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Ajax 2

Zwölf Sterne für ein Halleluja!
von

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Kapitel 11: Was einen Anfang hat...

Kapitel 11: Was einen Anfang hat...
 

Lieutenant Colonel John Sheppard hatte ganz andere Probleme: Er hatte als militärischer Leiter der Stadt Atlantis auch alle Operationen zu planen, sollten sie so wichtig sein, dass er es musste.

Und die Befreiung von PRG-12 war es definitiv.

Sie wussten, wo alle Verstecke der Genii-Separatisten waren, was sie rein alleine dem Genii-Staatschef Radim zu verdanken hatten, der gerade von Doktor Banks die Stadt gezeigt bekam. Sie wussten, wo die vier gefangenen Frauen waren. Sie wussten, dass sie nicht mehr viel Zeit hatten.

Der Amerikaner hatte um sich mehrere Royal Marines von der Britannia, die ursprünglich bei der britischen Polizei mit Geiselbefreiungen Erfahrung gesammelt hatten, und einige andere Soldaten und Zivilisten, die irgendwie von Nutzen sein konnten, um sich geschart. Vor ihnen lag ein detailreicher Plan der Umgebung des entsprechenden Verstecks und des Gebäudekomplexes selbst. Sie wussten selbst, wo die Gefangenen waren. Der Genii hatte irgendwas von einer Spionin gemurmelt.

Momentan wünschte der US-Luftwaffenoffizier sich aber, das Ronon und Teyla bei ihm wären – die beiden waren immer noch auf Neu-Athos und halfen beim Aufbau der Siedlung. Er wusste zwar, dass Teyla nicht sehr erfahren mit solchen Situationen war, aber genau das war ihr Vorteil: Sie würde ungewohnte Impulse geben können, die wiederum zu neuen Ansätzen und zur Lösung führen konnten.

Ronon, das wusste er sehr genau, würde einfach das tun, was er am besten konnte: Sich den Plan anhören und ihn dann komplett über den Haufen werfen.

„Colonel?“, fragte einer der Royal Marines, ein Duke of irgendwas, Sheppard konnte sich nicht mehr so genau erinnern. Er wusste aber, dass der Mann Lieutenant der Royal Marine Commandos war. „Alles in Ordnung?“

„Ich denke, uns fehlen noch zwei Leute!“ Kurzentschlossen packte er zusammen und ließ seine Männer verdutzt stehen, während er sich auf die Suche nach jemanden machte, der ihm helfen könnte.
 

Krukov indes erinnerte sich an das, was ihr Vater ihr vor mehr als dreißig Jahren beigebracht hatte: Niemals aufgeben, niemals das Handtuch werfen!

Sie hatte in Moskau vor dem Parlament mit geradezu Abscheu zugesehen, wie der damalige Abgeordnete Boris Jelzin für die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken das Handtuch geworfen hatte – ihr Vaterland, ihre Heimat hatte damals praktisch aufgehört zu existieren.

Damals, während des langen letzten Akts im Drama der UdSSR war in ihr eine Überzeugung gereift: Staaten gingen unter so wie sie kamen, schnell und mit viel Getöse – aber es gab nur eine Handvoll Personen, denen man die Treue halten musste.

Diese waren die Familienmitglieder. Sie hatte in diesem Bereich nur eine Person gehabt, ihren Vater, Generalleutnant Alexander Sergejewitsch Krukov, und sie hielt ihm und seinen Prinzipien, die auch die ihren waren, bedingungslos die Treue.

Sie schwieg unter der Folter, wie jede von ihnen schwieg. Keine der vier Frauen aus Atlantis hatte trotz heftiger Folter bisher einen Mucks verraten. Die Sanitäterin mit der kleinen Blume am Hut hatte ihnen bisher sehr geholfen, sie hatte sie verarztet und ihre Schmerzen gestillt.

Aber sie konnte ihnen während der Verhöre nicht helfen.

