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Whiskey und Schokolade

von

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Spiegelstaub Teil I

Ich starre auf den Bildschirm. Einige meiner Freunde schreiben mich über das Chatprogramm an, doch ich lasse ihre belanglosen Anfragen unbeantwortet. Meine Unterlippe fühlt sich mittlerweile so an, als hätte ich sie schon blutig genagt; sogar meine Zähne scheinen von diesem nervösen Kauen zu schmerzen. Mein Magen knurrt, aber ich kann nichts essen. Ich verspüre keinen Appetit, auch wenn mein Körper Alarm schlägt; doch jedes Mal, wenn ich auch nur an Essen denke, wird mir schlecht.
 

Vergeblich versuche ich, nicht an die vergangene Nacht zu denken.
 

Genau neun Stunden ist es her, dass Martin in Leons Zimmer geplatzt ist. In den Raum, in dem mein Ex und ich… Meine Augen brennen fürchterlich und ich habe einen dicken, fetten, ekligen Kloß im Hals. Mein Telefon zeigt mir ganze acht Anrufe in Abwesenheit an; alle stammen sie von Christian. Auch auf die Textnachrichten meines Freundes habe ich nicht geantwortet, weil dieser Schmerz in meiner Brust sich auf meine gesamten Glieder ausbreitet und sie lähmt.
 

„Koschinski?“, ertönt die Stimme meines Mitbewohners plötzlich aus dem Flur und ich zucke zusammen. Bens Schritte werden lauter und mit ihnen steigt auch meine Panik. Fluchtartig schmeiße ich mich wieder aufs Bett und ziehe die Decke hastig über meinen Kopf; stelle mich tot – oder schlafend – wie ein verängstigtes und doch kluges Kaninchen: denn ich will nicht gefressen werden. Vom Wolf. Vom Greifvogel, oder welchem Tier auch immer Ben momentan ähnlich sehen könnte.
 

Laut klopft es an meiner Tür und ich kneife die Augen zusammen.

Ich will Ben nicht sehen. Ich habe Angst, dass ein Blick meine mentale Mauer sprengen könnte und dann alle Informationen aus mir heraussprudeln würden, die ich für mich behalten will. Die ich für mich behalten sollte. Die ich für mich behalten muss.
 

„Manu?“, ertönt seine Stimme, als er vorsichtig die Tür aufschiebt. Ich halte die Luft an, doch das geht nicht lange gut. Erst recht nicht, als Ben sich neben mich aufs Bett schiebt und seine Hand auf meine Schulter legt, um mich ganz vorsichtig wachzurütteln.
 

Ich stottere so etwas wie: „Hm... was... hmgh... hm?“ - und tue so, als würde ich gerade erst erwachen, reibe mir angeblich verschlafen die Augen. Ich kann Bens Blick deutlich auf mir spüren, aber ich wage es nicht, ihn zu erwidern; schließe meine Augen wieder und mache noch mal: „Hm?“
 

„Dein Männchen hat mich ziemlich panisch angerufen, alles okay bei dir? Christian flippt fast aus, weil er dich nicht erreichen kann, Mann! Hast du dein Handy gestern beim Saufen verloren, oder was?“, klärt mich Ben dann letztendlich auf.
 

„Ich bin krank“, lüge ich direkt. „hab den ganzen Tag gepennt, mir geht’s scheiße.“
 

„Oh... Mensch, du arme Sau. Aber hey“, fährt Ben im milden Ton fort, seine Hand immer noch auf meiner Schulter ruhend, was mich zunehmend nervöser stimmt. „ruf doch mal bitte bei Christian an.“
 

„Ja. Ja, na klar, mache ich“, versichere ich meinem guten Freund und Mitbewohner, ohne ihm dabei in die Augen zu sehen und rutsche langsam zur Bettkante, um Ben dann endlich meinen Rücken zuwenden zu können und nach meinem momentan verhassten Mobiltelefon zu greifen. Ich seufze und höre, wie Ben die Zimmertür hinter sich zuzieht. Meine Finger schweben über den bunt erscheinenden Tasten auf dem flachen Bildschirm des Mobiltelefons, das in meiner Hand ruht. Ich zögere und dann komme ich zu der klaren Erkenntnis, dass ich Christian nicht anrufen kann – alleine der reine Gedanke an Christians Stimme direkt an meinem Ohr, die seine Sorge und vielleicht auch leichte Wut auf mich wiedergeben könnte, bringt mich um.
 

Minutenlang sitze ich einfach nur so da und kann meine Gedanken gar nicht richtig ordnen. Ich bin wütend auf mich – auf Leon. Schließlich habe ich ihn „nur“ eifersüchtig machen wollen, ich wollte ihn triezen, mit ihm spielen. Mein Ex war es doch, der seine Lippen auf meine gepresst und mich aus dem Klub gezogen hat. Leon war es doch, der mich gefragt hat, ob ich nicht noch mit nach oben komme.
 

Und ich habe Ja gesagt.

Ich war es, der da mitgemacht hat.

Ich war es, der wegen seines vollkommen überbewerteten Stolzes und seiner Naivität die gesamte Situation überhaupt erst provoziert hat.
 

Die gesamte Schuld auf Leon zu schieben – das funktioniert nicht.
 

Ich atme durch. Es gibt so viele Fragen, die in meinem Hirn herumgeistern: wieso hat Leon eigentlich mit mir geschlafen? Was waren seine Beweggründe? Mit seinem Surferboy ist oder war er ja offensichtlich immer noch zusammen, also scheidet Frustrationssex aus.
 

…ob sie jetzt wohl immer noch ein Paar sind?
 

Dieser finstre Blick von Martin geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Der dunkle Ton seiner gereizten Stimme, die Panik, die Leon und mich befallen hatte. Wollte Leon ihn vielleicht so provozieren? Schließlich wusste er doch, dass Martin ihn besuchen wollte – und sicherlich hatten sie auch eine Zeit abgesprochen! Vielleicht war seine Panik nur gespielt?

Nein, das kann nicht sein. Dafür kenne ich meinen Ex zu gut. Oder täusche ich mich vielleicht doch?
 

Mir wird fast schwindelig von dem ganzen Nachdenken.
 

Dann wird mir plötzlich ganz kalt und es kribbelt, weil ich mich im Anschluss direkt wundere, ob Leon mir vielleicht eins reinwürgen wollte, Christian und mir, in dem er mich „verführt“, Unruhe stiftet und letztendlich veranlasst, dass Christian und ich uns trennen?
 

Völlig absurd erscheint mir dieser Gedanke nicht. Doch wenn ich daran denke, wie gut Christian und Leon sich mittlerweile verstehen und wie normal mein Ex sich auch mir gegenüber die ganze Zeit über verhalten hat, wie er versucht hat, unsere Freundschaft aufrecht zu erhalten, wandert diese Version der Dinge dann doch sehr schnell in die Ecke mit dem „Unmöglich“-Stempel.
 

Was also war es dann, dass uns beide veranlasst hat, übereinander herzufallen?

Eine weitere Tröstaktion? Bullshit.
 

Erneut schließe ich die Augen.
 

Das Schlimmste an dieser ganzen Situation ist die Tatsache, dass… es mir gefallen hat. Natürlich bereue ich es, ich könnte mir die ganze Zeit selbst in die Fresse schlagen, aber würde mich jemand fragen, ob es gut war: verdammt, ich würde es bejahen.
 

„Shit!“, zische ich und schlage frustriert in mein Kissen ein. Es hilft nicht. Diese seltsamen Gefühle und das tonnenschwere, schlechte, dunkle Gewissen wollen mich nicht verlassen. Es ärgert mich unheimlich, dass ich nicht weiß, was Leon sich dabei gedacht hat. Dass ich mich selbst nicht verstehen kann – und dass ich Christian, der sich monatelang so viel Mühe um mich gemacht hat, mich wie einen regelrechten Prinzen behandelt und einfach so ein unheimlich netter, liebenswerter und gar unschuldiger Kerl ist, so schamlos betrogen, verarscht und hintergangen habe.
 

