Zum Inhalt der Seite

Blood Moon - Bis(s) in alle Ewigkeit

Fortsetzung von Rising Sun - Bis(s) das Licht der Sonne erstrahlt
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

[Sangreal] Versprechen und Vorurteile (Teil 1)

Disclaimer:

=> Ich verdiene kein Geld mit meiner Fanfiction.

=> Alle Charaktere die schon in den Twilight-Bänden ihren Auftritt hatten, gehören Stephenie Meyer. Alle Anderen, wie etwa Schüler, Lehrer und vor allem Renesmees und Jakes Kinder, habe ich selbst erfunden.
 

UPDATE neue Webseite

http://www.chaela.info
 

oder... liked mich auf Facebook

http://www.facebook.com/chaela.info
 

---------
 

Kapitel 12

[Sangreal] Versprechen und Vorurteile (Teil 1)
 

Das Wasser in meinem Glas schlug sanfte Wellen. Meine Hände zitterten, als ich auf dem Sofa der Cullens saß. Neben mir saß Nahuel und begann mit dem Versuch, das Geschehene in Worte zu fassen. Die Vampirfamilie, mit den bernsteinfarbenen Augen, hörte aufmerksam zu. Aus ihren Gesichtern las ich Mitleid und Entsetzen.

Nie hätte ich gedacht, dass ich jemals in ihrem Wohnzimmer sitzen würde. Erst recht nicht unter diesen Umständen. Aber mir war das Glück einfach vergönnt.

Ich vernahm das leise Brabbeln des Mädchens neben mir. Eine freundliche Vampirin, mit langem blondem Haar, hatte die Kleine auf ihren Schoß genommen und schaukelte sie ein wenig auf dem Schoß auf und ab. „Zuckersüß“, flüsterte sie leise und lächelte mich kurz an, ehe sie sich wieder dem Baby widmete. Sie schien nur noch Augen für das Mädchen zu haben und blendete den Rest der Anwesenden in diesem Raum aus. Ich konnte dieses Verhalten nicht wirklich nachvollziehen, doch dann ertappte ich mich dabei, wie ich selbst die Stimmen im Raum zu ignorieren begann, als mein sensibles Gehör Schritte vernahm. Schritte, die näher kamen und die ich kannte.

Und dann lief er plötzlich schnellen Schrittes durch den Raum, ohne einmal stehen zu bleiben oder Notiz von den Anderen zu nehmen. Er ging direkt auf mich zu, nahm mich am Handgelenk und zog mich zunächst auf die Beine und anschließend quer durch das Haus. Ich fragte nicht nach, was er vorhatte, sondern wartete einfach, bis er stehen blieb und sich schließlich zu mir umdrehte.

„Was ist passiert?“, fragte er atemlos und mit misstrauischem Unterton. „Und wo kommt das Baby her?“

Ich öffnete leicht den Mund und schüttelte fassungslos den Kopf ohne etwas zu sagen.

„Nun sag schon“, forderte er mich auf.

„Wenn du einfach gewartet und zugehört hättest, müsstest du nicht fragen. Nahuel wollte es gerade erklären.“

„Ich denke, ich bin der Erste, dem du etwas erklären solltest“, sagte er.

„Was ist los mit dir?“, fragte ich.

„Das sollte ich wohl eher dich fragen“, antwortete er.

Ich brauchte einen Moment, um Eins und Eins zusammen zu zählen, doch dann hatte ich kaum noch Zweifel daran. Ich wusste zwar nichts um seine Kinderliebe, aber er hatte auf mich nie den Eindruck gemacht, als hätte er je auch nur einen Gedanken daran verschwendet, eine Familie zu gründen. Es gab nur einen einzigen Grund, weswegen ihn das Baby interessieren würde – wenn sie seine Tochter war.

„Du denkst, das Baby sei von dir!“

Er antwortete nichts, und das war für mich dann auch Antwort genug. Ich knirschte einmal kurz mit den Zähnen und nickte. „Das ist es doch, was du glaubst, oder nicht?“

„Nahuel hat mir alles erzählt“, sagte er.

„Was hat er dir erzählt?“, wollte ich wissen.

