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Dark Circle

von
Koautor:  Caracola

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59. Kapitel

Hitze überzog seine Haut, schien tief aus seinem Inneren zu kommen und war zugleich überall. Seine Muskeln protestierten ebenso wie sie sich immer wieder anspannten. In seinem Kopf und seinem Körper herrschte ein immer stärker werdendes Pulsieren, das ihn unruhig werden ließ.

Ryon wollte noch nicht aufwachen, fühlte er sich hier doch so wohl und sicher.

Paige war dicht bei ihm, der Duft ihrer Haut war alles was er riechen konnte und als sich sein Mund öffnete, um mit seiner Zunge seine Lippen zu befeuchten, konnte er sie ebenfalls schmecken.

Er seufzte leise und bewegte sich etwas. Dabei schob er sich enger von hinten an sie heran, um sich an sie zu kuscheln und bemerkte erst dabei, dass seine freie Hand unter ihrem Schlafshirt direkt auf ihrem flachen Bauch lag. Beschützend und Besitzergreifend zugleich. Sein Daumen strich träge über die weiche Seide ihrer Haut, doch als er seinen Hand nur ein Stück weiter nach oben streichen ließ, zuckte er vor Schmerz zusammen. Ob seine Schulter nun gebrochen oder nur geprellt war, machte keinen Unterschied. Es weckte ihn so oder so auf, aber mehr auch nicht. Er blieb wo er war. Hielt still und wartete darauf, dass der aufflammende Schmerz wieder abflaute. Danach seufzte er wieder zufrieden und erleichtert, während sein ganzer Körper vor Hitze glühte und das Pulsieren in ihm immer noch zunahm.
 

Sie schlief zwar tief, aber dennoch hätte sie auch ein leichteres Zucken von Ryon aufgeweckt. Die Sorgen um ihn hatten sie auch im Traum nicht losgelassen. Wirr und dunkel waren bedrohliche Gestalten um sie geflackert, hatten den Tiger angegriffen, ihn schwer verletzt und sie hatte ihn einfach nicht mehr aufwecken können!

Das Übelkeit erregende Gefühl hing ihr bis in den wachen Zustand nach, ließ sie hart schlucken und ihre Augen brennen.

Paige wagte kaum nach Ryons Fingern zu greifen, über sie zu streicheln, obwohl es sie so sehr beruhigte, dass sie seine Wärme unter ihrer Hand und auf ihrem Bauch spüren konnte.

"Soll ich Tennessey holen?", flüsterte sie leise. Das bedrückte Zittern in ihrer Stimme war nicht zu überhören und als sie sich leicht drehte, um ihm in die Augen sehen zu können, hatte Paige das Gefühl, das Brennen auf ihrer Netzhaut würde immer schlimmer werden.
 

Ihre Hand auf seiner tat so gut. Sie zu spüren war eine reinste Wohltat und auch wenn sie nie an seine Körpertemperatur heran kommen könnte, schenkte sie ihm doch eine Wärme, die mit nichts zu beschreiben wäre.

„Es geht mir gut.“, flüsterte er leise, dicht an ihr Ohr, ehe sie sich langsam zu ihm herum drehte, damit sie sich in die Augen sehen konnten.

Sofort schnürte es ihm die Kehle zu, als er ihre Verletzungen im Gesicht sah und das Pulsieren in ihm drin wurde wieder schwächer.

Vorsichtig löste er seine Hand von ihrem Bauch und strich hauchzart mit seinen Fingerspitzen über die geschundenen Stellen.

„Ich…“ Er musste an dem Kloß vorbeischlucken, der schmerzhaft in seiner Kehle brannte. Dagegen war das Brennen in seiner Schulter fast schon angenehm.

„Ich hätte viel mehr auf mich genommen, wenn ich damit hätte verhindern können, wie dieser Bastard dich schlägt.“

Betrübt schloss er die Augen. Die Szene, als dieser Kerl ihr mit der Faust mehrmals ins Gesicht geschlagen hatte, würde sich für immer in seine Seele brennen. Man hatte ihr vor seinen Augen weh getan und er hatte es nicht verhindern können. Das tat noch viel mehr weh, als sein schmerzender Körper.