Aus Rache? Weil er sich nicht vor jedem outen will?

Aus Frust wegen seiner Bisexualität? Was kann er denn dafür, dass er so gepolt ist?! Hat er mir jemals Vorwürfe gemacht, weil ich nur auf Schwänze stehe?!
 

War es tatsächlich einfach pure Dummheit, die mich zu diesem fatalen Schritt bewegt hat?
 

Ich habe alles, was mich glücklich macht. Es muss nicht immer perfekt in einer Beziehung sein – aber das weiß ich eigentlich. Mit Leon war auch nicht immer alles perfekt; wir haben uns schließlich auch gestritten, lagen uns wegen Kleinigkeiten in den Haaren oder waren einfach grundsätzlich unterschiedlicher Meinung. Trotzdem hatte mich die Beziehung erfüllt; wie auch die Bindung mit Christian, der mich regelrecht erobert hat. Wünscht man sich das nicht, erobert zu werden?
 

Ich betrachte das Handy. Mir wird übel.
 

Ich werde es ihm nicht sagen.
 

…denke ich. Doch eigentlich weiß ich gar nicht, was ich denke; was ich denken sollte und was ich mir überhaupt dabei gedacht habe. Oder was Leon sich dabei gedacht hat, was er denkt. Ich muss mit ihm reden. Ganz dringend.
 

Mein Handy vibriert und ich zucke zusammen.
 

„Hallo?!?“, schreibt Christian und ich kaue schon wieder exzessiv auf meiner Unterlippe herum. Dann schreibe ich ihm. Dass ich krank bin, dass ich die ganze Zeit geschlafen habe, dass es mir leid tut, dass ich das Handy nicht gehört habe und dass ich ihm noch ein schönes Wochenende wünsche.
 

Die Luft halte ich regelrecht an, als ich auf seine Antwort warte, die prompt auf dem Display erscheint. „Ich hab mir echt Sorgen um dich gemacht! Danke, dass du dich endlich gemeldet hast. Wir kommen morgen so gegen 8 zurück – soll ich dann vorbeikommen?“
 

Mein Herz gibt einen wilden Rhythmus in meiner Brust vor und meine Gedanken tanzen ebenso ungehalten in meinem Kopf dazu und machen mich ganz hibbelig. In einem ziemlich negativen Sinn. Ich kann Christian nicht einen Tag, nachdem ich ihn betrogen habe – mit meinem Ex!!! - unter die Augen treten! Wie von der Tarantel gestochen tippe ich hastig zurück: „Aber nur, wenn es mir morgen besser geht, hab momentan Fieber, ganz schlimm und ich will dich nicht anstecken, ich schreibe dir dann einfach, lege mich jetzt schlafen, gute Nacht.“
 

Das ist so mies, Manuel – sage ich mir selbst, als ich, anstatt wie angekündigt nicht schlafen gehe, sondern mich eilig anziehe und wie ein Verrückter aus dem Haus renne, zumindest minimal glücklich, dass ich Ben nicht im Flur begegnet bin. Planlos fahre ich umher in der Dunkelheit. Bis ich Halt vor Leons Wohnhaus mache.
 

Ich kann mich selbst laut atmen hören, kann hören, wie mein Brustkasten zu explodieren droht von diesem unablässigen, barbarischen Takt meines Herzens. Verzweifelt klammere ich mich ans Lenkrad, Angst überfällt mich, Zweifel und Wut. Ich presse die Lippen aufeinander und versuche das Brennen hinter meinen Augen zurück zu halten. Tief atme ich durch – und starte letztendlich doch wieder den Motor, um davon zu fahren.
 

Um mit Leon zu reden, dafür ist es noch zu früh. Doch das dringende Bedürfnis, mit jemandem über diesen Seitensprung zu sprechen, verschwindet nicht von allein. Vielleicht führt mich mein Unterbewusstsein gerade deswegen direkt vor die Tür von meinen zwei Freundinnen.
 

Meine Knie zittern erschreckend heftig, als ich die Türklingel betätige und von dem schrillen Ton, der durch die Holztür dringt, buchstäblich zusammenfahre. Angespannt lausche ich den lauter werdenden Schritten, dann schon wird die Tür vor meiner Nase aufgerissen und ich blicke Tina in die Augen, die mich ziemlich verdutzt betrachtet.
 

„Manuel!“, sagt sie schließlich erstaunt.
 

„…hey…“, meine ich und weiß nicht so richtig, wo ich hinsehen soll. „Störe ich?“
 

„Äh, ne, eigentlich nicht. Komm rein!“, fordert sie mich auf und macht Platz, sodass ich eintreten kann. Wir setzen uns aufs Sofa, Tina hat gerade Chai-Tee gemacht. „Karolina beliefert gerade so ne Snob-Party und macht da auch Bedienung“, erklärt sie mir und lächelt milde, während ich an meinem würzig-süßen Getränk nippe.
 

„Mhmm…“, brumme ich und starre den stumm geschalteten Fernseher an. Irgendeine Quizshow läuft und die dicke Dame auf dem Hauptsessel überlegt gerade, ob Konrad Adenauer oder Kurt Kiesinger der erste Bundeskanzler der BRD war.
 

„Wolltest du mit Karolina sprechen…?“, fragt Tina mich schließlich einige Minuten nachdem ich weiterhin stillschweigend betrachtet habe, wie die Dame sich im letzten Moment für Adenauer entschieden und somit 1.000 Euro einkassiert hat. Dann seufze ich.
 

„Nein, nicht unbedingt.“
 

„Hm. Okay. Ist etwas passiert? Und jetzt sag nicht nein“, fügt sie noch schnell an und legt den Kopf schief, als ich sie endlich anblicke. Ein langgezogenes Seufzen entweicht mir und Tinas Mund gleitet in ein schwaches und dennoch irgendwie aufmunterndes Lächeln. „Willst du es mir nicht erzählen?“, fragt sie mich und ich kann nichts dagegen tun: die Worte prasseln einfach so aus meinem Mund.
 

„Ich hab’ mit Leon geschlafen.“
 

Tina blinzelt. Zunächst scheint sie meinen Satz gar nicht verstanden zu haben. Verwirrt schüttelt sie den Kopf. „Wie? Ich meine… wann?“
 

„Gestern.“
 

Erst dann scheint sie zu begreifen, was ich ihr damit eigentlich erklären will. „W… Ach, du Scheiße!“, stammelt sie und setzt sich irgendwie alarmiert auf. Ich kann ihr gar nicht in die Augen sehen und starre stattdessen auf den knallgelben Becher in meiner Hand. Unangenehm und ziemlich schmerzvoll zieht es sich dann allerdings in meinem Hals zusammen und im nächsten Moment spüre ich schon diese warmen Tropfen auf meinen Wangen. Keine zwei Sekunden später liege ich in Tinas Armen und schluchze.
 

„Schhh…“, versucht sie mich zu beruhigen, aber das macht alles nur noch schlimmer, denn umgehend ertönte Leons sanftes ‚Schhhh’ in meinem Kopf und all diese Szenen und Gefühle erfüllen mein Innerstes und ich bin verwirrt und ängstlich und wütend zugleich.
 

Es dauert eine Weile, bis ich mich beruhigt habe und langsam Tinas Umarmung entgleite. „Sorry…“, murmele ich, meine Stimme nichts anderes als ein verheultes Ächzen.
 

„Ist doch in Ordnung…“, wispert sie und schenkt mir ein seichtes Lächeln. Dann schweigen wir wieder eine Weile und ich wische mir die Tränen aus dem Gesicht. Tina fragt nicht weiter, sie wartet stattdessen, bis ich den Mut und die Kraft gefunden habe, ihr von Samstagabend zu berichten.
 

