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Kill this Killing Man I

Zurück ins Leben
von

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Das Wissen eines Schamanen

112) Das Wissen eines Schamanen
 

Jeremiah Kokrine interessierte nicht, was die beiden Typen in dem Auto trieben. Die waren doch eh schwul! ‚Zwei Männer machen zusammen Urlaub. Klar! So wie die sich ständig betatscht haben, können die das ihrer Großmutter erzählen!’ Er schob eine kleine Bucht frei und gab dann seinem Gefährt die Sporen. Er wollte nur noch nach Hause, sich umziehen und dann zu Mackay, diese nervende Angelegenheit hinter sich bringen. Sie hatten ihn zwar zum Ortsvorstand gewählt, aber nur weil er die Kontakte zur Wirtschaft und Politik in der Gegend hatte. Und weil es seinem Ansehen gut tat, hatte er das Amt angenommen. Jetzt musste er sich halt auch um solche Fälle kümmern. Eigentlich war es ihm doch egal, wenn Andere zu blöd waren auf ihre Kinder aufzupassen.

Er hoffte nur, dass er seinem Sohn noch ‚Gute Nacht‘ wünschen konnte. Der Junge war inzwischen zehn und noch immer sein ganzer Stolz.
 

Dean hatte sich wieder gefangen. Der gequälte Ausdruck in seinen Augen machte eiskalter Wut Platz.

Sam ließ sein Gesicht los bevor er noch das Ziel dieses Zornes wurde. Er wollte nicht in der Haut des Typen stecken, wenn Dean ihm wieder begegnete.

Der Blonde ließ den Wagen an und fuhr in die Bucht.

„Macht dir nichts draus, Baby. Dem Typen brech ich die Nase, wenn ich ihn wieder seh. Mit ´nem schönen Gruß von dir, okay?“, tätschelte Dean das Armaturenbrett.

Der Jüngere stieg schnell aus. Er wollte keinen Lachanfall riskieren, auch wenn er Deans Reaktion hier ganz gut verstehen konnte. Er ging zum Kofferraum und lud ihr Gepäck aus.

Der Blonde füllte noch einen Seesack mit Waffen, und dann machten sie sich auf den Weg, den der Typ ihnen gewiesen hatte.
 

Sam ging mit seinen langen Beinen voran.

Der Blonde fluchte immer wieder leise vor sich hin. Der Schnee war nur an der Oberfläche verharscht und darunter wunderbar fluffig. Leider sanken sie so immer wieder bis über die Knie ein.

„Man, können wir uns nicht mal einen Fall im Warmen suchen? Hawaii! Ein paar heiße Blondinen aus den Händen fieser Surfer-Geister retten und am Abend Mai Tai´s am Pool schlürfen? Oder Pina Coladas oder Caipis?“ Wieder brach er durch die Schneedecke, verstummte, während er sich daraus hervor arbeitete.

„Du hast Flugangst, schon vergessen?“ Sam lächelte. So gefiel ihm sein Bruder schon besser.

„Dann eben South Beach!“, knurrte der Blonde und klopfte sich sinnloserweise den Schnee von den Jeans. Er hatte, bevor sie sich auf den Weg gemacht hatten, die dicke Hose wieder ausgezogen weil er sich so eingepackt nicht hatte bewegen können. Jetzt waren die Jeans durchgeweicht und nass, und er hatte das Gefühl, den Schnee schon in der Unterhose zu haben. Seine Füße fühlte er schon nicht mehr.

„Obwohl ich für ein paar heiße Girl und leckere Drinks meine Flugangst bekämpfen könnte. Wir könnten uns da ja zur Ruhe setzen“, fügte er leicht verträumt hinzu.

„Und dein Baby? Willst du sie verlassen?“

„Man, du kannst auch jeden Traum zerstören!“, gespielt wütend funkelte der Blonde den Rücken seines Bruders an und wischte sich noch einmal den Schnee von der Hose.

Sam ging es mit seinen langen Beinen auch nicht viel besser. Und das empfand Dean wenigstens als kleine Gerechtigkeit.
 

