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Stern über Bethlehem

Adventskalender 2010 / Tag 11
von

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Liebes Tagebuch,
 

Es ist wieder einmal Weihnachtszeit. Das erkenne ich daran, dass es seit längerem schneit. Außerdem sehe ich seit einigen Tagen viele Menschen, die hektisch mit Geschenken unter den Armen durch die Straßen laufen. Bald wird wohl Heilig Abend sein.
 

»Es war der 11. Dezember. Zuhause hielt ich es nicht mehr aus. Vater schrie mich jeden Tag an, drohte mir meine Weihnachtsgeschenke wegzuwerfen, schlug mich und Mutter schaute einfach nur zu. Also lief ich weg...
 

Draußen schneite es und war eiskalt. Natürlich vergaß ich meine Jacke, aber zurück wollte ich nicht. Also klingelte ich beim ersten Haus, welches mir sympathisch vorkam.
 

Ein kleiner Junge öffnete die Tür. "Hallo?"
 

"Hallo." Nervös starrte ich auf meine Füße. Schnee klebte an meinen Schuhen. "Ich habe kein Zuhause mehr... K-Kann ich vielleicht hier wohnen?"
 

Bevor der Junge mit den schwarzen Haaren antworten konnte, kam ein größerer Mann an die Tür, sein Vater nahm ich an.
 

"Wer bist du?"
 

"Ich heiße Naruto.", stellte ich mich mit zunehmender Nervosität vor.
 

"Und was willst du?" Der Mann sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. Sein Gesicht war grimmig, trotzdem war er mir auf Anhieb sympathischer als mein eigener Vater.
 

"Er ist ein Freund von mir.", meldete sich der Junge plötzlich zu Wort. Überrascht sah ich ihn an. "Er hat keine Familie mehr und muss auf der Straße leben. Kann er für eine Weile bei uns wohnen?"
 

Das Gesicht des Schwarzhaarigen Mannes verhärtete sich, als er meinen hoffnungsvollen Blick sah, doch dann wurden seine Gesichtszüge weicher. "Meinetwegen.", sagte er. "Komm schnell rein, das Essen ist bereits fertig." Er trat zurück und ließ mich eintreten.
 

"Danke.", flüsterte ich zu dem Jungen, der sogar ein klein wenig größer war als ich, als sein Vater in ein anderes Zimmer verschwunden war. Dankbar sah ich ihn an.
 

"Kein Problem.", antwortete er mir und zog den rechten Mundwinkel nach oben, was ihn leicht überlegen rüber kommen ließ. "Ich bin übrigens Sasuke."
 

"Naruto."
 

"Ja, weiß ich schon." Er schloss die Tür. "Klopf deine Schuhe ab und stell sie dann dort vor den Schrank." Sasuke zeigte auf einen Schrank aus feinem Birkenholz. Ich nickte. "Und dann geh einfach durch diese Tür da", er zeigte auf die, hinter der sein Vater verschwunden war, "dort ist das Wohnzimmer. Dahinter ist die Küche und das Esszimmer. Da warten wir auf dich."
 

Ich war schon dabei, den Schnee von meinen Schuhen zu klopfen, sodass er auf dem Fußabtreter landete. Währenddessen ging Sasuke schon zu seinen Eltern.
 

Nachdem ich meine Schuhe neben die anderen vor dem Schrank abstellte – meine waren weniger edel und schick und tanzten daher ein wenig aus der Reihe –, kam ich dazu, mir die Eingangshalle, in der ich stand, besser anzusehen.
 

Sie war riesig. Schon beim ersten Blick konnte man erkennen, dass hier keine Durchschnittsverdiener im Haus lebten. Von der Decke hingen große, beeindruckende Kronleuchter herab, die die gesamte Halle in Licht hüllten.
 

Ich betrat schnell den nächsten Raum, den Sasuke mir gezeigt hatte. Ich war furchtbar neugierig auf das, was mich im Wohnzimmer erwarten würde.
 

