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Kill this Killing Man I

Zurück ins Leben
von

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Beistand ohne Worte

120) Beistand ohne Antworten
 

Die Männer kamen taumelnd auf die Beine. Auch sie hatte die Zeremonie mitgenommen.

Einer nach dem anderen schlurften sie sich nach draußen. Tief sogen sie die eisige, reine Luft in ihre Lungen.

Helaku und Graham legten Felle auf den Boden. Dann hoben sie Dean vom Altar und ließen ihn auf die weichen Häute gleiten. Sie rieben seinen ganzen Körper mit einem aromatischen Öl ein, massierten es in jeden Zentimeter seine Haut. Danach legten sie seine Hände auf sein Herz und begannen, ihn so fest es nur ging, in die weichen Häute zu wickeln. Zum Schluss verschnürten sie ihn wie ein Baby in einem Steckkissen. Sie hoben ihn hoch und trugen ihn wieder mit Gesang in die Hütte, in der er zuvor schon gewaschen worden war.
 

Sam war ebenfalls aufgestanden und ins Freie getorkelt, froh endlich wieder reinen Sauerstoff in seine Lungen pumpen zu können. Doch bevor er die Hütte verließ, warf er einen hoffnungsvollen Blick auf seinem Bruder. Er sah dessen trübe, blicklosen Augen und seine Knie wurden weich. Als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen, taumelte er nach draußen. Nach ein paar Schritten schlug er in den Schnee. Er drehte sich auf die Seite, rollte sich zusammen und ergab sich seinen seelischen Schmerzen. Die Kälte fühlte er nicht und auch nicht die Tränen, die heiß über sein Gesicht rannen.

Es war einfach nicht gerecht, dass immer Dean leiden musste!

Er spürte, wie sie ihm auf die Füße halfen und in ein Haus führten, und er fühlte, wie sie ihm eine klare wohltuende Flüssigkeit zu trinken gaben. Müdigkeit breitete sich in ihm aus.

„Dean!“ keuchte er, dann sackte sein Kopf auf seine Brust und er schlief ein.
 

Der ältere Winchester lag in einem Raum, der in den Wintermonaten als Sauna genutzt wurde.

Dampfschwaden umwaberten ihn. Ihm war heiß. Er wollte aus dem Raum, wollte sich wenigstens von den Fellen befreien, doch er konnte sich nicht rühren. Schweiß trat ihm aus jeder Pore und rann seinen Körper hinunter in die Felle. Seine Haut brannte und es juckte fürchterlich.

Langsam löste sich alles um ihn herum auf und auch die unangenehmen Gefühle schwanden. Die dem Wasser beigefügten Kräuter benebelten seine Sinne, und das Öl, mit dem sie ihn eingerieben hatten, tat sein Übriges: Sein Geist ging auf Wanderschaft.

Er fühlte sich frei. Frei wie ein Adler im Wind.

'Ich habe Flugangst, verdammt!'

Das Bild schlug um. Er war ein Fisch im Wasser.

Eine blondgelockte Nixe drängte sich in sein Sichtfeld.

'Na toll, das wird mich bestimmt ablenken.'

Wieder wandelte sich das Bild. Pferde jagten über die Prärie und er war eines davon. Der Wind umspielte ihn, seine weit geblähten Nüstern pumpten jede Menge Sauerstoff in seine Lungen. Seine Hufe trommelten auf den harten Boden. Vor sich sah er einen kleinen Wald, doch er bremste nicht ab sondern donnerte mit unvermittelter Geschwindigkeit hinein.

Und noch einmal änderte sich das Bild.

