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Unerwünschte Gefühle

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben, wie (eigentlich immer...hehe) muss ich für das lange Warten entschuldigen. Der Alltag hatte mich ganz fest im Griff und hat es mir nur hin und wieder ermöglicht, ein kleines Stück zu schreiben. Da ich euch aber ein Kapitel geben wollte, dass vergleichbar lang ist, wollte ich euch nicht irgendwas präsentieren, mit dem ich selbst nicht wenigstens annähernd zufrieden bin. Ich hoffe, das ist eine kleine Entschuldigung ^^°
Vielen Dank für eure Kommentare, sie sind bei allem die größte Motivation! Viel Freude mit dem neuen Kapitel :) Komplett anzeigen

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Von Hoffnungslosigkeit und Suchaktionen

She's out of my life

She's out of my life

And I don't know whether to laugh or cry

I don't know whether to live or die

And it cuts like a knife

She's out of my life
 

So I've learned that love's not possession

And I've learned that love won't wait

Now I've learned that love needs expression

But I learned too late...
 

She's out of my life – Michael Jackson
 


 

Mit starrem Blick schaute er auf das Meer hinaus in die Ferne. Sämtliches Zeitgefühl war verschwunden, die Sonne ging bereits unter, war kurz davor zu versinken und tauchte den Himmel in zarte Orange- und Rosatöne. Jeder andere hätte dieses Bild als wunderschön und beruhigend empfunden. In Chiaki jedoch regte sich nur Melancholie und Trauer gemischt mit unglaublicher Wut. Obwohl er schon so lange in dieser kleinen Bucht am Strand weit weg von Momokuri saß, gab es absolut nichts, das ihn im Moment trösten könnte. Trotz langem Nachdenken fiel ihm nichts ein, das er noch als schön empfunden hätte. Nichts konnte die Leere in seinem Inneren füllen, nichts das Schwarz in seiner Seele ersetzen. Der Himmel malte, die Sonne zeigte ihre letzten warmen Strahlen an diesem Tag, doch nichts davon kam bei ihm an. Er konnte sich nicht erinnern, dass er sich jemals innerlich so tot gefühlt hatte wie in genau diesem Moment.

Mit jeder Minute, die verstrich, wurde ihm klarer, dass er nur hier sitzen und nichts mehr tun konnte. Er hatte versagt. Er hatte sie gehen lassen. Wie sollte er je mit dem Gedanken auskommen können, ohne die Liebe seines Lebens und ihr gemeinsames Kind zu leben? Wie könnte er je wieder ein normales Leben führen, eine andere Frau lieben, eine neue Famile gründen? Nie wieder würden ihn die Gedanken in Ruhe lassen. Daran, was sie wohl tat, wie es seinem Kind ging. Er würde die Schwangerschaft verpassen, die Geburt, die ersten Worte und Schritte, alle Geburtstage, Schulveranstaltungen, er würde noch nicht einmal wissen, ob er einen Sohn oder eine Tochter hatte. Er würde nichts von all dem mitbekommen, was ihn zu einem Vater machen würde. Vermutlich würde sein Kind noch nicht einmal wissen, dass er existierte.

Je mehr er darüber nachdachte, wie seine Zukunft wohl aussehen würde, umso wütender wurde er, dass er es nicht verhindert hatte. In seinem aufkommenden Zorn sprang er auf und begann aus voller Seele zu schreien. Alle Gefühle, die sich in ihm aufgestaut hatten, mussten einfach heraus. Er schrie und schrie bis er sich heiser und völlig erschöpft zurück in den Sand fallen ließ und nur noch einzelne Tränen aus seinen Augen traten und im Boden versanken. Auch diese versiegten irgendwann, zurück blieben salzige Spuren auf seinen Wangen und das dumpfe Gefühl der Leere in seinem Inneren...
 

Seit geraumer Zeit versuchte Hana nun schon, beim Einwohnermeldeamt voranzukommen, bisher aber ohne Erfolg. Nach ungefähr 45 Minuten, in denen sie von einem Büro zum nächsten geschickt wurde, war sie nun endlich an ein junges Fräulein geraten, das ihr versprach, sie zu jemandem zu bringen, der ihr möglicherweise wirklich weiterhelfen konnte.

Kurz musste sie noch auf dem Flur Platz nehmen, dann wurde sie endlich in das Zimmer gebeten. Hinter dem wuchtigen Schreibtisch saß eine Dame, die ungefähr in Hanas Alter sein dürfte. Ihre Haare waren schwarz gelockt und auf ihrer etwas zu großen Nase saß eine nahezu überdimensionale Hornbrille. Insgesamt war ihre Statur sehr kräftig, der Kleidungsstil altmodisch. Von Herzlichkeit fehlte jede Spur.