Ich lasse nichts aus. Ich beichte mein naives Verhalten Leon gegenüber, diese lästigen Rachegefühle, die dann und wann in mir hochgekommen sind. „Ja… verletzter Stolz…“, murmelt sie nachdenklich und nickt, während sie mir in die Augen schaut und darauf wartet, dass ich weiter erzähle. Schließlich schildere ich ihr auch die Vorgeschichte, das Zusammensein mit Leon in dem Zimmer seiner Großeltern; ich beichte ihr den Kuss, der nichts anderes sein sollte, als eine Tröstaktion. „Aber vielleicht war das nur der Anfang“, meint Tina nachdenklich.
 

„Der Anfang von was?“
 

„Na, sozusagen der Auslöser für genau das, was gestern zwischen euch passiert ist!“, sagt sie energisch und gestikuliert dabei wild mit ihren Armen, nur um sie dann hängen zu lassen und laut zu seufzen. Ich stimme mit ein und beginne an meinem Pullover zu nesteln; unruhig und aufgewühlt. Ich wünschte, ich könnte behaupten mir würde es jetzt besser gehen, nachdem ich alles losgeworden bin, aber scheinbar habe ich mich da getäuscht. Mir geht es genauso beschissen wie vor dieser großen Beichtaktion.
 

„Liebst du ihn immer noch?“, fragt sie mich.
 

„Wen?“
 

„Leon.“
 

„Ich liebe Christian!“, fahre ich sie an, und entschuldige mich dann im selben Atemzug für meinen etwas lauteren Ton.
 

Erneut herrscht Stille zwischen uns. „Ich hole uns eben neuen Tee“, verkündet meine Freundin schließlich und entflieht dem viel zu ruhigem Raum für einige wenige Minuten. Ich hingegen starre allein zurückgelassen den Holztisch vor mir an und denke an – wie hätte es auch anders sein können – Christian. Fast schon erschrecke ich, als Tina das Wohnzimmer mit den zwei dampfenden Bechern in ihren Händen betritt.
 

„Das heißt, mit Christian soll es weitergehen?“, will sie von mir wissen, nachdem ich den ersten Schluck zu mir genommen habe.
 

Ich nicke still.
 

„Wirst du es ihm sagen?“, fragt sie daraufhin.
 

„…ich kann nicht…“, lautet meine Antwort bei der beinahe meine Stimme versagt.
 

„Umso besser“, sagt Tina plötzlich mit fester Stimme und nippt nun an ihrem Tee. Unsere Blicke treffen sich und Tinas Gesichtsausdruck hat sich irgendwie verändert. Beinahe schon hart blickt sie mich an.
 

„…war das jetzt sarkastisch?“, erkundige ich mich – doch Tina schüttelt den Kopf. Es folgt eine ganze Oper an Seufzern, unterbrochen lediglich durch schweigsame Pausen, in denen wir beide nicht so recht wissen, worauf wir unsere Augen legen sollen. Erst nach einigen Minuten, die sich anfühlen wie Stunden, spricht Tina wieder in vollen Sätzen mit mir.
 

„Du musst versprechen, das für dich zu behalten, Manuel.“
 

„Was zu behalten?“ Ich bin irritiert.
 

„Mann, das was ich dir jetzt erzählen werde, du Esel.“
 

„Ah. Ähm, okay“, willige ich ein – und erfahre etwas, das mich durchaus sehr „überrascht“.
 

Karolina hat Tina betrogen.
 

Ich weiß gar nicht, wie ich reagieren soll, als Tina mir davon erzählt; dass ihre russischstämmige Freundin total betrunken war, dass die beiden sich gestritten haben; Kleinigkeiten hatten sich zu Bergen aufgetürmt. Es ging um den Haushalt, ums Weggehen, um Karolinas manchmal zu großes Ego, zeitweise sogar um leichte Eifersucht – Karolinas Eifersucht. Dann sei es passiert, auf einer Party, mit einer Unbekannten.
 

„Sie war völlig fertig, als sie mir das gebeichtet hat. Sie hat geheult und war sogar richtig hysterisch, hat sich tausendfach entschuldigt, war davor tagelang richtig depressiv. Ich wusste, das was nicht stimmt“, erzählt Tina und ich muss erst mal schlucken.
 

„Wow“, bringe ich schließlich hervor. „Das tut mir echt leid… Ich dachte, bei euch läuft alles perfekt.“
 

Tina lacht etwas verbittert, wonach sie abermals seufzt. „Ich bin einfach so in sie verliebt, dass ich es ihr auf Anhieb verziehen habe – aber ich wünschte, sie hätte es mir nicht gesagt.“
 

„Wirklich?“
 

„Ja“, sagt Tina und lächelt traurig. „Jedes Mal, wenn ich jetzt nur daran denke, wird mir schlecht. Ich liebe Karolina und ich will auch weiter mit ihr zusammen sein, das Ganze liegt jetzt auch schon über ein Jahr zurück und es läuft ja auch eigentlich alles super zwischen uns. Aber wirklich, einen Seitensprung kannst du zwar verzeihen - und ich glaube ihr auch aufrichtig, dass das nie wieder passieren wird – aber so was kriegst du nie wieder aus deinem Kopf raus.“
 

Intensiv mustert sie mich und fügt dann an: „Und du bist nicht mit irgendeinem Fremden ins Bett gegangen – sondern mit deinem Ex-Freund; der dazu ja auch noch angeblich dein bester Freund ist. Mann, Christian hat doch jedes Mal mit ihm zu tun, wir alle haben was mit Leon zu tun. Das wird er dir nicht einmal verzeihen können, Manuel, weil er beinahe jedes Wochenende damit wieder konfrontiert wird. Ich würde Tina das nicht verzeihen, ich würde das nicht aushalten, der Person mit der Karolina im Bett war, in die Augen zu schauen – und glaub’ mir, ihr einen Fehler mit einer bedeutungslosen, fremden, völlig unbekannten, gesichtslosen Person zu verzeihen, das hat schon viel gekostet! Und wie gesagt: sogar das werde ich nie vergessen können…“, redet sie aufgebracht weiter. „Nein, wenn du mit Christian weiter zusammen sein willst, dann darfst du es ihm niemals sagen. Und Leon muss auch seine Klappe halten – mit Martin, das ist wahrscheinlich eh zu Ende. Jetzt geht es nur darum, dass die anderen nichts davon erfahren.“
 

„…meinst du wirklich, Martin verzeiht ihm das nicht?“
 

Tina legt den Kopf schief. „Hast du mir gerade eben nicht zugehört, oder was?“, fragt sie etwas sarkastisch.
 

„…doch.“
 

„Na, also…“, schnauft Tina.
 

Ich nicke stumm. Natürlich wird Martin Leon das nicht verzeihen. Von Anfang an war ich doch eh ein störendes Glied im gesamten Gefüge. Der Kindergartenfreund, der erste Freund, der langjährige Freund, mit dem Leon sein erstes Mal hatte; sein allerbester Freund. Stets präsent und am Anfang nicht mal besonders nett zu Surferboy. Ein gewaltiger Teil der Vergangenheit mit der man durch die intensive Freundschaft immer noch verbunden ist, die man nicht einfach so abschütteln kann.
 

Die Erkenntnis, dass es für Christian in Bezug auf Leon genauso ist – noch schlimmer sein muss, denn schließlich meinte ich noch lange Zeit nach meiner Rückkehr, Leon weiterhin zu lieben – schlägt ein wie eine Bombe und hinterlässt ein furchtbares Chaos.
 

„Ich muss mit Leon reden“, murmele ich bereits im Stehen.
 

