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Ich hasse dich, verlass mich nicht

Lavi x Yuu
von

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Ein schöner Tag für Begegnungen der dritten Art

Am Abend saßen Yuu und Lavi im Grünen und genossen die letzten Sonnenstrahlen, die den ausklingenden Frühlingstag verabschiedeten. Goldenes Licht hatte sich über sie gelegt, das sich im Wind neigende Gras kitzelte über ihre Haut.
 

Lavi hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und blickte gedankenversunken in den fast wolkenlosen Himmel. Auch der zuvor besuchte Trainingsplatz im Wald hatte nicht den gewünschten Erfolg mit sich gebracht. Er seufzte leise, doch sein Optimismus war ungebrochen. Er kannte den Schwarzhaarigen viel zu gut, um die Hoffnung auf sein altes Ego aufzugeben. Doch irgendwie musste er gleichermaßen eingestehen, dass er das neue Ego zu sehr genoss, als dass er es einfach übergehen könnte. Mit jedem Augenblick verlor der Rotschopf mehr die Lust, es überhaupt weiter zu versuchen.
 

Yuu hatte die Augen geschlossen und die Hände auf dem Bauch gefaltet. Er spürte mit einer gewissen Entspannung, wie der Wind über seinen Körper strich. So langsam wusste er wirklich nicht mehr, wieso der Rothaarige so versessen darauf war, dass seine Erinnerungen zurück kommen sollten. Irgendwie hatte der Japaner durch Lavis bisherige Worte das Gefühl, nun das genaue Gegenteil von dem zu sein, das er vorher gewesen war. Wieso sollte man einen solch schrecklichen Menschen unbedingt zurückhaben wollen? Wieso war er überhaupt so gewesen, wo er doch nun das Gefühl verspürte, wirklich glücklich zu sein? War er einst wirklich so unglücklich über etwas gewesen? Wenn ja, was war es bloß?
 

Seine Lider hoben sich widerwillig und sein Blick wanderte zu dem Rothaarigen. Es war ein friedlicher und wunderschöner Tag. Ebenso, wie es ein friedlicher und wunderschöner Anblick war. Yuu seufzte leise: „Du, Lavi?“ Der Angesprochene neigte den Kopf in seine Richtung und lächelte: „Ja?“ - „Wie... wie war ich früher so?“ Über die Frage überrascht richtete der Größere sich auf und überlegte einen Augenblick. Dann schloss er die Augen, zog seine Beine an sich heran und legte seine Arme darauf ab: „Weißt du, Yuu-chan, du warst einzigartig. Stolz, erhaben, mutig und ungemein stur.“ Er kicherte. „Du hast immer versucht den Schein zu bewahren, dass niemand an dich herankommt und du nichts und niemanden magst.“ Nun sah er dem Schwarzhaarigen in die Augen: „Und du hast alle davon überzeugt, nur mich nie. Ich habe immer gewusst, dass unter der harten Schale ein weicher Kern liegt.“
 

Yuu nickte, während er die Worte auf sich wirken ließ: „Verstehe.“ Er stockte. „Nein, eigentlich verstehe ich nicht, wenn ich ehrlich bin. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass ich so war... so ein Ekelpaket.“ Kichernd rückte Lavi näher an ihn heran, legte seine Hand auf die Schulter der Kleineren und schmunzelte vergnügt: „Mach dir keine zu großen Sorgen. Ich habe dich immer so gemocht wie du warst.“ Wie fremdgesteuert wanderte seine Hand zu dem hellhäutigen und weichen Hals. „Und doch hätte ich nie erwartet, was diese kalte und unfreundliche Maske zu verstecken versucht.“ Er strich eine Strähne hinter das Ohr des Schwarzhaarigen. „Denn du hast es nicht nötig, diese Seite an dir zu verstecken.“
 

Mit hochrotem Kopf presste er seine glühende Wange an die warme Hand des Rotschopfs und nickte leicht lächelnd, die Stimme zu einem Flüstern gesenkt: „Ich.. ich mag dich auch, Lavi.“ Der Angesprochene sah Yuu in die Augen. Wie war das? Er hatte es tatsächlich gesagt. Nach all der Zeit hatte er es endlich einmal gesagt! Und er hätte es immer und immer wieder hören können. Sein Auge funkelte und leuchtete vor Aufregung. Seine Hand schmiegte sich an das Gesicht seines Freundes, sein Daumen strich ihm zärtlich über die Wange.
 

