Von Propheten und Bergen
Hashirama stand auf freiem Feld, genoss die warmen Sonnenstrahlen.
In der Ferne rauschte der Wasserfall des kleinen Tals.
Eine Woche war vergangen seit jenem Vorfall.
Eine Woche, in der er den Uchiha weder gehört noch gesehen hatte.
Eigentlich war dies nichts unübliches, doch fiel es dem Senju auf.
Er hatte unbedingt mit dem Schwarzhaarigen zu reden, doch dieser tauchte heute anscheinend nicht auf.
Dabei war heute wieder ihr gewöhnlicher Trainingstag.
Und zum ersten Mal war Madara nicht da.
Der Kuss musste ihn wirklich ziemlich mitgenommen haben.
Selbst als er einmal auf Mission gewesen war, hatte Madara sich beeilt und war, zwar mit Verspätung und einem verletzten Arm, erschienen.
Doch heute sahen die Chancen gering aus, dass der Senju noch etwas von Madara sehen würde.
Hashirama seufzte.
Wenn der Prophet nicht zum Berg kam, musste der Berg eben zum Propheten kommen.
~°~°~
Izuna stand in der Küche und zerlegte mit einem Messer einige Fische.
Er hatte sie am frühen Morgen bei einem Händler gekauft und wollte zu Mittag Sushi machen.
Manchmal kam er sich vor wie einer Hausfrau.
In Zeiten des Friedens, wenn Shinobi und Krieger recht wenig zu tun hatten, mussten sie sich eben verstärkt um den Haushalt kümmern.
Nicht, dass Izuna sich beschwert hätte, es waren schließlich Arbeiten, die gemacht werden musste. Doch manchmal kam er sich schon ein wenig fehl am Platz vor.
Es klopfte an der Tür und der junge Mann schaute auf.
Er erwartete keinen Besuch.
Kurzerhand schlenderte er an die Tür, das Fischmesser noch immer in der Hand.
Doch als er die Haustür zurückschob, schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht.
„Hallo, Hashirama-san. Ihr wollte bestimmt zu meinem Bruder?“
Der Senju nickte. „Ja, wo ist er?“
„Draußen“, antwortete Izuna kurz und fuchtelte mit dem Messer in die entsprechende Richtung. „Ich habe ihn zum Wäsche aufhängen verdonnert.“
Leicht irritiert trat Hashirama hinter das Haus. Vor ihm eröffnete sich ein weißer See von Leinentüchern und schwarzer Kleidung. Verwundert blickte sich der Senju um. Wie sollte er denn hier Madara finden?
Nach einer Weile entdeckte er einen Büschel schwarzer wilder Haare, die sich zwischen den Reihen hin und her bewegten und wie ein fliegendes Gestrüpp aussahen, das auf der Wäscheleine tanzte.
Er trat zu ihm heran.
"Ist das hier wieder eins deiner Spielchen, Uchiha?", fragte Hashirama ernst.
Nur langsam drehte der Uchiha sich um, das Gesicht dabei stets bedeckt von Strähnen des schwarzen Haars.
Kurz erhaschte der Senju einen Blick auf tote, dunkle Augen, die wie leere Löcher in dem blassen Gesicht wirkten.
Kein Anzeichen des schelmischen Aufblitzen seiner Iriden, welche er immer gehabt hatte, wenn er mit dem Senju gesprochen hatte. Madara hatte die altbekannte Maske wieder aufgesetzt.
„Guten Morgen, Senju. Was gibt es?“
Insgeheim hatte Madara gehofft, dass Hashirama nicht auftauchen würde, dass er es einfach ignorieren könnte.
Aber natürlich konnte er es nicht.
„Ich habe dich etwas gefragt.“ Hashirama trat gefährlich nahe an den Schwarzhaarigen heran, welcher langsam zurück wich, bis er an einen Zaun stieß.
„Ich wüsste nicht, warum ich so etwas tun sollte.“
Madara hielt dem Blick stand, ließ seinen Gegenüber nicht aus den Augen und machte sich auf alles gefasst.
Für den Notfall hatte er sich schon einen waghalsigen Plan zurecht gelegt.
Und wenn der Senju sterben sollte, Gefühle hin oder her, er überließ nichts dem Zufall.
Das war nicht seine Art.
„Dir ist es also ernst?“
Madara knurrte leise. „So ernst wie ich hier stehe.“
„Gut.“
Bevor der Uchiha reagieren konnte, wurde er gegen den Zaun gedrückt und vom Senju geküsst.
Überrascht versuchte Madara sich zu wehren.
Damit hatte er nun wirklich nicht gerechnet.
Doch sein Widerstand war schnell gebrochen und er ließ sich darauf ein.
"H-Hashirama…?", stotterte er, leicht rot werdend, in den Kuss.
"Hm?"
Der Schwarzhaarige schaute auf den Boden und dann zu dem Senju.
