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Vernarbt.

Vernäh' mein gespaltenes Herz.
von

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Teil I: "Scherbenmeer"-Herz


 

VERNARBT.
 


 

Dass sie irgendwann hier ankommen würde, in dem Hier und Jetzt, endlich wieder lachend, glücklich und mit einem Herzen, das wieder heil war, hätte sie niemals vermutet. Vor wenigen Monaten war ihre Welt aus den Fugen geraten, sie hatte den Boden unter den Füßen verloren und musste geschwächt einen Drahtseilakt zwischen Leben und einem traurigen, toten Dasein meistern, der ihr beinahe ihren Glauben genommen hätte. Aber sie hatte Stärke bewiesen, eine Stärke, die sie sich selbst nie zugetraut hätte.

Und TenTen spürte, dass sie jetzt mit ihren 21 Jahren erwachsen geworden war.
 


 


 

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TenTen hatte Neji im Sommer 2007 auf einer Party im Industrial kennen gelernt. Es war Zufall gewesen. Eine Freundin von Sakura war mit ihm auf derselben Schule gegangen und hatte ihn herangewinkt, um ihn zu begrüßen. Er hatte eine Spiegelreflexkamera in der Hand gehalten und seine zu dem Zeitpunkt bis zum Nacken reichenden Haare zu einem kleinen Zopf zusammengebunden. Er war sehr schlank gewesen, für TenTens Geschmack zu dürr und hatte noch ein sehr jugendlich wirkendes Gesicht. Er scheute die Unterhaltung mit ihr und sie spürte selbst, dass sie kein Interesse an einem Gespräch mit ihm hatte. Er war in ihren Augen gänzlich uninteressant.
 

Damals hatte TenTen nach ihrem Begriff noch lange Haare gehabt. Sie reichten ihr bis zur Hüfte. Aber als dann kurz nach ihrer Begegnung mit Neji ihr Schwarm Uchiha Sasuke Interesse an ihrer Freundin Sakura zeigte, entschied sie sich in ihrem Leben etwas zu ändern. Sie kürzte ihre Haare drastisch bis auf Schulterlänge und trug sie seitdem nur noch kunstvoll hochgesteckt. Ihre Freundinnen schauten erstaunt bis ungläubig zu diesem Schritt, da sie immer so stolz auf die Länge ihrer Haare gewesen war.
 

Sie hatte das gebraucht. Diese entscheidende Handlung, die sie animierte, mutiger und entschlossener zu sein. Ihr Leben und ihr Glück selbst in die Hand zu nehmen. Wenn Mr. Perfect sich nicht bequemte, zu ihr zu kommen, würde sie eben auf ihn zugehen.
 

So kam es, dass TenTen im November 2007 mit zarten 18 Jahren auf Inuzuka Kiba traf, ihrer ersten wahren Liebe.
 

Er war gerade tanzen. Sein kurzes Haar stob wild durch die Luft, er bewegte sich in der Sekunde recht langsam und der Scheinwerfer bestrahlte ihn von hinten, sodass es in diesem Moment wie eine Szene aus einem billigem Kitschfilm wirkte. Nur dass dort nicht die Frau ihrer Träume stand, sondern ein junger Mann im Studentenalter.
 

Sie hatte sich nicht getraut, ihn anzusprechen. Viel mehr beobachtete sie ihn von Weitem und nippte zögerlich immer wieder an ihrem Cuba Libre. Eigentlich trank sie keinen Alkohol, aber trotz ihrer Entscheidung, selbstsicherer und weniger schüchtern zu werden, hatte sie nicht bedacht, dass dergleichen doch etwas Zeit benötigte und sie somit es anderweitig schaffen musste, ihre Hemmung abzulegen. Nach zwei Gläsern und einem Tequila Gold traute sie sich auffallend auf der Tanzfläche zu tanzen, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen, was ihr auch tatsächlich zur Genüge gelang. Nach einem weiteren Cuba Libre war sie sogar so weit, dass sie sich traute, mit ihm zu reden. Und er bekundete offenes Interesse an ihr. Trotz ihrer Trunkenheit und mangelnden Zurechnungsfähigkeit glaubte sie zu sehen, wie er ihr zum Abschied ein kesses Lächeln zuwarf. Doch sie sah es nur im Augenwinkel, da Sakura sie schnell hinter sich zog, um zum Auto zu gelangen. Ihrer Meinung nach war 3:00 Uhr morgens schon viel zu früh um zu gehen, besonders, wenn man eine so reizende Gesellschaft gefunden hatte.
 

Ab da begann ihr Liebestaumel. Sie trafen sich immer wieder, mehrmals am Wochenende im Industrial und er lud sie ein. Im Dezember 2007, nach vielen Küssen und beständigen Flirts, wagten sie es, eine Beziehung einzugehen. Kiba, zu dem Zeitpunkt noch 21 und Programmierer in einer kleinen Firma, hatte es ruhig angehen wollen, aufgrund vieler Beziehungen, die im Vorfeld gescheitert waren. TenTen hatte nichts dagegen, da er ihr erster Freund war.
 

Mit ihm erlebte sie viele glückliche Momente. Sie schenkte ihm ihre Jungfräulichkeit, ihr Herz und ihr absolutes Vertrauen. Sie standen viele traurige Augenblicke gemeinsam durch und nie stritten sie sich. Kein einziges Mal. Und TenTen glaubte fest daran, dass sie füreinander bestimmt waren. Bis zum Ende ihrer Tage.
 

Nach anderthalb Jahren trennte er sich von ihr.
 

„Es tut mir leid, aber inzwischen bist du für mich wie eine kleine Schwester… ich liebe dich nicht mehr. Ich möchte dich aber nicht verlieren. Du bist mir als Mensch sehr wichtig. Ich würde sehr gern mit dir befreundet bleiben.“ Er weinte sogar drei vereinzelte Tränen, was sie nie gedacht hätte, dass er dies zulassen würde, aber es brachte ihr keine Hoffnung.
 

Erst nach ein paar Wochen Schmerz, Kummer und intensivem Nachdenken war TenTen bereit, sein Angebot anzunehmen. Sie selbst spürte, dass es besser war, mit ihm befreundet als seine Geliebte zu sein.
 

Dennoch hatte er ein gebrochenes Herz zurückgelassen.
 

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TenTen entdeckte das Myspace-Profil von Yamanaka Ino, die sich dort „GoGo-Heart“ nannte, per Zufall bei einem Freund von Kiba mit dem Namen Aburame Shino. Sie verstand sich sehr gut mit ihm und obwohl er recht schweigsam war, hatte er ihr tröstend zur Seite gestanden, als Kiba sich von ihr trennte. Sie hatten viele gemeinsame Abende bei ihm in der Wohnung gesessen, mit ihm Filme geschaut, gegrillt und getrunken. Sie war oft benebelt bei ihm zuhause geblieben und hatte auf seiner Couch oder in seinem Bett geschlafen, wenn sie wieder einmal betrunken war. Sie hasste diesen Zustand, konnte aber nicht ganz verhindern, dass ihre Melancholie und innere Einsamkeit sie zum Alkohol greifen ließ. Shino zeigte Verständnis, versuchte sie davon abzuhalten, ihre Grenzen zu überschreiten und brachte sie dazu, zusätzlich zu essen, da sie doch aus Liebeskummer ziemlich abgemagert war. Aber zu einer Figur, die TenTen persönlich sehr schön fand. War sie deshalb krank?
 

Sie fügte Ino ihren Freunden hinzu, da ihr die Antworten auf dem Profil recht sympathisch waren. TenTen wusste, dass sie Frauen mochte und hatte auch schon in der Zwischenzeit eine kleine Fingerspielerei mit einer Frau gehabt. Es war sehr aufregend gewesen, aber bei diesem einen Mal geblieben. Ino hingegen gehörte zu dem Typ Frau, den sie persönlich nicht attraktiv fand. Sie stand einfach nicht auf Blondinen, die anscheinend auf Partys im GoGo-Outfit herumliefen. Sie empfand es als eine Herabwürdigung der Frau, sich in derlei Kleidung zur Schau stellen zu müssen, weil man ansonsten keine Aufmerksamkeit von der Männerwelt bekam. Aber TenTen war niemand, der Vorurteile hegte, weshalb sie sich via Nachricht mit diesem Mädchen unterhalten wollte, die ungefähr eine Stunde entfernt wohnte und wohl recht viel unternahm. Und das, obwohl sie erst 18 Jahre alt war.
 

[message to ~GoGo-Heart~]

Vielen Dank, dass du meine Anfrage angenommen hast. Wie geht es dir denn so? :D Und wieso nennst du dich ausgerechnet so?

*lieben Gruß dalass*
 

Zwei Tage später erhielt sie eine Antwort von Ino, die ganz anders ausfiel, als TenTen erwartet hatte. Ino beherrschte zwar die Regeln der Rechtschreibung, aber bei Internetkommunikation schien sie nicht viel von Interpunktion zu halten. Ihre Antwort, die mindestens fünf Sätze umfasste und über mehrere Zeilen ging, hatte sie in einen Satz ohne Punkt und Komma gepresst. TenTen brauchte mehrere Anläufe, um das Geschriebene zu entschlüsseln, denn manche Satzfragmente ergaben ohne Komma oder Punkt leider keinen Sinn.
 

Sie schrieb darüber, dass sie gern andere Menschen kennen lernte und es daher verständlich war, dass sie TenTens Anfrage angenommen hatte. Sie reiste viel durchs Land, da sie Freunde überall in Japan hatte und so immer eine Unterkunft in verschiedenen Städten hatte. Meist fuhr sie am Freitag, direkt nach der Schule los, um das Wochenende außerhalb von zuhause zu verbringen. TenTen war erstaunt, dass Ino so offenherzig einer Fremden gestand, dass sie familiäre Schwierigkeiten hatte und deshalb – sobald es ihr möglich war – ihre Freunde aus dem Internet besuchte. Sie schien keine Furcht davor zu haben, dass die Menschen, die sie via der virtuellen Plattform kennen lernte, nicht die waren, wofür sie sie hielt. War sie wirklich so naiv?
 

TenTen konnte aber nicht umhin, dieses Mädchen irgendwie sympathisch zu finden. Sie trug knappe, Figur betonende Kleidung, weil sie mit sich selbst vollkommen zufrieden war – und da konnte TenTen nur innerlich nicken. Auch wenn Ino an sich nicht ihr Typ Frau war, so war sie dennoch sehr hübsch. Sie hatte einen schönen, wohlgeformten Bauch, kleine, feste Brüste und lange, schlanke Beine. Sie konnte bedenkenlos zeigen, was sie hatte. Das Mädchen vertraute TenTen auch noch an, dass sie die schönsten Sachen nur bei Verkäufern fände, die sich auf GoGo-Tänzerinnen spezialisiert hätten, und sie auch insgeheim den Wunsch hegte, Poledance zu lernen, weil es richtig gemacht unglaublich akrobatisch, erotisch und beeindruckend wäre. Aber sie hätte wahrscheinlich eh niemals Zeit, Ausdauer und das Geld dazu. «Nun gut, jedem das seine», dachte sie und lächelte leicht.
 

