Zum Inhalt der Seite

Invisible Wall

Fortsetzung zu "32 hours" ; MYV x Ruki
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Intro

Unschuldig fiel der schwache Lichtpegel, welcher durch die engen Maschen des dünnen Vorhangstoffes schlich, auf seine blasse Haut. Die Augen hielt er fest geschlossen und ein Lächeln trug seine Lippen. Der Wecker neben ihm spielte schon seit knapp 4 Stunden die deutsche Hitparade, doch unsere Story wäre wohl zu langweilig hätte er die „lieblichen“ Klänge der Schlagersänger wahrgenommen.
 

12 Januar, 13 Uhr
 

„Ich liebe dich….“

Endlich. Ruki hatte es geschafft, Miyavi, dem Mann, den er liebte zu sagen, was er für ihn empfand. Doch anstelle des fast lautlosen Geräusches des fallenden Schnees um sie herum übertönte ein lärmendes Rauschen die Situation und plötzlich stand der Gitarrist in Schürze und mit Staubsauger vor ihm. „W.. Was tust du da?!“ „Ich sauge.“ Als er die Augen öffnete, hatte er das Gesicht einer alten Putzfrau vor sich. Der Vokalist ließ einen Schrei los, dann fand er sich halbnackt in einem Bett wieder. Neben ihm eine Putzfrau.. Der Wecker spielte unaufhörlich unerträgliche, deutsche Lieder und das rauschen des Staubsaugers bohrte sich wie das Geräusch eines Presslufthammers in seinen Kopf. „WAS ZUM TEUFEL?!“

„Excuse me please, I don’t speek japanese“ Sie schaltete den Staubsauger aus.

“WHAT THE HECK?! WHERE AM I?!”

“I think, you are in a hotelroom which I’m cleaning, Sir.”

Panisch sah Ruki sich um, dann auf den Wecker. 13:06 Uhr? Hotel? Putzfrau?

……..Moment!!

„WAR DAS ETWA ALLES NUR EIN TRAUM?!?!“ Mit einem Sprung stand Ruki aufrecht im Bett. Die Putzfrau musterte ihn verwirrt. Der Vokalist drückte sein Gesicht kurz in seine Hände. „What date is it?”

“It’s January the 12th, Sir”

Hatten sie nicht erst gestern ein Konzert gegeben? In Deutschland? In Frankfurt?!
 

WAR IHR FLUGZEUG NICHT SCHON VOR 8 STUNDEN ABGEFLOGEN?!
 

Frustriert ließ Ruki einen lauten Schrei los und schlug auf die Matratze ein, während sich die Putzfrau langsam aber sicher aus dem Hotelzimmer schlich… Und Ruki dann, nur in Boxershorts bekleidet, an ihr vorbei in Reitas Zimmer rannte. Ihre Schlüssel passten in die Hotelzimmer der Anderen. Ruki schlug die Tür auf, doch er fand nur Zach und Cody. Kais Zimmer: ein frisch verliebtes, übereinander herfallendes Ehepaar. Uruhas Zimmer: Ein Mann mit 4 wunderschönen Frauen. Aois Zimmer: Ein Pferd. Von der Verzweiflung getrieben rannte der Kleine zur Rezeption, doch dort wurde ihm nur erklärt das er schon vor 2 Stunden ausgecheckt haben sollte. Ruki war am Ende. Hatten sie ihn also tatsächlich in Frankfurt vergessen? Entnervt rutschte er an der Wand in seinem Zimmer herunter. Was sollte er tun? In seinem Traum wurde die ganze Szenerie hier übersprungen. Das Einzige, an was er sich erinnern konnte, war Miyavi.. Traurig sah er zu Boden. Was bildete er sich überhaupt ein? Jemand wie Miyavi hätte es niemals auf einen kleinen Zwerg wie Ruki abgesehen…

Also schön.

„Ich bin hier in Frankfurt gefangen… Ich führe nur 700 Euro mit mir. Ich muss irgendwie zurück nach Japan. Nur wie?“ Er dachte einen Augenblick nach.. Ihm fiel nichts ein.. Und nach 10 Minuten immer noch nichts.. „…Erst mal anziehen.“

Langsam taumelte Ruki zu seinem Koffer… Koffer?…?! WO ZUM GEIER WAR SEIN KOFFER?! Hatte sein Page den etwa zu den andern in den Bus gebracht als Ruki noch schlief? //Das… War doch im Service inbegriffen…// Ruki wurde kreidebleich. Warum nur… Warum passierte immer ihm so ein-

„SCHEIßDRECK!!!!!“

Völlig neben sich begann er, auf das Bett einzuschlagen und konnte sich gerade noch so zusammenreißen, nicht die Nachttischlampe gegen die Wand zu werfen. Ein Glück war sein Handgepäck noch da. „Pass da.. Geld da… Handy da“ Er atmete tief ein und aus. Keine Kleidung. Wie sollte er so auf die Straße? Seufzend warf er sich seine Tasche um und sah aus dem Fenster. Frankfurt, Stadtzentrum. Genug Boutiquen. Aber wie sollte er da ungesehen, in seiner schwarzen Boxershorts mit Katzenpfötchen darauf, hinkommen? Missmutig ging er aus seinem Zimmer. Doch dann entdeckte er die Rutsche für die Dreckwäsche… Und sein Problem schien gelöst. Klein genug war Ruki, weshalb es ihm nun wirklich nicht schwer viel dort rein zu kommen. Und keine fünf Minuten später rauschte der Kleine geradeaus steil nach unten. Mit einem Ruck landete er in dem großen Wäschekorb, die Bettbezüge flogen durch die Luft, und der Kleine hielt sich jammernd den Hintern. Es war nicht sonderlich angenehm, immer wieder über diverse Rillen zu rutschen.

Als er sich sicher war, das niemand hier sein würde, steckte er den Kopf aus dem Wäschekorb, dann krabbelte er ganz hinaus.. Nachdenklich sah er sich um.. Die Laken würden ihn.. irgendwie bedecken können.. Oder nicht? Sollte er es wagen.. einfach eins mitgehen zu lassen? Ohne weiteres Nachdenken nahm er sich ein Bettlaken, versuchte es sich wie eine Toga umzuwickeln und rannte dann auf die Straße raus, dann in den nächstbesten Laden.
 

--
 

80 Euro leichter lief Ruki angezogen durch die Straßen Frankfurts. Seine Orientierung hatte er schon nach den ersten 10 Minuten verloren, doch er hatte nicht das Geld, sich ein Taxi zu rufen. Also immer den Schildern hinterher. Die Sonne brannte zwischen den Wolkenkratzern herab und Ruki dachte er würde elendig in Deutschland verrecken, da fand er das riesige Gebäude. Der erste Teil seiner Reise war hinter sich gebracht. Missmutig blickte der Vokalist auf die Anzeigetafel. Der nächste Flug würde erst in 3 Stunden gehen. Aber ob es für diesen noch Plätze in seiner Preisklasse gab war fragwürdig.
 

