-sama
2013-06-12T15:51:39+00:00 12.06.2013 17:51
LIEBE <333
Wie in fanfiction schon Kommentiert bin ich so froh, dass es weiter geht ^_____^
*happy* Schreib schnell weiter ja >///< Wollen doch wissen, wie es mit Harry und Tommy weiter geht XDD

Antwort von:  Riafya
14.06.2013 11:46
Uiii, danke, dass du auch hier kommentiert hast. <3
Mir fiel grad auf, dass ich dir auf FF.de gar nicht geantwortet habe, das werde ich gleich nachholen. *hinrenn*
Von:  mathi
2013-06-12T00:46:07+00:00 12.06.2013 02:46
huhu,
ein klasse kapitel - nun bin ich jedoch auch gespannt was sich alles verändern wird^^
was harry nun macht und wie der lord mit allem umgeht :)
bis dahin
mathi
Antwort von:  Riafya
14.06.2013 11:45
Vielen Dank für deinen lieben Kommi. <3
Was Harry nun machen wird, erfährst du im nächsten Kapitel. xD
Und der Lord.... ähm.... womit genau umgehen?
Dass Draco gerettet wurde? Dass Harry sich laut Lily schon längst für ihn entschieden hat? Oder mit dem, was Harry bald tun wird?
Ich denke, der zweite Punkt wird ihm eine gewisse Genugtuung bereiten...
Liebe Grüße, Ria
Von:  kaya17
2013-06-10T18:39:25+00:00 10.06.2013 20:39
Wer hätte gedacht das Lily tatsächlich noch richtig sympatisch wird.
Man gewinnt sie so richtig Lieb langsam. Schönes Kapitel
Antwort von:  Riafya
14.06.2013 11:43
Vielen Dank für deinen lieben Kommi. <3
Es freut mich sehr, dass dieses Kapitel deine Sicht auf Lily ein wenig ändern konnte.
Liebe Grüße, Ria
Von:  Amy-Lee
2013-06-10T18:16:03+00:00 10.06.2013 20:16
Hi.
Draco ist wieder zu Hause und sicher vor Ron.
Ich hoffe das Tom ihm erstmal keinen Auftrag gibt, vor allem nicht so einen,
Ron wird sich schon irgendwann selbst ins abseits manövrieren,
vor allem dann, wenn Neville endlich auf den Tisch haut.
Gut das es zwischen Narcissa und Lily zu aussprache kam, aber ob es wirklich gut war,
ihr zusagen das Harry ein Tempus Amicus ist, na ich weiß nicht und
man kann es auch nicht ungeschehen werden lassen.
Ja, wer hat Schuld an dem ganzen das ist eine gute Frage.
Bin ja mal gespannt wie es mit Lily und James weiter geht.
Ich freue mich auf´s nächste mal.
Bye
Antwort von:  Riafya
14.06.2013 11:42
Hatte ich dich eigentlich schon einmal gefragt, ob du dieselbe Amy-Lee wie auf FF.de bist?

Jedenfalls danke für deinen lieben Kommentar. <3
Um Draco musst du dir erstmal keine Sorgen machen, Tom wird ihn eine Weile schonen (müssen).
Wie Narcissa allerdings von nun an auf Harry reagieren wird, müsstest du im nächsten Kapitel erfahren (außer meine Planung wird spontan völlig durcheinandergewürfelt...)

Liebe Grüße, Ria
Antwort von:  Amy-Lee
14.06.2013 23:30
Hi.
Ja, ich bin dieselbe Amy-Lee wie auf FF, warum fragst du?
Von:  mimaja56
2013-06-10T11:02:57+00:00 10.06.2013 13:02

ein wirklich eindrucksvolles Kapitel.
Das, du hast es in einem deiner Antwort schon mal angedroht, die Sicht auf Lily verändert.
wir sind sehr oft punktfixiert und selbst wenn wir Handlungen hinterfragen sehen wir nicht den Auslöser für eine Tat, sehen nicht den Kampf mit sich selbst.

Ja, dieses Kapitel hat mein Bild von Lily ganz schön durcheinander gewürfelt. Doch wer ist nun Schuld an dem ganzen Debakel. Albus, Die Zeit, Das Schicksal???? - Die Magie - oder doch Lily, weil sich sich dafür entschieden hat, dass Harry seinen Weg gehn soll ohne ihre Unterstützung. Weil sie sich gegen einen möglichen Tod gestellt hat, der wohl gekommen wäre ..... den man hat ja bereits entschieden, welchen Weg Harry gehn muss ...

Die Aussprache mit Narcissa, sofern man sie so nennen kann, dürfte für Lily zumindest ein bisschen befreiend gewesen sein. Narcissa hat allerdings wieder etwas zum nachdenken.

Was oder besser gesagt wer mir momentan Sorge macht ist James, sicher er hat Lily immer geliebt. Er hat auch unter dem Verlust von Harry gelitten und seine Reaktion war wohl von Albus noch zusätzlich angeheizt worden, denn so konnten sie nicht mehr miteinander gegen das neue, alte Wissen kämpfen. Sie konnten sich nicht stärken.

Wird Albus, das Schicksal, die Mira zulassen, dass die Beiden wieder ein bisschen Gemeinsamkeit haben können?

Wieder einmal hast du uns ein fesselndes Kapitel geliefert. Ich freu mich jezt schon auf deine "Androhung" vom nächsten Pitel.

Vielen Dank und eine schöne sommerlich Zeit

mimaja
Antwort von:  Riafya
14.06.2013 11:40
Heyho!
Vielen Dank für deinen lieben Kommi, ich freue mich wieder sehr darüber. <3

Ich denke, dass es schwer ist, jemanden in dieser Angelegenheit die Schuld zuzuweisen. Ich denke, im Endeffekt sind alle Schuld und gleichzeitig sind alle unschuldig. Es ist eine sehr verzwickte Situation. :(

Was Albus angeht, würde ich mir momentan keine großen Sorgen machen. Jetzt, wo Harry quasi seinen "Dienst" angetreten hat, genießt der seinen wohlverdienten Ruhestand und beobachtet Vögel auf dem Astronomieturm. Oder trinkt ein Tässchen Tee. Oder.....
Zumindest wird er sich kaum noch aktiv in die Geschehnisse einmischen.

Ich wünsche dir auch eine schöne, sommerliche Zeit. <3
Liebe Grüße, Ria


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