Sie antwortete dem Mädchen und bald entstand ein reger E-Mail-Verkehr zwischen den beiden. Ihr war die lebensfrohe, offene und manchmal etwas chaotische Ino ans Herz gewachsen, obwohl sie einander nicht persönlich kannten und nur mittels E-Mail und dann ICQ kommunizierten. Irgendwann gingen sie dazu über, dass sie Webcams benutzten, um einander lachen und lächeln zu sehen. Täglich schrieben sie einander an und für TenTen war es bald nicht mehr wegzudenken, sich mit Ino zu unterhalten.
 

Man konnte bereits sagen, dass sie jeden Tag mit wohliger Vorfreude daran dachte, sich wieder mit dem anderen Mädchen auszutauschen. Sie fühlte sich zum ersten Mal seit Langem verstanden.
 

Bis zu dem Tag, als sie erfuhr, dass sich Ino und Kiba kannten.
 

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Sie hatte öfter das Profil der jüngeren Blondinen besucht, denn manchmal fand sie so Neuigkeiten, die Ino ihr vergessen hatte zu sagen und so hatten sie wieder neuen Gesprächsstoff. Und an jenem Tag sah sie, dass Kiba, ihr Ex-Freund, jetziger guter Kumpel, für den sie noch immer komplizierte Gefühle hegte, einige Einträge am vorherigen Abend auf Inos Gästebuch hinterlassen hatte. Einträge, die schmeichelnd für Ino sein sollten und die aber auch nicht frei von sexuellen Anspielungen waren.
 

In diesem Moment blieb TenTens Herz stehen.
 

Sie wusste nicht, weshalb, aber ihr Körper schien zu erstarren, wie zu gefrieren. Ihr Herz drückte ihr schmerzhaft in ihrer Brust und ihr Magen verkrampfte sich zu einem Eisklumpen. Sie schluckte schwer, als ihre Augen zu brennen begannen.
 

Ihr war bewusst, dass sie noch nicht ganz über Kiba hinweg war. Er war ihre erste Liebe gewesen und solch einen Menschen vergaß man nicht nach zwei Tagen. Selbst jetzt, nachdem es wohl anderthalb Monat her war, war sie noch nicht fähig, ohne Schmerz an ihn zu denken. Er hatte ihr Herz gebrochen und hatte die Scherben hinfort getreten, als er ihr offenbarte, dass er seine verschwundene Liebe daran erkannt hatte, dass er immer mehr Interesse an anderen Frauen bekommen hatte – besonders an einer. Ihr Name war Temari, aber sie hatte nie auch nur in Erwägung gezogen, etwas mit Kiba anzufangen, auch wenn sie sich mal geküsst hatten. Als er ihr dies damals erzählt hatte, hatte sie kurz das Vertrauen darin verloren, dass er ihr treu gewesen war. Allgemein hatte er ihren Glauben an die Liebe sehr erschüttert.
 

Und jetzt… nachdem die Trennung immer noch sehr frisch war… hatte er nichts Besseres zu tun, als das nächste Mädel anzubaggern. Und zwar eine, die mehr seiner Szene entsprach – diese Raver und Technofreaks. Die GoGo-Girls und Pseudos. Grandios, wie er es schaffte, ihr mit einer kleinen Tat zu zeigen, dass sie nie zu ihm gepasst hatte, denn sie war nie ein Teil von diesen Leuten gewesen. Sie hatte nie dazu gehört und ihm war das Szenedasein immer recht wichtig gewesen. Es war einer der unausgesprochenen Gründe, weshalb er sie verlassen hatte.
 

Ein Tränenfilm verschleierte ihr die Augen und sie spürte, dass ihre Lippen bebten. Sie wollte nicht wegen ihm weinen. Es gab genug Gründe, weshalb dies keinen Sinn ergab… Kiba hatte sich nie für ihre Familie interessiert, allgemein schien er das Familienleben zu verachten, was vermutlich an dem gespaltenen Verhältnis zu seiner Mutter lag. Er hatte auch nie Interesse an ihren Freunden bekundet, nur mit seinen hatte sie sich beschäftigen müssen, weshalb sie einige Beziehungen zu ihren eigenen Freunden sehr gefährdet hatte. Und letzten Endes hatte er sie die letzten Monate ihrer Partnerschaft sehr vernachlässigt… hatte behauptet, er hätte kein Geld und keine Möglichkeit, mit ihr allein auszugehen… hätte keine Zeit, sie mit dem Auto kurz nach Hause zu bringen… aber in Wirklichkeit war er immer mit seinen Freunden weggefahren, in andere Städte, um feiern zu gehen, um sich zu betrinken und das Geld zum Fenster hinauszuwerfen. TenTen war sich bewusst, dass Kiba eigentlich kein schlechter Mensch war und es auch nicht gewollt hatte, sie derartig zu verletzen… leider fiel es ihm recht schwer, die Bedürfnisse anderer über die eigenen zu stellen. Besonders, wenn er die Person schon lange kannte… damals, als sie sich kennen lernten, hätte er ihr die Sterne vom Himmel geholt, wenn sie es nur gewollt hätte, aber sie war bescheiden gewesen. Sie hatte nicht gewollt, dass er sie so oft einlud, wollte nicht, dass er seine Freunde wegen ihr zurückstellte. Damit hatte sie sich selbst den Strick gedreht. Statt die verständnisvolle Freundin zu sein, die sie zu sein erhofft hatte, wurde sie auf Dauer die devote, sich unterbuttern lassende Geliebte, die sich damit begnügte, die zweite Geige zu spielen.
 

TenTen konnte sich nicht halten und begann zu weinen. Sie hasste es, dass sie Tränen vergoss, dass es sie immer noch schmerzte und dass er ausgerechnet ihre neue Freundin Yamanka Ino für sich wollte, die das genaue Gegenteil von ihr selbst war und ihr umso stärker aufzeigte, dass sie einfach nicht zu dem Mann ihrer Träume gepasst hatte.
 

Plötzlich flammte in ihr etwas auf – es war eine kleine, heiße Bitterkeit, eine stechende Eifersucht, so spitz und schmerzend wie eine Nadel. Sie wollte nicht, dass er Ino zu nahe kam. Sie wollte nicht, dass sie sich jemals begegneten. Und noch weniger wollte sie, dass die beiden etwas miteinander anfingen. Aber wie hätte sie das verhindern können?
 

Sie knirschte mit den Zähnen. Sie hatte eine Idee, was sie tun könnte, aber sie wusste, dass sie dann wohl einer der schlechtesten Menschen auf Erden wäre… und sich dann zu jener Gruppe von Leuten zählen lassen konnte, die sie eigentlich verachtete.
 

«Das liegt einfach nur an meiner Wut. Ich kann nicht klar denken. Sonst käme ich gar nicht auf so einen Mist.» Sie kaute auf ihrer Unterlippe und musste sich stark zusammenreißen, um zu verhindern, sie sich blutig zu beißen. Ihre Hände und Arme zitterten vor Wut und einer Energie, von der sie nicht wusste, wie sie sich davon befreien sollte. In ihrem Unmut griff sie den nächstbesten Bleistift und zerbrach ihn mit einer Hand. Sie schleuderte kräftig die beiden Teile gegen die Wand. Darauf folgten weitere Stifte, ein Becher und ein Buch für die Uni, das sie auf ihr Bett warf.
 

Und noch immer spürte sie eine hitzige Kraft in sich, die ausbrechen wollte, die etwas zerstören wollte, um den Schmerz in den Tiefen ihrer Brust zu vergessen. Sie sprang von ihrem Stuhl auf, warf sich auf das Bett und hämmerte wie von Sinnen auf ihre Kissen ein. Blind von einem roten Schleier vor ihren Augen prügelte sie auf den Stoff ein, der in ihrer Vorstellung das Gesicht von Inuzuka Kiba trug.
 

Erst nach gefühlten Stunden sackte sie in sich zusammen, geschüttelt von Schluchzern, die sie selbst erstickte, indem sie die Kissen vor ihren Mund presste.
 

Was sollte sie nur tun?
 

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Erst eine Stunde später fühlte TenTen sich kräftig genug, um sich wieder zu erheben. Ihre Augen waren gerötet und brannten von den vielen Tränen, die aus ihrem Innersten hervorgebrochen waren. Ihre Arme zitterten, als sie sich aufstemmte, als hätten sie nicht die Kraft, sie zu tragen. Sie wusste, dass ihr Gesicht durch das Weinen aufgedunsen war und die Haut rotfleckig. Ihre Haare waren durchwühlt und zerzaust. Selbst eine Vogelscheuche machte einen attraktiveren Eindruck als TenTens momentane, jämmerliche Gestalt.
 

Als sie es geschafft hatte, sich aufzusetzen und sich dann vor ihren Kleiderschrankspiegel zu stellen, erschrak sie zutiefst und beschloss heiß zu duschen. Während das Wasser auf sie hernieder prasselte, wäre sie in der Lage nachzudenken und ihren Kopf reinzuwaschen von den verwirrenden Gedankenfetzen, die ihren Geist durchdrangen. Unter der Dusche hatte sie schon oft Einsicht und Klarheit gefunden. Heute würde es ihr bestimmt auch wieder gut tun.
 

TenTen zuckte zusammen, als sie in dem kalten Badezimmer die Kleidung abstreifte. Sie sah die Gänsehaut, die ihren Körper überzog und schauderte. Sie umarmte sich selbst und rieb sich die Arme, als sie den Heizstrahler anwarf und auch die Heizung höher schraubte. Danach stieg sie hastig in die Duschkabine, nur um laut aufzuschreien, als das kochendheiße Wasser ihre Haut besprenkelte. Heute war eindeutig nicht ihr Tag.
 

Irgendwann schloss sie die Augen und ertrug die belebende Hitze, dir ihren nackten, steifen Körper hinab rann und dabei brennende Spuren hinterließ. Sie fühlte sich schutzlos, wie innerlich vereist und weit entfernt von der Realität. Sie spürte, wie das warme Wasser ihren Geist durchdrang und ihre wenige Gedanken umspülte, sie hinab zog in unbekannte Tiefen und langsam ertränkte, in der Hoffnung, dass sie nie wieder ihren Verstand durchwandern würden.
 

TenTen fühlte sich eingehüllt wie in einen sanften, warmen Regen, ein flüssiger Kokon, aus dem sie nicht wieder ausbrechen wollte. Sie würde nicht als Schmetterling zurückkehren, deswegen würde sie sich gar nicht erst bemühen, ihre Hülle wieder abzustreifen Sie würde wohl ewig die kleine, verschüchterte, hässliche Raupe bleiben…
 

In dem Moment schlug sie gegen die Badfliesen und der Schmerz durchzog heftig ihre Fingerknöchel, aber es weckte sie aus dieser fatalen Trance. So durfte sie nicht enden! Liebeskummer hatte jeder schon einmal gehabt, es gehörte zum Leben dazu und deswegen würde sie ihr Leben nicht aufgeben!
 

Sie kniff ihre braunen Augen zusammen, die fürchterlich blitzten und funkelten. Sie spürte wieder diesen heißen Stich und dieses Mal ließ sie es zu, dass er sich weitete, über ihr Herz ausbreitete und sie in Besitz nahm. Tief in ihrem Inneren wusste, dass das, was sie zu tun gedachte, falsch war, aber in ihren Augen hatte er es einfach nicht verdient, dass sie Gnade walten ließ. Wenn er ihr Herz auf so schändliche Weise brach und es später noch mit Füßen trat… so sollte er auch einmal leiden.
 