Und was ich dort antraf, war weit aus mehr als ich mir vorgestellt hatte. Das Wohnzimmer besaß nicht nur eine Couch aus dem feinsten Leder (welches ich sofort mit der Hand abtasten musste), sondern hatte auch noch den riesigsten Flachbildfernseher, den ich jemals gesehen hatte, in der Wand eingebaut. Als wäre das noch nicht genug gewesen, stand neben der Couch auch noch ein großer Springbrunnen und ebenfalls ein kleinerer auf dem Couchtisch, die beide leider nicht aktiv waren. Wären die Tapeten auch noch golden und nicht hellblau, hätte ich mich wirklich wie in dem Palast der Queen gefühlt.
 

In dem Moment trat Sasuke in das Zimmer und ertappte mich beim Abtasten der Couch. Er zog eine Augenbraue nach oben und ich fühlte mich wie ein Idiot. "Kommst du dann endlich? Dein Essen wird noch ganz kalt."
 

Im Esszimmer war ebenfalls alles so majestätisch. Zwar gab es leider keinen langen Tisch, der durch den gesamten Raum ging und wo so viel Essen drauf stand, dass man eine gesamte Stadt damit durchfüttern konnte, aber dennoch majestätisch.
 

In den Schränken befanden sich Teller aus teurem Porzellan – zumindest sahen sie so aus -, mit denen auch der Tisch gedeckt war. In der Mitte standen viele Saucen und ein halber Truthahn, die andere Hälfte befand sich bereits aufgeteilt auf den vier Tellern.«
 


 

"Was machst du da?"
 

Naruto drehte sich zum Schwarzhaarigen, der im Gegensatz zu ihm auf dem kalten Boden saß. Er hatte den Schnee um sich herum auf einen Haufen geschoben und beobachtete den Blondschopf ausgiebig. Seine Haare waren mit einzelnen Schneeflocken geschmückt, die langsam schmolzen und in kleinen Tropfen die kalte Haut entlang liefen, drohten am Kinn zu Eiszapfen zu werden, würde er sie nicht rechtzeitig abwischen.
 

"Ich schreibe Tagebuch." Der Angesprochene setzte den Stein von der Wand ab.
 

"An einer Mauer?" Trotz dem Versuch sie zu verbergen, stach deutliche Neugier aus seinen Augen.
 

"Und mit einem Stein." Auch die Haare des Jüngeren waren durch die Eiskristalle nass und hingen ungekämmt im Gesicht.
 

Der Uchiha schüttelte den Kopf und wandte den Blick auf eine Gruppe Kinder, die fröhlich Weihnachtslieder sangen.
 


 

Weihnachten. Bald würde es wieder soweit sein. Das Weihnachten, was uns alle ins Unglück brachte...
 

»"Ich glaube, ich habe mich verhört!"
 

Eine Vase fiel um.
 

"Und wie willst du das bitte wieder in Ordnung bringen?!"
 

"Lass das mal meine Sorge sein."
 

Schon wieder.
 

"Deine?! Bist du wirklich so dumm wie du gerade tust?!"
 

"Von einer hässlichen alten Kuh lasse ich mich nicht beleidigen!"
 

Diesmal wurde nach einem Teller gegriffen und an die gegenüberliegende Wand geworfen.
 

"Das war's! Entweder du bringst das wieder in Ordnung, oder du wirst uns nie wieder sehen!"
 

Ich saß zusammen mit Sasuke auf dem Flur vor der Wohnzimmertür. Er hatte die Knie an sein Kinn gezogen und sah betrübt zu Boden.
 

"Was passiert dort?", wagte ich mich zu fragen, doch Sasuke sah nicht auf.
 

Er zögerte ehe er antworte: "Vater hat schon wieder das Geld für Alkohol ausgegeben."
 

"Willst du damit sagen, er ist Säufer?!"
 

Er nickte.
 

Ich wohnte nun mehr als zwei Jahre bei der Familie Uchiha. Die Adoption lief reibungslos, meine Eltern wollten mich gar nicht erst zurück haben. Doch obwohl ich schon so lange bei ihnen wohnte, hatte ich nichts von dem gewusst, was mir Sasuke gerade versuchte klar zu machen. "Ihr habt doch genug Geld, oder nicht?"
 

Nun sah er auf. Sah mir direkt in die Augen. In seinem Blick lag Trauer, löste eine Gänsehaut in mir aus. "Wir sind so gut wie pleite, Naruto."
 

