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Rubina

Piraten unter sich.
von

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III
 

Das zieht sich viel zu lange hin, wir sind seit etwas mehr als einer Woche weg von Tortuga und nun dümpeln wir in dieser lästigen Flaute, ohne auch nur ein bisschen Wind.

„Ein wenig Wind wär schön...“ Silvers dunkle Stimme erklingt neben mir und prompt fängt auch Flint an zu krächzen: „Wind! Wind! Wind!“

„Da sprecht ihr ein wahres Wort, gelassen aus ihr zwei...“ ich seufze mehr als dass ich spreche, kremple meine Hemdsärmel noch ein Stück weiter nach oben und wische mir kurz über die Stirn, „... Drei Tage. Das ist zu lange, wir werden alle unruhig. Nur gut, haben wir genug Wasser und Proviant.“

Silver neben mir nickt und murmelt dann: „'s muss dennoch 'ne Beschäftigung her...“ und wie aufs Stichwort tönen Patch' und Scars laute Stimmen zu uns herüber, die sich um irgendwas banales streiten.

Ich knurre unwillig auf und dann brülle ich so laut ich kann: „Alle Mann an Deck ihr Ratten, Planken schrubben, bis die Rubina strahlt wie eine frisch gepresste Golddublone!“

„Schrrrubben! Schrrrubben! Rrratten! Rrratten!“ mein Vize wirft seinem Vogel einen vernichtenden Blick zu und widmet sich dann wieder angelegentlich der Betrachtung des Meeres vor uns: „Die werden gleich mit den Schrubbern auf einander losgehen...“

Ich stimme zu: „Ja, ich weiss. Aber lieber mit Besen und Eimern, denn mit Säbeln und Pistolen...“ „Du bist gemein, Käp'n...“ und schon rollt wieder dieses unglaubliche Lachen aus ihm heraus, in das ich mich damals verliebt habe, noch bevor ich den Mann dazu gesehen hatte.

Ich hebe die Schultern: „Aye, ich bin ja auch nen Pirat!“
 

Die ganze Schrubberei geht genau so lange gut bis Hank über Jeans Besen stolpert, der in Bloodys Eimer landet und so Tabitha nassspritzt und die wiederum ausholt um ihren Schrubber auf Bartholomews Kopf zu hauen und stattdessen Patch trifft.

Silver neben mir schüttelt den Kopf, befindet: „Jetzt geht die Fete los...“ löst sich von der Reling und stapft davon.

„Hey,“ rufe ich ihm hinterher, „Vize! Wo gehst du hin?“

„Kombüse putzen...“ lautet die gebrummte Antwort

Ich grinse, werfe noch einen letzten Blick auf das ausbrechende Chaos und beeile mich ihm hinterher zukommen: „Ich putz den Boden...“ sonst hab ich später bestimmt nen blaues Auge.
 

Ich ducke mich hinter Silver unter dem Türrahmen durch und bleibe erst mal stehen um mich in unserer blitzeblank geputzten Kombüse umzusehen ehe ich mich erkundige: „Was willste denn hier putzen, John?“

Er hebt in einer entschuldigen Geste die Schultern: „Ich hatte irgendwie einfach keine Lust mich zu prügeln, ich glaub ich werd zu alt dazu...“ er zieht eine Ananas aus einem Regal, „... magst du, Kitten?“

Ich sehe seinen Rücken vor mir, seine breiten Schultern und seine gesamte, durchtrainierte Gestalt.

„Du bist nicht zu alt,“ er zuckt kaum merklich zusammen als ich meine Arme von hinten um ihn lege und mich an seinen Rücken schmiege, „du würdest jeden von denen da oben schlagen; und ja, ich möchte gerne von der Ananas...“ und ich stelle mich auf die Zehenspitzen, halte mich an ihm fest und drücke ihm einen Kuss auf die Wange bevor ich mich an den einzigen Tisch hier unten setze.

Und so ganz nebenbei bereue ich es gerade sehr, dass er auf Tortuga nach – und nicht mit mir gebadet hat.
 

Silver hat die Ananas stumm und ohne sich nur einmal umzudrehen geschnitten; genaugenommen, hat er kein Wort mehr von sich gegeben seit ich mich hingesetzt habe.

