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Kill this Killing Man I

Zurück ins Leben
von

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Wund geritten

71) Wund geritten
 

Der Abschied hatte doch etwas länger gedauert. Endlich waren die drei Männer auf dem Weg zur Herde.

Der Winchester hatte ein etwas mulmiges Gefühl. Würde er da bestehen können?

Als Kind hatte er die Cowboys in den Filmen immer bewundert. Aber war er so gut? Konnte er deren Handwerk mit fast 30 noch lernen? Machten seine Knochen das so noch mit? Musste man dazu nicht von klein auf mit und bei den Tieren aufgewachsen sein? Vor allem hier? Hatte er das Gefühl für die Tiere? Er hatte das Jagen von klein auf gelernt. Und was hatte es ihm genutzt? Ein Trickster hatte ihn in die Vergangenheit katapultiert und eigentlich hätte er in der Ebene sterben müssen, wenn, ja wenn ihn die Harrisons nicht gefunden hätten.

Er liebte die Ruhe hier. Die Ruhe vor all dem Übernatürlichen, das sein Leben bisher bestimmt hatte.

Und trotzdem wollte er zurück. Er wollte in sein Leben und er wollte zu Sam. Zu Sam und zu Bobby. Er vermisste seine Musik. Sein Handy hatte noch genug Energie für vielleicht eine Stunde Musik hören.

Aber die wollte er sich aufheben. Noch hatte er seine Sehnsucht danach mit selber singen besänftigen können. Auch wenn er das heimlich machen musste, denn Metallica-Texte waren nicht unbedingt etwas für Margarets gottesfürchtige Ohren.

Er wollte wissen, wie es Sam ging. Lebte sein kleiner Bruder? Suchte er nach einem Weg ihn zurückzuholen? War er bei Bobby?

Und er vermisste seinen Impala. Er mochte den vierbeinigen und er hatte ihm auch schon ein paar Sachen beigebracht, die sein Vierrädriger bestimmt nie können würde, es sein denn es gäbe mal einen Erweiterungssatz um aus dem Impala Kitt zu machen. Aber trotzdem. Er wünschte sich sein Leben mit all den Monstern, Geistern und Dämonen zurück.

Gestern in der Kirche hatte er wieder darüber nachgedacht, wie er einen Weg finden könnte. Doch in dieser Einöde gab es noch nicht mal Bibliotheken, in denen er suchen könnte.

Seine ganze Hoffnung ruhte auf Sam und Bobby.

Dean holte tief Luft und konzentrierte sich wieder auf das, was vor ihm lag.

Obwohl er das eigentlich nicht musste. Impala war hervorragend ausgebildet. Soweit er das sagen konnte. Aber immerhin schien er seinen Weg selbst zu finden, so dass er kaum Hilfen geben oder auf den Weg achten musste.

Also ließ er seine Gedanken wieder treiben.
 

„Es reicht für heute, wir machen hier Rast“, riss ihn der ältere Harrison aus den Gedanken.

„Wie geht es dir?“, fragte Jacob und saß ab um ein Feuer zu entzünden.

„Gut?“, antwortete Dean und stieg ebenfalls vom Pferd. Er fühlte sich doch gut, oder?

Ein leichtes Ziehen machte sich an seinen Oberschenkeln bemerkbar.

„Du warst noch nie so lange im Sattel. Wirklich alles okay bei dir?“

„Geht schon“, erklärte er heiser und stakste ein paar Schritte zur Seite. Die Schmerzen wurden immer unerträglicher. Er kniff die Augen zusammen.

„Dean, du ...?, begann Jacob.

Der Blonde hörte ihn nicht. Seine Oberschenkel brannten und sein bestes Stück ...? Er brauchte ganz schnell Hilfe!

Ein Bach! In der Nähe rauschte ein Bach!

