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Ein letztes Mal

Switzerland x Austria
von

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Ein letztes Mal

Wie bitte!? Das ist nicht Ihr Ernst!
 

Vash schlug mit der flachen Hand auf den Tisch vor ihm und brüllte in den Telefonhörer.
 

Elf Franken pro Kilo!? Was bilden Sie sich ein? Halten Sie mich für dumm? ... Was? Wofür ich so viel Käse brauche? Zum Polieren meiner Fensterscheiben.“ Der Schweizer lauschte der Stimme am anderen Ende der Strippe, ehe er genervt seine Augen verdrehte. „Natürlich zum Essen, Sie Volltrottel! Und jetzt machen Sie mir ein ordentliches Angebot, sonst können Sie das Geschäft gleich vergessen! ... Hallo? Hallo? ... Ach, verdammt!“

Wütend warf Vash den Hörer auf die Gabel.
 

Es war doch zum aus der Haut fahren. Da hatte er nächtelang über seinem genialen Sparplan gebrütet, alles haarklein berechnet und jetzt fingen ganz plötzlich alle an ihre Preise zu erhöhen. Nicht zu fassen. Das Ganze war doch eine Verschwörung gegen ihn. Genau. Nichts weiter.
 

„Die können ‘was erleben. Allesamt.“ knurrte er leise, zerknüllte seinen sauber ausgearbeiteten Plan mit beiden Händen und warf ihn in den schon überfüllten Mülleimer neben seinem Schreibtisch.

Ein Geräusch hinter ihm ließ Vash aufblicken. Er wandte sich um und blickte in das sorgenvolle Gesicht Liechtensteins, das scheu zwischen Tür und Rahmen hervor lugte.
 

„Bruder? Ist alles in Ordnung?“ fragte sie leise und sah mehr denn je nach einem verschüchterten Rehkitz aus. Vashs Zorn war mit einem Mal verflogen.

„Entschuldige. Hab‘ ich dich geweckt?“ fragte er leicht verlegen.

Liechtenstein schüttelte hastig den Kopf.

„Ich wollte nur nach dir sehen. Ich werde jetzt gleich einkaufen gehen.“

Vash nickte.

„Gut. Aber kannst du denn alles alleine tragen? Oder soll ich mitk-“

„Nein nein. Das schaff ich schon.“ fiel sie ihm ins Wort und lächelte zurückhaltend.

Der Schweizer nickte erneut und wandte sich wieder um.
 

Liechtenstein versuchte ihn fürwahr zu unterstützen, wo sie nur konnte. Sie wolle ihm auf keinen Fall ein Klotz am Bein sein und ihm zur Last fallen, erklärte sie ihm seit ihrem Einzug immer mit einem entschlossenen Unterton in der sonst so sanften, schüchternen Stimme. Dabei war das das Letzte, was sie tat. Ihm zur Last fallen. Sie tat unbewusst schon so unglaublich viel für ihn. Sie war diejenige, die ihn jedes Mal besänftigte, wenn er wieder einmal anfing sich über irgendwelche Affen aufzuregen. Ohne sie wäre er wahrscheinlich schon längst an einem Magengeschwür krepiert.

Sie war der reinste Sonnenschein. Von ihr konnte er sich vermutlich noch die eine oder andere Scheibe abschneiden.
 

Seufzend zog Vash seinen Stuhl heran, setzte sich und wollte sich gerade wieder seinem Papierkram widmen, als er erneut die nun sehr zögerliche Stimme seiner kleinen Schwester hinter sich vernahm.

„Österreich.“ sagte sie leise, kaum hörbar.

„Er befindet sich im Krieg. Es sieht nicht gut für ihn aus.“

Und mit diesen Worten schloss sie die Tür.
 

Vash fixierte das leere Blatt vor sich.
 

Roderich befand sich im Krieg? Wie hatte er denn das schon wieder geschafft? Das war doch mal wieder typisch. Aber wieso hatte Liechtenstein ihm davon erzählt? Es interessierte ihn nicht, was Roderich trieb. Nicht im Geringsten.
 

Er griff nach dem Stift auf seinem Schreibtisch und setzte die Spitze der Miene auf dem leeren Blatt ab. Dann verharrte er in dieser Position und blickte weiterhin nachdenklich auf das Papier vor ihm.
 

Es war doch klar gewesen, dass Roderich wieder einmal den Kürzeren ziehen würde. Wie schaffte er es nur sich ständig in eine so prekäre Lage zu bringen? Es war immer dasselbe mit ihm. Und jedes verdammt Mal war er - Vash - bisher derjenige gewesen, der ihm dann letztendlich aus der Klemme helfen musste. Allerdings lagen diese Zeiten schon lange zurück. Mit Ungarn an seiner Seite war Roderich in den letzten Jahren nicht mehr ganz so hilflos gewesen, wie er es einst früher war. Und trotzdem schien er nun seine Probleme zu haben.
 

Vash zog seine Augenbrauen zusammen und schüttelte daraufhin den Kopf.
 

Warum machte er sich darüber überhaupt Gedanken? Es war ihm egal. Punkt aus.
 

Energisch drückte Vash die Miene des Stiftes auf das Papier und begann zu schreiben.
 

Er würde Roderich nicht mehr aus der Patsche helfen. Das konnte er vergessen.
 

Der Stift bohrte sich mit jedem Buchstaben tiefer in das Blatt vor ihm.
 

Sollte er doch verrecken. Es interessierte ihn in keinster Weise.
 

Die Spitze der Miene durchstieß das Papier und hinterließ ein kleines Loch.

Vash biss sich auf die Unterlippe, ballte seine Hand um den Stift zu einer Faust und donnerte sie auf den Tisch.
 

