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Ohne Dich

One-Shot
von

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Disclaimer: Der Song "Ohne dich" gehört nicht mir, sonder Toykopop. Genauso wenig gehören mir die Charaktere, ich verdiene auch kein Geld hiermit ^^
 

Es war so gegen 22 Uhr als ich langsam und triefend vor Regen die Stufen hochschlich. Eigentlich hatte ich warten wollen, bis es nicht mehr regnete, damit ich den Aufbruch etwas verschieben konnte. Doch als es fünf Stunden später immer noch geregnet hatte, hatte ich mich überwunden und war losgegangen.

Wiedermal stand ich vor dieser Tür. Das Licht hatte ich nicht angeschaltet, das Treppenhaus kannte ich ja schon lange. Außerdem hatte es den netten Nebeneffekt, dass mich keiner entdecken würde, falls ich mal wieder einen Rückzieher machen sollte.
 

Ich hatte mir alles genauestens überlegt: Ich würde klingeln, Taichi würde die Türe öffnen. Ich würde sagen, dass meine Bandkollegen mich mal wieder sitzen gelassen hätten und ich etwas Gesellschaft bräuchte. Er würde mich hereinlassen, aufs Wohnzimmer zusteuern, ich würde mich auf der Couch niederlassen, während der braunhaarige Wuschelkopf weiter in die Küche gehen und von dort Chips und Cola holen würde. Wenn er dann zurück wäre, würden wir uns noch eine Weile über seine Spiele und meine Songs unterhalten, bis ich mich dann aufrappeln und die Konsole raus kramen würde.

Nach ein paar Stunden würden wir, das Chaos im Wohnzimmer ignorierend, in Taichis Zimmer gehen. Der Braunhaarige würde sich daran machen das Gästebett aufzustellen. Wenn er mit dem Rücken zu mir stände, würde es mir vielleicht leichter fallen, es zu sagen.

Es hatte mich einiges an Zeit gekostet, meine Gedanken genauso zu ordnen, es trocken „runterzuleiern“ und nicht abzuschweifen. Beim letzten Satz gelang mir das allerdings nicht, da wanderte mein Blick gedanklich etwas tiefer seinen Rücken hinab.

Taichis Reaktion konnte, und wollte ich mir nicht vorstellen. Vielleicht würde er es akzeptieren und es konnte einigermaßen so bleiben wie es war; vielleicht würde er aber auch ausrasten und ich hätte damit alles kaputt gemacht. Würde, würde, würde… Ich war kein besonders guter Lügner, wahrscheinlich würde (schon wieder...) es schon daran scheitern, dass ich meine Bandmitglieder erwähnte.
 

„Es hat doch eh keinen Sinn“, flüsterte ich und ging. Dass Tai mich schon länger beobachtete, hatte ich nicht bemerkt und auch als er mit einer sorgenvollen Miene durch die leicht geöffnete Wohnungstüre spähte, war ich geistig wieder weit weg.

Zuhause angekommen ließ ich mich ins Bett fallen. Dass ich durch die nasse Kleidung eine Erkältung bekommen könnte war mir egal. Warum machte ich so ein Theater daraus, bei meinem besten Freund zu klingeln? Ich musste es ihm doch nicht zwingend sagen, nur weil ich gerade da war… nur deswegen…

Ich seufzte. Wenigstens für heute hatte ich eine Ausrede, warum ich nicht geklingelt hatte. Ich war morgen mit Tai verabredet, so wie jedes 2. Wochenende, seitdem wir beide nicht mehr so viel Zeit hatten. Und da wär es verdächtig gewesen, wenn ich einen Tag zuvor zu ihm kam, klatschnass, und nach Gesellschaft fragte.

Ich versuchte einzuschlafen, was in den nassen Klamotten nicht einfach war, also zog ich mich nach einiger Zeit widerwillig um. Ich hatte mal wieder keine Lust zu irgendetwas. In trockenen Boxershorts und frischen Bettbezügen war das Einschlafen schon viel einfacher, auch wenn ich noch mit meinen Gedanken kämpfte.

Ungefähr zwei Minuten später, zu mindestens fühlte es sich so an, klingelte auch schon der Wecker
 


 

Warum hatte ich mich darauf eingelassen? Wenn es ums Essen ging, war Tai doch eh nie zu schlagen! Und schon gar nicht dann, wenn es darum geht eine lausige Menge von fünf Steaks innerhalb weniger Minuten zu verschlingen.

