Zum Inhalt der Seite

Stalker

Von Cliscia
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Malik dachte von sich selber nicht als eine starke Person. Physisch vielleicht, aber emotional fühlte er sich schwach und er musste seine ganze Willenskraft aufwenden, um nicht zu weinen, als er das zweite mal erwachte, diesmal in einem seltsamen und kargen Raum. Aber anders als der vorherige war er hell, denn ein Fenster zu seiner Rechten warf ein Lichtstrahl auf den weichen blauen Teppich, auf dem er sass, immer noch gefesselt. Es war verwirrend, die Tatsache, dass er nicht in einem dreckigen Keller war, ein Messer an seiner Kehle und das war entsetzender als die zweite Vorstellung. Was... Was für ein Spiel spielte sein Entführer mit ihm?
 

Seien Augen reibend sah Malik sich in dem weiss getünchten Raum achtsam um. Er wusste nicht, ob der Mann mit ihm im Raum war wie zuvor. Eine gründliche Suche sagte ihm, dass er das nicht war, und er bewegte sich ein wenig, einen Fuss unter sich platzierend bevor er aufstand, wackelig auf den Beinen, da er seine Arme nicht zur Verfügung hatte, um sich in‘s Gleichgewicht zu bringen. Er liess einen Atemzug gehen, von dem er nicht gewusst hatte, dass er ihn zurückgehalten hatte und ging langsam zum Fenster. Er atmete scharf ein, als er durch die klaren Fensterscheiben sah. Er war... Komplett umgeben von einem Wald, dessen grüne Bäume sich für Meilen über Meilen erstreckten, bis jenseits seiner Sichtweite, das Einzige, was ihr natürliches Muster unterbrach war ein See zu seiner Linken. Sa er die Spitzen der Bäume sehen konnte, vermutete er, dass das Haus, wo auch immer es auch stand, gross war und er sich ungefähr drei Stockwerke über dem Boden befand.
 

„Oh... Gott.“ Dieser Ort war ihm vollkommen fremd; Malik war noch nie zuvor in einem Wald gewesen. Seine Fluren waren so riesig, erstreckten sich zum Horizont, umschlossen ihn und erweckten in ihm ein Gefühl von Klaustrophobie. Er war... Sehr weit weg von zu Hause und er hatte Angst.
 

Seine Arme hinter seinem Rücken verschnürt lehnte er seinen Körper gegen das Fenster, seine Stirn an das kalte Glas. Er atmete langsam, schloss seine Augen und versuchte, sich zu entspannen, er wollte nicht hysterisch werden wie zuvor. Malik war stark gewesen, als er nach Amerika umgezogen war, in ein komplett neues Land, und er konnte jetzt stark sein. Aber irgendwie war es einfach... Nicht das gleiche. Zuvor hatte er seine Familie gehabt und sie hatten die Tortur gemeinsam durchgestanden. Jetzt hatte er niemanden. Seine Familie war... Weg. Für immer. Ausser sein Entführer würde sein Betteln beherzigen und ihn nach Hause zurückbringen. Malik lachte über die Vorstellung aber es endete mehr in einem keuchenden Schluchzen als irgend etwas anderem.
 

Er drehte den Kopf zur Seite, öffnete seine Augen, atmete auf das Fenster und sah den kleinen Kristallen zu, die sich formten. Es war immer noch kalt. Nach allem war die verdammte Kälte immer noch da. Malik lachte beinahe. Er vermisste Ägypten.
 

„Ich will nach Hause“, wisperte er leise, seine Zähne zusammenbeissend, als seine Schultern etwas zu zittern begannen und unterdrückte das Bedürfnis, zu weinen. Er würde nicht weinen, er würde nicht weinen. Malik wollte nicht mehr schwach sein und er würde nicht weinen! Er schluckte die Gefühle hinunter, beruhigte sich und blieb ruhig und, versuchte aber nicht, die Tränen zu stoppen, die sich gesammelt hatten und nun langsam sein Gesicht hinunter rannen, sein Kinn entlang, bevor sie zu Boden fielen. Malik starrte sie an, doch beachtete sie nicht. Was brachte es schon? Und dann wiederholte er, ein wenig lauter als zuvor: „Ich will nach Hause!“ Seine Stimme zitterte. Das leise ,Klick‘ hinter sich hörte er nicht.
 

