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Young Hearts

Der 29. Wolf
von

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Halloween-Special II

Sie betraten die Gemäuer von Schloss Ravenstein, mit der Intension eine Toilette zu finden und sich dann einmal das Innenleben dieser Burgmauern genauer zu besehen. Als die schwere Holztür hinter ihnen krachend ins Schloss fiel, drangen die Geräusche und die Musik nur noch als leises Gemurmel von draußen zu ihnen herein. Haku und Jack, deren Ohren diese Stille besonders genossen, seufzten erleichtert auf.
 

In den Gängen der Burg war es dunkel und für Heinrich, der nur mit seiner knappen Lackhose und den Stiefeln bekleidet war, fast schon etwas zu kühl. An der ersten Abbiegung standen sie vor dem Rätsel, ob sie nun links oder rechts gehen sollten.
 

„Naja, ich nehm an, die Toilette wird in einer Burg nicht grad ausgeschildert sein.“, merkte Alexander an.
 

„Wobei der Veranstalter eigentlich dafür hätte Sorge tragen müssen.“, entgegnete Jack pflichtbewusst.
 

„Im Labyrinth soll man sich immer rechts halten.“, meinte Heinrich und lief voran um die Ecke.
 

Plötzlich fegte ein gellender Schrei durch die Gemäuer, mit einem Satz war Alexander bei seinem Freund. Er wollte nachfragen, was los war, aber die Frage erübrigte sich, als er die fette Spinne erblickte, die sich direkt vor Heinrichs Gesicht von der Decke abseilte.
 

„Ganz ruhig, Heinrich, das ist nur eine Spinne.“, versuchte er den Jungen zu beruhigen und zog ihn sachte nach hinten, da er sich von selbst anscheinend nicht mehr vom Fleck rühren konnte.
 

„Ist alles in Ordnung?“, fragten Jack und Haku gleichzeitig, die kurz nach dem Zorro um die Ecke gebogen waren.
 

„Nicht wirklich“, antwortete Alexander ihnen: „Da hängt eine riesige Spinne.“
 

„Wow, die ist wirklich nicht grade klein! Ich hab schon viele Nächte im Freien geschlafen, aber eine so große ist mir auch noch nicht untergekommen!“, sagte Haku, während er die Spinne studierte, die in ihren Bewegungen innegehalten hatte und so groß, wie eine Tellermine war.
 

„O-okay“, besann sich Heinrich wieder und schüttelte Alexanders Hände von sich ab: „Ich glaub, das wär sowieso die falsche Richtung gewesen, wir gehen nach links.“
 

Nach dem anfänglichen Schrecken machten die Vier auf dem Absatz kehrt und schlugen die andere Richtung ein. Der Gang schien nicht Enden zu wollen und das einzige, was ihn erleuchtete war das schwache Mondlicht des Sichelmondes, das hier und da durch eines der kleinen Fenster schien. Ein leises Wispern ließ Haku plötzlich innehalten: „Hast du das auch gehört?“, fragte er Jack, nachdem er ihn leicht mit einem Ellbogen angestoßen hatte.
 

„Nein, was denn?“, fragte Jack verwundert und blieb jetzt auch stehen.
 

„Da, schon wieder!“, sagte Haku und ging wieder los, um dem Wispern zu folgen.
 

Die anderen sahen sich fragend an, folgten Haku jedoch ohne Widerworte durch den wirren Aufbau des Gemäuers.
 

„Ich glaub, ich hör`s auch!“, sagte der Brünette und lauschte dem langsam lauter werdenden Flüstern.
 

Jack und Heinrich sahen sich fragend an, nicht nur, dass sich ihre Partner merkwürdig benahmen, sie fühlten sich beobachtet. Der Jüngste sah sich ein wenig ängstlich um, da entdeckt er die Portraits, die an der kahlen Wand hingen. Ein Edelmann neben dem anderen, hier und da eine Hofdame… Er ging einen Schritt näher an einen mit eckigem Kinn und Schnurrbart heran, um ihn im schlechten Licht besser betrachten zu können. Ob er den in seinem Kohlhaas als bösen Grafen einbauen –„Ach, du meine…!“ Alexander und Haku blieben, schon einige Meter entfernt, stehen, als sie Heinrichs Aufschrei hörten.
 

„D-die Augen…! Die haben sich bewegt!“
 

„I… ich hab`s auch gesehen! Das… ich denke, wir sollten weitergehen… ich habe das Gefühl, dass dies nicht das einzige Portrait ist, dessen Augen sich bewegt haben!“, bestätigte Jack.
 