Naja, jetzt war ich hier. Auf dem See. Auf Kufen. Ohne den Hauch eines Könnens, auf dem Eis zu stehen, geschweige denn zu laufen. Und Taichi wusste das. Er macht das bestimmt nur, damit er sich mal wieder über mich beömmeln kann – diese Phase hatte er seit einiger Zeit immer mal wieder. Er selber konnte natürlich Schlittschuhlaufen, zwar nicht wie ein Profi mit eingesprungener Schraube und so einem Unsinn – mal ganz ehrlich, das würde bestimmt ziemlich bescheuert aussehen – aber er lief halt recht sicher auf dem Eis.

Ich allerdings schien ziemlich albern auszusehen, die ganze Zeit schwankend, von Tai gehalten, der sich kaum noch beherrschen konnte und fast in einem für mich verdammt deprimierenden Lachanfall ausbrach.

Nach ein paar Stunden konnte ich wenigstens stehen. Ein wenig laufen ebenfalls. Aber bremsen war nicht drin. Nichtmals mit der ordentlichen Geschwindigkeit einer Schildkröte. Langsam aber sicher hatte ich wirklich keine Lust mehr. Mir taten die Füße weh, mal ganz abgesehen von meinem Hinterteil. Mir war kalt und überhaupt war gerade einfach alles beschissen. Nachdem ich den Dreh raushatte, wie das mit dem Stehen funktioniert, ließ mich Tai ab und zu alleine um selbst ein paar Runden zu drehen – und ich stand da und wurde doof angeglotzt.

„Hey wieso läufst du nicht?“, fragte Tai ganz unschuldig, als er mal wieder mit seinen Runden fertig war. „Weil ich es nicht kann, verdammt“, grummelte ich beleidigt vor mich hin. „Komm ich helfe dir noch mal“, sagte er belustigt und nahm mich wieder bei der Hand wie ein kleines Kind. Er zog mich eine Runde um den See und bemerkte gar nicht welche Panik ich hatte. Als er gerade bremsen wollte, ließ ich los und schlitterte zur Mitte des Sees. „Na super, und wie komme ich jetzt hier weg?“, dachte ich und versuchte den Abstand bis zum Rand des Sees zu schätzen.

„Warte Yamato, ich hol dich gleich“, rief Tai mir zu während er sich schon von mir entfernte. Ich wollte nur hier weg. Konnte er mich nicht einfach zum Rand bringen und alleine fahren? Hatte er für heute nicht schon genug über mich gelacht?

Tai fuhr geradewegs auf ein Mädchen zu, welches gerade dabei war genauso graziös wie ich auf den Hintern zu fallen – doch er fing sie im letzten Moment auf. Er stellte sie wieder sicher aufs Eis und sie fiel ihm um den Hals. Ich konnte Tai erröten sehen, während die ganzen glücklichen frisch verliebten Pärchen noch glücklicher grinsten.

Doch ich war nicht glücklich. Kein Stück. Es fühlte sich an, als wäre mein Herz entzwei gebrochen. Ich hatte die ganzen Stories über Herzschmerz immer für Schwachsinn befunden, doch jetzt wusste ich, dass das nicht stimmte. Mein Herz war die ganze Zeit ordentlich am Pumpen gewesen, weil Taichi mir heute so nahe war, auch wenn dies immer von meiner schlechten Laune überdeckt gewesen war. Doch jetzt spürte ich nur noch Schmerz. Ich hatte mein Herz praktisch brechen hören.

Ich sah wie Tai seine Augen vor Schreck aufriss. Sah man mir den Schmerz so sehr an? Blutete es wirklich? Bevor ich verstand was los war, spürte ich das eiskalte Wasser um mich herum.
 

Ich bekam Panik. Meine Kleidung zog mich nach unten. Ich strampelte um nach ob zu kommen, aber es half nichts. Voller Hoffnung, dass er mir helfen würde, schaute ich nach oben. Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen war, es fühlte sich nach mehreren Minuten an, bis mir das Mädchen wieder in den Sinn kam. Er brachte es bestimmt schon in Sicherheit bis ihm auffallen würde, dass es mittlerweile wahrscheinlich zu spät war und ich bereits ertrunken sein müsste.

Meine Lungen brannten schon, die Entfernung zur Wasseroberfläche war nur gewachsen, egal wie viel Mühe ich mir gegeben hatte, es schien mir einfach sinnlos zu sein und ich gab auf.. Ein wenig mehr Sport wäre vielleicht doch nicht schlecht gewesen, warum hatte ich Taichi das nicht geglaubt? Meine Sicht verschwamm, den schwarzen Flecken am Rand des Eises nahm ich kaum wahr.