„Es tut mir Leid, dass du es hier so geschmacklos findest, Malik. Sag mir, was ich tun kann, um es angenehmer zu machen.“
 

Malik erstarrte und starrte nur weiter aus dem Fenster, gab dem Anderen nicht die Befriedigung, von ihm angesehen zu werden. Dazu hatte er ohnehin zu grosse Angst. Er hatte nicht gehört, wie die Tür sich geöffnet hatte...
 

„Lass mich gehen und bring dich selber um, anstatt mir mit dem Tod zu drohen.“ Er hätte seinen Mund wirklich nicht geschlossen halten können, wenn er es versucht hätte. Schliesslich war Maliks liebste Art, seine Angst zu verbergen, beissender Sarkasmus und seine Situation änderte das auch nicht. Er würde sowieso sterben... Oder?
 

„Malik, äussere nicht so leicht Todeswünsche. Ich habe dir nicht weh getan und ich plane nicht, es zu tun.“
 

„So? Und wie nennst du es, mich unter Drogen zu setzen, mich zu fesseln und mich dahin zu bringen, wo verdammt noch mal ich bin? Ein freundlicher Gefallen?“ Jetzt verfiel er in Panik, er wusste es und schloss seine Augen und drehte sich um, um seinem Entführer entgegenzutreten und öffnete dann die Augen, um den Anderen böse anzustarren. Er war immer noch entnervt durch sein plötzliches Erscheinen.
 

Der Mann namens Mariku starrte zurück und er spannte sich an und presste den Rücken so stark gegen die Wand, wie er konnte. Er hatte unglaubliche Angst vor ihm und Malik wollte so weit von ihm weg sein, wie es physisch möglich war. Je länger er ihn anstarrte, desto unbehaglicher fühlte er sich. Malik fühlte sich nackt unter dem Blick des Anderen, bewegte sich, versuchte, so viel von seine Körper vor ihm zu verbergen wie möglich.
 

Es kam unerwartet, als sein Entführer sich bewegte. Er verengte seine Augen. Was hatte der Andere vor? Er bewegte sich in seine Richtung und Malik trat von ihm weg, sein Herz rasend. Mit jedem Schritt, den Mariku in seine Richtung nahm, nahm er doppelte so viele zurück, stellte sicher, dass kein Abstand zwischen ihnen verloren ging. Er war überrascht, als er stoppte, da sein Ziel anscheinend nicht er sondern das Bett war und er sich auf dessen Rand setzte, wobei die Matratze leise quietschte. Malik versteckte sich in einem Ecken. Er traute ihm nicht.
 

„Wieso kommst du nicht hierher, Malik? Ich werde dir nicht weh tun, ich verspreche es.“ Marikus Augen waren bloss Löcher in seinem Kopf. Er weigerte sich, schüttelte entschlossen den Kopf.
 

„Nein.“ Die Antwort war klar genug. Mariku runzelte die Stirn.
 

„Ich will nur reden.“
 

„Dann rede, du Trottel! Ich muss nicht irgendwo in deiner Nähe sein um dich zu hören, so verdammt laut, wie deine Stimme ist!“ Er hatte Angst, er hatte Angst, er hatte Angst, er hatte Angst. Was wollte er von ihm? Er sah verletzt aus von seinen harschen Worten und furchte die Augenbrauen, als er seufzte. Hatte er wirklich gedacht, dass er einfach kommen würde?
 

,Verrückt‘, erinnerte er sich, ,Er ist verrückt.‘
 

„Sag nicht solche Dinge, Malik. Ich will bloss mit dir sprechen.“
 

„Gut.“ Das war schlicht genug, vermutete er. Gefangen im selben Raum wie er, würde es nicht weh tun, zu... Reden. Es war nicht, als könnte er irgend etwas Anderes tun. Mariku sah fröhlich aus ob seiner Antwort, lächelte leicht. Malik vertraute diesem Lächeln nicht.
 

Als der Andere nichts sagte, ärgerte Malik sich etwas. Er wollte reden, wieso also sagte er nichts? Was wollte er? Wollte er, dass er begann?
 

„Du wolltest reden, gut. Also rede und hör auf, mich anzustarren, als wäre ich ein Stück saftiges Fleisch.“

„Nein Malik, ich will, dass du mit mir sprichst. Ich will nicht mich selber hören, nur dich. Sag irgend etwas, frage etwas und ich werde dir die Antwort geben. Rede mit mir.“
 

Malik war misstrauisch. Würde er so einfach Informationen bekommen? Da musste irgendwo ein Haken sein. Aber... Es schien nicht, als gäbe es einen. Und wenn ihm die Chance gegeben wurde, würde er sie nutzen. Obwohl er Angst davor hatte, die genauen Absichten des Anderen zu erfahren. Er schluckte, bevor er sprach.
 