Die wie Alabaster schimmernden Lippen des Japaners zitterten leicht, ebenso wie sein ganzer Körper, während der Rothaarige sich langsam über ihn beugte. Sie lösten den Blick keinen Moment voneinander. Yuu legte seine Hand auf die von Lavi, die noch immer an seiner Wange ruhte. Eine angenehme Stille legte sich über sie. Die Luft schien regelrecht zu knistern, die Welt um sie herum versank in Belanglosigkeit. Nur dieser Moment schien zu zählen, dieser perfekte und wundervolle Augenblick.
 

Lavi senkte seinen Kopf noch ein wenig und spürte sein Herz gegen seine Brust hämmern. Er hatte es immer gehofft, dass Yuu ihn mochte, doch mit diesen Worten hatte er niemals gerechnet. „Ich... ich mag dich auch, Lavi.“ klang es in seinen Gedanken noch einmal nach. Sehnsüchtig blickte er auf die zarten Lippen, die noch immer leicht zitterten. Nur noch wenige Zentimeter... von einer schier unüberwindbaren Distanz waren nur noch wenige Zentimeter übrig geblieben.
 

Doch ehe sie sich richtig nahe waren, ertönte plötzlich eine Stimme, die angenehme Stille durchbrechend: „Lavi? LAVI?“
 

Rasch zog sich der Rotschopf von seinem Freund zurück und blickte auf: „Hier bin ich.“ Eine junge Frau mit langen dunklen Haaren kam auf sie zu gerannt, ehe sie nach Luft schnappend vor ihnen stehenblieb. Keuchend lächelte sie: „Ich habe dich schon überall gesucht.“ Lavi grinste breit: „Tut mir Leid, wir haben Yuus Trainingsplatz aufgesucht und sind danach hier hängengeblieben...“ Die junge Frau sah den Japaner mit einem Blick an, der ihm verriet, dass sie sich doch Sorgen machte, obwohl in erster Linie Distanz dominierte. Sie nickte ihm knapp zu: „Und wie geht es dir, Kanda?“
 

Die beiden jungen Männer rappelten sich auf und Yuu sah sie verunsichert an: „Danke, mir geht es so weit gut... aber ich weiß deinen Namen nicht, tut mir Leid.“ Sie hob skeptisch eine Augenbraue und verschränkte die Arme: „Lenalee. Und das muss dir nicht Leid tun, hat es ja sonst auch nie.“ Beschämt wandte Yuu den Blick ab und begann allmählich zu verstehen, was Lavi vorhin gemeint hatte. Er fasste einen Entschluss. Es war ja nicht zum Aushalten, wie reversiert sie sich ihm gegenüber benahm. Also sah er auf und schaute sie wieder an. Freundlich lächelte er: „Es freut mich, dich erinnerungslos kennenzulernen.“
 

Während Lavi leise kicherte ließ Lenalee ihre Arme sinken und sah Kanda verständnislos an. Hatte sie da gerade richtig gehört? Eine ganze Weile wusste sie wirklich nicht, was sie sagen oder machen sollte. Erst die Worte des Rothaarigen holten sie in die Wirklichkeit zurück: „Sag mal, wieso hast du eigentlich überhaupt nach mir gesucht?“ Sie sah ihn an und haute sich selbst gegen die Stirn: „Au weia, das hätte ich fast vergessen. Mein Bruder wünscht dich zu sprechen.“ Sie blickte noch einmal kurz zu Kanda, ehe sie fortsetzte. „Und ich glaube, Bookman ist auch da.“ Die Gesichtszüge des Rotschopfs entgleisten regelrecht und er prustete: „Verdammt, da muss ich mich beeilen.“ Er rannte kopflos zum Gebäude und rief nur noch aufgeregt: „Bring Yuu-chan bitte auf mein Zimmer. Dankeeee!“
 

Nachdem die beiden ihm noch eine Weile nachgesehen hatten, schaute Yuu die junge Frau entschuldigend an: „Tut mir wirklich Leid, aber ich konnte mir den Weg einfach noch nicht merken...“ Ihr Blick war noch immer von Skepsis geprägt, doch sie schüttelte leicht den Kopf: „Macht nichts, Kanda. Komm mit, ich bring dich hin.“ Ohne weiter darüber nachzudenken marschierte sie los und fühlte sich mit dem Japaner hinter sich irgendwie nicht ganz wohl.
 