Einen Moment später spürte ich wie etwas an mir zerrte. Ich wurde einerseits nach oben gezerrt, andererseits war da ein großer Sog von unten. Oder war es andersherum? Ich wusste es nicht. Mir war es auch egal. Es war kalt, mir tat alles weh, meine Lungen brannten und ich schluckte Wasser.

Es ging alles so schnell. Ich wusste nicht was passiert war, aber plötzlich lag ich auf dem Eis. Da war endlich wieder Luft. Ich würgte das Wasser aus, während ich eine laute Stimme hörte. Die Satzteile ergaben für mich keinen Sinn, da ich sie selbst mit meinem Husten übertönte. „…NICHT AUFPASSEN? WOZU… HIER?... WAHNSINNIG… LEUTE…EIS… NICHT SICHER… STERBEN… GEHOLFEN…“. Die Stimme empfand ich als äußerst angenehm, während ihre Lautstärke mir Kopfschmerzen bereitete. Langsam aber sicher nahm ich meine Umgebung wieder wahr. Ich kniete auf dem Eis, in sicherer Entfernung zu dem Loch und hustete mir die Seele aus dem Leib. Tai war direkt neben mir, eine Hand auf meinem Rücken, die andere drohend dem Aufseher entgegengestreckt. Ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, es war so bitter kalt, mal abgesehen von meinem Bein, es fühlte sich merkwürdig warm an. „Bitte… nicht so… laut…“, murmelte ich, erwartete aber nicht, dass er mich hören würde. Doch Tai drehte sich zu mir um und sah nochmal kurz zum Ufer.

Er hob mich hoch und trug mich zu dem Krankenwagen. Ich spürte, dass er fast genauso stark zitterte wie ich. Da erst fiel mir auf, dass der Wuschelkopf ebenfalls komplett durchnässt war. Irgendetwas störte mich daran, vielleicht lag es aber auch an der Tatsachte, dass er mich trug. Als hätte er es geahnt, drückte er mich fester an sich. Am Krankenwagen angekommen setzte er mich ab, und wir wurden beide in dicke Decken gewickelt. Mir wurde mein Bein verbunden – ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich mich bei dem Sturz ins Wasser an den Eisschollen verletzt hatte. Während der ganzen Prozedur sagte ich kein Wort. Tai allerdings wechselte ein paar Worte mit den Ärzten, kurz darauf diskutierte er lautstark mit ihnen. Worum ging es nur? Ich hatte nicht zugehört. Ich war müde und wollte nach Hause. Die Stimmen wurden leiser. Tai rutschte zu mir herüber. „Wie geht es dir Yama?“, fragte er. Ich starrte auf den Boden und antwortete nicht. „Ich hab sie rumgekriegt, dass du nicht ins Krankenhaus musst. Du brauchst aber viel Bettruhe“. „Danke“, murmelte ich: „Aber ich glaub nicht, dass das funktioniert.“ – „Ich hab alles geregelt, ich werd bei dir bleiben, bis du dich erholt hast. Es sei denn du bist ganz scharf aufs Krankenhaus“, erwiderte Tai und setzte sein Honigkuchenpferdegrinsen auf. Ich sah in eine Weile an und musste unweigerlich lächeln. Er sah mich verwirrt an. Ich brach in schallendes Gelächter aus. Mit den nassen Haaren und dem Blick sah er einfach nur zum Schießen aus. Jetzt verstand ich, warum er es nicht haben konnte, wenn man ihn mit nassen Haaren sah. Solche Kleinigkeiten vielen mir auf, während sich mir das eben Geschehene immer noch nicht erschließen wollte. Ich kam mir irgendwie dumm vor. Tai hatte mittlerweile die Ursache meiner Belustigung bemerkt und versuchte seine Mähne zu richten.

Dann fiel bei mir der Groschen.

Ich kam mir noch dümmer vor. Wie hatte ich es geschafft es nicht zu verstehen? Es war doch so offensichtlich. Nebenher bemerkte ich wie der Schmerz einsetzte. Ich schien alles durch den Schock verdrängt zu haben. Das sah mir irgendwie ähnlich… Ich verspürte Freude, Dankbarkeit, Verwirrung und… Angst. Hatte Taichi etwas mitbekommen? Ich wusste nicht was ich tun sollte.

