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39 Tage

Wichtelgeschichte für FINICELLA
von

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39 Tage

EINS - FRACHT AUS DEM ORBIT
 

2020 - ISS02
 

"Wir müssen los." Sandra Kellerbach drehte sich um die eigene Längsachse und fragte sich, wie Wong den Brechreiz unterdrückte - sie selbst war sonst nur für Minuten in der Schwerelosigkeit. Gerade lange genug, um mit dem Hüpfer einigen Weltraumschrott einzusammeln und wieder in die Atmosphäre einzutauchen. Es gab gutes Geld für jedes Gramm Schrott, das sie aus der Umlaufbahn fischte. Im Moment baute sie an einem automatischen Sammelschiff.
 

Der Hüpfer hing jetzt an der großen Andockstation der ISS02 - der großen Raumstation, die vor allem mit chinesischem und russischem Geld gebaut wurde.

Am großen Dock befand sich gerade ein Schiff im Bau, das den Mars anfliegen sollte - ein riesiges Gebilde aus filigranen Metallstreben und Wohnmodulen, ähnlich der ISS02.

Wenn die Chinesen etwas bauten, dann richtig. Das Ding war schon über vier Kilometer lang.

Es war ein komplettes Kolonisierungsschiff - für den einfachen Weg gebaut. Auf dem Mars angekommen, würde es komplett zerlegt der ersten Kolonie als Baumaterial dienen.

Der verzweifelte Versuch der Amerikaner etwas ähnliches zu bauen, hatte vor drei Jahren damit geendet, das die erste ISS abgestürzt war.

Ins "Weltraumgeschäft" war Sandra danach quasi automatisch eingestiegen, sie hatte mit ihrem Bergungsschwimmkran Reste der ISS geborgen und an Sammler verkauft. Danach hatte sie das vom US Militär aufgegebene Projekt der "Space Hopper" übernommen. Leichte Fluggeräte, die im niedrigen Orbit große Strecken zurücklegten um dann im Zielgebiet auf der Erde zu landen - weit ab von feindlichen Raketen.

Damals waren die Hopper noch zu schwer und der Treibstoff zu teuer gewesen - obwohl die Amerikaner schon die ersten Gauß-Abschussrampen bauten um den Start ohne konventionellen Treibstoff durchführen zu können.

Bereits das zweite Transportschiff war abgestürzt und beim dritten hatte die Mannschaft die verbesserte Beschleunigung in der Magnetröhre nicht überlebt.
 

"Magschte Schokolde?" nuschelte Wong und hielt ihr einen angebissenen Riegel hin. "Isch von den Russchen ..." kauend tippte er auf einer Tastatur herum, die mehr als eine Spur der russischen Schokolade enthielt.

"Du kannst auf dem Weg nach unten ja die Tastatur ablecken." Sandra drehte sich in die eine, ihr Magen in die andere Richtung.

"Oh, die Schrotthändlerin! Willkommen!" Ein Kopf schob sich durch eine Verbindungsschleuse, dann folgten Schultern und Körper. Sandra fing die hereingeschubste Kiste Schokoladenriegel auf. Der Russe, der breit, lang und zu unkoordiniert wirkte, um auch nur einen Tag auf der Station überstehen zu können, oder die Station ihn, schaffte es unbeschadet in das chinesische Modul.

"Sergej! Du strahlst ja wie die Sonne persönlich." Sandra fing die Schokoriegel und gab ihnen einen Schubs zurück in Richtung Schleuse.

"Hey, die Schoki!" beschwerte sich Wong.,

"Du bist in zwei Stunden zurück auf der Erde, wenn du magst, landen wir direkt auf dem Supermarktparkplatz."

"Zwei Stunden?" Sergej zog eine Augenbraue hoch. "Mach drei draus - und lass unserem Buddha die Schokoriegel. Wir haben drüben ein neues Wohnmodul."

Sandra folgte dem Russen - das Wohnmodul war noch so neu, dass es nicht einmal Einrichtung hatte.

"Was ist? Willst du Weltraumsex?" feixte Sandra. Sergej hatte früher mit ihr auf ihrem Schwimmkran gearbeitet - sie hatten alles geteilt - nur nie das Bett. Was aber alle, inklusive Wong, dachten.

"Au ja, Körperflüssigkeiten verteilen sich überall - lecker", scherzte der zurück und wurde dann ernst.

"Nein, ich habe etwas, das du mit runter nehmen kannst. Nein - musst."

Sergej löste ein Frachtnetz und schob Sandra zwei etwa einen Meter langen und halb so dicken Zylinder hin. Dann gab er ihr eine Speicherkarte,

"Erinnerst du dich an die medizinischen Untersuchungen der amerikanischen Ärzte von der Einser?"

In der Sprache der ISS02 Besatzung hieß die erste Station nur noch 'Die Einser'.

"Ja. Ziemliche Nervsäcke. Die sind doch immernoch hier, oder? Denen müsste ich für die stundenlangen Tests Abführmittel in den Kaffee kippen. Viele Besatzungsmitglieder habt ihr ja nicht überno..."