„Leute…“, seufzte Alexander: „Das ist doch das größte Horrorfilm-Klischee aller Zeiten.“
 

„Aber ihr hört Stimmen!“, beschwerte sich sein Freund energisch.
 

Lachend legte der Ältere ihm einen Arm um die Schultern: „Stimmt. Vielleicht hat mich vorhin ja sogar ein echter Vampir gebissen.“ Als Heinrich unsicher zu ihm aufsah, zog er ihn enger an sich: „Komm her. Du frierst.“, sagte er und legt seinen Umhang um ihn.
 

„Bist du dir da sicher, Jack?“
 

„Ja und wenn Heinrich es auch gesehen hat, dann kann das ja wohl keine Einbildung sein, oder? …Was sind das überhaupt für Stimmen, die du hörst?“
 

„Erklär mich nicht für verrückt, aber wenn ich nicht wüsste, dass sie in Amerika bei ihren Paten sind, würde ich sagen, dass ich unsere Kleinen höre.“, flüsterte Haku.
 

„W-wen…?“, hakte Heinrich nach und schloss mit Alexander ein wenig zu den beiden auf, da es sich doch in diesen verlassenen, düsteren Gemäuern besser anfühlte, wenn man näher zusammenblieb.
 

„Ähm… das ist ein wenig schwer zu erklären, also…“, begann Haku, doch er stoppte mitten im Satz, um sich zu überlegen, wie er das den beiden Menschen am besten erklären konnte und ob er dies überhaupt tun sollte.
 

Als nichts mehr von dem anderen kam, fragte Heinrich noch einmal nach. „Wieso das denn?“
 

„Also… wir… wir beide haben… drei kleine Kinder zu Hause und… und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass es ihre Stimmen sind, die wir hier hören.“, sagte Haku mit einer leichten Gänsehaut und besorgter Miene.
 

So liefen sie weiter den Gang entlang und immer wenn ein Fenster das Mondlicht eindringen und auf die gegenüberliegende Wand fallen ließ, vermied Heinrich den Blick zu dem jeweiligen Portrait, das so erleuchtet wurde. Alexander hatte es vorhin zwar abgestritten, aber durch so viele Augen fühlte man sich wirklich beobachtet. Es war dieses unangenehme Gefühl von einem Blick im Nacken, das man manchmal hatte. Gepaart mit dem Wispern, das natürlich auch nur der Wind draußen in den hätte Bäumen sein können, wurde die Situation doch so langsam unheimlich.

Die Geräusche der Party draußen im Innenhof drangen schon längst nicht mehr durch die dicken Steinwände der Burg, das einzige was sie hörten war das Widerhallen ihrer Schritte und das Rascheln ihrer Kleidung. Die Stimmen hatten abrupt aufgehört, sodass sie einfach ziellos weiter durch die Gänge irrten. Plötzlich kamen sie vor einer riesigen, hölzernen Tür zum stehen, es ging weder nach links, noch nach rechts, deshalb drückten Jack und Alexander gemeinsam einen der Türflügel auf. Sie kamen in einen großen Raum, mit einer hohen Decke, der Boden war mit gemustertem Parkett ausgelegt, auf dem sich eine dicke Staubschicht abgelegt hatte. Große Fenster ließen das Mondlicht den Raum mit Licht fluten und alles erschien ihnen grau. Sobald sie einen Schritt in den Saal gesetzt hatten, weiteten sich ihre Augen vor Überraschung, denn sie alle vernahmen die Stimmen spielender Kinder. Als wenn dies nicht unheimlich genug wäre, schienen die Stimmen sich im Raum zu bewegen. Alle schraken zusammen, als eine Stimme direkt aus dem Nichts zwischen ihnen ertönte: „Ba-ba!“, die Stimme war keinesfalls ein leises Wispern mehr, sondern schien so laut zu sein, dass sie in dem großen Raum widerhallte.
 

„Jack.“, hauchte Haku leise, während er ruckartig Jacks Handgelenk packte und fest drückte. Sie mochten Werwölfe sein und er mochte sogar zum Teil indianischen Ursprungs sein, doch ein solches Geschehen, jagte selbst ihnen ein wenig Angst ein. Die Nackenhärchen aller hatten sich aufgestellt und eine starke Gänsehaut breitete sich über ihren Körpern aus.
 