Er ließ von seiner Mähne ab und sah mich an. Was sollte ich tun? Was sollte ich ihm sagen? „Sollen wir euch nach Hause bringen?“, fragte einer der Ärzte. „Nein, danke. Die drei Blocks schaffen wir schon“, antwortete Tai. Er legte seine Decke weg, sprang die paar Zentimeter aus dem Krankenwagen und stelle sich vor mich. „Was wird das?“, fragte ich leicht abwesend. „Na ich trage dich, mit dem Bein lass ich dich doch nicht laufen!“, antwortete er ernst. Ich legte ebenfalls die Decke weg, rutschte von der Kante und humpelte ein Stück. Hätte der Schock nicht später nachlassen können? Er sah mich etwas misstrauisch an, kam dann aber nach. „Lass mich dir doch helfen“, sagte er während er sich meinen Arm griff. „Du hast mir heute schon genug geholfen Taichi. Ich weiß so schon nicht, wie ich das wieder gut machen kann“, murmelte ich und humpelte weiter. Er ließ sich allerdings nicht beirren und stütze mich.
 

Bei mir zu Hause setzte ich mich auf die Couch, während Tai allen möglichen Kram zusammensuchte, als wolle er sich um einen halbtoten 80jährigen Opa kümmern wollen. „Danke Tai, aber ich schaff das schon.“, grummelte ich. Ich hatte es noch nie gemocht großartig bemuttert zu werden. Trotzallem machte er mir noch einen Tee bevor er nach Hause ging, um seine Klamotten zu holen und seinen Eltern Bescheid zu geben (Auch wenn er schon recht lange ausgezogen war, mussten sie immer wissen wo er war…).

Da ich wusste, dass er ein Weilchen brauchen würde, widmete ich mich mal wieder einem meiner Songs. Einen hatte ich einfach aus dem Leben „abgeschrieben“. Im Nachhinein musste ich lachen.
 

„Ohne dich an meiner Seite

Bricht unter mir das Eis“
 

Wer hätte gedacht, dass ich diese Zeilen irgendwann auch wörtlich nehmen kann?

Ich legte mich hin und dachte ein wenig nach. Auch dieses mal schrieb ich meine Gedanken auf, wie in einem Tagebuch. Teilweise kritzelte ich auch einfach im Text herum. Ich würde es später in den Song einbauen, jetzt war ich zu unkonzentriert.

Was sollte ich jetzt tun? Taichi würde bald wiederkommen und wahrscheinlich ein paar Tage bleiben. Mir fiel es doch so schon schwer so zu tun als sei nichts gewesen. Als sei er nur mein bester Freund. Und er hatte alles mitbekommen, was am See geschehen war. Er hat gesehen, dass ich nicht mehr versucht hatte an die Oberfläche zu kommen. Ich wusste es. Ich hab es ihm angesehen, dass er es wusste. Das würde unangenehm werden. Wie sollte ich es ihm erklären? Ich hatte das Gefühl heute Abend würde alles kaputt gehen. Wenn ich ihm etwas verschwieg, und er bekam Wind davon, wurde er richtig sauer. Er schrie mich an, teilweise prügelten wir uns auch, so wie früher als wir uns wegen jedem Kleinkram gestritten hatten. Doch wenn ich ihm dann immer noch nichts verriet, blieb er so lange beleidigt, bis ich ihm alles gesagt hatte. Falls ich also heute Abend nichts sagen sollte, hab ich bei ihm verrissen. Doch was wäre, wenn ich ihm alles erzählen würde? Lügen hilft nicht, ich bin nicht gut darin und Taichi merkte es meistens sofort.

Langsam verzweifelte ich. Mir fiel einfach keine Lösung ein. Ich wollte ihn zwar bei mir haben, aber unter diesen Bedingungen war es besser er würde wegbleiben. Als mir die ersten Tränen über die Wange rollten, drehte ich mich um - mit dem Rücken zur Tür und dem Gesicht in der Couchlehne. Es wäre totenstill bei mir gewesen, hätte Taichi das Radio vorhin nicht eingeschaltet. Es liefen gerade Nachrichten, doch sie interessierten mich herzlich wenig. Ich achtete nur kurz auf die Uhrzeit und schätzte ein, wie lange er noch wegbleiben würde. Den Text, den ich fabriziert hatte, versteckte ich der Mappe, von der Taichi wusste, dass er nicht ohne Erlaubnis dran durfte – und Gott sei Dank hielt er sein Wort. Dann öffnete ich das Fenster und legte mich wieder hin. Ich fühlte mich wirklich schlecht und schämte mich für mein Geheule. Nach einiger Zeit schlief ich ein.
 