„Es tut mir so leid…“

Ryon öffnete seine schmerzerfüllten Augen halb. Küsste Paige voller Zärtlichkeit über die verletzten Stellen und hauchte immer wieder, wie leid es ihm tat, ehe er bei ihren Lippen ankam. Ebenfalls gepeinigt und aufgerissen, so dass er sie kaum zu küssen wagte.

„Ich liebe dich, Paige.“

Er zog sie ein Stück näher an sich heran und hauchte ihr mit geschlossenen Augen einen weiteren Kuss auf den Mund.

„So sehr…“
 

Er machte sich tatsächlich Vorwürfe? Paige konnte gar nicht recht begreifen, was er da sagte. Er hätte mehr auf sich genommen? Und das, wo er schon bewusstlos geschlagen worden war?

„Ryon...“ Zwischen seinen Küssen hatte sie kaum Zeit, auch zu Wort zu kommen. Dabei würde sie ihm so gern das Selbe sagen.

Lächelnd nahm sie schließlich sein Gesicht in ihre Hände und blickte ihm tief in die Augen. Damit stoppte sie ihn so sanft sie konnte.

„Bitte ... mach dich doch deshalb nicht so fertig.“

Selbstquälerei war das letzte, was sie an ihm sehen wollte.

„Du hättest nichts tun können. Und...“ Jetzt war es an ihr, hart zu schlucken und kaum mehr zu Worten zu kommen.

„Ich bin nur froh, dass du lebst.“

Vorsichtig schlang sie ihre Arme um ihn und küsste ihn sachte auf den Nasenrücken, um dann über Umwege zu seinen Lippen zu wandern.

„Ich liebe dich auch. Von ganzem Herzen. Und ich will dich für immer behalten. Und zwar wenn möglich an einem gesunden Stück, hörst du?“

Streichelnd schob sie ihm die Haare aus der Stirn.
 

Während sie ihm ein paar Strähnen zurück strich, schmiegte er sein Gesicht in ihre Hand und schloss wohlig die Augen.

„Ich kann nichts an dem ändern, was ich fühle, aber ich kann dir sagen, dass ich unendlich stolz auf dich bin. Wirklich sehr stolz.“

Er lächelte und sah seine Geliebte wieder an.

Seine Hand strich über ihren Rücken, während er ein Bein um ihre legte, um sie noch mehr in Besitz zu nehmen. Dass dabei seine Hüfte und vor allem sein malträtierter Hintern ganz schön protestierten, konnte er sehr gut verbergen.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich verkohlte Fischstäbchen so gerne haben würde.“

Ryons Lächeln wurde zu einem kleinen Grinsen. Es tat gut, als sich die Atmosphäre auflockerte und das Vibrieren in ihm, nahm erneut zu.

Zunächst hatte er keine Ahnung, was genau es ihm sagen wollten, aber da jede Berührung von und durch Paige ein elektrisierendes Prickeln in ihm auslöste, wurde er sich den gegebenen Umständen wieder bewusst.

Seufzend und ergeben, vergrub er sein Gesicht in Paiges Haar, so dass seine Stimme deutlich gedämpft wurde.

„Ich kann nicht glauben, dass ich schon wieder an Sex denke.“

Den Duft seiner Gefährtin sollte man wirklich für Notzeiten in Flaschen abfüllen.
 

"Verkohlte Fischstäbchen, hm?"

Das, was mit dem Wasserdämon Dank ihr passiert war, derart auf die Schippe zu nehmen, fühlte sich im ersten Moment absolut Fehl am Platz an. Es beschwor die dunklen Bilder dessen hervor, was Paige mit ihrer dämonischen Seite anrichten konnte. Was sie einem Menschen und auch anderen Wesen antun konnte, wenn sie wollte.