Er hockte vor einer Höhle. Seine Gefährtin säugte gerade die Welpen. Es waren nur drei Junge, doch sie entwickelten sich gut. Er gähnte und streckte sich auf dem weichen Moos aus. Die Sonne erwärmte seinen Pelz. Die Kleinen hatten genug getrunken und tapsten jetzt auf riesigen Pfoten unbeholfen auf ihn zu, um ihn in Schwanz und Pfoten zu beißen und an seinem Fell zu ziehen. Gutmütig ließ er es über sich ergehen und leckte seinen Welpen hin und wieder beruhigend über die Schnauze, wenn sie es gar zu toll trieben. Es waren zwei Weibchen und ein Rüde.

Er hörte ein leises Geräusch und drehte den Kopf. Über den Hügel kam ein weiterer großer graubrauner Wolf. Er blaffte kurz zur Begrüßung, als dessen Gefährtin an seiner Seite erschien. Auch sie war trächtig. Bald würde sich sein Rudel weiter vergrößern und sie würden noch mehr Beute heranschaffen müssen. Träge ließ er den Kopf auf die Pfoten fallen und döste ein.
 

Erschrocken keuchte Dean als er fühlte wie er hochgehoben wurde.

„Nich!“ nuschelte er undeutlich. Sie hatten ihn abrupt in die Wirklichkeit zurückgerissen und er hatte Angst. Angst, dass sie ihm wieder etwas zu trinken geben würden, von dem er Krämpfe bekam. Die Schmerzen waren gerade halbwegs abgeklungen.

Er wollte zurück. Zurück in den Wald, in die Ruhe.

Und er hatte Recht gehabt. Sie flößten ihm wieder etwas ein. Er wollte seinen Kopf wegdrehen, doch die ließen ihm keine Chance auch nur den Versuch zu starten, ob er sich bewegen konnte. Sie hielten ihn fest und zwangen ihn zu schlucken. Hilflos wartete er auf die Krämpfe und stellte erstaunt fest, dass sie nicht kamen, noch nicht vielleicht.

Gleich nachdem der Becher leer war, begannen sie ihn aus den Fellen zu wickeln.

Endlich konnte er wieder atmen. Er fühlte sich gut und ignorierte seine leicht benebelten Gedanken.

Die Krämpfe schienen ihm tatsächlich ersparrt zu bleiben.

Erschrocken quiekte Dean, als sie ihn in den Schnee gleiten ließen und ihn mit noch mehr von dem weißen, kalten Zeug abrieben.

Sein Gehirn schaltete ab. Das war eindeutig zu viel. Er schwitzte und fror gleichzeitig. Seine Zähne klapperten gut vernehmlich, und er zitterte immer stärker.

Dean fühlte, wie er wieder hochgehoben und in etwas gewickelt wurde. Dann trugen sie ihn in einen Raum, rieben ihn, nicht gerade zärtlich, trocken und massierten wieder dieses aromatische Öl in seine Haut.

Nur am Rande seines Bewusstseins bekam er noch mit, dass sie ihn wieder fest in weiche, dicke Felle packten. Noch einmal wurde er hochgehoben und wenig später auf einen weicheren Untergrund gelegt.

Sofort schlief er richtig ein.
 

Irritiert setzte Sam sich auf und rieb sich die Augen. Draußen war es hell. Ob noch immer oder schon wieder konnte er nicht sagen.

Wo war er, was war passiert? Wieso hatte er seine Kleidung noch an und wieso lag er nicht in seinem Bett? 

Langsam schaute er sich um. Wo war Dean?

„Dean!“ Rasend schnell prasselten die Ereignisse der letzten Tage auf ihn ein.

Hektisch schlug er die Decke zur Seite und ohne sich weiter anzuziehen wollte er zur Tür rennen. Er kam genau zwei Schritte weit, bis sich sein verstauchter Knöchel schmerzhaft meldete.

Über sein eigenes Ungeschick fluchend, hoppelte er zu der Couch zurück und zog sich die Skischuhe an. Dann endlich verließ er den Raum und schaute sich suchend um.

Yuri stand in der Küche und lächelte ihn freundlich an.

„Wo ist Dean?“, wollte der Winchester ohne Gruß wissen.