Ich wachte auf, als Tai zurückkam. Er hatte extra versucht leise zu sein, war dabei aber - so wie es nun mal ist – viel lauter als sonst. „Schaffst du es allein ins Schlafzimmer oder soll ich dir helfen?“, fragte er direkt, ohne „Hallo“ oder etwas Ähnliches auch nur anzudeuten. Ich verstand zwar nicht was los war, humpelte dann aber einfach zu meinem Bett. Ich hörte ihn seine Tüte auspacken – Moment mal! Seine Tüte? Er hatte doch die Sporttasche dabei… Wollte er etwa… kochen? Ich machte kehrt und humpelte zurück. „Was hast du vor Tai?“, rief ich noch aus dem Flur heraus. „Öhm… Wir müssen doch was essen oder nicht?“, rief er zurück. „Bist du bescheuert? Nachher fliegt uns noch die komplette Wohnung um die Ohren!“, antwortete ich. „Hast du ne bessere Idee?“, fragte er.

„Wir könnten was bestellen“ – „so dankst du mir also, dass ich den ganzen Kram hier gekauft hab und mich für dich an den Herd stellen wollte?“, sagte er leicht mürrisch, aber mit einem leichten Lächeln. Ich senkte den Kopf murmelte dass ich es nicht so gemeint hätte und ging wieder zurück.

„Das war doch nur Spaß, Yama! Ich weiß, dass ich nicht kochen kann, ich wollts aber trotzdem nochmal versuchen.“, rief er mir nach. Ich setzte mich gerade aufs Bett, da kam Tai schon ins Zimmer gestürzt. „Yama bitte, es war nicht ernst gemeint.“, sagte er und setzte seinen Dackelblick auf. Das war unfair! Er wusste, der zieht bei mir fast immer. „Es tut mir doch leid“, sagte er und fing an zu schmollen. „Das ist nicht witzig, Taichi. Ich sagte doch schon, wie weiß nicht wie ich das je wieder gut machen soll, du hast mir immerhin das Leben gerettet.“, sagte ich ohne ihn anzusehen.

Er setzte sich zu mir aufs Bett. Es war mir unangenehm. Zum Glück waren die Vorhänge zugezogen und das Licht nicht eingeschaltet, sonst hätte er wahrscheinlich mitbekommen, wie ich einer überreifen Tomate keine schlechte Konkurrenz darbot. Er rutschte zu mir herüber – und umarmte mich. Ich wusste nicht wie mir geschah, ich wusste nur, dass das keineswegs gut war. „Ich hatte Angst um dich Yama. Ich hätte beinahe meinen besten Freund verloren…und deshalb war es für mich selbstverständlich hinterher zu springen. Ich brauche keine Wiedergutmachung. Ich bin froh dass dir nichts passiert ist… bis auf die heftige Erkältung und der Schnittwunde am Bein. Hast du eigentlich ne Ahnung, was ich mir für Vorwürfe mache? Ich hätte dich gar nicht erst allein da stehen lassen dürfen, geschweige denn dich zu zwingen mitzukommen…“, flüsterte er mir ins Ohr. Dann war es still. Es war zum verrückt werden. Er umarmte mich, ich nahm seinen Duft wahr und konnte anderen wahrscheinlich schon den Weg leuchten. Am liebsten wär ich so sitzen geblieben, aber ich wusste, dass das nicht ging. Und ich wusste was gleich kommen würde.

Tai ließ mich los und sah mich an. Ich schaffte es gerade noch so seinem Blick standzuhalten. „Yama… warum… warum hattest du aufg…“, haspelte er vor sich hin, während mir ein beißender Gestank in die Nase stieg. „Tai, was zum Teufel ist das?“, unterbracht ich ihn glücklich wie ein Schneekönig, dass sich ein anderes Thema angeboten hatte. Auch wenn dieses „meine Küche fackelt gerade ab“ hieß.

„Ach du scheiße“, fluchte er und lief in die Küche. „Was ist passiert?“, rief ich nach einer Weile. „Ähm… ja.. wie soll ich dir das erklären?“, stotterte er während ich die Küche betrat und mir Qualm entgegenkam. „Ganz einfach. Brennt es? Ist was explodiert? Steht meine Küche noch oder brauch ich ne neue?“, fragte ich leicht sarkastisch. „Nein, es brennt nicht, mach bitte das Fenster auf.“, bekam ich als Antwort. Gesagt, getan. Der Rauch zog ab, und ich konnte erkennen, was passiert war. Tai hatte Wasser aufsetzten wollen, dabei aber die falsche Herdplatte eingeschaltet und die Tütensuppe, die auf einer anderen lag anbrennen lassen. „Wo ist das Telefon? Ich bestell uns was“, sagte Tai, lächelte beschämt und kratzte sich am Hinterkopf. „Hinten auf dem Tisch“, antwortete ich und fing an die verbrannten Reste der Tütensuppe vom Herd zu kratzen.