Japan Airlines stand über dem Schalter der wohl den Rest seines Lebens bestimmen würde. „Ano…. Hätten sie… zufällig irgendeinen Flieger mit… Tickets… für… knapp 600 Euro?“ die Dame hinter der Kasse sah ihn ungläubig an, dann lachte sie. „Unsere Preisklasse liegt bei 1000 Euro aufwärts. Wenn Sie einen Flieger für unter 1000 Euro erwischen wollen kann ich ihnen nur einen anbieten. Es ist ein 50 Personen Flieger der ungefähr… 5 mal hält. Die Flugdauer beträgt also ungefähr 26 Stunden. Er würde um 19 Uhr starten.“ Ruki sah die Frau an als würde er gleich an einem Anfall sterben und Amok laufen, dann schlug er seinen Kopf einmal kräftig gegen die Wand, lächelte sie an und bestätigte, dass er das Ticket mit Freuden annehmen würde.
 

Der Flughafen war kein schöner Ort für ihn. Er musste sich den Weg über mehrere Terminals kämpfen und landete schließlich irgendwo im Keller wo es bestialisch stank, aber nur so kam er zu seinem Flugzeug. Das Ticket fest umklammert saß er also ein paar Meter unter der Erde und wartete darauf das Flugzeug betreten zu dürfen. Die Sicherheitskontrollen waren kein Problem. Er hatte keinerlei Schmuck oder Flaschen bei sich. Dann saß er also im Flugzeug. In einem Dreiersitz in der Mitte. Am Fenster saß ein kleines Mädchen, der Platz am Rand war noch frei. Das Flugzeug hatte noch Propeller, und Ruki Flugangst. Mit einem bitteren Lächeln sah er hinaus auf den Propeller und dachte sich das er ihn mit Sicherheit heute noch aufschlitzen würde. Doch dann wurde sein eigentlicher schlimmster Alptraum war. Ruki erinnerte sich wieder. Die Cosplayerin die in seinem Traum neben ihm saß.. Kam geradewegs den Gang herunter. Nur, dass es nicht er selbst war, den sie cosplayte. Es war ein Reita. Das Stoffband in ihrem Gesicht verriet sie. Heftig krallte sich der Sänger in die Armlehnen neben ihm, dann setzte sie sich auch schon neben ihn. Und kurz nachdem der Flieger gestartet war, erkannte sie ihn. „Hey… Aren’t you Ruki? The Vocalist from the band GazettE?! You were on a concert yesterday!! Oh my god, did you see me? I was in the first row!!”

//Ruhig, Takanori. Du wirst sie nicht umbringen. Beruhige dich// Die ersten Stunden begnügte sie sich damit, ihm von sich zu erzählen, auszufragen und Fotos von ihm zu machen. Doch kurz nach dem ersten Halt während dem Aufstieg, fing sie an sich auf ihre Weise bei ihm einzuschmeicheln. „Do you know, I actually just like Uruhas.. But.. for you I could make a difference” Ruki spürte, wie sie den Arm um ihn legte, nahm eine Kotztüte und gab ihr demonstrativ seine Meinung darin wieder, doch sie war fürsorglicher als er dachte. „Oh… are you ill by flying?” Sie warf ihm freundlicherweise sogar die Tüte weg. „Are you afraid?” Ruki nickte nur noch, dann schloss er die Augen. Er wollte einfach nur noch nach Hause.
 

Die Stunden vergangen langsam und schleichend. Das Mädchen am Fenster begann immer wieder zu schreien und das Fangirl durchlöcherte ihn mit Fragen und ließ immer wieder den Macho raushängen, doch nach einer Weile schliefen beide dank seiner Schlaflieder Kenntnissen und Ruki hatte seine Ruhe…….. Doch nach ein paar Stunden ging alles von vorne los. Der Flug war vorbei, Ruki knallte mit vollem Tempo die Treppe herunter und schlug sich die Lippe blutig ehe „Thank you for traveling with Japan Airlines“ ertönte und der Kleine anfing zu weinen. Er war daheim. Er war ENDLICH daheim! Und die Mädchen würde er nie wieder sehen!!
 

13 Januar, 20.34 Uhr
 

Todmüde schlurfte Ruki durch die Hallen des Flughafens in Tokio und löschte die Handynummer des Cosplayers. Wirklich alles war so abgelaufen wie in seinem Traum… Ach?

……..Moment!!

Wenn alles so abgelaufen war wie in seinem Traum.. Dann.. Müsste er doch in den nächsten Sekunden auf Miyavi treffen?! Ruki wurde nervös und sah sich immer wieder um. Ein kleines Lächeln schlich auf seine Lippen. Vielleicht würde er ihn ja tatsächlich treffen? Vielleicht entsprach der Traum ja der Zukunft? …Doch auch nach einer Stunde suchen.. Kein Miyavi. Enttäuscht und blind vor Wut trat er gegen einen Mülleimer, dann klingelte sein Handy. Und Ruki wusste wer es war.
 

„Hallo Reita…“ flüsterte er in einem zischenden, tödlichen Ton.

„Ruki… eto… Bist… Du… schon in Tokio?“

„WEIßT DU EIGENTLICH WAS ICH DIE LETZTEN STUNDEN LANG DURCHGEMACHT HAB DU VERFICKTER MELONENFICKER?! WENN DU DEINEN HÄSSLICHEN ARSCH NICHT SOFORT HIERHER BEWEGST MACH ICH DIR DEIN RESTLICHES LEBEN ZUR HÖLLE! ICH BRING DICH UM DU WIXXER!! ALSO FAHR MIT DEINER SCHEISS SCHROTTKARRE SOFORT ZUM FLUGHAFEN!!“

Dann legte er ohne weiteres auf, warf sein Handy an die Wand und ließ sich auf den Boden fallen, zog die Knie an, kniff die Augen zu und vergrub seinen Kopf in ihnen. Was für ein furchtbarer Tag. Alles erahnte war eingetroffen. Alles war passiert. Aber er hatte es wohl nicht verdient, Miyavi zu treffen. Was zum Teufel hatte er in seinem Leben falsch gemacht?!
 

13 Januar, 21.28 Uhr
 

Kochend vor Wut saß Ruki auf dem Beifahrersitz in Reitas Wagen. Das Dufthäschen von Playboy baumelte vor seinen Augen. Hin… Und Her… Mit einem Ruck riss er es herunter und warf es aus dem Fenster. Er sah aus den Augenwinkeln wie Reita zusammenzuckte. Der sonst so starke Mann war eingeschüchtert. Er wusste wohl, dass Rukis Worte verdammt ernst waren. Auch wenn der Kleinere kaum eine Chance gegen ihn hätte. Sie hatten sich schon mal geprügelt und waren beide im Krankenhaus gelandet.

Und die gebrochenen Rippen waren Reita wohl in Erinnerung geblieben.

„Willst du was trinken gehen? Ich lade dich ein.“

„Halts Maul, Reita.“ Der Kleinere war nun wirklich nicht in Feierlaune. Genervt sah er aus dem Fenster und bemerkte, wie sie am Park entlang fuhren.