Ein Blick in Ryons Augen ließ sie allerdings ruhiger werden. Nein, von "wollen" konnte nicht die Rede sein. Sie hatte sich verteidigt. Ihr Leben und denjenigen, den sie über alles liebte. Dass sie nur auf diese grausame Weise hatte entkommen können, war eben ein schlimmer Teil ihrer Fähigkeiten. Aber deshalb musste sie trotzdem keinen Gräuel vor sich selbst empfinden.

Sie schaffte es ebenfalls zu grinsen und gab ihm einen weiteren vorsichtigen Kuss auf die Lippen. Obwohl ihre eigenen schmerzten, würde sie sich davon nicht abhalten lassen.

Das Thema, das er allerdings anschnitt, während er sich in ihr Haar kuschelte, war etwas Anderes. Paige streichelte über Ryons angeschlagene Schulter, auf der bereits jetzt ein Bluterguss in vielen bunten Farben schillerte. Er musste große Schmerzen haben. Sehr viel mehr, als er hinter seiner heldenhaften Fassade zeigte.

Ihre Hand legte sich kühlend auf die geschundene Stelle während sich Paige noch etwas Zeit nahm nachzugrübeln.

"Ich weiß nicht..."
 

Paiges nachdenklicher Tonfall schaffte es, obwohl es eigentlich ganz und gar nicht witzig sein sollte, ihn zum Lachen zu bringen. Erst leise, wie ein sanftes Vibrieren, doch schließlich wurde es lauter und obwohl alle seine Muskeln stöhnten, konnte er sich nicht aufhalten. Er lachte einfach weiter.

Erst als Ryon sich etwas gefangen hatte, wobei er trotzdem immer wieder los kicherte, meinte er so ernsthaft, wie es eben ging: „Paige, das war eine Feststellung, keine Aufforderung.“

Er gluckste immer noch in ihr Haar, als er sich an sie kuschelte und seufzte.

„Ich freu mich schon darauf, wenn das alles vorbei ist.“ Nun wurde er tatsächlich ernst.

„Wenn die Gefahr vorüber ist, mich dein Duft nicht mehr so vollkommen wahnsinnig macht und wir uns einfach zu jeder Zeit und jedem Ort, den wir wollen, lieben können, ohne Konsequenzen.

Hättest du dann auch Lust mit mir zu verreisen? Es hat vielleicht nicht den Anschein gehabt, aber du bist die Einzige, mit der ich durch die Weltgeschichte reisen wollte und immer noch möchte.“
 

Paige staunte. Mit offenem Mund und strahlenden Augen, als wäre sie ein Kind vor der Süßigkeitenhandlung. Es erschütterte sie in ihrem Inneren, kitzelte jedes ihrer Moleküle und brachte sie ebenfalls zum lachen, auch wenn sie gar nicht wusste, was so komisch war. Seine Grübchen waren wunderschön.

Während er noch von den Nachbeben des Scherzes, den Paige verpasst hatte, sanft geschüttelt wurde, nahm sie seine Hand und streichelte darüber. Es war vermutlich mehr um sich selbst noch weiter zu beruhigen als Ryon.

Trotzdem schien er genau in diesem Moment ernst zu werden. Und stellte ihr eine Frage, verpackt in so viele Eventualitäten, dass sie es erst einmal in ihrem Kopf sortieren musste.

"Solange es nicht nach Ägypten geht, bin ich dabei."

Ohne Konsequenzen... es hallte nach. Ganz leise nur, aber es war da. Stilles Bedauern, dass sie Ryon niemals zeigen würde.

"Sollen wir aufstehen und sehen, ob Tyler an uns gedacht hat?"
 

Nein, nach Ägypten würde er mit ihr nicht mehr reisen. Erst musste dort Schnee fallen, ehe er es sich noch einmal überlegen würde.

„Das will ich für ihn hoffen. Ansonsten muss seine geheiligte Ordnung in der Küche dran glauben.“, brummte Ryon, gegen Paiges Hals, als er ihr dort einen Kuss zu hauchte.