Als sie Hana erblickte, erhob sie sich von ihrem Schreibtischstuhl und reichte ihr die Hand.

„Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte die Beamtin und deutete Hana an, auf einem der Stühle vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen. Chiakis Mutter kam dieser Aufforderung umgehend nach.

„Guten Tag, Hana Nagoya mein Name, ich danke Ihnen vielmals, dass Sie mir helfen wollen. Ich bin auf der Suche nach einer jungen Frau, die sich einige Monate hier in Momokuri aufgehalten hat und erst kürzlich wieder verzogen ist. Ihr Name ist Maron Kusakabe.“

Gespannt wartete sie, während die Frau ihr gegenüber etwas in den Computer eingab und auf den Bildschirm starrte.

„Sie haben Recht, Misses Nagoya. Maron Kusakabe war einige Monate hier gemeldet. Wohnblock Orléans, Apartment 704. Sie liegen aber auch richtig in der Annahme, dass sie verzogen sei.“

„Hat sie vielleicht eine neue Adresse hinterlassen?“

„Nein, tut mir leid.“

„Das kann nicht sein, schauen Sie bitte noch einmal genau nach. Sie muss irgendetwas hinterlassen haben. Eine Adresse, eine Nummer, irgendwas!“

In Hana fing es an zu brodeln. Sie wurde nervös, sehr sogar. Maron konnte doch nicht einfach spurlos verschwunden sein. Was auch gewesen war, sie musste ihrem Sohn unebdingt helfen, seine einzige Liebe und sein Kind zu finden. Das war sie ihm schuldig und sie würde nicht mit leeren Händen zu ihm kommen, das schwor sie sich.

„Tut mir leid, ich habe nichts für Sie. Und auch wenn ich etwas hätte, dürfte ich Ihnen die Informationen aus Gründen des Datenschutzes nicht aushändigen.“

„Bitte warten Sie kurz. Ihnen ist nicht bewusst, wie ernst die Lage ist! Maron Kusakabe begeht im Moment den größten Fehler ihres Lebens. Sie ist schwanger mit dem Kind meines Sohnes, verstehen Sie? Mit meinem Enkelkind! Und will sich jetzt ins Ausland absetzen. Wenn Sie mir jetzt helfen, können Sie eine ganze Familie retten!“

Entgegen ihrer Erwartung ließ die Beamtin diese Aussage kalt. Weder ihr Gesichtsausdruck, noch ihre Motivation hatten sich geändert.

„Misses Nagoya, Ihre Geschichte ist wirklich rührend, aber ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen. Ich wünsche Ihnen trotzdem noch einen schönen Tag.“

Kurz überlegte Hana, ob sie noch einen Versuch wagen sollte, doch dann entschied sie sich dagegen. Niedergeschlagen verabschiedete sie sich von der Dame und verließ das Einwohnermeldeamt. Auch wenn sie die Hoffnung aufgegeben hatte, hier Hilfe bekommen zu können, so glaubte sie fest daran , dass sie Maron noch immer finden konnte. So schnell ließ sie sich nicht entmutigen. Niemals!
 

Kaum drei Stunden später irrte sie durch die große Flughafenhalle von Tokio. Sie hoffte, hier jemanden finden zu können, der ihr weiterhelfen konnte und wollte. Vielleicht jemand, der Zugriff auf alle Informationen bezüglich der Flüge und Passagierlisten hätte. Das wäre natürlich der Optimalfall, doch dafür musste sie sich erst einmal in diesem großen Chaos orientieren und einen kühlen Kopf bewahren.

Entschieden schritt sie auf einen der Infoschalter zu, an dem eine junge Frau saß und in aller Ruhe an ihrem Computer arbeitete. Sie war wohl keine Japanerin, sah sie doch eher aus wie eine Europäerin. Große Augen, blonde Haare, schlanke Statur, sehr hübsch. Das geschätzte Alter lag bei Anfang bis Mitte 20. Als sie Hana erblickte, die nun vor ihrem Arbeitsplatz stand, lächelte sie sie freundlich an.

„Guten Tag, kann ich Ihnen irgendwie weiterhelfen?“

Die Blondine sprach zwar kein japanisch, doch ihr Englisch war wirklich sehr gut und fast akzentfrei.