Sora, ihre persönliche Genii-Vierhörtechnikerin, hatte sich inzwischen stark gesteigert. Von einzelnen Schlägen und hin und wieder einem Peitschenhieb hatte sie immer mehr zugelegt – inzwischen hatte ließ sie sie mit schweren Eisenketten an eine Wand hängen und stellte Fragen, schlug hin und wieder zu, wartete, bis die zu Verhörende durstig genug erschien und holte sich einen Becher Wasser.

Gerade war es wieder so weit, Krukov fühlte sich wie nach der metaphorischen Woche in der Wüste. Die rothaarige Frau saß vor ihr und lächelte still, den Becher neben sich stehend. „Durstig?“, fragte sie.

„Das Spiel hatten wir schon einmal...“, gab die Zoologin zurück. Sie wurde schwächer, sie spürte es. Wenn sie erstmal zurück in ihrer Zelle war würde sie sich eine Extraportion Schnee gönnen – der Wind und der Schneefall gab genug her.

„Und sie sind nicht darauf angesprungen, ich weiß.“ Sie seufzte schwer. „Ich muss ihnen Respekt zollen, Olga. Das muss ich wirklich. Sie haben lange durchgehalten.“ Langsam stand sie auf und trat an die vor ihr hängende Frau heran. „Zu lange. Denken sie nicht, dass es ein Ende haben muss?“

„Wie haben sie sich das vorgestellt?“, fragte Krukov. Sie wollte sich Zeit schinden, damit ihr eine passende Erwiderung einfiel. Sie wusste, was kommen würde. Clarke hatte ihr davon erzählt. Sie hatte mehr oder weniger die Kapitulation vorgeschlagen – zu einem lächerlichen Preis.

„Nun, wenn sie jetzt sagen, was sie wissen und was ich wissen will, dann können wir sie schnell und einfach töten. Wenn nicht...“

Sie wurde rüde unterbrochen, weil die Zoologin anfing zu kichern und schließlich immer lauter anfing zu lachen. Als sie keine Luft mehr zum Lachen hatte meinte sie: „Mädchen... mein Vater ist heute noch Leiter der Abteilung für Erweiterte Verhöre bei den russischen Streitkräften – er könnte uns vier in der halben Zeit, die sie für alleine für mich bereits gebraucht hatten, mit dem kleinen Finger brechen... von seinem Schüler und Adjutant Boris gar nicht angefangen...“

Ihre Nasenspitzen berührten sich fast, doch trotzdem verzog die andere Frau kaum eine Miene, das, was ihr Gesicht aber sagte, war grenzenlose Überraschung. „Ich bin beeindruckt...“, antwortete sie und holte mit der geballten Faust aus.

Danach sah Krukov nur noch Sterne.
 

Auf Atlantis war der Ausschuss komplett und vollzählig angekommen.

Zwei Feldjäger standen draußen mit Demetrius, dem ersten Offizier der Ajax, während seine Chefin vor der Befragung stand. Die Aufstellung war wie immer, nur dass Winters, der IOA-Mann, fehlte. Er war auf der Krankenstation, zusammen mit Jansen, der ihn dort mit einem Hauptgefreiten der Feldjäger abgeliefert hatte. Jansen selbst hatte noch eine Art Nachuntersuchung vor sich.

Wären beide Männer Spanier und Machos gewesen, es würde für sie nichts peinlicher sein, als der Grund für ihre Abwesenheit – sie waren von Frauen beinahe KO geschlagen worden. Sie waren es nicht.

Die vier Generäle saßen da wie aus Eisen gegossen. O`Neill hatte sie Hände hinter dem Kopf verschränkt und sich zurück gelehnt, Hancock saß gerade und aufrecht da, die Hände lagen auf dem Tisch, Krukov hatte die Beine auf den Tisch gelegt und sah Athene durch die Stiefelspitzen an, Kupferstecher hatte den dunkelblauen Mantel und das Jackett abgelegt und hatte als einziger nicht den Blick auf die Antikerin gerichtet – in einer gemeinsamen Entscheidung hatten die vier Stabsoffiziere entschieden, dass der Deutsche die Befragung leiten würde.