Er war sogar verdammt hungrig. Kein Wunder. Er musste sich dringend Energie für seine Erholung beschaffen, aber allein der Gedanke, das kuschelige Nest mit Paige verlassen zu müssen, bremste seinen Drang nach Nahrung. Er wollte nicht aufstehen.

Tat es dann aber doch, um sich ein Handtuch umzubinden. Frische Sachen zum Anziehen würde er aus seinem Zimmer holen müssen. Allein dieser Umstand ließ ihn bereits überdenken, zu Paige zu ziehen. Sehr viel mehr konnten sie das Zimmer ohnehin nicht mehr derangieren und außerdem war es ihm inzwischen sehr viel vertrauter, als das fremde Gästezimmer, in dem er zu Anfangs geschlafen hatte.

„Treffen wir uns in der Küche?“

Ryon beugte sich vorsichtig zu seiner Gefährtin herab, um zärtlich mit seinen Lippen über die ihren zu streifen. Dabei verkniff er sich jegliche Reaktion auf die Schmerzen. Er kam sich vor, als hätte er Stacheln im Po. Am besten er sah vor dem Essen noch mal bei Tennessey vorbei. Vielleicht hatte dieser ein paar der Geschosse übersehen. Beim dichten Pelz des Tigers hätte es ihn nicht gewundert.
 

Mit einem Lächeln auf den Lippen nickte Paige ihm nur zu und ließ Ryon gehen, um ihn später in der Küche zu treffen. Als sie sich endlich vom Matratzenlager aufraffte, wäre sie beinahe wieder umgefallen. Die Welt schien zu schwanken, während von den Rändern ihres Sichtfelds aus dunkle Schatten wie Zahnräder zur Mitte hin drängten. Ihr wurde schlecht und Paige musste sich keuchend an den Bettrahmen stützen, während sie den freien Arm um ihre Körpermitte schlang.

Ihr Puls beruhigte sich nur langsam, aber damit ging erfreulicher Weise auch der Druck auf ihrer Brust und der Schwindel zurück. Wie auf Eiern bewegte sich Paige ins Bad, streifte das Schlafshirt ab und erstarrte vor ihrem eigenen Spiegelbild.

"Reife Leistung.", zischte sie zwischen den Zähnen hervor, während wieder die Bilder des vor Hitze zerschmelzenden Dämons vor ihrem Inneren Auge auftauchte. Bevor er das Zeitliche gesegnet hatte, hatte er Paige noch ganz schön zugerichtet. Natürlich hatten ihre Schuppen den Druck gedämpft, den seine Wassergeißel ausgeübt hatte, aber dennoch... Sie sah aus, als würde noch jetzt eine blau und purpur schimmernde Klemme um ihren Oberbauch liegen. Als sie mit einem Finger dagegen drückte, kniff sie die Augen zusammen. Was wiederum dazu führte, dass sie zusammen zuckte.

"Herrgott...!"

So schlimm hatte sie lange niemand mehr verprügelt. Aber trotzdem war es nicht das erste Mal. Und es würde heilen.
 

Nach einer nur lauwarmen Dusche, stand Paige vor ihrem Kleiderschrank. Überlegend hatte sie den Kopf zur Seite geneigt und überlegte, seit einiger Zeit einmal wieder ausgiebig, was sie tragen sollte. Obwohl sie nicht sagen konnte warum, war ihr heute nach einer auffälligen Farbe. Und irgendetwas, das nicht über ihre Haut scheuern konnte.

Es brauchte nur ein wenig hin und her, bis sie sich für eine rote Bluse entschied, die in fließendem Stoff locker ihren Körper umspielte und das Ganze mit einer schwarzen Hose kombinierte, die ihr locker auf den Hüften saß.

Zufrieden mit diesem Outfit ging sie in die Küche. Bloß um dort von dem alt gewohnten Bild empfangen zu werden. Ai saß mit Mia am Tisch und Tyler stand am Herd und kochte.

"Guten... ehm..." Paige stutzte und sah sich nach der Uhr über der Tür um.