Er sollte wissen, wie es war, wenn man nicht einmal die Möglichkeit bekam, wieder zu Kräften zu kommen, sich zu regenerieren und glanzvoll wieder aufzuerstehen.
 

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TenTen wusste ein Geheimnis, das eigentlich kein Geheimnis war, denn derjenige, der es ihr anvertraut hatte, hatte es intelligenter Weise auch noch anderen erzählt und somit war es eigentlich eine allgemein bekannte Tatsache. Kiba hatte, nachdem es mit ihm und Temari nicht geklappt hatte, zweimal ein Mädchen für ein privates Vergnügen mit nach Hause genommen. Woher sie es wusste, obwohl sie es gar nicht hatte wissen wollen? Zum einen hatte Kiba gesagt, dass er ein Trostpflaster brauchte, weil er doch sehr enttäuscht und verletzt gewesen war – TenTen hatte in dem Moment einen innerlichen Aufschrei durchlebt, denn die Zurückweisung, die er erlebt hatte, war nichts im Vergleich zu der, die sie hatte ertragen müssen und sie hatte sich danach auch nicht gleich ein Spielzeug mit Spracherkennung gesucht! Aber, obwohl Kiba ein recht lieber Kerl war, der normalerweise recht anständig sein konnte, war er in der Hinsicht auch nur ein Mann – war sein Ego verletzt, brauchte er Selbstbestätigung, was nichts Anderes als Sex bedeutete.
 

Das war aber nicht der einzige Grund, weshalb sie davon erfahren hatte. Kiba war so dumm gewesen, sich eine Bekannte von TenTen zu erwählen, die auf den Namen Karin hörte. Sie beide verstanden sich recht gut und hatten zu dem Zeitpunkt seit kurzem wieder mehr miteinander zu tun… TenTen hätte Karin niemals verboten, etwas mit ihrem Ex anzufangen, denn sie waren keine engen Freunde und sie wusste, dass aus den beiden nie etwas werden würde… aber sie hätte trotzdem nicht angenommen, dass es zum Sex kommen würde.
 

Nun, TenTen war schockiert gewesen, als sie es hörte, wütend, enttäuscht und auch innerlich hasserfüllt, aber sie konnte Karin keinen Vorwurf machen. Sie hatte es ihr nie untersagt und sie hätte nur von einer Freundin erwartet, dass diese so etwas nicht tun würde. Aber sie machte Karin keinen Vorwurf, sondern eher Kiba, der es in TenTens Augen ausgenutzt hatte, dass sie beide einander vorgestellt hatte.
 

Das war aber nicht das eigentliche Geheimnis. Sie wusste von Karin, dass diese unglaublich wütend auf Kiba war, weil der bei Freunden von der kleinen Affäre berichtet und sich doch ein wenig als Held aufgespielt hatte, weil er Karin erobert hatte und keiner der anderen, obwohl sie die Rothaarige ebenfalls sehr attraktiv fanden. Er hatte wohl auch etwas über die lauten Geräusche, die sie beim Verkehr von sich gab, erzählt. Eine Blamage für Karin, die sich, als sie davon erfuhr, zu einem Betthäschen degradiert fühlte. Karin fühlte sich zudem noch mehr herabgesetzt, nachdem Kiba dann noch erzählte, dass er vor einiger Zeit dann auch noch Besuch von einem anderen Mädchen gehabt hatte, nachdem sich die Rothaarige eine Weile nicht mehr hatte blicken lassen… er hätte kein ernsteres Interesse an dieser Unbekannten, aber es war zum Oralverkehr gekommen, vielleicht wäre es sogar noch mehr gewesen, wenn er nicht das unglaubliche Pech gehabt hätte, dass dieses Mädchen an jenem Wochenende ihre Periode verfrüht bekommen hatte.
 

Eigentlich war das nicht als Prahlerei seinerseits gemeint gewesen, sondern vielmehr eine Bekundung seiner Begeisterung darüber, dass er erstens eine Frau zum „Schreien“ gebracht und zweitens eine andere hübsche Frau zumindest fast verführt hätte… Kiba hatte eine eigene Vorstellung davon, was als „prahlen“ galt und was „berichten“ über ein ihn sehr erfreuendes Ereignis war. Aber später wurden seine Worte weiter getragen und von Karin dann falsch aufgenommen. Beziehungsweise hatte sie es so aufgenommen, wie es wohl jede Frau verstehen würde und TenTen konnte Karin nur allzu gut nachvollziehen. Die Rothaarige war zu wütend, um mit Kiba zu sprechen oder mit ihm auch nur in Kontakt zu treten. Sie hatte es nur TenTen anvertraut und sich dabei aufrichtig und schuldbewusst bei ihr entschuldigt, dass sie Kiba angerührt hätte, da sie nun zusätzlich auch noch ein schlechtes Gewissen plagte. TenTen hatte ihr verziehen und beschlossen, mit Kiba an Karins statt zu sprechen. Denn immerhin waren sie beide durch Kibas Offenherzigkeit verletzt worden – TenTen wäre es lieber gewesen, wenn sie von alldem nichts hätte erfahren müssen. Zwei Frauen kurz nach ihr, die ihren Ex gehabt hatten, für den sie immer noch Gefühle hatte… das war eindeutig zu viel, als dass sie es ertragen könnte.
 

Mit einem leicht diabolischen Grinsen auf den Lippen loggte sie sich bei ICQ ein, da sie genau wusste, dass Kiba berufsbedingt dauerhaft online war und Ino um diese Zeit schon schulfrei hatte. In ihrem Kopf begann es zu rattern und ihr Plan entwarf sich immer deutlicher in ihrem Kopf.
 

Sie klickte in ihrer Freundesliste die Namen der beiden an – TheHoundofBaskerville und GoGo-Heart – und begann in zwei verschiedenen Fenstern ein Gespräch mit ihnen, obwohl sie penibel darauf achtete, dass sie sich mit Kiba mehr und länger unterhielt, damit Ino bemerkte, dass sie lange zum Antworten brauchte.
 

Bei Kiba fackelte sie nicht lange, um zum eigentlichen Thema zu kommen…
 

[Mirror One]

1o1o: Ich muss dringend mit dir wegen Karin sprechen…

TheHoundofBaskerville: Warum?

TheHoundofBaskerville: Und wie wär’s mit nem „Hallo“ am Anfang? ^^

1o1o: Ja, ja, Hallöchen… Dir ist nicht zufälligerweise aufgefallen, dass sie gar nicht mehr anzutreffen ist & auch nicht mehr mit dir redet? -.-

TheHoundofBaskerville: …ja schon…

1o1o: Willste wenigstens wissen, wieso? -.-

TheHoundofBaskerville: jup

1o1o: *seufz* ok, ich erzähl’s dir besser…
 

Sie berichtete ihm von Karins Gefühlen und obwohl er sich am Anfang dagegen wehrte, einzusehen, dass er einen verheerenden Fehler damit begangen hatte, als er von seinem Erfolg in der Frauenwelt berichtete, so schaffte sie es am Ende doch ihn zu überzeugen, dass es nicht richtig gewesen war. Er war sogar ehrlich betroffen, dass man seine Freude so missverstehen konnte, aber TenTen machte ihm deutlich, dass dies wohl jeder falsch verstanden hätte, vermutlich sogar seine Freunde, denen er es berichtet hatte. Er hatte eben doch zuweilen ein merkwürdiges Verständnis von Offenheit.
 

Einzig und allein die Tatsache, dass er sich mit Karin darüber austauschen müsste, um sich zu entschuldigen, wollte er nicht einsehen.
 

TheHoundofBaskerville: letzen endes hat SIE n problem mit mir und dann soll sie mich darauf ansprechen. ich kann’s nicht leiden, wenn das alles so hinterrücks läuft und ich dann angekrochen kommen muss. ich fand nicht, dass ich was falsch gemacht hab. ok ich hab’s ja jetzt eingesehen, trotzdem soll sie’s mir nochmal ins gesicht sagen und nicht jemand anderen vorschicken. das kann ich echt nicht ab.
 

Einerseits hätte sie in dem Moment explodieren können, andererseits verstand sie ihn auch. Sie hätte auch gewollt, dass derjenige, der ein Problem mit ihr hatte, es ihr persönlich sagte und niemand anderen vorschickte, um ihm so ein schlechtes Gewissen einzureden. Zwar hatte TenTen mit Kiba gesprochen, ohne dass Karin sie darum gebeten hatte, aber das tat jetzt nichts zur Sache. Er war schließlich auch so ehrlich gewesen und hatte es ihr gesagt, dass er keine tieferen Gefühle mehr als Freundschaft für sie hegte und hatte das nicht jemand Anderen machen lassen. Das konnte sie ihm zu Gute ragen. Sie würde Kibas Entschluss Karin auch noch einmal mitteilen und das war es dann.
 

Trotzdem war sie noch zu wütend auf ihn, um die positiven Eigenschaften, die er zwischenzeitlich immer wieder bewies, so zu akzeptieren und damit ihre Wut verrauchen zu lassen. Nein, sie war noch viel zu sehr verärgert.
 

Inzwischen hatte sie auch mit Ino ein längeres Gespräch geführt und diese fragte nach, was sie denn nebenbei machte, weil sie immer so lange zum Antworten bräuchte.
 

«Das ist mein Stichwort», dachte sie vergnügt.
 

[Mirror Two]

1o1o: Ach, ich schreib grad mit Kiba… ne Freundin von mir ist sauer auf ihn und ich versuch ihm grad zu erklären, warum.

GoGo-Heart: ôo warum ist sie denn sauer auf ihn was hat er denn gemacht

GoGo-Heart: ???

1o1o: Ich glaub nicht, dass ich dir das erzählen sollte.

GoGo-Heart: ich erzähl’s auch keinem ich kenn das mädel doch eh nicht :D
 

«Angebissen. Sie ist nun mal einfach zu neugierig.» TenTen lächelte vergnügt. TenTen schätzte Ino als gute Seele ein, die einfach bloß den Fehler hatte, sich viel zu sehr für alles Mögliche zu interessieren, insbesondere jenen Dingen, die sie eigentlich nichts angingen. Für Klatsch und Tratsch war sie immer zu haben und das schien jetzt ganz nach ihrem Geschmack zu sein.
 

TenTen umschrieb es erst, redete um den heißen Brei herum und betonte immer wieder, dass Ino das wirklich nicht weiter erzählen dürfte, da sie ja Kiba kennen gelernt hätte. Irgendwann berichtete sie davon, dass Kiba mal Sex mit einer Freundin von ihr gehabt hätte – vor nicht allzu langer Zeit. Sie achtete nicht auf Inos Kommentar, der „achso…“ lautete, sie dachte sich nichts weiter dabei. Und schrieb ihr, dass Kiba vor Freunden in etwas prahlerischer Manier das erzählt hätte und dann noch von einer weiteren Frau berichtete, die er kurz nach ihrer Freundin getroffen und mit ihr Oralverkehr gehabt hätte. Ihre Freundin hätte das herausgefunden und fühlte sich nun sehr gedemütigt.
 

GoGo-Heart: so ein mieses arschloch!!!! *total empört sei* >,< der kann doch sowas nicht rumerzählen und damit angeben!!!
 