„Halt!“, ruft Tina aus und bedeutet mir, mich wieder zu setzen. „Bist du denn völlig übergeschnappt?!“, zischt sie und schüttelt genervt den Kopf. „Klar musst du mit ihm reden, aber doch nicht direkt jetzt – Mensch, Martin hat höchstwahrscheinlich – nein, eigentlich bin ich mir da ziemlich sicher – Martin hat heute mit ihm Schluss gemacht. Wegen dir! Und du willst jetzt zu Leon, der komplett aufgewühlt ist, und ihm sagen, er soll die Fresse gegenüber den anderen halten und das Ganze einfach so vergessen?“
 

Ich fühle mich wie ein fünfjähriges Kind und starre schon wieder den Teppich an.
 

„Und wer weiß“, fährt Tina unbeirrt fort. „vielleicht ist das alles noch viel schlimmer, als wir beide annehmen…“
 

„Was meinst du?“, schießt es aus mir wie aus einer Pistole. Tina schaut mir nun wieder direkt in die Augen.
 

„Ich spreche jetzt einfach mal das aus, was du dir unbewusst die ganz Zeit denkst: vielleicht liebt Leon dich ja tatsächlich noch, und das Ganze lief genauso, wie er es sich in seinen kühnsten Träumen ausgemalt hat.“
 

Schon wieder legt sich diese grausame Stille über uns – nur mein verräterisches Herz wird lauter. Doch dann schüttel ich energisch den Kopf.
 

„Quatsch!“, schnaufe ich. „Das ist Blödsinn“, verwerfe ich diese Theorie.
 

„Nur eine Möglichkeit“, meint Tina Schultern zuckend, fügt aber umgehend an: „wobei ich auch eher davon ausgehe, dass es so ähnlich war wie bei Karolina: die beiden hatten irgendwie Streit, schon länger, und dann tanzt du ihn plötzlich an und – zack! Ihr landet im Bett.“
 

„Ich weiß gar nicht, was ich denken soll...“
 

„Sprich’ ihn doch einfach morgen oder übermorgen an, wenn ihr beide über die Sache geschlafen habt.“
 

„..fuck…“, seufze ich. „Ich weiß nicht… ich weiß nicht, wie ich mich gegenüber Christian jetzt verhalten soll.“
 

„Du willst mit ihm zusammen sein, also hältst du brav deine Klappe und benimmst dich genauso wie vorher. Schlaf erst mal eine Nacht drüber, dann sieht die Welt schon etwas anders aus.“
 

Ich nicke – auch wenn ich Tina nicht glauben kann. Ich verspreche ihr, Karolina nicht zu verklickern, dass ich von ihrem Seitensprung weiß und Tina verspricht mir natürlich, auch niemandem von meinem Seitensprung zu erzählen.
 

Wie ich mich fühle, als ich nach Haus fahre? Mies.

Richtig mies fühle ich mich aber erst, als ich die Haustür aufschließe und mein Mitbewohner mir im Flur begegnet und mich stirnrunzelnd fragt: „Wirklich alles okay?“ Ich nicke und Ben setzt noch einen drauf: „Wieso gehst du raus, wenn du krank bist?“
 

„Ich musste zur Apotheke“, lüge ich und weiß, dass ich demnächst noch öfter lügen werde.
 

Die Geschichte, die mir Tina erzählt hat, geht mir lange nicht aus dem Kopf. Auch nicht ihr Rat. Es ist gegen 3 Uhr morgens, als mich der Schlaf endlich langsam übermannt. Gegen 4 Uhr drifte ich endlich ab. Alpträume plagen mich und als ich gegen 12 Uhr mittags zum ersten Mal die Augen öffne, bin ich alles andere als ausgeschlafen und entspannt; und die Welt sieht auch nicht anders aus als gestern. Eigentlich ist es sogar ein wenig schlimmer, denn Christian hat mir heute Morgen eine weitere SMS gesendet.
 

Eine süße, kurze Mitteilung, in der er mir einen guten Morgen wünscht und mich fragt, ob ich denn heute Abend nicht einen Krankenpfleger benötigen würde. Mir wird schlecht und als ich in den Spiegel schaue und mein eigenes, verlogenes, hinterhältiges Antlitz erblicke, möchte ich ihn einfach nur zerschlagen.
 

Ich denke über Tina und Karolina nach, ich denke an Leon und in meinem Magen verkrampft es sich. Irgendwie schaffe ich es, etwas Essbares hinunter zu würgen, schlafe eine weitere Runde, weil ich psychisch und physisch gleichermaßen fertig bin – jedenfalls fühlt es sich so an. Es ist gegen 18 Uhr, als ich den Rechner einschalte, froh, dass ich Ben heute noch kein einziges Mal begegnet bin. Regungslos hocke ich da und starre das Chatprogramm an. Leon ist nicht online, nur Michi chattet mich an und ich werde verdammt nervös.
 

„Alter, wo seid ihr denn am Freitag hin?“, will er in Erfahrung bringen. „hast den Typen da ja derbe wütend gemacht, als du so mit Leon weg bist, hahaha!“
 

Michis Frage lasse ich unbeantwortet. Ich tue so, als sei ich nicht am Rechner, obwohl ich den Bildschirm die ganze Zeit über anstarre. Viel zu lange. Bis mich ein schrecklicher Hunger schließlich in die Küche treibt, wo ich mir eigentlich schon abgelaufenen Toast mit Käse reinschiebe. Es schmeckt grauenvoll, aber das ist mir in diesem Moment einfach nur egal.
 

Als ich mich wieder an den Rechner setze, erstarre ich. Leon ist online. Und er hat mich angeschrieben. Seit 15 Minuten steht dort sein „hey…“ auf weißem Hintergrund. Ich antworte sofort.
 

„hey!“ Und jetzt? Meine Finger schweben über der Tastatur und auch Leon scheint zu überlegen, was er tippen soll. Letztendlich bin ich es, der unseren Chat weiter treibt. „es tut mir so leid – geht es dir gut? was ist mit martin?“
 

Minuten vergehen. Minuten, in denen ich meinen Kopf gegen die Wand knallen möchte, in denen ich meine gesamten Fingernägel aufgrund von furchtbarer Nervosität komplett abknabbern könnte. Ich habe Herzrasen und meine, fürchterlich zu schwitzen. Noch aufgeregter werde ich, als ich das kleine Symbol für Leons schreiberische Aktivität erblicken kann.
 

Dann steht es vor mir, schwarz auf weiß:

„ich bin wieder single…“
 

Das einzige, was mir einfällt ist: „scheiße“
 

Tina hatte also recht. Natürlich. Wundere ich mich? Nein.
 

Erneut gleiten meine Finger zunächst vorsichtig über die Tasten, während mir tausend Gedanken durch den Kopf rasen und ich versuche aus dieser Fülle etwas auszuwählen, das ich Leon sagen könnte – doch dann klopft es an meiner Tür; und im nächsten Augenblick schon tritt ganz unverhofft Christian in mein Zimmer und mir fällt einfach alles aus dem Gesicht.
 

„Ähm, hi…“, sagt er und grinst so unschuldig, während er die Tür hinter sich schließt. Ich habe immer noch Herzrasen und meine Handflächen fühlen sich so schwitzig an. Hinzu kommt dieser ekelhafte Schauer, der sich meinen Rücken hinunter schlängelt und Kälte in all meine Glieder treibt. Ich erhebe mich.
 

„Was… was machst du denn hier?“, ist das einzige, was ich zustande bringen kann.
 

Als Antwort streckt Christian mir eine einzelne, rote Rose entgegen und lächelt irgendwie entschuldigend. „Du hattest nicht auf meine SMS geantwortet, also wollte ich lieber nachsehen, ob alles in Ordnung ist…“
 

Sein Lächeln tötet mich. Es reißt meine Brust auf, ergreift mein Herz und drückt so fest zu, wie es nur geht. Mit zittriger Hand empfange ich die Blume, die mir seine Liebe signalisiert. Ich steche mich an einem der Dornen – was für ein Zeichen…
 

„Das ist lieb“, murmele ich – und das kurze, leise Piepen hinter mir informiert mich, dass Leon noch etwas geschrieben hat. Doch ich kann mich jetzt nicht umdrehen! Christian blickt mir direkt in die Augen. Er kommt noch näher. Obwohl ich seine Bewegungen genauestens beobachten kann, erschrecke ich, als er seine Hand auf meine Stirn legt.
 

