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Kill this Killing Man I

Zurück ins Leben
von

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Erinnerungen tun weh

132) Erinnerungen tun weh
 

Nachdem Sam die Werkstatt verlassen hatte, hatte Dean seine Schüler nach Hause geschickt, war im Motorraum des Hondas abgetaucht und hatte die Zeit vergessen.

Zweieinhalb Stunden später kam er grinsend in die Bibliothek. Kurz schaute er sich um und fand seinen Bruder im letzten Gang am Tisch neben dem großen Bücherregal sitzend.

Dean grinste.

„Hey, Sammy. Dein alter Platz?“

„Das weißt du noch?“

„Ich kenn jede deiner Schrammen und ich weiß wo du sie dir geholt hast. Wieso sollte ich das nicht mehr wissen?“

„Ich…“ Sam zuckte mit den Schultern. Was sollte er auch dazu sagen. Nur manchmal fragte er sich, ob eine Mutter das von ihren Kindern auch noch alles wüsste.

„Giles schon gefunden?“

Sam verdrehte die Augen. Dean würde sich wohl nie ändern.

„Lässt du mich das hier noch fertig lesen?“, fragte er statt dessen Frage zu kommentieren.

Dean nickte und schlenderte, leise Metallica vor sich hinsummend, durch die Regalreihen.

„Dean! Lass das!“, zischte Sam genervt.

„Was? Wir sind hier alleine, Sammy!“

„Nicht ganz“, antwortete eine Stimme und gleich darauf kam die dazugehörige Person, mit Büchern bepackt, aus dem kleinen Büro.

„Schön dass sich unsere neuen Kollegen nach so kurzer Zeit schon so gut verstehen“, sagte er und musterte die jungen Männer eingehend. Er hatte nicht alles mitbekommen, was sie eben gesagt hatten, aber für ihn klang das nach mehr als nur Kollegen, nach viel mehr! Doch er sagte nichts. Warum auch?

Sie hatten unterschiedliche Namen und vielleicht waren sie einfach nur zusammen aufgewachsen und hatten denselben Weg eingeschlagen. Oder sie waren ein Paar. Doch auch das ging ihn nichts an.
 

„Wir sind ja gewissermaßen Leidensgenossen“, grinste Dean nach einer Schrecksekunde, „außerdem wohnen wir im selben Motel.“

„Welch toller Zufall“, sagte der Mann und schenke ihm ein Lächeln. Wohl doch ein Paar.

Danach plauderte er weiter: „Ich hatte mal einen Schüler der Dean hieß. Und der hatte, soweit ich weiß, einen kleinen Bruder, den er Sammy nannte und auf den er jeden Tag am Schultor gewartet hat.“

Überlegend musterte der Mann seine neuen Kollegen.

Die wechselten einen kurzen Blick.

„Aber wie dem auch sein, das ist lange her. Wie steht es um meinen Wagen?“, wechselte der Lehrer das Thema.

„Sie hatten Glück, Mr. Alonso. Es ist wirklich nur der Zahnriemen gerissen. Wenn der morgen mitkommt, dann haben sie ihr Auto morgen Abend wieder.“

„Das klingt toll. Trudy, meine Frau, war ziemlich genervt, dass sie mich chauffieren musste und nicht wirklich angetan davon, dass ich den Wagen hier in die Werkstatt gebracht. Aber zu Ihnen hab ich Vertrauen“, sagte er und lächelte Dean an.

Der Winchester starrte ihn mit großen Augen an. Er zwang sich zu einem Lächeln.

„Wollen sie noch lange hier bleiben?“, wandte sich Mr. Alonso dann an Sam.

„Nein, ich bin fast fertig.“

„Gut, dann komme ich gleich nochmal wieder und schließe ab.“ Gleich darauf war der Lehrer durch die Tür verschwunden.

Sam schaute sich nach seinem Bruder um, doch Dean war zwischen den Regalreihen verschwunden.

Wusste Alonso wer er war? Wieso hatte er sich eigentlich gemerkt, dass er am Tor immer auf Sam gewartet hatte und woher wusste der das überhaupt? Er war doch nur einer von unzähligen Schülern, die Alonso inzwischen gehabt haben musste!

Und wenn der ihn wirklich erkant hatte, wann würde er ihn auffliegen lassen und was hatte das für ihren Fall zur Folge?

Dean schüttelte den Kopf. Damals war er ein Lehrer gewesen, der auch mal unkonventionelle Wege ging.

Vielleicht war er das auch heute noch.

Er würde versuchen den Fall, soweit er konnte, durchzuziehen. Wenn sie doch noch enttarnt werden würden, konnte sie sich immer noch Gedanken machen, wie es weiter gehen sollte.

Langsam ging er wieder zu Sam.

„Kennst du den Mann?“, wollte der auch sofort wissen.

„Ja! Und jetzt lass uns hier verschwinden.“

„Wieso hast du nichts gesagt, Dean?“, fragte der Jüngere mit leicht vorwurfsvollem Ton.