Sergej schnitt ihr das Wort ab. "Nicht mehr. Wir haben alle Amis rausgeworfen. Schaffe die Zylinder hier runter und tue das, was ich dir auf dem Chip beschrieben habe. Kein Wort zu irgend jemandem."

"Ich kann die Zylinder mit dem Müll entsorgen - wenn sie gefährlich sind."

"Nein!" Sergej schrie fast . "Im Gegenteil - hüte sie wie deinen Augapfel."
 

Die Wolkendecke hing so tief, dass sie fast die Nordsee berührte. Das Wasser schien den Kontakt mit den Wolken zu scheuen, so still lag es in der Morgendämmerung da. Sandra steuerte den Hüpfer in Richtung Schwimmplattform. Direkt neben der Doggeruntiefe in der Nordsee, hatte sie eine mehrere Hektar große Plattform verankert - unterstützt von etlichen Umweltorganisationen, denn Sandra hatte mit ihrem Müllabholdienst im Weltraum genug Geld verdient, um die Doggeruntiefe von dem seit Jahren umstrittenen Windpark zu säubern. Die Plattform selbst störte das Leben im Meer nicht. Sie bestand aus unzähligen locker durch Brücken und Stege miteinander verknüpften Schwimmmodulen - so wurde nicht zu viel Licht für das Leben darunter weggenommen.

Die einzige stabilisierte Plattform schwamm in der Mitte. Darauf befanden sich auch alle Werkhallen und das 'Abschussrohr' für die Hopper. Mit den dicken Magnetringen sah es aus wie eine sich krümmende Seeschlange. Irgend jemand hatte in Sandras Abwesenheit Augen auf den obersten Ring gemalt.
 

Mehr noch als der Müll brachte ihr und Wong die Erfindung Geld ein, mit der sie den Hüpfer jetzt landete. Antigravplatten im Bauch - gespeist von Brennstofzellen deren Wasserstoff auf der Schwimmplattform gewonnen wurde, verringerten den Bedarf an Brennstoff für den Orbithüpfer fast auf Null. Nur im All waren konventionelle Raketentriebwerke nötig - die Antigravplatten arbeiten nur in der Atmosphäre oder im Wasser. Noch war die Plattform sehr leer. Bis auf das Zeltdorf einiger Umweltfoscher am Ostrand und Sandras Orbit-Hüpfer Fertigungshalle neben der Abschuss-Schlange.

"Na, dann bringen wie mal die komischen Zylinder in die Halle."

"Was ist denn da drin?" Wong klopfte auf die Plastikummantelung eines Zylinders.

"Keine Ahnung."

Als sie zwei Stunden später den Speicherchip ausgelesen hatten, verstand Sandra die Wut, die sie in Sergejs Gesicht gesehen hatte und sie bezweifelte, das die Ärzte in einem Stück zur Erde zurückgekehrt waren.
 

ZWEI - ORANGE IN NIEDRIGER UMLAUFBAHN
 

2042 - 22 JAHRE SPÄTER - ORBIT HÜPFER SCHWIMMPLATTFORM
 

"Was war mit den guten Vorsätzen, dass wir uns nichts mehr zu Weihnachten schenken, Mama?" Nadja wischte sich die öligen Finger an ihrem Overall ab und nahm den Umschlag entgegen, den ihre Mutter ihr hinhielt.

Mit der freien Hand griff sie unter die Plane, die über einem der 'Kühlschränke' lag und reichte ihrer Mutter ein in Luftblasenfolie eingewickeltes Geschenk.

"Genau das war mit den Vorsätzen - außerdem ist Weihnachten vor vier Wochen gewesen." Die Schrotthändlerin, in deren knallrotem Haar es mehr und mehr silbern glitzerte, grinste. Ihre Lachfalten störten Sandra ebensowenig wie ihre Frisur, denn sie hatte nichts zu tun mit den Allüren der Landmassenbewohner. Sie lebte zwischen Meer und Weltraum.

Ihrer Tochter ging es ähnlich. Ihr quitschgelber Overall war ölfleckig, der Kopf kahlrasiert. Praktischer beim Tauchen.

Nadja zuckte die Schultern. "Habe ich gerade nicht mitbekommen. War denn nicht gestern Ostern?" Sie faltete den Umschlag auseinander. Eigentlich war das Geschenk nur der Umschlag. Das Papier war ein Ausdruck eines Seegebietes. Mit einem X in der Mitte.

"Morgen früh um Fünf laufen wie aus. Mit dem alten Schwimmkran."
 

Sandra war schon immer ein früher Vogel gewesen - ihm Gegensatz zu ihrer Tochter. Das alte Poster "Der frühe Vogel kann mich mal" besaß ihre Nadja noch immer. Sie hatte es sich bei einem der wenigen Festlandbesuche drucken lassen - in ihrer rebellischen Phase mit 14 oder 15, als Sandra plötzlich begann sie zu ... bemuttern.

Bevor Nadja wusste, warum Sandra so sehr darauf achtete, dass ihre sie so wenig wie möglich aufs Festland kam.

"Ich muss noch Xiu bei den Energiewerten helfen ..." versuchte es Nadja.

"Du kannst auf dem Kran schlafen, Xiu auch." Sandra ließ einige Luftblasen zerplatzen und wollte das Geschenk aufmachen.