„Das hoffe ich sehr. Ich bin auf der Suche nach einer jungen Frau, die gestern einen Flug von hier genommen haben müsste. Ich weiß, dass sie wegen des Datenschutzes nicht alles preisgeben dürfen, aber ich bitte Sie inständig: Wenn Sie auch nur eine kleine Möglichkeit haben, mir weiterzuhelfen...“

Die junge Frau am Schalter zögerte kurz, doch als sie den flehenden Ausdruck in den Augen der Frau ihr gegenüber erblickte, war ihr sofort klar, dass sie ehrliche und wichtige Absichten haben müsste.

„Ich vielleicht nicht, aber ich wüsste da eventuell jemanden.“

Sie griff nach dem Telefon, drückte einige Tasten und begann mit jemandem zu sprechen. Lächelnd legte sie nach einigen Minuten wieder auf.

„Es wird sich gleich jemand um Ihren Notfall kümmern.“

Dankbar nickte Chiakis Mutter und erneut keimte Hoffnung in ihr auf, dass sie Maron schon bald finden würde.

Nach kurzem Warten wurde sie von einem Mann begrüßt, der ungefähr in ihrem Alter sein dürfte. Er war relativ groß, hatte volles, wenn auch ergrautes Haar und trug eine große Brille. Sanft lächelnd schüttelte er ihre Hand und bat sie, ihn in sein Büro zu begleiten. Nachdem er ihr einen Stuhl angeboten hatte, ließ er sich selbst hinter seinem großen Schreibtisch nieder.

„So, Misses Nagoya, Sie sind also auf der Suche nach einer jungen Frau. Haben sie irgendwelche Informationen, nach wem oder was ich suchen muss?“

„Ihr Name ist Maron Kusakabe, sie muss in den letzten beiden Tagen einen Flug von diesem Flughafen hier genommen haben.“

„Maron Kusakabe...“, murmelte er, während er etwas in den Computer tippte. „Sie sagen, sie sei in den vergangenen beiden Tagen geflogen. Können sie das irgendwie eingrenzen? Tag? Uhrzeit? Airline?“

„Nein, das kann ich leider nicht.“

„Zielflughafen?“

„Ähm...nein tut mir leid.“

Nachdenklich rieb sich der Manager das Kinn.

„Das ist leider nicht gerade viel, Misses Nagoya.“

Hana konnte spüren, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. Würde sie schon wieder in eine Sackgasse laufen? Wenn sie hier nichts herausfinden konnte, wo dann? Sie konnte unmöglich ihrem Sohn unter die Augen treten und ihm sagen, dass sie die Suche nach der Liebe seines Lebens aufgeben musste.

Gedrückt ließ sie schon den Kopf hängen, als der Mann sich räusperte und doch noch weitersprach.

„Aber ich bin dennoch gewillt, Ihnen zu helfen. Ich hätte eventuell die Möglichkeit, eine Suche im System zu starten. Da wir weder Fluggesellschaft, noch Zielflughafen kennen, könnte das etwas dauern, aber mit etwas Glück könnten wir herausfinden, wo die besagte Dame hinwollte. Sie können mir Ihre Nummer hinterlassen, ich würde Sie anrufen, sollte sich etwas ergeben.“

Mit Tränen in den Augen und einem strahlenden Lächeln auf den Lippen, schüttelte Hana dem Mann überschwänglich die Hand und bedankte sich gefühlte tausend Mal. Zwar hatte sie die Brünette noch nicht ausfindig machen können, doch überhaupt die Hoffnung haben zu können, dass die Suche bald enden würde, war mehr als sie zu träumen gewagt hätte.
 

Während Hana die Suche nach Maron voran trieb, befand sich Access auf dem Weg zu Kaikis Haus. An der Haustür wurde er von eben diesem freundlich begrüßt, dann stieg der Lilahaarige die große Treppe nach oben. Kurz blieb er vor der weißen Tür stehen, klopfte zaghaft und trat dann, ohne auf Antwort zu warten, ein. Der Anblick, der sich ihm bot, konnte nicht trauriger sein. Die schweren Vorhänge waren zugezogen und ließen keinen einzigen Lichtstrahl in den sonst so hellen Raum. Die Luft war stickig, auf dem Nachttisch neben dem Bett stand ein Tablett mit einem Glas Wasser und etwas zu essen. Beides war unberührt. Und Chiaki? Der lag auf seinem Bett und starrte ausdruckslos an die Decke. Noch nicht mal als Access die Tür öffnete und eintrat, hatte er sich bewegt oder wenigstens einen Blick zu ihm geworfen. Sein bester Freund erkannte ihn kaum wieder. Seine Augen sahen verweint aus, unter ihnen zeichneten sich dunkle Augenringe ab, sein Gesicht war komplett ausdruckslos.