„Alles.“

„Und was genau ist 'Alles'?“, ich sah etwas angesäuert zu ihm hoch und verschränkte die Arme.

„Alles über dich, darüber, warum du für Aro so wichtig bist und was ich damit zu tun hatte.“

„Hör auf, in Rätseln zu sprechen“, befahl ich.

„Wenn du aufhörst, mich für dumm zu verkaufen!“

„Was?“, fragte ich verdutzt.

Er ging seitlich an mir vorbei. „Aufträge auf Mauritius, freie Spaziergänge in Volterra, deine riesige Suite. Du kannst mir doch nicht erzählen, du wüsstest nichts davon!“

„Wovon?“ Dass er die Kleine für sein Kind halten könnte, war ja noch nachvollziehbar, schließlich war so was nun mal möglich, wenn man miteinander schlief, aber was er nun von sich gab, verstand ich nicht.

„Du hast mich doch nur benutzt! Genau wie sie es wollten!“, schrie er mich auf einmal an.

Und dann verstand ich.

Mein Mund öffnete sich, er begann zu zittern, ich wollte irgendetwas sagen, bekam aber kein Wort heraus. Er funkelte mich finster an, dann fasste ich mich wieder so weit, dass ich antworten konnte, doch meine Augen wurden glasig. „Denkst du wirklich so wenig von mir? Ist es das, was ich für dich bin? Du hältst mich für so berechnend? Die vertrauten Gespräche, die Nacht am Kamin?“ Tränen kullerten langsam meine Wangen hinunter. „Die Tücher, die ich deiner Schwester gegeben habe, um deine Blutung zu stillen, die waren dann wohl auch nur, damit du nicht krepierst, weil ich dich ja noch für irgendwas brauchte! Das denkst du doch, oder?!“

Sein Blick änderte sich, als ich meine letzte Erinnerung an ihn erwähnte. Die Backsteinwand begann zu bröckeln und seine sanfte Seite kam wieder zum Vorschein. Doch es war zu spät. Mein Herz blutete bereits. Ich wandte meinen Blick von ihm ab und starrte seitlich an ihm vorbei und mit leicht gesenktem Kopf auf einen Punkt auf halber Höhe der Wand.

Als wir hierher geflüchtet waren, hatte ich nicht gewusst, was uns erwartete. Ich hatte gehofft und gebetet, dass er Caius' Angriff überstanden hatte. Dass wir hier nicht auf eine Familie trafen, die einen weiteren Todesfall in ihrer Mitte zu beklagen hätte. Und nun stand er vor mir. Zwar quicklebendig, jedoch kalt wie ein Stein, warf mir Dinge an den Kopf, die ich nie für möglich gehalten hätte. Er war die erste Person gewesen, die ich jemals an mich heran gelassen hatte. Mit ihm hatte ich meinen ersten Kuss erlebt – und noch soviel mehr. Und nun erkannte ich, dass es falsch gewesen war, ihn überhaupt in mein Herz zu lassen. Und von einem Augenblick auf den nächsten, entschied ich, die Tore zu verschließen.

„Sangi...“, flüsterte er und wollte nach meiner Hand greifen, doch ich schüttelte ihn ab und zog sie zurück.

„Geh mir bloß aus den Augen“, sagte ich angewidert und lief an ihm vorbei. Er folgte mir nicht.

Meine ansonsten leichten, nahezu schwerelosen Schritte, waren nun denen eines bockigen Kindes ähnlich. Für Vampirverhältnisse trampelte ich regelrecht zurück zu den Anderen.

„Ja, sie ist ein wirklich niedliches Kind“, hörte ich gerade noch Nahuel sagen, als ich den Raum betrat. Er hatte seinen Blick, wie auch der Rest der Anwesenden, auf das Baby gerichtet. Wahrscheinlich hatten sie gerade über sie geredet. Sie schien die Aufmerksamkeit zu genießen und strahlte zufrieden. Als ich sie sah, verflog mein Zorn und ich blieb schlagartig stehen und lächelte ebenfalls.

„Sangi, da bist du ja. Was ist passiert?“, wollte Nahuel wissen. Doch ich schüttelte den Kopf.