„STOPP!“

Reita musste heftig auf die Bremse treten während Ruki die Tür öffnete und mit einem Ruck zuknallte. Der Bassist ließ das Fenster runter, Ruki lehnte sich kurz hinein. „Von hier aus lauf ich.“ Dann fuhr Reita weiter. Und Ruki stand vor dem dunklen Park. Es war kalt. Aber der Vokalist wollte den Ort finden an dem die Qualen etwas Wert gewesen wären und seine Hoffnungen in Erfüllung gegangen wären. Langsam lief er zwischen den Bäumen entlang, unter den Ästen die unheilvoll über dem Weg hingen. Über den knirschenden Schnee, an dem Kiosk vorbei, über den Weg den sie in seinem Traum eingeschlagen hatten. Der Wind schnitt scharf über seine Wangen und die Kälte ließ ihn zittern. Die Kälte die er schon seit Monaten in sich trug. Etwas verloren setzte der Kleine sich hin und zeichnete ein Herz in den Schnee. War es hier gewesen? Hatte er hier die Wärme bekommen, die er sich so ersehnt hatte? Er strich mit seiner Hand über das Herz, dann hörte er Stimmen und er richtete den Kopf auf. War er so dunkel angezogen das sie ihn nicht entdeckten? Es waren Männer die Sprachen.

„Warum hast du mich hierher gebracht? Ich hab zwar versprochen den Tag mit dir zu verbringen, aber warum ausgerechnet an so einem kalten Ort? Lass uns lieber irgendwo feiern gehen!“

“Weil hier niemand sein wird der uns hört, Miyavi.. Und ich muss dir etwas sagen.. Das hab ich doch vorhin schon gesagt..“

Miyavi. Es war Miyavi der hier war. Unbemerkt schlich sich der Vokalist hinter einen Busch. Was tat er so spät an diesem Gottverlassenen Platz?

“Warum willst du das uns niemand hört, Kai? Hätten wir das nicht im Club besprechen können, was auch immer du mir sagen willst? Es ist verdammt kalt. Ich meine, ich mag Schnee. Aber nicht im ärmellosen Trägertop.“

Kai. Kai war bei ihm.

Er hörte ihre Schritte näher kommen.. Und dann stand Miyavi auch schon auf dem Herz das er gezeichnet hatte. Ruki wagte es nicht zu atmen.

„Ich bin nicht extra hierher um dir nur irgendetwas zu sagen, Miyavi. Es gibt einen bestimmten Grund. Ich… Ich denke schon lange darüber nach“ Eine dichte Stille legte sich um sie. „Aber… Ich hatte immer Angst es dir zu sagen. Weil ich nicht weiß, was du tun wirst. Dennoch.. Jetzt stehe ich hier.. Und will nicht mehr darauf warten“ eine erneute, drückende Stille.

„…Was ist es denn, was so wichtig-“

„Ich liebe dich, Miyavi.“

Rukis Kopf durchschoss der Satz wie eine Kugel. Er bohrte sich immer tiefer in sein Hirn. Das konnte doch nicht Kais Ernst sein! Er flehte zu Gott. Er flehte ihn an, dass Miyavi nichts falsches sagte. Dass er sagen würde das er Kai nicht liebte und nur ihn. Dass er einfach gehen würde. Dass er ihm verdammt noch mal nicht wehtun würde!!
 

Doch es war still.
 

Alles um ihn herum war still. Nur das leise Säuseln des Windes ging durch die Blätter. Und Ruki wagte zögerlich einen Blick. Es war zu dunkel um viel zu erkennen. Doch der Vokalist wusste was los war. Kai… hatte Miyavi geküsst. Und dieser stieß ihn nicht weg. In Ruki verkrampfte sich alles. Er wollte schreien doch er konnte es nicht. Fassungslos starrte er auf das Geschehen, dann erhob er sich und rannte. Es war ihm scheißegal ob sie ihn gesehen hätten. Ihm war alles egal.

Heiße Tränen rannen über die bleichen, eiskalten Wangen. Die Verzweiflung trieb ihn weiter, immer weiter. Das Gefühl breitete sich aus, das Gefühl wenn jede Hoffnung aus dir gewichen ist. Dieses unbeschreibliche, grausame Gefühl.

Es fühlte sich an als würde er von innen heraus verbluten, sein Herz gewaltsam herausgerissen, jegliche Gefühle aus ihm heraus gezerrt..

Außer der Schmerz der ihn auffraß.

Zitternd sackte Ruki in einer Seitenstraße zusammen. Irgendeine winzige Seitenstraße die mit einer Sackgasse endete. Den Körper auf die Hände gestützt, das Gesicht zu Boden. Die Tränen fielen im Sekundentakt. Dann spürte er eine Hand an seiner Hüfte. Und er ließ das geschehen, was passieren würde. Ihm war es egal, was mit ihm geschehen würde. Es war ein Mann. Irgendein Mann. Irgendein betrunkener Mann in einer Seitenstraße. Er fasste ihn an. Überall fasste er ihn an. Immer wieder.
 

Das Geräusch wenn man Stoff zerreißt. Der Schmerz in deiner Kehle wenn du schreist vor Schmerzen. Das Gefühl, wenn du zerreißt. Von innen heraus. Immer wieder. Rein und Raus.

Doch Ruki ließ es zu. Er ließ es zu. Er ließ es einfach zu.

Und das warme Blut floss über seine Beine.. Still. Wie die Tränen die unaufhaltsam über seine Wangen rannen. Und schließlich die Weiße Flüssigkeit, die über seine Beine lief. Es war kalt. So unglaublich kalt. Der Mann war fort.

Und Ruki allein.

Allein, in einer dunklen Welt die ihn immer tiefer in sich verschlang. Seine Augen fielen zu und dann.. war es vorbei.
 

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

« Let’s rewind
 

13 Januar, 21:48 Uhr
 

Was passierte hier? „Ich liebe dich, Miyavi….“ Kais Worte hallten in Miyavis Kopf herum, immer wieder, wie ein Echo. Alles drehte sich. War es die Wirklichkeit?

Kais Lippen auf den seinen.. Voller Zärtlichkeit. Doch Miyavi war zu erschrocken um reagieren zu können. Küsste.. ihn der Drummer da gerade? Zitternd legte er die Hände an Kais Schultern, dann sah er einen Schatten aus dem Gebüsch huschen. Doch es schien Kai nicht zu stören. Er wurde fordernder, verlangender.

Vorsichtig drehte Miyavi seinen Kopf zur Seite. Dann schob er Kai mit einem vorsichtigen Stoß an den Schultern zurück. Ängstlich sah der Andere ihn an. Ihm war klar, dass die Worte welche ihm jetzt über die Lippen kommen würden, Kai verletzen würden.. Und Kai wusste das auch. Miyavi lächelte schwach. Eine Stille legte sich zwischen sie, eine unendliche Stille. Als Miyavi Luft holte um zu sprechen, prasselten die Tränen bereits aus Kais Augen. Vorsichtig hob der Schwarzhaarige die Hand und wischte sie ihm sanft aus dem Gesicht.