"Nachmittag."

"Man könnte schon eher Abend sagen.", meinte Ai mit einem dieser dünnen Lächeln, die Paige nie so recht zuordnen konnte.

Als allerdings Mia auf Paige zugerannt kam und diese das kleine Mädchen kaum hochheben konnte, änderte sich der Ausdruck in Ais Gesicht. Diesmal konne Paige die Sorge im Gesicht ihrer besten Freundin nicht mehr falsch deuten.

"Es geht. Wirklich.", schob sie noch hinterher, nachdem auch Tyler sich umgedreht und seiner Skepsis mit einem Stirnrunzeln kund getan hatte.

"Feee..." Mias Augen leuchteten eher neugierig zu Paige hinauf. Das Mädchen streckte die Hand aus, um vorsichtig die angeschwollene, verfärbte Haut um ihr Auge zu berühren und so zart darüber zu streichen, als wüsste sie sehr genau, was das Veilchen zu bedeuten hatte.

"Weh?"

Ihr Stimmchen war leise und ... Paige hätte es nicht anders ausdrücken können ... mitfühlend.

"Ein bisschen. Aber es ist bald wieder gut."
 

Mit einem leisen Kling landete ein weiterer Splitter in einem kleinen Glasbehälter, der bereits ein paar andere blutige Andenken an den Steindämon oder was auch immer das gewesen war, beinhaltete.

„Und ich dachte immer, du wärst gründlich.“, zischte Ryon leise, als Tennessey sich mit einer langen spitzen Pinzette der nächsten Stelle an seinem Oberschenkel zuwandte, die zwar noch etwas verschorft, aber schon fast verschlossen war. Er heilte einfach zu schnell, weshalb der Doc die Haut über den kleinen Splittern erneut anritzen musste. Doch das machte ihm weniger aus, als der Rest von seinen Blessuren.

Ryon spürte die winzigen Schnitte kaum.

„Hätte ich dem Tiger den Hintern rasieren sollen?“ Tennessey grinste bei der Vorstellung, doch sein Blick wurde wieder konzentriert, als er versuchte, ein weiteres Geschoss aus Ryons Fleisch zu ziehen.

„Könntest du dich nicht in deine menschliche Gestalt verwandeln, hätte ich es getan, dann hätte ich auch bestimmt jede Stelle erwischt, also beschwer dich nicht. Nächstes Mal nimm eben einfach die Zielscheiben von deinem Hintern.“

Da Ryon die ganze Sache ohnehin schon unangenehm war, schwieg er, um nicht noch weitere Scherze von Tennessey ertragen zu müssen, während der ihm Splitter aus dem nackten Hintern zog. Es war schon peinlich genug.
 

Mit dem kleinen Glasfläschchen in der Tasche, das die gereinigten Edelsteinsplitter beinhaltete, die Tennessey ihm aus dem Hintern gezogen hatte, kam Ryon vollständig angekleidet in die Küche. So hätte man kaum erkannt, dass er verletzt war, da an die Treffer in seinem Gesicht nur noch eine leichte Rötung erinnerte. Alles andere, spielte sich unter seiner Kleidung ab und das in schön bunten Farben.

„Guten Abend.“, grüßte er die vollbesetzte Küche so ruhig, als hätte er nicht gerade die peinlichste Situation seines Lebens hinter sich.

„Katse!“ Mia rutschte von Paiges Schoß, auf dem sie sich immer wohler zu fühlen schien und kam ihm mit ausgestreckten Ärmchen entgegen gelaufen.

Sofort zauberte das kleine Mädchen mit den blonden Locken ihm ein Lächeln auf das Gesicht und er ging innerlich knirschend in die Hocke, um sie hoch zu heben und an seine eher unverletzte Schulter zu drücken.

„Hallo, Sonnenschein.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und griff dann in seine Hosentasche.