„Nichts.“

Nahuel sah mich skeptisch an. Ich wusste, dass er Anthony nicht sonderlich zu mögen schien und mir war klar, dass er das Thema später wieder aufgreifen würde. Ich setzte mich wieder neben ihn und drehte mich zu der Vampirdame zu meiner Linken um. Sie verstand sofort, hob die Kleine hoch und gab sie mir. „Danke“, flüsterte ich kurz und strich dem Zwerg durch das weiche schwarze Haar. Sie begann wieder leise vor sich hin zu brabbeln. Und im Gegensatz zum Rest des Raumes verstummte sie nicht erneut, als Anthony wieder den Raum betrat. Er funkelte mich einen Augenblick an, dann sah er wieder weg und lehnte sich mit verschränkten Armen an die gegenüberliegende Wand.

„Alles okay?“, fragte seine Schwester sogleich.

„Alles okay“, antwortete er kurz und ließ seine Schwester genauso verunsichert zurück, wie ich es bei Nahuel getan hatte.

„Kann ich also nun?“, wollte Nahuel wissen.

„Natürlich“, antwortete ein Vampir mit blondem Haar. Er machte einen außergewöhnlich ruhigen und sanften Eindruck.

„Ich bin dieses Mal nicht hier, um euch eine Botschaft der Volturi zu überbringen. Wir sind hier, um euch um eure Hilfe zu bitten, euren Schutz.“

„Schutz?“, fragte der Blonde ruhig.

„Aro hat die Ermordung der Hälfte der Halbvampire von Volterra veranlasst.“

Nahuels Worte ließen Anthony aus seiner leicht beleidigten, sturen Haltung fallen. „Was?!“, schrie er plötzlich fast und sah ihn erschrocken an.

„Er tat es, um Caius milde zu stimmen.“

„Wie darf man das denn verstehen?“, wollte der Blonde wissen. Neben ihm sah ich einen anderen Vampir, dessen Haare denselben Rotton wie die von Anthonys Mutter hatten. Er schüttelte den Kopf.

„Aro hatte ihn zur Rede gestellt, nachdem er von seinem Angriff auf Will und Ani gehört hatte und stellte ihm dann die Vertrauensfrage. Aro ist nichts wichtiger, als um die Loyalität seiner Mitstreiter zu wissen. Caius meinte, er fühle sich ungerecht behandelt. Er meinte, er könne nicht mehr mit Sicherheit sagen, dass seine Ansichten innerhalb der Zirkelführung überhaupt noch von Wert waren. Aro würde ja doch nur für seine eigenen Ziele handeln, ganz gleich, was Marcus und Caius wollten. Aro wollte Caius einen Beweis dafür liefern, dass ihm seine Bedürfnisse, Ziele und Wünsche etwas bedeuteten.“

„Und Caius forderte den Tod der Halbvampire...“, sagte der Vampir mit dem rostroten Haar.

„Er konnte nicht durchsetzen, dass alle sterben mussten. Aro willigte ein, diejenigen umzubringen, die ihn in seinen Forschungen nicht merklich weiterbringen würden“, erklärte Nahuel weiter.

Anthonys Blick sank. Er starrte nun auf den gefliesten Fußboden.

„Meine Schwestern, Sangi, ich und drei weitere Halbvampire sind die letzten Überlebenden.“

Jetzt sprach ich: „Nayeli stand auch auf der Abschussliste, aber wir konnten sie gerade noch so retten. Ihre Mutter“, meine Augen huschten zu Ani hinüber, als ich das Wort aussprach, „hat es leider nicht geschafft.“

„Wenn wir nach Volterra zurückkehren, ist das Nayelis Todesurteil“, erklärte Nahuel.

„Das müsst ihr nicht. Ihr könnt natürlich bei uns bleiben“, sagte eine freundliche Vampirdame und lächelte uns an. „Unser Zuhause ist groß genug.“

Ich versuchte zurück zulächeln, doch bei dem Gedanken, an das, was hinter uns lag, fiel es mir schwer...
 

Die verzweifelten Schreie bekam ich nicht mehr aus meinem Kopf. Die hilfesuchenden, flehenden Gesichter verfolgten mich in meinen Träumen. Wann immer ich die Augen schloss, sah ich sie. Wann immer es still um mich wurde, erklang das Wehklagen...

