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Der glücklose Zauberer

von

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Es war einmal ein großes, schönes Land. Dessen Felder blühten und warfen reichlich Ernte ab und alle Menschen waren glücklich. Der Herrscher des Landes war ein guter König und regierte seine Untertanen mit mehr Nachsicht denn Grausamkeit.

Einen Großteil des Reichtums seines Reiches aber verdankte der König einem Zauberer, der ihm diente. Der Magier war ein junger Mann, der kurz davor war, die Dreißig zu erreichen, doch er war unheimlich begabt für sein Alter. Jetzt schon konnte er mit den großen Zauberern der Nachbarländer mithalten und übertraf sie auch im nächsten Moment schon. Auch war er von stattlicher Gestalt, sein Gesicht war makellos mit schönen grünen Augen und von sanft gewelltem, dunklem Haar umrahmt. Er war groß gewachsen und weder hager noch füllig. Seine Haut war von der Sonne leicht gebräunt und gab ihm ein gesundes, fröhliches Aussehen. Und er war durchaus stolz auf seine Kraft und nicht minder eingebildet, als ein Einhorn, dass sich im Wasser sah.

Doch der Magier war nie glücklich darüber. Er war nicht glücklich über seine Kraft und nicht glücklich darüber, dass er von allen geliebt wurde. Er war immer ruhelos und wusste nicht, was ihm denn noch fehlen könnte. Dennoch blühte das Land unter seiner Magie weiter auf und wurde bald eines der reichsten Reiche, die es gab.

Die Könige der angrenzenden Länder aber waren nicht besonders froh über den Wohlstand des Stückchens Erde in ihrer Mitte. Neid wuchs in ihnen, da ihr Boden nicht so viel Ernste brachte und ihre Wiesen nicht so schön blühten. Auch ihr Vieh war nicht so fett und ihre Kinder nicht so klug. So ersannen sie einen Plan. Alle trafen sich und riefen ihre Zauberer dazu. Diese sollten nun den Magier des Nachbarlandes ausschalten, da er das Reich ebenso vor allen Angriffen bewahrte, wie auch vor Unglück und Krankheit. Dann wollten die Könige in es einfallen und sich seines Reichtums bemächtigen.

Also setzten sich alle Zauberer zusammen und erdachten sich einen Plan. Da der Magier des Nachbarlandes zu mächtig war, konnten sie ihn nicht einfach töten. Doch einer unter ihnen schlug einen Fluch vor, der ihn machtlos werden lassen würde. So stimmten sie dafür und machten sich auf den Weg, ihren Plan in die Tat umzusetzen.

So schlichen sie sich eines Nachts in die Gemächer des Magiers, der auf Grund seiner Macht keine Angst hatte und unvorsichtig geworden war. Die Zauberer beugten sich über ihn und der älteste und mächtigste unter ihnen legte einen Fluch auf den jungen Mann.
 

"Glücklos warst du immerzu

Und wirst es immer sein,

Sowie kein Glück jetzt in dir ist,

Ist keine Macht mehr dein,

Nur zu finden wahres Glück,

Bringt sie zurück allein."
 

In diesem Moment, als der Fluch zu Ende gesprochen, verließ den Magier all seine Kraft. Die Worte hallten in seinen Ohren und setzten sich dort fest, er würde sie nie vergessen. Doch ebenso wenig wachte er von ihnen auf. Also zogen sich die Magier zurück, um ihren Königen die frohe Botschaft zu überbringen.

Erst am nächsten Morgen bemerkte der Magier, was geschehen war und war geschockt. Er fühlte sich plötzlich hilflos und klein, nicht mehr so stattlich und schön, wie er immer gewesen war. Nicht den einfachsten Zauber konnte er mehr wirken und unglücklicher als sonst ging er zu seinem König, ihm die traurige Geschichte zu erzählen.

Der Herrscher war erst ebenso bestürzt, wie der Magier selbst, doch fasste sich dann und meinte zu ihm, seine Kräfte würden schon eines Tages zu ihm zurückkehren. Er wusste nichts von dem Fluch, denn der Zauberer konnte nicht von ihm erzählen. Weiterhin versicherte ihm der König, er könne solange bei ihm bleiben, dafür dass er ihm all die Jahre so gute Dienste erwiesen hatte. Doch der Magier schüttelte das gesenkte Haupt: "Ich kann hier nicht bleiben, nie wieder kann ich euch und eurem Volk in die Augen sehen bis ich meine Kräfte zurück habe. Ich habe euch enttäuscht. "

Mit diesen Worten verließ der Magier den König und ritt noch am selben Morgen mit seinem Pferd mutlos aus der Stadt. Denn er wusste nicht, was Glück war und wie er es finden sollte.