„Was machst du da?“, fragte Tai, der plötzlich dicht hinter mir stand (war er nicht zum Telefon gegangen?). „Sieht man das nicht?“, stellte ich die Gegenfrage. Er legte sich meinen Arm um und zog mich mehr in mein Bett zurück als mich zu stützen. Er ging wieder in die Küche zurück und beseitigte das Chaos – hoffte ich zu mindestens, denn dem Krach nach zu urteilen tat er genau das Gegenteil. Ich überlegte wieder, was ich ihm nur erzählen sollte. Kurz darauf schlief ich ein.
 

~ Tai's PoV ~
 

Da hatte ich echt Mist gebaut. Glücklicherweise war nicht viel passiert. Aber sowas sah mir ähnlich. Obwohl mir das wahrscheinlich nicht passiert wäre, wenn Yamato nicht weggerannt wäre. Aber das wiederrum wäre nicht passiert, hätte ich nicht den doofen Spruch gelassen.

Da erst viel mir auf, dass ich Yama immer noch nicht gefragt hatte. Heute ging einfach alles schief. Ich räumte die Küche auf und wusch nochmal alles ab, denn nachdem meine Mutter ebenfalls fast ihre Küche abgefackelt hatte, war Wochen später noch Ruß an den Schränken gewesen. Ich wusste genau von wem ich meine überaus herausragenden Kochkünste hatte.

Ich grübelte die ganze Zeit darüber, warum Yama im See aufgehört hatte zu versuchen wieder an die Oberfläche zu kommen. Oder hatte ich mir das nur eingebildet? Und warum war sein Blick so… leer gewesen, kurz bevor das Eis brach? Ich beschloss, Yama darauf anzusprechen, nachdem wir gegessen hatten. Als ich mit dem Putzen fertig war, sah ich mal kurz nach ihm und musste feststellen, dass Blondie schon am Schlafen war. Und dass er Fieber hatte. Ich holte einen kalten Waschlappen und das andere Zeugs, was ich so angeschleppt hatte und stellte sie auf den Nachttisch.

Etwa eine halbe Stunde später klingelte es. Ich nahm das Essen entgegen, bezahlte schnell und transportiere es in die Küche. Dann wollte ich Yama wecken, nahm aber auf dem Weg die halbe Kommode mit. Es fielen ein paar Ordner herunter und es flogen einige Blätter herum, aber es schien so, als kämen sie alle aus einem Ordner, also war es nicht ganz so schlimm. Ich stellte die Ordner wieder auf die Kommode und machte mich daran die Blätter aufzusammeln.

So ein Mist aber auch. Es war ausgerechnet der Ordner, an den ich nicht randurfte. Auf keinen Fall… Aber ich war doch so neugierig… Ich sammelte die Texte ein und versuchte so wenig wie möglich auf das Geschriebene zu achten. Doch ein Titel sprang mir ins Auge:

Ohne Dich

Diese verdammte Neugier. Jetzt wusste ich was Yama mir verheimlichte, aber ich wusste nicht um welche Person es ging. Ich gab mir alle Mühe den Text mit zusammengekniffenen Augen wieder in den Ordner zu befördern, doch es gelang mir einfach nicht. Neben dem Text waren teilweise noch Notizen mit Bleistift.
 

Ohne Dich
 

Ich steh vor deiner Tür

Hab das Licht ausgemacht

Mich in der Nacht versteckt

Ich kann warten, kann nur hoffen

Dass mich keiner entdeckt
 

Ich hab alles geplant

Tausendfach überdacht

Und ich weiß so wird es gehen (nicht wirklich…)

In Gedanken sag ich alles

Was ich dir sagen will

Wenn ich dich heut seh‘

Dich wiederseh‘
 

Ohne dich kann ich nicht weiter

Dreh mich immer nur im Kreis

Ohne dich an meiner Seite

Bricht unter mir das Eis (wer hätte gedacht, dass ich das ab jetzt auch wörtlich nehmen kann)

Ich tauch nicht mehr auf

Ich geb einfach auf (was sag ich nur?)
 