"Dann warte damit, bis wir auf deinem Schiff sind", sagte Nadja und nahm ihrer Mutter das Geschenk wieder weg.

"Och menno - das ist doch nur die Rache dafür, dass ich früher Heiligabend immer vergessen habe."

Sandra versuchte eine Schmollschnute zu ziehen, was aber misslang. Sie grinsten sich an und echoten beiden:

"Was ein Glück!"

Mutter wie Tochter hatten mit Weihnachten und anderen Festen nie viel zu tun gehabt. Im Gegensatz zu Xiu, Nadjas Sandkasten- und Jugendfreund, und Wong, der sogar die ISS02 mit Weihnachtsdeko schmückte - auch von außen.
 

Noch immer war die Halle mit Xius 'Kühlschränken' weihnachtlich geschmückt, die Reste der Halloween-Deko und die eingestaubten Osterhasen nicht zu vergessen. Und das ganze Glitzerzeug zu jedem anderen Fest, das Wong oder Xiu kannten.
 

"Ich fahre mit meiner Mutter raus, kommst du mit?" Nadja stupste den bleichen Chinesen an, der seine Fabrikhalle so gut wie nie verließ.

"Draußen? Wasser? Schnee? Kälte? Naß? Eklig? Gegen: Drinnen: Warm, kuschelig, Pizzaservice?" Xiu zerrte an einem kalten Stück Pizza, das eine untrennbare Verbindung mit der Schachtel eingegangen war.

Nadja starrte auf das, was Xiu als Essen bezeichnete.

"Ja, schon klar, Gummipizza ist eine Delikatesse." Sie piekste einen öligen Finger in den Pizzarest. "Das ist ein tolles Zeug, um Boote abzudichten."

"Nein, das löst sicher den Rumpf auf." Sandra stellte Xiu eine mit Klebeband umwickelte Großpackung Vitamintabletten hin. "Frohe Ostern Kleiner. Morgen früh um fünf."

"Bin nachher ab 20 Uhr am Schiff", sagte Sandra. "Muss noch einkaufen. Sergej ist an Bord falls du früher kommst."

Eigentlich hatte Nadja keine große Lust bei Eisregen und Wind hinaus auf die Nordsee zu fahren - Pizzarest und Xiu waren da die bessere Alternative.,

Aber was ihre Mutter auch immer da draußen für sie hatte - sie würde es ihr sicherlich bis ins Wohnzimmer schleppen wenn Nadja nicht mitkam. Auch wenn Nadja gar kein Wohnzimmer hatte.

"Äh, dann bis später."

Nadja öffnete einen der Kühlschränke auf denen "6 Jahre" stand und nahm sich eine Orange - lieber eine sechs Jahre alte Orange als Xius Pizza.
 

Nadja schaffte es, vor ihrer Mutter am Bergeschiff zu sein. Es regnete in Strömen.

"Hilfe?" Sergej kam an Deck, als Nadja grade das Geschenk für ihre Mutter in die Leinen am Kran einfädelte.

"Ja, danke, das gefriert ja hier, bevor ich das Seil durch die Ösen gezogen habe."

Sie ließen beiden ihre Arbeit sinken, als ein Hüpfer auf die private Landeplattform auf dem Hallendach zusteuerte.

Es gab nur einen, der mit Automatik landete - was auch besser war.

Wie sein Sohn war Wong eine Zimmerpflanze, Forscher und Theoretiker.
 

"Muss ja was größeres sein", mutmaßte Sandra. Was auch immer ihre Mutter vorhatte, wenn Wong drei Tage vor seinem Rückflug zum Mars vorbei kam, ging es um mehr als ein altes U-Boot auf dem Nordseegrund.
 

Endlich hatten Sergej und Nadja die neue Flagge für Sandras altes Schiff angebracht. Sie fühlte sich an wie hauchdünner Stoff, bestand aber aus Lichtfasern.

Grade noch rechtzeitig zu Sandras, Wongs und Xius Eintreffen schafften sie es, die Fahne zu hissen.

Ein grüner Hüpfer vor einer sehr blauen Erde leuchtete darauf - Nadjas neues Logo für die Firma ihrer Mutter.
 

Aber das, was ihre Mutter ihr zu Weihnachten schenkte - toppte die selbst gewebte Leuchtfasern Flagge um einiges.
 

Als sie drei Tage später wieder andockten und mit den Bergungstauchern das Wrack betrachteten, das in Xius Kühlschrankhalle viel Platz einnahm, wusste Nadja nicht ob sie sich freuen oder einen sollte.

"Einer der Ur-Hopper. Stabil für die Ewigkeit, scheiß-schwer und hässlich", erklärte Sandra. "Stabil genug, um Xius Kühlschrank wirklich mal zu testen. Ist 2013 abgestürzt - könnte sogar der Prototyp sein."

Unter der teilweise abgeplatzen Farbe glänzte eine undefinierbare Metallegierung.

"Mein Weihnachtsgeschenk ist die dazu passende Bussard-Zugeinheit", verkündete Wong. "Einmal Mars und zurück."

Nadja und Xiu sahen sich an: "Du fliegst!" riefen sie gleichzeitig.
 