„Du hast nicht gefragt! Du wolltest hierher und da selbst dir klar sein müsste, dass wir für unsere Verhältnisse eine Ewigkeit hier waren, hättest du dir auch denken können, dass vielleicht noch der eine oder andere Lehrer da ist, bei dem ich Unterricht gehabt hatte. Es sind erst zwölf Jahre vergangen.“

Sam nickte nur, las seinen Text fertig und beeilte sich dann, das Buch wieder an seinen Platz im Regal zu stellen.

Er hatte nicht wirklich darüber nachgedacht und für ihn hatte dieses Thema auch nicht zur Diskussion gestanden. Er war damals noch auf der Junior High und hatte noch ein Jahr vor sich.

Schnell verschwanden sie aus der Bibliothek und gingen zum Impala.
 

„Was hattest du bei ihm?“, wollte Sam interessiert wissen, kaum dass Dean vom Parkplatz fuhr.

Deans Sozialkompetenzen waren schon damals mangelhaft. Nicht dass der Lehrer ihn in schlechter Erinnerung hatte und sie jetzt im Auge behielt. Das würde ihre Arbeit nur erschweren.

„Mathe, Chemie und Physik“, antwortete er und bog auf den Highway ab.

„Aber Alonso unterrichtet in Physik und Chemie nur den Leistungskurs!“, platzte der Jüngere hervor.

„Oder hat er damals…“

„Ich weiß!“, unterbrach Dean ihn.

„Dean, du…“

„Ich dachte du willst hier einen Fall lösen. Ist es dann nicht egal, welcher Lehrer welches Fach unterrichtet oder hast du Alonso oder einen der anderen Lehrer schon als Verdächtigen ausgemacht?

Dann könnten wir uns die Fragereien nämlich sparen!“

„Ich hab … Nein, ich hab keinen Lehrer als Verdächtigen ausgemacht. Ich dachte nur…“ Ein wütender Blick Deans ließ ihn endgültig verstummen. Was war mit seinem Bruder? Warum reagierte er so gereizt, wenn es um diesen einen Lehrer ging? Oder weitete sich das auch noch auf andere Lehrer aus?

Deans Gedanken wanderten zurück.

Mr. Alonso war einer der wenigen Lehrer seines Schullebens gewesen, die es je verstanden hatten ihn zu fesseln und zu fordern. Sein Unterricht hatte Spaß gemacht und es fiel ihm leicht. Wie alle Naturwissenschaften und Sport und Mechanik. Der Gesundheitskram war wichtig für seinen Job, da hatte er auch noch aufgepasst, genau wie in Geographie, solange es die USA betraf. Latein war für sie eigentlich auch wichtig. Doch das war für ihn eher einschläfernd langweilig gewesen. Außerdem war er da noch davon ausgegangen, dass er ja immer mit Sammy jagen würde und der war in Latein ein Ass.
 

„Dean?“, hakte Sam etwas lauter nach. Sie standen inzwischen auf dem Parkplatz vor dem Motel aber sein Bruder machte keine Anstalten aussteigen zu wollen.

Der Blonde schaute ihn irritiert an.

„Träumst du?“

„Nein, ich…“, begann er und schaute sich um. Scheinbar fand er den Weg hierher noch immer blind. Ein kurzes Lächeln huschte über sein Gesicht.

Schnell stieg er aus und folgte seinem Bruder.

Ungehalten warf er sich auf sein Bett. Dieser ganze Fall nervte ihn. Nicht nur, dass ihn an fast jeder Ecke Erinnerungen überfielen, die er nicht haben wollte, sie waren auch schon fast eine Woche hier und hatten nichts Greifbares.

Blitzschnell schoss sein Arm zur Seite und seine Hand schloss sich um seinen Laptop, der bei seiner Aktion ins Rutschen gekommen war und auf den Boden zu fallen drohte.

Sam sah zu seinem Bruder und verstand dessen Gereiztheit nicht. Was hatte Dean nur?

Er schaute noch einmal den Stapel Blätter durch auf denen jeweils ein Foto und alle Informationen jedes Vermissten standen.

„Okay, Sam, was haben wir?“ Dean hatte seine schlechte Laune herunter geschluckt. Sein Bruder konnte nichts dafür und je eher sie den Fall beendeten umso schneller kamen sie hier weg und er von seinen Erinnerungen los.

„Nichts was einen Zusammenhang erkennen lässt“, überlegte der Jüngere und stapelte seine Blätter neu.

„Drei der verschundenen Schüler waren neu in der Schule. Sie hatten noch keinen Anschluss.