„Ähm... ja...“ Kurz sah der Deutsche auf und bemerkte die hoffnungsvollen Blicke, die auf ihm ruhten. Irgendwie wünschten sich alle, dass der Offizier endlich anfangen würde. „Herr Hauptfeldwebel?“, sprach er eine der Wachen an der Tür an, „Könnten sie für die Dame einen Stuhl besorgen?“

„Jawohl, Herr Generalleutnant!“, antwortete die Wache und machte perfekt Kehrt, die Maschinenpistole am Riemen und marschierte raus. Nach wenigen Sekunden kam er mit einem Stuhl zurück und stellte ihm zu Athene. Danach ging er wieder auf seine Wachposition, als wäre nichts gewesen.

Athene ließ es sich nicht zweimal sagen und setzte sich, den Blick immer noch hoffnungsvoll auf Kupferstecher gerichtet und in einer Pose der absoluten Entspannung. „Geht`s bald los?“, fragte sie.

„Jupp, sofort.“ Langsam stand der Panzergeneral auf und trat vor den Tisch, an dem er gesessen hatte, zog aus dem Wust an Papier hinter ihm präzise einen Zettel und meinte: „Dann fangen wir mal an. Praefecta Athene, Antikerschiff Ajax, Typ-5-Schlachtschiff, ursprünglich 7. Flotte – soweit korrekt?“

„Ja, vollkommen.“

„Geboren vor etwas mehr als zehntausend Jahren, laut ihrer Akte, die Doktor Weir uns freundlicherweise übersetzte, hier auf Atlantis. Sie sind demnach Tochter eines Helden der Antikerflotte namens Idomeneus. Korrekt?“

„Ja. Nur langsam frage ich mich, was sie damit erreichen wollen!“

„Warten sie es ab. Vor knapp zehntausend Jahren traten sie der Flotte bei, machten schnell Karriere, was nicht nur ihrem Namen zu verdanken war. Sie waren eine der jüngsten Kommandantinnen der 7. Flotte. Sie gewannen unter herben Verlusten über Salamis, worauf ihre Odyssee hierher zurück begann. Korrekt?“

„Ja.“

„Gut. Kommen wir zu Victis Romanis. Woher wussten sie von der Anlage?“

„Einerseits stand es verschlüsselt in der Schiffsdatenbank, andererseits, und das brachte mich erst auf die Idee danach zu suchen, erzählte mir mein Vater davon.“

Krukov schnaubte, Hancock brummelte, O`Neil schnarchte leise vor sich hin.

„Haben sie während ihres Anfluges oder in Startphase der Operation jemals versucht die Forschungsanlage zu kontaktieren?“

„Nein.“

„Warum nicht?“

„Solche Anlagen haben normalerweise nach so langer Zeit keine Besatzung mehr – das heißt, dass der Hauptcomputer die Regie führt. Das wiederum heißt, dass der eines unserer Schiffe erkennen würde – normalerweise.“

„Was er aber nicht getan hat.“, stellte Krukov überflüssigerweise fest, was zu einem bösen Blick von seinem deutschen Kollegen führte. „Tschuldigung.“

„Trotzdem allerdings: Genau. Warum allerdings...“ Sie zuckte mehr oder weniger hilflos mit den Schultern. „Fragen sie da einen ihrer schlauen Köpfe oder einen von meinen.“

„Keine Sorge, das werden wir noch früh genug...“ Kupferstecher zog einen weiteren Zettel hinter seinem Rücken hervor, unwillkürlich warf der Russe neben ihm einen Blick darauf – mindestens ein halbes Dutzend weitere Zettel, Tendenz nach oben – es würde heiter werden. „Als sie nach Atlantis kamen um die Operation auf... P99-324, dem Planeten mit den ZPMs, zu initiieren, haben sie da irgendwas seltsames bemerkt?“

Athene überlegte kurz. „Wenn sie es als nicht seltsam ansehen, dass ihre Heimatstadt so gut wie leer ist, dann nicht, nein. Ich war auch nur kurz da – länger aus meiner Mannschaft waren Atalánte und Éva da, aber letztere ist tot also müssen sie mit der ersten Vorlieb nehmen.“