Wer auch immer die Rundreise machen würde, als Nadja anfing das Wrack zu reparieren, veränderte sich auch Xiu. Zuerst räumte er die Testkühlschränke weg. Dann ordnete er seinen Arbeitstisch. Dann entdeckte er selbst gekochtes chinesisches Essen.

"Das ist mein Solarium!" Nadja räumte widerwillig den Platz an der Sonne.

"Oh, Mister eitel hat wohl während der Fahrt zum Wrack einen Schlag auf den Kopf bekommen."

Nadja ging zurück zum Hüpfer - um den aktuellsten Typ von Xius Kühlschränken einzubauen, musste sie viel im geradezu winzigen Schiff verändern. Die Hüpfer, die ihre Mutter baute, waren weitaus größer, aber dieses Schiffchen mit kaum fünfzehn Kubikmetern Rauminhalt würde in einen ganz normalen Transportcontainer zum Mars passen - die beste Tarnung für den geheimen Start.

Die nächsten Wochen verbrachte Nadja mit dem Totalumbau des Innenraums. Neue Steuerungscomputer, neue Software, neue Elektronik und vor allem Antigravplatten.

Sie war schon immer die Bastlerin, während Xiu die Pläne machte - nur dieses Mal nicht.
 

"Xiu, könntest du mal das Schiff durchchecken?" Nadja schlüpfte durch das Tuch, das seit neustem Xius Wohnbereich von ihren Wohn- und Werkstatbereich trennte. Als sie Xiu sah, seufzte sie.

"Okay...später." Sie drehte sich um und ging zurück zum Schiff. Xiu war nicht alleine. So sehr Nadja ihm eine Beziehung gönnte - konnte er nicht damit warten, bis sein Projekt auf dem Weg war?

"Ich hätte es dir sagen sollen." Xiu war schneller aufgetaucht, als Nadja gedacht hatte.

"Wäre nett gewesen. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, weil du dich in den letzten Wochen so seltsam verhalten hast."

"Ist halt schwierig. Ist, glaube ich, etwas Richtiges. Mehr als Sex mit Leuten, die mal hier auf die Plattform kommen.

Nadja nickte, sie selbst hatte bisher auch nur "Nicht-Beziehungen" gehabt.

"Vielleicht sind wir doch ganz normale Menschen", grinste sie. "Was ja ganz OK wäre."

Unwillkürlich sahen beide zu den eingestaubten Zylindern, die als wichtige Erinnerungsstücke an einer Wand standen - und die Bases für Nadjas und Xius Kühlschrankprojekt bildeten.

In diesem Moment kam Xius 'ist was Richtiges' angeschlichen. Dem jungen Mann, Marke Surferboy, standen die blonden Haare in alle Richtungen ab.

"Was macht ihr hier eigentlich?"

Sein genervter Ton schlug eine Saite in Nadja an, die sie gar nicht mochte.

"Rosa Elefanten zählen."

Nadja drehte sich um und verschwand im Schiff.

Von allen Neugierigen, die die Plattform besuchten, musste Xiu sich den Oberlackaffen aussuchen - Sunnyboy George, der reiche Sprössling einer Familie die mit Bio-Fischfarmen reich geworden war.

Statt auf den Offshore-Farmen sah man den Typen immer nur in Holo-Vids über das relaxte Leben der Reichen und Schönen in wärmeren Gefilden.

"Na hoffentlich ist er nicht so ein Hohlbrot wie in den Promi-News", redete sich Nadja selbst ein. Wahrscheinlicher war allerdings, dass Xius Freund nutzloser als der fette Waran war, den jemand mal auf der Plattform ausgesetzt hatte und der seitdem immer dann im Weg herumlag, wenn man gerade nicht hinguckte. Warmblütige Gentechnik-Warane hin oder her - nutzloser als dieses Vieh konnte Xius Freund eigentlich nicht sein.
 

Nadja hatte sich damit abgefunden, dass sie die Rundreise machen würde - Xiu war fahrig und unkonzentriert, wenn er ihr denn mal mit dem Schiff half. Grade als Nadja eine Abdeckung über einen Stromverteiler im Schiff schraubte, stieß Xiu an seinen Vitamindrink und kippte das Getränk in einen offenen Kabelschacht im Schiffboden - ohne es zu merken. Nadja fischte den klebrigen Becher raus und donnerte ihn neben Xius Kopf an die Wand. Endlich reagierte er und sah sie, wie aus einem Traum gerissen an.

"Hör' mir mal zu - ich weiß das Du verliebt bist, Xiu - wir können das hier abblasen und das Projekt ohne diesen Beweisflug vermarkten. Aber es wäre toll, wenn du wenigstens die nächsten zwei Wochen an der Feinabstimmung mithilfst. Ich kann diese Berechnungen nicht alleine machen."

Nadjas Stimme war ganz ruhig und gelassen.

Das holte Xiu mehr in die Realität zurück, als der zerdepperte Becher. Das war die normale Nadja. Wütend, aufbrausend und oft hämisch.
 

Xiu blickte in die unterlaufenen Augen Nadjas.