Der Barbesitzer wusste nicht, ob er sauer werden oder Mitleid haben sollte, aber so wie jetzt konnte die Gesamtsituation definitv nicht bleiben. Das war ja nicht zum Aushalten!

Mit großen Schritten marschierte er Richtung Fenster, zog die Vorhänge mit einem kräftigen Ruck zur Seite und riss die Fenster auf, um endlich frische Luft herein zu lassen. Und tatsächlich zeigte sein bester Freund das erste Lebenszeichen, seit Access hereingekommen war. Durch den plötzlichen Lichteinfall musste er die Augen zusammenkneifen, dabei entkam ihm ungewollt ein Grummeln, er verlor aber dennoch kein Wort. Stattdessen drehte er sich auf die andere Seite und wollte einfach nur seine Ruhe haben.

Doch Access ließ nicht locker und setzte sich neben ihn auf das Bett.

„Dein Vater hat mich angerufen, dass ich doch mal nach dir sehen soll. Du hast es ihm nicht gesagt, oder?“

Statt zu antworten, schüttelte der Blauhaarige nur den Kopf.

„Okay, du bist mein bester Freund und deswegen werde ich mir nicht länger ansehen, wie du vor dich hinvegetierst. Du wirst jetzt deinen Arsch aus dem Bett bewegen und wirst zu Maron fahren. Weiß sie überhaupt, dass du Miyako nicht geheiratet hast? Immerhin werdet ihr in ein paar Monaten eine kleine Familie sein, da wäre das schon ein wichtiges Detail, findest du nicht?“

Er versuchte überschwänglich, fast scherzhaft zu klingen, doch er konnte seinem besten Freund einfach kein Lächeln entlocken. Stattdessen wirkte er noch benommener als er es eh schon war.

„Sie ist weg...“, murmelte der Blauhaarige, kaum hörbar. Mit viel Mühe hatte Access dennoch verstanden, glaubte aber, dass Chiaki wieder dramatisierte.

„Ach komm schon, du hast dich von Miyako getrennt, jetzt steht dir und Maron doch nichts mehr im Wege. Du musst dich jetzt nur aufrappeln und alles mit ihr klären.“

Jetzt wurde der Blauhaarige wütend. Gab es denn keinen Menschen, der verdammt noch mal verstehen wollte, wie seine Situation war?! Mit einem gereizten Knurren richtete er sich in dem Bett auf und blickte Access tief in die Augen.

„Sag mal, checkt ihr es alle nicht?! Sie ist weg! Weg! Und sie wird auch nicht mehr zurück kommen, verstanden? Wir werden keine 'kleine Familie' werden, weil sie einfach mit meinem Kind abgehauen ist und ich keinen blassen Schimmer habe, wo sie steckt. Kann sich einer von euch auch nur im Entferntesten vorstellen, was in mir vorgeht, wie ich mich fühle? Zu wissen, dass es da draußen ein Kind geben wird, das ich gezeugt habe und das ohne seinen Vater aufwachsen wird, weil ich zu dumm war, meine Fehler einzugestehen? Weil ich einfach nur ein feiger Idiot war? Spart euch einfach eure Versuche, mich aufmuntern zu wollen, weil es nichts gibt, das meine Lage irgendwie verbessern könnte!“

Außer Atem ließ er sich einfach zurück in die Kissen fallen und starrte weiterhin ausdruckslos an die Decke. Darauf wusste selbst Access nichts mehr zu sagen. Noch nie hatte er Chiaki dermaßen aus der Haut fahren sehen. Und auch wenn es ein paar Sekunden gedauert hatte, verstand auch der Barbesitzer, was ihm sein bester Freund gerade offenbart hatte. Glauben konnte und wollte er es aber nicht. War es wirklich möglich, dass sie einfach in einen Flieger gestiegen war und sich jetzt in irgendeinem anderen Land der Erde befand? Eigentlich hatte Access geglaubt, dass wenigstens die Tatsache, dass Chiaki mittlerweile von der Schwangerschaft wusste, sie von ihrem Vorhaben abhalten würde, doch er hatte wohl weit gefehlt.