Als TenTen dies las, hörte sie kurzzeitig die lauernde Stimme eines schlechten Gewissens. War es wirklich richtig, was sie hier tat? Sie redete über ihren Ex-Freund, mit dem sie auf eine verschrobene Art und Weise noch irgendwie befreundet war, schlecht und stellte ihn vor dem Mädchen, an dem er wohl gerade Interesse hatte, als ein „mieses Arschloch“ dar, wie Ino es gerade treffend gesagt hatte. Hatte sie wirklich ein Recht darauf, sich zu rächen? Und dann noch auf diese Weise?
 

Sie hielt kurz inne und sammelte sich. Er hatte ihr wirklich schrecklich weh getan und seine letzten Handlungen deuteten darauf hin, dass es ihm wohl herzlich egal war, ob er sie irgendwie damit verletzen könnte, wenn er ihr von seinen Eroberungen erzählte und wie schnell er die nächsten nach ihr haben konnte. Wirklich rücksichtsvoll war das nicht.
 

Und wenn er wirklich anscheinend so viele in so kurzer Dauer erobern konnte, dann würde es doch auf eine nicht ankommen, die er dann ausnahmsweise mal nicht bekam? Es wäre nur eine Frau, an der er sich dann die Zähne ausbeißen würde und die ihm dann zeigte, dass er nicht der Superheld war, der er zu werden drohte, wenn er auch noch Ino verführte.
 

Eigentlich tat TenTen seinem Ego doch nur Gutes. Wenn sie Ino von ihm fernhalten konnte, dann würde vielleicht Kiba wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. Es würde ihm weh tun, wenn er eine Abfuhr erhielt und dann sah er vielleicht sogar zurück zu TenTen und würde einsehen, dass sein Verhalten auch ihr noch schmerzen könnte.
 

Vielleicht könnten sie dann auch richtig befreundet sein.
 

Sie rang den Zweifel nieder, dass sich so aber eine Freundin nicht verhalten sollte und pflichtete Ino bei, dass das ein sehr ekelhaftes Verhalten von ihm wäre. Sie vermied es ihr zu erklären, dass Kiba das alles ganz anders meinte und aus seiner Sicht sogar eine Art Lob für Karin hätte darstellen sollen. Sie würde Ino einfach in dem Glauben lassen, er wäre ein Angeber.
 

TenTen war soweit, dass sie bereit war, über das alles zu lachen und breit zu grinsen. „Rache ist eben doch süß!“, sagte sie und nahm einen Schluck Tee.
 

Was aber als nächstes kam, sorgte dafür, dass sie sich verschluckte, den Tee zu Boden spuckte und wild anfing zu husten, bis ihr die Tränen kamen und sie ungläubig in ein Röcheln verfiel.
 

GoGo-Heart: so ein widerliches arschloch!!! wenn ich das gewusst hätte dann wäre ich nicht mit zu ihm gekommen und hätte ihm einen geblasen jaaaaa das war ich!!! gott, war ich blöd!! und ich dachte er wäre ein ganz lieber und einer mit dem was werden könnte!!!!

GoGo-Heart: warum gerate ich immer an die falschen männer?
 


 

•Jede Sünde straft das Leben•
 

Teil II: "Aschepulver"-Herz


 

VERNARBT.
 

Informationen:

Es besteht keinerlei Absicht, Kiba als schlechten Menschen dastehen zu lassen. Er hat lediglich eigene (manchmal doch etwas verkorkste) Moralvorstellungen. Er ist kein Arschloch, der Frauen abschleppt und danach fallen lässt, sondern ein Mann, der seine Sexualität auslebt und offen andere daran teilhaben lässt. Leider vergreift er sich dabei etwas im Ton, wodurch einiges missverstanden wird.

Ino ist keine Schlampe, sondern lebt ebenfalls ihre Sexualität frei aus und nimmt sich einen Mann, wenn sie ihn haben möchte. In der heutigen Zeit sollte sie deshalb eigentlich nicht mehr als Hure oder sonst etwas abgestempelt werden.

Ino ist auch nicht dumm, nur weil sie beim chatten nicht auf die Interpunktion achtet und derbe Worte benutzt. Wir wissen ja alle, dass die Sprache vieler Jugendlicher verkommen ist und auf Fräkalsprache basiert.

Natürlich ist das, was TenTen tut, falsch. Aber mal ehrlich – hat nicht schon jeder von uns mal etwas Dummes getan, nur weil er glaubte, er sei im Recht? Und weil er wütend war?
 


 


 

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TenTen wusste nicht mehr, wie viel Zeit verstrich, bis sie begreifen konnte, was ihr Ino da offenbart hatte. Ino und Kiba hatten sich schon getroffen. Ino und Kiba hatten schon beieinander übernachtet. Ino und Kiba hatten schon Oralverkehr gehabt. Wie ein stilles Mantra tanzten diese Worte durch ihren Kopf, wiederholten und wendeten sich und füllten ihren Verstand aus, der in diesem Moment zu langsam war, um wirklich das aufzunehmen, was er selbst reflektierte.
 

Als sie das nächste Mal auf den Bildschirm blickte, sah sie, dass gerade einmal fünf Minuten verstrichen waren. So wenig Zeit. Sie hatte immer noch Möglichkeit, Ino angemessen zu antworten. Sie musste sich stark zurückhalten, dieses Mädchen nicht anzufahren, wie sie es wagen konnte, Kiba anzurühren, obwohl er doch ihr Freund gewesen war und sie vielleicht immer noch die Chance hatte, dass er zu ihr zurückkam!
 

Bei Gott, was machte sie sich vor?
 

Natürlich hätte sie Ino am liebsten angeschrien und dafür geschüttelt, aber sie konnte ja schließlich nichts dafür. Die Blondine hatte zu dem Zeitpunkt noch nicht gewusst, dass TenTen und Kiba ein Paar gewesen waren – das hatte sie erst später nebenbei erwähnt. Aber warum hatte ihr dann Ino nicht erzählt, dass sie Interesse an Kiba gehabt hatte? Um TenTen nicht zu verletzen? Bis vor kurzem hatte das brünette Mädchen nicht einmal geahnt, dass die beiden sich überhaupt kannten – geschweige denn sexuell aktiv gewesen waren.
 

Ihr wurde schlecht bei dem Gedanken, als sie sich dämlicher Weise vorstellte, wie Ino Kiba befriedigte. Tränen schossen ihr in die Augen.
 

Sie schüttelte den Kopf und ballte die Faust. „Nicht schon wieder!“, zischte sie sich selbst zu. Sie durfte nicht schon wieder weinen. Sie musste klar denken und richtig reagieren. Das war die Gelegenheit! So konnte sie Ino von ihm wegbekommen, da sie jetzt noch mehr daran glaubte, dass er ein ekelhafter Typ wäre. Es war sogar gut so! Es passte perfekt in ihren Plan! Es war vielleicht sogar eine glückliche Wendung des Schicksals, dass es passiert war!
 

TenTen schluckte den großen Klumpen, der sich in ihrem Hals aufzustauen drohte, mühsam hinunter. Sie spürte, wie ihr Herz immer mehr gefror und erstarb, als sie versuchte, aufrichtig mitleidige Worte an Ino zu richten, wie schrecklich sein Verhalten doch wäre und dass sie dies doch nicht auf sich sitzen lassen könnte, aber sie doch aufpassen müsste, weil TenTen ihr das alles im Geheimen anvertraut hatte.
 

Sie fühlte, dass sich ihr Magen verknotete, weil sie ihre neu gewonnene Freundin so schändlich belog und ausnutzte, aber sie sah in dem Moment keine andere Möglichkeit, es den beiden heimzuzahlen. Sie war von beiden verletzt und hintergangen worden – sie hatten es nicht anders verdient. Sie würde sie in diesem Augenblick gegeneinander ausspielen, das wäre ihre Rache. Sie würde es nur bei Ino belassen, das schwor sie sich, danach würde sie sich bei keiner Frau mehr einmischen, die Kiba je kennen lernen sollte, aber Yamanaka Ino sollte er aufgrund dieses schändlichen Vorfalls niemals bekommen!
 

TenTen ahnte nicht, dass ihre verzweifelte und blinde Liebe und die rasende Eifersucht in ihr, ihren Geist vernebelte und sie zu Handlungen trieb, die sie so niemals begehen würde. Ihr Kummer war zu groß, als dass sie ihrem Verstand eine Chance gegeben hätte, die Wahrheit herauszufinden, und zu verhindern, was sie gerade tat.
 

Ohne es zu bemerken, brach an diesem Tag ihr Herz noch ein wenig mehr.
 

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1o1o: Magst du mich nächstes Wochenende eigentlich besuchen kommen? Wir könnten ausgehen, ich kenne einen guten Club, wo auch so deine Musik läuft und da könnten wir tanzen gehen. :]

GoGo-Heart: klingt supii ^.^ aber ich fürchte dann will mich kiba treffen -.- ich weiß nicht wie ich ihn drauf ansprechen soll ohne dabei versehentlich auszuplaudern was du mir erzählt hast :/
 

TenTen seufzte. Sie hatte sich in ihrer Wut alles so schön ausgemalt. Sie wollte Ino rasend machen, damit diese sauer auf Kiba war und einfach nicht mehr via Internet antwortete. Die beiden hatten sich nur einmal gesehen. Er war in ihre Stadt gefahren, hatte dort übernachtet und hatte sie am nächsten Tag zu sich genommen, wo sie bei ihm geblieben war. Ino behauptete felsenfest, dass das ein langweiliges Wochenende gewesen war, auch wenn Kiba genau das Gegenteil behauptete. Und TenTen konnte sich erinnern, dass Ino einmal von einem Wochenende erzählt hatte, wo sie in TenTens Nähe gewesen war – und die Tage wären wunderschön und richtig toll gewesen.
 

Und überhaupt… wie hätte es zum Fastsex kommen sollen, wenn es nicht irgendwie schön gewesen war? Aber warum sollte Ino sie belügen?
 

«Zurück zum eigentlichen Problem», dachte sie beklommen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Ino jemand war, der zwar aufbrausend und aggressiv sein konnte, aber Menschen immer eine zweite und gar dritte Chance einräumte. Sie sagte zu ihr, dass sie an das Gute im Menschen glaubte und von daher mit Kiba sprechen wollte, um sich zu vergewissern, ob er wirklich so ein schlechter Kerl war und um ihm notfalls den Kopf zu waschen.
 

GoGo-Heart: ich werde dafür sorgen das er wieder der alte ist! ^-^
 

Das hatte sie geschrieben, denn TenTen hatte vor ihr behauptet, dass Kiba einmal ganz anders gewesen wäre. Natürlich, das stimmte auch, der junge Mann war tatsächlich auch einmal anders gewesen, als ihm seine Szene noch nicht so auf Gedeih und Verderb wichtig gewesen war, aber in dem Moment hatte TenTen es nur als Ausrede gebraucht, um die jetzige Schlechtigkeit Kibas zu unterstreichen.
 

Sie murmelte: „Ich hatte mir das alles ganz anders vorgestellt…“
 

Es wäre so einfach gewesen, aber Ino hatte ein grundfestes Vertrauen in die Menschen, die sie mochte, dass es diesen kleinen Zwist, den TenTen hatte säen wollen, eine kleine, eigentlich recht unbedeutende Gemeinheit, vollkommen zunichte machte.
 