„Werden wir, keine Sorge.“ Kupferstecher knüllte den Zettel zusammen und stopfte ihn in seine Hosentasche, überschlug die Beine, lehnte sich an den Tisch und verschränkte die Arme vor der Brust. „Nun... ich würde noch, wenn sie nichts dagegen haben, gerne was über sie persönlich hören.“

„Was genau wollen sie hören?“, fragte die Antikerin belustigt. „Wer mein erster Freund war, wann ich entjungfert wurde, wie ich es am liebsten mag?“

Kupferstecher war kurz aus der Fassung gebracht. „Ähm... wenn sie uns das erzählen wollen werden wir, Gentleman, die wir sind, nicht so genau zuhören – aber das meinte ich eigentlich weniger.“

„Was dann?“

„Nun, um es mal mit den Worten von Brigadegeneral Köster, dem ehemaligen Kommandanten der Panzerbrigade 34 der Bundeswehr, zu sagen: Erzählen sie mir alles!“, antwortete der Generalleutnant.

Er erinnerte sich noch gut und gerne an den alten Köster, einen Mann so standhaft wie seine Panzer, so stark wie ihre Motoren und mit einem Fell so dick wie ihre Panzerungen. Für einen jungen Zugführer der Panzertruppe war er der beste General gewesen, den er sich vorstellen konnte. Leider hatte ihn kurz nach seiner Pensionierung ein Herzinfarkt erwischt – wäre das nicht gewesen, Brigadegeneral Joachim Köster von der Panzerbrigade 34 hätte ewig gelebt.

Athene sah kurz aus den Augenwinkeln zu den anderen Generälen – Krukov bohrte in der Nase, Hancock malte etwas auf seinem Block, O`Neill schlief. „Sonderlich interessiert scheinen die ja nicht gerade...“

Kupferstecher seufzte mit Blick auf die Amerikaner. „Verdammte Yankees... Hey, Alex – was dagegen, wenn ich Athene kurz zum Essen einlade?

Der Russe schreckte hoch, zog ein Taschentuch aus der Tasche und wischte sich den Finger ab, fast komplett ohne eine Miene zu verziehen. „Ist schon Mittagszeit?

Nö, eigentlich nicht – aber ich dachte mir, dass die gute mal was im Magen verträgt.“, antwortete der Deutsche in mehr oder weniger fließendem Russisch.

„Na, meinetwegen – sorg dich nicht um die Yankees, Armin, ich krieg das schon hin.“ Krukov war so schnell wieder ins Englische gesprungen, dass der Panzergeneral kurz brauchte, um zu verstehen, was er gesagt hatte.

Dann nickte er und zog sein Jackett und Mantel vom Stuhl, beides auf den Arm gelegt. „Ich würde sie gerne zum Essen einladen, wenn sie Interesse haben.“

Athene sah ihn kurz an, musterte ihn von oben bis unten, zog eine Augenbraue hoch und meinte: „Na gut – aber nur, wenn sie mir etwas über sich erzählen!“

„Ist in Ordnung!“ Innerlich dachte er sich etwas anderes: STRIKE!!!
 

Im Torraum machten sich Hochstätter, Schulz und Shalev bereit, sie alle drei trugen Sturmgewehre mit angehängtem Granatwerfer, Munition, Seitenwaffen und genug Sprengmittel – in der ein oder anderen Form – um eine kleine Stadt in Schutt und Asche zu legen. Eigentlich waren sie auch nicht einsatzbereit.

Aber Colonel Sheppard hatte bei Colonel O`Neil eine Sondererlaubnis erwirkt. Er brauchte unbedingt jemanden, der nach Neu-Athos ging, um ihm den Rest seines Teams zusammen zu trommeln. Alle Teams waren momentan entweder im Einsatz oder auf Vorbereitung – nur PRG-14 war halbwegs einsatzbereit.

Halbwegs.