„Er liegt in der Hütte. Ich bringe dich gleich hin. Aber erstmal solltest du etwas essen.“

„Ich will nichts essen, ich will zu Dean!“

„Dein Bruder ist noch lange nicht über den Berg, und es wird ihm bestimmt nicht helfen, wenn du dich auch noch zu Grunde richtest. Also setzt du dich jetzt hierher und isst! Dann nehme ich dich mit hinüber zu ihm.“

Sam resignierte, humpelte zu dem Stuhl, den sie ihm gewiesen hatte und ließ sich darauf fallen.

„Wie geht es ihm?“, wollte er wissen und begann das Sandwich zu essen, das Yuri ihm hingestellt hatte. Lustlos kaute er darauf herum.

„Er schläft“, antwortete sie, und als sie Sams Miene sah, fügte sie mitfühlend hinzu: „Der erste Schritt ist gemacht, aber bis er wieder rumlaufen kann, wird es noch ein weiter Weg.“

„Was ist mit ihm? Was heißt ‚Amaruq hat ihn gezeichnet’“, wollte er jetzt endlich wissen.

„Ich denke, das sollte dir mein Mann erklären.“

Entmutigt nickte Sam. Er hatte endlich auf Antworten gehofft.

„Williams Geist wandelt bei unseren Göttern. Außerdem muss sich von der Zeremonie ausruhen. So etwas macht er nicht alle Tage und sie hat ihn sehr mitgenommen.“

Der Winchester schob den Teller zur Seite. Er hatte einfach keinen Hunger, und solange er nicht wusste, was mit seinem Bruder war, wollte er auch nicht noch mehr Zeit mit Essen vertun.

Yuri nickte traurig. Auch sie nahm das Schicksal der Brüder sehr mit. Sie mochte die beiden und da spielte es keine Rolle, dass sie auch noch die Kinder gerettet hatten. Sie hätte die Brüder auch ins Herz geschlossen, wenn sie nur als einfache Urlauber zu ihnen gekommen wären.
 

Sie zogen sich ihre dicken Jacken über und gingen durch die Kälte zu den drei Hütten.

Kurz klopfte Yuri an die Tür und trat dann, ohne eine Antwort zu erwarten, ein.

Erstaunt schaute sich Sam um. Helaku und Graham saßen an einem kleinen Tisch an dem drei Stühle standen. Karten lagen auf dem Tisch. In der hintersten Ecke stand ein Bett, über dem ein Traumfänger in der leichten Brise, die mit ihnen zur Tür hereingekommen war, schaukelte. Nanouk hockte vor dem Bett.

Er hatte sich zur Tür gedreht und die Neuankömmlinge gemustert. Jetzt stand er auf und kam nach vorn.

„Er schläft“, lächelte er sie an, „und schwitzt.“

„Das ist gut! Ich will ihm auch gleich noch einen Becher geben“, sagte Yuri und Sam schaute fragend von einem zum anderen, doch er bekam keine Antwort.

„Danke, dass er nicht allein sein musste“, sagte er dann und ging zum Bett. Es bedeutete ihm sehr viel, zu wissen, dass jemand bei seinem Bruder war, als er es nicht konnte, wusste er doch wie ungern Dean alleine war. War er das noch?

Betrübt stellte er fest, dass er keine Ahnung mehr hatte, wie es in seinem Bruder aussah. Dieser verdammte Trickster hatte es geschafft, sie zu entfremden und sie hatten noch keinen Weg gefunden zu dem Miteinander zurück zu finden, dass sie noch in Bangor hatten.

„Er hat uns unsere eigene Arroganz vor Augen geführt, indem er uns unsere Kinder zurückgebracht hat“, wehrte Graham den Dank ab und riss Sam aus seinen trübsinnigen Gedanken.

„Aber auch wenn er das nicht getan hätte: Niemand sollte das alleine durchstehen müssen“, fügte

Helaku hinzu.

