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Das Leben danach

Worst-Case-Szenario
von

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Arbeitsloser Mafioso, II.

Squalo wusste nichts mit sich anzufangen.

Er hatte eine Innenarchitektin angeheuert, die ihm innerhalb kürzester Zeit und für einen Haufen Zaster das Haus wieder eingerichtet hatte.

Dann hatte er auf seinem neuen Bett die Innenarchitektin flachgelegt.

Er hatte seine Varia-Uniform ganz hinten in den Schrank gehängt und sich ein paar neue Klamotten besorgt.

Er hatte die Küche mit Lebensmitteln gefüllt, nur, um dann auswärts essen zu gehen.

Er hatte auf seinem gigantischen Fernseher ein paar Kanäle durchprobiert, hatte dann eine halbe Stunde lang Ren & Stimpy geschaut, und hatte bei der folgenden SpongeBob-Folge erfolgreich der Versuchung widerstanden, das teure neue Ding einfach wieder aus dem Fenster zu werfen.

Er hatte in der Scheune vorbeigeguckt und eine Weile lang im Heu herumgelegen. Dabei hatte er versucht, sich zu überlegen, ob er wieder Pferde anschaffen sollte oder nicht.

Irgendwann hatte er gefunden, dass er jetzt gehörig stank und war deshalb duschen gegangen. Schlauer wegen der Pferde war er immer noch nicht.

Und jetzt saß er am Teich im gigantischen Garten des Anwesens und warf Steine ins Wasser, was die Enten ziemlich nervte.

Er wusste verdammt nochmal nichts mit sich anzufangen.

Was zur Hölle trieben andere arbeitslose Menschen bloß?

Manchmal hatte er sich Urlaub von der Arbeit gewünscht – im Nachhinein bereute Squalo, dass er sich nie wirklich welchen genommen hatte. Dann hätte er vielleicht üben können und wüsste jetzt, was er alles anstellen könnte.

Es gab einfach nichts, was ihn reizte. Sein Schwertmeister-Gewissen sagte ihm, dass er bei Langeweile gefälligst einfach trainieren sollte, aber Squalo wusste gar nicht, wofür er trainieren sollte, wenn die Varia jetzt nicht mehr zu seinem Leben gehörte.

Natürlich war Squalo gut und erfahren genug, um einfach so in die Mafia einzusteigen. Auftragskiller wurden immer gebraucht, und er war verdammt fähig, das wusste ganz Europa.

Aber er war ein loyaler Bastard. Er arbeitete für die Varia, und nur für die Varia. Ohne seine Varia gab es auch keinen Superbia Squalo, Schwertkaiser.

Deprimierend.

In Squalos Hosentasche vibrierte sein Handy, und obwohl er keine Lust hatte, zog er es heraus und schielte aufs Display.

Pferdefresse ruft an.

War schon das vierte Mal heute, dass Dino versuchte, ihn zu erreichen.

Squalo legte das Handy ins Gras und ließ es weitervibrieren. Nicht, dass Dino irgendwann auf der Matte stand und ihn fragte, wieso er ihn dauernd wegdrückte. So konnte er einfach behaupten, er habe zu tun gehabt, oder das Klingeln nicht gehört, oder sein Handy zerstört.

Wieso er sein Handy überhaupt an hatte, wusste er gar nicht. Sein Unterbewusstsein hoffte auf einen Anruf von Xanxus, aber Squalo war eigentlich klar, dass der nie mehr kommen würde. Xanxus war sowieso nicht so der Typ fürs Telefonieren.

Squalo schleuderte einen weiteren Stein, der eine Ente am Kopf traf. Das Tier kippte einfach seitlich um, ging für einen Moment im Teichwasser unter und kam dann schnatternd und strampelnd wieder an die Oberfläche. Sie schenkte Squalo ein äußerst wütendes Fauchen, der sie nur emotionslos betrachtete und einen weiteren Stein warf. Der wiederum landete neben der Ente im Wasser, aber das beruhigte sie auch nicht. Mit weiteren aggressiven Lauten kam sie auf ihn zugeflattert, Squalo erinnerte sich daran, dass die Biester verdammt scharfe Zähne hatten, streckte ein Bein aus und trat sie einfach weg.

War ja keine Absicht gewesen, das mit dem Stein. Sollte sich das Vieh mal nicht so aufregen.

Sein Handy vibrierte.

Squalo seufzte. Während die benommene Ente sich wieder aufrappelte, stand auch er auf, ergriff das Scheißtelefon vom Boden und schob es zurück in seine Hosentasche. Er wandte sich vom Teich ab und betrachtete ratlos die Villa.

Was zur Hölle sollte er jetzt machen?

Squalo ging zurück ins Haus, streifte durch ein paar sinnlose Zimmer, die jetzt wenigstens hübsch eingerichtet waren, und überlegte, ob er sich vielleicht wieder einen Flügel zulegen sollte. Ähnlich wie bei der Sache mit den Pferden kam er zu keinem Schluss, weil er zu faul war, weiter darüber nachzudenken. Er stellte sich in die Eingangshalle und brüllte einmal durchs ganze Haus, nur so, um mal zu hören, wie das klang. Er ging in die Küche, schmierte sich einen Toast mit einer dicken Schicht Nutella und ließ sich fast zwanzig Minuten Zeit, ihn zu essen. Als es dunkel wurde, setzte er sich aufs Dach und musste dort feststellen, dass die Ziegel buchstäblich arschkalt waren. Also ging er wieder runter und stand zum hundertsten Mal in seinem Schlafzimmer, ohne zu wissen, was er machen sollte.