Solche wie du, Dean. Du hast auch immer alleine gegessen!“

Der Blonde verdrehte die Augen. Sam konnte es einfach nicht lassen darauf rumzureiten. Schon als Kind hatte er ihn immer wieder gefragt, warum er sich keine Freunde suchte, so wie Sam es immer wieder machte. In der Beziehung waren sie komplett verschieden. Oder auch nicht. Sam hatte es jedes Mal wieder weh getan, wenn sie weiter zogen und er hatte dieses Problem umgangen, indem er sich gar nicht erst um Freunde bemühte. Er fand es so einfacher. Worüber sollte er mit Freunden auch sprechen? Die Jagd? Wohl nicht!

„Ich hab doch auch immer Anschluss gefunden. Warum hast du nie versucht Freunde zu finden. Warum Dean?“, bohrte der Jüngere nach.

„Ich war von Anfang an immer nur der Neue. Dads Training ließ kaum Zeit Freundschaften aufzubauen oder überhaupt jemanden kennenzulernen. Und warum auch. Sollte ich sie in unser schäbiges Motel mitbringen? Später hab ich es gar nicht mehr versucht. Außerdem hatte ich dich und Dad. Die Familie war wichtiger als Freunde! Und da waren ja noch die Mädchen.“

Sam schluckte. „Aber ich hab doch auch immer Anschluss gefunden. Und hier hätte selbst für dich die Zeit für Freunde ausgereicht!“ Den letzten Satz überging er einfach.

„Du warst wirklich schwierig in der Zeit, Sammy. Ich meine, ich wusste wie sehr es dich getroffen hat, dass du ein Jahr wiederholen musstest und ich hätte dir gerne mehr geholfen. Aber ohne das ich die dreimal in der Woche in der Werkstatt arbeiten gegangen wäre, hätte ich unsere Kreditkartenbetrügereien ausweiten müssen, noch mehr stehlen oder wir wären überhaupt nicht um die Runden gekommen. Das Geld hat ja trotzdem kaum gereicht. Ich hätte mich vierteilen müssen.“ Der Blonde grinste traurig und sprach dann weiter. „Meine Hausaufgaben hab ich gemacht, während ich auf die gewartet hab, oder gar nicht. Arbeiten, Training, deine Hausaufgaben und mit dir üben. Dads Sonderaufgaben.“

„Sonderaufgaben?“ Sam hatte nie Sonderaufgaben bekommen und er wusste auch nicht, dass Dean außer zusätzlichem Training, wenn er mal wieder im Unterricht geschlafen hatte, und das hatte der oft, Sonderaufgaben bekommen hätte.

„Er hat mir immer mal wieder irgendein Buch gegeben und dann erwartet, dass ich die wichtigsten Infos rausfiltere, bis er wiederkam. Ich hab es gehasst!“

„Deswegen ließt du nichts mehr?“, wollte der Jüngere geschockt wissen. Dad hatte sowas mit ihm nie gemacht. Aber er war auch, kaum dass er einen Computer bekommen hatte, durchs Internet gesurft und hatte da jede Menge Informationen gefunden.

„War nicht so schlimm. Du hattest nachts wieder vermehrt Albträume, da konnte ich lesen.“

Dean grinste traurig. Er stand auf. Er brauchte jetzt Bewegung und Abstand.

„Ich hol uns was zu Essen“, sagte er, griff nach seiner Jacke und verschwand durch die Tür.
 

Lange stand er neben dem Impala und starrte blicklos über den Parkplatz.

Immer mehr ungewollte Erinnerungen kamen durch diesen Fall an die Oberfläche. Auch das richtige Lesen lernen, wie John es genannt hatte fiel darunter. Kaum dass er flüssig lesen konnte hatte sein Vater alle möglichen Bücher, selten wirklich kindgerecht, angebracht und ihm Abschnitte markiert, aus denen er dann das seiner Meinung nach Wichtigste herausfiltern sollte. Selten hatte er das, Johns Meinung nach, Richtige gefunden und so war seine Freude darüber endlich die Bücher lesen zu können, die Mom ihm immer vorgelesen hatte, sehr schnell wieder verflogen. Natürlich hatte er später auch noch gelesen, einfach um Zeit totzuschlagen. Vonnegut mochte er ganz gerne. Schlachthof 5. Dean lächelte „So ist das…“

Das einzige Buch, bei dem er sich immer geweigert hatte auch nur einen Satz nach Johns Methode zu lesen, war Puh-Bär gewesen. Die Abenteuer im Hundertmorgenwald hatte Mom ihm zu Einschlafen immer wieder vorlesen müssen und dieses Buch hatte er sich nicht zerstören lassen wollen.

Jedes Mal wenn John damit ankam hatte er die Arme vor der Brust verschenkt und behauptet, die einzige Information, die aus diesem Buch zu filtern sei, wäre die, dass der Bär blöd wäre. Und jedes Mal hatte er sich bei dieser Behauptung gefühlt, als hätte er Mom verraten.

Und Sam hatte er vorgelesen, bis der Kleine das selbst konnte.

Noch einmal holte er tief Luft und schob diese Erinnerungen zur Seite. Endlich stieg er in den Wagen und fuhr zum nächsten Diner.



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