Mit fahrigen Bewegungen riss er am Verschluss seiner Chaps und ließ sie, kaum dass sich die Schnalle geöffnet hatte, einfach zu Boden rutschen. Die Hände vor sein Bestes Stück gepresst stolperte er zum Bach und ließ sich hineinfallen.

Seine Hosen weichten durch und dann linderte die Kälte des Wassers auch endlich die Schmerzen.

Dean atmete vorsichtig durch.

Und jetzt? So schnell würde er hier nicht mehr rauskommen, auch auf die Gefahr hin, dass er nie Kinder bekommen würde. Das würde er eh nie! Sein Leben war nichts für eine Familie!
 

„Scheiße, Scheiße, Scheiße!“, fluchte Jacob, der Dean verfolgt hatte und hob dessen Chaps hoch.

„Scheiße!“

„Doch ein blutiger Anfänger?“, wollte William leicht spöttisch wissen.

„Im wahrsten Sinne des Wortes!“

Jetzt kam auch der ältere Harrison zu seinem Bruder und sah sich die Bescherung an.

„Oh verdammt!“

„Das kannst du laut sagen, großer Bruder! Ich Trottel! Ich hab ihm nicht gesagt, dass ... Wie konnte ich nur so vergesslich sein?!?“, stöhnte er und griff sich an den Kopf. „Ich hab’s vergessen und er muss drunter leiden! Verdammt!“

Jacob ging zu seinem Pferd und holte einen Topf aus seiner Satteltasche. Dann lief er zu Dean hinüber: „Komm raus, du verkühlst dich!“

„Egal!“

„Bitte komm raus.“

Dean schüttelte den Kopf. Seine Beine wurden taub, doch im Moment fand er das Gefühl wesentlich angenehmer als wieder diese Schmerzen zu haben.

„Es tut mir leid!“, sagte der Jüngere leise.

„Was?“, fragte Dean verwundert.

„Ich ... es ... Ich hätte dich warnen müssen.“

„Warnen?“

„Was hast du unter deinen Hosen?“

„Ich weiß nicht, was dich das angeht!“

Dean, ... es ist kein Mythos, dass Cowboys nicht drunter haben. Und ich hätte es dir sagen müssen.

Stoff auf Stoff ergibt Reibung und das“, er zeigte auf das Blut, dass das Wasser noch immer von Deans Beinen wusch, „ist das Ergebnis!“

Der Winchester schaute skeptisch.

„Komm raus. Ich hab hier eine Salbe, die hilft. Dann zieh deine ... Jeans? ... an und nichts drunter. Es wird trotzdem unangenehm werden. Aber es wird besser.“

Dean brauchte noch eine Weile, bis er nickte und recht eckig aus dem Bach stieg.

Er befolgte Jacobs Rat und rieb sich dick mit der Salbe ein, dann schlüpfte er vorsichtig in seine Jeans und ließ sich ächzend neben dem Feuer nieder.

In der Nacht fand er keine Ruhe und auch die nächsten Tage waren von Schmerzen geprägt.

Immer wieder rutschte er auf seinem Sattel hin und her und versuchte die beste Sitzposition zu finden.
 

Der Ritt zur Herde dauerte länger als geplant. William versuchte es Dean ebenfalls zu erleichtern. Und so machten sie öfter und länger Pause als eigentlich geplant war.

Keiner verlor je wieder ein Wort über diese Sache, wofür Dean seinen Begleitern mehr als nur dankbar war.
 

Nach einigen Tagen kamen sie bei der Herde an.

Dean lief noch immer etwas ungelenk und breitbeinig. Doch seine Schmerzen hielten sich inzwischen im ertragbaren Rahmen. Die Wunden heilten und Jacob hatte ihm gesagt, dass es in einer Woche überstanden sein müsste. Er hoffte darauf.
 

Mit großem Hallo wurden die Brüder begrüßt und in einige männliche Umarmungen gezogen. Dann erst wandten sich die Männer dem dritten Neuankömmling zu.