Viele Stunden vergehen

Ich bin wieder daheim

Habs nicht über mich gebracht (mal wieder…)

Kann nicht schlafen

Kann nicht ruhen

Ich bin immer noch wach
 

Ich lass den Tränen freien Lauf

Keiner kann mich sehen

Bis ein Traum mich dann entführt

Ich lass mich einfach fallen

Immer tiefer hinab

Oh ich wünscht du wärst hier

Ganz nah bei mir
 

(Chorus)
 

Ohne dich

Kann ich nicht sein
 

(Chorus)
 

~ Yama's PoV ~
 

Die Klingel hatte mich geweckt. Ich wollte nicht aufstehen, ich wartete also bis Tai irgendwann herkommen würde. Ich hörte, dass er wie schon so oft die Kommode anrempelte und die Sachen, die er runtergeschmissen hatte wieder wegstellte. Doch er kam nicht. War etwas passiert? Hatte Taichi sich etwas getan? Das war unwahrscheinlich, er machte immer ein großes Drama daraus, wenn er sich weh getan hatte, selbst dann wenn hinterher nichtmals ein blauer Fleck, eine Schramme oder ähnliches zu sehen war. Ich wartete also. Und wartete.

Ich war mir nicht sicher, aber ich glaubte ein Weilchen eingenickt zu sein. Seit wann schlief ich eigentlich so viel? Ich sah auf die Uhr und merkte, dass ich gut eine ganze Stunde „eingenickt“ war. Ich stand also auf und humpelte so leise es mir möglich war ins Wohnzimmer. Auf dem Tisch stand die mittlerweile kalt gewordene Pizza. Tai selbst schien auch noch nichts gegessen zu haben. Aber wo war er nur?

Ich ging in Richtung Bad, vielleicht war er ja duschen. Ich lauschte angestrengt, ob Wasser lief. Nichts. Statt dem Wasser nahm ich aber ein leises Schnarchen wahr. Ich drehte mich um und sah Tai auf der Couch schlafen.

Ich hätte ihn stundenlang betrachten können, doch mir war noch immer keine Lösung eingefallen, weshalb ich mich schnell wieder ins Schlafzimmer schleichen wollte, um so zu tun als würde ich schlafen. Doch dann fiel mir ein Blatt Papier in seinen Händen auf. Ich brauchte keine zwei Sekunden um zu erkennen, was es für eines war.

Was sollte ich jetzt tun? Ich setzte meinen Weg in Schlafzimmer fort. Es fiel mir schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Und es war so unerträglich heiß. Ich öffnete das Fenster ein Stück und setzte mich. Was nun? Taichi hatte den Text gelesen. Er wusste es. Jetzt konnte ich ihm nicht mehr in die Augen sehen. Es war peinlich und ich hatte Angst vor seiner Reaktion. Doch er war nicht nach Hause gegangen. Er war da geblieben. Das war doch was Gutes… Oder?
 

~ Tai's Pov ~
 

Was würde er jetzt tun? Würde er sich jetzt ins Schlafzimmer verziehen und so tun als würde er schlafen? So wie ich selbst es gerade getan hatte? Ich war noch nicht soweit mit ihm zu reden. Ich grübelte eine Weile, beschloss dann aber, dass es eh keinen Zweck hatte, denn ein Gespräch ließ sich nicht vermeiden. Aber was sollte ich ihm sagen?

Dass er für mich nur ein Freund war?

Das wäre eine Lüge.

Dass ich ihn auch liebe?

Da war ich mir doch gar nicht sicher.

Dass ich Zeit brauchte?

Die würde daran doch nichts ändern oder?

Langsam schlich sich eine Idee in meinen Kopf. Es war nicht gerade die beste Lösung. Vielleicht war es auch gerade die Schlechteste, eine falsche. Doch es war besser als nichts.
 

~ Yama's Pov ~
 

Nach einiger Zeit kam Tai zu mir. Ich kämpfte allerdings eine Sekunde zu lange mit mir, ob ich nun „schliefe“ oder nicht. „Hey Yama.“, stammelte er. „Ich weiß ich soll nicht an diese eine Mappe gehen… aber… ich hab vorhin mal wieder die Kommode mitnehmen wollen… und… ähm… dabei… sind mir alle Ordner runtergefallen und… naja… öhm… ja… dabei ist alles aus dem Ordner rausgerutscht und… Es tut mir wirklich, wirklich leid, aber ich konnte nicht widerstehen diesen einen Text zu lesen, weil… nun ja ich… wissen wollte was du mir verheimlichst und ich dachte… … ich dachte…“, murmelte er zum Ende hin immer leiser. „Was dachtest du?“, flüsterte ich.

„Ich dachte, ich würde etwas über das Mädchen erfahren…dass dir in letzter Zeit so weh getan hat…“, sagte er während er sich zu mir setzte.

„Wie meinst du das?“, fragte ich. Ich wusste nicht, ob es mir lieber war zu warten und nur zu fragen, oder einfach alles loszuwerden.