„Ich glaube, dein Fieber ist weg“, meint er und bevor ich antworten kann kommt sein Kopf meinem näher. Christian drückt mir einen behutsamen Kuss auf meine Lippen; ich erzittere. Ich will schreien und heulen zugleich – und ich will wissen, was Leon geschrieben hat! Mein Freund runzelt die Stirn. „Sicher, dass alles in Ordnung ist?“
 

„Ja“, formuliere ich meine erste Lüge Christian gegenüber. „ich meine“, korrigiere ich mich dann selbst. „ich bin immer noch krank, fühle mich total schlapp und scheiße.“ Eine noch viel größere Lüge.
 

Es fühlt sich so falsch an, als Christian seine Arme um mich legt und mich dann langsam ins Bett zieht; ich lasse es geschehen, doch mein Blick ruht auf dem Rechner. Vielleicht auch, weil ich Angst habe, Leon könnte etwas schreiben, was uns verrät – schon allein meine Worte klingen verräterisch! Plötzlich ist da wieder dieser ekelhafte Kloß in meinem Hals. Gott, ich kann Christian nicht in die Augen blicken. Ich spüre seine Wärme, seinen Atem an meiner Wange – und ich kann mich einfach nicht entspannen, geschweige denn, in seine Augen blicken.
 

Er seufzt und ich zucke zusammen.
 

„Es tut mir leid“, wispert er und ich erstarre. Das sollten eigentlich MEINE Worte sein… Sie hallen eh schon die gesamte Zeit durch meinen Kopf, wie ein viel zu lautes, nerviges, ständiges Echo. Die düstere Stimme meines Gewissens, das mich innerlich K.O. schlägt. „Das war scheiße, dass ich dir vorher nichts von dem Geburtstag meiner Mutter erzählt habe – und dass ich dich nicht mitnehmen konnte…“, fährt Christian fort.
 

Ich schlucke. „Ja“, krächze ich dann und muss mich erst mal räuspern. „das hat mir auch echt zugesetzt.“ Das ist nicht einmal eine Lüge – aber die reine Wahrheit ist es auch nicht. „Ich hab mich Freitag echt abgeschossen.“ Eine Halbwahrheit. „Und ich glaube, ich bin ohne Jacke raus, ich Dussel… jetzt bin ich krank, das hab ich nun davon.“ Fette Lüge.
 

Christians Finger, die er über meine Seite gleiten lässt, fühlen sich so gut. Gleichzeitig auch so grausam. Ein schweres Seufzen entgleitet seinem hübschen Mund. „Ich… hab dich auch echt vermisst.“ Darauf kann ich nichts erwidern; denn zu schmerzhaft zieht es sich bei dieser süßen Äußerung in meiner Brust zusammen.
 

Ich bin in Arschloch, ganz klar, und ich hasse mich.
 

Mein Freund entschuldigt sich gefühlte tausend Mal, dass es so gelaufen ist, wie es gelaufen ist und sagt, dass es schwer ist mit seiner Familie, dass er noch nicht so weit ist. Er fleht mich an, dies zu verstehen und es zu akzeptieren. Ich nicke stumm, brumme so etwas wie „hmhmm…“ und kaue dabei unablässig auf meiner Unterlippe herum.
 

Weil ich diesen Scheiß einfach nicht mehr hören kann! Zuweilen überschattet meine Wut sogar kurz all diese selbstzerstörerischen Reuegedanken, sodass ich selbst davon überrascht bin; vor allem, als Christian mir etwas zurückhaltend berichtet, er hätte sich mit seinen Kumpels getroffen. Den Kumpels, die ich niemals kennenlernen will, die sich jetzt aber schon für irgendein Wochenende in naher Zukunft angekündigt haben.
 

„Und?“, frage ich schließlich, nachdem bisher kein einziges Wort über meine Lippen getreten ist. „was hast du denen erzählt? Dass du Single bist?“
 

Christian schweigt und seine Hand, die bis jetzt die ganze Zeit über mein Haupt gestreichelt halt, stoppt ihr Tun. Gleichzeitig halte ich die Luft an und weiß eigentlich bereits, wie seine Antwort ausfallen wird. Ich behalte recht. „Ja, hab’ ich. So war es einfacher, Manuel…“, sagte mein Freund nämlich. Ich schnaube und dann dreh ich mich auf die Seite, mit dem Rücken zu Christian und unterbreche damit unseren Körperkontakt. Irgendwie ist das erleichternd. Schade nur, dass Christian sofort wieder an mich heranrückt. Was mich normalerweise glücklich machen sollte, treibt mich heute in den Wahnsinn. Wie ein Irrer springe ich auf.
 

„Manuel!“, ruft Christian aus, aber da laufe ich schon durchs Zimmer.
 

„Sorry, das macht mich einfach wütend, okay?“, murmele ich und vermeide dabei geschickt den Augenkontakt, während ich so auf und abgehe.
 

Mein Freund seufzt und erhebt sich. „Soll ich besser gehen?“, fragt er und in seinen milden Ton hat sich seichter Zorn gemischt. Ich bleibe stehen und sehe ihm in die Augen.
 

„Vielleicht wäre das sogar besser“, sage ich und versuche dabei so souverän zu klingen, wie es nur geht. Trotzdem klingt meine Stimme kläglich und als Christian mit diesem traurigen Blick an mir vorbeigeht, da kann ich nicht anders und halte ihn auf. Vermutlich ist es dieses dumme Gewissen, was mich dazu bringt, mich vorzubeugen und ihm einen Kuss auf die Wange zu drücken; entschuldigend zu lächeln und ihm zu sagen: „Ich krieg mich schon wieder ein.“ Das entlockt ihm ein leichtes Lächeln und er murmelt leise: „Okay. Meld dich.“ Dann ist er weg und ich stürme zu meinem Rechner.
 

Leons Nachricht ist kurz: „ach, wirklich?“, steht da, bezogen auf mein ebenso minimalistisches „scheiße.“ Bereits seit einer halben Stunde ist mein Ex offline. Und denkt wahrscheinlich, ich hätte keine Lust mehr gehabt, ihm zu antworten. Ich muss ihn sprechen, jetzt sofort.
 

Ein wenig Zeit muss ich mir allerdings doch lassen – schließlich habe ich meinen Freund eben erst nach Hause geschickt und es wäre äußerst dumm, ihm vor dem eigenen Haus dann in die Arme zu laufen. Darum warte ich zehn Minuten – und fühle mich schäbig dabei. Ebenso schäbig fühle ich mich, als ich durch die Stadt brause und die Stufen hinaufeile, die ich vor zwei Nächten zusammen mit Leon bewältigt habe, um dann…
 

Leons Mitbewohnerin Silke öffnet mir die Tür. „Ne, der ist gar nicht da“, informiert sie mich und lächelt fast schon entschuldigend.
 

„Weißt du vielleicht, wohin er ist?“
 

„Ne, du sorry – ich bin gerade erst von der Arbeit nach Hause gekommen. Soll ich ihm irgendetwas ausrichten? Du kannst auch gerne hier auf ihn warten!“, schlägt sie vor, doch ich lehne ab. Bedächtig schlendere ich zurück zu meinem Wagen und fahre nach Hause. Auf meinem bequemen Bett liegend, Maxi II anstarrend, fange ich dann doch an, mir richtig Sorgen zu machen.
 

Leon ist aufgewühlt, höchstwahrscheinlich noch fertiger als ich – denn schließlich hat sein Freund uns ertappt und sich von ihm getrennt, wohingegen meiner nichts ahnt und nichts erfahren wird… ich muss schlucken. Es war schon schwer genug diesen nichts bedeutenden Kuss geheim zu halten. Aber nichts bedeutender Sex…? Ich vergrabe mein Gesicht in den Händen und seufze schwer.
 