Jetzt sitzt er mir gegenüber, sieht mich mit diesen warmen Augen, die mich immer an den Ozean erinnern, an und kaut scheinbar hochkonzentriert, immer noch auf seinem ersten Fruchtstück herum.

Ich, lange bereits nach dem dritten, als er plötzlich aufsteht und sich neben mich setzt.

John, was ist los?

Und als hätte er meine stumme Frage gehört murmelt er sehr leise, beinahe unhörbar: „Mira...“

Ich erstarre innerlich, weil er meinen Namen benutzt, denn das bedeutet, dass was immer jetzt kommt, verdammt ernst ist, und so sehe ich erst einmal nur fragend zu ihm auf.

Und erschrecke mich beinahe ab den grauen Sturmwolken die da in diesen ozeanblauen Augen aufziehen. Teufel, Long John Silver, willst du von Bord, oder geht die Welt unter?

„Mira, darf ich dich küssen?“ schüchtern, ernst und ziemlich hoffnungslos.

Und was tue ich Dummkopf?

Ja, ganz genau, ich bin derart erleichtert, dass das „alles“ ist, dass sich mein Lachen selbständig macht und ich nur stammle: „Seit wann, John, fragst du mich dazu um Erlaubnis? Du bist ein Pirat, zum Teufel nochmal!“

Silver starrt mich kurz entgeistert an, nur um mich dann mit einem bestimmten Griff an sich zu ziehen und... Ananas, leicht kratzige Bratstoppeln, Zähne die an meiner Unterlippe knabbern und eine sehr besitzergreifende Zunge...

Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken und lasse mich einfach fallen, geradewegs in diese überschäumende Leidenschaft.

Ein lautes, ohrenbetäubendes Krachen über uns an Deck lässt uns auseinander fahren und nach einem kurzen, abwesenden Moment in dem wir uns nur still in die Augen sehen, stellen wir beide fest: „Das, war ne Talje*. Nachsehen!“

Wenn ich den erwische... die Bilge** schrubben ist noch zu gut für ihn! Keiner, aber auch gar keiner nimmt meine Lady auseinander.
 

Ich stehe wutschnaubend vor unserer Mannschaft und John neben mir spiesst sie förmlich mit seinen Blicken auf. Eiskalt.

Und ich bin so wütend wo ich meine Hand ausstrecke, um auf die gelösten Taue und die auf dem Deck liegende Talje zu deuten, dass sie zittert; und meine Stimme klingt wie immer wenn ich nur noch in meiner Aufgabe als Kapitän stecke: Tief, drohend und befehlsgewohnt.

„Ich will wissen wer dafür verantwortlich ist. Jetzt!“

In der Ansammlung vor uns entsteht kurz Unruhe und dann treten Tabitha und Patch mit hängenden Köpfen vor.

Ich stapfe vor ihnen auf und ab, messe sie mit abschätzenden Blicken und knurre: „Bilge, sofort, bis zum Abendessen seit ihr fertig oder ihr bekommt nichts. Abtreten.“

„Aye, Kapitän!“

Die beiden gehorchen ohne zu maulen und ich weiss, dass sehr wahrscheinlich der ganze Rest der Mannschaft, sobald diese Talje wieder da hängt wo sie hingehört, ihnen zu Hilfe eilen wird.

Das ist diese eine ganz bestimmte Sache, wo ich so verflucht stolz drauf bin, dass ich platzen könnte: Die Besatzung der Rubina hält zusammen wie Tod und Teufel.

Ich deute noch einmal auf die Talje und das Tau und brülle: „Ihr habt drei Minuten!“

„Aye!“ brüllt es im Chor, derweil ich ihnen schon wieder den Rücken zu kehre und mich mit einem Lächeln an Silver wende: „Da wartet noch ne Ananas auf uns, Vize...“

Er lächelt mich strahlend an: „Aye, Käp'n!“
 

Ich hatte wohl recht mit meiner Vermutung, denn wo wir uns wieder alle an Deck versammeln um das Abendessen zu fassen – auch eine dieser untypischen Sachen, die es nur hier an Bord gibt: Kommandierende und Mannschaft essen zumeist zusammen – stinkt die Mannschaft zwar zum Himmel aber alles ist an Deck ist blitzeblank.

Ich verschlinge mein Essen mit Genuss und Heisshunger, oben auf der Brücke an das Ruder gelehnt, Silver hat es vorgezogen unten in der Kombüse zu essen, aber ich dachte, einer von uns müsse wohl mal wieder Präsenz markieren...

Ich will gerade wieder nach unten gehen als mich Irina, ihres Zeichens Steuermann, zurückhält um sich zu erkundigen, ob die Mannschaft sich ein paar Eimer Meerwasser über den Kopf kippen dürfe.

Ich nicke und befinde foppend: „So wie ihr duftet, bitte ich darum! Ich bin unten in meinem Quartier, Kursberechnungen, sollte meine Anwesenheit an Deck erforderlich sein, Irina,“ ich klopfe ihr kurz auf die Schulter, „Gute Nacht Steuermann!“
 

Mein Blick fliegt zum Fenster als das Licht die Farbe meiner Kleidung annimmt und erst da fällt mir auf wie lange ich schon über den Karten hänge.

Nur um mir selbst die Bestätigung zu geben, ziehe ich meine Taschenuhr hervor und schlucke dann doch überrascht: Ganze drei Stunden.

Oweia, dabei wollte ich doch unbedingt noch mit Silver reden.

Ich weiss nicht recht wie ich mit dieser Situation nun umgehen soll, irgendwie erscheint es mir nicht ganz korrekt meinem verstorbenen Mann gegenüber.

Doch Silver... John, macht mich glücklich. Einfach nur glücklich.

Denn zu diesem angenehmen Gefühl des Wohlseins, ist nun auch wieder dieses ganz besondere, warme und liebevolle gekommen.

Was muss ich auch eine Frau sein...

Pirat und Frau, nicht immer die einfachste Kombination.

Doch im Augenblick, verlangen beide Teile von mir, ziemlich entschieden nach Silver.

Und das ist der Moment wo es leise an meine Kajütentür klopft und dieser weiche, warme Bariton erklingt: „Ich hab nen Kaffee für dich, Käp'n! Darf ich?“

„Nur immer herein!“ und reisse die Tür richtiggehend auf, nehme ihm das Tablett ab, wofür ich mir erst einen bösen Blick einfange, dann ein breites Lächeln und stelle es zwischen die Seekarten.

„Gut das du kommst,“ ich strecke mich und gähne, „ich bin fast eingeschlafen und diese Route, dieses Handelsschiffes hier, gibt mir zu denken...“ ich weiss ich plappere, aber zumindest ist es die Wahrheit...

„Was,“ Teufel auch, muss er so plötzlich hinter mir stehen? „gibt dir daran zu denken? So wie...“ er stockt kurz, weil ich mich nach hinten gegen ihn lehne, „... ich das sehe, sollten wir es noch erwischen. Immer vorausgesetzt, wir bekommen in den nächsten zwei Tagen Wind,“ und dann raunt er in mein Ohr und ich erschauere, „Kitten.“

Und wo sich seine Lippen auf meinen Hals pressen seufze ich wohlig auf, doch er lässt ebenso plötzlich von mir ab wie er hinter mir stand und setzt sich in meinen grossen Sessel.

Und ich überlege noch was ich davon nun wieder halten soll, da legt er mir auch schon den Arm um, zieht mich auf seinen Schoss, reicht mir einen Becher Kaffee und erklärt mir: „Du brauchst jetzt eine Pause Käp'n!“

„Aye, Vize-Kapitän!“ und ich kuschle mich gemütlich an seine breite Brust, lausche seinem Herzschlag und nippe an meinem Kaffee.
 


 


 


 


 

*Flaschenzug

**Als Bilge wird der unterste Raum auf einem Schiff bezeichnet, der direkt oberhalb des Kiels liegt. In der Regel ist dort auch bei hohen Temperaturen der kühlste Ort auf dem Schiff.

In der Bilge sammelt sich das in den Schiffsrumpf eingedrungene Wasser (beispielsweise in Holzschiffen) sowie bei moderneren Schiffen auch Kondenswasser, insbesondere von der Klimaanlage. Dieses Wasser nennt man Bilgewasser, auch Kieljauche. (und so ganz nebenbei erwähnt, stinkt es fürchterlich, ist schleimig und ganz einfach iiiebäääh)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  MariLuna
2011-01-19T07:49:08+00:00 19.01.2011 08:49
so, nun wird es endlich zu einer richtigen Romanze *g*
sehr schön!
*knuddel*


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