„Du hast mich die ganze Zeit angelogen und bist mir… ausgewichen. Du wolltest dich nicht mit mir treffen, weder alleine noch mit den anderen… Du… du.. stehst abends vor meiner Tür und klingelst nicht… Ich dachte, es wäre sonst was gewesen und… und… ich weiß nicht. War es dir zu peinlich drüber zu reden, oder… hältst du mich für… doof oder naiv oder… vertraust du mir nicht? Ich wusste nicht was los war und hab darauf gewartet dass du es selber sagst, aber das vorhin… und… und…“, stammelte er weiter. „Ist okay, Taichi. Es war ein Versehen. Und ich hätte vielleicht mit dir reden sollen… aber…“, antwortete ich, beendete den Satz aber nicht.

„Ich will ehrlich sein Yama… ich hab lange darüber nachgedacht und… ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht.“, sagte er leise.

Ein wenig Hoffnung keimte in mir auf, doch die Angst bleib trotzdem größer.

„Aber egal was passiert, wir bleiben Freunde… ok?“, fragte er. Ich nickte stumm. „Lass mir bitte einfach etwas Zeit, in Ordnung?“- ich nickte wieder. „Und… wenn etwas sein sollte, sag es mir… bitte“, fügte er noch hinzu. Dieses mal zögerte ich. „Yama?“ – „Ich werds versuchen“, murmelte ich.

„Also?“, fragte Tai.
 

~ Tai's PoV ~
 

Nach einer Weile stand Yamato auf, kam den kleinen Schritt zu mir herüber, kniete sich hin, um ungefähr auf meine Höhe zu kommen und… fiel mir regelrecht um den Hals. Was war denn jetzt los?

„Danke“, hauchte er mir ins Ohr. Ich erwiderte die Umarmung doch er löste sich recht eilig von mir. Dann humpelte er in die Küche. Ich war nicht in der Lage hinterherzulaufen. Meine Gedanken überschlugen sich… und das kam recht selten vor.

Yamato hatte Fieber… Nur mal so am Rande…

Ich mochte es ihn zu umarmen.

Ich hatte Gänsehaut bekommen als ich seinen Atem am Ohr spürte.

Das war doch nicht normal für einen Freund… Aber liebte ich ihn? Ich wusste es nicht.
 

~ Yama's Pov ~
 

Peinlich.

Einfach nur Peinlich.

Und unangebracht.

Vollkommen falsch.

Was hatte ich mir da nur gedacht?

Hatte ich überhaupt gedacht?

Wahrscheinlich nicht.

Zum Glück kam er mir nicht nach. Ich schob die Pizzen in den Backofen und sammelte mich. Ich war eindeutig zu weit gegangen. Ich konnte von Glück reden, dass Tai es so akzeptierte. Leider waren die Pizzen viel zu schnell wieder warm und ich hatte keine Ausrede mehr in der Küche zu bleiben.
 

Tai saß immer noch auf dem Bett. Doch er sah mich ziemlich komisch an. Hatte er seine Meinung geändert? Ich stellte die Sachen ab, doch Tai raste aus dem Zimmer, kam aber recht schnell zurück. „Tut mir leid ich war in Gedanken“, sagte er und stellte die Schüssel mit kalten Wasser und einem Waschlappen zu dem Essen. „Hätte nicht gedacht, sowas mal von dir zu hören“, scherzte ich unbeholfen, um die Atmosphäre ein wenig zu lockern. Tai lächelte ein wenig und setzte sich wieder. Ich wollte gerade nach der Pizza greifen, als er mich am Handgelenk packte. Ich sah ihn verwirrt an: „Was ist los?“. Er zog mich zu sich, so dass ich wie kurz zuvor dasaß. „Tai?“ Er antwortete nicht. Was war nur los?

„Ich möchte etwas ausprobieren… auch wenn ich weiß, dass das nicht richtig ist… bitte sei mir nicht böse“, flüsterte er mir ins Ohr. Er schob mich wieder ein kleines Stück von sich. Er sah verdammt ernst aus. So hatte ich ihn noch nie erlebt.
 

Dann küsste er mich. Erschrocken wisch ich ein Stück zurück, doch er ließ mich nicht. Was sollte das? Er drückte mich noch weiter an sich. War das eine Aufforderung? Es war mir mittlerweile egal. Er küsste mich. Was wollte ich mehr? Ich erwiderte den Kuss.

Tai löste sich und stütze seinen Kopf an meine Schulter. Er nahm meine Hand und platzierte sie auf seiner Brust. „Nichtmals nach´m Fußball hab ich so nen Puls“, sagte er leise. „Du bist mehr für mich als mein bester Freund, das weiß ich jetzt… Aber lass mir bitte Zeit, ganz soweit bin ich noch nicht.“



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