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Tempora Nova

von

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Mein Herr, Horrortripp

Warum hatten mich seine Worte so aus der Fassung gebracht? Warum hatte ich wegen dieser Banalität zu weinen begonnen?

Eigentlich war ich es doch gewöhnt, solche Gemeinheiten an den Kopf geworfen zu bekommen, denn mein Herr hatte so etwas schon oft genug getan, aber dennoch…

Obwohl ich ihn die ganze Zeit über bedient hatte, sein Essen und seine Wäsche gemacht, seine Termine für ihn eingehalten habe, trotz alledem sagte er so etwas. Natürlich konnte ich seine Wut über meine Worte nachvollziehen, aber das war noch lange kein Grund, sich unseren Totfeinden anschließen zu wollen, allein schon der Tatsache wegen, dass diese die ganze Zeit über versucht hatten, meinen jungen Herrn zu töten. Ihn zu beschützen war nicht immer leicht gewesen, aber ich hatte ihn stets vor dem Tode bewahrt, egal wie schlimm es um ihn stand.

Eine Entschuldigung aus seinem Mund zu hören war demnach das Letzte, was ich erwartet hatte, und so war es genau das, was mich dergestalten aus der Fassung brachte. Endlich hatte ich das zu hören bekommen, was ich unbedingt hören wollte, dennoch konnte ich damit nicht umgehen, weil es nicht mein junger Herr war. So etwas würde er denken, doch niemals aussprechen.

Ich war wirklich am Ende, ausgehungert und kraftlos… Wenn das so weiter ging, dann würde ich wirklich kein Jahr mehr durchhalten. Mehr und mehr spürte ich, wie mich meine Lebensgeister verließen, meine Energie schwand und meine Sinne abschwächten.

Ich saß einfach nur schluchzend auf dem Boden, und es beruhigte mich nicht, dass mein Herr sich sorgte, im Gegenteil. Es lag eine Schwere im Raum, die uns beide in einen undurchsichtigen, grauen Nebel hüllte.

Doch was er nun sagte, nahm mir die restliche Kraft, die ich noch hatte, denn dieses Verhalten hatte ich noch kein einziges Mal bei Ciel gespürt, geschweige denn hätte er so etwas auch nur in Erwägung gezogen.

„Sebastian, töte mich. Ich möchte sterben.“, sagte er mit kalter, monotoner Stimme zu mir.

Mein Schluchzen verstummte, dafür sackte ich noch weiter auf dem Boden zusammen. Warum? Warum wollte er auf einmal sterben? Dieses Verhalten sah meinem jungen Herrn überhaupt nicht mehr ähnlich. Ciel hätte niemals sein Leben aufgegeben. Der junge Herr, den ich kannte, lief selbst mit einer Schusswunde stets weiter, bis er den letzten Funken seines Lebens qualvoll ausgehaucht hatte. Nein, das war sicherlich nicht das, was mein junger Herr dachte.

Ich trocknete meine Tränen und meine Trauer wurde durch reine Wut ersetzt. Was bildete sich dieser drittklassige Dämon eigentlich ein, so einen Schwachsinn von sich zu geben? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass mein Verhalten schuld daran war, dass er sich so verhielt, also nahm ich an, dass er all dies nur tat, um mich zu provozieren. War ich ihm denn wirklich so wenig Wert, dass es in seinen Augen nicht Demütigung genug für mich war, dass ich mich so vor ihm zeigen musste? Was wollte er sehen? Sollte ich blutend und um mein Leben winselnd vor ihm auf dem Boden liegen? Nein, so etwas würde ich niemals tun!

Ich versuchte nun, mir das letzte bisschen Würde, das ich noch hatte, zu bewahren und stand auf.

„Nun gut, mein junger Herr. Wenn Ihr sterben wollt, dann nur zu, nehmt Euch euer erbärmliches Leben doch. Aber durch meine Hand wird das sicherlich nicht geschehen. Was auch immer Ihr mit eurem Verhalten bezweckt, ich lasse mich nicht noch einmal von Euch demütigen!“

Ich war gewillt, noch einen drauf zu setzten, doch schließlich hatte ich mir damals geschworen, ein perfekter Butler zu sein, und so etwas hätte ich schon gar nicht tun dürfen. Mein Verhalten war im Moment ohnehin alles andere als angemessen. Außerdem würde es für ihn viel schlimmer sein, wenn ich einfach nichts weiter dazu sagte, und die Unterhaltung an dieser Stelle einfach beendete.