Mit einem Mal verlor Heinrich den Boden unter seinen Füßen und er war nicht der Einzige, der um sein Leben schrie, als es plötzlich bergab ging, scheinbar geradewegs in den Höllenschlund. Sie fielen in die Dunkelheit hinein, doch ihr Fall war nur von kurzer Dauer und endete mit einem dumpfen, schmerzhaften Aufprall auf dem Allerwertesten. Nachdem alle realisiert hatten, was soeben geschehen war, schauten sie sich um. Das Erste, was ihnen auffiel, waren die Fackeln, die an den Wänden hingen und den Raum erhellten.
 

„Ich hoffe, wir sind nicht in der Hölle…Der Teufel wirft mich wegen Nachahmung möglicherweise noch raus…“, murmelte Heinrich und versuchte, sich aufzurichten.
 

Als er dabei Alexanders Blick begegnete, hielt er inne. Die blauen Augen des anderen leuchteten und es lag etwas Seltsames in ihnen: „Was…Ist was?“
 

Die Stimmen waren endgültig verstummt, kein Raunen oder Wispern erfüllte den Raum, alles war völlig still. Haku stand auf und besah sich den Raum noch genauer, überall waren Eisengitter und altes Stroh auf dem Boden. Sie schienen direkt im Kerker der Burg gelandet zu sein.

Er ging zu einer der Zellen, um sie sich genauer zu besehen, denn ein Glitzern auf dem Boden hatte seine Aufmerksam in seinen Bann gezogen. Er öffnete eine der rostigen Türen, die quietschend seine Handlung begleitete und trat ein. Er beugte sich hinab, um nach dem glänzenden Etwas zu greifen, als ihn plötzlich etwas packte: „Jack!“, schrie er ein wenig hilflos auf.

Jack der sich sitzend ebenfalls umgesehen hatte, sprang auf, um zu seinem Gatten zu Hilfe zu eilen und nach dem Rechten zu sehen. Alexander erhob sich zusammen mit dem Gerufenen wie aus Reflex, Heinrich in seinen Armen. Alexander wollte Jack eindeutig in die nächste Zelle folgen, aber sein Freund sträubte sich dagegen: „Alex, nicht…“, flüsterte er mit zittriger Stimme.
 

Jack sah derweil seinen Werwolf auf dem Boden knien, Tränen zierten seine Wangen: „Es will mich nicht loslassen!“, sagte er verzweifelt.
 

Heinrich gab sich einen Ruck und folgte, an der Seite seines Freundes, Jack in die benachbarte Zelle.
 

Jack schaute ihn fragend an, erst jetzt bemerkte er die Hand, in dessen festem Griff sich Hakus Arm befand. Er zögerte kurz, normalerweise hätte er sofort gehandelt, doch in dieser Hand hätte keine Kraft mehr stecken dürfen, jegliches Leben war von ihr gewichen, weder Haut, noch Muskeln noch Sehnen spannten sich über die weißlichen Knochen, doch der Druck, den die Hand ausübte, war deutlich auf Hakus Haut zu sehen.
 

Heinrich stieß einen entsetzen Schrei aus, als er realisierte, was er dort sah und machte einen überhasteten Schritt zurück.

Plötzlich stieß Heinrich gegen etwas Hartes und verlor den Halt unter seinen Füßen, er konnte sich grade noch so in dem muffigen Stroh abstützen. Als er einen Blick zurückwarf, um zu sehen, was ihn von den Füßen geholt hatte, drehte sich die weißliche Kugel zu ihm und ließ die leeren Augenhöhlen eines Knochenschädels erkennen, die ihn aber dennoch anzusehen schienen.

Mit einem weiteren Kreischen sprang er wieder zurück zu dem Zorro und warf sich ihm an die Brust:„OhmeinGott…! OhmeinGott…!“
 

Haku und Jack hoben ruckartig ihre Köpfe und betrachten, was Heinrich freigelegt hat, oder sollte man eher sagen, dass sie von dem betrachtet wurden, was Heinrich freigelegt hatte? Der Schädel hatte sich ihnen zugewandt, Hakus Schmerzenslaut nach zu urteilen, musste das Gerippe seinen Griff um seinen Arm gefestigt haben. Ohne weiter darüber nachzudenken, packte Jack die knöcherne Hand, die seinen Geliebten umschlang und trennte sie mit unmenschlicher Kraft und eiem lauten Knacken vom Arm des Skelettes. Er half Haku hoch und bedeutete ihm und den anderen, diesen Raum schnellstmöglich zu verlassen. Sie hechteten aus der Zelle und sperrten die schwere Eisentür wieder zu. Haku versuchte, während sie sich durch einen schmalen, dunklen Gang vom Verließ entfernten, die noch immer um seinen Arm gewundene, Knochenhand loszuwerden. Finger für Finger löste er die Hand und warf sie hinter sich auf den Boden, wo sie zuckend liegen blieb. Der Schritt der Vier wurde schneller, sie wollten nur weg von diesem unheimlichen Ort. Gedankenverloren betrachtete Haku die roten Striemen, die sich deutlich auf seiner im Moment doch recht blassen Haut abzeichneten.
 