Ein paar Wochen vergingen und der Magier war mit seiner Suche nicht weiter als zuvor. Lange schon hatte er nun die Grenzen seines Landes hinter sich gelassen und ritt immer weiter. Auf seinem Weg fragte er viele Leute nach dem wahren Glück, doch alle sagten ihm etwas anderes. Einige sprachen vom Gold als wahres Glück, doch das hatte der Magier und seine Kräfte kamen nicht wieder. Andere sprachen von einer warmen Mahlzeit am Tag als das wahre Glück. Doch auch diese brachte dem Magier seine Kräfte nicht zurück. Auch teure Kleider und Edelsteine konnten ihm nicht helfen und so verließ ihn auch langsam das Gold und letztendlich auch die wertvollen Besitztümer, bis er am Ende nicht mal mehr eine warme Mahlzeit hatte.

So zog er arm mit seinem Pferd weiter und wusste, weder wohin er sich wenden sollte, noch, nach was er eigentlich suchte. Eines Tages kam es nun so, dass er vom Hunger geplagt weit ab von den üblichen Wegen an ein flaches Haus kam. Ein kleines Feld umschloss es und auf dem Hof liefen ein paar Hühner umher. Er stieg ab, um nach etwas zu essen zu fragen und klopfte an der Tür. Ihm wurde von einer Frau, fast noch einem Mädchen, geöffnet, die ihn scheu ansah und im Schatten halb verborgen blieb.

"Ich bin nur ein hungriger Fremder, der dieses Weges kreuzte.", sprach der Magier ruhig. Und wahrhaftig sah er ausgezehrt und verwahrlost aus, staubig von dem langen ritt, das Haar zerzaust vom Wind. Nur seine Augen waren jetzt noch diejenigen des Mannes, der er einst gewesen war. Auch sein Pferd war nicht mehr das prächtige Ross, das der König ihm vor langer Zeit gab.

Die Frau, noch immer halb versteckt, öffnete die Tür ein Stück weiter und sah ihm lange ins Gesicht. Dann sprach sie leise: "Für einen Fremden, die es hier wahrhaftig selten gibt, habe ich sicher noch einen Platz am Feuer frei. Stellt nur euer Pferd auf das Feld, es soll sich satt fressen und ich werde sehen, was ich euch dann anbieten kann." So tat es der Magier.

Als er schließlich das Haus betrat erkannte er, warum die Frau sich ihm nicht im Sonnenlicht zeigen wollte. Ihre rechte Gesichtshälfte war von einer fürchterlichen Brandwunde entstellt, ihr Auge blind und auch ihren Arm hielt sie verbunden und benutzte ihn kaum. Der Magier fragte sich, was geschehen sein, doch traute sich nicht, sie darauf anzusprechen. Wahrscheinlich war sie genauso unglücklich wie er, einsam und verlassen, wie sie hier lebte. Die Frau gab ihm schließlich eine Schüssel voller Suppe und er aß schweigend in Dankbarkeit und sah sie nicht an, da er meinte, das könnte sie stören.

Nach dem Essen sprach die Frau: "Du musst keine Angst vor mir haben, nur weil mein Gesicht entstellt ist."

"Ich habe keine Angst vor dir.", meinte der Zauberer mit seiner einst schönen Stimme, jetzt nur noch rau gewordene Töne.

"Dann sieh mich an. Es gibt kaum Menschen, die das tun, da sie Angst haben, einer Hexe in die Augen zu sehen."

Der Magier hob den Blick und sah der Frau in die Augen. Er hatte keine Angst vor Hexen, ebenso wenig wie er vor ihr Angst hatte. Doch er sah etwas in ihren Augen, dass er nicht geglaubt hätte zu sehen. Er sah das Glück. Die Frau vor ihm, so entstellt sie auch sein mochte, war glücklich. Sie kannte wahrscheinlich mehr das Glück, als jeder sonst, den er auf seiner Reise danach gefragt hatte. Also stellte er auch ihr die Frage, wo er sein wahres Glück finden konnte. Doch die Frau schüttelte den Kopf: "Dein wahres Glück kannst nur du selber finden, niemand wird dir einem Weg sagen können. Aber du kannst ein paar Tage hier verweilen und Teil haben an meinem kleinen Glück, das ich hier habe, denn du bist der erste, der mir seit langen in die Augen sah, um mich richtig zu sehen. Denn mein Körper ist nur einen verderbte Hülle."

Der Magier musste daran denken, wie er ihr mit all seiner Kraft hätte helfen können und sein Herz wurde ihm noch schwerer. Doch er blieb bei ihr und aus ein paar Tagen wurden langsam Wochen. Sie zeigte ihm, wie sie das Feld bestellte und sich um ihre Hühner kümmerte, wie sie Wasser aus dem Fluss holte und in ihm Fische fing. Denn diese Dinge waren dem Magier sein Leben lang fremd gewesen, er machte sie zum ersten Mal. Und so lernte er die Schönheit des Landes um ihn herum kennen, frei von aller Magie und weit entfernt von Menschen, die nach ihr lechzten. Er half der Frau so gut er konnte und vielleicht färbte ein Stück von ihrem Glück auf den Magier ab. Zumindest fühlte er sich von Tag zu Tag besser und es wurde ihm wohler ums Herz.