„Dann werde ich jetzt gehen und alles für das Eintreffen von Lady Elizabeth vorbereiten. Wünscht ihr noch etwas oder darf ich mich dann empfehlen?“

Ciel drehte sich nicht zu mir um, dennoch bemerkte ich sein stetig wachsendes Unwohlsein… Er ballte die Hände zu Fäusten und begann, heftig zu zittern. Plötzlich überfluteten seine Gedanken und Gefühle den Raum, Wut, Trauer, Einsamkeit, Verlangen…

Doch an erster Stelle war seine Angst zu spüren, sie war zum Greifen nah, verfestigte sich wie Materie im Raum und schloss uns in ein immer enger werdendes Netz, aus dem es kein Entrinnen gab. Auch ich bekam Angst,

Was unrein, vernichte! WAS UNGEWOLLT, VERNICHTE!!

ich konnte die Stimmen hören, die nach mir, nein, die nach ihm riefen und mich, nein ihn nach oben ziehen…

Oben? Nach oben…

Ich musste hier raus, sonst verlor ich den Verstand! Ohne zu zögern lief ich zur Tür hinaus und schloss sie hinter mir.

Nun verstand ich endlich, was hier vor sich ging, und was mein junger Herr die ganze Zeit über durchmachen musste… Ich hätte es keine Minute länger in diesem Raum ausgehalten, zumindest nicht in meinem derzeitigen Zustand. Er war ohne Zweifel wirklich stark.

Doch viel wichtiger war, dass ich jetzt wusste, warum er sich so verhalten hatte. Es war ein Gesandter Gottes, der versuchte, Ciel um den Verstand zu bringen, um ihn für sich zu bekommen, und das selbst nachdem ich Angela und Ash getötet hatte. Das schlimmste an der Sache war jedoch, dass ich auch noch dabei geholfen hatte, ihn so weit in Ciels Geist vordringen zu lassen, in dem ich ihn mit meinem unreifen Verhalten belastet hatte und uns beide somit noch weiter voneinander entfernt hatte, als wir uns ohnehin schon standen. Wir waren unsere gegenseitige Schwäche geworden.

Erst jetzt wurde mir wirklich bewusst, was ich da eigentlich getan hatte…Ich hatte ihn mit diesem Etwas, welches von ihm Besitz ergreifen wollte, alleine im Raum gelassen, und das nur, weil ich zu schwach war, es zu ertragen. Und ich hatte ihn dazu ermutigt, sich das Leben zu nehmen, was weitaus schlimmer war…

Manchmal würde ich mich gerne für mein Verhalten bestrafen. Wie konnte ich den einzigen Menschen, den ich liebte nur so schlecht behandeln?

Den ich liebte?

Nein, ich leugne es nicht mehr. Ich liebte meinen Herrn, aber ich würde es ihm niemals sagen!

Sofort lief ich zurück in den Raum, in dem mein Herr immer noch an Ort und Stelle stand, nur sein Zittern war stärker geworden, und er winselte, fast wie ein Hund, den man auf die schlimmste Weise folterte und misshandelte. Alle seine Gefühle waren in dem Raum nach wie vor zu spüren und es war unerträglich…

„Se…Sebastian…“, es machte mir Angst, seine Stimme so zu hören. Von dem sonst so sicheren Tonfall war kaum mehr als ein Hauchen übrig, und es klang, als bekäme er keine Luft beim Sprechen.

„Sebastian…mach, dass es aufhört! Töte mich…bitte…! Ich halte das nicht aus…“

Seine Angst war immer noch so deutlich zu spüren, als wäre es meine eigene, doch ich wollte ihn von diesen Qualen erlösen, und das trieb mich weiter. So schnell es mein geschundener, ausgelaugter Körper zuließ ging ich auf ihn zu, kniete mich zu ihm und schloss die Arme um seinen Rücken. Der Moment in dem ich ihn berührte, war purer Horror. In diesem Moment überflutete mich alles, meine Gefühle, die ich für ihn hatte, seine Ängste, seine Wut, alles pochte in meinem Kopf zum stetigen Klang der Stimmen…

Was unrein, vernichte, was ungewollt, vernichte! Ciel Phantomhive, du verdienst es nicht zu Leben! Woher nimmst du das Recht, deine Existenz aufrecht zu erhalten?!

Ja… woher nahm ich das Recht zu leben? Mein Existenz war unrecht, ich musste vernichtet….Nein! Mit letzter Kraft öffnete ich den Mund und flüsterte, denn zu mehr war ich nicht mehr fähig.