Sie kamen an eine steinerne Treppe, die sie hinaufrannten. Oben sanken sie außer Atem an die Wand, in einem Gang, der erschreckend an einen der ersten erinnerte.
 

„Oh, Gott…! Wo sind wir da bloß reingeraten…“, jammerte Heinrich und fuhr seinem Freund haltsuchend fahrig über die Brust: „Bloß, weil dich dieser verdammte Vampir…“
 

„Nicht…“, irritiert sah der Junge zum Älteren auf, der ihn am Rücken gepackt hatte.
 

„Nicht so…nahe…“, murmelte Alexander: „Du…dein Geruch macht mich…“
 

Heinrichs Augen weiteten sich. Ihm kam ein schrecklicher Gedanke: „A-Alex, sag bloß nicht, du…!“
 

Hastig griff er dem Größeren an den Kragen seines Umhangs, versuchte das Kunstblut von seinem Hals zu wischen, um die Bisswunde inspizieren zu können. Da zog ihn Alexander mit einem Ruck plötzlich näher an sich. Der Junge kann seinen heißen Atem an seinem Hals spüren.
 

„Du riechst so gut…so verführerisch… Ich will…“, Heinrich schrie auf, als ihm Alexander in den Hals biss. Als er die Zunge des Älteren auf seiner Haut spürte, entkrampfte sich sein Körper ein wenig. Als er ihn leise lachen hörte, machte er sich empört von ihm los.
 

„Du verdammter…!“
 

Alexander grinste ihn nur gefällig an: „Wenn du auch so leichtgläubig bist…“
 

„Leichtgläubig?!“, rief der Junge mit roten Wangen: „Nach dem, was wir eben erlebt haben, hält man alles für möglich! Sogar, dass es Vampire und Werwölfe gibt!“
 

Haku und Jack betrachteten das Gezeter der beiden unberührt, noch zu tief saß der Schrecken in ihren Gliedern, doch was sie nicht wussten war, dass ihr Grauen noch kein Ende gefunden hatte…

Nachdem sich der Puls aller beruhigt hatte, machten sie sich wieder auf den Weg, um zurück ins Freie zu gelangen. Einige Male kamen sie an Türen vorbei, die wie die Ausgangstür aussahen, doch wenn sie sie öffneten, dann fanden sie dahinter nur weitere Gänge, Räume oder seltsamerweise sogar eine Steinmauer vor.

Sie wussten nicht, wie lange sie schon in dieser Burg herumirrten, doch irgendwann gelangten sie wieder zu einer solchen Tür. Jack öffnete sie und spähte vorsichtig hinein. Hinter der Tür lag wieder einmal ein Raum, doch dieser schien anders zu sein. Er war vollkommen leer, bis auf einen großen Spiegel, der an der Gegenüberliegenden Wand hing. Irgendetwas zog Jack in seinen Bann und er betrat, den nur vom Mondlicht erhellten Raum, gefolgt von den anderen drei und schritt auf den Wandspiegel zu.

Der Spiegel hatte eine ungewöhnliche Form, er wirkte rechteckig und gleichzeitig schien er aber nicht grade sondern eher rund zu sein. Er ging von der Decke bis zum Fußboden, links und rechts außen waren Flügeltüren befestigt, die den riesigen Spiegel wie eine Tür oder ein Fenster wirken ließen. Der Rahmen war mit goldenen Reliefs verziert, auf denen sich eine dicke Staubschicht gebildet hatte. Doch was wirklich verwunderte, war der eigentliche Spiegel. Er war klar, wie ein See, kein Staubkorn hatte sich auf ihm niedergelassen.

Jack warf einen vorsichtigen Blick in den Spiegel und erschrak. Was er dort sah machte für ihn keinen Sinn. Nicht in sein eigenes Gesicht blickte er, sondern in ein älteres, runderes. Die Spiegelung hatte ungefähr die gleiche Größe, wie er, doch die Haare waren braun. Jacks Vater schaute ihn durch den Spiegel eindringlich an, als wolle er ihn warnen nicht näher zu kommen. Ihm stiegen die Tränen in die Augen, was war das bloß für ein Spiegel? Was für eine Burg? Was für eine Nacht?