Sie litten alle drei immer noch an den Wunden des Verlusts einer ihrer Kameradinnen. Sie hatten alle Doktor Kishon sehr gemocht. Sie war ein unverzichtbarer Teil ihres Teams. Sie war ihre Seele und ihr Gewissen, wenn es sein musste.

„Alle bereit?“, fragte Hochstätter mit belegter Stimme. Normalerweise hätte sich jetzt die israelische Wissenschaftlerin mit erwartungsvoller Stimme gemeldet und „Bereit!“ gesagt, die viel zu kleine Maschinenpistole – zumindest für Leute mit so Händen wie Klodeckel, von denen Schulz einer war – in ihren kleinen, zierlichen Händen, während die anderen nur genickt hätten.

Sie nickten auch dieses mal. Hochstätter erwiderte. „Chuck?“, rief er dann über die Schulter hoch, „Sie können anfangen!“

Schulz sah immer noch einmal nach hinten – er hatte einmal diesbezüglich gewitzelt: „Joa, mei, weiß i ob die uns nidda a Granatn hinter eine werfan?“

Diesmal sah er wieder nach hinten und stupste mit dem Arm seinen Hauptmann an. Wie auf Signal sah auch er nach hinten und nach oben – dort stand eine Frau im mittleren Alter, Atlantis-Uniform, das weiß-blaue Banner mit dem Davidsstern am Oberarm, die Arme auf die Balustrade über dem Torraum gestützt. Die Frau trug eine Brille und sah eigentlich nicht schlecht aus, doch die war als Kameradin nie in Frage gekommen – wenn sie wollte, und das galt auch für Shalev, hätte sie kommen können, die Deutschen würden nicht aktiv darauf hinarbeiten.

Sie hob die Linke zum Gruß, die beiden Deutschen erwiderten militärisch, so wie sie es immer taten wenn einer von ihnen wegen was auch immer zu Hause bleiben musste. Dann machten sie sich auf, ihre Freundin hinter sich lassend.

Dann etablierte sich krachend der Ereignishorizont des Sternentors, bildete eine blaue, senkrechte, wie Wasser schimmernde Fläche. „Vorstoßen!“, kommandierte Hochstätter und sprang mit geladenem G36 voran, Schulz und Shalev hinter sich her.

Die Reise durch das Tor nach Neu-Athos war kurz wie immer, als sie aus dem Tor schossen, die Sturmgewehre im Anschlag, und zu den erstbesten Deckungen huschten, fanden sie sich auf einer Lichtung wieder, umgeben von einem Wald, der aussah wie aus den nördlichen USA im Spätsommer oder Frühherbst. Zwar hatten sich noch keine Blätter verfärbt, aber dafür hatten hing ein tiefer Nebel über dem Wald.

„Gesichert.“, bemerkte Hochstätter und sah sich weiter um.

Hinter ihm sprach Schulz ins Funkgerät: „Atlantis, hier Leutnant Schulz, wir sind heil und in einem Stück angekommen!“

„Hier Atlantis, danke, Leutnant, wir hören voneinander!“, gab Chuck durch das Funkgerät zurück.

„Also dann, meine Damen – wir stehen unter Zeitdruck, auf geht's!“, rief der deutsche Hauptmann und begann die Lichtung zu verlassen, einen stöhnenden Schulz und eine leichtfüßige Shalev hinter sich.
 

Auf der Krankenstation der Stadt der Antiker saß Hauptmann Peter Jansen auf einem Bett und sah den Krankenschwestern hinterher. Er würde es unumwunden zugeben, dass ihm langweilig war.

Den Mantel des Großen Dieners hatte er neben sich aufs Bett geworfen, das Jackett dazu, die Krawatte, wie es eigentlich für ihn etwas unüblich war, gelockert und ein leichtes Lächeln aufgesetzt.

Die Beine baumelten unter dem Bett entlang und schlugen hin und wieder leicht gegen eine der Stangen des Bettes – immer begleitet von einem Aufschrei von Winters, der IOA-Mann. Der Deutsche hatte schon mit dem Gedanken gespielt, absichtlich mit dem Fuß gegen die Bettverstrebungen zu schlagen, aber einerseits waren das nur komische Zufälle und andererseits hatte er es zwar verdient, aber die Höllenqualen, die der Brite schon hinnehmen musste, waren schlimm genug.