Unsere Flucht aus Volterra war das Schlimmste gewesen, was ich je erlebt hatte. Es war Nacht gewesen. Ich hatte in meinem Bett gelegen. Meine Gedanken waren abgeschweift. Fort von dem, was ich damals meine Heimat nannte, hinüber nach Irland. Seit ihrer Abreise hatte ich nichts mehr von ihnen gehört. Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, lag er blutüberströmt auf meinem Fußboden, nachdem er zuvor mehrfach Hals über Kopf gegen meine Stahltür gerannt war. Vollkommen verwirrt und am Ende. Ich wusste nichts über seinen Zustand. Ich wusste nicht, ob er überlebt hatte oder ob er vielleicht schon längst gestorben war. Alles, was mir geblieben war, war die Erinnerung an unsere Nacht am Kaminfeuer. Es war wahrscheinlich die bisher schönste, aufregendste und sinnlichste Nacht meines Lebens gewesen...

Ich starrte mit einem Lächeln auf den Lippen an die Zimmerdecke, als ich daran dachte und ein Kribbeln durchfuhr meinen Körper, wenn ich mich an das Gefühl seiner Lippen auf meiner Haut erinnerte...
 

Und plötzlich hörte ich draußen einen ohrenbetäubenden Lärm, ehe es gegen meine Tür polterte und Nahuel in mein Zimmer platzte. Erschrocken setzte ich mich auf und zog die Decke hoch. „Nahuel?!“, fragte ich erschrocken.

Im Dämmerlicht sah ich sein erschrockenes Gesicht. „Steh auf, Sangi. Wir müssen fort!“

Er ging zu meinem Schrank, zog wahllos ein Hemd und eine Hose hervor und warf sie mir aufs Bett, ehe er zur Eingangstür zurückkehrte. Ich knöpfte gerade noch eilig mein Hemd zu, als ich zu ihm ging. Er hatte sich hingesetzt und lehnte seinen Rücken gegen die metallene Tür.

„Was ist los?“, wollte ich wissen.

Er stand auf und nahm meine beiden Hände in die Seinen.

„Wir sind hier nicht mehr sicher, Sangi. Aro lässt die Halbvampire auf Caius' Wunsch hin dezimieren.“

„Was? Warum?“ Mein Herz begann zu rasen. Ich hatte nie viel mit den anderen Halbvampiren zu tun gehabt. Sie hatte mich wegen meiner Sonderstellung auch nie wie eine der ihren behandelt. Aber ich kannte diese Art von Brutalität von Aro gar nicht. Zu mir war er immer freundlich gewesen. Natürlich hatte ich auch Menschen getötet, aber das war für mich eine Notwendigkeit gewesen, schließlich gehörte das Blut trinken zu unserer Natur, genauso wie eine Katze Mäuse fraß. Ich wusste auch, dass Aro schon andere Vampire hatte ermorden lassen, doch war mir immer klar gewesen, dass er es getan hatte, weil sie gegen die Regeln verstoßen hatten und damit die anderen Vampire gefährdeten.

Doch den Mord meiner Artgenossen empfand ich als reine Willkür. Sie waren keine Nahrung und sie hatten nie eine Regel missachtet.

Nahuel nahm mich am Handgelenk und öffnete die Tür. „Lass uns verschwinden, Sangi.“

Ich blieb im Türrahmen stehen und zog meine Hand weg. „Nein!“

Nahuel sah mich verwundert an.

„Wir können sie doch nicht einfach so sterben lassen und uns selbst in Sicherheit bringen!“

„Das müssen wir! Entweder du rettest dein eigenes Leben oder keines!“

„Nein...“, hauchte ich und schüttelte den Kopf, dann rannte ich an ihm vorbei davon. Er hob noch seine Hand in meine Richtung, wollte mich festhalten. „SANGREAL!“, schrie er mir hinterher. Schleunigst rannte ich Richtung Aufzug, hoffend, dass niemand sonst dort war.
 