Ein Teil von ihm sehnte sich noch immer nach George und der Aussicht auf die große Party am Abend. Abgeholt von einem VIP-Helikopter, rüber nach London.

Aber irgend ein Teil seines Hirns, der, die die letzten Wochen wie abgeschaltet gewesen war, fing langsam an zu arbeiten.

"Du weißt doch, ich mache Dinge ganz oder gar nicht - Forschungsarbeiten, Pläne und wohl auch Beziehungen, wie es aussieht." Er versuchte es mit einem schiefen Xiu-Grinsen, aber das schien nicht mehr in sein gebräuntes Gesicht zu passen, jedenfalls drehte sich Nadja nur um und begann den Saft aus dem Kabelschaft zu wischen.

Xiu traf eine Entscheidung.
 

***
 

"Ich kann auch Andere haben." George schob angeekelt eine Pizzaschachtel von Xius Arbeitstisch und betrachtete einige Datenausdrucke.

"Mein Leben besteht nunmal nicht nur aus Party und Urlaub - das woran Nadja und ich arbeiten ist wichtig."

"Wir sehen uns ja kaum noch." George ließ sich auf das nach alter Xiu-Art vollgemüllte Sofa fallen.

"Nicht meine Schuld. Die Arbeit erledigt sich eben nicht auf Hawaii oder im Club 1337."

George hob mit spitzen Fingern einen Ausdruck hoch. "Fade Berechnungen - du musst nicht mehr arbeiten, Schatz - wir können ein tolles Leben führen."

"Ein langweiliges..." rutschte es Xiu heraus, bevor er es verhindern konnte.

Statt - wie befürchtet - eines seiner üblichen Beleidigungs-Dramen zu inzenieren, starrte George Xiu nur wütend an und ging dann untypisch langsam zu seinem Helikopter.

"Gib mir noch drei Monate, George, dann wirst du wissen, was Nadja und ich bauen."

Xiu hörte nicht wie George wütend "Nadja und ich!" echote.
 

***.
 

Noch drei Tage.

Alles war vorbereitet und Nadja hätte sich ausruhen sollen. Aber sie war zu aufgeregt. Sie ging jedes Detail der Rundreise zum Mars und zurück durch. 39 Tage hin und 39 zurück. Mit den neuen Bussard-Triebwerken des Mars-Versorgers ein Fahrplan wie bei einer Straßenbahn.

Jemand betrat das Schiff.

"Kannst du nochmal den Zeitplan durchsehen", sagte Nadja und zog den Kopf aus einer offenen Wartungsluke im Boden. Es war nicht Xiu. George sah sich mit geschürzten Lippen, den Kopf im niedrigen Schiff eingezogen, um.

Er betrachtete einige Monitore.

"Wo ist Xiu?"

Nadja zuckte die Schultern. "in einer anderen Dimension? Oder auf dem Klo? Keine Ahnung. Er wollte hier aber nochmal die Zeitpläne durchsehen. Kannst gerne auf ihn warten."

"Sehe ich so aus? Ich weiß eh nicht, warum er sowas wie dich, fickt Glatzenkuh."

Nadja wusste nicht, ob sie lachen oder wütend werden sollte. Sie entschied sich dafür, dem geschniegelten Idioten eine Orange nachzuwerfen - eine, die zu lange auf der Schiffsheizung gelegen hatte.

Die Frucht vollzog eine ballistische Kurve, die stabiler war als mache Umlaufbahn diversen Schrotts im All und klatschte dann gegen Georges Hinterkopf.

Grade als Xiu den Hallenbereich, in dem das Schiff stand, betrat.

„Was sollte das?“ Xiu betrat einige Minuten nach Nadjas Orangenwurf das Schiff.

„Er ist ein hohler, eifersüchtiger Idiot, der denkt, wir hätten etwas miteinander. Wärst du nur bei deinem Vorsatz geblieben, nie eine feste Beziehung einzugehen, Xiu!“

„Ich könnte ihm erklären, was wir sind...“

"Kein Wort", flüsterte Nadja.

"Aber wenn ich ihm das mit uns erkläre - ich meine du bist meine ..."

"Kein Wort", noch leiser und ruhiger. "Wir haben Wong und Sandra geschworen nie jemandem zu sagen, was und wer wir sind."

"Er ist aber so eifersüchtig. Du ahnst gar nicht, wie er dauernd kontrolliert, was ich mache.“ Xiu sah genervt drein.

"Dann löse das anders."

"Wenn du nicht mehr mit Orangen wirfst."
 

DREI - 39 TAGE.
 

Der Marscontainer war da. Nur von außen sah er noch wie ein normaler Frachtbehälter aus. Achteckig mit Befestigungsösen - innen war die komplette Isolierschicht heraus gerissen worden, um Platz für den Hüpfer zu schaffen, der jetzt mit hochgeklappten Flügeln verladen wurde.

"Du hast jetzt 39 Tage, um mit George einen großen Urlaub zu machen. Sobald ich dir bestätige im Mars Orbit zu sein, lässt du die große Medien-Bombe platzen."

Nadja war bis auf die an ihren Körper geklebten Überwachungssensoren nackt.