„Das ist Dean. Wir haben ihn sozusagen aufgelesen. Er arbeitet jetzt auch für uns und will sich hier als Cowboy versuchen“, erklärte William.

„Dean?“, fragte Benjamin und musterte ihn ausgiebig.

„Winchester“, sagte Dean ruhig und starrte genauso ungeniert zurück.

„Bist du nicht ein bisschen alt um noch Cowboy spielen zu wollen?“, fragte Ben provozierend.

„Bist du nicht ein bisschen alt um wie ein kleines Mädchen rumzuzicken?“

Ben wollte sofort auf Dean losgehen, doch Thomas und Robert vertraten Dean den Weg während Jacob und William ihren Bruder hielten.

„Beruhigt euch, okay?“, donnerte William mit der Autorität des Chefs. „Winchester, Ben, es reicht! Gebt euch die Hand und vertragt euch!“

Widerwillig folgte Ben der Anweisung.

„Benjamin ist Sarahs Bruder“, erklärte Jacob Dean.

„Ich dachte Sarah ist deine Schwester? Also müsste er…“, fragte der Winchester verwirrt.

„Nein, wir sind nicht blutsverwandt, aber sie ist bei uns aufgewachsen seit sie 18 Monate war. Ben war damals drei und ich bin ein halbes Jahr älter als er. Ihre Mutter starb in El Paso an Wundbrand und ihr Vater war schon kurz nach ihrer Geburt bei einer Schießerei ums Leben gekommen. Mama hat die beiden bei uns aufgenommen.“

Dean nickte nur.

„Musst du dem unsere ganze Lebensgeschichte erzählen?“, blaffte Benjamin Carson wütend.

„Beruhige dich! Vielleicht erzählt dir Dean ja seine“, versuchte Jacob zu schlichten.

„Darauf kann er lange warten“, knurrte der Winchester leise.

„Das sind Thomas Lowell und Robert Jones. Sie sind unsere erfahrendsten Cowboys und haben hier das Sagen. Ich denke du solltest mit Thomas reiten. Er zeigt dir, was du wissen musst“, stellte er die Männer vor. „Thomas hat übrigens deinen Hengst zugeritten.“

„Hab mich schon gewundert, dass ihr ihm den Schwarzen gegeben habt.“

„Der Hengst hat ihn sich ausgesucht“, mischte William sich jetzt in das Gespräch ein.

„Ja dann.“

Thomas musterte den Neuankömmling: „Auf Benjamin solltest du aufpassen, er wird sich nicht so schnell beruhigen.“

Thomas Lowell war Mitte zwanzig, groß und drahtig und trotzdem gut zehn Zentimeter kleiner als Dean. Hose, Hemd, Weste, selbst seine Schuhe waren schwarz. Er hatte wache, blaugraue Augen und blonde, kurze Haare. Sonne und Wind hatte einige Falten in sein Gesicht gegraben.

„Halleluja!“, antwortete Robert Jones, eigentlich Robert Henry Jones, 35, der sich eben zu ihnen gesellt hatte. Er war fast so groß wie Dean, breiter und kräftiger gebaut als Thomas, trug braune Hosen, ein helles Hemd und eine hellbraune Lederweste. Er sah aus als hätte er schon alles im Leben gesehen, die Ruhe in Person und ein Hauch von Traurigkeit umgab ihn.

„Sein Vater war Missionar“, erklärte Thomas, als er das verdutzte Gesicht Deans sah. Warum hatte der denn jetzt Halleluja gesagt? „Das färbt ab.“

„Aber wir passen schon auf dich auf, Kleiner!“, lachte Robert mit rauer Stimme. „Ben wird dir nichts tun.“

Dean schwieg irritiert.

„Wo ist der Rest?“, wollte William jetzt wissen.

„Bei der Herde.“

„Chad, Esra, Bob und Billy, den Rest der Mannschaft wirst du später kennenlernen“, sagte Jacob.
 