Der Jüngere brach schon wieder ein. Doch diesmal blieb er wie erstarrt im Schnee stecken. Schnell ließ der Ältere sein Gepäck fallen und arbeitete sich nach vorn.

„Sammy?“, fragte er besorgt, und das erstarrte, schmerzverzerrte Gesicht seines kleinen Bruders trug auch nicht zu seiner Beruhigung bei.

„Sammy?“, fragte er noch einmal und fasste seinen Arm.

„Mein Fuß. Ich bin umgeknickt“, presste der Jüngere hervor und wurde Zeuge eines Schauspiels, das er ohne die Schmerzen bestimmt amüsant gefunden hätte.

Dean wühlte sich wie ein Irrer durch den Schnee, um an den Fuß seines Kleinen zu kommen.

Sam ließ sich auf seinen Hintern fallen und japste, als er dabei sein Gelenk bewegen musste.

„Das wird jetzt wahrscheinlich weh tun“, erklärte der Ältere ruhig, nachdem er das Gelenk, das Sam in einem komischen Winkel hielt, so vorsichtig wie möglich abgetastet hatte. Der Jüngere nickte und biss die Zähne zusammen. Trotzdem konnte er einen leisen Schrei nicht unterdrücken als Dean den Fuß bewegte.

„Gebrochen scheint nichts, aber er ist schon jetzt leicht geschwollen. Meinst du, du schaffst es bis zum Motel?“

Sam nickte tapfer.

„Na, wenigstens hast du nicht schon wieder einen Schuh verloren.“ Dean duckte sich unter einem halbherzigen rechten Haken seines Bruders hindurch.

Lachend wühlte er sich aus dem Schnee und lief zu seinen Sachen zurück. Er schulterte die Tasche mit seiner Kleidung und den Seesack und kam dann wieder zu Sam. Er legte dessen Arm um seine Schulter, umfasste seine Hüfte und zog den Jüngeren dann fest an sich.

„Dann mal los, Sammy!“

Schon bald war Dean nicht nur äußerlich nass. Sein kleiner Bruder hing fast mit seinem gesamten Gewicht auf ihm.

Langsam stapften sie durch den Schnee. Selbst auf der Straße, die an diesem Tag bestimmt schon einmal geräumt worden war, lag das Zeug schon wieder mehr als kniehoch. Wenigstens der Wind hatte sich komplett gelegt.
 

Endlich tauchte ein Licht zwischen den Bäumen auf.

Sam schickte ein Stoßgebet zum Himmel. Sein Fuß pochte stark, und auch wenn sein Bruder keinen Ton von sich gegeben hatte, er konnte an seinem keuchenden Atem hören, dass der am Ende seiner Kräfte war.
 

Sie hatten gerade geklingelt, als die Haustür auch schon förmlich aufgerissen wurde.

„Da seid ihr ja endlich!“, begrüßte sie eine Frau Mitte vierzig. Sie trug ihr schwarzes, mit einigen silbernen Fäden durchsetztes Haar schulterlang und die Ponyfransen hingen ihr in die Augen, die die Brüder warm anstrahlten.

Die Winchesters starrten nur verwirrt.

„Wir hatten schon eher mit euch gerechnet, obwohl ich mir ja nicht so sicher war, ob ihr überhaupt kommt. Aber Ukpik meinte, ihr hättet hier was zu erledigen, also würdet ihr auch kommen.“

Jetzt verstanden die Beiden erst Recht nur noch Bahnhof und wechselten einen Blick.

„Ich bin Yuri Mackay.“

Sam versuchte sein Gewicht etwas mehr auf seinen gesunden Fuß zu verlagern und japste, als er dabei seinen gezerrten leicht belastete. Schnell hängte er sich wieder voll an Dean, und der schwankte kurz, als er das zusätzliche Gewicht auffangen musste. Besorgnis flackerte über sein Gesicht und er schaute wieder zu Sam.

„Ach, wie unaufmerksam von mir! Da drüben ist das Bad. Da könnt ihr duschen.“

Dean blickte fragend.