„Chiaki, es tut mir leid. Wenn ich das gewusste hätte...“

„Hast du aber nicht.“

Betrübt ließ Access den Kopf hängen. Von seiner sonst so selbstbewussten Art, war für den Moment nicht mehr viel zu merken. Er war einfach ratlos, was er tun könnte, um Chiaki zu helfen. Er hatte nie damit gerechnet, dass sie einmal in diese Situation kommen würden. Hatte er doch den Glauben nie verloren, dass der 26-jährige und die brünette Schönheit wieder zusammenfinden würden.

„Fynn hat noch einen wichtigen Termin, ich muss sie leider in der Bar ablösen. Wenn du noch etwas brauchst, dann ruf mich gerne an oder komm vorbei...“

Gerne hätte er noch mehr gesagt, doch er fühlte sich einfach sprachlos. Was sagte man auch jemandem, der sich fühlen musste, als würde er nie wieder im Leben glücklich sein können? Wie es zu erwarten war, zeigte Chiaki keinerlei Reaktion, also nickte der Lilahaarige noch einmal, verließ das Zimmer und schloss die Tür leise hinter sich.

Im Hausflur traf er auf Kaiki. Im Gegensatz zu seiner Exfrau hatte er nichts von allem mitbekommen. Maron, die Affäre, das Baby. Dementsprechend hilflos fühlte er sich. Zuerst hatte er alles auf die geplatzte Hochzeit schieben wollen, doch er hatte schon lange das Gefühl, dass mehr dahintersteckte. Er hatte immernoch im Gefühl, dass es etwas mit Maron zu tun haben könnte, doch was vorgefallen sein musste, dass sein Sohn so trostlos war, das konnte er sich im Kopf einfach nicht zusammenreimen.

„Hat er auch mit dir nicht gesprochen?“

Access schüttelte den Kopf betrübt.

„Ich glaube es ist am Besten, wenn wir ihn ein bisschen in Ruhe lassen.“

Niedergeschlagen nickte der Ältere. Vermutlich hatte er Recht. Chiaki war noch nie der Typ gewesen, der sonderlich mitteilungsbedürftig war, wenn es um seine Probleme ging. Lieber machte er alles mit sich selbst aus, auch um andere nicht zu belasten. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass er sich freiwillig öffnete und vielleicht sogar nach einem väterlichen Rat verlangte.

Er bedankte sich bei Access für dessen Mühe und verabschiedete ihn höflich. Dann begab er sich ins Wohnzimmer, um ein wenig zu lesen. Er hatte sich die Tage nach der geplanten Hochzeit frei genommen. Dass die Hochzeit im letzten Moment platzen würde, hatte ja keiner ahnen können. Es würde ihm auch nichts bringen, sich die ganze Zeit den Kopf zu zerbrechen. Es war wohl das Beste, wenn er einfach versuchte, sich abzulenken.
 

Hana befand sich mittlerweile zurück auf dem Weg zu Kaikis Villa. Sie und ihr Exmann hatten beschlossen, dass sie vorerst in eines der Gästezimmer einziehen sollte, solange Chiaki auch dort wohnte und noch keine neue Wohnung gefunden hatte. Auch wenn ihre Ehe nicht funktioniert hatte, so hielten sie doch auch nach der Scheidung zusammen, wenn es um ihren gemeinsamen Sohn ging. Zudem schätzten sie sich gegenseitig noch immer sehr, wofür beide sehr dankbar waren.

Seit dem Gespräch am Flughafen waren schon ein paar Stunden vergangen, doch sie konnte nicht einfach herumsitzen und Daumen drehen. Sie war ein paar Taxistellen und den Bahnhof abgefahren und hatte ein verschiedene Taxifahrer angesprochen in der Hoffnung, dass einer von diesen Maron an den Flughafen gefahren hatte und sich möglicherweise noch an sie erinnern konnte. Im Optimalfall hatte sie dem besagten Fahrer vielleicht schon erzählt, wohin sie ihre Reise bringen würde, doch sie hatte leider keinen Erfolg gehabt. Ihr ganze Hoffnung ruhte nun auf diesem einen Anruf, den sie mit größter Nervosität erwartete und der sie hoffentlich einen großen Schritt weiterbrachte.

Wenig später fuhr sie mit dem Auto an einer kleinen Bar vorbei. Sie wusste ganz genau, wer der Besitzer war und überlegte kurz und fieberhaft, dann parkte sie ihren Wagen am Straßenrand und stieg eilig aus.
 