Jetzt versuchte sie, Ino dazu zu bewegen, ein Wochenende mit ihr zu verbringen, um ihr zu zeigen, dass sie erstens die bessere Wahl als Bekanntschaft war und zweitens hätte sie so die Möglichkeit unterschwellig immer wieder zu verdeutlichen, dass sie Kiba vergessen sollte.
 

Manchmal, in lichten Momenten, wo die Eifersucht und die verzweifelte Liebe sie nicht im Griff hatten, wurde ihr bewusst, was für ein schlechter Mensch sie geworden war. Andere gegeneinander aufzuhetzen und auszuspielen, war immer etwas gewesen, was sie verachtet hatte und nicht verstehen konnte. Jetzt wurde ihr allmählich klar, was manchen Wahnsinnigen zu bösartigen Handlungen trieb, was aber nicht bedeutete, dass sie es gut hieß. Viel mehr quoll in ihr die Angst, dass auch sie irgendwann die Kontrolle über dieses „Spiel“ verlor und sie etwas tat, was sie bereuen würde… wenn sie nicht schon all dies bereute, was sie bereits getan hatte.
 

In solchen Augenblicken, in denen sie vollkommen orientierungslos war und nicht wusste, wo ihr der Kopf stand, ging sie zu Shino. Er war inzwischen ihr stetiger Gefährte geworden, der einzige, der immer für sie da war und sich immer ihre Sorgen anhören konnte. Nachdem ein Verkupplungsversuch zwischen ihm und Hinata – eine liebe Freundin von TenTen - auf Dauer gescheitert war, waren die beiden enge Freunde geworden. Sie hatte sich ihm anvertraut, ihm von dieser ungewöhnlichen Konstellation berichtet und ihm gebeichtet, dass sie verblendet vor Wut, einen Racheakt gestartet hatte, von dem sie befürchtete, ihn nicht mehr zurücknehmen zu können, weil sie inzwischen zu weit gegangen war. Er hatte verständnisvoll genickt und ihr keinerlei Vorwürfe gemacht, vielmehr schien es, als ob er wirklich nachvollziehen könnte, was sie da geritten hatte.
 

Einmal hatte er ihr Pflaumenwein hingestellt, dazu einen heißen Cappuccino mit viel Zucker, Schokoladengeschmack und einen guten Schuss Rum, was sie beides gierig hinunter gestürzt hatte. Dank des Zuckers war es ihr viel zu schnell zu Kopf gestiegen und beschwingt und vernebelt setzte sie sich auf seine Couch, auf der sie wohl auch an dem Tag mal wieder übernachten würde, und hatte selig gelächelt. Sie war viel zu angeheitert gewesen, um noch klar zu denken.
 

Da hatte ihr Shino die entscheidende Frage gestellt: „Stört dich bei dieser Sache eigentlich… dass er etwas mit anderen Frauen im Generellen hat oder dass er was mit ihr hat?“
 

Verstört und überrascht hatte sie ihn mit Augen angesehen, die nicht mehr in der Lage gewesen waren, etwas klar zu fokussieren. Sie hatte lange geschwiegen, sich immer wieder an den Kopf gekratzt und nachdenklich in den Raum geblickt, aber es hatte ihr keine Antwort einfallen wollen. „Ich weiß es nicht“, hatte sie dann irgendwann ehrlich gesagt. „Ich weiß es wirklich nicht.“
 

Jetzt wäre es ihr eigentlich auch lieb gewesen, wenn sie zu Shino hätte gehen können, damit er sie von dieser törichten Aktion abhielt, Ino zu sich zu holen. Aber Shino war in einem kleinen Vorort, fünfzig Kilometer entfernt und programmierte für eine Flirtseite das Internetportal. Ein wirklich befremdlicher Job für ihn, aber als er damals die Arbeitsstelle wechselte, um nicht mehr so weit fahren zu müssen, hatte er keine Wahl gehabt und hatte notgedrungen die Stelle dort annehmen müssen, weil keine der anderen Arbeitgeber, bei denen er sich beworben hatte, ihn hatte annehmen wollen. Und länger hätte er es bei seiner alten Firma nicht ausgehalten.
 

TenTen dachte gerade nicht daran, ihre Idee mit Shino via ICQ zu besprechen. Er würde es wahrscheinlich früh genug erfahren und ihr dann wieder klar machen, dass sie etwas ganz Dummes tat. Aber sie entschied sich dagegen.
 

1o1o: Mach dir mal deswegen keine Platte. Kriegen wir alles schon geregelt. So – und wann soll ich dich am Bahnhof abholen? Und weißt du, auf welchem Gleis du ankommst?

GoGo-Heart: zug müsste 17:56 uhr ankommen auf gleis 8 aber kann ich dir ja noch einmal eine sms schreiben :]

1o1o: Okay ^^ Alles klar. Du kommst ja dann Freitag hier an und da schlage ich vor, machen wir erst einmal einen DVD-Abend und ich koche etwas Leckeres. Am Samstag gehen wir ja abends weg. Wir können ja vorher mal in die Stadt gehen, shoppen, und eine Freundin von mir besuchen. Sonntag wird dann wieder chillig.

GoGo-Heart: klingt für mich nach ´nem guten plan ;)
 

TenTen seufzte erneut. Sie freute sich darauf, Ino kennen zu lernen, denn die Blondine besaß ein sonniges, wenn auch manchmal feuriges Gemüt und schien jemand zu sein, der dafür sorgte, dass man sich nicht langweilte. Zu lange hatte sie jetzt das Leben an sich vorbeiziehen lassen – da wäre die Yamanaka eine willkommene Abwechslung. Aber sie fürchtete, dass sich Kiba und Ino begegnen würden, denn im Industrial, wo sie mit dem jüngeren Mädchen hingehen wollte, war Kiba eigentlich jeden Samstag anzutreffen. Ein ernüchternder Gedanke.
 

Sie schaute zur Uhr und erkannte, dass es Zeit war, offline zu gehen. Sie hatte noch eine Vorlesung, die sie besuchen musste, obwohl sie wirklich keinerlei Lust dazu verspürte. Danach würde sie sich mit Shino treffen und wieder einmal bei ihm bleiben. Sie ertrug es nicht, zuhause zu schlafen und übernachtete daher so oft es ging bei ihrem neuen besten Freund, der immer Zeit und ein Bett für sie frei hatte.
 

Auch wenn es Shino wohl niemals offen zugeben würde und es ihm auch nur die wenigsten zutrauten, so war er doch recht einsam, seitdem er ausgezogen war und alleine wohnte. Er erweckte zwar nicht den Eindruck von Einsamkeit, aber sie erkannte es an dem leichten Lächeln, das er versuchte zu verstecken, wenn sie ihn fragte, ob sie nicht mal wieder bei ihm schlafen könnte.
 

1o1o: So, ich muss los, die Uni wartet. Wir schreiben uns morgen, ja? Freu mich schon, bis denn! HDGDL :*

GoGo-Heart: freu mich auch schon *lach* hdagdl cucu ^^/) *knutsch*
 

Sie lächelte warm und wusste nicht, woher es kam. Ino schaffte es, sie auf merkwürdige Art und Weise zu berühren, wie sie es vorher noch nie jemand bei ihr geschafft hatte. Mit leichterem Herzen und dem Gefühl, dass vielleicht doch noch alles gut werden würde, loggte sie sich aus, fuhr den PC herunter, sammelte ihre Sachen zusammen, zog sich an und machte sich auf den Weg zur Universität.
 

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TenTen war erleichtert, als der Dozent endlich die Vorlesung für beendet erklärte und ihnen die Literatur zur nächsten Woche nannte. Fleißig schrieb sie sich die Seiten mit, die sie wohl morgen oder übermorgen, je nachdem, wie sie es schaffte, kopieren würde. Jetzt hatte sie keine Zeit mehr, sie musste noch einkaufen, weil sie Shino versprochen hatte, etwas zu essen mitzubringen. Sie stopfte ihren Terminplaner, das Etui und ihren Block in ihre Umhängetasche und richtete sich auf. Als sie nach ihrem Schal – inzwischen war es ein wenig kühl geworden –, den fingerlosen Handschuhen und ihrer Jacke schnappen wollte, tippte sie plötzlich von hinten jemand an.
 

Sie erschrak und dachte, es wäre eine von ihren beiden Freundinnen aus der Uni, die ihr „Auf Wiedersehen“ sagen wollten, aber dann weitete sie überrascht die Augen, als sie erkannte, dass es Neji war.
 

„Ohayo, TenTen“, sagte er ruhig und zog schnell die Hand von ihr weg.
 

Sie hatte ganz vergessen, dass Neji und sie dieselbe Lesung besuchten. Verwirrt musterte sie ihn und erwiderte den Gruß. „Was gibt es?“, fragte sie dann und nahm ihre Tätigkeit, sich anzuziehen, wieder auf. Verstohlen betrachtete sie ihn aus dem Augenwinkel. Er hatte sich ganz schön verändert, seitdem sie sich das erste Mal getroffen hatten. Sein Haar war extrem lang geworden, länger als ihres jemals gewesen war und er hatte inzwischen ein gesundes Gewicht erreicht, auch wenn er immer noch sehr schlank für einen Mann seiner Größe war. Sie hatte zudem auch seit 2007 einige Zeit mit ihm verbracht, auch wenn ihr das lange nicht behagte. Er hatte damals Kiba des Öfteren besucht, wenn sie da gewesen war, zusammen mit Shino. Die drei waren ein merkwürdiges Gespann gewesen, das unterschiedlicher kaum sein konnte. Aber sie schienen denselben Humor zu haben. Zu dieser Zeit machte Neji eine Phase durch, wo er sehr abweisend und distanziert zu anderen war und seine ehrliche Meinung äußerte, so verletzend sie auch sein konnte – er schonte niemanden und beschönigte seine Worte nicht. Das hatte nicht gerade dazu beigetragen, dass sich ihre Meinung über ihn besserte, wohl eher das Gegenteil. Erst mit den Monaten und als er wohl sein persönliches Problem überwunden hatte, besserte sich sein Verhalten, auch wenn er immer noch sehr kühl auftrat. Doch zumindest konnte sie nun feststellen, dass er ein guter Zuhörer war, auch wenn er selbst nicht viel redete und nicht den Eindruck erweckte, dass er gern sonderlich viel Zeit mit anderen Menschen verbrachte. Wann immer sie ihn in der Straßenbahn auf dem Weg zur Uni traf, konnte sie sich über Belangloses und auch ein paar tiefergehende Themen unterhalten und er lauschte ihren Worten und kommentierte sie zuweilen. Die Gespräche wurden trotz seiner mangelnden Sprachbeteiligung nie langweilig, denn das wenige, das er sagte, war umso gehaltvoller.
 

Seit der Trennung von Kiba hatte sie ihn auch mehrmals bei Shino angetroffen und sie musste zugeben, dass sie ihn ab da sehr viel sympathischer fand. Sie saßen abends zu dritt zusammen, schauten Filme, kochten zusammen und tranken ein, zwei Gläser Sake.
 

Shino und Neji verband die gemeinsame Leidenschaft für Musik und Bücher und sie tauschten sich immer wieder aus. Als sie eines Abends bei Shino aufgetaucht war, war noch Neji da gewesen, der seine externe Festplatte dabei gehabt hatte, um sich mit dem Aburame auszutauschen. Nach anfänglichem und vor allem innerlichem Widerstreben hatte sie ihm dann angeboten, dass er doch bleiben könnte, was schließlich dazu geführt hatte, dass sie immer öfters zu dritt die einsamen Abende verbrachten.
 

„Shino hat mich für heute Abend auch eingeladen“, antwortete Neji schließlich ruhig mit dem angenehmen, tiefen Bass, der seine Stimme auszeichnete. „Ich wollte dir anbieten, dass ich dir beim Einkauf helfe. Shino meinte, du wolltest noch ein bisschen was besorgen.“
 

TenTen blinzelte überrascht und strich sich verwirrt eine Strähne aus der Stirn. Damit hatte sie nicht gerechnet und eigentlich hatte sie kein Interesse daran, jetzt Zeit mit jemanden zu verbringen, denn sie hatte während des Einkaufens eigentlich in Ruhe darüber nachdenken wollen, was sie alles mit Ino unternehmen würde, wenn diese dann hier wäre. Aber es wäre viel zu unhöflich, Neji abzuweisen, deswegen nickte sie freundlich und sagte lächelnd: „Gerne doch.“
 

Sie band ihren Schal fest und marschierte durch die Sitzreihe zum Ausgang, Neji folgte ihr langsam mit langen Schritten. Gemeinsam gingen sie über die Treppen drei Etagen hinab ins Erdgeschoss, hinaus zur Straße. Das Gebäude, in dem sie ihre Vorlesung hatten, lag etwas außerhalb vom Campus an einer stark befahrenen Straße und von außen betrachtet hätte wohl nie jemand vermutet, dass es zur Universität gehörte. Aber es war sehr praktisch gelegen, denn die Einkaufshalle war nur wenige Minuten Fußmarsch entfernt und bis zu Shino war es auch nur knapp eine Viertelstunde.
 

Zunächst gingen sie schweigend nebeneinander her und TenTen genoss den kalten, etwas scharfen Wind, der ihr entgegen stob. Er klärte ihre Gedanken und lenkte sie von dem leidigen Thema namens Ino und Kiba ab. Sie musste erkennen, dass sie, sobald sie an die liebe Ino dachte, immer gezwungen war, sich an deren Verhältnis mit Kiba zu erinnern und da schien es, als ob ihr ein Messer durch die Eingeweide fuhr. Der schöne Gedanke an Ino war sehr masochistisch, weil er doch immer mit Schmerz verbunden war.
 

„Du siehst sehr nachdenklich aus“, bemerkte Neji und als sie zu ihm sah, erkannte sie, dass sein Blick gar nicht auf sie gerichtet war.
 

„Jeder Mensch denkt zu jedem Zeitpunkt über irgendetwas nach.“
 

Er lächelte schwach. „Das bezweifle ich. Es gibt genug Menschen, die nur dumpfsinnig vor sich her starren.“
 

„Die denken auch nach. Und seien es winzige Gedankenfetzen, die langsam durch das hohle Vakuum ihres Gehirns treiben, ohne je ein Ziel zu finden.“
 

„Da magst du wohl recht haben.“ Er lächelte immer noch schwach, dieses Mal mit einem Anflug von Belustigung. „Jetzt interessiert es mich doch aber sehr, warum du nicht auf meine Frage antworten willst und stattdessen ablenkst.“
 

Sie schluckte und schwieg. Er nahm es hin.
 

Sie sprach erst wieder mit ihm, als sie ihm die Frage stellte, ob er ihr aus den höheren Regalen etwas reichen könnte oder als sie ihm sagte, in welche Abteilungen sie noch müssten, um alle Zutaten zusammen zu bekommen für das Curry, das sie heute zu kochen gedachte.
 

Danach machten sie sich gemeinsam auf den Weg zu Shino, beide bepackt mit schweren Tüten voller Lebensmittel und Getränke.
 

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TenTen saß auf der Couch zwischen den beiden jungen Männern, schaute seltsamerweise mit ihnen einen Tanzfilm und hatte es ein weiteres Mal geschafft, einen über den Durst zu trinken. Solches Zusammensein mit Alkohol in ihrem Kreislauf machte sie redselig und auch jetzt überfiel sie der Drang, sich mitzuteilen, weshalb sie die Fernbedienung an sich riss und den Film pausierte. Neji und Shino warfen ihr nur leicht interessierte Seitenblicke zu.
 

„Wisst ihr“, nuschelte sie, „das kann doch alles kein Zufall sein! So viele… Zufälle eben passieren doch nicht so in kurzer Zeit einem einzigen Menschen!“ Sie richtete sich kurz auf, sah empört zu ihren beiden Freunden und ließ sich dann wie ein nasser Sack zurück in die weiche Couch fallen. Sie fuhr sich mit einer Hand durch ihr Haar, das sich leicht aus den provisorischen Knoten gelöst hatte, und rieb sich danach die allmählich pochende Stirn. „Überlegt doch mal, was alles passiert ist! Eine Woche, nachdem Schluss ist, erfahre ich, dass er sich schon längst neu verliebt hat und zwar in ein Mädel, das er auf einem Festival kennen gelernt hat, auf dem er gewesen ist, kurz bevor wir uns getrennt haben. Dann hat er es auch geschafft, sich innerhalb von zwei Wochen, nachdem Schluss ist, noch mal mit ihr zu treffen, obwohl sie 350 Kilometer entfernt wohnt, und sich mit ihr rumzubeißen…“ TenTen schniefte und rieb sich kurz über die Augen, um die Tränen zurückzuhalten, wobei sie nicht darauf achtete, dass sie ihren kunstvoll gezogenen Eyeliner verschmierte. Alkohol machte sie immer so furchtbar emotional und gedankenlos.
 

„Dann – ha! – vergehen nur ein paar mickrige Tage und er erfährt, dass er keine Chance bei ihr hat, dass er nie ‘eine Option‘ für sie gewesen sei“, lachte sie, aber das Lachen klang hohl und traurig. „Natürlich ist er deprimiert und drei Tage danach kommt er ins Shinto Kansei, diese orientalische Bar, wo ich mich gerade mit meiner alten Bekannten Karin treffe. Ich bin natürlich so dämlich und stelle sie einander vor, weil ich ja versprochen habe, ihm eine Freundin zu sein und das machen Freunde ja. Kami-sama, wie bescheuert bin ich eigentlich? Ich hab doch schon vorher gewusst, dass Karin ein sexueller Freigeist ist… Ja, keine Woche später tröstet sie ihn auf ihre Weise.“ Sie schluchzte, aber sie unterdrückte weiterhin die Tränen. Ihre Kehle brannte vor zurückgehaltenen Schreien und ihre Brust zog sich schmerzhaft unter der Anstrengung zusammen. Sie wollte stark sein, aber wie konnte sie das, wenn das alles so Kräfte zehrend war? Mit jemanden befreundet zu sein, den man liebte, mit dem man zusammen gewesen war und der unwissend auf jede einzelne Scherbe ihres Herzens trat. Auf jeden ach so winzigen Splitter…
 

„Und dann“, keuchte sie, „- und dann… als sich Karin nicht meldet, trifft er sich mit Ino, die er im Internet kennen gelernt hat, nachdem er sich mit Temari geknutscht hat. Haha, das kann doch echt nicht sein… natürlich flirtet er mit anderen, so lange es mit einer nicht fest steht, denn flirten ist ja nichts Schlimmes, das war schon immer seine Ansicht. Oh Gott und irgendwann dazwischen habe ich sie auch kennen gelernt und dann erfahre ich das alles und… und… das kann doch alles nicht wahr sein!“
 

Konnte ein Mensch wirklich so vom Unglück verfolgt sein? Konnte es wirklich passieren, dass so viele Umstände aufeinander trafen, sodass ein einzelner Mensch fast daran zerbrach?
 

Was hatte sie nur getan, dass sie so gestraft wurde?
 

Shino und Neji waren keine Männer großer Worte und auch nicht sonderlich auf Körperkontakt erpicht. In diesem Moment aber sahen beide einander kurz an, nickten und setzten sich näher an TenTen, die sich kaum noch halten konnte. Neji legte einen Arm um ihre Taille und Shino zog ihren Kopf sanft an seine Schulter, damit sie sich auf ihn lehnen konnte.
 

TenTen fühlte sich einfach nur noch kraftlos.
 

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Als TenTen am nächsten Morgen durch das Weckerklingeln erwachte, waren sowohl Neji und Shino schon lange fort. Neji war bestimmt noch in der Nacht aufgebrochen und zurück in seine WG gegangen, in der er lebte. Shino musste meist schon um 5:00 Uhr morgens aufstehen und ihr Brummschädel bewies ihr, dass sie viel zu fest geschlafen hatte, um mitzubekommen, wie er aufgebrochen war.
 

Langsam richtete sie sich auf und wanderte mit schwankenden Schritten in Shinos Bad. Sie hatte dort bereits eine Zahnbürste und ein Handtuch gelagert, da sie schon recht viele Nächte bei ihm verbracht hatte. Als Dankeschön hatte sie ihm immer Essen und Trinken mitgebracht, denn sie wollte nicht so wirken, als ob sie sich aushalten ließ.
 

Sie stützte sich auf das Waschbecken und beugte sich langsam hinab. Die kurze Strecke war unglaublich anstrengend gewesen. Sie brauchte mehrere Sekunden, bis ihr Kopf aufhörte, zu schwindeln und zu dröhnen. Danach griff sie zum Becher, der Zahnpasta und ihrer Bürste und schrubbte sich die Zähne, während sie nebenbei die Heizung in dem kalten Bad aufdrehte und sich die Haare kämmte. TenTen sah, dass ihre Augen gerötet und dunkel umrandet waren. Ihr neuer Lebensstil war mehr als schädlich für ihren Körper und sie ahnte, dass sie es nicht ewig würde durchhalten können.
 

Sie beschloss, sich danach noch eine Dusche zu gönnen. Sie würde sich schlimmstenfalls ein wenig verspäten oder sie ließ das erste Seminar gleich sausen. Es war eh nicht wichtig.
 

Wieder einmal spürte sie die belebende und Geistes klärende Wirkung einer warmen Dusche. Kurzzeitig drehte sie den Hahn auf eiskalt, damit ihr Kreislauf in Schwung kam – nach einem lauten Aufschrei drehte sie wieder ab. Sie sprang aus der Duschkabine, trocknete sich ab und suchte ihre Kleidung zusammen, um sich anzuziehen. Vorerst stürzte sie sich fast einen Liter Wasser hinunter, denn sie wusste, dass sie so ihren Kater bekämpfen konnte. Ein Kater war fast das gleiche wie eine Dehydration, deshalb musste sie viel trinken, um die Kopfschmerzen und das Schwindelgefühl zu verringern.
 