Heinrich sah sich derweil anderweitig im Raum um, er wollte nicht verstehen, warum dieser Raum bis auf einen alten, doofen Spiegel leer war, es musste doch noch etwas in diesem Raum geben! Doch so sehr er auch suchte, er fand keinen versteckten Schalter oder eine Falltür. Was er bei seiner Inspektion aber nicht mitbekam war, dass Alexander neben Jack vor dem Spiegel stehen geblieben war und ihn gebannt betrachtete.

Alexander dachte erst, dass er sich selbst spiegeln würde, doch auf den zweiten Blick erkannte er, dass sein Spiegelbild nicht tat, was er tat und im Allgemeinen älter wirkte als er selbst, auch trug es kein Zorro-Kostüm. Konnte das möglich sein? War sein Gegenüber wirklich sein längst verstorbener Vater? Doch wieso konnte er ihn durch diesen Spiegel sehen? Und wenn er ihn sehen konnte, konnten dann auch die anderen ihn sehen?

Er schielte kurz herüber zu Jack, doch dieser schaute nur gebannt auf den Spiegel und schien ihn gar nicht zu bemerken. Alexander vermutete, dass Jack etwas anderes sehen musste, denn ansonsten hätte er ihn wohl darauf angesprochen, oder nicht?

Wieder zog der Spiegel ihn in seinen Bann, er war nicht fähig sich zu rühren, wie in Trance starrte er sein Spiegelbild an.
 

Heinrich hatte derweil seine Suche aufgegeben. Als er bemerkte, dass Jack und Alexander sich gar nicht mehr regten, wurde er misstrauisch: „Alex?“

Er hatte sich derweil hinter seinen Zorro gestellt, verwundert über dessen starren Blick: „Hey Alex! Du kannst doch nicht so selbstverliebt sein, dass du dich hier stundenlang im Spiegel…“, der Junge brach ab, als er selbst einen genaueren Blick in das Glas warf. Wo war Alexanders Spiegelbild? Wo Jacks? Alles, was er sah, war sich selbst. Aber er blickte keineswegs überrascht drein, sondern er lächelte sich an. Lächelte er gerade? Heinrich machte einen Schritt zurück. Sein Spiegelbild machte einen Schritt auf ihn zu.
 

„Haku?“, wandte sich der Junge panisch an den einzigen noch Vernünftigen in diesem Raum: „Komm mal her und sieh dir das an!“, forderte er Haku auf, der noch immer am anderen Ende des Raumes stand und die beiden Männer betrachtete.
 

Er traute sich nicht näher zu kommen, denn was er hörte, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren, er antwortete Heinrich dennoch: „Was siehst du in dem Spiegel?“
 

„Mich!“, antwortet ihm Heinrich: „Nur mich! Ich kann die anderen Spiegelbilder nicht sehen, Haku, aber… ich…! Das bin nicht ich, d-der…! Der bewegt sich anders und… “
 

„Natürlich bin ich du.“
 

Erschrocken starrte der Junge sein Spiegelbild an, das ihn zutraulich anblickte.

„Du kannst ich werden, Heinrich“, wisperte es: „wenn du willst.“, mit einem Lächeln hielt es ihm eine Hand entgegen: „Du musst nur zu mir kommen. Trau dich.“
 

Heinrich entriss sich dem Blick dieses… dieser verrückten Fantasie und da sah er Haku, der käseweiß im Gesicht war.

Vorsichtig kam Haku näher, seine Beine zitterten wie Espenlaub und er hatte ein unwohles Gefühl im Magen, so als müsste er sich jederzeit übergeben. Die Stimmen in seinem Kopf wurden immer lauter, je näher er dem Spiegel kam und was er dann sah, ließ ihn den Halt unter den Füßen verlieren und eine Hand vor den Mund schlagen.
 

„Was ist los?!“, fragte er den Blonden und eilte zu ihm hinüber, um ihm eine Hand auf die Schulter zu legen: „Was siehst du?“
 

„Ich… ich sehe… und höre… meine… meine toten Geschwister… sie… sie rufen mich, wollen, dass ich mit ihnen spiele und mit ihnen komme.“, Tränen tropften von Hakus Kinn auf seine nackten Oberschenkel. Heinrich wusste nicht was er sagen sollte, seine Worte hatten ihm die Sprache verschlagen.