„Du willst den Kleinen doch nicht erst noch die Treppen zu eurem Zimmer hoch schleppen und ihn dann wieder runterhumpeln lassen“, fragte sie.

„Runter könnte ich ihn ja schubsen“, fand der Blonde seine Sprache wieder. Die Frau war ihm sympathisch. Sie war etwas mehr als einen Kopf kleiner als er, aber sie strahlte soviel Respekt aus, wie er es bis jetzt nur bei Ellen erlebt hatte, und ihre Augen waren wieder warm auf die Brüder gerichtet.

Außerdem, wann hatte zuletzt jemand „Kleiner“ zu Sam gesagt?

„Na?“, drohte die Frau lachend.

„Dean!“

„Bring ihn da rüber und danach zeig ich dir euer Zimmer.“ Sie drückte Sam das frische Handtuch in die Hand, das sie schon die ganze Zeit hielt.

„Na komm, Hinkebein“, sagte der Ältere und schob den Jüngeren in die angewiesene Richtung und wartete vor der Tür bis Sam mit Duschen fertig war. Vielleicht brauchte er ja doch seine Hilfe.
 

Kurze Zeit später brachte er einen sauberen, aufgewärmten Sam zurück in den Flur.

„Du kannst ihn gleich zu meinem Mann bringen“, sagte Yuri, die aus der Küche kam, „und dann folgst du mir in euer Zimmer. Ich hab keine Lust, dich hier durchs Haus schniefen zu sehen.“

„Ja, Ma’am“, antwortete Dean kleinlaut.

Er brachte Sam zu dem Inuit, der schon auf sie gewartet zu haben schien.

„Willkommen, in meinem Haus. Ich bin William „Ukpik“ Mackay“, begrüßte er die Brüder.

Leicht enttäuscht musterte Dean den Mann. Einen Inuit hatte er sich anders vorgestellt. Er war etwas kleiner als er selbst, kräftig gebaut und trug ganz normale Kleidung. Irgendwie hatte er Fell erwartet.

‚In einer gut beheizten Wohnung‘ erklärte er sich in Gedanken und schüttelte innerlich den Kopf über sich.

„Sam und Dean Winchester“, stellte sie der Blonde vor, indem er beim Nennen ihrer Namen auf sie deutete. „Mein Bruder hat sich ...“

„... den Fuß verstaucht. Ich seh schon. Bring ihn her. Ich werd es mir ansehen.“

Der Blonde tat wie ihm geheißen, doch als er sich merklich zitternd daneben stellen und Sam Beistand leisten wollte, wurde er unmissverständlich des Zimmers verwiesen.

Sam grinste und legte seinen Fuß, wie angewiesen, auf den kleinen Hocker.

Mit sanften Handgriffen kontrollierte Ukpik das Gelenk.

„Ist nicht so schlimm, wie es aussieht“, sagte er, „aber eine Weile solltest du es schonen. Hast du Skischuhe? Die sind fest genug.“

Sam schüttelte den Kopf.

„Ich glaube wir haben noch ein Paar Neue hier. Meine Frau kann nichts wegwerfen“, erklärte er. „Im letzten Winter wollten wir nach Alaska, aber unsere Tochter hatte die Windpocken bekommen und wir sind hier geblieben. Ich wollte die Schuhe nie haben, aber sie meinte es wäre besser. Du kannst sie gerne mal anprobieren. Sie könnten dir passen, ich hab ziemlich große Füße“, lachte er leise.

Sam nickte nur geistesabwesend.

„Darf ich Sie etwas fragen?“, wollte er wissen während sein Gelenk mit einer undefinierbaren Paste in einem unappetitlichen gelb-braun bestrichen wurde.

Der Mann nickte freundlich.

„Ihre Frau sagte, Sie hätten uns erwartet. Wie? Können Sie hellsehen?“

„Nein“, lachte William. „Aber ich habe um Hilfe gebeten und ihr seid gekommen.“

„Aber wir wollen hier nur Urlaub machen. Mein Bruder hatte vor einer Weile einen schweren Unfall und jetzt …“

Ukpik schüttelte den Kopf.