„DU PERVERSER ARSCH!“, schrie er und gab ihm eine schallende Ohrfeige.
Hashirama erstarrte für einen Moment, war verwirrt über diese Reaktion.
„Warum machst du dich über mich lustig?!“ Wütend funkelte Madara den Senju an, welcher sich langsam wieder fasste.
„Ich wüsste nicht, warum ich das tun sollte“, wiederholte er die Worte des Uchihas. „Ich mag dich wirklich.“
Er schaute den kleineren direkt an, welcher wieder leicht errötete.
„Du kannst jetzt damit aufhören.“
Demonstrativ rollte Hashirama die Augen, packte ihn dann bei den Schultern. „Warum fällt es dir so schwer das in deinen kleinen, süßen Dickkopf reinzubekommen?“
Madara reagierte nicht, und der Senju wollte sich schon resigniert abwenden, als der kleinere ihn plötzlich am Kragen packte und, ihn zu sich ziehend, das letzte Stück zwischen ihnen überbrückte.
„Aniki?!“
Schritte waren zu hören, als Izuna durch das Wäschemeer zu den beiden kam.
Behendig hob Madara ein Laken auf, welches er vorhin hatte fallen lassen, gerade als er um die Ecke bog.
„Ah, da seid ihr ja“, stellte er mit seiner natürlichen Fröhlichkeit fest „Das Essen ist fertig, Aniki.“
Der Schwarzhaarige nickte leicht. „Hai, ich bin gleich da.“
Sein Bruder wandte sich an den Senju.
„Ihr könnt natürlich gerne noch solange bei uns bleiben und mit essen.“
„Danke, aber ich denke, ich werde mich für heute verabschieden.“ Er verbeugte sich leicht und warf dann einen kurzen Seitenblick auf Madara „Es würde mich freuen, dich bald wieder bei uns begrüßen zu dürfen.“
Er wandte sich zum gehen und Madara grummelte leise.
Izuna trat zu ihm.
„Aniki, du solltest wirklich versuchen, besser mit ihm klarzukommen. Er ist völlig in Ordnung.“
„Hm...jaja.“
Der Schwarzhaarige hätte den Senju gerade erwürgen können.
Aber irgendwie auf eine positive Art und Weise.
~~~~~~~
Die nächsten Tage wurde Madara von Selbstzweifel geplagt.
Zum ersten Mal in seinem Leben war er wirklich planlos, wusste nicht, was er tun sollte.
Der Senju war ein für ihn nicht verständliches Wesen.
Erst ging er auf ihn ein, dass sah es wieder so aus, als hätte er mit ihm nichts am Hut und jetzt so was.
Genervt von seiner Unsicherheit fuhr sich Madara durch die Haare.
Izuna beäugte seinen Bruder misstrauisch.
Es war ihm nicht entgangen, dass Madara in letzter Zeit ein wenig abwesend war.
Er griff nach der Teekanne und schüttete sich die Tasse ein.
Dann schaute er zu dem Größeren.
“Willst du auch noch welchen?”
Keine Reaktion.
Izuna wartete geduldig, doch Madara kaute nur gedankenverloren an einem Essstäbchen. Schließlich schnippte er mit den Fingern vor seinem Gesicht.
„Hallo...Aniki. Noch am Leben?“
„Hmm...was?!“, schreckte der Angesprochene hoch.
„Ob.du.noch.Tee.willst.“
„Ja, bitte.“
Der Jüngere schenkte ihm ebenfalls ein, ließ seinen Bruder jedoch nicht aus den Augen.
„Ist alles in Ordnung, Aniki?“
„Hm, jaja von mir aus.“
Izuna seufzte leise, als der Ältere schon gar nicht mehr zuhörte, sondern stattdessen mit den Stäbchen unsichtbare Linien auf den Tisch zeichnete.
Madara bemerkte nicht mehr, wie sein Bruder aufstand und das Geschirr in die Küche trug.
Vielmehr versuchte er eine Lösung für sein Problem zu finden.
Warum musste dieses Problem auch nur so verdammt gut aussehen?
Warum konnte er selbst nicht ein ganz normales leben führen?
Aber nein, er musste ausgerechnet diesen Senju, welchen er eigentlich partout nicht leiden wollte,...tja, was empfand er eigentlich für Hashirama?
Liebe?
An so etwas glaubte Madara nicht.
Schließlich war er ein Shinobi. Ausgebildet für den Kampf.
Aber er konnte eine gewisse Zuneigung nicht leugnen.
Ja, mehr sogar noch, wie es sich gezeigt hatte.
Der Schwarzhaarige erhob sich seufzend.
Es hatte keinen Sinn sich so darüber den Kopf zu zerbrechen. Stattdessen beschloss er dem Senju einen Besuch zu erstatten.
Immerhin schien dieser auf seinen nächsten Schritt zu warten.