Gerade versuchten vier Krankenschwestern den Mann zu fixieren, damit die Chefärztin ihm die Nase richten konnte – sie hatten keinen Erfolg, weil der Mann rasend vor Schmerz wild um sich schlug. Es lag noch ein Fremdenlegionär mit gebrochenem Bein auf der Krankenstation, er war also nicht geeignet, um zu helfen, und Krankenpfleger waren nicht in Sicht, also erbarmte sich der Deutsche, krempelte die Ärmel hoch und ging zu der Menschentraube.

„Brauchen sie Hilfe?“, fragte er – seine Frage ging unter den Schreien des Briten fast unter, aber die Chefärztin hörte ihn.

Sie drehte sich zu ihm um, etwas tun konnte sie aktuell sowieso nicht, da er wild zappelte. Die Frau war ein ganzes Stück kleiner als der Panzerfahrer, blond und blauäugig – sie schien aber alles andere als blöd. Ihre langen Haare waren zu einem Zopf gebunden, aus dem sich einzelne Strähnen gelöst hatten. „Ja.“, stellte sie fest, „Wir könnten gut starke Hilfe gebrauchen – halten sie seinen Kopf ruhig, aber möglichst ohne, dass er sich das Genick bricht!“

„So wie der rumzappelt kenn ich nur eine Methode...!“, gab Jansen zurück und trat zu ihm an Kopfhöhe.

„Dann machen sie!“, rief die Ärztin schon leicht verzweifelt.

Jansen ballte schnell die Faust, hob sie und ließ sie wie einen Hammer auf den Amboss des Bettes – das Eisen war Winters Schädel – niederfahren. Er erwischte ihn an der rechten Schläfe, der Brite sackte bewusstlos zurück und blieb ruhig liegen.

„Bitte sehr.“ Jansen lächelte etwas verloren in die Runde der Krankenschwestern und der Ärztin, die ihn etwas geschockt ansahen. Die Stille war geradezu unheimlich.

Die Ärztin war die erste, die sie brach: „Na gut – verarztet seine Nase, das sollte jetzt zu schaffen sein!“ Danach drehte sie sich zu Hauptmann Jansen um und sah ihn etwas angesäuert an. Als sie die Hände in die Hüften stemmte wusste der Deutsche, dass er ein blondes Problem hatte. „Doktor Jennifer Keller.“, stellte sie sich ohne weiteres Wort vor.

Jansen salutierte und ließ die Hacken zusammen schlagen: „Hauptmann Peter Jansen.“ Er wusste, dass die ganze Vorstellung in voller Uniform mit dem pechschwarzen Barett viel beeindruckender gewirkt hätte, aber da konnte er nicht viel machen, wenn er es nicht dabei hatte.

„Ihre Vorgehensweise ist etwas... unorthodox. Wo haben sie das gelernt, Hauptmann Jansen?“ Keller zog den Panzerfahrer von dem Krankenbett weg, an dem zwei Schwestern ihr Werk verrichteten und drängte ihn auf ein Bett.

„Sagen sie Peter, Frau Doktor. Und gelernt hab ich's beim Bund.“ Mit leichter Freude bemerkte der Deutsche, dass neben ihm sein Jackett samt Mantel und Barett lag.

„Jennifer. Und was für ein Bund? Weswegen sind sie überhaupt hier?“ Kurz nachdem sie ihren Namen genannt hatte schien sie verlegen, zumindest schaute sie weg – direkt zu einem kleiderschrankartig gebauten Hauptgefreiten, der mit Helm und entsicherter Maschinenpistole dastand und wachte. Er gehörte zu den Feldjägern und sah fast schon wie der berühmt-berüchtigte Gefreite Langenscheidt aus „Ein Käfig voller Helden“ aus, wenn er Wache schob.