„Ich hab ein Geschenk für dich, das wird dir bestimmt gefallen.“

Ryon zog das Glasfläschchen hervor. Es war mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt und gut versiegelt. Mia könnte es unmöglich öffnen, aber das musste sie auch gar nicht. Die Edelsteinsplitter sahen auch so in der Flüssigkeit ziemlich hübsch aus.

Er gab es ihr, als sie begeistert danach griff und es ins Licht hielt, um die schönen Steine zu betrachten.

„Siehst du den rosafarbenen Stein? Das ist ein Rosenquarz und das da ist ein Türkis.“

Mias große Augen machten sofort alle Schmerzen wett, die er dank dieser Steine erhalten hatte. Es war erstaunlich wie man etwas Übles in etwas Schönes verwandeln konnte. Ryon hatte also die richtige Idee gehabt, um seine Souvenirs zu behalten.

„Und das da nennt man Tigerauge.“

Während Ryon das sagte, ging er mit Mia zusammen zum Tisch und setzte sich vorsichtig neben Paige. Die Bedeutung dieses Steins und die Ironie darin waren ihm erst wirklich jetzt klar geworden.

Sanft griff er nach der Hand seiner Gefährtin und drückte sie. Sie hatten es überstanden. Dank ihr.
 

Paige spähte ebenfalls zwischen Mias kleinen Fingern in das Fläschchen hinein. Darin lagen in einer Flüssigkeit ein paar Halbedelsteine. Mit einer erhobenen Braue sah Paige Ryon fragend an. Aber sein schmunzelnd zuckender Mundwinkel sagte ihr, dass er keine näheren Informationen über die Herkunft dieser Steine geben würde. Und wahrscheinlich wollte sie es auch lieber gar nicht wissen.

"Darf ich fragen, was es zu essen gibt? Und brauchst du vielleicht Hilfe, Tyler?"

Die eine Hand immer noch in der von Ryon, legte Paige ihre Andere auf Mias Bauch und streichelte ihn leicht.

"Wenn ich dich so anschaue, wäre ein blutiges Steak das sinnvollste gewesen...", hörte man es nur von der Küchenzeile her, was Paige die Augen rollen ließ.

Als sich der Rothaarige allerdings umdrehte, erkannte Paige den Schalk in Tylers Augen. Man konnte ihm wohl wirklich nicht lange böse sein. Nichtmal für so eine Stichelei.

"Aber wir haben keins. Ich kann dir also einen Eisbeutel fürs Auge und frittierte Pilze zu Hähnchen als Abendessen anbieten. Dazu gibt es Tomatensalat und zum Nachtisch Baumkuchen."

"Was ist mit der Hilfe?"

Er winkte ab, was Paige mit einem scherzhaft eingeschnappten Blick quittierte.

"Ich kann auch kochen, weißt du?"

Ai war mit ihrem hellen Lachen keine rechte Unterstützung. Schon gar nicht als sie anmerkte, dass Toast mit Marmelade nicht unbedingt etwas mit Kochen zu tun hatte.

"Ah ja? Immerhin hab ich das mit der Marmelade drauf. Du machst immer nur Toast mit Butter."

Beide Frauen brachen in schallendes Gelächter aus, in das auch Mia einstimmte, obwohl sie gar nicht wissen konnte, worum es ging.

Ja, so musste es sich anfühlen, eine echte Familie zu haben.
 

„Na, dann habt ihr beiden Ladys noch mehr drauf, als unser Kater hier. Der schafft es sogar, Wasser anbrennen zu lassen, stimmt’s Ryon?“

Ryon schnaubte und starrte Tyler gespielt böse an.

„Ich muss nicht kochen können. Immerhin mag ich meine Steaks blutig. Pass also in Zukunft besser auf deinen Po auf. Am Ende fehlt dort noch ein Stückchen.“

Tyler fuhr am Absatz herum, legte sich theatralisch die Hand aufs Herz und starrte den Hünen fassungslos an.