"Wir hätten es vorher testen sollen", sagte Xiu und blickte auf die grünliche Flüssigkeit in der Nadja liegen würde.

"Die Orange war OK, der Waran auch und wenn wir anderen Entwicklern vorraus bleiben wollen, müssen wir das einfach testen."

"Du testest es - ich fahre in Urlaub ..." Xiu blickte betreten drin.

"Kopf hoch, ich komme als Heldin zurück und du bis immernoch der kleine Nerd. Wenn danach auch ein reicher Nerd."

Nadja setzte die Atemmaske auf und tauchte ab.

Xiu schloss den Deckel der Stasebox, wie sie die 'Kühlschränke' offiziell nennen wollten.

Das Gel im Inneren war eigentlich nicht nötig. Nadja würde von Antigravplatten in der Mitte der Box schwebend gehalten, aber die Flüssigkeit enthielt Nährstoffe. Eigentlich auch unnötig, denn die Stase aktivierte sich binnen Minuten vollständig, dann verbrauchte Nadja in einem Jahr die Energie, die sie sonst in einer Minute verbrauchen würde. Aber so konnten sie auch gleich die verbesserte Nährflüssigkeit testen können.

Sicher war sicher, wenn die Stase ausfiel und Nadja die vollen 39 Tage wach sein musste, würde ihr Körper mit Nahrung und Sauerstoff versorgt.
 

Der Start war langweilig.

Es wurde nur ein Marscontainer abgeholt und auf die Reise geschickte. Kühlaggregate für den Mars. Offiziell.

Xiu sah dem Hüpfer nach, der aus der Startröhre schoss und den an sein Heck gekoppelten Container in den Orbit brachte. Sandra lieferte ihre Tochter selbst ab.

"Na, Geld verdient? Zehn Minuten in diesem kalten Wetter und meine Haut beginnt auszutrocknen."

George tauchte wie immer recht unerwartet auf. Seit sein neuer Heli über Antigravplatten verfügte, schlich er quasi vom Festland rüber.

Xiu hatte keine Ahnung, dass George schon sehr viel länger da war und er sah auch nich, wie er ein Datenkabel ins Meer fallen ließ, als sie den Startbereich über eine der offenen Brücken verließen.
 

***
 

Nadja schlug die Augen auf. Das automatische Wecksystem hatte das Nährgel abgesaugt und den Deckel geöffnet. Sie war noch etwas benommen von der Beruhigungstablette, die sie vor dem Start genommen hatte. Es war ein Gefühl, als wäre sie aus einem tiefen, erholsamen Schlaf erwacht. Erst als sie auf ihren Beinen stand, bemerkte sie, das es an Bord Schwerkraft gab.

Die modifizierten Antigravplatten funktionierten also.

Das Absaugen des Nahrungsgels wäre also nicht nötig gewesen. Nadja löste sich von der künstlichen Sauerstoffversorgung und schmeckte die schalte Luft im Hüpfer.

„Na ja, 39 Tage nicht gelüftet“, krächzte sie.

Bevor sie sich vor die Übertragungskamera begab, musste sie ihre Stimme wieder in Ordnung bringen.

Aus einer Wandluke entnahm sie einen frischen Overall und ein Handtuch zum abtrocknen. Befremdet berührte Nadja beim Gel abwischen die Haarstoppeln auf ihrem Kopf. Sie war sich sicher, sich vor dem Start den Kopf rasiert zu haben.

Als sie zum Kommunikationsrechner ging, sah sie etwas in der Stasebox.

„Danke“, das Krächzen war noch nicht besser – aber die Dose Orangensaft, die Xiu in die Box geworfen haben musste, nachdem sie drin lag, half gegen ihren extrem ausgetrockneten Rachen.

Nadja berührte den Aktivierungsknopf, der alle Schiffssysteme hochfahren würde – im Moment wurde der Hüpfer nur von den Systemen der Stasebox versorgt.

So konnte man ein Schiff im Transit ausschalten und erst wieder aktivieren, wenn die Crew erwacht war. Das schien schon mal zu klappen.

Die Lufterneuerung sprang an, ebenso wie die Heizung. Zwar war das Schiff für Nadjas Erwachen vorgewärmt worden, aber es war trotzdem kalt – etwas das ihr erst bewusst wurde, als ihr Körper anfing, im warmen Luftstorm zu kribbeln.

Viele eisige Tauchgänge hatten Nadja gegen Kälte abgehärtet – aber das All um sie herum war viel eisiger, als es die Nordsee je sein würde.

Der Schiffsrechner verband sich mit dem Zugsystem, das über die besseren Antennen verfügte. Dann wurden die ersten Navigationsdaten eingespielt. Zuerst glaubte Nadja, es läge an ihr, das sie die Daten falsch interpretierte.

Sie rief eine 3D Ansicht des Sonnensystems auf – nichts.

Dann die Kontrollfunktionen der Stasebox.

Zuerst starrte sie nur auf die Zahl. Alle Punkte waren grün markiert.

Alle Systeme funktionierten.

Aber statt 39, sprangen ihr 3900 Tage entgegen.