Die Tage vergingen. Dean machte die Arbeit Spaß, und Thomas lobte ihn immer wieder, wenn auch eher vor William und Jacob und am liebsten wenn der Winchester nicht dabei war.

Auch er hatte sich schnell mit Dean angefreundet und so sah man Jacob, Thomas und Dean öfter zusammen jagen oder fischen, wenn sie nicht hinter der Herde herjagten und darauf achteten, dass keines der Rinder verloren ging.
 

Der Winchester war in der ersten Zeit öfter mal im Staub gelandet, doch auch das wurde weniger, bis er sich nach einigen Wochen im Sattel genauso zuhause fühlte, wie hinter dem Lenkrad seines Babys. Und wund geritten hatte er sich auch nie wieder.
 

Über Tag hatte er genug Ablenkung, aber abends, wenn sie am Lagerfeuer saßen, Geschichten erzählt wurden und die Anspannung des Tages von ihm abfiel, dann waren die Gedanken an Sam und Bobby immer präsent und Dean wurde noch schweigsamer.

Niemand konnte zu ihm durchdringen, wenn er an seinen Sattel gelehnt, mehr lag als saß, den Kaffeebecher in seinen Händen drehte und blicklos in die Flammen starrte. Irgendwann raffte er sich dann meistens auf und begann seine Waffen zu reinigen. Mechanisch und ohne hinzuschauen nahm er sie auseinander, reinigte und ölte sie ein, und fast immer ließ Benjamin eine Bemerkung fallen, auf die er bis jetzt nicht reagiert hatte.

„Du nutzt die Dinger vielleicht einmal in der Woche und putzt sie jeden Abend. Irgendwann hast du sie durchgescheuert!“, motzte er diesmal.

„Dafür funktionieren meine Waffen, wenn ich sie brauche!“, gab Dean zurück, doch bevor sich die Anderen wundern konnten, dass der Winchester diesmal eine Antwort gegeben hatte, jaulte ganz in der Nähe ein Kojote. Ein zweiter und dritter fielen in den Chor ein und die Männer erhoben sich.

„Das kannst du jetzt ja beweisen!“, stichelte Benjamin schon wieder.

Dean stand auf und packte das Putzzeug in die Satteltasche. Dann ging er den Hengst losbinden. Auf dem Rückweg zu seinem Sattel rückte er den Revolvergurt zurecht.

„Komm zur Sache“, knurrte Benjamin. „Fang!“ Er warf ihm den Sattel zu.

Dean, der sich gerade seine Jacke anzog, schaute auf und versuchte das auf ihn zufliegende Geschoss zu fangen. Er erwischte den Sattel nur auf einer Seite. Das Sattelhorn rammte gegen sein Handgelenk. Schmerzen schossen seinen Arm hinauf. Das trotz allem unerwartete Gewicht riss ihn nach vorn. Er ließ den Sattel fallen und mitgerissen von dem Schwung machte er ein paar unbeholfene Schritte nach vorn um sein Gleichgewicht wiederzufinden, oder er versuchte es zumindest. Sein Schienbein schrammte am Sattelhorn entlang und er verlor endgültig das Gleichgewicht. Dean versuchte seinen Fall abzufangen. Wieder schoss der Schmerz durch seinen Arm und er landete hart auf dem Boden. Mit einem wütenden Knurren stand er langsam wieder auf.

„Vielleicht solltest du hierbleiben. Wenn du schon zu schwach zum Laufen bist?“, lachte der Carson.

„Idiot“, knurrte der Winchester leise, hob den Sattel wieder auf und ging damit zu Impala, der schon in seiner Nähe stand. Er sattelte ihn etwas ungeschickt und saß auf.

„Was denn, großes Maul und noch immer nicht fertig?“, wollte Dean dann wissen, als er sah, dass sich Benjamin gerade erst in den Sattel schwang.

Zusammen mit Esra und Robert ritten sie los. Wieder ertönte der Ruf der Kojoten südlich der Herde.



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