Ich erschauderte noch mehr. "Und was ist mit deinem Bruder? Kann er nicht~"

"Nein.", unterbrach er mich und wandte den Blick wieder ab. Ich hatte nie verstanden, warum er nicht über seinen Bruder reden wollte. Warum das niemand aus seiner Familie tun wollte.
 

Ich setzte gerade zum nächsten Satz an, als die Tür zum Wohnzimmer geöffnet wurde und Mikoto, seine Mutter, hinausstürmte, Sasukes Hand packte und ihn mitzog. Ohne eine Chance der Wehr folgte er ihr, deutlich verwirrt, mich panisch ansehend.
 

Ich stand schnell auf, rannte ihnen nach, als auch sein Vater an der Tür erschien. "Mach doch was du willst, blöde Kuh!", rief er uns hinterher.
 

Ich sah hoch zu Mikoto. Tränen rannen ihr über ihr wutentbranntes Gesicht, als sie die Haustür öffnete und wir ihr in die Kälte folgten.«
 

"Stern über Bethlehem, zeig' uns den Weg. Führ' und uns zur Krippe hin, zeig' wo sie steht."
 

Naruto setzte den Stein erneut von der Wand ab und horchte. Die Kinder an der anderen Straßenseite sangen noch immer.
 

"Hörst du das?", fragte er seinen Freund.
 

"Ja.", antwortete Sasuke.
 

Stern über Bethlehem. Ein Lied, welches Erinnerungen hervorruft. Erneut zu Weihnachten. Drei Jahre nachdem wir mit Sasukes Mutter ausgezogen waren.
 

»"W-Was?"
 

Ein Glas fiel zu Boden, zersplitterte, ließ die durchsichtige Flüssigkeit sich auf den Boden verteilen.
 

"S-Sind Sie sicher?"
 

Sasuke und ich sahen von dem Plätzchenteig auf, an dem wir gerade Plätzchen ausstachen.
 

Mikoto telefonierte. Telefonierte mit geschocktem Gesichtsausdruck. Interessierte sich überhaupt nicht für das herunter gefallene Glas. Und schwieg.
 

"Mutter?", wagte Sasuke zu sagen, holte seine Mutter aus der Trance.
 

Sie legte den Hörer wieder auf seine Station, ging zurück in die Küche und begann, die Scherben aufzusammeln. Sie nahm einen Lappen, um das verschüttete Wasser aufzuwischen. Doch je mehr der Lappen das Wasser in sich aufzog, je mehr tropfte eine weitere Flüssigkeit auf den Boden, die aus ihren Augen stammte.
 

"Mikoto, alles ok?", fragte nun ich.
 

Nun hörte sie auf zu wischen, legte die Hände vor ihr Gesicht und konnte die Tränen nicht mehr stoppen.
 

Schnell standen wir beide auf, liefen zu ihr, um ihr einen Arm um die Schulter zu legen und sie zu trösten.
 

Nach zehn Minuten hatte sie sich einigermaßen wieder beruhigt.
 

"Was ist passiert, Mutter?"
 

Sie sah auf. Sah ihm ins Gesicht, mit leeren Augen. "Dein Vater", setzte sie an, "hat sich gestern Abend in den ewigen Schlaf getrunken."
 

Stille.
 

Keiner von uns sagte etwas. Sasuke und ich mit einem geschockten Ausdruck auf unseren Gesichtern.
 

Schwiegen.
 

Und bloß die Weihnachts-CD sang im Hintergrund fröhlich weiter. Sang das besagte Lied. Stern über Bethlehem.«
 

Und als wir nach den Ferien von der Schule nach Hause kamen, fanden wir Mikoto tot im Wohnzimmer wieder. Erhängt.
 

Weihnachten. Bald würde es wieder soweit sein. Das Weihnachten, was uns alle ins Unglück brachte, uns das wegnahm, was wir vorher unser Zuhause nannten...
 


 

"Haben wir an Weihnachten je etwas Gutes erlebt?", fragte Sasuke plötzlich, den Blick abwendend.
 

Der Blondhaarige sah ihn überrascht an.
 

"Gab es in einem Jahr an Weihnachten mal keinen Streit, keinen Kummer?"
 