Nach ein paar Monaten, als das Feld nun gelb wurde und die Winde eisiger, saß der Magier mit der Frau vor dem Feuer und aß die selbstgemachte Suppe. Da in diesem Augenblick spürte er das erste Mal, wie seine Kräfte zu ihm zurückkehrten. Er hatte sie schon fast vergessen und wunderte sich nun über die Magie, die er früher so selbstverständlich gebraucht hatte. Doch sagte er der Frau nichts und lebte weiter mit ihr und ging ihr zur Hand. Und so, wie er sein Glück hier fand, kam auch seine Schönheit und Freude zurück. Und als er seine Kräfte vollständig zurück hatte und der Fluch gebrochen war, konnte er auch der Frau davon erzählen. Sie sah ihn mit funkelnden Augen an und der Magier schrak fast zurück, als er spürte, dass nicht nur er von einem Fluch besessen war und er ihr dadurch nicht das Gesicht heilen konnte. Doch genauso wie er, konnte auch die Frau nicht von ihrer Bürde erzählen. Und nun begann ihr Glück etwas zu schwinden. Denn sie wusste, dass er nun bald wieder in sein Land zurückkehren würde und sie wieder allein bleiben musste.

Zwei Tage später entschied der Magier wirklich, zu gehen. Er hatte seinem König gesagt, dass er seinen Kräfte wiederfinden und dann zurückkehren würde. So sattelte er das inzwischen wieder kräftige Pferd und machte sich bereit. Die Frau aber wurde darüber immer trauriger und blickte ihm nicht mehr in die Augen. Zu gern wäre sie mit ihm gegangen, doch sie wusste, dass sie sich unter Menschen nicht hätte zeigen können.

Am nächsten Morgen ritt der Zauberer von dannen. Auch ihm wurde das Herz schwer, als er das kleinen Haus, wo er sein Glück gefunden hatte, zurücklies. Doch trieb er sein Pferd zur Eile, denn er war schon sehr lange fort aus seinem Lande gewesen. Also ritt er viele Tage hindurch mit nur kurzen Pausen, mehr für das Pferd, als für sich selber und seine Magie gab ihm Rückenwind.

Schließlich erreichte er die Grenzen seines Landes und war geschockt, in welchem Zustand es sich befand. Die Könige der Nachbarländer waren in es eingefallen und hatten die Dörfer ausgeraubt und niedergebrannt. Das Land war verrottet und auf keinem Feld blühte es. So beeilte sich der Magier, das Schloss zu erreichen, dessen Zustand nicht wesentlich besser war. Und wie groß war die Freude des Königs, als er seinen Zauberer sah, wohlbehalten und gesund. Und der Zauberer versicherte ihm, das Land zu retten.

Also vertrieb er die bösen Scharen aus dem Reich und ließ das Land wieder erblühen. Bloß war es damit nicht getan, das wusste er. So rief er alle Könige und Zauberer der anderen Reiche zusammen und sprach: "Großes Leid ist geschehen meinetwegen. Aus Eifersucht und Neid auf meine Kräfte hab ihr das Land verwüstet und die Dörfer niedergebrannt. Doch das soll nicht mehr geschehen. Wenn meine Kräfte dies heraufbeschwören und euren Neid aufkommen lassen, so gebe ich sie gerne ein zweites Mal her. Denn ich habe das wahre Glück gefunden, das keine Macht der Welt je wird aufwiegen können."

Der Magier stellte sich dann vor alle anderen und breitete die Arme aus. Mit einem letzten Zauber verließ ihn seine Macht und breitete sich über das Reich und die Nachbarländer aus, so dass niemand mehr Grund zu Neid hatte und die Länder viele Jahre später noch reichlich blühten.

Doch der Zauberer blieb nicht, um all das zu sehen. Er kehrte dem Schloss den Rücken zu und der König sah ihn nie wieder. Er ritt zurück zu der Frau, die ihm das Glück gezeigt hatte. Und ihre Freude war unvorstellbar groß, als sie den Magier ein zweites Mal vor ihrer Tür stehen sah. Somit bewies er ihr seine Liebe und brach ihren Fluch. Ihre Narben verschwanden aus ihrem Gesicht und auch das blinde Auge konnte wieder sehen. So lebten sie zusammen glücklich in dem kleinen Haus mit Feld und Hühnern bis an ihr Lebensende. Sie hatten beide ihr wahres Glück gefunden und der Magier verspürte nie wieder den Wunsch, zu zaubern.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  yamina-chan
2011-08-08T23:44:23+00:00 09.08.2011 01:44
Was denn, was denn...kein Feedback bisher?
Dabei ist das hier wirklich ein schönes Märchen. Es bleibt den klassischen kriterien treu und hat eine schöne Handlung =)
Mir hat es wirklich gut gefallen ^^
Allerdings sind mir auch zwei Tipfehler unter die Augen gekommen:

Auch teure Kleider und Edelsteine konnten ihm nicht helfen und so verließ ich auch langsam das Gold

Eines Tages kam es nun so, dass er vom Hunger geplagt weit am von den üblichen Wegen

Ansonnsten wirklich ein schönes Werk =)


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