Access war gerade dabei, die Theke und die Tische der Bar abzuwischen. Es war Sonntagabend, das bedeutete, dass er nicht wirklich viel zu tun gehabt hatte. Er hatte ein paar Stammgäste bedient, die sich aber auch zeitig auf den Heimweg gemacht hatten, da sie am nächsten Morgen wieder früh aufstehen mussten, um arbeiten zu gehen. Fynn hatte er gesagt, dass sie ruhig nach ihrem Termin zu Hause bleiben könne, mit den paar Gästen würde er auch alleine fertig werden und vielleicht würde er auch etwas früher schließen, wenn kein Betrieb mehr war. Er hatte schon lange keinen freien Abend mehr gehabt, an dem er sich etwas entspannen oder sich der Beziehung zu Fynn widmen konnte.

Doch dann vernahm er die Glocke, die im Eingangsbereich hing und von der Tür angestoßen wurde, sobald sich die Tür öffnete. Neugierig blickte er in Richtung Eingang, wer ihn wohl um diese Uhrzeit noch beehrte. Er musste zugeben, dass er doch ziemlich überrascht war, als er Chiakis Mutter erblickte. Sie hatte ihn ehrlich gesagt nie sonderlich leiden können, hatte immer behauptet, er wäre ein schlechter Einfluss für ihren Sohn. Dementsprechend verwundert war er, dass sie tatsächlich freiwillig in seine Bar kam. Auf der anderen Seite konnte er sich aber auch ganz genau vorstellen, worüber sie mit ihm sprechen wollte.

„Guten Abend, Access“, grüßte sie ihren Gegenüber zaghaft.

„Guten Abend, Misses Nagoya. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich nicht damit gerechnet habe, Sie jemals in meiner Bar begrüßen zu dürfen.“

Tatsächlich konnte sich die Angesprochene zu einem kleinen Lächeln durchringen. Sie hatte zwar nie allzu viel von Access gehalten, aber eigentlich war er ja doch kein schlechter Kerl, musste sie zugeben. Es war schließlich nicht selbstverständlich, dass er Chiaki ein wirklich guter Freund war und ihm immer zur Seite stand, wenn er Probleme hatte oder einfach nur einen Ratschlag brauchte.

„Access, wir müssen reden.“

Langsam setzte sie sich an einen der Tische, Access legte den Lappen, mit dem er eben noch abgewischt hatte in die Spüle hinter der Theke und setzte sich dann ihr gegenüber auf einen Stuhl.

„Ich denke mal, dass es um Chiaki geht?“

„Hast du schon mit ihm sprechen können?“

„Ich war vor ein paar Stunden kurz bei ihm, aber er macht absolut dicht, da bin selbst ich überfragt, tut mir leid.“

Hana seufzte laut auf. Es tat ihr sichtlich weh, ihren Sohn in diesem Zustand zu sehen.

„Hör zu, ich weiß mittlerweile ein wenig was passiert ist und... ich habe auch ehrlich gesagt meinen Teil dazu beigetragen. Das tut mir sehr leid und ich kann es leider nicht mehr rückängig machen...“

Irritiert zog der junge Mann eine Augenbraue nach oben. Er konnte in seinem Kopf einfach keine Verbindung zwischen den ganzen Geschehnissen und Chiakis Mutter herstellen. Was sollte sie auf einmal damit zu tun haben?

Die Ältere bemerkte seine Verwirrung und beichtete ihm kleinaut, warum sie sich so schuldig fühlte. Erzählte von dem Abend, als sie Maron davon überzeugen wollte, dass Chiaki keinerlei Gefühle für sie hegen würde. Davon, dass sie Miyako erst darauf aufmerksam machte, dass Maron großes Interesse an ihm zeigte und so wahrscheinlich erst dafür gesorgt hatte, dass junge Polizistin die Hochzeit so schnell wie möglich durchziehen wollte. Und schließlich davon, wie elend sie sich fühlte, dass sie ihrem einzigen Sohn das wahre Glück verbaut hatte.

Aufmerksam hatte der Barbesitzer zugehört, ohne sie ein einziges Mal zu unterbrechen.

„Hören Sie, ich kann absolut nachvollziehen, dass Sie Schuldgefühle haben, aber dafür gibt es keinen Grund. Ihre Taten waren keine Auslöser dafür, was geschehen ist, das sollten Sie sich immer wieder ins Gedächtnis rufen.“

„Danke, Access, es ist nett, dass du das sagst, aber ich kann das alles nicht so auf sich beruhen lassen. Ich habe beschlossen, das alles in Ordnung zu bringen.“

Bevor Access nachfragen konnte, sprach sie eilig weiter: „Ich werde Maron finden und wieder zurückbringen. Hier her, zu Chiaki, wo sie nun einmal hingehört.“

Möglichst kurzgefasst berichtete sie von ihrer bisherigen Suchaktion. Access hatte versucht, dem ganzen zu folgen. Allerdings musste er zugeben, dass ihn das alles nicht sonderlich zuversichtlich stimmte.