Naruto setzte abermals den den Stein ab, hockte sich zu seinem besten Freund. "Ja.", sagte er und erntete einen neugierigen Blick von Sasuke. "Unser erstes Gemeinsames."
 

Der Schwarzhaarige lächelte unbehaglich. "Du hast recht.", sagte er mit kalter Stimme.
 

"Und es ist mir egal, dass es sonst kein schönes Weihnachtsfest gegeben hat. Denn wenn ich nicht zu euch gezogen wäre, würde ich noch immer einsam auf der Straße herumwandern."
 

"Und ich würde alleine hier sitzen, nachdem Vater uns einen Berg voll Schulden hinterlassen hat."
 

"Sieh es nicht so verbittert, Sasuke. Immerhin sind wir Brüder, die immer zusammenbleiben werden. Ist das kein Grund an das schöne Weihnachtsfest zu denken als an die vielen Schlechten?"
 

Der Uchiha lehnte den Kopf an die Mauer und sah zum Himmel, der noch immer Schneeflocken auf die Erde schickte. "Ich verhungere."
 

Naruto seufzte.
 

"Entschuldigung?"
 

Beide sahen auf, sahen ein Kind vor sich, einen Jungen, warm eingepackt und mit einer Mütze auf dem Kopf.
 

"Wir haben etwas Geld für euch beiseite gelegt. Hier, bitte." Der Junge streckte seine Hand aus, in der kleine Geldstücke lagen. Nachdem keiner der beiden antworteten, den Jungen einfach nur überrascht ansahen, kniete sich das Kind nieder und legte die Yen auf den Boden vor den Schwarzhaarigen. "Frohe Weihnachten.", sagte er noch bevor er aufstand und zum Weihnachtschor zurück lief.
 

Naruto hob das Geld auf, sah zu Sasuke. "Lass uns wenigstens noch ein glückliches Weihnachten verbringen.", sagte er. "Das Geld ist nicht viel, aber es wird reichen, um uns etwas zu Essen besorgen."
 

Sasuke sah ihn schweigend an.
 

"Lass es uns für Heilig Abend aufheben."
 

Der Schwarzhaarige lächelte stumpf und nickte.
 

Weihnachten. Ein Fest der Liebe und der Familie. Ein Fest, welches uns Unglück brachte. Ein Fest, welches uns zusammenführte. Ein Fest, an dem wir auch nach zehn Jahren zusammen sein werden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Carameldream
2010-12-17T15:51:17+00:00 17.12.2010 16:51
Wie süß. Ich finde diese OS wirklich ziemlich süß und schön.
Mir hat es sehr gefallen, wie du die Beziehung zwischen Sasuke und Naruto beschrieben hast - wie Brüder.
Auch an Drama hat es bei dir nicht gefehlt. Die Mutter, die ihrem Mann in den Tod folgte, traurig...wirklich.
Erinnerte mich an so ein typisches Geschichte, aber ist wirklich sehr gut formuliert und ausgedrückt.

LG AleTheSunshine
Von:  _senorita_marie_
2010-12-12T21:11:33+00:00 12.12.2010 22:11
ooooooooooooh
die os war sooooo süß
einfach nur knuffig
und auch sooooo traurig

toll geschrieben
hat mir echt gut gefallen XD

mary
Von:  sama
2010-12-12T19:28:31+00:00 12.12.2010 20:28
Mit bissl Verspätung, aber ein echt schöner Os.. ^^
Ich mag die Beziehung zwischen Naruto und Sasuke und auch die Art wie du das rüberbringst. Das Lied hast du auch schön mit eingebunden. Es hat gut gepasst..

Jo.. mehr fällt mir grad nich ein. Is schön.. ^^

x3 sama
Von:  Jessa_
2010-12-12T18:47:31+00:00 12.12.2010 19:47
Hallo^^
Schöner Os. Ich mag Sasuke und Naruto beide sehr gerne bei dir und sie tun mir schrecklich Leid die Armen. Außerdem finde ich es gut, dass du mal in einem anderen Stil als die anderen, mit viel wörtlicher Rede schreibst. Das hat auch etwas. Ist mal was anderes und gefällt mir gut.
Grüße
Jessi ;)


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