Tatsächlich. Wie durch ein Wunder, war ich allein dort. Wahrscheinlich waren sie bereits im Kellergeschoss und vollbrachten ihr teuflisches Werk.

Unten angekommen stürmte ich hinaus, kaum das die Türen weit genug geöffnet waren, damit ich hindurch passte. Ich war noch nicht weit gelaufen, da stolperte ich in meiner Eile, in der Dunkelheit, über etwas Weiches. Ich schlug hart auf und spürte den kalten Fußboden an meinem Gesicht. Mit zusammengekniffenen Augen stützte ich mich mit den Armen vom Boden ab, dann erst sah ich hinter mich – und erschrak: hinter mir lag der leblose Körper von Samuel, einer der Halbvampir-Zwillinge. Sein blondes Haar war blutverschmiert, seine Augen leer. Ich schrie auf, erhob mich und stolperte davon. Doch je weiter ich den Gang entlang lief, um so mehr kreuzte der Tod meinen Weg. An den Wänden und den Böden klebte rotes Blut. Und gelegentlich kreuzten ein oder zwei tote Körper meinen Weg. Die Gliedmaßen grotesk verdreht und übersät mit blutenden Bisswunden.

In der Kantine ankommen, wurde ich fast von dem hellen Licht geblendet, das von der Decke strahlte. Sämtliche Tische waren verrückt, umgefallen oder zerbrochen. Nichts stand mehr an seinem angestammten Platz. Als ich plötzlich Schritte hinter mir hörte, ergriff ich erneut die Flucht. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich mit einem Satz hinter dem nächsten Tisch verschwand, meinen Rücken gegen das weiß bemalte Holz presste und hoffte, nicht entdeckt zu werden. Erst als die Schritte leiser wurden und die Person sich entfernt hatte, atmete ich wieder auf.

Und dann hörte ich es: das Schreien eines Babys. Ich sah verwundert auf und lauschte dem Wimmern und Weinen, dessen Ursprung wohl hinter der großen Theke zu sein schien, hinter der sonst immer die etwas pummelige Martha gestanden und Essen verteilt hatte. Mit einem Hüpfer verschwand auch ich dort. Das Nächste, was ich vernahm, waren entsetzte Schreie. Hinter der Theke lagen zwei Halbvampirmädchen, die mich wahrscheinlich für eine Gefahr hielten. „Sht... sht!“, versuchte ich sie zu beruhigen und legte einen Finger an meine Lippen. „Ich will euch nichts tun“, flüsterte ich.

Erst jetzt erkannte ich sie. In der Ecke lag Suti. Sie schwitzte stark und ihre langen Locken klebten in ihrem Gesicht. In ihrem Arm hielt sie ihre Tochter: Nayeli. Die Kleine war erst vor kurzem auf die Welt gekommen. Während ihre Mutter müde und schwach wirkte, schien das Baby jedoch gesund zu sein. Neben den Beiden saß Samantha, Samuels Zwillingsschwester. Ihr langes blondes Haar war ebenso blutverklebt wie das ihres Bruders, offensichtlich waren sie schon einem Angriff entkommen.

„Warum passiert das alles?“, wollte Samantha verzweifelt wissen. „Was haben wir getan, dass wir das verdient haben?“ Ihre blauen Augen füllten sich mit Tränen.

Ich schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht.“

Plötzlich begann das Baby wieder zu schreien. Samantha nahm es zu sich auf den Schoß und begann ihm beruhigend auf den Rücken zu klopfen und es hin und her zu wiegen. Die Mutter der Kleinen hustete dagegen mit einem Mal stark und spuckte dabei Blut. Dennoch setzte sie sich mit ihrer verbliebenen Kraft auf und hob ihr Shirt hoch, woraufhin Sam das Baby wieder in die Arme seiner Mutter legte, sodass es von ihrer Brust trinken konnte.

Ich hatte nie sonderlich viel von der Aufzucht der hier geborenen Halbvampire mitbekommen. Ich erinnerte mich auch nicht an meine eigene. Aber soweit ich wusste, nahm man die Kinder sofort nach der Geburt weg, um schnellstmöglich in Erfahrung zu bringen, wie menschlich es war oder eben nicht. Das ein Halbvampir eines seiner Kinder säugte, hatte ich nun wirklich noch nie gesehen und es war faszinierend und traurig zu gleich, denn wie ich später erfahren sollte, war es gerade diese Menschlichkeit, die Nayeli und ihrer Mutter das Leben kosten sollte.