Wo mein Ex hingefahren ist? Vielleicht zu seinen Eltern? Oder Martin hinterher, um es geradezu biegen? Zu irgendeinem unserer Freunde? Ist es schon zu spät, die Nachricht zu stoppen? Und noch viel wichtiger: stellt Leon nicht vielleicht irgendwelchen Blödsinn an, weil er verzweifelt ist?
 

Abermals starre ich mein Handy an und überlege, wie ich Leon kontaktieren könnte. Anrufen, das bringe ich nicht übers Herz, weil ich nicht weiß, wo er ist und ich Angst habe, er könnte verneinen, fragte ich ihn um ein Treffen. Aber was soll ich ihm schreiben? Hey, wir müssen bald reden, erzähl bitte niemandem von diesem Fehler. Gruß, Manu?! Nachdem noch nichts, wirklich nichts geklärt ist?!
 

Ein ganze halbe Stunde quäle ich mich, verwerfe die Idee einer Nachricht, nur um dann meinem Ex letztendlich doch eine SMS zukommen zu lassen. „Wir müssen reden“, lautet der simple und doch klare Inhalt.
 

Es kommt keine Antwort.

Auch nicht am Montag. Auch nicht am Dienstag oder Mittwoch. Er ist nicht einmal online. Dafür bombardiert mich Christian regelrecht mit Nachrichten, macht sich Sorgen, erkundigt sich, ob ich wieder gesund bin und ich fühle mich einfach nur eklig und schäbig. Wie ein Verräter. Weil ich einer bin. Ein mieser, hinterlistiger Fremdgeher. Ich seufze und Nina wirft mir heute schon wahrscheinlich zum zehnten Mal einen interessierten und auch ein wenig besorgten Blick zu. Aber sie fragt nicht nach und mir ist nicht nach erzählen.
 

Mein Freund ruft mich an diesem Abend an. „Hey, ich komm morgen auf jeden Fall zum Stadtfest und beschütze dich!“, flötet er ins Telefon.
 

„Was…? Achja, das Stadtfest.“ Das hatte ich in diesem Chaos vollkommen vergessen, den Job von SMACK, auf den ich mich eigentlich ziemlich gefreut hatte. Jetzt verursacht mir das ganze einfach nur Bauchschmerzen. Ebenso wie die Tatsache, dass mein Mitbewohner aufgeschnappt hat, dass es mir irgendwie nicht besonders blenden geht.
 

Ben erwischt mich beim Abendessen vor dem Fernseher und setzt sich dazu. „Was ist denn in letzter Zeit mit dir los?“, fragte er mich schlussendlich, nachdem ich ihm lediglich in einzelnen Silben auf die trivialen Fragen geantwortet habe.
 

„Nichts ist los“, sage ich, doch das kauft Ben mir natürlich nicht ab.
 

„Sauer auf Christian, was?“, meint er spitzbübisch.
 

„Ja.“ Was soll ich anderes sagen?
 

„Wegen des Geburtstags von seiner Mutter?“
 

„Woher weißt du das denn schon wieder?“
 

„Schon vergessen? Christian ist mein Kunde im Studio.“
 

„Achja…“, brumme ich.
 

„Mensch, komm mal runter, der wird sich sicherlich irgendwann outen, chill bis dahin, der liebt dich, okay?“
 

Ben macht alles nur noch schlimmer. Ich fühle mich furchtbar, auch ihn anlügen zu müssen, also verlasse ich unser gemeinsames Wohnzimmer, um den Rest des Abends allein zu verbringen. Leon kommt auch an diesem Abend nicht online und er antwortet mir auch nicht auf meine Textnachricht.
 

Langsam drehe ich durch.
 

Ich mache früher Schluss am Freitag und bereite das Equipment vor für das Stadtfest. Es ist kalt – aber es regnet nicht. Wenigstens ein positiver Aspekt dieses Tages, denke ich mir. Als ich nach Hause komme, kann ich den Fernseher laufen hören, ebenso wie zwei Männerstimmen. Wie schockgefrostet bleibe ich stehen. Christian ist da und redet mit Ben. Einige Minuten lang kann ich mich gar nicht rühren, dann schlüpf ich vorsichtig aus meinen Schuhen und betrete das Wohnzimmer.
 

Den Blick meines Freundes kann ich momentan nicht deuten. Er lächelt zwar und kommt auf mich zu, umarmt und küsst mich, aber irgendwie geht es ihm dabei auch nicht so gut. Die Alarmglocken schellen. Weiß er es? Hat Leon es Ben erzählt und der hat es an Christian weiter gegeben? Ich starre meinen Mitbewohner an, auch er lächelt. Eigentlich so wie immer.
 

„Wie geht’s dir?“, will Christian wissen.
 

„Komm mal mit“, sage ich nur und ziehe ihn an dessen Hand in mein Zimmer. „Ist alles in Ordnung?“, erkundige ich mich umgehend, vielleicht sogar etwas zu panisch. Christian blinzelt und lächelt dann milde.
 

Er ist so niedlich…, schießt es mir durch den Kopf und mein Herz fängt an schneller zu in meiner Brust zu schlagen; eine gewaltige Welle der Reue, des Bedauerns und des Zorns auf mich selbst jagt durch meinen Körper. Ich lege meine Arme um ihn, ich küsse ihn und als Christian mit seiner Zunge in meinen Mund dringt, komme ich ihr mit meiner entgegen. Es fühlt sich so gut an – und ich wünschte, dieses schlechte Gewissen würde sich nicht wie ätzende Säure in mein Herz dabei fressen.
 

Jetzt ist alles okay…“, säuselt Christian dann, als wir voneinander ablassen. Ich wünschte, das könnte ich auch sagen. Aber das wäre die wahrscheinlich größte Lüge, die ich von mir geben könnte.
 

Wir kochen uns was zu essen, wir drei. Chinesisch. Es schmeckt fantastisch. Christian und Ben blödeln rum und ich wünschte, ich könnte mich entspannen. Aber ich kann nicht und ein Glas Whiskey erscheint mir in diesem Moment ziemlich unpassend; denn ich habe Angst, Dinge aussprechen zu können, die im Verborgenen bleiben sollten. Die dort bleiben müssen. Ich denke an Tinas Worte. Sie hat sich bei mir gemeldet, gefragt, ob alles in Ordnung sei und zugesagt, heute auch mit zu kommen. Ohne Karolina – denn die ist krank. Wirklich krank, nicht so krank wie ich es letztens war…
 

Wir gehen gegen 19 Uhr los. Kalter Wind begrüßt uns und als wir im Herzen der Stadt ankommen, ist dort überall Musik und Gelächter und Gedrängel. Der Geruch von Schmalzgebäck und Glühwein liegt in der Luft – ein Vorgeschmack auf den nahenden Weihnachtsmarkt.
 

„Hey!!!“, ruft eine mit bekannte Stimme und als ich aufblicke, stehen dort Michi, Mathias, Ole und – Leon. Ich erstarre, doch Christian zieht mich bereits hinter sich her. Ich habe Herzrasen, vor allem als ich zunächst Michi und seinen Freund umarme, dann Ole, der sichtlich schlechte Laune hat – wieso ist er überhaupt mitgekommen?! – und dann plötzlich vor Leon stehe. Leon, der mich keines Blicks würdigt, mich zwar kurz, viel zu kurz umarmt, aber eigentlich währenddessen mit Ben redet. Auch Christian umarmt er – doch meinem Freund schaut er sogar flüchtig in die Augen.
 

Mir ist fast schwindelig in dieser schrecklichen Situation.

„So Jungs, mir ist arschkalt, was haltet ihr von ner Runde Glühwein mit Schuss?“, posaunt Ben schon in die Runde.
 

„Das wäre dann schon Runde drei für uns!“, offenbart Michi grinsend.
 