„Kai… Ich.. respektiere deine Gefühle, hai? Du.. Bist ein wundervoller Mensch.. Und ich hab dich echt verdammt gern.. aber… Mein Herz… gehört... einem Anderen..“

Er fühlte sich schlecht, denn der Drummer sah todtraurig zu Boden, sah ihn nicht mehr an. Und Miyavi hasste es, Anderen weh zu tun.. Besonders wenn sie so ein sanftes Gemüt hatten wie Kai.
 

„Es ist Ruki, denn du liebst, nicht wahr?“ Erschrocken blickte Miyavi Kai an.

„Kai ich…“

„…Ich weiß es, Miyavi. Du… Es ist.. die Art wie du ihn ansiehst.... Ich hab dich beobachtet, weißt du..?“ Kai zog die Nase hoch, wischte sich erneut forsch über die Augen.

„Aber.. Ich wollte es wohl einfach nicht wahrhaben.“

Kais Stimme war nur noch ein Wispern, dann drehte er ihm den Rücken zu, ging langsam davon.. Schweigend sah der Gitarrist ihm hinterher, ehe ein Schluchzen die Stille Unterbrach. Kais Schluchzen. Miyavi biss sich auf die Unterlippe. Das.. war niemals seine Absicht gewesen.
 

Eigentlich gab er nicht gern Abweisungen. Seit fast 2 Jahren ging das jetzt schon so.. Schon seit fast 2 Jahren tat er es mit dem Gedanken an den kleinen Vokalisten, dem er sein Herz geschenkt hatte. Dem Kleinen Vokalisten, der ihm wohl niemals gehören würde. Dem Vokalisten, dessen genervte Miene schon an ihrem ersten Treffen in Miyavis Kopf geblieben war. Seufzend sah er nach unten und bemerkte ein Herz auf welches er getreten war. Ein Herz? Wer würde schon ein Herz auf den Boden zeichnen, wo doch jeder drauf trat..

…Aber gleichzeitig bemerkte jeder tagsüber ein Herz im Boden. Ein Grinsen schlich auf seine Lippen als er sich herunter kniete und >Takanori< mitten hinein schrieb…
 

Ein Seufzen wich über seine Lippen, dann erhob er sich fröstelnd und rieb über seine Arme. Es war leichtsinnig gewesen ohne Jacke aus dem Haus zu gehen. Nachdenklich sah er in die Dunkle Umgebung.
 

Miyavi hatte einen merkwürdigen Traum gehabt.. Er hatte geträumt von Ruki irgendwo im Park gesagt zu bekommen das er ihn liebe. Er hatte den Kleinen am Flughafen getroffen und wäre mit ihm mitten im Winter Eis essen gegangen. Deshalb hatte er den vorigen Tag auch die ganze Zeit auf Ruki am besagten Ort gewartet. Aber nur Kai, Uruha, Aoi und Reita kamen. Kein Ruki. Und als er die Band darauf ansprach guckten die nur geschockt. Sie hatten ihn schlechthin einfach in Deutschland vergessen.
 

Es wurde ihm zu kalt und er rannte beinah aus dem Park, dann in das nächstbeste Lokal an einen Tisch neben eine Heizung. Als die Kellnerin kam seufzte er. Erneut ein Abend allein…

„Einfach einen warmen Kakao, bitte“
 

13 Januar, 23:54 Uhr
 

Das Lokal würde in 6 Minuten schließen.. So lang war er also darin geblieben? Miyavi zahlte, bekam netter Weise noch eine Decke mit und begab sich schließlich auf den Heimweg. Der Tag war eh gelaufen. Er hatte womöglich einen wirklich guten Freund verloren und Sorgen quälten ihn um den Kleinen. Ruki war schließlich nicht nach Hause gekommen. Langsam hob er den Blick in den Himmel, seufzte und streckte die Hand nach den Sternen aus die sich hinter den schweren, mit Schnee gefüllten Wolken verbargen.
 

„Takanori.. Wo bist du?“
 

Ihm war bewusst, dass er ihn nicht hören würde.
 

Langsam schloss Miyavi die Augen. „Komm nach Hause..“ Und so stand er da, irgendwo auf einem Gehweg vor dem Eingang der U-Bahn Station, und als er die Augen wieder öffnete war der Mond zu sehen. Ein kleines Lächeln schlich auf das Gesicht des gequälten Mannes, dann stieg er die Treppen hinab, wartete und fuhr schließlich mit der Bahn durch den pechschwarzen Tunnel. Die Stirn gegen die Scheibe gelehnt, nachdenklich.
 

Ob er ihn wohl jemals wieder sehen würde? Ob er überhaupt noch die Chance bekommen würde, ihm zu gestehen, was er empfand? Tränen stiegen in seine Augen. Nein, daran wollte er nicht denken.

„Natürlich kommt er wieder..“ flüsterte er, nahm seinen Kopf von der Scheibe und strich sich das Haar zurecht. Lächelte sein Spiegelbild an.

„Sei nur Optimistisch Miyavi.. Er wird schon wieder kommen“
 

Es war die Vorletzte Station an der Miyavi aussteigen musste, auch wenn diese nur 15 Minuten von dem Park entfernt war. Miyavi mochte den Trubel in Tokio, aber nicht 24 Stunden lang.. Also hatte er sich eine Wohnung etwas außerhalb der Innenstadt gesucht. Er ging die alten Steintreppen hinauf, vorbei an den mit Graffiti bemalten Wänden. Die Gegend die ihn Umgab war voll mit Hochhäusern, aber recht friedlich an sich. Und sein Appartement in einer dieser Häuser war groß genug, also konnte er sich nicht beklagen.
 

Leise singend lief er auf der Bordsteinkante, bemühte sich nicht herunter zu fallen, hüpfte aber immer wieder absichtlich hinunter um dann wieder hinauf zu hüpfen. Sein Heimweg führte eine Endlose Straße gerade aus, jedoch gab es Hunderte von Seitenstraßen links und rechts. Doch Miyavi empfand, dass seine Seitenstraße die winzigste von allen war. Er lebte in einem roten Hochhaus, in einer Seitenstraße die nach 20 Metern in einer Sackgasse endete. Eine der einzigen. Der Eingang zu seinem Haus war ganz hinten.

Schließlich kam er an besagter Straße an und bog gähnend dort ein. Vielleicht wäre es angebracht sich mal ein Auto zu besorgen.. Das ewige Laufen in der Nacht war nicht das angenehmste, vor allem nicht im Winter. Müde schleppte er sich durch die Straße, nur noch ein paar Meter..
 

Doch dann entdeckte er etwas: Einen Schatten der sich an der großen Sackgassenwand befand und von einer Laterne geworfen wurde, welche sich 5 Meter vor seiner Haustür befand. Davor standen Mülleimer, aber irgendetwas war hinter ihnen.. Und lag dort. Man erkannte es ganz deutlich an den Schwarzen Umrissen. Miyavi runzelte die Stirn. Normalerweise waren die Nachbarn immer ordentlich und schmissen ihre Müllsäcke direkt in den Container.. Was war es also? Miyavi lief schneller, von der Neugierde besiegt, rutschte beinahe aus und trat schließlich hinter sie.
 