Wachsam saßen Sam und ich in den folgenden Minuten an Sutis Seite und lauschten jedem noch so kleinen Geräusch. Während Nayeli friedlich trank, rechneten wir mit einem Angriff.
 

Kurz später sprang schließlich die Tür zur Kantine auf, knallte gegen die Wand und einige Brocken Beton bröselten herab, während zwei Vampire den Raum betraten. Suti hinter mir, drückte ihr Kind fester an sich und Sam und ich, obgleich sie noch nie gekämpft hatte, gingen in eine Abwehrhaltung über, bereit um um das junge Leben hinter uns zu kämpfen. Die zwei Vampire sprangen auf die Theke zu. Ich hechtete einem davon entgegen, so dass wir vor der Theke auf den Boden knallten. Sein Kollege verschwand dahinter und ich hoffte, dass ich es rechtzeitig schaffen würde, Sam zur Hilfe zu kommen.

Der Raum wurde von Nayelis bitterem Schreien und Sutis Wehklagen erfüllt, als ich mit dem Angreifer über den Boden fegte. Der mir relativ unbekannte Volturi packte meine beiden Arme, drehte sie mir auf den Rücken und zwang mich zuerst auf die Knie und dann komplett zu Boden. Ich spürte die Last seines Gewichts auf meinem Körper.

„Du hast Glück, dass du eine der wenigen bist, die nicht auf unsere Abschussliste stehen.“

„Monster...“, presste ich unter Schmerzen heraus.

„Sie steht vielleicht nicht auf deiner, aber du auf meiner!“ Nahuels Schrei hallte durch den ganzen Raum. Ich vernahm einen dumpfen Schlag und ein Stöhnen, dann war das Gewicht von mir verschwunden und meine Arme wieder frei. Wenige Augenblicke später knallte der Volturi mit gebrochenem Genick zu Boden. Nahuel hatte ihm den Hals umgedreht.

Ich hätte mich gern bei ihm bedankt, doch ein markerschütternder Schrei hielt mich davon ab. Atemlos rannte ich zurück zur Theke, Nahuel folgte mir. Suti lag noch immer in ihrer Ecke, hatte sich aber mit dem Gesicht zum Holz gedreht und schirmte ihr Kind ab, so dass man nur noch ihren blutigen Rücken sah. Sam hingegen war ihrem Bruder gefolgt. Ihr Leichnam lag nur wenige Meter von den beiden entfernt. Kaum dass der Vampir von ihr abgelassen hatte und sich auf machte, um auch Suti zu töten, packte Nahuel ihn am Genick und zog ihn weg. Ich hingegen krabbelte vorsichtig hinüber zu Mutter und Tochter.

Vorsichtig legte ich eine Hand an ihre Schulter und drehte sie um. Sie hatte die Augen geschlossen und ich fürchtete schon, zu spät gekommen zu sein, doch dann öffnete sie sie langsam. Sie waren ebenso grau, wie die ihrer Tochter. Doch waren sie müde.

„Du musst durchhalten. Vielleicht können wir dich retten“, flüsterte ich.

Suti schüttelte den hübschen Kopf, mit dem zart gelockten schwarzen Haar. „Nein. Meine Zeit ist vorbei. Aber vor Nayeli liegt noch ein ganzes Leben. Und alles was ich ihr geben kann, ist die Chance auf dieses Leben. Kannst du mir diesen letzten Wunsch erfüllen und meiner Tochter das Leben geben, das sie verdient hat, das wir alle verdient hätten?“

Tränen liefen meine Wangen herunter und zogen feuchte Bahnen über meinem Gesicht. Ich spürte wie sie über meine Lippen und mein Kinn wanderten, hinab fielen und meine Hand berührten.