„Oh mein Gott, er hat einen Scherz gemacht. Ein Wunder ist geschehen! Ich muss schnell in die Kirche rennen und zehn Avemarias beten!“

„Solange du vorher das Essen servierst.“

Ryon wandte sich mit zuckendem Mundwinkel Paige zu und wurde rasch wieder ernst, als er ihr Gesicht nun im vollen Lichte betrachtete. Er würde es nie vergessen können, egal wie viel Zeit auch vergehen würde.

„Wir müssen später darüber reden.“, flüsterte er ihr leise zu. Nicht nur über die Verletzungen, sondern auch was alles passiert war. Zwar hatte Paige zwei weitere Untertanen von Boudicca aus dem Weg geräumt, aber garantiert würde dafür schon bald Ersatz gefunden werden. Sie mussten sich ernsthaft eine Strategie ausdenken, wie sie weiter vorgehen sollten. Doch zuerst, sollten sie etwas Essen und sich danach ausruhen.

Er selbst hatte zwar lange geschlafen, war aber vollkommen kaputt. Trotzdem ließ er es sich nicht anmerken, als Tyler endlich das Essen servierte und Ryon sich daran machte, für Mia die Speisen klein zu schneiden, damit sie von seinem Schoß aus versuchen konnte, selbstständig zu essen. Was ihr inzwischen sehr gut gelang. Immerhin konnte sie nun auch schon den hungrigen Tiger in Menschenform füttern, bis ihr das Spiel zu viel wurde und er es selbst in die Hand nahm, seinen riesigen Hunger, zu bekämpfen.
 

Mia und Ryon beim Essen zuzusehen konnte man nur als reine Wonne bezeichnen. Selbst für Tyler musste der Appetit der beiden eine besondere Wertschätzung seiner Kochkünste darstellen. Paige jedenfalls freute sich am Anblick der beiden, wie sie tüchtig zulangten.

Sie selbst stocherte nur noch halbherzig in ihrem Salat herum oder aß kleine Bissen von dem leckeren Gericht auf dem weißen Teller vor ihrer Nase. Ryon hatte ihr mit seiner Andeutung eine gewisse Nervosität aufgezwungen, die sie sichtlich daran hinderte ihr Essen zu genießen. Ja, sie würden darüber sprechen müssen. Über das Treffen mit den Hexen und die Folgen, die daraus hervor gehen würden. Genauso sollten sie den Vorfall vor dem Haus von Sally nicht außer Acht lassen. Mit jedem Handlanger, den sie Boudicca nahmen, würden sie deren Hass schüren. Und damit sich selbst und ihren Lieben eine größere Zielscheibe umhängen.

Ihr Blick glitt zu Ai hinüber, während sie an einer Tomatenscheibe herum kaute. Ihre Freundin fing den etwas verunsicherten Blick auf und lächelte zurück. Die Augen der Asiatin waren voller Zuversicht.

Als Paige lächelte, spürte sie ihr blau geschlagenes Auge. Doch sehr viel weniger, als noch vor ein paar Minuten.

"Wie geht eigentlich die Neugestaltung des Wohnzimmers voran?"

Tyler sah bei diesem Stichwort von seinem eigenen Teller hoch und verzog etwas den Mundwinkel. Wohlerzogen schluckte er erst hinunter, bevor er antwortete.

"Es gestaltet sich aufwendiger, als ich gedacht habe. Allein der Boden war ... vollkommen untragbar. Aber es wird."

"Ich bin sehr gespannt, was du draus machst. Wirklich. Persönlich habe ich noch nie etwas von Grunde auf neu gestaltet."

Ai lenkte leise ein, lächelte aber auf die Art, die Paige sehr mochte. Denn es bedeutete, dass sie ihre Meinung noch ehrlicher meinte, als sonst.

"Dafür bist du sehr gut im Gestalten. Deine Wohnung hatte so tolle Ecken und Besonderheiten. Vielleicht solltest du..."

Sie brach ab und sah Ryon an. Dann wieder Paige, die sich nur lächelnd ein weiteres Stück Tomate in den Mund schob.

"Tyler macht das schon. Immerhin weiß er, was zum Stil des Hauses passt. Bei mir würde es bunt mit Schnörkeln."



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