Doch was er dort sah, verschlug ihm jeglichen Atem. Schockiert sah er auf den Boden, taumelte einen Schritt zurück, presste sich die Hand auf den Mund.
 

//Das ist ein Mensch…// vorsichtig ging er doch einen Schritt auf ihn zu, um vielleicht mehr zu erkennen. Miyavi runzelte die Stirn.
 

//Warum.. Hat er keine Hose an? Ist er etwa.. Mein Gott.. Ist das Blut an seinen Beinen?//

Das Gesicht konnte er nicht erkennen, doch es war kein Zweifel das dies ein Mann war. Miyavi biss sich auf die Unterlippe. Anfassen wollte er ihn nicht, aber einfach hier herumliegen konnte er ihn auch nicht. Was also tun..? Sein Blick wanderte umher, da sah er eine Tasche neben dem Mann liegen. Zögerlich ging Miyavi auf die Knie.. tippte das Bein des Mannes mit dem Zeigefinger an. Keine Reaktion. War er ohnmächtig? Er nutzte die Gelegenheit.
 

Langsam griff Miyavi zu der Tasche neben sich. Er wollte rausfinden, mit wem er es zu tun hatte und ob er womöglich Versichert war, was einiges erleichtern würde, wenn er einen Krankenwagen rufen müsste. Also kramte er darin und fand schließlich das Portemonnaie. Geld war keins drin, aber nach gewisser Suche fand er einen kleinen Reißverschluss und ein Ausweis purzelte auf den Boden. Vorsichtig hob er das Kleine Stück laminierten Papiers auf und sah es sich an.

Sah es sich an.. Runzelte die Stirn.. Und ließ es dann vor Schock fallen.

Ohne weiteres Zögern packte er den Mann an den Hüften, zog ihn nach vorn, sah in das bleiche, eiskalte Gesicht… Das ihm so bekannte Gesicht..
 

Und dann war ihm klar, welcher Mann vergewaltigt unter einer Laterne lag.
 

„TAKANORI!!“
 

Der Schrei wich aus Miyavis Kehle, verzweifelt, fassungslos. Er zog Ruki nach oben, legte eine Hand an seine Wange.. Tränen stiegen in die Augen des Gitarristen.

Er war so kalt… so verdammt kalt… Und es war Ruki… Es war tatsächlich Ruki..
 

Miyavi riss sich zusammen, er musste sich zusammenreißen. Hastig fasste er an den Hals des Kleinen, fühlte seinen Puls und-
 

Keine Sekunde Später riss er sich die Decke vom Körper, wickelte sie um ihn.

Vorsichtig beugte er sich über ihn, legte sein Ohr an dessen Nase.. Und atmete erleichtert aus. Er atmete… Verdammt, Ruki atmete..! Er hatte Puls und atmete!
 

Er drückte ihn fest an sich, dann war der Schwarzhaarige aufgesprungen und zur Haustür gerannt. Die Tasche war ihm egal, ihm war alles egal. Er wollte Ruki einfach nur in Sicherheit bringen. Er schloss die Haustür auf, rannte 5 Etagen mit Ruki auf den Armen nach oben, öffnete die Wohnungstür und ließ sie einfach offen stehen. Rannte mit Schuhen durch die Wohnung, ins Schlafzimmer, legte Ruki dort ab.. Und wickelte schließlich die Decke auf.
 

„Verdammt! VERDAMMT!!“ Miyavi wusste nicht was er tun sollte.. Doch er hielt es für das klügste, ihm erst mal die Schuhe, Socken und das klatschnasse Hemd auszuziehen. Er ging zum Schrank, zog einen Pulli heraus und zog ihm diesen an.
 

Behutsam drehte er ihn in die stabile Seitenlage und sah, was die Ursache für die Blutspur war. Miyavi presste sich die Hand auf den Mund um nicht zu schreien, doch die Tränen konnte er nicht aufhalten. Wer war so grausam…? Er wusste nicht was er tun sollte.. Er kam sich so hilflos vor.

Aber-?

War der Nachbar aus dem zweiten Stockwerk nicht ehemaliger Notfallchirurg?
 

Vorsichtig beugte er sich über Ruki, lächelte bitter und küsste ihn zärtlich auf die Schläfe. „Lauf nicht weg, okay..?“ wisperte er, „Ich.. bin in 5 Minuten wieder da..“
 

Und nur einen Augenblick später rannte Miyavi die Treppen hinab und hämmerte gegen die Tür.

Track 1

Asche zu Asche, Staub zu Staub. War dies tatsächlich sein Leben, das so still an seinen Augen vorbei rann?
 


 

14 Januar, 12:43 Uhr
 

In seinen Träumen war es Miyavi gewesen, in dessen Armen Ruki sterben wollte. Wenn er 90 oder 100 war.. Irgendwann in absehbarer Zeit.

Doch nun, begleitetet von den stillen Klängen eines Klaviers, zog sein Leben in Zeitraffer an ihm vorbei. People Error. Er hatte sich zwar Gedanken gemacht, was nach dem Tod geschehen würde, doch nie wirklich daran geglaubt. War es ein Fehler gewesen?

Das letzte Bild seiner Geschichte, dann begann sich alles zu drehen.. Und zu drehen..

Und zu drehen….
 

„nnh..“ Kopfschmerzen. Was war das nur für ein unangenehmes Gefühl, dass so eindringlich auf seinen Kopf schlug? Ruki spürte, wie er die Augen zukniff. War der Tod nicht eine Art Erlösung? Woher kam dann dieser unmenschliche Schmerz?

Ein leises Knistern neben seinem Linken Ohr, eine bekannte Radiosprecherin die das Wetter voraussagte... Zögernd schlug Ruki die Augen auf..
 

Weiße Wände mit pinkfarbenen , kleine Punkten.. Aufgemalte Kirschblüten? Erschöpft schloss er die Augen für einen weiteren Moment. Sein kompletter Körper war von Schmerz gezeichnet. Er atmete ruhig ein, dann öffnete er sie wieder.

Wo war er hier?

Schwarze Bettwäsche in einem Bunt angesprühten Bettgeländer eines Futon Bettes, ein Spiegel an der Decke, überall Bilder, grüne Vorhänge und diverse Gitarren…
 

Weshalb kam ihm dies alles so seltsam vertraut vor?
 

Und ehe er weiterdenken konnte sah er einen Kopf über sich, schwarze Haare fielen in sein Gesicht und große, dunkle Augen sahen ihn an.
 

“Kami sei Dank, du bist wach!!“
 

Verblüfft weiteten auch Rukis Augen sich. War das…?
 