Es dauerte nicht lang, bis sie soweit war. Sie war schnell in ihr Sweatshirt, die Jeans und Strümpfe geschlüpft und zog sich dann ohne Eile ihre Jacke und die Schuhe an. Um Shinos Haustür zu schließen, war zum Glück kein Schlüssel notwendig, sie musste einfach nur die Tür heranziehen. Shino wohnte in der zweiten Etage, so konnte sie beruhigt nur leicht stockend die Treppen hinabgehen. Glücklicherweise wohnte er nicht weit entfernt von einer großen Hauptstraße, wo sie mit einer Straßenbahn zur Universität kommen könnte. Ein kleiner Supermarkt war auch in der Nähe, sodass sie sich noch etwas zum Frühstück kaufen konnte.
 

Kein grandioser Start in den Tag, aber TenTen beschloss für sich selbst, dass sie heute, wenn sie mit Ino sprach, alles richtig machen würde, um ihren Plan durchzuführen.
 

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GoGo-Heart: es geht alles klar für freitag :] und ich hab auch schon alles eingepackt was ich zum tanzen brauche x3 freu mich schon total ^^

1o1o: Ich mich auch <3
 

Das waren die letzten Worte gewesen, die sie miteinander am Donnerstag gewechselt hatten. TenTen hatte, nachdem sie endlich aus der Uni gekommen war, sich sofort an den PC gesetzt und Inos Auftauchen entgegen gefiebert. Das Schreiben mit ihr via ICQ wurde langsam zur Sucht, denn es waren die wenigen Momente, wo sie lachen konnte, wenn sie nicht gerade Zeit mit Shino und Neji verbrachte.
 

Jetzt war es Freitagnachmittag und TenTen stand vor dem Bahnhof ihrer Stadt. Sie war recht selten hier, denn für sie hatten sich immer nur rare Möglichkeiten ergeben, in eine andere Stadt zu fahren. Sie hatte einerseits selten das Geld über gehabt und ihre Eltern hatten ihr nie erlaubt, alleine irgendwohin zu fahren. Dafür bewunderte sie Ino, dass diese sich aufmachte, ganz allein in eine ihr doch unbekannte Stadt, um Menschen zu treffen, die sie vorher noch nie gesehen hatte. Die jahrelange, übervorsichtige Erziehung von TenTens Mutter hatte dafür gesorgt, dass sich das brünette Mädchen nicht traute, in eine fremde Stadt ohne Begleitung zu fahren. Es gab einfach zu viele Berichte über Entführungen, Morde und Vergewaltigungen.
 

Eigentlich war TenTen nicht ängstlich, aber diese eine Sache hatte sich tief in ihren Kopf gefressen und beeinflusste viele ihre Handlungen. Deswegen hatte sie Inos Vorschlag, dass sie doch stattdessen zu ihr kommen könnte, verneint. Es wäre entgegen ihrer Prinzipien und ihrer Erziehung.
 

TenTen kam sich zuweilen sehr verkorkst und seltsam vor.
 

Sie durchmaß mit eiligen Schritten die Eingangshalle und folgte einer Unterführung zu den einzelnen Gleisen. Dort befanden sich kleine Buden und Geschäfte, wo sich Neuankömmlinge oder Leute, die auf einen Anschlusszug warteten, weil sie schlichtweg bloß umstiegen, stärken konnten. TenTen verspürte plötzlich eine merkwürdige Nervosität und angenehmes Beschwingtsein, sodass sie entschloss, sich noch einen Coffee-to-Go zu gönnen, um etwas in den Händen zu halten, womit sie sich ablenken konnte. Warum war sie nur so aufgeregt?
 

Sieben Minuten später stand sie am Gleis, Cappuccino nippend und unruhig das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagernd. Es würde nicht mehr lange dauern, bis der Zug ankam. Sie glaubte ihn sogar schon am Horizont zu sehen. Ja, er war es sogar wirklich. Die Anzeige an dem Gleis bestätigte, dass es nur ihr Zug sein konnte.
 

Mit einem dröhnenden Rauschen hielt der Zug neben ihr und der Windzug zerrte an ihrem Halstuch. Gespannt verfolgten ihre Augen dem Strom Menschen, die als eine dunkle Masse aus den Türen strömten wie Blut aus einer Wunde.
 

SMS von Ino:

Wenn ich nachher ankomme erkennst du mich an meinem hellblauen schal :D bis später hdl cucu
 

Das hatte sie ihr vor einer halben Stunde geschrieben, weswegen sie akribisch Ausschau nach einem Schal von hellblauer Farbe hielt. Nach wenigen Sekunden entdeckte sie das Aufblitzen hellblauen Stoffes und einen goldblonden Zopf, der im Takt eiliger Schritte wippte. Ihr Herz begann freudig zu flattern. Ein Grinsen zog sich über ihre Lippen und sie ging Ino entgegen, welche sie auch bereits entdeckte, was man an dem aufgeregten Winken erkannte.
 

Ino trug einen dunklen, langen Mantel, passende Handschuhe und dazu ein hellblaues Stirnband. Sie zog einen laut schlurfenden Trolli hinter sich her, von dem sich TenTen fragte, was der wohl für zwei Nächte alles beinhaltete.
 

„TenTen-chan?“, fragte Ino mit hoher, weiblicher und weicher Stimme. Sie antwortete mit einem Grinsen: „Ohayo, Ino-chan! Ich freue mich, dich endlich mal zu treffen!“ Kurz standen sie einander nur gegenüber, mit einem Strahlen im Gesicht, bevor sie sich zögerlich, aber dann innig umarmten. Ino hatte ein zartes Parfum aufgelegt, das leicht nach Erdbeere duftete. Für wenige Sekunden war es TenTen viel leichter ums Herz.
 

Als sie sich lösten, sagte TenTen leise: „Ich dachte, wir gehen vorher erst einmal was Essen. Ich habe Gutscheine für Subway, wenn du magst. Dann würde ich uns morgen zum Mittagessen was kochen. Und wenn wir fertig sind mit dem Essen, dann würde ich meinen Vater anrufen, damit er uns abholt. Ich habe extra einen Fahrer besorgt.“ Sie lachte und zwinkerte dem blonden Mädchen zu.
 

„Klingt nach einem guten Plan, ich habe auch wirklich Hunger. Ich bin nach der Schule nicht dazu gekommen, noch mal was zu essen. Ich bin gleich zum Zug gedüst.“ Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, die immer wieder vor ihre Augen fiel, und warf den Schal, der sich gelockert hatte, mit einer lässigen Bewegung nach hinten.
 

„Na dann, folg mir einfach.“ Sie ging ein paar Meter vor. „Geht es mit deinem Koffer, oder brauchst du Hilfe?“
 

„Ach was, das geht schon. Ich hab schon schwerer geschleppt, wenn ich zu Festivals unterwegs war.“
 

TenTen wusste gar nicht, worüber sie alles sprachen, als sie sich auf dem Weg zu dem Subway machten, der in der Nähe des Bahnhofs eröffnet hatte. Sie und Ino hatten beide eine Schwäche für westliche Gerichte, besonders FastFood hatte es ihnen angetan. Diese sich individuell belegbaren Sandwiches waren wirklich eine gute Abwechslung.
 

Sie wollten gerade eintreten, als TenTens Handy klingelte.
 

„Ja?“

“Ohayo, TenTen. Hier Shino. Was machst du grad?“

„Ich will mit Ino gerade zu Subway und was essen. Ich hab Gutscheine…“

“Ino? Ist das etwa die…“

„Ja!“, antwortete sie schnell und versuchte zu lächeln, damit Ino nichts bemerkte.

“Könnte ich vielleicht zu euch stoßen?“

„Da müsste ich sie mal fragen.“ TenTen wandte sich zu der fragend dreinschauenden Ino um. „Mein Kumpel fragt mich gerade, ob er mit uns essen kann. Hast du was dagegen?“ Ino schüttelte nur den Kopf und TenTen bejahte Shinos Frage.

“Gut, dann bis gleich. Ich bin in der Nähe.“
 

Sie mussten wirklich nicht lange auf Shino warten. Vielleicht zehn Minuten später, die sie mit intensivem Reden verbracht hatten, tauchte er auf und winkte ihnen zu. Er und Ino unterhielten sich weniger, man merkte beiden an, dass sie keine gemeinsame Basis besaßen, aber als Ino fragte, ob er Kiba kennen würde, wandte er sich zum ersten Mal direkt an das blonde Mädchen: „Kiba ist ein guter Freund von mir. Er ist ein verdammter Baka, der sich gern aufspielt und angibt, aber ich mag ihn trotzdem.“
 

«Sogar Shino hält ihn für einen Idioten», dachte TenTen und sah zu Ino hinüber, die nachdenklich die Stirn runzelte. Verbissen sah die Blondine zu ihrem Sandwich, bevor sie beherzt hineinbiss. „Könnte es dann sein, dass du mich auch schon aus seinen Geschichten kennst?“, fragte sie bitter.
 

Es war zwar Herbst und damit begann es früher wieder dunkler zu werden, aber trotzdem trug er eine Sonnenbrille. Seinen Mund verdeckte er durch den hohen Kragen seiner Jacke, die er trotz der Wärme des Ladens nicht ausziehen wollte. Nur zum Essen senkte er den Kragen. Deswegen konnten weder Ino noch TenTen sehen, mit welchem Ausdruck er das blonde Mädchen bedachte, als er nüchtern antwortete: „Wenn du der Blasehase bist, dann ja.“
 

TenTen sah, wie sich Zornesfalten über ihre zarte Stirn legten und sie rot vor Zorn anlief. Die brünette Studentin schluckte, als sie sah, dass Ino kurz davor war, zu explodieren. «Ob Shino das absichtlich gesagt hat?»
 

„Dem Typen verpass ich eine Abreibung, die sich gewaschen hat, wenn der mir über den Weg laufen sollte!“
 

„Schon gut, Ino-chan. Wie wär’s, wenn ich uns noch ein paar Cookies hole und dann meinen Vater anrufe, damit er uns abholt?“
 

„Ich möchte einen Cookie mit Schoko-Stückchen“, erklärte die Yamanaka missmutig. Shino nickte und sagte: „Ich möchte die mit Macadamia-Nuss.“
 

Ino stopfte sich wütend den nicht ganz durchgebackenen, sehr weichen Keks in den Mund und kaute hörbar. TenTen lächelte verkrampft und entschied sich, ihren Vater anzurufen.
 

“Ja?“

„Ohayo, Tou-san. Kannst du meine Freundin und mich abholen?“

“Klar, wo seid ihr?“
 

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Ino hatte sich, kurz bevor sie in das Auto von TenTens Vater stieg, wieder beruhigt. Sie begrüßte ihren Vater herzlich und auf der Fahrt beantwortete sie freundlich und gut gelaunt die Fragen, die er ihr stellte. Bei TenTen angekommen, bewunderte sie die Wohnung, die sie total schön eingerichtet fand.
 

TenTen lebte mit ihren Eltern in ein- und demselben Haus, aber sie hatte die obere Etage für sich allein. Obwohl sie damit einen gewissen Freiraum genoss, fühlte sie sich dennoch wie unter der Fuchtel ihrer Mutter gefangen, was sie aber Ino nicht gestehen wollte.
 

