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Das Leben geht ungeahnte Wege

Die Präsidententochter und der Soldat
von

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Letzte Gnade

Jack saß zusammengesunken in der Ecke der Zelle. Es war bestimmt sechs Stunden her, dass ihn die Wärter ihn wieder zurück gebracht hatten. Irgendwie war die Situation beinahe witzig gewesen. Henry hätte dieses Serum überhaupt nicht gebraucht. Jack hätte ihm auch so alles gesagt. Aber nun hatte er zumindest Gewissheit, dass Jack ihn nicht angelogen hatte. Sein fassungslose Gesicht war in gewisser Weise auch eine Befriedigung für Jack gewesen.

Aber es machte seinen Schmerz nicht wett, den er empfand. Er wusste, er würde sterben. Und er wusste, er würde Ashley nicht wiedersehen.

Ob Henry die Wahrheit nun kannte, oder nicht, er würde ihm keine Gnade gewähren. Nur mit Mühe konnte er die Tränen unterdrücken.

Das Klacken des Türschlosses riss ihn aus seinen düsteren Gedanken. Er sah auf und glaubte zuerst nicht richtig zu sehen. Martha Graham, die First Lady stand vor ihm und sah auf ihn hinab.

„Jack.“, sagte sie knapp.

„Miss Graham!“, antwortete Jack.

Einige Sekunden herrschte Schweigen, als wenn Martha nicht genau wüsste, was sie sagen sollte.

„Ich komme wegen Ashley. Die Wehen haben eingesetzt.“

Jack musste sich beherrschen um nicht auf die Beine zu springen.

„Sie verlangt nach ihnen. Und das sehr eindringlich.“

Jack stand betont langsam auf und starrte sie wortlos an.

„Sehen sie, Jack, ich habe das Verhör vorhin mit angehört. Und ich glaube ihnen. Allein deswegen schon, weil Ashley unermesslich leidet, seit dem sie von ihnen getrennt ist.“

Jack sah ihr an, dass sie mit den Tränen kämpfte. Dann ging sie plötzlich auf ihn zu und nahm seine Hände.

„Ich kann meine Tochter nicht leiden sehen, Jack! Aber ich werde auch sie nicht vor der Giftspritze bewahren können. Ich kann nur dafür sorgen, dass sie dieses eine große Erlebnis noch gemeinsam erleben.“

„Sie glauben nicht, wie dankbar ich ihnen dafür bin!“, hauchte Jack. Er hätte die zierliche Frau am liebsten fest in die Arme geschlossen.

Martha nickte, wandte sich um und verließ die Zelle. Jack folgte ihr sofort.

Bevor sie an den Ausgang erreichten, drehte Martha sich noch einmal um und sah Jack sehr eindringlich an.

„Ich werde mit dem was ich hier tue, mir schrecklichen Ärger mit meinem Mann einhandeln. Also muss ich ein gewisses Entgegenkommen von ihnen erwarten können, Jack! Versprechen sie mir, keine Dummheiten zu machen, nicht wegzulaufen, oder eine der Wachen anzugreifen.“

„Das verspreche ich!“, sagte Jack aufrecht und sah sie fest an.

Sie nickte.

„Gut!“, sagte sie knapp, wandte sich wieder um und sie verließen das Gebäude. Sie stiegen in eine große schwarze Limousine und fuhren zum Weißen Haus.

Die Wachen schienen instruiert, jedenfalls reagierte keiner von ihnen überrascht, als Jack aus dem Wagen stieg und der First Lady folgte. Sie beobachteten ihn nur sehr aufmerksam und hielten sicherheitshalber die Waffen auf ihn gerichtet.

Doch Jack würde den Teufel tun und ihnen einen Grund zum Schißen geben. Er wollte nur zu Ashley.

Nachdem sie durch unendliche Gänge gelaufen waren, kamen sie an eine bewachte Tür. Jack konnte Ashley unter Schmerzen schreien hören.

„Jack! Jack! Wo ist Jack!“, konnte er sie hören.

Das war einfach zu viel für ihn. Er ging an Martha vorbei, stieß die Tür auf und sah seine Geliebte auf einem Bett liegen. Ihr Babybauch lag frei und es klebten Pads darauf, die wohl die Wehen aufzeichneten. Jack konnte Herztöne hören, die von einem der Geräte ausgingen. Die Herztöne seines Sohnes. Ashley hatte ihre Finger in die Bettdecke gegraben und Schweiß und Tränen bedeckte ihr blasses Gesicht. Sie hatte die Augen geschlossen und biss die Zähne zusammen.

„Ashley!“, rief er und lief an ihre Seite.

Sofort schlug sie die Augen auf und sah ihn ungläubig an. Dann begann sie zu schluchzen.

„Jack!“, weinte sie.

Er beugte sich zu ihr runter, legte vorsichtig seine Arme um sie und sie klammerte sich an ihn, wie eine Ertrinkende.

„Oh Jack! Ich dachte, ich sehe dich nie wieder!“

Sie schluchzte hemmungslos und drückte ihr Gesicht in seine Halskuhle.

„Schh!“, machte Jack und streichelte ihren Kopf. Dann küsste er sie zärtlich.

„Das hast du deiner Mutter zu verdanken. Sie hat mich hergeholt.“

Mit geröteten Augen blickte Ashley ihn an. Zum ersten Mal, seit sie hier waren, empfand sie Dankbarkeit und konnte ihre Mutter nicht nur mit Hass betrachten. Dann sah sie wieder Jack an.

„Vater wird dich hinrichten lassen, nicht wahr?“, fragte sie.

Jack schluckte und schwieg erst. Doch was brachte es. Er wusste, dass sie es auch wusste und dass sie insgeheim nur hoffte, dass er doch noch etwas anderes sagte. Aber das konnte er nicht, denn es war so.

„Ja!“, sagte er knapp.

„Oh Jack! Nein!“, begann sie bitterlich zu weinen und klammerte sich noch fester an ihn.

„Das kann er einfach nicht tun!“, schluchzte sie erstickt. „Das darf er nicht!“

Jack wiegte sie in seinen Armen, versuchte sie zu beruhigen. Er wusste nicht, was er sagen sollte um sie zu trösten.

Plötzlich bäumte sie sich in seinen Armen auf und schrie, als eine Presswehe ihren Körper schüttelte.

Die Hebammen eilten zum Bett, eine schlug die Decke hoch und legte ihren Unterleib frei.

„Okay, Miss Graham. Bei der nächsten Wehe müssen sie mitmachen!“

Ashley sank keuchend und schluchzend zurück.

Jack küsste ihre verschwitzte Stirn.

„Du schaffst das, Liebling!“, sagte er und hielt ihre Hand.

Erneut kam eine Presswehe und Ashley schrie gepeinigt auf. Plötzlich eilte auch Martha an das Bett und nahm die andere Hand ihrer Tochter.

Ashley presste die Zähne aufeinander und half ihrem Sohn auf die Welt.

Nach drei weiteren Presswehen hörte Jack seinen Sohn schreien. Die Hebamme hob den mit Käseschmiere verschmierten Säugling hoch und legte ihn Ashley auf die Brust. Der Kleine brüllte kräftig seinen Eltern ins Gesicht.

Jack konnte nun die Tränen nicht zurück halten.

Er legte den Kopf auf Ashleys Schulter und streichelte seinen Sohn sanft mit den Fingerspitzen. Auch Martha war zutiefst ergriffen.

„Glückwunsch, mein Kind!“, sagte sie schniefend. „Und auch ihnen, Jack!“

Jack blickte auf und sah Martha an.

„Ich bin ihnen so dankbar, Martha! Das ich das noch erleben durfte!“

Einige Minuten blieb Jack einfach neben dem Bett sitzen. Er und Ashley genossen die letzten gemeinsame Zeit, die ihnen noch blieb. Dann betrat ein Wachmann das Zimmer.

„Miss Graham! Der Gefangene muss nun zurück!“, sagte er knapp.

Martha nickte knapp.

„Es tut mir leid, Jack, aber sie können nicht länger bleiben!“, sagte sie.

Jack nickte.

„Nein! Nein, bitte!“, schluchzte Ashley und hielt Jack am Arm fest.

Er beugte sich noch einmal runter, legte vorsichtig die Arme um sie und küsste sie innig.

„Ich liebe dich, Ashley! Ich liebe euch drei! Und ich werde immer bei euch sein!“, flüsterte er und versuchte die Tränen zu unterdrücken.

Dann verließ er gehorsam mit Martha und dem Wachmann das Zimmer, seine große Liebe und seinen Sohn für immer hinter sich zurücklassend.

Als sie auf den Flur traten, blieb Martha noch einmal stehen und sah ihn an. Sie weinte.

„Ich wünschte so sehr, ich könnte mehr für sie tun, Jack!“, sagte sie aufrichtig.

Jack schüttelte den Kopf.

„Sie haben sehr viel für mich getan, Miss Graham. Mehr, als ich noch zu hoffen wagen konnte. Und sie ahnen nicht, wie dankbar ich dafür bin!“, sagte er.

„Was geht hier vor!?“, erklang plötzlich eine scharfe Stimme hinter ihnen.

Henry Graham marschierte im Stechschritt und mit vor Zorn gerötetem Gesicht auf sie zu.

„Martha! Was fällt dir ein? Was holst du dieses Monster hierhin?!“, polterte er.

„Henry, es reicht! Ich habe Jack eine letzte Gnade gewehrt, unserer Tochter zuliebe! Du bist übrigens gerade zum zweiten Mal Großvater geworden, falls dich das interessiert!“, fauchte Martha böse.

Henry fassungslos seine Frau und Jack abwechselnd an.

„Du hast, was?“, fragte er.

„Du hast ganz recht gehört! Wenigstens das wollte ich für ihn tun! Für unsere Tochter!“, fauchte Martha und ging, wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben drohend auf ihren Mann zu, die Hände angriffslustig in die Hüften gestemmt.

„Es ist eine Sache, wenn du ihn strafen willst! Aber ich lasse nicht zu, dass du unsere Tochter folterst!“, knurrte sie.

Ihr Mann stand völlig überwältigt vor seiner Frau. Jack sah ihm an, dass ihm dieses Verhalten von seiner Frau neu war.

„Du setzt dich über meine Anweisungen hinweg?“, keuchte er.

„Leider viel zu spät!“, giftete Martha nur unbeeindruckt.

Plötzlich hörte Jack die süßeste Stimme, die er kannte.

„Daddy! Daddy!“

Bridget rannte an Henry vorbei auf ihn zu. Sie trug einen Schlafanzug und ihren Stoffhasen unter dem Arm. Sie sprang Jack in die Arme und klammerte sich an ihn.

„So lange weg!“, beschwerte sich die Kleine.

„Ja, Prinzessin. Tut mir leid!“, sagte er leise und wiegte sie in den Armen.

„Bridget! Komm her!“, befahl Henry ihr plötzlich barsch.

Doch die Kleine sah ihn nur vernichtend an und schlang die Arme noch fester um Jacks Hals, beinahe beschützend.

„Nein! Du bist böse! Du hast Daddy wehgetan!“, rief sie.

Henry starrte sie fassungslos an. Auch Jack war mehr als erstaunt über seine Tochter.

Diese wandte sich jetzt ihm wieder zu.

„Bleibst du bei mir, Daddy?“, fragte sie leise und sah ihn beinahe flehend an. Jack versuchte den bitteren Kloß in seinem Hals runter zu schlucken.

„Ich muss gleich wieder weg, Engel!“, sagte er und sein Herz wollte dabei zerreißen.

„Daddy kann dich aber ins Bett bringen!“, sagte Martha plötzlich.

Jack blickte sie fragend an. Martha nickte aber nur und gab dem Wachmann einen Wink.

„Martha!“, keuchte ihr Mann fassungslos.

„Sei still, Henry!“, zischte diese nur böse und ging voraus. Jack folgte ihr. Bridget hatte sich glücklich an ihn gekuschelt und Jack genoss es. Es war schließlich das letzte Mal.

In Bridgets Kinderzimmer angekommen, legte Jack sie ins Bett und ließ sich neben ihr nieder. Bridget war müde, hatte ganz kleine Augen, aber sie fixierte ihn weiter.

„Gehst du wieder weg, Daddy?“, fragte sie ihn.

Jack schluckte.

„Ja, Prinzessin. Ich muss.“

„Wann kommst du wieder?“, fragte sie ihn.

Jack konnte nur mit Mühe die Tränen unterdrücken. Er wollte seine Tochter nicht beunruhigen. Außerdem wusste er, dass nicht nur Martha diese Szene gerade betrachtete, sondern auch Henry. Er wollte sich vor ihm keine Blöße geben.

„Ich bin leider etwas länger weg.“, sagte er dann und streichelte Bridgets Wange.

„Du musst was wichtiges für mich tun, Bi!“, sagte er dann. „Pass gut auf Mommy auf. Und auf deinen Bruder, während ich weg bin. Machst du das?“

„Ja, Daddy!“, sagte Bi, schon halb im Schlaf und Jack genoss ein letztes Mal, wie sie langsam unter seinen Liebkosungen in den Schlaf glitt.

Dann gab er ihr einen letzten Kuss auf die Stirn und stand vorsichtig auf. Wortlos ging er an den Großeltern seiner Tochter vorbei zu dem Wachmann, der ihn dann nach draußen brachte. Nur ein letztes Mal blickte er sich zu Martha um und nickte ihr dankend zu. Martha sah ihn mitleidsvoll an und erwiderte sein Nicken.

Dann wurde er wieder ins Gefängnis gebracht. Nun konnte er nur noch auf den Henker warten.
 

Nachdem Jack wieder im Gefängnis war, gingen Martha und Henry in ihr Wohnzimmer. Kaum dort angekommen, warf Henry wütend die Tür zu.

„Was erlaubst du dir eigentlich?!“, brüllte er dann seine Frau an.

„Was ich mir erlaube?! Ich werde dir sagen, was ich mir erlaube!! Ich habe dafür gesorgt, dass unsere Tochter ihre große Liebe und den Vater ihrer Kinder noch einmal sieht! Und habe ihm eine letzte Gnade gewehrt!“

„Du hast dich über meine Anweisungen hinweg gesetzt!“, donnerte Henry.

Er konnte es einfach nicht glauben! Seine Frau fiel ihm auf einmal in den Rücken!

„Und was willst du jetzt tun? Willst du mich dafür einsperren lassen? Willst du auch mir die Spritze verpassen?“, schrie sie ihn an und ging drohend auf ihn zu.

„Weißt du, Jack hat recht! Es geht immer nur um dich! Es geht dir nicht um Ashley, denn wenn es so wäre, dann würdest du ihn laufen lassen!“

Henry blieb die Sprache weg.

„Du hast diese Szene, als dein Enkel geboren wurde, nicht gesehen! Ashley leidet Höllenqualen, weil sie Jack verlieren wird! Und er genauso!“

Sie ging noch weiter auf ihn zu. Dann sagte sie ganz ruhig und sachlich:

„Du kümmerst dich einen Dreck darum, ob andere Menschen leiden, wenn du nur Genugtuung bekommst! Am Anfang habe ich deine Handlungsweise noch verstehen können. Ich habe diesen Mann auch gehasst! Aber dieser Hass ließ bereits nach, als Ashley mit Bridget schwanger war. Sie hat darum gekämpft, sie zu behalten. Denkst du, das hätte sie getan, wenn Jack sie vergewaltigt hätte und wenn sie nicht wirklich Gefühle für ihn gehabt hätte? Ich bereue es zutiefst, nicht damals schon eingegriffen zu haben. Denn dann hätte so viel anders kommen können! Und dann Damians Geburt, vor nicht mal einer Stunde. Willst du wissen, was ich da gesehen habe? Zwei Menschen, die sich aus tiefster Seele lieben und die unendlich darunter leiden, dass sie sich nie wiedersehen werden. Und ich habe vorhin ein Kind gesehen, das schrecklich an ihrem Vater hängt und das überhaupt nicht versteht, warum er bald weg sein wird.“

Henry blickte sie sprachlos an. Er wusste nicht, was er jetzt noch erwidern sollte.

Martha sagte aber auch nichts mehr, sondern drehte sich einfach nur noch um und ging zur Tür. Doch bevor sie sie öffnete, drehte sie sich noch einmal zu ihrem Mann um. Tränen strömten über ihre Wangen.

„Ich habe nur noch eine Bitte an dich. Wenn Bridget und Damian alt genug sind, um zu fragen, warum ihr Vater tot ist, dann möchte ich, dass du ihnen ehrlich sagst, warum du ihren Vater getötet und sie zu Halbwaisen gemacht hast!“, sagte sie ruhig. Dann verließ sie das Zimmer und ließ einen sprachlosen und deprimierten Mann zurück.



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