„Hana, es ist wirklich bemerkenswert, dass Sie sich für die ganze Sache einsetzen, wirklich. Aber ich befürchte, dass es nicht so einfach werden wird, wie Sie sich das vorstellen. Wenn ich das richtig verstanden habe, beruht unsere ganze Hoffnung auf einem einzigen Anruf. Was ist, wenn dieser Mann keine Informationen für uns haben wird? Dann haben wir nichts, keinen neuen Anhaltspunkt. Und selbst wenn wir in Erfahrung bringen können, wo sie sich in diesem Moment aufhält, haben wir keine Garantie dafür, dass Maron zurückkommen wird und die beiden mir nichts dir nichts wieder zueinander finden werden. Zwischen ihnen ist viel vorgefallen, von dem Sie nichts wissen. Es braucht viel Zeit, um ein solches Verhältnis wieder zu reparieren.“

Ein unangenehmes Schweigen entstand, doch dann ergriff die 43-jährige wieder das Wort. Ihre Stimme klang dabei selbstbewusster als zuvor.

„Ich weiß, dass es im Moment nicht viel Grund zur Zuversicht gibt und doch werde ich an jedem kleinen Hoffnungsschimmer festhalten, der sich zeigt. Vielleicht kannst du es in deinen jungen Jahren noch nicht nachvollziehen, aber wenn du ein Kind hast, steht deine ganze Welt Kopf. Ab dem Moment, in dem du dieses kleine Wesen in deinen Armen hälst, würdest du einfach alles dafür tun, um es glücklich zu machen. Dieses Gefühl wirst du nie wieder los und deswegen werde ich auch alles dafür tun, dass mein Sohn das Glück bekommt, das er nach all diesen Problemen mehr als nur verdient hat und nichts und niemand wird mich davon abbringen können.“

Access hatte aufmerksam zugehört. Fast wäre er gerührt gewesen, wie sehr sich Hana für Chiaki einsetzte. Nach allem, was damals passiert war, empfand er dies nicht als Selbstverständlichkeit. Ein schlechtes Gewissen erfasste ihn, weil er auf einmal das Gefühl hatte, nicht alles für seinen besten Freund getan zu haben.

„Sie haben Recht, Hana, er verdient es und...ich werde Sie mit allen Kräften unterstützen, darauf können Sie sich verlassen. Chiaki ist mein bester Freund und er würde dasselbe für mich tun.“

Erfreut lächelte die Dame und reichte Access die Hand, als würden sie eine Vereinbarung schließen. Dann verabschiedete sie sich, zog ihren Mantel an und machte sich auf den Heimweg.
 

In Kaikis Villa angekommen entledigte sie sich ihres Mantels und ihrer Schuhe und stieg so leise, wie es ihr möglich war die große Treppe nach oben. Aus dem Badezimmer konnte sie das Rauschen der Dusche vernehmen. Da Kaiki sie beim Betreten des Hauses nicht wie sonst begrüßt hatte, ging sie davon aus, dass ihr Ex-Mann sich wohl im Bad befinden müsste.

Dann blieb sie vor der Tür stehen, hinter der sich Chiakis Zimmer befand. Wie ein Blitz schoss ihr die Erinnerung an den Abend der Verlobungsfeier in den Kopf. Der Abend, an dem Maron vor allen Gästen verkündet hatte, dass sie nicht mehr in Momokuri arbeitete und den Plan verfolgte, Japan den Rücken zu kehren. Nachdem diese Bombe geplatzt war, hatte Hana sowohl Chiaki als auch Maron eine ganze Zeit lang nicht mehr zu Gesicht bekommen und hatte entschieden, die beiden suchen zu gehen. Tatsächlich hatte sie sie in genau diesem Zimmer vorgefunden. Arm in Arm, eng umschlungen, kurz davor, sich zu küssen. Heute kann sie sich noch nicht einmal daran erinnern, warum sie sich überhaupt auf die Suche gemacht hatte. Hatte sie Angst gehabt? Angst davor, dass Maron Chiaki verführen könnte? Oder vielleicht Angst, dass die beiden doch mehr Gefühle füreinander hegten, als sie selbst erkennen wollte?