Auf dem Flur brach der Schwarzhaarige schließlich das eiserne Schweigen: „Sag mal, wieso nennst du mich eigentlich beim Nachnamen, ist das so üblich hier?“ Abrupt blieb Lenalee stehen und fiel fast um, als Yuu sie anrempelte. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn entgeistert an: „Machst du Witze?“ Eigentlich kannte sie die Antwort ja selber: Kanda machte NIE Witze. Seufzend schüttelte sie den Kopf: „Bis auf Lavi hat dich niemand beim Vornamen genannt! Weil uns unser Leben lieb ist!“ Vorsichtshalber trat sie einen Schritt zurück, nicht, dass er sich plötzlich doch noch erinnerte. „Du hast es unter massiven Drohungen strengstens verboten. Dass Lavi noch lebt, ist eigentlich schon ein Wunder an sich.“
 

Yuu merkte deutlich, dass sie angespannt war. Aus Angst. Er seufzte und nickte betrübt: „Entschuldige, das wusste ich nicht.“ Sie hatten ihn nicht einfach nur nicht gemocht, sondern richtig gehasst, wie es ihm erschien. Weder Freundschaft noch Respekt waren zu spüren, sondern einfach nur Angst und Verachtung. Er sah wieder auf und lächelte sie gequält an: „Da vorne den Gang rechts und dann dritte Tür links, richtig?“ Lenalee nickte: „Äh, ja, genau, aber...“ - „Dann finde ich den Rest des Weges alleine, danke.“ Er sah sie aus vernebelten und glasigen Augen an. „Ich will dich ja nicht länger bedrängen.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren marschierte er weiter und die junge Frau sah ihm kopfschüttelnd nach. Nun war sie verwirrt und ebenso neugierig, was wohl ihr Bruder mit Lavi zu besprechen hatte.
 

Entschlossen stapfte sie los, bis sie vor dessen Büro stand und platzte ohne anzuklopfen einfach herein. Komui sah auf und murmelte verwundert: „Hallo Schwesterchen...“ Auch Lavi und Bookman schienen von ihr eine Erklärung zu erwarten, so wie die beiden sie ansahen. Lenalee schloss die Tür hinter sich und murmelte: „Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber mir ist die ganze Sache mit Kanda wirklich unheimlich! Der... er... er war gerade NETT zu mir!“ Komui jedoch nickte nur: „Ich habe schon ein wenig von Lavi gehört. Und so langsam bin ich mir auch sicher, dass das nicht einfach nur ein Unfall war.“ Er lächelte aufgesetzt. „Ich wollte aber ohnehin mit dir sprechen, Schwesterchen. Du und Allen werdet Morgen abreisen. Es wurden Akuma in Prag gesichtet. Kümmert euch darum und haltet bitte auch die Augen offen, ob ihr etwas über Mugen oder Kandas merkwürdigen Zustand herausbekommen könnt. Alles weitere wird dir Allen dann, denke ich, Morgen erzählen können.“
 

Seine Schwester seufzte: „Gut, ich gehe ihn gleich noch besuchen und spreche mich mit ihm ab. Im Moment sind mir die Akuma irgendwie lieber, als Kanda... Also noch mehr, als früher.“ Sie nickte allen einmal zu. „Ich mache mich dann auf den Weg, bis später.“
 

Lavi wartete noch, bis die junge Frau die Tür hinter sich zugezogen hatte und lächelte dann: „Wo waren wir stehengeblieben?“ Er überlegte kurz. „Ach ja. Ich finde die Idee von Bookman nicht schlecht.“ Komui nickte: „Ja, ich finde sie auch gut. Also werden wir es so machen und ansonsten versuch es einfach weiterhin, Lavi. Wir brauchen Kanda einfach. Nicht auszudenken was passiert, wenn jemand herausfindet, dass er außer Gefecht gesetzt ist...“ Doch Lavi grinste nur zuversichtlich: „Ich kriege das schon hin, keine Sorge. Ich melde mich dann Morgen wieder.“
 

Nachdem auch Lavi das Büro verlassen hatte, sah Bookman besorgt auf und murmelte: „Mir gefällt diese Entwicklung nicht. Ich habe die Befürchtung, dass es sich eher um eine Art Bann oder ein Gift handelt. Ich werde mich mal auf die Bücher stürzen und schauen, ob ich etwas herausfinden kann.“ Komui nickte nachdenklich: „Die Befürchtung habe ich auch. Uns läuft die Zeit einfach davon...“ Der Ältere behielt eine weitere Sorge allerdings für sich. Er kannte den rothaarigen Wirbelwind mittlerweile zu gut, um nun zu übersehen, dass er mehr tat, als sich nur um die Gedächtnislücken des Japaners zu kümmern. Seine Stirn legte sich in Sorgenfalten.



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