„Verdammt, wir müssen aufholen!“, bemerkt Ben lachend, dann schon stellen sich er und Michi beim nächsten Stand an – wieso bin ich nicht gegangen?!?! Eine seltsame Stimmung ist das – für mich. Michi und Christian reden und lachen über irgendetwas, Mathias stimmt mit ein; Ole und Leon besprechen etwas. Und ich stehe allein da und weiß nicht, was ich machen soll. Ben soll sich beeilen. Auch wenn ich eigentlich gar keinen Alkohol trinken will!
 

Mein Plan: Glühwein schnappen, Christian schnappen und dann in der Menge verschwinden. Aber Ben braucht so lang!
 

Ich lasse meinen Blick über die Menschen wandern. Überall herrscht ausgelassene Stimmung. Ein jeder scheint Spaß zu haben, den Tag zu genießen, mit seinen Freunden unterwegs zu sein. Plötzlich legt Christian seinen Arm um mich und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. Und ich erschrecke, denn Leons Blick liegt endlich auf mir und als ich ihn erwidere, erstarre ich, denn dieses sonst so einladende Karamell, ist eine tiefschwarze Dunkelheit; Leons Blick ist eiskalt, abwertend und voller Hass.
 

So hat er mich noch nie angesehen.

Noch nie!
 

Das Aufeinandertreffen unserer Blicke dauert nicht lang, nur einige wenige Sekunden, aber der Schmerz und die Angst geht mir durch Mark und Bein – und endlich, endlich kommt Ben mit den heißen Getränken! Sobald ich den Becher in der Hand halte, packe ich Christians Arm und der Arme erschreckt regelrecht. „So, ich muss arbeiten und mein Bodyguard kommt mit! Bis später!“, verkünde ich und dann schon zerre ich meinen Freund hinter mir her, hinein ins heitere Getümmel; Christian weiß gar nicht so recht, wie ihm geschieht.
 

„Alles okay?“, erkundigt er sich, als wir am Rande der Menschenmasse des Markplatzes Halt machen.
 

„Ja, ich wollte nur ein wenig abseits den Glühwein mit dir genießen und dann so schnell wie möglich den Job machen“, lüge ich. Das kann ich ja scheinbar sehr gut.
 

Wir trinken, so schnell es die Hitze des Tranks zulässt und Christian erzählt mir ein wenig von seiner Uniwoche, doch ich höre nur mit halbem Ohr zu. Leons Blick geht mir nicht mehr aus den Kopf und meine Panik steigt. Ob er nun den anderen davon erzählen wird? Er ist auf jeden Fall sauer auf mich. So sauer, dass er mir nicht antwortet, mich eisig anstiert und mich größtenteils ignoriert. Ich schlucke.
 

Wo ist sein sonst so zartes und verständnisvolles Wesen hin?
 

Ich mache Fotos, für einen kurzen Moment schaffe ich es sogar, mich abzulenken. Mein Freund trottet mir hinterher und besorgt sich Glühwein-Nachschub, für mich gibt es Kakao. Scheiße, wieso muss Christian ausgerechnet heute so süß aussehen?! Ich fluche, während ich weiter Bilder mache. Die Zeit vergeht, ich hab genügend Fotos. „Wir gehen!“, bestimme ich, doch mein Freund hat scheinbar einen anderen Plan.
 

„Ben hat mir geschrieben, wir treffen die gleich an dem ersten Glühweinstand beim Rathaus“, sagt er nämlich.
 

„Äh, wolltest du nicht eh früher nach Hause gehen wegen des Blockseminars morgen?“, ermahne ich ihn in vager Hoffnung, er würde auf diesen Zug aufspringen und gewissenhaft nach Hause pilgern, um genügend Schlaf zu bekommen. Aber Christian grinst nur.
 

„Ach, ein Glühwein mit dem Rest der Truppe, dann haue ich ab!“
 

„Wird das nicht zu spät?“, werfe ich eilig ein, doch Christian zieht uns bereits zu dem besagten Stand. Ich schlucke. Wie lange waren wir nun von den anderen getrennt? Eine Stunde? Knapp zwei? Es herrscht auf jeden Fall ausgelassene Stimmung. Ole ist verschwunden, „nach Hause“, wie mich Ben informiert. Michi und Mathias sind in Turteltäubchen-Stimmung und Leon ist… einfach nur betrunken. Doch auch in solchem Zustand schafft er es, mich mit beachtlicher Konsequenz zu ignorieren. Dass er es den anderen erzählt hat, bezweifle ich. Sicher bin ich mir jedoch erst, als Ben sich plötzlich von uns verabschiedet, weil er sich mit einem Typen, den er eben im Zelt kennengelernt hat, in einer Bar trifft und zu Leon meint: „Schöne Grüße an deinen Mann!“
 

Moment.

Hat Leon den anderen einfach nichts davon erzählt?

Oder hat er mir eine Lüge aufgetischt?

Schade, dass man als Lügner andere Lügner nicht enttarnen kann. Ich habe keine Ahnung, ich weiß nur, dass unser Seitensprung noch nicht die Runde gemacht hat – wenigstens das!
 

Ich zerbreche mir den Kopf. Christian hat Spaß mit Michi, Mathias schnackt auf den betrunkenen Leon ein – und dann muss mein Freund schließlich gehen. „Schreibst du mir, wenn du zuhause bist, damit ich beruhigt schlafen kann?“, raunt er noch in mein Ohr zum Abschied und ich nicke. Er küsst mich und ich erstarre dabei, dann verschwindet er schon in der Menge und ich wende mich wieder meinen Freunden zu.
 

Und dann ist wieder dieses unangenehme Gefühl beobachtet zu werden da.

Es ist Leon.

Vorsichtig sehe ich ihn an – und er grinst kalt, schwankt leicht, hebt die Hand und schaut wieder Michi und dessen Freund an. „Ich hau ab, keinen Bock mehr!“ Mit diesen giftig gezischten Worten macht er auf dem Absatz kehrt und Michi starrt mich gar erschrocken an.
 

„Manu“, sagt er dann und kommt näher, als er Leon hinterher blickt. „Ey, irgendwas ist mit dem, der ist den ganzen Abend schon total komisch und der ist mega-blau. Ich hoffe, dass der noch irgendwie nach Hause kommt!“
 

„Ich kümmere mich drum!“, sage ich, winke den beiden und rase meinem Ex hinterher. Mit weichen Knien und klopfendem Herzen. Es ist schwer ihm zu folgen, aber da er ziemlich viel intus hat, ist er auch nicht so schnell wie sonst; ich hole Leon langsam ein.
 

„Leon, warte mal!“, rufe ich ihm zu, als ich noch knapp drei Meter hinter ihm laufe, aber mein Ex bleibt nicht einmal stehen, nein, er beschleunigt seine Schritte sogar! Das gefällt mir gar nicht; wenige Sekunden später laufe ich schon neben ihn, aber Leon starrt stur den Asphalt unter seinen Füßen an. „Bleib mal bitte stehen“, spreche ich ihn an – aber er hört nicht und ich kriege es langsam wirklich mit der Angst zu tun.
 

So habe ich Leon wirklich noch nie erlebt…
 

„Bleib stehen…“, wiederhole ich meine Wort und fasse ihn ganz vorsichtig am Arm. Doch Leon schlägt meine Hand wütend fort und schnauft: „Lass mich in Ruhe!“ Ich bin so überrascht, dass ich kurz stehen bleibe, nur um dann meinem Ex wieder hinterher zu rennen.
 