Der Winchester nickte betroffen. ‚Das durchstehen müssen’, hallte, ein ungutes Gefühl hinterlassend, in seinem Kopf nach. Er half Yuri seinen Bruder aufzurichten und von der Kapuze, die ihm bis tief ins Gesicht hing, zu befreien, um ihm einen Becher der dampfenden Flüssigkeit einzuflößen.

Kaum war der Becher leer, ließen sie ihn wieder in die Waagerechte gleiten. Sie setzte ihm die Kapuze wieder auf und zog die Decke bis an dessen Nase.

Schweiß lief Dean über das Gesicht und in seine Augen. Er gab ein unwirsches Schnaufen von sich.

Sam suchte einen Lappen, um seinem Bruder wenigstens hier Erleichterung zu verschaffen.

Yuri lächelte und reichte ihm ein Tuch.

„Muss…?“, begann er und wischte Dean über das Gesicht. „Muss er so sehr schwitzen?“

„Je mehr umso besser“, sagte sie nur und verließ dann den Raum.

Sam nickte und versuchte eine halbwegs gemütliche Stellung auf dem Stuhl zu finden.

„Du bist so ein Idiot, Dean“, sagte er leise und blendete die Anwesenheit der drei Männer vollkommen aus, „wann lernst du endlich, mehr auf dich, als auf alle anderen, zu achten? Mir bleibt immer nur an deinem Bett zu sitzen und aufzupassen, dass du wieder gesund wirst.“ Wieder wischte er den Schweiß von Deans Gesicht.

„Schlaf! Ich bleibe hier“, fuhr er dann leise fort. Wie oft hatte sein Bruder an seinem Bett gesessen, als sie noch Kinder waren. Diese Rollen hatten sie eindeutig getauscht.

Nur im Unterbewusstsein bekam er mit, dass die Drei den Raum verließen.
 

Wenig später kamen sie zurück und holten den Blonden. Sam folgte ihnen misstrauisch. Was hatten sie vor? Wollten sie ihm wieder weh tun?

Es schmerzte ihn sehen zu müssen, dass er Recht behielt.

Etwas abseits schaute er zu, wie sie seinen Bruder aus den Fellen wickelten, ihn wieder in den großen dampfenden Holzzuber packten und seine, ohnehin schon gerötete, Haut schrubbten.

Deans Zähne mahlten aufeinander und er wimmerte leise. Und als wenn das nicht schon ausreichte, damit Sam sich miserabel fühlte, ließ auch seine verkrampfte Haltung nur zu gut erkennen, wie furchtbar das für ihn war.

Der Jüngere musste sich zwingen, nicht zu dem Bottich zu laufen und Dean aus den Fängen seiner Peiniger zu reißen. Warum nur taten sie ihm so weh? Hatte er nicht schon genug gelitten?

Wieder drängten sich Tränen in Sams Augen.

Dann wurde der ältere Winchester wieder in die Sauna gelegt und, als er genug geschwitzt hatte, mit Schnee abgerieben, bis er endgültig krebsrot war.

Sie trugen ihn wieder in die Hütte und rieben ihn trocken.

Fest in weiche, saugfähige Felle gewickelt, steckten sie ihn wieder in sein Steckkissen und legte ihn zurück auf das Bett.

Gleich darauf kam Yuri wieder zu ihnen. Sie brachte Decken für Sam mit und zeigte auf eine Klappliege an der Wand. „Auch du solltest schlafen.“

„Ich bleibe hier, danke!“

„Er bekommt für die Nacht ein stärkeres Schlafmittel und wird dir also bestimmt nicht weglaufen. Schlaf! Bis er wieder aufstehen darf, wird es noch dauern.“

Sam nickte leicht, half ihr Dean erneut zum Trinken zu bewegen, und ging dann, unter ihrem strengen Blick, zur Liege, die er sich neben Deans Bett zog und sich dann darauf ausstreckte.

Schneller als gedacht war auch er eingeschlafen.



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