„Ihr seid vieles, aber keine normalen Urlauber!“

„Wir … wieso?“

„Normale Urlauber sehen anders aus.“

Sam runzelte die Stirn: „Wie?“

„Normale Urlauber wären nicht hierher gekommen. Nicht bei diesem Wetter. Sie hätten sich nicht mit einem gezerrten Knöchel hierher geschleppt. Und sie wäre neugieriger gewesen. Ihr habt etwas Professionelles im Blick.“

Sam starrte seinem Gegenüber in die Augen. „Wie?“, stammelte er verwirrt. So etwas hatte ihnen noch nie jemand gesagt.

„Ich hab schon viele Jäger gesehen, die Eisbären oder Wölfe jagen. Dein Bruder ist ähnlich. Er hat dich hier herein gebracht und sich als erstes umgesehen. Fluchtmöglichkeiten, Deckung und dann hat er mich gemustert. Erst danach hat er mit dir diesen Raum wirklich betreten.“

„Das ist mir noch nie aufgefallen.“

„Das hat vielleicht zwei oder drei Sekunden gedauert, und ich bin mir nicht mal sicher, ob es ihm bewusst ist. Er ist ein Jäger. Geschmeidig wie eine Raubkatze, verbissen wie ein Wolf und ruhelos.“

Der Blick des Winchesters flackerte kurz.

„Du wärst gerne sesshaft?“ Es war eher eine Feststellung als eine Frage, die der Schamane hier machte.

Sam starrte auf seine Hände.

„Ich kann nur sehen was ist, nicht was geschehen wird, auch wenn meine Frau das gerne behauptet, und ich sehe nur, dass er sein Revier noch nicht gefunden hat. Das heißt aber nicht, dass es nicht in nächster Zukunft geschehen kann.“

Sam nickte und blickte dem Mann direkt in die Augen.

„Ich weiß. Und ich werde die Hoffnung nicht aufgeben. Aber er ist mein Bruder und der Letzte, der mir von meiner Familie geblieben ist. Er hat fast alles für mich getan und würde alles für mich geben. Mein Zuhause ist an seiner Seite. Und wenn das der Beifahrersitz des Impala ist, dann ist mir das auch Recht.“

Ukpik nickte.

„Woher wissen Sie das alles? Ich meine, keiner macht sich die Mühe uns genauer zu betrachten. Wir kommen und gehen, und wenn wir helfen konnten, dann sind alle zufrieden.“

„Mein Name ist William Mackey, aber alle nennen mich nur Ukpik. Das ist mein Inuit-Name und bedeutet Eule. Meine Mutter war eine Inuit und ihr Vater war der Schamane im Dorf. Warum die Götter mich ebenfalls für würdig befunden haben, mit ihnen in Verbindung treten zu können, obwohl ich noch nicht einmal mehr in unserer Heimat lebe, weiß ich nicht. Als die Wolfsspuren hier zum ersten Mal auftauchten, hab ich die Götter um Hilfe gebeten und dann habt ihr angerufen und jetzt seid ihr hier.“

Der Winchester schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, ob wir hier so willkommen sind.“

Der Schamane schaute zur Tür in der Dean gerade frisch geduscht auftauchte.

„Alles okay bei dir, Sammy?“, wurde der Hausherr einer Antwort enthoben und Sam drehte sich zu seinem Bruder um.

In Deans Blick konnte er dessen Besorgnis nur zu deutlich sehen.

„Ist nicht so schlimm. Ich kann von Mr. Mackay Skischuhe kriegen, dann kann ich auch in den nächsten Tagen laufen.“

Die grünen Augen richteten sich dankbar auf den Schamanen und huschten dann wieder zu Sam. Viel zu deutlich lag der Selbstvorwurf darin, nicht an so etwas Simples wie Skischuhe gedacht zu haben.

„Mein Schuh hat das Schlimmste abgefangen“, versuchte Sam den Blonden zu beruhigen.

Ukpik lächelte. Der Ältere gefiel ihm immer besser.



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