„Dann bin ich auch 100 Mal weiter weg“, dachte sie träge. Irgend ein vergrabenes Wissen über die Funktionsweise des Bussardtriebwerks flüsterte „eher mehr“, in ihrem Kopf, denn dieses Triebwerk, erst einmal in Fahrt, beschleunigte immer weiter. Nicht endlos – aber beim Erreichen der höchsten Geschwindigkeit brauchte es keinen zusätzlichen Treibstoff mehr. Nadja loggte sich in die Daten des Antriebsschiffes an, an dem der Container mit dem Hüpfer, wie auch zwanzig weitere Frachtcontainer hingen.

Das ganze Gebilde flog auf einer leichten Kreisbahn, irgend etwas musste schon beim Start schiefgegangen sein, denn sie war weit vom Kurs am Mars vorbeigeflogen.

Aber das die Stase sich nicht nach 39 Tagen abgeschaltet hatte, wunderte Nadja. Sie hätte den Container absprengen und versuchen können, mit dem Hüpfer den Mars zu erreichen.

„Über zehn Jahre“, flüsterte Nadja. Sie dachte dabei nicht an ihre Situation, sondern hatte das Gesicht ihrer Mutter und von Xiu vor Augen.

Und was hatte Wong gedacht, als das Versorgungsschiff auf dem Mars ausblieb?

Er hatte gerade die Stelle als Leiter der Kolonie angenommen – sicher hatte Xiu seinem Vater berichtet, das Nadja an Bord des Transporters war.

Nadja fühlte wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete, sie kannte ihre Familie – Während sie geschlafen hatte, bemühten sich drei Menschen sicher immer noch darum herauszufinden, was passiert war.

Nadja aktivierte das Kom-System – mit einem fast unhörbaren Zischen versagte die Lufterneuerung – der Schiffsrechner war tot.

Und sie hatte keine Möglichkeit an Bord des Hüpfers etwas daran zu ändern.

Auch der Stromverbrauch der Stasebox war jetzt enorm hoch – im Betrieb verbrauchte das Ding fast nichts – aber jetzt speisten die Batterien auch Heizung und Licht des Schiffes. Nadja riss die Baupläne des Schiffes aus einer Luke.

Als das Licht schon trübe wurde und die Heizung nur noch verhinderte, dass die Temperatur sich zu schnell der Kälte im All anpasste, fand Nadja was sie suchte.

Der Hüpfer war noch als Militärschiff gebaut worden – es gab einen Notsender – und der steckte hinter der Stasebox in der Wand.
 

***
 

Drei Stunden später konnte sie mit dem umgebauten Notsender wenigstens einige Morsesignale senden. Nadja stellte den Sender ins Heck des Hüpfers, eigentlich wurde in einem Notfall an einer Leine hinter dem Hüpfer hergezogen, aber da war der Container im Weg.

Vielleicht war das Signal stark genug, das eigentlich nur wenige tausend Kilometer überbrücken können musste.

Die Entscheidung eine zusätzliche Gelbatterie zur Leistungssteigerung an das umgebaute Gerät zu bauen, mochte den Sender unbrauchbar machen – nicht nur die Kälte ließ Nadjas Finger zittern, als sie den Sender einschaltete. Eine Kontrollampe leuchtete grellgrün, dann begann sie zu blinken, Nadjas Signal wurde gesendet.

Noch bevor der ganze Notruf raus war, begann der Sender zu qualmen und Nadja riss die Zusatzbatterie ab.

Ohne die Luftfilter stank es jetzt auch noch nach verschmortem Plastik.

Ihr ausgekühltes Gehirn versuchte zu berechnen, wie lange die Signale im besten Fall zur Erde brauchten – schneller als das Schiff waren sie auf jeden Fall – aber es war einfach schon zu kalt und Nadja hatte sich nie mit Daten, die für die Raumfahrt wichtig waren, befasst.

Sie stellte die Stasebox auf manuelle Steuerung um – keine Eingabe der Stasezeit – sie würde aufwachen, wenn das Gerät keinen Strom mehr hatte – um dann gemütlich im Schiff zu erfrieren.

Den Aufwachmechanismus zu überbrücken, würde einen sanften Tod garantieren – aber Nadja verabscheute bewussten Selbstmord.

„Mal sehen, wie lange so ein Ding funktioniert“ … wenigstens das konnte sie auf ihrer Reise noch herausfinden.
 

***
 

Erneut erwachte Nadja im Gel, die wappnete sich für das, was kommen würde, kommen musste. Das Schiff würde durchfrieren, inklusive des Gels. Während sie noch hoffte, dass es schnell gehen würde, hob sich der Deckel der Stasebox.

Sie nahm alle Kräfte zusammen und sprang hinaus, sie wollte wenigstens sehen, wie lange sie jetzt gereist war.

Worte drangen an ihr Ohr, ohne das sie ein Wort verstand. Jemand wischte ihr Gel aus dem Gesicht. Sie spürte den Einstich einer Nadel.

Sie versuchte sich loszureißen, verstand nicht, was los war, sie musste wenigstens wissen, wie lange sie unterwegs war.

Dann begann das, was man ihr gespritzt hatte, zu wirken.
 

***
 

„Sechzehn Jahre, 340 Tage, vier Stunden“, die ersten klaren Worte die Nadja verstand, waren die ihrer Mutter.