“Bin ich im Himmel?“ unsicher sah er das Abbild Miyavis über sich an. Ruki wusste noch, wie er gestorben war. Durfte er als Wiedergutmachung jetzt endlich bei Miyavi sein? Doch dieser Schmunzelte nur. „Nein, du hast Glück gehabt..“ Ruki runzelte die Stirn. Was hatte dies zu bedeuten? Zittrig bemühte er sich aufzusetzen, doch er ließ einen schmerzerfüllten, kleinen Schrei los. Der schwarzhaarige drückte ihn sofort wieder ins Bett und flüsterte ein leises: „Bleib lieber liegen.. Ich erklär dir, was los ist…“
 

Er biss sich ein wenig auf die Unterlippe, bemerkte aber schmerzerfüllt das diese geschwollen war und ließ es sein. Wollte er wirklich hören, was passiert war?
 

Was sagte er da? Was hatte er sich antun lassen? Wie dumm war er eigentlich?!
 

Ruki war weder tot, noch war dies ein Traum. Und von allen Menschen war es Miyavi gewesen, der ihn gefunden hatte. Ein unangenehmes Schamgefühl schlich durch seinen Körper.

Dabei war er es doch gewesen, weshalb Ruki sich aufgegeben hatte, weshalb es ihm egal gewesen war, was der Mann mit ihm getan hatte.

Gott oder sonnst wer meinte es wohl, auf irgendeine kranke Weise, gut mit ihm.
 

Dies war Miyavis Bett, in dem er lag. Es war Miyavi, der die ganze Nacht neben ihm auf dem Boden geschlafen hatte und auf ihn acht gegeben hatte. Er war es gewesen, der Ruki verpflegt hatte und den Notarzt gerufen hatte… Alles wäre so wunderschön, hätte er nicht gesehen, was letzte Nacht geschehen war.
 

Wo war Kai?
 

Das Märchen war zu schön um wahr zu sein. Jede Sekunde würde er durch die Tür treten und Ruki aus dem Bett zerren, ihn anbrüllen, dass er sich aus der Wohnung verpissen solle und zusammenscheißen, dass er ihre gemeinsame erste Nacht kaputt gemacht hätte!

Doch niemand kam. Und wenn Ruki so darüber nachdachte, so ein Mensch war Kai nicht. Keinesfalls.

Rukis Gedanken warfen sich wild durcheinander. Wieso hätte Miyavi ihn mit in seine Wohnung nehmen sollen, wenn er mit Kai eine so angenehme Nacht hätte haben können? Da hätte er doch keine Augen für einen halbnackten Mann hinter Mülltonnen gehabt! Oder hatte es vielleicht nur Kai mit ihm gut gemeint… Und Miyavi hierum gebeten? So ein Dreck.
 

Ruki wurde aus seinen Gedanken gerissen als der Solokünstler für ein Weilchen verschwand, mit der Behauptung, er würde Pfannkuchen machen, doch schon nach knapp zehn Minuten ertönte das Piepen des Feuermelders. Ein Schmunzeln huschte auf Rukis Lippen. Und als der tollpatschige Schwarzhaarige eine Stunde später doch noch mit einem Teller Pfannkuchen in der Tür stand musste er Lachen.
 

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

« Let’s rewind
 

14 Januar, 3:44 Uhr
 

Miyavi konnte ihn eigentlich nicht ausstehen. Nein, er war ihm im Gesamten komplett unsympathisch. Wahrscheinlich hasste Miyavi ihn sogar.

Diesen scheiß Rentner aus dem zweiten Stockwerk.

Aber heute Nacht war er es, der sich dem Alten Sack vor die Füße warf und anflehte, sich um seinen Freund zu kümmern. Sein armer vergewaltigter Kumpel, der ganz beiläufig der Leadsänger der berühmten Band „the GazettE“ war, und jetzt halb tot in seinem Bett lag.

Und der alte Sack zeigte erbarmen.
 

„Ich kann gar nicht genug ausdrücken wie ich ihnen danken kann! Wirklich! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, ich-„
 

„Halt einfach dein verdammtes Maul und lass mich arbeiten.“
 

Doch Miyavi wäre nicht Miyavi, hätte er es tatsächlich hinbekommen, still zu sein. Besonders nicht wenn es sich um Ruki handelte, bei dem ein Rentner am Arsch rumhantierte. Und nach knapp 10 Minuten wurde der Solokünstler auch schon auf die Couch verbannt.
 

Die Stille und Ungewissheit brachten Miyavi fast selbst um. Mit jedem weiteren Sekundenschlag der Uhr versank er tiefer in der Couch.

32… 33… 34… 35….

Es war, als würden die Zahlen des Ziffernblattes um ihn herum tanzen wie bei einem Walzer, um ihn zu quälen, zu verwirren und sämtliche Stränge seiner Geduld zu zerreißen. Hastig wand er den Blick von der Uhr ab. Es war im allgemeinen einfach zum verrückt werden. Im Nachbarzimmer lag Ruki, schwer verwundet, bewusstlos und wurde von einem Rentner behandelt, der sich ordentlich Zeit damit ließ. Wie lange er wohl schon ein Rentner gewesen war? Und ob er tatsächlich alles hatte, was er brauchte? Sonderlich zierlich würde er mit Sicherheit nicht mit ihm umgehen..

Wäre es vielleicht doch besser gewesen einen Krankenwagen zu rufen?

Erfüllt von Kopfschmerzen fasste er sich mit den Fingerspitzen an die Stirn, beruhigte sich ein wenig und warf dann die Uhr mit Schmackes aus dem Fenster. Es war ihm alles einfach zu viel. Ruki könnte jeder Zeit unter den runzeligen Fingern seines „Helden“ sterben. Was würde er dann tun? Einfach Kai anrufen und sagen: „Yo, Kumpel, Sorry, Ich hab Ruki tot in der Wohnung liegen!“ Allein der Gedanke trieb Miyavi die Tränen in die Augen. Und sich an Kai zu wenden wäre vielleicht auch nicht die beste Möglichkeit.
 

Er raufte sich das schwarze Haar.
 

Warum musste sich immer alles gegen ihn wenden?
 


 

Als die Tür aufging war es bereits 5 Uhr Morgens und Miyavi am Rande der Verzweiflung. Er hatte sich bemüht, Gitarre zu spielen, doch nicht einmal die simpelsten Akkorde hatte er spielen können vor Nervosität. Nun lag die Gitarre auf der Couch, Miyavi auf dem Boden und der Rentner stand im Türrahmen. Vorsichtig rappelte er sich auf, wollte gerade nachfragen, wie es um Ruki stand, doch der Rentner kam ihm zuvor.
 

„Es ist alles halb so wild.. Er ist unterkühlt gewesen und ich habe seinen Schließmuskel retten können, mit einer ordentlichen Mütze schlaf sollte es ihm also wieder besser gehen. Lassen sie die Heizung auf der Höchsten Stufe und vermeiden sie Sex mit ihm in nächster Zeit. Sein Gesäß braucht Erholung.“
 

„Ich danke ihnen wirklich für ihre- “
 

„Passen sie in Zukunft besser auf ihren Geliebten auf!“
 

Und das waren die letzten Worte, die er von seinem Helden hörte, denn ohne weiteres stürmte Miyavi an ihm vorbei ins Schlafzimmer. Dann fiel die Haustüre zu.

…“Ihren Geliebten“?