Er war nicht müde, weil er ja den ganzen Tag über nichts getan hatte, was ihn hätte müde machen können. Schlafen fiel also flach. Und sonst…?

Sein Handy vibrierte.

Squalo verdrehte die Augen. Er zog es aus der Hosentasche und starrte aufs Display. Vielleicht hatte er ja gehofft, Narbengesicht riefe an. Fehlanzeige.

Pferdefresse ruft an.

Pferdefresse war ein ganz schön aufdringlicher Bastard.

Leise atmete Squalo durch, dann trat er ans Fenster, hob das Handy ans Ohr und drückte auf den Knopf mit dem grünen Hörer. Er sagte nichts.

»Squalo?«

Am Telefon klang Dino immer noch wie ein Teenager. Squalo überlegte, ob er ihm das sagen sollte, entschied sich dann jedoch dafür, ihn lieber mit einem herzhaften »VOOOOOOOOI!« zu begrüßen.

Dino schien davon nicht besonders begeistert.

»Verdammt, Squalo! Ich versuche schon den ganzen Tag, dich anzurufen! Was zur Hölle treibst du?«

Squalo sah aus dem Fenster und beobachtete, wie die Ente durch den Teich schwamm. »Nichts«, antwortete er wahrheitsgemäß.

Am anderen Ende hörte er Dino schnauben. »Wo bist du? Ich hab mir Sorgen gemacht!«

»Wieso? Ich bin … zu Hause. Schon die ganze Zeit. VOOOI! Wieso zum Teufel machst du dir Sorgen?«

»Na, weil ich davon gehört hab«, sagte Dino, und Squalo war froh, dass er immer noch ziemlich angepisst klang, weil sein mitleidiger Unterton ihn sonst sehr aufgeregt hätte. »Und ich dich schon die ganze Zeit nicht erreichen konnte. Ich hab hier schon sonst was befürchtet.«

Die Ente kletterte an Land und setzte sich hin. Squalo zog die Brauen hoch. »Zum Beispiel?«

Für einen kurzen Moment war es still in der Leitung, dann hörte er Rascheln und Dino räusperte sich. »Na ja«, sagte er und verstummte wieder.

»VOOOI! Bist du immer noch der Meinung, ich sei suizidgefährdet, Volltrottel?«

»Du warst derjenige, der mir gesagt hat, ich hätte ihn nicht aus dem Haimagen holen sollen.«

»Das hatte was mit Stolz zu tun und nicht mit Depressionen. Aber sowas verstehst du natürlich nicht.«

»Squalo…«

»Vooooi! Nur, weil der alte Sack meint, auf dicke Hose machen zu müssen, bevor er abdankt, werf ich mich doch von keiner Klippe!«

»Schon gut.« Squalo glaubte, ein leichtes Lächeln in Dinos Stimme zu hören. Er wusste nicht, ob ihn das jetzt beruhigen oder noch mehr aufregen sollte. »Ich wollte einfach nur hören, wie es dir jetzt geht. Und… Na ja, und was du jetzt machst.«

»Nichts«, wiederholte Squalo stumpf.

»Wie, nichts? … Gar nichts?«

»Vooi! Was soll ich denn schon machen?«

»Weiß nicht«, sagte Dino und klang überrascht. »Du bist doch sonst immer voller Tatendrang. Keine Ideen für die neue Zukunft?«

»Ich könnte dir den Kopf abreißen«, schlug Squalo vor.

Dino gluckste. »Okay, okay«, sagte er. »Ich sehe, es könnte dir schlechter gehen. Also, du bist im alten Haus deiner Eltern?«

»Ja.«

»Macht es dir was aus, wenn ich die Tage vorbeikomm?«

Misstrauisch beobachtete Squalo, wie die Ente ihren Kopf unter ihrem Flügel versenkte und einschlief. »Um was zu tun?«

»Nichts Bestimmtes«, sagte Dino. »Einfach nur mal wieder vorbeisehen. Mich interessiert, wie die alte Villa mittlerweile aussieht.«

»VOOOI!« Der Kerl regte ihn auf. »Rück raus mit der Sprache, Cavallone!«

Er hörte Dino leise seufzen. »Squalo, ich weiß, du siehst das anders als ich, aber für mich sind wir Freunde. Ich will dich einfach mal wieder sehen und mich davon überzeugen, dass du in Ordnung bist. Gönnst du mir das?«

Einige Sekunden lang starrte Squalo nur naserümpfend die Fensterscheibe an. Dann wandte er sich ab, trat gegen sein neues Bett, stellte fest, dass es zufriedenstellend solide war und zuckte die Achseln. »Von mir aus«, brummte er. »Komm irgendwann. Wahrscheinlich bin ich da.«

»Danke«, sagte Dino geduldig.

Und ohne noch irgendetwas zu sagen, legte Squalo auf. Er warf sein Handy aufs Bett und stampfte aus dem Zimmer.

Und das war der Tag, an dem er begann, wahllos die Möbel im zweiten Wohnzimmer zu attackieren.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  dumm
2011-05-24T20:52:13+00:00 24.05.2011 22:52
Ganz großes Kino.

<3 <3 <3 <3

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