„Wo sind wir?“
 

„Minnesota.“
 

„Wo in Minnesota?“
 

„Das kann ich dir nicht sagen.“
 

Malik knurrte, wütend darüber, dass er angelogen worden war. Mariku hatte gesagt, dass er ihm alles sagen würde und nun verweigerte er ihm die Information, die er verdiente?
 

„Wieso?“
 

„Weil du das nicht wissen musst.“
 

„Du hast gesagt, du würdest mir alles sagen! Du hast mich angelogen!“
 

„Nein, aber es gibt Dinge, du du einfach nicht wissen darfst, lieber Malik.“ Er betonte das Wort vor seinem Namen drohend.
 

„Gut. Was ist dein Name?“
 

„Mariku.“
 

„Mariku... Was?“
 

„Das kann ich dir nicht sagen.“ Er fuhr sich etwas übertrieben grob durch sein Haar.
 

Okay, wie bin ich hierher gekommen? Ich weiss, durch dich, aber... Wie?“
 

„Ich habe dich unter Drogen gesetzt und per Flugzeug hierher gebracht, sehr viel schneller als es mit dem Auto möglich gewesen wäre. Einige Male wärest du beinahe aufgewacht, aber ich habe dir wieder eine Spritze gegeben.“
 

„...Wieso... Ich meine, w-wie hast du mich in das Flugzeug gekriegt, jemand hätte doch gesehen...“ Malik trauerte über all die Leute, die ihn bewusstlos gesehen haben mussten aber nicht gehandelt und die Polizei gerufen hatten. Wie viele Male sieht man schon einen bewusstlosen Jungen am Flughafen, seine Augen verbunden und seine Arme hinter seinem Rücken gefesselt? Die Leute waren so dumm... Oder vielleicht kümmerte es sie auch einfach nicht. Der ägyptische Junge, der entführt und von seiner Familie weg gebracht wurde, kümmerte sie nicht. Schliesslich war er anders, wieso sollte es sie kümmern, wenn er durch die Hände eines Fremden sterben würde? Er war nicht einer von ihnen. Malik biss die Zähne zusammen, wusste, dass es stimmte. Es widerte ihn an.
 

„Niemand hat uns gesehen, ich habe ein Privatflugzeug gemietet.“ Was genau hatte er alles getan, nur um ihn zu entführen...?
 

„Und nicht einmal den Piloten kümmerte es, dass du mich entführt hast? Fuck, was stimmt nur nicht mit dieser Welt!“, wimmerte er zu sich selber, zu Mariku, und zu niemand Bestimmtem. Das war so verrückt...
 

„Ich habe ihn dafür bezahlt, die Geheimhaltung zu wahren. Ich bin nicht dumm, Malik und ich lasse nicht eine einzelne Person meine Chance auf Glück ruinieren.“
 

Malik ignorierte, was Mariku vielleicht mit seiner ,Chance auf Glück‘ gemeint haben könnte und fuhr mit seinen Fragen fort, sprach so schnell, dass er innehalten musste um Luft zu holen.
 

„Also bist du reich?“
 

„Ja.“
 

„Wie hast du dein Vermögen bekommen?“
 

„Durch eine Erbschaft.“
 

„Besitzt du ein Unternehmen?“
 

„Nein.“
 

„Arbeitest du?“
 

„Manchmal, aber jetzt wird es nicht mehr so oft sein.“
 

„Wieso?“
 

„Das kann ich dir nicht sagen.“
 

„...Ist das dein Haus?“
 

„Eines von ihnen.“
 

„Wo ist die nächste Stadt?“
 

„Das kann ich dir nicht sagen.“
 

Vielleicht gingen seine Ideen, was er fragen könnte, zu Ende, auch wenn er eine Million Fragen hatte. Das Einzige, was übrig war die Frage, vor der er Angst hatte, da er nicht wusste, ob er die Antwort wissen wollte oder nicht. Warum... War er entführt worden?
 

„Warum...“ Nervös verstumme er wieder.
 

„Ja?“ Mariku lehnte sich vor, beobachtete ihn.
 

„Warum...“ Er konnte nicht, er konnte einfach nicht... „Warum hast du mich entführt?“
 

Mariku lächelte nur.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück