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Honey

von

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-------HONEY--------
 

Er wachte auf.

Automatisch ging er seine übliche Sonntagmorgen-Checkliste durch:

Schädel? - mäßig. Nichts Außergewöhnliches.

Magen? - ok. wohl nicht zu wüst durcheinander gesoffen.

Rest? - ok. diesmal wohl keinen SM-freak erwischt.

Umgebung? - ok. Zimmer, leer, mit Fenster und Morgensonne.

Nähere Spezifikation: Unbekannt. Auch nichts Außergewöhnliches.

Spuren: Männliche Kleidungsstücke auf dem Boden - außer seinen. Auch noch im Rahmen.

So weit so gut.

Vorsichtig setzte er sich auf und lauschte auf etwaige Geräusche, zum Beispiel Duschrauschen, Teekesselpfeifen und ähnliches.

Negativ.

zumindest im Moment...
 

Diese Checkliste zunächst abgeschlossen, überlegte er sich ernsthaft, aufzustehen, verwarf diesen Gedanken aber bei reiflicher Überlegung wieder. Man sollte es ja am frühen Morgen nicht gleich übertreiben... schließlich war es erst... - einen Augenblick brauchte er, um den halb hinter Mangas versteckten Wecker zu finden - halb zwölf.

Halb zwölf?

Ächzend wälzte er sich herum. Irgendetwas war da noch gewesen... da war er sich sicher... irgendetwas, was mit dem vorigen Abend zu tun gehabt hatte... und mit dem heutigen Mittag... hatte er nicht um zwölf IRGENDETWAS vorgehabt??

"Mrgn.. alles fit?"

Eine alles andere als fitte Stimme kam gerade von der Tür her, eine Stimme, die garantiert in ihrem Normalzustand erheblich anders geklungen hätte.

Blinzelnd stützte er sich auf die Ellbogen auf, um dem anderen entgegenzublicken -

und erfuhr den Schock seines Lebens.

Wie übrigens auch der andere.
 

...
 

Einige Zeit sahen sie sich einfach nur an.
 

...
 

"Willste auchn Kaffee? Ich mach grad welchen... und du solltest nich mit in die Küche kommen, glaub ich..."
 

Er nickte bloß schwach.

"Ja... ist wohl keine schlechte Idee.."
 

Als der andere wieder verschwunden war - nicht, ohne die Tür hinter sich zu schließen, - ließ er sich schwer in die Kissen zurückfallen.

"Das glaubt mir kein Mensch..."

murmelte er bloß vor sich hin...
 

- - -
 

Nicht lange darauf war der andere zurück - mit dem versprochenen Kaffee.

"Verdammt... die kleine Pest unten hat schon wieder Kommentare über die zweite Tasse abgelassen... ich HASSE das..."

Ohne weitere Umstände setzte er sich wieder aufs Bett, während er die zweite Tasse weiterreichte.
 

Sie sahen sich erneut an.
 

Schuldig grinste sein übliches, breites Grinsen.

"Machst dich nicht schlecht auf meiner Bettwäsche, Kudou..."

Yohji seinerseits war alles andere als nach Grinsen zumute:

"Sag mal... das hast du doch arrangiert, oder? Was hast du vor? Mich hier aufhalten, während die anderen auf Mis--"

mitten im Satz brach er ab. DAS war es gewesen, was er um zwölf vorgehabt hatte: Eine neue Mission, das Ausspionieren eines Gebäudes, in dem sich ein privates Studio befand, das Kinderpornos drehte. Und jetzt war es -

Kaum bemerkte er, wie ihm die Kaffeetasse aus der Hand genommen wurde, und erst, als er zurück in die Kissen gedrückt wurde, begriff er, was Schuldig gerade dabei war, zu tun.

"Ich will dich schon aufhalten, Kudou... aber eigentlich ist mir mehr als wurscht, ob du nun Trauerkränze flechten oder Takatori senior ermorden willst... im Moment bist du hier und in Erinnerung an letzte Nacht habe ich kein Interesse daran, daß sich das in nächster Zukunft ändert..."

Yohji wußte, daß er eigentlich energisch protestieren sollte - aber Schuldig war gerade dabei die Erinnerungen an letzte Nacht mit neuen Tatsachen zu ergänzen, und nach fünfsekündiger Überlegung befand Kudou, daß die drei anderen wunderbar ohne ihn zurechtkommen würden...

waren sie ja schon mehrere Male.

würden sie auch dieses Mal.

kein Problem.
 

- - -
 

"Du, Schuldig??"

"mmmh?"

"aaahhhhhh.. ich...

wann ist die Luft denn mal rein? ich sollte wirklich langsam..."

"was denn?"

"...gehen.. ich meine... es ist jetzt schon.... hnnnnn..."

"is noch Zeit... jede Menge.."

"aber..."

"vertrau mir.."

"mmmhhhhh..."

"sag ich doch... du... mmmmhhhhhh"

"..."
 

- - -
 

Montagmorgen.

Fünf Uhr.
 

"Oh SCHEISSE!"
 

Schuldig wälzte sich halb herum, blickte Yohji verschlafen an, der gerade dabei war, sich aus der vollkommen zerknüllten Decke zu winden.

"Wassnlos?"

Kudou hatte es inzwischen geschafft, das Bett zu verlassen und kämpfte nun, wie ein Rohrspatz schimpfend, mit seiner Hose.

...

Schuldig blinzelte träge, ehe er nach einigen Minuten bemerkte:

"Also wenn Crawford dich jetzt gehört hat, biste tot..."
 

RUMMS
 

Ein Grinsen hellte die Züge des Rothaarigen auf.
 

Yohjis Telefon klingelte.

Das auch noch!

Inzwischen hatte er es zumindest geschafft, sich anzuziehen. Inzwischen war es kurz vor sechs.

"WAS?"

Ungewohnt gereizt schrie er das unschuldige Handy an.

Fast sofort ertönte aus dem Nebenraum ein Klopfen:

"Schuldig, verdammt, ich will schlafen! Ich war bis Fünf im Netz und muß um zehn wieder in der Schule sein!!!"

Ehe Yohji sich beherrschen konnte, brüllte er zurück:

"Kümmer dich um deinen eigenen Kram, Computerfreak!"

und wurde im nächsten Augenblick leichenblaß.

Vom Bett her kamen inzwischen undefinierbare Geräusche, und nach einigen Sekunden konnte Kudou diese auch einordnen, woraufhin er wieder losbrüllte:

"DAS IST NICHT LUSTIG, SCHULDIG!!!"

Die Tür des Nebenzimmers öffnete sich mit einem Knall.

Abrupt brach das erstickte Gelächter ab:

"Aus'm Fenster. Is ebenerdig. Und schnell."

Und Kudou wußte genug, um diesen Rat auch zu befolgen...
 

- - -
 

"und, gabs Ärger?"
 

Yohji drehte sich knurrend auf den Bauch und legte den Kopf auf die verschränkten Arme.

"Klar... aber nichts, was ich nicht schon mitgemacht hätte..."

Schuldig lag neben ihm auf dem Rücken, den Kopf ebenfalls auf die Arme gestützt.

"Dann ist ja alles grün... sag mal, wurmt's dich eigentlich nicht, daß du mit einem von Schwarz in die Kiste gehüpft bist?"

Yohji schnaubte bloß verächtlich:

"Warum? Du hast schließlich dafür in meinem Kopf rumgepfuscht... sonst wärs nie dazu gekommen."

Langsam drehte Schuldig den Kopf in Yohjis Richtung, sah den anderen durchdringend an.

"Du glaubst das tatsächlich, oder?"

Dann breitete sich langsam sein übliches Grinsen über das Gesicht aus. Genießerisch schloß er die Augen.

"Nein, noch besser... du redest es dir bloß ein... "

Schuldig leckte sich über die Lippen.

"Weißt du, Kudou - wir werden noch viel Spaß miteinander haben...."
 

- - -
 

...'sonst wärs nie dazu gekommen'...
 

Yohji stöhnte auf.

Wie ein Hohn hallten die Worte in seinem Kopf wider, während er, die Augen geschlossen, den Rücken durchgedrückt, auf dem fremden Bett lag. Unter der Decke, dem Blick entzogen, stellte Schuldig unglaubliche Dinge mit ihm an...
 

...'wir werden noch viel Spaß miteinander haben'...
 

das konnte man zweifellos so nennen...

immerhin sah es nicht so aus, als hätte Yohji die Absicht, sich von nun an von Schuldig fernzuhalten... der Junge war einfach zu gut in dem, was er tat...

Und für irgendetwas mußte diese unglaublich große Klappe des Deutschen ja erschaffen worden sein...

wieder ein Stöhnen, diesmal dringender.

nein, er würde diese Affäre definitiv nicht in nächster Zeit beenden...

War das ein gedämpftes Lachen gewesen, das unter der Decke hervor zu hören war?

Kudou konnte nicht sicher sein...
 

- - -
 

"SCHULDIG!!!"

Der Angesprochene schreckte auf:

"Wa..was? ich.. ich bin wach.. WIRKLICH..."

Crawford seufzte nur, ein Geräusch das von hart antrainierter Geduld zeugte.

"Ja, JETZT... mir ist ja im Prinzip egal, mit wem du herumvögelst... aber das wird langsam lächerlich... vor allem, wenn man bedenkt, daß wir den unbekannten Schönen bisher nicht einmal zu Gesicht bekommen haben..."

Schuldig blinzelte nur in die Spiegelung von Crawfords Brille hinein:

"Das.. is was anderes... Arbeit sozusagen... ich... bearbeite seinen Verstand..."

Crawford schnaubte nur.

"Es sieht eher so aus, als ob du den kläglichen Rest von deinem dabei gerade endgültig kaputtmachst... wen bearbeitest du denn da? Ich werd's sowieso bald wissen, also kannst du's mir auch sofort sagen..."

Schuldig schüttelte nur den Kopf:

"Jetzt noch nicht... aber bald..."

-Sein Grinsen war wieder zurück.

"Bald..."
 

- - -
 

"Dir ist aber schon klar, daß Fujimiya mich auf der Stelle umbringt, wenn er mich hier findet, oder?"

Sie hatten es fast bis zu Yohjis Wohnung geschafft, und im Augenblick lehnte Schuldig an der Wand direkt neben der Haustür, vom Weitergehen abgehalten durch Yohji, der seine Hände links und rechts von Schuldig gegen die Wand gestemmt hatte und gerade dabei war, sich Schuldigs Hals hinunterzuküssen.

Schuldig schauderte unter der Berührung leicht zusammen und bemühte sich, den Faden nicht zu verlieren.

"Er.. er könnte wirklich jeden Augenblick hier vorbeikommen und... und wie ich den Psycho kenne, geht der nie... mmmmhhh.... nie ohne sein K- ...Katana aus dem Haus..."

Schuldig war froh, daß sich hinter ihm die Hauswand befand, denn sonst hätte er nicht darauf gewettet, daß er sich weiter hätte aufrecht halten können.

"Kudou... wir sollten das wirklich in deine Wohnung verlegen... JETZT, bevor... bevor..."

mit einem Seufzen gab er auf.

Hoffnungslos...
 

- - -
 

Als das Telefon klingelte, angelte er ohne zu denken danach und knurrte eine Antwort hinein. Das schien ausreichend, denn schon ertönte eine widerlich fröhliche, widerlich WACHE Stimme am anderen Ende:

"Sag mal, Yohji - machst du in letzter Zeit überhaupt noch was anderes außer Vögeln und Schlafen? Manx ist hier unten und wir haben ne neue Mission... es geht wiedermal um Schwarz... jetzt schieb schon deinen Hintern hier runter, oder ich schicke Aya hoch, daß er dich aus dem Bett wirft..."

Er blinzelte.

Definitiv nicht sein Telefon.

Andererseits...

"Um was geht's denn bei der Mission? Bin schon unterwegs, aber ein kurzes Briefing könnt nicht schaden..."

Krampfhaft bemühte er sich, alles im Kopf zu behalten, was der Zwerg am anderen Ende nun herunterrasselte.

Als der mit seinem Sermon zu Ende war, legte Schuldig grinsend auf, wälzte sich herum und schüttelte Yohji so sanft es eben ging wach.

"Aufstehn, Kudou... du hast Arbeit..."

...und ich auch, ergänzte er in Gedanken...
 

- - -
 

Mit einem lauten Knall kam Schuldigs Kopf an der Wand auf, und ehe er sich irgendwie hätte wehren können, preßte sich bereits ein schweres Gewicht gegen ihn, nagelte ihn gewissermaßen dort fest.

"Kudou - warte doch mal... es ist nicht..."

Was er noch sagen wollte, ging in einem brutalen Kuß unter, dem er nichts entgegenzusetzen hatte.

So sehr er sich auch wand und zappelte, er wurde den anderen nicht los.

Erst, als Kudou den Kuß unterbrach, hatte Schuldig wieder Gelegenheit, etwas zu sagen.... hätte sie gehabt, wenn er nicht damit beschäftigt gewesen wäre, nach Luft zu schnappen und seinen Herzschlag zu normalisieren.

Vermutlich hätte er sich ja wehren können... vielleicht hätte er das sogar tun sollen... aber irgendwie...

irgendwie war seine Motivation, dies zu tun, gerade nicht besonders hoch...
 

- - -
 

"Du hast uns verpfiffen - oder?"

Einen Augenblick überlegte Schuldig, ob er einfach so tun sollte, als ob er schliefe, entschied sich dann jedoch dagegen. Es hätte nichts anderes bewirkt, als dieselbe Diskussion einfach nur etwas später führen zu müssen.

Ohne seine derzeitige Position - halb bewußtlos bäuchlings auf dem Bett, alle Viere von sich gestreckt - zu ändern, nuschelte er eine Erwiderung:

"Nich verpfiffen... ich hab nur die andern gewarnt... muß ja nich sein, daß ihr uns bei der Arbeit in die Quere kommt - oder?"

Ein unsanfter Knuff in die Seite ließ ihn unterdrückt aufstöhnen. Die letzte Nacht war alles andere als entspannend gewesen.

"Dafür bist du uns in die Quere gekommen... woher hast du überhaupt die Einzelheiten gewußt?"

Nun mußte Schuldig doch grinsen:

"Von Tsukiyono... er hat mir alles am Telefon erzählt...haarklein"

Nun war es an Kudou, aufzustöhnen.

Schuldig dagegen zuckte nur - vorsichtig - die Achseln:

"Selber schuld, wenn du nich selber ans Telefon gehst..."
 

- - -
 

Er hatte keine Ahnung, wie spät es war, und was den Wochentag betraf war er sich auch nicht hundert Prozent sicher.

Stöhnend rollte Schuldig sich auf den Rücken und sah sich in dem Zimmer um, das er auch erst auf den zweiten Blick erkannte.

Langsam wurde er sich bewußt, daß es an der Tür klopfte.

Mit schlafverklebten Augen suchte er den näheren Umkreis des Bettes nach dem nächsten verfügbaren Kleidungsstück ab und entdeckte schließlich seine Jeans am Boden daneben. Noch im Halbtran angelte er danach, zog sie unter einigen Schwierigkeiten an und tappste zur Tür.

"Ja, is ja gut, ich komm ja..." nuschelte er laut genug, daß es von draußen zu hören sein mußte, woraufhin auch wirklich eine Stimme antwortete:

"Sag mal, du weißt aber schon, daß wir sowas wie Missionen haben, oder? Und daß du da ab und zu mal auftauchen solltest?? Jetzt mach auf, oder ich hack' die Tür ein!"

Schuldig stand nun direkt vor der Tür und starrte sie an, während sein Gefahreninstinkt langsam ebenfalls erwachte. Diese Stimme...

Irgendwie glaubte er nicht, daß es jetzt eine gute Idee wäre, aufzumachen...

"Yohji - letzte Warnung..."

Ohne Vorwarnung fühlte Schuldig sich plötzlich zurückgerissen und richtung Bad geschoben. Als er sich umdrehte, blickte er direkt in Yohjis kalkweißes Gesicht.

"Sag mal, bist du lebensmüde?? Das ist Aya da draußen!!!"

"..Aya?" - Schuldig hatte immer noch Schwierigkeiten, wach zu werden. "Du meinst Fujimiya? Aber..."

und dann klickte es.

Schlagartig wich die Farbe aus seinem Gesicht.

Ohne weitere Fragen verschwand er in Rekordzeit im Bad und verschloß die Tür hinter sich -

dreimal!
 

- - -
 

"Oh Mann... das war sogar für meinen Geschmack ganz entschieden zu knapp..."

Selbst im Nachhinein konnte Schuldig wieder das Zittern bekommen, allein wenn er nur daran dachte, wie knapp sie an der Katastrophe vorbeigeschlittert waren.

"Das kannst du aber laut sagen", stöhnte Kudou, der neben ihm in ähnlicher Pose rücklings auf dem Bett lag, die Füße auf den Boden gestellt - den Boden von Schuldigs Zimmer.

Irgendwie fühlten sie sich dort beide sicherer... selbst in der Gegenwart eines Psychopathen wie Farfarello...

"Das muß aufhören... sonst krieg ich irgendwann einen Herzinfarkt - oder ne Stahlvergiftung..."

Schuldig fuhr sich mit einer Hand über die Augen.

"Ganz meine Rede - das ist einfach zu riskant..."

stimmte Kudou zu, während er die Hände hinterm Kopf verschränkte.

Sie sahen sich an.

Grinsten.

Langsam richtete sich Schuldig auf die Ellenbogen auf und beugte sich zu Kudou hinüber:

"Heute bist du mal unten..."
 

- - -
 

Gedämpft konnten sie die Kampfgeräusche vernehmen, die noch immer unvermindert andauerten.

Sie selbst dagegen bemühten sich, so weit es möglich war, darum, jedes Geräusch zu vermeiden.

So weit es möglich war...

Nachdem er knapp ein lautes Aufstöhnen unterdrückt hatte, stieß Yohji zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor:

"Bist... bist du sicher, daß wir das tun sollten? Die andern.."

Ehe er fortfahren konnte, zwang ihn eine neue Aktion Schuldigs, die Luft anzuhalten, was diesem ein leises Lachen entrang.

"Das ist schon in Ordnung... ich werd's rechtzeitig wissen, vertrau mir..."

'Vertrau mir'

das war verrückt - Wahnsinn...

aber das war momentan ohnehin nebensächlich...

Schweratmend preßte sich Schuldig an den anderen, spürte, wie auch er den Grenzen seiner Selbstbeherrschung immer näher kam, spürte, wie seine Konzentration sich unaufhaltsam auflöste...

Dunkel war er sich bewußt, daß noch gekämpft wurde, und er vertraute einfach einmal darauf, daß das bedeutete, daß sie sicher waren... aber eigentlich scherte er sich jetzt im Augenblick nicht wirklich darum...

Diesmal stöhnte er auf, lauter als Kudou zuvor, und spürte, wie ihm im nächsten Moment der Mund von Yohjis Lippen verschlossen wurde.

Auch gut.

Und der Kampflärm...

egal.

Im Augenblick -

egal...
 

- - -
 

Schuldig wußte im ersten Augenblick nicht, was ihn geweckt hatte.

Vorsichtig öffnete er die Augen.

Dann wußte er es.

Sein erster Impuls war, die Augen einfach wieder zu schließen und sich tiefer unter Kudous Mantel zu verkriechen, den sie über sich geworfen hatten.

Was er nach reiflicher Überlegung auch tat.

Vorsichtig stieß er den anderen an, von dem ohnehin nur ein Haarbüschel außerhalb des Mantels zu sehen war:

"Psst... Kudou.."

"Nnnfh?"

"SSST! EY!"

"Mmmmnh? Wssnls?"

"Aufwachen! Jetzt!"

Langsam schien der andere zu sich zu kommen.

"Was ist denn?"

- zu laut für Schuldigs Geschmack, aber immerhin artikuliert.

"Ähm - Yohji... wir haben da ein kleines Problem..."

"Mmh?"

"Laß es mich so ausdrücken... was ist noch dümmer, als es miteinander zu treiben, während unsere beiden Teams ein Zimmer weiter gegeneinander kämpfen?"

"...?"

"Danach einzuschlafen, ohne die Tür abgeschlossen zu haben..."

"..!"

"Eben."

"Das heißt...?"

"Mmm-hmm... die stehen grade alle um uns rum..."

"Alle?"

"Yep."

"...

und was machen wir jetzt?"

"Das wollt ich eigentlich dich fragen, Kudou..."
 

- einige Sekunden hektisches Kleiderordnen später -

Zwei verstrubbelte Haarschöpfe, die zusammen unter dem Mantel auftauchen.

Zwei Paar Augen, die sich den entgeisterten Blicken der um sie Versammelten stellen.

"Schuldig!"

Er kann nur grinsen.

"Im Sinne der Anklage, Braddy..."

Langsam erhebt er sich, klopft sich die Kleidung aus.

Grinst.

"Sind wir hier fertig?"

Eine Sekunde lang könnte man eine Stecknadel auf den Boden fallen hören.
 

Plötzlich scheint alles auf einmal zu geschehen.

Crawford holt mit einer Faust aus - die knapp vor Schuldigs Gesicht jedoch abgefangen wird von dünnem, rasiermesserscharfen Zwirn, der sich tief in seine Haut schneidet.

"Nein!"

Die Blicke aller zucken herum zu Kudou, der die Schrecksekunde genutzt hat, um aufzustehen.

Sehr aufrecht steht er jetzt da, die Haradshiki mit bloßer Hand festhaltend, so daß sie ihm selbst ebenfalls ins Fleisch schneiden.

"Aya - sind wir hier fertig?"

Sprachlos blickt Fujimiya vom einen zum anderen.

Plötzlich - Sirenengeheul, wie aufs Stichwort.

Acht ausgebildete Mörder wechseln rasche Blicke, ein stummes Einverständnis verbindet sie in ungemütlicher Komplizenschaft.

Man nickt sich zu,

dann verschmelzen ihre Konturen mit den Schatten des Gebäudes...
 

- - -
 

"Nur fürs Protokoll - ich halte das immer noch für eine ausgesprochen schwachsinnige Idee.."

"Hältst du?"

"Ja - wenn Crawford tatsächlich diese seherischen Fähigkeiten hat.."

"...wird er trotzdem denken, daß ich SO blöd wohl kaum sein würde...

Wie ist _das hier_?"

"Schuldig, du..."

"Na? Außerdem haben wir immer noch das Fenster, wenn's kritisch wird..."

"aaaaah... du glaubst doch nicht, daß..... daß sie nicht jemanden dort... mmmmh... dort postieren würden, falls..."

"Falls sie uns hier vermuten sollten? Schon möglich... aber warum sollten sie das?....

...Gefällt dir das?"

"AAAAAaaaaaahhhh....."

"Dachte ichs mir doch... aber du wirst schon leiser sein müssen, wenn sie uns nicht doch entdecken sollen..."

" ....Schuldig?"

"Mmh?"

"Komm mal her.."

"..."

"Ich wollte nur grade ausprobieren..."

"MmmmmmmhhhhhaaaaAAAHHH...."

"Also DAS sollten wir heute definitiv vermeiden..."
 

- - -
 

Schuldigs Augen weiteten sich plötzlich, unwillkürlich stockte er kurz mitten in der Bewegung. Ein genießerisches, nicht ganz gesundes Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit.

"Sie sind da..." flüsterte er, unsicher, ob Yohji ihn von seiner Position unter der Decke hervor überhaupt hören konnte."Jetzt werden wir's ja sehen, ob...." er brach ab, als Yohjis Lippen ihren Weg über seinen Körper unterbrachen, um einer Stelle nähere Aufmerksamkeit zu schenken...

Schuldig war schon seit längerem jegliches Zeitgefühl abhanden gekommen, und er sah auch nicht ein, weshalb die Uhrzeit jetzt von gesteigertem Interesse sein sollte.

Langsam schloß Schuldig die Augen wieder, lauschte nur noch auf die leisen Geräusche, die unter der Decke hervordrangen und auf seinen sich weiter beschleunigenden Herzschlag, während er die exquisite Mischung von Kudous und Crawfords Gedanken genoß, die sich perfekt ergänzten... Äußerste Wut, Unglaube, Lust, Angst...

Gegen seinen Willen stöhnte Schuldig leise auf... "so süß... mmmhhh..." - eine Schande, daß Kudou das nicht nachempfinden konnte...

Seine Finger krallten sich in den Bettbezug, während Yohjis andauernde Bemühungen ein Übriges taten, seine Selbstkontrolle weiter zu unterminieren...
 

- - -
 

"Schuldig! Hey! Bist du verrückt? Wenn die zurückkommen..."

Doch noch während Yohji sich an dem anderen hinaufschlängelte, um ihm den Mund zuzuhalten, hörte er bereits die näher kommenden Schritte. Panisch blickte er von dem vollkommen weggetreten wirkenden Schuldig zur Tür und dann zum Fenster. Das konnte doch einfach nicht wahr sein...

"So... verdammt... süß...." murmelte Schuldig gerade, sehr leise - im Gegensatz zu den Geräuschen die er einen Augenblick vorher noch von sich gegeben hatte - und entspannte sich langsam, immer noch keuchend von dem Höhepunkt, der ihn nur langsam wieder auf den Boden der Tatsachen entließ -

die das Krachen einer an die Tür donnernden Faust beinhalteten, sowie eine mehr als gereizt klingende Stimme, die Schuldigs Namen brüllte...

Die Tür flog aus den Angeln.

Das hatte ja kommen müssen, dachte Kudou nur mit dumpfer Resignation, während ein vor Wut kochender Crawford ins Zimmer gestürmt kam, den Weiß Assassinen einfach ignorierte und Schuldig an der Gurgel aus dem Bett zerrte, ihn gegen die nächste Wand knallte.

Die Stimme, mit der er den anderen nun anredete, war jedoch leise und so kalt, daß sie Wasserstoff hätte gefrieren können.

"Die UNVERFRORENHEIT, ihn mit dir hierher zu bringen... HEUTE, direkt nachdem wir euch überrascht hatten... was, zum Henker, hast du dir dabei GEDACHT, Schuldig???"

Schuldig sagte zunächst einmal gar nichts, einerseits, weil er offensichtlich noch immer nicht ganz von seinem High wieder herunter war, andererseits, weil ihm Crawford gerade die Luft abdrückte.

Langsam schien er sich jedoch der Situation bewußt zu werden, zumindest begann er, wenigstens so etwas wie eine Pro-Forma-Gegenwehr zu leisten, die allerdings nicht viel bewirkte. Erst, als er demonstrativ versuchte, zu sprechen, ließ ihn der andere unzeremoniell auf den Boden fallen, von dem sich Schuldig vorerst nicht erhob, sondern zuerst einmal versuchte, wieder genug Luft zum Atmen zu bekommen.

Kudou seinerseits beeilte sich, seine Kleidung einzusammeln und sich zumindest eine Hose anzuziehen, bevor Schwarz Zeit hatte, sich auf ihn zu konzentrieren.

Denn inzwischen war es nicht nur Crawford, der im Zimmer stand.

Der einäugige Verrückte hatte keine Zeit verloren, sich nah genug an Schuldig zu positionieren, um gegebenenfalls folternd eingreifen zu können, während das Balg neben der Tür Stellung bezogen hatte, offensichtlich, um Kudou falls nötig an der Flucht zu hindern.

Yohji schluckte trocken. Dann fuhr er fort, sich anzuziehen.

"Was genau wirfst du mir eigentlich vor, Crawford?"

Die Frage kam so unerwartet, daß sich schlagartig aller Augen auf Schuldig richteten.

Crawford seinerseits hatte bereits den Mund für die nächste Tirade geöffnet - als er ihn abrupt wieder schloß.

Im Raum herrschte übergangslos vollkommene Stille, unterbrochen nur durch das immer noch andauernde nach-Luft-ringen Schuldigs.

"..ich meine: Welchen Schaden hattest du bisher durch... das hier? Oder siehst du einen großen Verrat meinerseits am Horizont heraufziehen?"

Die Wut in Crawfords Gesicht begann ganz allmählich, einem anderen Gefühl zu weichen:

Verwirrung.

Wieder Stille.

Langsam vorsichtig, brachte Schuldig sich in eine sitzende Stellung, fing, Crawford nicht aus den Augen lassend, an, sich mit der Wand im Rücken aufzurichten.

"Äääh... ich weiß, ich sollte bei den Besprechungen mehr aufpassen ... und wir sollten... etwas ruhiger sein um Naoe nicht zu stören... aber... mußt du mich deshalb gleich halb erwürgen? Ich meine..."

Er verstummte abrupt, als Crawford abwehrend eine Hand hob.

Die Blicke der beiden trafen sich, hielten sich.

"Wenn ich jemals erfahre, daß du uns an Weiß verrätst, bist du tot - ist das klar?"

Schuldig nickte. Einmal. Kurz.

"Gut. ...

und jetzt zieh dir bitte endlich was an - ich habe wirklich schon schöneres gesehen..."

Und damit entließ Crawford den anderen aus seinem Blick, nickte Naoe und Farfarello zu und verließ das Zimmer, ohne sich weiter umzusehen.

"und Naoe - " tönte es noch von draußen "häng um Gottes Willen die Tür wieder ein... ich habe wirklich keinen Nerv dafür, ihnen auch noch dabei ZUHÖREN zu müssen..."
 

Nachdem sich die Tür geschlossen hatte, starrten sich die beiden zuerst nur sprachlos an.

Auf Schuldigs Gesicht breitete sich langsam ein fassungsloses Grinsen aus, während er den Kopf schüttelte:

"Er hat's gefressen... er hat's einfach so gefressen..."

Auch Yohji schüttelte den Kopf.

Inzwischen stand er in Jeans und T-Shirt da, die präparierten Armbänder umgeschnallt, doch immer noch barfuß.

Schuldig musterte ihn nachdenklich, immer noch dasselbe Grinsen im Gesicht.

"Weißt du... er hat's nicht ernst gemeint..."

Kudous Augen weiteten sich.

"Du meinst, er..."

Schuldigs Grinsen wurde - wenn möglich - noch breiter.

"Er hat nicht wirklich schon schöneres gesehen... und du solltest dieses lästige Zeug auch ganz schnell wieder loswerden, bevor ich es dir vom Leib reiße... wir haben schließlich was zu feiern, oder?"

Yohji öffnete den Mund und schloß ihn wieder, während er versuchte, den Gedankensprung Schuldigs nachzuvollziehen. Dann hatte er begriffen.

Verdrehte die Augen.

"Du bist vollkommen verrückt, weißt du das?"

Mit katzenhaftem Gang näherte sich ihm Schuldig.

"Gott - das hoffe ich doch..."

Nun mußte auch Yohji lächeln.

"Na, komm schon her..."

Worauf sich Schuldig nicht länger bitten ließ....
 

- - -
 

"Schuldig?"

"Mmmmhhh"

"Hey - Schu...."

"Mmmmmmmmmmmhhhhhh"

"..."

"ACK! bist du..."

"Jetzt beruhig dich schon.. ich wußte, das würde dich aufwecken"

"was dachtest du denn, Baka? Wenn man dich in den-"

"Du, Schuldig.."

"Was denn?"

"Ich fürchte, Aya wird das nicht so leicht fressen wie Crawford.."

"Das nennst du leicht?? Falls es dir nicht aufgefallen ist, er hat mich fast erwürgt, während du damit beschäftigt warst, deine Hose zu suchen... erzähl mir nichts von-

"Schuldig..."

"...ist ja gut... ich weiß ja...aber was muß seine dumme Schwester auch- Au!"

".."

"..und was schlägst du vor?"

"Ich werd wohl erstmal allein zurückgehen müssen... und mit ihm - mit allen reden..."

"Na dann viel Spaß... bist du sicher, daß er seine Vendetta jetzt nicht auch noch auf dich ausweitet?"

"..."

"Dacht' ich's mir doch.

...Paß auf, ich habs: Ruf ihn erstmal an, dann weißt du woran du bist... wenn er dich umhacken will, wird er's dir am Telefon erzählen - der ist in etwa so subtil wie sein Katana lang ist..."

"...anrufen?"

"Ja, schon...

aber nicht gleich...

laß ihn sich erstmal... abreagieren..."

"...abreagieren ist gut..."

"meine Rede... täte dir... wenn ichs mir so überlege... auch mal wieder ganz gut..."

"...mmm-hmmmm"
 

...
 

- - -
 

Morgens, halb zehn in Japan...

Die beste Zeit, um genau zu sein, um im Blumenladen anzurufen, da der Besucherstrom erst nach der ersten Schulstunde richtig losgehen würde...

Kudou fixierte das Telefon.

"Nun mach schon... dein Kaffee wird kalt..."

Mit unglücklichem Gesichtsausdruck drehte sich Yohji zu Schuldig um, der am Küchentisch saß und mit gutem Appetit frühstückte.

"Ich komm mir so albern vor dabei..."

Dazu zuckte Schuldig nur die Achseln:

"Deine Truppe, dein Problem..."

Kudou zeigte Schuldig wortlos den Finger, dann drehte er ihm demonstrativ den Rücken zu, wählte und wartete, interessiert beobachtet von Schuldig, der sich gerade eine mit Honig bestrichene Brötchenhälfte ganz in den Mund schob.

Aha, gerade hatte offensichtlich jemand den Hörer abgenommen...

Nach Kudous Gesichtsausdruck zu schließen, Fujimiya...

..

"Äh... hallo, Aya... ich.."

...

...

...

"Ähm.. Aya?"

...

...

...

"Warte doch mal...hey..."

...

...

...

Kudou legte auf.

Drehte sich langsam nach Schuldig um und sah ihn an.

"Ich... äh... glaube, ich sollte es später nochmal versuchen..."
 

- - -
 

"Chibi... mir fällt ein Stein vom Herzen... na ja, eher ein ausgewachsener Felsbrocken..."

Schuldig hätte nicht Telepath sein müssen um das bestätigen zu können... Kudous Stimme und Gesichtsausdruck sprachen Bände.

Interessiert horchte Schuldig auf, die Unterhaltung weiterverfolgend, während seine Hände anderweitig beschäftigt waren...

...

"...äh... nichts... er hat mich nicht mal zu Wort kommen lassen..."

...

- Seufzen - "Okay, setz es auf meine Rechnung... war ja meine Schuld... ja, die große Tonvase am Tresen auch..."

Schuldigs omnipräsentes Grinsen wuchs wieder in die Breite. Er konnte sich lebhaft vorstellen...

"WAS? Der Tresen auch?"

Schuldig schüttelte nur den Kopf und murmelte vor sich hin: "Böser Fujimiya... böser, böser Fujimiya..." - was ihm einen Rempler von Kudou einbrachte, der weiterhin mit einem komisch-verzweifelten Gesichtsausdruck dem Chibi am anderen Ende der Leitung lauschte.

...

"Also gut, das reicht jetzt... was ich eigentlich fragen wollte... wie ist er im Augenblick drauf?"

Was Schuldig dazu brachte, sein Gesicht im Kissen zu vergraben, um nicht laut loszukichern... und ihm schon wieder einen Rempler einhandelte.

Na warte.

Mit katzenhafter Eleganz schlüpfte er unter die Decke, hörte gedämpft weiter Kudous Stimme...

"Ja, klar - das WAR eine dumme Frage... aber - äh - will er mich jetzt wirklich umbringen oder nicht?"

...

Schuldig konnte sich nicht vorstellen, daß diese Frage heute beanwortet werden würde. Also beschloß er, das Gespräch etwas abzukürzen... auf seine Art.

Kudous scharfes Einatmen war selbst unter der Decke zu hören.

Schuldig grinste etwas breiter...

"Omi... was ich versucht habe, ihm mitzuteilen, wenn er mich hätte zu Wort kommen-"

- ein mühsam unterdrücktes Stöhnen unterbrach Yohjis Redefluß abrupt, ließ ihn erneut nach Luft schnappen.

"Omi? ich hab hier grade... ein Problem... tut mir leid, daß ich..."

...

"Nein, es ist nicht Schwarz.. das heißt...."

Schuldig konnte förmlich sehen, wie Kudou den Faden verlor, wie er um Worte - und seine Fassung rang...

Diesmal war das Stöhnen unüberhörbar... man konnte nur hoffen, daß Yohji es wenigstens geschafft hatte, die Hand über die Sprechmuschel zu legen...

"Omi - ich muß jetzt Schluß machen... Ich ruf wieder an..."

Ein nicht zu überhörendes Krachen zeugte davon, daß Kudou den Kampf endgültig aufgegeben hatte.

Sekunden später tauchte sein Kopf unter die Decke, funkelte Schuldig im dortigen Dämmerlicht an:

"Du bist tot. Du bist sowas von..."

Schuldig grinste bloß.

Und brachte Kudou abrupt dazu, jegliche artikuierte Äußerung aufzugeben....
 

- - -
 

"Schuldig... das ist KEINE gute Idee, und das weißt du... wir waren uns einig... abwarten, bis Aya wegfährt, meine Plünnen holen und dann wieder weg... und zwar so schnell wie möglich..."

Der Angesprochene zeigte bloß sein übliches, breites Grinsen.

"Ich merke es schon rechtzeitig, wenn er zurückkommt... und wenn du wirklich so heiß drauf gewesen wärst, hier zu verschwinden, dann hättest du's dir verkniffen, dich gleich hier umzuziehen... ist es nicht so? Aber genau DAS hast du getan - wolltest es tun - und das direkt vor meinen Augen... wo ich dich auch ja... gut... beobachten konnte..."

Yohji mußte zugeben, daß da mehr als nur ein Körnchen Wahrheit dahinter steckte... obwohl er eigentlich gehofft hatte, Schuldig würde sich beherrschen können, bis sie wieder bei Schwarz angelangt waren... oder wenigstens im AUTO, das zumindest verspiegelte Scheiben besaß...

Wieder einmal begannen seine Gedanken einen langsamen Auflösungsprozeß, während Schuldig an seinem am Kleiderschrank lehnenden Körper hinunterglitt, sich einen Weg Kudous Torso hinabküßte.

Trotzdem mußte er zumindest noch einen letzten Versuch starten, diesem Wahnsinn Einhalt zu gebieten.

"Schu.. Schuldig... wir sollten wirklich..."

Sein Blick fiel auf die Tür -

die ANGELEHNTE Tür, um es genau zu sagen.

Hatten sie etwa...

Gerade wollte Yohji Schuldig von sich stoßen, um zumindest die Sicherheit dieser einfachen Tür zwischen sie und das Verhängnis zu bringen - da hatte dieser sein Ziel erreicht, und jeder Gedanke daran, Schuldigs momentane Aktionen zu unterbinden verlor schlagartig jegliche Motivation. Inzwischen kannten sie sich einfach schon zu gut, wußten, womit sie den anderen in den Wahnsinn treiben, ihn jeglicher Kontrolle berauben konnten... so wie es jetzt mit Yohji geschah, der das laute Stöhnen genausowenig unterdrücken konnte, wie er sich daran hindern konnte, die Augen zu schließen, den Kopf zurückzulehnen und mit beiden Händen nach dem vertrauten, wirren Haarschopf zu tasten, der sich nun genau da befand, wo Kudou ihn im Augenblick haben wollte....
 

"Bleibt einfach genau so... und du, Kudou, sagst mir besser einen guten Grund, weshalb ich jetzt nicht einfach zustechen sollte..."

Yohji riß die Augen auf, spürte kaum, daß Schuldig ebenfalls mitten in der Bewegung erstarrt war.

Hinter Schuldig kniete - der personifizierte Racheengel. Auf ein Knie gestützt hatte er das Katana, von unten geführt, auf Schuldigs Nacken gerichtet. Stieße er jetzt zu, würde die Klinge zuerst durch Schuldigs Hals und dann direkt in Yohjis Unterleib treffen.

Keiner von ihnen war in irgendeiner Position, diesem präzise geführten Stoß auszuweichen.
 

Yohji glaubte, sich geirrt zu haben, als er die Bewegung spürte. Doch als sie anhielt, wurde ihm klar, daß Schuldig tatsächlich LÄCHELTE - oder - besser gesagt - GRINSTE. Es war unglaublich... sie beide waren kurz davor, von Aya niedergestochen zu werden - und dieser verrückte deutsche Bastard hatte tatsächlich noch den Nerv zu grinsen...

Unwillkürlich senkte sich Kudous Blick, begegnete einem flüchtigen Aufblitzen zwischen dichten, orangeroten Haarsträhnen hindurch, das zu sagen schien: Was für ein Spaß!

Er kannte diesen Blick -

hatte ihn inzwischen oft genug gesehen, um zu wissen, daß Schuldig wieder etwas im Schilde führte... vorzugsweise eine dieser kranken Ideen, die meistens mit etwas Perversem und IMMER etwas mit Sex zu tun hatten...

Und dann spüte er es -

wie Schuldig langsam den unterbrochenen Rhythmus wieder aufnahm - und WEITERMACHTE.

Kudou hätte nie geglaubt, daß er unter solchen Umständen noch an so etwas hätte denken können - geschweige denn darauf reagieren.

Aber genau das passierte gerade.

Er wußte - mit dem Verstand - daß jetzt alles davon abhing, daß er sich konzentrierte, daß er eine Begründung, einen Ausweg fand.

Doch all dieses Wissen konnte das Gefühl nicht aufhalten, das sich nun wieder wie ein Lauffeuer in ihm ausbreitete, das ihn entgegen aller Vernunft scharf die Luft einziehen ließ, seine Augen geschlossen und seinen Mund aufzwingen wollte...

Hilflos krallte er die Hände in Schuldigs Haar, unfähig, dem Einhalt zu gebieten, unfähig, inzwischen, einen artikulierten Protest vorzubringen.

Und es ging weiter...
 

"Hört auf..."

...

"Hört AUF!"

...

"Ihr sollt verdammt nochmal AUFHÖREN!!!!"

Mit einem soliden Laut traf das Katana auf die Schranktür und sank etliche Zoll darin ein.

Das genügte.

Mit einem unterdrückten Aufschrei versteifte sich Kudou, sackte kurz darauf zusammen, direkt in Schuldigs wartende Arme.

Hatte gerade noch Zeit, das Blinzeln in den Augen des anderen zu sehen, ehe dieser von ihm fortgerissen wurde - und die Schläge zu fallen begannen. Auf Schuldig.

Faustschläge. Und Tritte.

Kein Katana.

Das steckte immer noch im Schrank.

Verständnislos beobachtete Kudou, wie Aya auf Schuldig eindrosch, während dieser sich lediglich darauf beschränkte, seinen Kopf so gut wie möglich vor den Schlägen zu schützen.

Was zum...?

Schließlich ließen die Schläge nach, wurden sowohl schwächer als auch weniger, bis Aya schweratmend und zitternd über Schuldig gebeugt stehen blieb und stumm auf diesen hinunterstarrte.

Und jetzt erst drehte sich Schuldig nach dem anderen um - und grinste.

"Und? Besser jetzt?"

Ein letzter Schlag.

Der hatte ja kommen MÜSSEN.
 

- - -
 

"Schuldig?"

"Mmmmhhhhh"

"Schuldig! Hey - "

"....bin ich...tot?"

"äh - nein, ich denke nicht..."

"Gut, dann laß mich schlafen, bevor ich wach genug bin, um mitzukriegen was dieser Psycho mit - aaaaaahhh... schon zu spät...."

"Schuldig?"

"Aua."

"Das kannst du laut sagen. Du siehst aus, als wärst du in den Zementmischer geraten."

"Bin ich nicht???"

"äh - na ja - so ähnlich"

"Aua."

"Nein - eigentlich Aya."

"Kudou?"

"Ja?"

"Halt die Klappe!"

"..."

"äh... Kudou?"

"mm-hm?"

"Wo sind wir - und - viel wichtiger - wo ist ER im Verhältnis dazu?"

"Wir sind in meinem Zimmer. Und er ist unten in der Küche mit Ken, der versucht, ihn zu beruhigen."

"Ken? Hidaka? Versucht?

- IST DIE VERDAMMTE TÜR ZU???"

"Ist sie."

"das Katana?"

"Hat Omi unter Verschluß"

"..."

"Was?"

"Komm einfach her..."

"Ich bin schon hier"

"Näher."

"Aber du bist vermmmnfff.."

"Erste Lektion: Widersprich keinem Verletzten, der dich um etwas bittet."

"Und die zweite Lektion?"

"Dazu kommen wir jetzt..."
 

- - -
 

Das Klingeln eines Telefons weckte ihn - und diesmal war es leider Gottes wirklich sein eigenes.

Überraschenderweise wurde es ihm jedoch entgegengestreckt, ehe er soweit zu Verstand gekommen war, daß er es selber hätte suchen können.

Mit einem dankbaren Knurrlaut nahm er es entgegen.

"mmh?"

lauschte.

stöhnte auf.

"Crawford - könnt ihr nicht..."

verzog das Gesicht.