Suti hob mir mit letzter Kraft ihr Baby hingegen. Ich hob langsam die müden Arme und nahm Nayeli in meine Obhut. „Gib ihr ein freies, lebenswertes Leben, Sangreal. Ohne Hass. Ohne Tod.“

Ich nahm die Kleine in den Arm und drückte sie an mich. „Das werde ich. Versprochen.“

„Danke...“, sagte sie, dann begannen ihre Augen zu flackern und schließlich wurde ihr Körper lasch und ihre Augen schlossen sich...
 

Das Nächste, woran ich mich erinnerte, war Nahuels erneuter Griff um mein Handgelenk.

„Lass uns gehen, Sangi“, sagte er und zog mich, mitsamt dem Kind auf meinem Arm, hinter sich her. Wir liefen durch einige enge, mir unbekannte, dunkle Gänge, bis Nahuel schließlich vor einer runden metallenen Luke stehen blieb. Sie war rostig und sah schwer aus. Nahuel ließ meine Hand los, ging zu ihr hinüber, nahm den Griff und drückte ihn mit aller Kraft herunter. Er stöhnte angestrengt dabei, doch der letzte Schrei wurde von dem befreienden Geräusch des nachgebenden Griffes übertönt. Mit einem Quietschen öffnete sich die Schleuse. Vorsichtig warf ich einen Blick an Nahuel vorbei hinein. Es war ebenso dunkel, wie die Gänge, die wir hinter uns hatten, mit dem Unterschied, dass jetzt noch ein fauler Geruch und eine unglaubliche Feuchte dazu kam.

Nahuel stieg durch die Luke hinein und hob mir seine ausgestreckte Hand, mit der Handfläche nach oben, entgegen. „Komm...“, sagte er sanft.

Ich zögerte einen Augenblick. Nahuel verharrte in seiner Stellung. Erst als ich meine Hand in seine legte, schlossen sich seine Finger sanft und er zog mich zu sich. Ich stieg durch die Luke in die Dunkelheit und stand sofort mit den Füßen im Wasser.

„Igitt...“, stöhnte ich leise. „Was ist das?“

„Wasser“, antwortete er und schloss die Luke hinter uns. „Und andere Dinge, deren Bezeichnung du nicht wissen möchtest.“

„Na dann...“, sagte ich und begann, Nahuel eine Stunde lang durch die Dunkelheit des Abwasserkanals zu folgen.

„Wohin gehen wir?“, wollte ich wissen.

„Weißt du, dass du mich gerade sehr stark an jemanden erinnerst?“, sagte Nahuel nun und ignorierte meine Frage.

„An wen denn?“

„An Anthonys Mutter.“

Ich sah ihn verdutzt an. „Was? Warum das denn?“

„Als sie damals schwanger war, hatten die Volturi sie gefangen gehalten. Ich half ihr damals zu entkommen. Wir sind genau denselben Weg gegangen, den wir jetzt gehen.“

„Durch diese Brühe?“, hakte ich nach.

Nahuel lachte leise. „Sie war auch nicht sonderlich begeistert gewesen, das kannst du mir glauben.“

„Tue ich“, sagte ich, woraufhin eine kurze Stille folgte, ehe ich nochmal das Wort ergriff.

„Aber wahrscheinlich hätte sie für ihre Kinder noch viel mehr getan, als hier durch zu waten.“

„Tut sie noch immer.“

Das Gesprächsthema brachte mich auf eine Idee. „Nahuel?“, fragte ich vorsichtig.

„Ja?“

„Wie kam es damals eigentlich dazu, dass du mit allen Cullens den Thronsaal gestürmt hast?“

„Das ist eigentlich relativ schnell erzählt. Carlisle rief mich an und erzählte mir, dass Anthony sich wohl mal wieder in Schwierigkeiten gebracht hatte. Sie folgten Mariella und Seth nach Volterra und während die Beiden dir über den Weg liefen, hatte ich mich mit den Cullens getroffen.“

„Gut, dass du das getan hast. Wer weiß was sonst geschehen wäre...“

„Niemand kann das sagen, Sangi. Aber es ist nicht der erste Gefallen, den ich ihnen tat. Und nun ist es an der Zeit, dass wir eine Gegenleistung verlangen müssen.“

„Gegenleistung?“

Obwohl es dunkel war, sah ich, dass er nickte. „Wir werden zu ihnen gehen und sie um Hilfe bitten. Ich kenne keinen anderen Zirkel, der es mit den Volturi aufnehmen könnte. Bei ihnen sind wir am sichersten.“

„Aro wird aber wissen wo wir sind und dann sind sie in Gefahr. Das will ich nicht“, protestierte ich.

„Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Eine andere Wahl haben wir nicht. Sag mir wohin wir gehen sollen?!“

Ich blieb stehen und sah zu Boden. „Ich weiß es nicht.“

Er legte eine Hand an meine Schulter. „Die Cullens werden die Volturi sowieso angreifen, früher oder später. Ob sie es nun tun, um uns zu beschützen oder aus Rache.“

„Was ist wenn Ani es nicht geschafft hat? Meinst du sie kommen damit klar, dass wir plötzlich auf der Bildfläche auftauchen und um Asyl bitten?“

„Ich denke schon. Mach dir keine Sorgen.“

Worüber ich mir keine Sorgen machen sollte, ob nun wegen der Asylfrage oder wegen Anthonys Leben, das fragte ich nicht nach. Zu überfordert war ich mit der ganzen Situation gewesen.
 

„Sangi?“

Nahuels Hand berührte meine Schulter und riss mich aus meinen Gedanken. Ich blickte mich etwas verwirrt um, ehe mir wieder einfiel wo und warum ich hier war.

„Alles in Ordnung?“, fragte Nahuel mit besorgtem Blick. Ich schluckte und nickte dan.

„Ja... ja... i-ich...“

Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Lauter besorgte Gesichter.

„Ich bin nur müde...“
 

„Oh, natürlich, Liebes“, sagte die Vampirdame neben dem Blonden und lächelte mich sanft an, ehe sie mit der Hand gestikulierte, dass ich aufstehen sollte. „Na komm... ich zeig dir dein Zimmer.“

Ich lächelte mit der Kleinen auf meinem Arm zurück und erhob mich, ehe ich ihr folgte...
 

- Ende Kapitel 12 (Teil 1) -
 

-------
 

Sorry für das kurze Kapitel. Aber nach meiner langen Pause wollte ich euch nicht noch länger ausharren lassen, bis ich ein komplettes Kapitel im August veröffentlichen kann, daher gibt's vorab schonmal ein Stückchen. =)



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2012-08-02T14:56:54+00:00 02.08.2012 16:56
Hammer! Du hast wirklich Talent! Ich liebe es von dir zu lesen, nur würde ich mich freuen, wenn es mit der Update etwas schneller geht^^ RL steht natürlich an erster Stelle, aber denk an deine Leser! ;))
Boaah ich dachte schon das wär das Kind von Antony und Sangreal^^ zum Glück nicht :P

Allerliebst, Luslus
Von:  jennalynn
2012-07-17T19:35:42+00:00 17.07.2012 21:35
Klein aber fein.
Du hast uns echt lange warten lassen *grummel*
Aber das warten hat sich gelohnt ^^
Das Kind ist also nicht von Ani, mhhhh irgendwie schade.
Aber krass unter welchen umständen die drei zu den Cullens sind.
Es ist traurig zu wissen, das die Halbvampire umgebracht wurden.
Es wird Zeit das die Volturi ihren Arschtrit bekommen und zwar einen richtigen.
Danke für dieses Kapitel, ich freu mich aufs nächste.
LG jennalynn
Von:  vamgirly89
2012-07-14T17:57:51+00:00 14.07.2012 19:57
Wow. Bin schon gespannt, wie es weiter geht. Hab auch gedacht, dass das Baby von ihm ist. Freue mich schon auf das nächste. Armes kleines Baby.
Von:  funnymarie
2012-07-14T08:41:09+00:00 14.07.2012 10:41
ein tolles kapitel^^
arme sangreal, gleich von ani so niedergemacht zu werden!
aber ich habe auch im ersten augenblick geglaubt, dass das baby seine tochter sein könnte!
aro ist ja wirklich mies, dass er fast alle halbvampire töten lässt!
von casius erst gar nicht angefangen
ich bin gespannt, wie es weiter geht
lg funnymarie


Zurück