Sein Blick blieb für einen Moment ein wenig verwirrt an der geschlossenen, schweren Tür hängen, dann schüttelte er hastig den Kopf.

Geliebter…
 

Still und bleich, wie eine Puppe aus Porzellan, lag Ruki behutsam unter die Decke gelegt in dem großen Bett.

Unter diesem Vorwand hatte er ihn dort nie haben wollen. Und dennoch wich ein erleichtertes seufzen von seinen Lippen.

Die sanften Konturen des Gesichts des Vokalisten lagen in stummer Ruhe, während sein Brustkorb sich ruhig und gleichmäßig auf und ab sank. Es war ein friedliches Bild. Und dennoch so erfüllt mit Trauer.
 

Langsam ließ er sich auf den Boden sinken, griff nach Rukis Hand. Was für ein Mensch konnte jemandem so wundervollen so etwas grausames antun? Und wieso war es überhaupt so weit gekommen? Hatte er sich nicht wehren können? Warum war es nur geschehen? Und warum hatte er ihn nicht beschützen können? Vorsichtig schmiegte er sein Gesicht an die kleine Hand.

Das tiefe Verlangen, für immer und von nun an für ihn da zu sein durchströmte ihn. Und im stillen versprach er sich, auf Ewig sein Schutzengel zu sein.
 

14 Januar, 12:38 Uhr
 

Sanfte Sonnenstrahlen wichen durch das Zimmer. Tief in eine Decke gekuschelt saß der Schwarzhaarige noch immer auf dem Boden, fröstelnd in die Leere starrend. Kein Auge hatte er zu tun können, die ganze Nacht nicht. Müde hob er die Hände und strich sich mit den Handballen über die Augen. Das viele sitzen tat ihm nicht gut.

Ein wenig verkatert streckte er den Arm aus, fasste ein paar mal daneben, und brachte es schließlich fertig sein kleines Radio an zu machen.
 

Die ruhige Stimme der Moderatorin der Wettervorhersage hallte durch den Raum. Wieder nur Schnee.. Irgendwann würde noch die ganze Statt darin versinken.
 

„nnh..“
 

Miyavi vernahm ein leises rascheln, dann den leisen, fast atemlosen laut. Er runzelte die Stirn. Das war nicht Teil der Radiosendung. War es möglich-?

Ohne weiteres wandte er den Kopf zum Bett. Doch es war nicht das ruhige, zerbrechliche Gesicht, in welches er die Nacht über gesehen hatte. Es war ein grimmiges, schmerzverzehrtes Gesicht mit zugekniffenen Augen. Miyavis Mund öffnete sich einen spalt breit. Langsam bewegte sich die kleine Hand des Anderen, die schönen Augen öffneten sich und sein Blick wanderte dämmrig durch den Raum, dann schlossen sie sich wieder.
 

Die ganze Nacht hatte der Gitarrist um ihn gebangt, immer wieder seine Hand gehalten, ihm immer wieder zugerufen, und nun war es unverkennbar-
 

Ruki war wach.
 

Gepackt von einem heftigen Impuls warf er die Decke von sich, sprang auf und lehnte sich über den kleinen, noch immer bleichen Körper. Seine Haare fielen in das hübsche Gesicht, und ehe er einen weiteren Gedanken fassen konnte blickten ihn Rukis wunderschöne, müde Augen an.
 

„Kami sein Dank, du bist wach!!“

„…Bin ich im Himmel?“
 

Und das erste Mal seit Stunden wich wieder ein Lächeln auf die Lippen des Gitarristen. Er wollte ihn an sich pressen, halten, nie wieder loslassen. Sein sein, für immer Sein sein, und ihm um nichts in der Welt jemals wieder so etwas zustoßen lassen. Doch er durfte die Realität nicht vergessen.
 

„Nein, du hast Glück gehabt…“
 

So sehr er es sich auch wünschte, es ging nicht. Er durfte nicht vergessen, dass die Welt kein Märchen war. Sein Prinz war zwar erwacht, doch er liebte ihn nicht. Er würde ihn nie lieben. Und er würde auch nie in seinen Armen liegen. Nie.
 

Ruki sah ihn an, als verstünde er die Welt nicht mehr. War es so abwegig, dass er nicht gestorben war? Zittrig richtete sich der kleinere auf, und der kurze, aber markante Schrei der aus seinen Lippen wich ließ Miyavis Herz beinahe still stehen. Er wollte nicht, dass er Schmerzen hatte. Sanft legte er die Hand an seine Brust und dirigierte ihm, sich wieder hinzulegen.
 

„Bleib lieber liegen.. Ich erklär dir, was los ist…“
 

Ruhig begann er, ihm die gestrige Situation zu erklären. Wie er heim gegangen war, ihn fand und schließlich mit zu sich nahm, um ihn versorgen zu lassen. Über Kai verlor er lieber kein Wort, und auch nicht, was für eine Angst er um den Sänger gehabt hatte. Es würde ihn eh nicht kümmern. Mit jedem weiteren Satz verfinstere sich die Mine des Anderen, er schien mit jedem Wort unglücklicher zu werden. Erinnere er sich daran, was der Mann mit ihm getan hatte?

Miyavi wollte keinen weiteren Gedanken daran verschwenden. Ihm wurde schlecht, wenn er daran dachte. Ein kurzes Schweigen legte sich über sie, und Miyavi beschloss ihm etwas gutes zu tun.
 

„Ich geh uns Frühstück machen.. Gegen Pfannkuchen hast du nichts, oder?“ er lächelte ihm zu, dann erhob er sich. „Wenn irgendetwas sein sollte, ruf mich.. Ich komme dann sofort. Ruh dich aus.“

Langsam schritt er aus dem Zimmer, in Gedanken versunken. Jetzt wo er wach war, wurde Miyavi immer unsicherer. Eigentlich wechselten sie nur selten ein Wort miteinander, und wirklich Freunde waren sie auch nicht. Was hatte er sich eigentlich gedacht? Das Ruki ihn plötzlich lieben würde, wenn er ihn mit zu sich nähme und ihn gesund päppeln würde? Wenn sie sich mal unterhielten war es zwar meist eine sehr gute Konversation, und sie hatten beide offensichtlich immer Freude daran, aber es blieb immer oberflächlich. Über ernstere Themen hatten sie nie gesprochen, meistens blieb es immer bei Musik. Eigentlich kannte er ihn kaum. Und Ruki mochte ihn wahrscheinlich nicht mal wirklich. Sie waren zu unterschiedlich.

Er hätte ihn in ein Krankenhaus bringen sollen.
 

Das schreckliche Piepen des Feuermelders riss ihn aus seinen Gedanken. Verdammt, jetzt hatte er doch tatsächlich die Pfannkuchen anbrennen lassen! Leise fluchend löschte er ihr essen und stellte dann den Feuermelder aus. Er war einfach zu nichts Fähig. Er seufzte. Erneut suchte er sich alle Zutaten zusammen, mixte einen neuen Teig und begann von neuem. Nur diesmal achtete er darauf, dass die brutzelnden Köstlichkeiten überlebten. Und nach einer Stunde ging er mit dem dampfenden Teller zurück zu ihm, welcher seine Aktion mit einem Lachen begrüßte.
 