"is ja gut... ich komm ja...wann und wo?"

stöhnte erneut auf.

"Gut - bin dann da."

legte auf.

stöhnte ein drittes Mal.

und machte sich daraufhin an die fast unmögliche Aufgabe, wach und einsatzbereit zu werden...
 

Kudou hatte sich natürlich einfach auf die andere Seite gedreht und weitergeschlafen.

Was auch sonst?

Leise vor sich hinschimpfend verließ Schuldig fertig angezogen und geduscht - kalt, um wirklich wach zu werden - eine Viertelstunde später Kudous Wohnung und zog die Tür vorsichtig hinter sich ins Schloß. Wenn er sich jetzt beeilte, hatte er gute Chancen -

..einen Herzinfarkt zu erleiden, da er sich beim Umdrehen Fujimiyas finster dreinblickendem Gesicht gegenübersah, das sich nur wenige Zoll von seinem entfernt befand.

Schuldig erstarrte erst einmal einfach, versuchte nur, seinen Herzschlag zuerst wiederzufinden und ihn dann davon abzuhalten, im Zweiunddreißigsteltakt zu schlagen.

Auch Fujimiya sagte nichts.

Die Stille wurde langsam ungemütlich. Doch Schuldig wollte verflucht sein, wenn er jetzt auch nur einen Millimeter nachgab.

...

"Nutze das noch einmal gegen Weiß aus. Irgendwie. Dann habe ich meine Entschuldigung."

...

Ohne ein weiteres Wort drehte sich Fujimiya um und verschwand in Richtung seiner eigenen Wohnung.

Grinsend sah Schuldig ihm nach, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte.

"Ich dich auch, Ranchan..."

Und verließ pfeifend das Gebäude.
 

- - -
 

Alles, was er gewollt hatte, war, sich einen Kaffee zu holen.

Weshalb er nun stattdessen mit dem Gesicht am Geschirrschrank klebte, eine schmerzhaft zudrückende Hand im Genick und ein erhebliches Gewicht im Kreuz, wußten die Götter.

Sobald er genug Luft zum Reden hatte, das stand außer Frage, hatte er vor, energisch zu protestieren.

Vorerst allerdings würde er sich wohl damit zufrieden geben müssen, sich anzuhören, was der andere vorzubringen hatte.

Wenn dieser nicht doch noch beschloß, ihn einfach zu erwürgen.

"Verrate Weiß und du bist tot, Kudou."

Aha - das bestätigte seinen Verdacht.

Nun wäre es nur nett gewesen, wenn Aya ihn endlich losgelassen hätte.

Yohji hätte ihn ja darauf angesprochen... wenn er die Luft dazu gehabt hätte...

- Abrupt verschwand Ayas Gewicht von ihm, ebenso wie der schraubstockartige Griff um seinen Hals.

Als Kudou sich umdrehte - sah er ein Spiegelbild der Szene, der er erst kürzlich beigewohnt hatte. Nur war es diesmal Schuldig, der über Aya kniete - und er lächelte.

Sehr freundlich und im Konversationston sagte er zu Aya gewandt:

"Faß ihn noch einmal an - und ich hab MEINE Entschuldigung. Ich will ja dein Ego nicht zertrümmern, aber du bist kein wirklicher Gegner für mich, Fujimiya. Ich war bisher zivil - wegen Kudou. Ich kenne dich - du willst es an ihm auslassen. Aber nicht mit mir..."

Und plötzlich war es wieder da - das Grinsen.

"Laß mich dir einen guten Ratschlag mit auf den Weg geben, Ranchan... SO wirst du ihn sicher nicht dazu kriegen... was nicht bedeutet, daß ich in dem Falle abgeneigt wäre..."

Und mit diesen kryptischen Worten ließ er den total perplexen Aya liegen, trat über ihn hinweg zu Yohji und lächelte diesen an:

"Kaffee, Essen und dann Bett. Hm?"

"..."

"Ach scheiß drauf - laß uns einfach gehen!"

Und dagegen hatte Kudou nun nicht wirklich etwas einzuwenden....
 

- - -
 

Er wachte auf.

Automatisch ging er seine übliche Sonntagmorgen-Checkliste durch:

Schädel? - mäßig. Nichts Außergewöhnliches.

Magen? - ok. wohl nicht zu wüst durcheinander gesoffen.

Rest? - ok. diesmal wohl keine SM-Spielchen getrieben.

Umgebung? - ok. Zimmer, bekannt, als eigenes identifiziert.

Nähere Spezifikation: unnötig - siehe oben.

Spuren: können ignoriert werden, ebenfalls siehe oben.

So weit so gut.

Außerdem: neben ihm ein warmer Körper, der sich an ihn kuschelte.

Perfekt.

Bis die Tür sich öffnete...

Yohjis Herz sackte auf Bodenhöhe ab, als er sah, wer da im Türrahmen lehnte. Er vermutete, daß er sich nun nach der Person umdrehen sollte, die im Augenblick sein Bett teilte, unterließ dies jedoch mit Rücksicht auf seinen natürlichen Selbsterhaltungstrieb.
 

Grinsend stand Schuldig in der halbgeöffneten Tür und betrachtete das Bild, das sich ihm bot.

Genoß es in vollen Zügen.

Und es würde noch besser werden... wenn nur erst Fujimiya wach geworden sein würde...
 

~ Ende ~
 

..oder?



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  RoyalFool
2010-04-21T07:29:40+00:00 21.04.2010 09:29
super, vor allem die idee, die geschichte damit abzurunden, dass das ende so ähnlich ist, wie der anfang...
gegen eine fortsetzung hätte ich auch nichts! ^^
Von: abgemeldet
2004-07-29T10:44:04+00:00 29.07.2004 12:44
*ggg*
Das gefällt mir... (Am besten war ja die Einleitung am Anfang und dann nochmal dasselbe am Ende...)

Ich mag deinen Stil... Sehr lebendig. Wirklich gute Dialoge (und da bin ich pingelig...)
Von: abgemeldet
2003-03-13T19:05:45+00:00 13.03.2003 20:05
WEITERSCHREIBEN!!!!!!!!!!!!
das is spitze! *auch wissen will wie aya reagiert*

bitte schreib ne fortsetzung!
Von: abgemeldet
2003-03-13T18:11:37+00:00 13.03.2003 19:11
Erste!!

Ich klann nur eins sagen:
ABSOLUT GENIAL.
Vor allem sie letzte szene mit schu in der tür
*g*. Ich hoffe du schreibst noch hübsch weiter,
ich möcht doch wissen wie Ayan reagiert

Bussi
Rikku-san


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