Haku sah derweil eine Gestalt aus dem Spiegel treten und auf ihn zukommen: „Geht! Ihr müsst fliehen, Haku! Der Spiegel wird eure Seelen gefangen halten… Für eure Gefährten wird es bald zu spät sein! Nehmt sie mit euch! Lauft!“, ermahnte ihn die schwarzhaarige, junge Frau mit den grünen Augen, die in indianischer Tracht vor ihm stand.

Plötzlich wurde sie wieder in den Spiegel gesogen, doch ihre Worte hallten in dem Raum nach und lösten Hakus Starre. Auch an Heinrichs Ohren war das Echo gedrungen und für einen kurzen Moment glaubte er, eine Indianerin vor sich zu sehen. Beide sprangen auf und zerrten mit aller Macht ihre Partner von dem Spiegel weg, der diese in seinem Bann gefangen hielt. Jack und Alexander schienen schwer, wie Blei zu sein, doch hier ging es um ihr Leben!

Heinrich schien ungeahnte Kräfte in sich zu haben, die es ihm ermöglichten, gemeinsam mit Haku, ihre Partner zu retten. Sie flüchteten aus der Tür und schlugen diese, so schnell sie konnten, zu. Der Knall, den die Tür verursachte, als sie ins Schloss fiel, schien Jack und Alexander aus ihrer Starre erwachen zu lassen.
 

„Was war…?“
 

„…das?!?“, beendet Haku den Satz, den Jack angefangen hatte.
 

„Egal, was es war, es war gruselig!“, meinte Heinrich.
 

„Ich hab… ich hab da im Spiegel tatsächlich meinen Vater gesehen…“, berichtete Alexander, noch völlig durch den Wind.
 

„Du auch?!“, fragte Jack erstaunt.
 

„Leute“, fing Haku an: „Wir sollten hier verschwinden.“
 

„Da geb ich dir Recht.“, sagte Heinrich und richtete seine Teufelshörner.
 

„Wohl eher meiner Mutter.“, murmelte Haku, packte Jack am Handgelenk und ging schnellen Schrittes mit ihm auf die Wendeltreppe zu, die er aus den Augenwinkeln entdeckt hatte: „Na kommt!“, forderte er die beiden Deutschen auf.
 

Sie eilten die Stufen, so gut das eben bei einer altertümlichen, steinernen Treppe ging, hinauf. Irgendwann ging es nicht mehr weiter, da eine alte, verrostete Tür in der Decke ihnen den Weg versperrte. Haku stemmte sich, mit aller Kraft, die ihm nach diesem aufreibenden Abend noch geblieben war, dagegen, bis sie endlich unter seinem Druck nachgab. Krachend schlug sie gegen den steinernen Boden, den die Vier kurz darauf betraten und staunend innehielten. Sie befanden sich auf einem der vier Türme von Burg Ravenstein und konnten direkt auf den Innenhof und den umliegenden Wald schauen. Über ihnen prangte der Sichelmond, der schon bald zum Neumond werden und seine Wirkung auf Jack und Haku ausüben würde.
 

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So, hier nun Teil 2 unseres Halloweenspecials :3

Ich hoffe, dass es euch gefällt!^^

Wenn ihr das Ganze aus der Sich von Alex und Heinrich lesen wollt, dann schaut doch bei Kaethchens FF VLE rein^^d

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/266676/807995/default/#paragraph-0
 

Noch ein Kapi, dann ist YH endgültig abgeschlosssen! >.<
 

lg~

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2011-12-08T20:08:02+00:00 08.12.2011 21:08
Ich würd gern mal nen Blick in dieses Schloss werfen...aber nur einen kurzen...und zwar nicht alleine...wenn es Tag ist...und am besten sollte die Sonne scheinen...

Ich hab es bei Kaethchen schon erwähnt, aber der Speigel erinnert mich an Nerhegeb...ich fand den richtig cool!
Von:  KaethchenvHeilbronn
2011-10-31T21:04:32+00:00 31.10.2011 22:04
!!!! Die Kerkerszene war bei dir viel gruseliger! >.<

Sonst war mir ja eingentlich alles bekannt^^

...ich freu mich aufs nächste Kapi, da darf ich mich ja nämlich auch nochmal überraschen lassen ;)
Von:  Salix
2011-10-31T18:57:21+00:00 31.10.2011 19:57
Hua, das ist ja richtig gruselig!
Also in dem Schloss möchte ich nicht landen!

LG


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