„Dieser Vollidiot.“ knurrte Vash und stand im selben Moment auf.
 

Das war das letzte Mal.
 

Er schnappte sich die Jacke seiner Uniform von der Stuhllehne und warf sie sich über die Schultern.
 

Das allerletzte Mal.
 

Und mit diesem letzten Gedanken verließ er türknallend sein Zimmer.
 

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Der Wind wehte über das verlassene Schlachtfeld.

Die Schlacht war vorbei. Und sie hatte Grausames hinterlassen.
 

Vash, die Hände zu Fäusten geballt und die Zähne fest aufeinander gepresst, ließ seinen Blick über das Feld schweifen, als er plötzlich in den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm. Er wandte sich um.

Da lag er.

Mit dem Rücken an einen Baumstamm gelehnt. Die sonst so elegante, immer saubere blaue Uniform war zerrissen, dreckig und voller Blut. Sein kastanienbraunes Haar hing ihm ins Gesicht, die kaputte Brille schräg über der Nase. Er sah elend aus.
 

Mit schnellen Schritten lief Vash auf Roderich zu und ließ sich schließlich neben ihm auf die Knie sinken. Er beugte sich leicht über ihn.

„Hey.“ sagte er leise und fühlte sich jäh in damalige Zeiten versetzt.

Roderich regte sich leicht und öffnete daraufhin langsam sein rechtes Auge, welches augenblicklich die Ungläubigkeit widerspiegelte, die ihn scheinbar in jenem Moment ergriff, als er Vash erblickte.

„Du?“ hauchte er und versuchte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht aufzusetzen.

„Wen hast du erwartet?“ fragte Vash, legte seine Hand an die Schulter des Österreichers und hielt ihn sanft, aber bestimmt zurück.

„Jeden. Nur dich nicht.“ erwiderte Roderich während er sich zurücksinken ließ, und seine Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln.
 

Es war nicht das selbstgefällige, arrogante Lächeln, das sonst immer das Gesicht des Österreichers zierte.
 

Vash zog eine weiße Bandage aus der Innentasche seiner Uniform und rollte sie auf.

„Spar dir die Frage, warum ich hier bin, Roderich. Ich weiß es selbst nicht.“

„Ich hatte nicht vor zu fragen.“ antwortete Roderich nach wie vor schwach lächelnd, während Vash anfing den Verband um seinen Oberarm zu wickeln.

„Was sollte das hier?“ Vash nickte mit dem Kopf zur Seite, ohne seinen Blick ein weiteres Mal über das Schlachtfeld schweifen zu lassen.

Roderich schüttelte nur den Kopf.
 

Dieselbe Reaktion, die immer kam, wenn Vash ihn auf dieses Thema ansprach. Und Vash tat daraufhin das, was er jedes Mal tat. Er ging nicht weiter darauf ein.
 

Nachdem er den Verband befestigt hatte, drehte er Roderich in gehockter Position den Rücken zu und deutete hinter sich.

„Los, ich will nicht den ganzen Tag hier verbringen.“

„Ich kann selbst laufen, Vash.“ hörte er die Stimme des Österreichers.

„Klappe. Ich seh‘ doch, dass du am Bein verletzt bist.“

Es dauerte einen Moment, aber dann spürte Vash endlich, wie sich zwei Arme ihren Weg über seine Schulter bahnten und sich um seinen Hals legten. Er stand auf, zog Roderich mit sich und nahm ihn auf den Rücken, ehe sie schließlich zusammen das Feld verließen.
 

Vash spürte den warmen Körper des Österreichers an seinem Rücken, während er durch das dichte Gras stapfte. Es war ein angenehmes Gefühl, wie er sich selbst eingestehen musste. Seltsam vertraut.
 

„Vash?“ vernahm der Schweizer die schwache Stimme Roderichs nach einer Weile des Schweigens dicht an seinem Ohr.

„Mhm?“

„Erinnerst du dich an das Klavierstück, das wir damals immer gespielt haben?“
 

Die Erinnerung, wie er als Kind zusammen mit Roderich fröhlich auf einem Klavier rumklimperte, flammte unwillkürlich vor Vashs Augen auf und brannte sich fest.
 

Der Schweizer gab ein bejahendes Geräusch von sich.

„Wieso fragst du?“

„Spielst du es mir nachher vor?“

„Vergiss es.“

„Danke.“ flüsterte Roderich und Vash spürte an seinem Nacken, dass er schmunzelte.

Vash öffnete den Mund, um im nächsten Moment lauthals zu protestieren, ließ es aber letzten Endes doch bleiben und seufzte stattdessen schwer.
 

Es hatte sowieso keinen Sinn. Roderich war stur. Auf seine ganz eigene elegante Art und Weise. Zwar war Vash selbst genauso stur, aber bei weitem nicht so ruhig und besonnen wie er. Im Gegenteil. Aber wie auch immer.

Eine Sache würde er nun trotz allem noch klar stellen müssen.
 

„Lass dir eins gesagt sein, Roderich.“ begann er und blickte auf die weite Rasenfläche vor ihm. „Das war das letzte Mal, dass ich dir den Hintern rette. Das allerletzte Mal.“
 

„Ich weiß.“ sagte Roderich und Vash wusste, dass er beim nächsten Mal genau dasselbe antworten würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Rubinia-Dare
2015-01-15T16:13:34+00:00 15.01.2015 17:13
Awwww so süß.
Ich würde mich sehr freuen, wenn es weitergehen würde.
Ruby
Von: abgemeldet
2011-08-30T20:39:37+00:00 30.08.2011 22:39
Ganz süße Story :3


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