Wenn sie doch nur damals schon gewusst hätte, was sie heute wusste... Vielleicht hätte sie all diese Probleme verhindern können, hätte Chiaki von dieser Hochzeit mit Miyako abhalten können, hätte Maron angefleht, in Japan zu bleiben und um Chiaki zu kämpfen. Doch hätte sie überhaupt etwas bezwecken können? Wovon hatte Access gesprochen, als er sagte, dass zwischen Maron und Chiaki Dinge vorgefallen waren, von denen sie nichts wusste? Sie konnte nicht akzeptieren, dass diese Liebe schon damals zum Scheitern verurteilt gewesen sein soll, das konnte sie einfach nicht hinnehmen!

Angestrengt kniff sie kurz die Augen zusammen, um ihre Gedanken wieder ins Hier und Jetzt zu befördern. Ganz vorsichtig und möglichst leise drückte sie die Türklinke nach unten und trat in das Zimmer ein. Ihr Herz schmerzte, als sie ihren Sohn auf dem Bett liegen sah. Er schlief tief und fest, sein Atem ging ruhig und trotzdem sah man ihm die Strapazen der letzten Wochen deutlich an. Die Augenringe, der unrasierte Drei-Tage-Bart, das fehlende Lächeln. Langsam ging sie auf das Bett zu und strich ihrem Sohn eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Vorsichtig beugte sie sich nach vorne, drückte ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Ich werde sie nach Hause bringen“, flüsterte sie.

Plötzlich konnte sie die Vibration ihres Handys in der Tasche vernehmen. Ihre Augen weiteten sich schlagartig. Ein Anruf!

Sie beeilte sich, das Zimmer zu verlassen, zog das Handy heraus, nahm den Anruf an und presste das Gerät an ihr Ohr. In aller Hektik und Nervosität wäre es ihr fast noch aus der Hand gerutscht.

„Hana Nagoya am Apparat, mit wem spreche ich?“

Ihre Stimme zitterte, innerlich schickte sie Stoßgebete gen Himmel.

„Guten Abend Misses Nagoya! Taro Akira vom Flughafen Tokio am Apparat...“
 


 

Goodbye, there's just no sadder word to say

And it's sad to walk away

With just the memories

Who's to know what might have been

We'll leave behind a life and time

We'll never know again
 

Please remember, please remember

I was there for you

And you were there for me

Please remember, our time together

The time was yours and mine

And we were wild and free

And remember, please remember me...
 

Please Remember – LeAnn Rimes


Nachwort zu diesem Kapitel:
Uiuiui, was Hana wohl bei dem Telefonat erfährt?

Ich hoffe, es hat euch gefallen und würde mich über eine paar Kommentare freuen ^^

Hoffentlich bis bald, eure Snuggle <3 Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Alexa-d
2019-08-19T15:02:47+00:00 19.08.2019 17:02
Hoffe das es ein tolles Ende gibt warte drauf ist sehr toll geschrieben! LG alexa
Von:  Biancacojocaru
2018-04-16T07:33:21+00:00 16.04.2018 09:33
O Gott 😱wie gemein du bist warum nur bist du so was von fiessssssss😭😭😭 ich liebe deine Geschichte und freue mich noch mehr davon zu lesen LG Bia
Von:  Scorbion1984
2018-04-11T15:14:10+00:00 11.04.2018 17:14
Oh nein ,ich möchte doch auch wissen was ihr der Mann am Telefon mitteilt !
Habe mich sehr gefreut als ich das Kapitel heute entdeckt habe ,bin sehr auf die Fortsetzung gespannt !
Ein Glück das Du diese FF nicht vergessen hast ,ich dachte schon das Du nicht weiter machst !
Von:  chaoslady
2018-04-04T22:33:19+00:00 05.04.2018 00:33
So zum negativen das Kapitel ist vorbei ich möchte mehr erfahren wissen was miss Nagoya erfährt an Telefon hab zwar eine Vermutung aber ich möchte sie nicht äußern ich lese deine Geschichte. Seit dein ersten Kapitel ich wollte dir sagen man wartet zwar auf die Kapitel etwas länger aber es lohnt sich immer. Mach weiter so mit freundlichen Grüßen Jule
Von:  Desiree92
2018-04-04T16:09:07+00:00 04.04.2018 18:09
Habe mich sehr über das Kapitel gefreut 🤗 wirklich ein sehr spannendes aber auch trauriges Kapitel, hat mir gut gefallen. Freu mich schon wenn es weiter geht 🤗😉


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