„Vor ein paar Stunden hat mir eine von hier die Nase zertrümmert – ich wollte die Nachuntersuchung so schnell wie möglich hinter mich bringen.“ der Deutsche versuchte es nun mit etwas, was er eigentlich so nicht kannte: Charme. Auf Anfrage – und Bitte um ehrliche Antwort – hatte Oberstabsfeldwebel Hammerau ihm gestanden, dass er zwar nach ihren Maßstäben gut aussah, aber den Charme einer geladenen 120-Millimeter-Glattrohrkanone hatte.

„Versuchen sie es gar nicht erst, Peter.“ Genau wie erwartet, stellte Jansen in Gedanken fest.

Mit geschickten Händen machte sich die Frau daran, die Nase des Hauptmanns abzutasten und zu untersuchen. Der jedoch verzog keine Miene. „Sie müssen mir schon irgendwie Rückmeldung geben, wenn ich ihnen Schmerzen verursache. Schließlich untersuche ich hier ihre halb zertrümmerte Nase!“

„Könnte ich, aber dann müsste ich sie belügen – die Lokalnarkose wirkt noch.“, antwortete der Hauptmann und grinste wie verrückt. „Ach, und außerdem soll ich sie zu ihrer Befragung bringen, Jennifer. Wenn sie also fertig sind...“

Kurz kam die junge Frau ins Stocken, was die Nase anging, fing sich dann aber wieder und beendete mit ihren weichen Fingern die Untersuchung. „Also, bisher sieht es eigentlich ganz gut aus, sie sollte nur aufpassen – Laternen, Stützpfeiler, Wände... Fäuste... eben alles, was ihrer Nase in den Weg kommen könnte. Für wann ist es denn angesetzt?“

„Etwa eine Stunde. Ich dachte, dass sie noch ein bisschen mit der Nase brauchen.“ Geschwind sprang der Hauptmann auf, zog sich das Jackett an, legte sich den Mantel auf die Schultern – er hatte das in Dokumentationen über den Zweiten Weltkrieg gesehen und fand es einfach nur gut aussehend – und winkte den Hauptgefreiten zu sich. „Gehen sie schon mal vor, Soldat. Und sie, Doktor – was dagegen, wenn ich sie zum Essen einlade?“
 

In einem dunklen Gang standen zwei Männer in der Uniform der Atlantis-Expedition.

Einer der beiden Männer war ergraut, strahlte aber Würde aus. Auf seinem Oberarm war Stars and Stripes, die Fahne der Vereinigten Staaten von Amerika. Deshalb lag die Vermutung nahe, dass der Mann Amerikaner war.

Der andere, ein kleiner Mann mit runder Brille und abstehenden braunen Haaren, trug die tschechische Fahne am Oberarm – er wirkte eigentlich nicht wie einer der klügsten Köpfe der Menschheit, sondern eher wie ein Märchenonkel.

„Sie wollen was von mir?“, fragte der Tscheche ziemlich überrascht und geschockt.

„Sie haben mich schon verstanden, Doktor.“, antwortete der Amerikaner. Normalerweise war es etwas lockerer bei der Sache, was eine seiner größten Qualitäten war. Doch bei diesem speziellen Auftrag für den Doktor war nicht viel zu scherzen, es ging um Leben und Tod.

„Aber, General, so was ist eigentlich nicht möglich, zumindest nicht auf die Schnelle oder unauffällig.“, gab der Wissenschaftler zurück. Manche nannten ihn eines der verkanntesten Genies von Atlantis.

Der Amerikaner seufzte. „Ich habe einige Männer zur freien Verfügung, sie könnten ihnen Deckung geben, während sie ihr Zauberwerk verrichten!“

„Naja… es ist zumindest besser als arbeitslos auf den Straßen von Prag zu stehen – denn das würde mir doch blühen, wenn ich mich weigere, richtig?“ Jetzt war es an dem Tschechen zu seufzen. „Gut, ich mache es – aber kein Wort zu niemandem. Ich werde die Ergebnisse jemandem von ihren Leuten geben.“

„Na meinetwegen.“, antwortete der US-General. „Wir erwarten Ergebnisse!“



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