„Zum zweiten Mal aus einem Bruttank geklettert“, das war Wong.

Als Nadja wieder klarer sehen konnte und auch ihr Hirn den Zustand von nicht-denkfähigem Brei verließ, sah sie sich in einem kleinen Raum um, dessen weiße, gepolsterte Wände für ein Raumfahrzeug sprachen.

Ihre unfreiwillige Mutter, sogar ihr unfreiwilliger Vater Sergej und Xius unfreiwilliger Erzeuger Wong waren da. Xiu hielt sich etwas hinter ihnen.

„Willkommen an Bord“, sagte Sergej.

Die nächsten Minuten prasselten mehr Informationen auf Nadja ein, als sie verarbeiten konnte.

Nach dem Ausbleiben des Versorgungsschiffes mit Nadja an Bord und dem Verlust dreier weiterer Schiffe, hatte man einen Virus in der Steuerung der Frachter gefunden.

Danach auch relativ schnell den Urheber und auch den Auftraggeber, der die Stasebox und die Containertransporter hatte hacken und umprogrammieren lassen.

„Sandra hat das Datenkabel und den Chip selbst aus der Nordsee geholt“, sagte Xiu kleinlaut.

Es war relativ schnell klar gewesen, wohin die Versorgungsschiffe flogen, aber niemand war in der Lage hinterherzufliegen – die Marsversorger waren die technisch ausgereiftesten Schiffe und damit die schnellsten.
 

Xiu biss sich verlegen auf die Unterlippe und begann zu erklären.

„Georges Familie hat ihr ganzes Vermögen in den Bau dieses Schiffes hier gesteckt – das ganze Drama mit mir und meinem eifersüchtigen Freund hat es sogar zu einem dämlichen Holofilm geschafft – George hat jetzt mehr Aufmerksamkeit als er je wollte." Xiu grinste schief und Nadja sah in seinen älteren Gesichtszügen den jungen Xiu, den sie auf der Erde zurückgelassen hatte.

Sandra sah ihre Tochter an: „Keiner wusste, ob du noch lebst - aber deine Rettung hat sich zu einem Selbstläufer entwickelt – jeder wollte wissen ob, die Stase so lange funktioniert und ob du als Opfer eines Eifersuchtsdramas noch lebst.

„Scheint so“, krächzte Nadja und krabbelte von der Krankenliege.

Sergej löste sich von der Wand.

„Wir kehren nicht zur Erde zurück, ich denke, das ist in Ordnung für Dich – die ganze Welt weiß nämlich auch, dass du und Xiu zwei Tankkinder seid.“ Der sonst so wortkarge Russe grinste.

Nadja erstarrte.

„Keine Angst – Xiu wurde Wong zugesprochen und du Sandra und mir. Jetzt kannst du mich offiziell Papa nennen“

Das Geheimnis ihrer Herkunft fiel wie eine tonnenschwere Last von Nadjas Schultern.

Das US- Militär hatte sich das Züchten von Menschen in Bruttanks patentieren lassen – obwohl die Entnahme von Eiern bei Sandra und Sperma bei Wong und Sergej illegal gewesen war – die Produkte, Xiu und Nadja hatten bis zu Nadjas Abflug der US Regierung gehört.

Xiu war ein richtiger Klon Wongs – nur mit seinem Erbmaterial entstanden. Nadja bestand aus Sandra und Sergej. Auch wenn die nie mehr miteinander geteilt hatten, als eine Tasse Kaffee.
 

Ihre Familie schob Nadja mehr oder weniger durch das Schiff. Sechs Kilometer lang, mit dicken Abschirmungen gegen Strahlung – es gab mittlerweile schnellere Schiffe und vielleicht würde der Planet, den das Staseschiff ansteuerte, längst kolonisiert sein, wenn sie ankamen.

Aber Nadja war das egal. Sie lebte, ihre Familie lebte und es gab eine neue Herausforderung: 300 Jahre in der Stase.

Nicht alleine. An Bord befanden sich siebenhundert erwachsene Menschen und ebenso viele ungeborene Tankkinder.

Das sie den Mars nie sehen würde, bedauerte Nadja kein bisschen.
 

***
 

ENDE (Für die nächsten 300 Jahre...)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Trollfrau
2011-02-11T21:09:33+00:00 11.02.2011 22:09
Die Sache mit der Seeschlange und den aufgemalten Augen fand ich irgendwie süß.
Wong hat die ISS02 von außen mit Weihnachtsdeko geschmückt? XD Wie geil.
"Das ist ein tolles Zeug, um Boote abzudichten." Das ist auch wieder so ein toller Satz.
"Rosa Elefanten zählen." ? Herrlich. XD

Tolle Geschichte. Das Ende ist eines von denen, dass ich wohl nicht erwartet hatte.
Darf ich fragen, was dich zu dieser Geschichte inspiriert hat?
Ich habe gesehen, dass es eine Wichtelgeschichte ist, aber mich würden jetzt echt mal die Hintergründe interessieren. ^^
Ich bin froh, dass ich auch diese Geschichte gelesen habe.

LG Trollfrau

[FCY]


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