„Ciel…Ciel Ihr seid nicht unrein! Ihr habt das Recht zu leben, so wie alles andere auch! Verschließt euren Geist vor dieser Kreatur.“ Das war wohl das erste Mal, dass ich ihn wirklich mit seinem Vornamen ansprach, und es schien Wirkung zu zeigen. Sein Zittern und Wimmern ließen nach und es schien, als hätte er langsam seine Fassung wiedererlangt.

„Ciel, verzeiht mir mein Verhalten. Ich wusste nicht, was mit Euch los war… Verschließt euren Geist und lasst ihn verschlossen. Lasst nicht zu diese widerwärtige Gestalt Gottes Euch beeinflusst.“

Es dauerte einige Zeit, bis er sich vollkommen beruhigt hatte. Als er sein Zittern weit genug unter Kontrolle hatte legte auch er seine Arme um meinen Rücken und zog mich fest an sich, und auch ich verstärkte meinen Griff noch. Ein Schauder überlief mich, als ich bemerkte, wie er sanft mit den Fingern über meinen Rücken fuhr. Ich hatte noch nie so heftig auf die Berührung eines anderen reagiert, wobei ich zugeben musste, dass ich schon lange keine wirkliche Nähe mehr gespürt hatte.

Einen Moment lang standen wir einfach nur so da, ich hatte es gewagt, meinen Kopf auf seiner Schulter zu betten, während er vorsichtig seine Wange an meine Brust schmiegte.

Plötzlich schien er zu bemerken, was wir da taten und er stieß mich mit einem Mal von sich weg und sah mich mit geschocktem Blick an. Auch mir wurde klar, was ich da gewagt hatte und so sah ich beschämt zu Boden. Ich war nur sein Diener, wie konnte ich denken, dass er so etwas jemals in normalem Zustand zulassen würde? Wirklich, ich sollte mir aufhören, Hoffnung zu machen.

Nach einigen Sekunden hatte Ciel seinen Schock überwunden, die Schamröte war jedoch noch genau in seinem Gesicht zu erkennen, und das brachte mich zum Grinsen.

Anscheinend versuchte er, einfach nicht mehr über diesen Vorfall zu sprechen, sondern wechselte Schlagartig wieder zurück zum Ursprünglichen Thema.

„Sie sind zurück, nicht wahr? Sie versuchen immer noch, mich zu töten…“

„Ja, das sind sie. Nur diesmal hat Gott selbst weitaus mächtigere Engel geschickt…“

So gerne ich ihn auch beruhigt hätte, so gerne ich auch gelogen hätte, es war nun mal eine Tatsache. Ich konnte nicht leugnen, dass ich selber bangte, besonders in meinem momentanen Zustand, doch das musste er nicht wissen. Es würde ihn mehr in Sicherheit wiegen, wenn er dachte, dass ich ihn auch weiterhin noch so beschützen konnte, wie früher, und das war auch gut so. Meinen Hunger musste ich bis zu einem anderen Zeitpunkt verbergen.

Schließlich war ich immer noch ein höllisch guter Butler.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Vanilla_Coffee
2011-12-31T12:33:38+00:00 31.12.2011 13:33
Hui na jetzt scheints ja richtig loszugehen was ^.^
Bin schon ganz tolle gespannt wie das alles weitergeht *.*
Ich mag deine FF sehr auch wenns Shonen-Ai is aber egal^^

LG
Amalia
Von: abgemeldet
2011-08-19T11:36:22+00:00 19.08.2011 13:36
aaawww ganz tolle FF^^
ich musste heulen XD dein schreibstil ist super
hoffe es geht bald weiter *-*
Von: abgemeldet
2011-08-17T22:54:47+00:00 18.08.2011 00:54
Du hast eine Art zu schreiben, die einen echt nicht mehr aufhören lässt zu lesen.
Also so gehts mir zumindest :)
Das Kapitel ist dir wirklich gut gelungen :)
Ich bin der Meinung, dass du das Ende der Kapitel immer so offen lässt, dass es einen einfach fesselt und dazu bringt immer weiter zu lesen.
Es ist unglaublich spannend und jeder will wissen, ob da mal mehr zwischen Seba und Ciel passiert :)
<3 Ich freu mich auf weitere Kapitel :*
Von:  KISHIRA_22
2011-08-17T09:43:54+00:00 17.08.2011 11:43
seba im chaos seiner eigenen gefühle...*lach*
aber ednlich kommen sich die beiden näher <3
und dann wird es auch noh spannend wegen dem engel...ein sehr gelungenes kapi <3
schreib shnell weiter^^


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