„Leon“, rede ich auf ihn ein. „bleib stehen, was ist los? Bitte, rede mit mir!“ Abrupt macht er daraufhin tatsächlich halt und überrascht mich damit ein weiteres Mal. Ich schaue in seine Augen und sie wirken arktisch kalt. „Was….“, stammele ich und suche nach den richtigen Worten. „Was ist mit Martin? Seid ihr jetzt doch noch zusammen, oder was?“
 

Leon schnauft und schüttelt mies gelaunt den Kopf, dabei grinst er auch noch kalt. „Natürlich sind wir nicht zusammen…!“, bellt er mich dann regelrecht an. „Nur: ich muss es ja nicht unbedingt sofort herumposaunen, oder?!“
 

Ich schlucke und langsam weicht auch dieser finstere Gesichtsausdruck Leons; seine Züge entspannen sich und ich murmele: „Das tut mir furchtbar leid…“ Als ich ihn dann wieder ansehe, sieht er einfach nur noch aus wie ein getretener Hund. Seine Augen wirken leer, seine Lippen sind ein dünner strich; er wirkt so zerbrechlich. Eine 180-Grad-Wandlung. Ich seufze und Leon starrt unsicher den Boden an; leicht schwankt er auch.
 

„Ich bring dich nach Hause, okay?“, sage ich behutsam.
 

„Ich finde den Weg schon allein“, meint er nur, wieder eine Spur härter und will sich wieder in Bewegung setzen, doch ich halte ihn an seinem Oberarm fest. Leon blickt mich an. „Es tut mir leid, Leon“, wiederhole ich fest meine Worte, während meine Augen sein Gesicht studieren. Plötzlich wird mir heiß und kalt zugleich und mein Herz pocht wieder einmal so wild; ich fange an zu schwitzen und will kämpfen, aber auch innerlich bin ich wie gelähmt – die Bilder unserer gemeinsamen Nacht überfluten meinen Kopf und schwämmen alles andere hinfort. Plötzlich ist da wieder diese alte Geborgenheit, die ich stets in Leons Nähe gefühlt habe; ein warmes, sanftes Gefühl, dass über einen streicht.
 

Und erst dann realisiere ich, als würde ich mich selbst von der anderen Straßenseite aus beobachten, dass ich mich weiter vorlehne und unsere Lippen zusammenführe; dass sich meine rechte Hand in seinen blonden Strähnen verfängt und ich meine Zunge in seinen Mund dränge, während ich ebenso fordernd meinen Körper gegen seinen Leib presse und Leon – schubst mich weg und verpasst mir eine deftige Ohrfeige.
 

Meine rechte Wange brennt und mein Ex ist völlig außer Atem.
 

„Du spinnst doch!“, schreit er mich an und wischt seinen Mund ab, während er mich anstarrt, als wäre ich ein Alien. Ich hingegen kann gar nichts sagen und als Leon sich wieder in Bewegung setzt und regelrecht davonrennt, bleibe ich wie schockgefrostet stehen und starre den Asphalt an, während ich meine rechte Backe massiere. Meine Schläfen pochen, Adrenalin rast durch meinen Körper und Tränen kullern über meine Wangen.
 

Ich… Was war das?!
 

Ich weiß gar nicht, wie ich nach Hause komme, wie ich es schaffe, die Bilder zu bearbeiten, wie es mir gelingt, Christian die versprochene SMS zu schicken. Irgendwann, mitten in der Nacht, bevor ich das Licht ausschalte, stehe ich vor meinem Spiegel und wische die dünne Staubschicht weg, die sich auf ihm gesammelt hat. Ich starre mir selbst in die Augen und runzele die Stirn. Wer ist das dort, der mich anstarrt und der vorgibt, Manuel zu sein?
 

Das bin doch nicht ich da!
 

Das bin doch nicht ich…!
 

Freitag, 23. November

Was zur Hölle ist los mit mir?!

Manuel – oder wer immer ich auch bin
 


 

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Danke an Mondlilie für diese schnelle Korrektur!

Ab nächster Woche schreibe ich weiter - arbeite gerade 9 Tage durch: ICH BIN ALLE! :D

Aber bald geht's in den Urlaub und da kommt der Lappy mit ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jyorie
2014-09-16T03:45:12+00:00 16.09.2014 05:45
Hey `、ヽ``、ヽ`、ヽ`ヽ`、、ヽ`ヽ`、ヽ(ノ;Д;)ノ `、、ヽ`☂ヽ`、ヽ``、ヽ`、ヽ`ヽ`、

*arg* das ist alles so verfahren. Ich wüßte im moment nicht mal, wem ich es gönnen sollte, zusammen zu bleiben. Aber Leon und Manu ich glaub das ist jetzt entgültig aus. Und ich hoffe auch irgendwie, das Chris es nicht erfährt, obwohl es mega gemein ist. Total krass, was da alles abläuft, wenn jemand untreu ist. Und mir tut Chris momentan am meisten leid, weil sie sich wieder gestritten haben und er doch eigentlich nichts dazu kann.

Ich tippe darauf, das es aber doch rauskommt, das Leon und Manu zusammen im Bett waren. Manuel kann das nicht einfach verbergen, wenn er etwas hat. *seuftz*

CuCu Jyorie

Von:  shiory
2012-03-06T22:18:19+00:00 06.03.2012 23:18
Oh mein Gott as für ne tolle FF. Hab jetzt 3 Tage gebraucht um alles durchzulesen ;D
am anfang wars echt er soll mit leon wieder zusammenkommen dann fand ichs okay wie es war und jetzt wieder leon und aaaarg
*haare rauf*
Zwischendurch musste ich echt noch ein paar heulattake runterwürgen ;D du schreibst echt super, die emotionen kommen total raus *sniff* ;D
Alles nur das reinste Chaos in seinem Leben >.< Aber iwie hoffe ich noch das Manu wieder mit Leon zusammenkommt <.< ...das blöde verflixte siebte Jahr ;)
Auch wenns mir für Christian dann Leid tut..
Ich bin gespannt auf die Fortsetzung!

Lg shiory
Von:  Inan
2012-03-05T18:36:09+00:00 05.03.2012 19:36
Manu hat echt n Händchen fürs scheiße bauen :'D
Er kann einem eigentlich nur leid tun, alles, was er tut, geht einfach extrem schief, so richtig glücklich macht er damit niemanden und das Ganze noch nicht mal absichtlich oder weil es ihm egal ist xD
Das wird bestimmt eine Scheißerfahrung für Christian und der hat eigentlich noch nichts so wirklich falsch gemacht.
Super Kapitel :)
Von:  Luca191
2012-03-05T18:28:20+00:00 05.03.2012 19:28
Oh man, so viel Nervenkitzel. Aber Manu ist langsam auch ganz schön krass drauf. Natürlich denkt Leon dadurch, dass er deren Beziehung mit Absicht ruiniert hat. Am meisten tut mir Christian leid. Wenn der das rausfindet, hat Manu echt Probleme. Ich frage mich, wie die da wieder heile rauskommen und hoffe natürlich das sie es schaffen. Manu passt doch so toll mit Christian zusammen, das wäre so schade. Mist das man nicht weiß, was du für wen geplant hast. Klar ist Spannung schön, aber gerade wäre es mir lieber ich hätte die Geschichte erst gefunden, wenn sie schon fertig ist, bin doch so schrecklich neugierig.:D Kann das nächste Kapitel kaum erwarten und wünsch dir schnell vergehende Arbeitstage.;)
LG Luca
Von:  chaos-kao
2012-03-05T18:14:30+00:00 05.03.2012 19:14
wow ... Manuel baut gerade echt einen Misthaufen nach dem anderen. Ich kann es gut verstehen, dass Leon einfach nur sauer ist. Vielleicht gibt er auch Manu die Schuld an allem, weil der ihn so angetanzt hat ... Und die Ohrfeige hat sich Manu echt verdient! Er sollte sich definitiv langsam klar werden, was er will. Und er sollte es Christian sagen, denn der wird bald genug Lunte riechen. Und wenn nicht er, dann wird Ben 1+1 zusammen zählen und Leons und Mansu seltsames Verhalten miteinander verknüpfen.

Ich wünsche dir für deine Arbeit gute Nerven! ^^
ich freu mich aber auch schon wieder auf das nächste Kapitel! :)
Lg
Kao


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