Nachdem er ihm noch eine Schmerztablette, Teller, Besteck und Aufstrich geholt hatte, setzte er sich neben ihn auf das Bett. Er hatte ihm ein kleines Tischchen über den Schoß gestellt, welches man für Frühstück im Bett verwendet. Behutsam half er ihm, sich hinzusetzen. Es brach ihm das Herz, was für Schmerzen der Kleinere zu haben schien. Und auch das Essen fiel ihm wohl ein wenig schwer, da seine Lippen aufgeplatzt waren und sein Hals schmerzte.
 

Er versuchte ihn aufzumuntern, doch der Andere schien untröstlich. Und so legte sich das übliche Schweigen über sie beide, und beide brachten gerade mal zwei Pfannkuchen herunter. Ruki ging es nicht gut, und Miyavi verdrehte es den Magen vor Kummer. Es war, als lägen Welten zwischen ihnen, obwohl sie so nah beieinander saßen. Diese erdrückende Stille würde ihn noch umbringen. Warum gelang es ihm nicht, ihm nah zu sein? Oder wenigstens ein Lächeln auf seine Lippen zu legen, wenigstens ein bisschen mit ihm zu sprechen? Die ganze Situation war einfach peinlich.
 

„Miyavi-San.. Ich möchte dir keine Last sein. Du hast diese Nacht schon genug für mich getan, aber ich denke, ich werde so bald wie möglich gehen..“
 

Sein Herz verkrampfte sich. Warum wollte er denn so früh gehen? Es war doch nicht des Dankes notwendig.. Es war doch selbstverständlich!

Er sah, wie der Sänger sich um eines Lächelns bemühte, doch er brachte kein richtiges zu Stande. Wahrscheinlich war es ihm einfach nur unangenehm, hier zu sein. Und wahrscheinlich war es ihm überhaupt unangenehm, bei Miyavi zu sein. Er lachte innerlich über sich selbst. Was hatte er sich gedacht? Das Ruki für immer bei ihm bleiben würde?
 

„Du bist mir keine Last, Ruki.. Es geht dir nicht gut, du kannst ja kaum sitzen! Du warst kurz vorm sterben, es war doch selbstverständlich, dass ich dich mitnehme.. Hättest du nicht das selbe für mich getan?“ Bestimmt nicht. „Es ist schon okay, wirklich! Bleib bitte noch eine Nacht hier, ich kann es nicht verantworten, dich jetzt gehen zu lassen. Du könntest es ja nicht mal!“
 

Er sah, wie Ruki den Blick von ihm abwandte. Waren es die falschen Worte? Er seufzte. Eigentlich könnte Ruki einfach eines seiner Bandmembers anrufen. Er hatte schließlich mehr Bezug zu ihnen, und vor allem Kai war ein wirklich guter Kerl.. Er würde Ruki bestimmt besser versorgen können als er.
 

„Ich mag dich, Ruki. Es ist absolut kein Problem für mich, dir mal einen Tag zu helfen. Ich bin für dich da, tu mir den gefallen, ja?“
 

Er rechnete damit, dass Ruki nicht wollte. Großartig viel miteinander sprechen würden sie auch nicht, aber es nicht mal richtig versuchen zu können machte ihn auch unglücklich. Es war selbstverständlich, dass er lieber bei jemand anderem war.
 

Doch zu seiner Überraschung willigte Ruki ein.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (9)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  fautex
2011-08-25T22:40:00+00:00 26.08.2011 00:40
Unglaublich süße Story, aber was mich wirklich anspricht: dein Schreibstil. Du hast's drauf, Respekt.
Von:  --baozi
2011-07-26T20:51:36+00:00 26.07.2011 22:51
Immer dieses Dilemma mit den Missverständnissen und das keiner peilt das sie beide gleich fühlen. *am kopf kratz*
Nja~
Wenigstens ist schon einmal der Grundstein geschaffen das sie sich näher kennen lernen können xD
LG Kigo
Von:  Ryuta-chan
2011-07-26T17:11:41+00:00 26.07.2011 19:11
Es is so süß wie er sich um Ruki sorgt... Und wie du ihn beschrieben hast... Nah QQ
*schnüff*
Das is so süß, die zwei agieren eigentlich vollkommen aneinander vorbei und merken gar nicht, was los ist... hachja.. Die junge Liebe. <3
Ich liebe deinen Schreibstil >< Wahnsinn! qq
*sitz und etwas ungeduldig auf weiteres wart*

Von:  fautex
2010-10-17T00:02:40+00:00 17.10.2010 02:02
Die FF ist... gut ö_ö"
Verdammt gut sogar °________°
Daaaaaaamn, ich liebe deinen Schreibstil~
Von:  ruhapoopie
2010-10-12T22:32:52+00:00 13.10.2010 00:32
KAMI!!
:O

Ruki.. T___T *schnief*
Miyavi.. aaaaaah.. *im Kreis renn*
Wie kann man nur Ruki vergewaltigen?!
Und.. und..
Oh neiiiin..
Bitte schreib weiter.. Q^Q *auf Knien rutsch*
So traurig.. D:

Von:  --baozi
2010-09-26T19:35:41+00:00 26.09.2010 21:35
Armer Ruki QQ
Armer Miyavi >-<
Kaiiii Q__________Q

Du bist voll gemein, weißt du das?
Lässt Ruki einfach am Boden liegen und ihn vergewaltigen qq
Aber die könnten anhand des Spermas den Übeltäter ausfindig machen und hinter Gittern bringen! >-<
Verdient hätte der das <-<
Der wird es doch bereuen, oder? QQ
Von:  Ryuta-chan
2010-09-26T14:41:45+00:00 26.09.2010 16:41
ICH LIEBE DICH FÜR DIESE FF!!!
Bitte schreib weiter, ich liebe deinen Schreibstil so >_________<
*kisu* <3
Von: abgemeldet
2010-09-25T22:14:19+00:00 26.09.2010 00:14
Oh Gott.
Du musst weiter schreiben, unbedingt! Ich will wiessen, wie es weiter geht, ja?
Ich bin unglaublich gespannt, darüber, wie es weitergeht - außerdem habe ich lange nicht mehr so eine gute GazeFF gefunden.
Außerdem!
Wow. Dein Schreibstil ist wirklich gut!
Ich freue mich sehr!
Und obwohl ich nicht einmal so sehr Fan von MyvxRu bin - freue ich mich drüber *-* Ich finde das grad richtig gut.
Außerdem stellst du die Charaktere gut da - und die ganze Handlung ist realistisch!

Bis zum nächsten Kapitel!

LG
Pine

PS: Armer Ru, armer Myv.
Und wie zum Teufel haben es die anderen geschafft, Ru zu vergessen?! Oô dumme Ideioten, tse!
Von:  Asmodina
2010-09-25T09:44:29+00:00 25.09.2010 11:44
Spannend...spannend...schreib bitte schnell weiter


Zurück