Sie und Ino verbrachten noch einen angenehmen Abend gemeinsam. Sie schauten mehrere Filme, die TenTen zur Auswahl hatte und aßen dazu Chips und Salzstangen. Ino wollten keinen Wein trinken und TenTen war es auch ganz recht, einen Abend ohne Alkohol zu genießen. Als sie zwei DVDs gesehen hatten und es auf Mitternacht zuging, ließen sie den Fernseher nur noch nebenbei laufen und redeten wieder miteinander. Irgendwann kam dann auch das Thema Kiba auf, was das Herz des brünetten Mädchens wieder sinken ließ. Sie wollte eigentlich nicht über ihn sprechen, aber sie musste diese Chance nutzen. Sie sah es Ino an, dass diese immer noch aufgewühlt und innerlich erregt war von Shinos Worten. TenTen überlegte, ob sie ihre Strategie ändern sollte… anstatt Ino einfach nur anzustacheln, indem sie das Mädchen in ihrer Wut bekräftigte, sollte sie sie stattdessen noch mehr davon überzeugen, dass er einen falschen Charakter hatte.
 

Sie würde es noch einmal damit versuchen: „Weißt du, früher war er ja ganz anders…“
 

TenTen erzählte ihr, dass Kiba irgendwann von einem Geltungsdrang erfasst worden war, der sich nicht nur darin äußerte, dass er innerhalb seines Freundeskreises und seiner Szene auffallen, sondern auch darin, dass er seine Männlichkeit in jeglicher Hinsicht bestätigt sehen wollte. Sie berichtete ihr, dass es aber schon immer eine Masche von ihm gewesen wäre, erst freundlich und charmant zu einer Frau zu sein, sie einzulullen und erst später seinen wahren Charakter zu zeigen. Er täte es auf eine Art, die seine Vorgehensweise nicht rechtfertigen würde.
 

Leider war das genau der falsche Weg, denn gerade den letzten und so wichtigen Teil ihrer Rede schien Ino überhört zu haben.
 

„Weißt du was? Ich helfe dir dabei, dass er wieder der Alte wird! Und zwar, indem ich ihm eine heftige Abfuhr erteile!“
 

TenTen starrte sie mit offenem Mund an – Ino deutete es wohl als begeisterte Verwunderung oder freudige Überraschung, aber eigentlich war es mehr Entsetzen, das sie überrannte. Wie hatte Ino sie nur so missverstehen können? Und schon wieder hatte sie gesagt, dass sie ihn ändern würde wollen… Sie schien wirklich davon überzeugt zu sein, dass sie dies schaffen konnte.
 

Den Rest des Abends erlebte sie wie in dichter Watte gehüllt. Selbst die Gespräche im Schlafzimmer, als sie sich längst zur Ruhe gebettet hatten, realisierte sie kaum, obwohl sie anscheinend angemessen antwortete.
 

Erst am nächsten Morgen fühlte sie sich geistig soweit klar, um zu verstehen, was da passiert war. Sie hatte vergessen, dass Ino diesen unerschütterlichen Glauben an die gute Seite im Menschen hatte und es einiges mehr brauchte, um das blonde Mädchen von jemandem fernzuhalten. TenTen rollte sich auf ihrem Bett leicht zur Seite, um zu ihrer neuen Freundin zu schauen, die nur einen Meter entfernt von ihr auf einer ausziehbaren Couch schlief. Ihr Brustkorb hob und senkte sich gleichmäßig. Sie schlief wohl noch tief und fest.
 

TenTen schaute auf die Uhr und sah, dass es bereits halb zehn Uhr morgens war. Da sie ein kulinarisches Meisterwerk zum Mittag plante mit dazugehörigem Nachtisch, musste sie sich langsam bereit machen. Leise stand sie auf, um Ino nicht zu wecken, griff nach den bereit gelegten Kleidern und huschte in ihr privates Badezimmer. Sie verzichtete auf eine Morgendusche, denn sie würde sich später, wenn sie sich zum Tanzen fein machte, unter die Brause stellen. Jetzt betrieb sie schnelle Katzenwäsche, putzte sich die Zähne und kämmte das widerspenstige Haar, das besonders gern am frühen Morgen eine Herausforderung darstellte.
 

Sie würde Ino nicht wecken. Sie wusste, dass das Mädchen eine Langschläferin war und es genoss, dass sie außerhalb von Daheim war, wo sie auch wirklich ausschlafen konnte. Ihre Mutter hatte wohl den Spleen, morgens früh die Katze in ihr Zimmer zu schicken, damit sie sie fütterte und nicht mehr die Mutter nervte, die sich nur so lange mit dem Tier beschäftigte, wie es zu schlafen und zu kuscheln bereit war.
 

Deswegen aß sie in Ruhe ein übrig gebliebenes Reisbällchen, ein wenig Obst und trank einen Tee, ehe sie sich die Zutaten zusammen legte und mit kochen begann. Sie merkte in ihrer Geschäftigkeit nicht, wie die Zeit verging. Erst als sie ein Schlurfen vernahm und ein gemurmeltes „Guten Morgen“ hörte, registrierte sie, dass anderthalb Stunden vergangen waren. Ino würde jetzt noch eine Weile damit beschäftigt sein, sich fertig zu machen und richtig wach zu werden. Sie stellte ihr einen Schoko-Cappuccino bereit, der nur noch aufgegossen werden musste. Ino war erst nach einer halben Stunde soweit und dann auch gleich hungrig.
 

„Das schmeckt fantastisch, TenTen! Du kannst echt super kochen. Ich würde glatt noch mehr essen, wenn ich nicht so satt wäre.“ Sie lachte glockenhell auf und es war wie Musik in TenTens Ohren. „Und wie sieht jetzt die weitere Planung aus?“
 

„Ich dachte, wir ruhen jetzt noch mal eine kleine Stunde, weil man ja auf vollen Magen sich nicht so viel bewegen soll, und dann zeige ich dir die Stadt. Eine kleine Shoppingtour kann nicht schaden, oder? Aber ich denke mal, wir lassen jetzt erst einmal das Essen sacken. Ich habe ein paar Klamotten aussortiert, die dir vielleicht gefallen könnten. Magst du sehen?“
 

„Gerne!“ Gesagt, getan. Und ehe es sich das brünette Mädchen versah, waren sie auch schon anderweitig unterwegs.
 

Die Zeit verging für TenTen rasend schnell und während sie mit Ino durch die Läden schlenderte, musste sie überrascht feststellen, dass es bereits 16:15 Uhr war. Wo war die Zeit geblieben? Sie wollte eigentlich nicht mit Ino zurück nach Hause fahren, sondern sich weiter mit ihr über Angebote, Schnäppchen und dergleichen erfreuen. Die bunten Lichter in den Schaufensterläden betrachten, die allmählich entzündet wurden, weil das Licht so langsam zu dämmern begann. Außerdem hieß das, dass die Stunde, da sie beide auf Kiba treffen würden, immer näher rückte. Ein entsetzlicher Gedanke.
 

Am liebsten hätte sie es so lange aufgeschoben, wie es ihr nur irgend möglich war, aber das Glück schien ihr nicht hold, denn Ino wollte zurück, um in Ruhe zu Abend zu essen und dann sich fertig machen zu können. Mit einem entschuldigenden Lächeln sagte sie, dass sie nun einmal recht lange für ihr Make-Up und ihre Haare benötigte, wenn sie wollte, dass alles perfekt aussah. Und nur wenn es perfekt aussah, könnte sie Kiba ein Schnippchen schlagen, wie sie es formulierte. TenTen war sich alledem nicht sicher, denn irgendwie war es ihr befremdlich, sich für jemanden hübsch zu machen, den man eigentlich abweisen wollte. Oder sollte dies ein Spiel werden, erst nah herankommen lassen, heftig flirten und dann abschieben? Sie wusste es nicht. Und TenTen hatte zudem erhebliche Zweifel an dem Gelingen dieses Plans, denn es stellte sich heraus, dass Kiba Ino eine eindeutige SMS zukommen ließ, in der er sich wünschte, dass sie doch nach diesem Abend bei ihm übernachtete. Als sie diese Worte las, musste sie hart schlucken und sie kämpfte hart damit, dass sie ihre Hand nicht an ihre Brust legte, um das Herz zusammenzuhalten, das wie Staub im Wind davonzufliegen versuchte.
 

Ino runzelte die Stirn, während sie in ihrem Koffer nach dem passenden Oberteil suchte. „Als ich das letzte Mal bei ihm war, hatte ich ihm gesagt, dass ich natürlich wieder bei ihm übernachten würde – das war echt dämlich von mir! Wie sag ich ihm, dass ich bei dir bleiben will?“
 

TenTen blinzelte und zwang sich zur Ruhe. Sie durfte nicht vergessen, dass sie immer noch die Kontrolle über all dies hier besaß. „Na ja, ich hab ihn ja einmal per ICQ drauf hingewiesen, dass wir ja dich anscheinend beide kennen. Er war erst überrascht, aber… nachdem ich ihm dann erzählt habe, dass wir uns super verstehen… na ja, er hat’s zumindest hingenommen und ich denke mal, wenn du ihm sagst, dass du das Wochenende lieber komplett bei mir bleiben willst, weil wir uns jetzt das erste Mal getroffen haben und die Zeit gern ausnutzen möchten… das wird er schon schlucken. Oder du sagst es ihm knallhart ins Gesicht, dass du nicht willst.“
 

Die Falte zwischen Inos blonden Augenbrauen vertiefte sich und TenTen dachte, dass selbst diese Runzel Inos Attraktivität nicht minderte. Nein, ihr wütendes Gesicht war sogar irgendwie reizvoll. An Inos Antwort erkannte sie einen Teil ihres Wesens – die Jugendliche war nie um eine vorlaute und prahlerische Antwort verlegen, wenn es sein musste, aber andererseits schien sie selten eine ihrer Drohungen wahr zu machen. „Wenn er mir heute blöde kommt, dann würg ich dem so richtig eine rein und sag ihm, was für ein Arschloch er ist.“
 

Wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wär…
 

TenTen schloss ergeben die Augen und begab sich zu ihrem Kleiderschrank. Sie hätte wissen müssen, dass kaum jemand den Mut aufbringen würde, um sich Kiba entgegenzustellen und ihm zu zeigen, was für ein Mistkerl er sein konnte. Nicht einmal Ino war in der Lage, ihm eine reinzuwürgen, obwohl er sie so gedemütigt hatte! Verdammt noch mal, es konnte doch nicht alles daran scheitern, dass ihr ausgewähltes Opfer nur ein bellender Hund war, der nicht zubiss!
 

Als sie sah, dass Ino sich nicht entscheiden konnte, was sie nun anziehen sollte – anscheinend war die Kombination ihrer Klamotten in der Realität nicht so passend wie in ihrer Vorstellung –, warf sie ihr ein langärmliges, dünnes, schwarzes Top zu, mit angemessenem V-Ausschnitt, das den Bauch frei ließ. Die weiten Trompetenärmel waren aus einem durchsichtigen, schwarzen Stoff und nur der Brustbereich war blickdicht. Sie selbst hatte es mal geschenkt bekommen und immer nur drunter oder drüber getragen. Aber sie konnte sich gut vorstellen, dass Ino es so trug – immerhin hatte sie den perfekten Bauch dafür. „Das dürfte zu deinem Rock am besten aussehen.“
 

TenTen war durchaus interessiert an Mode, nur verfolgte sie die Vogue, Cosmopolitan, die Laufstege in Mailand oder Paris und die neuesten Trends in den Läden nicht so akribisch wie die meisten. Was ihr gefiel, das kaufte sie und sie trug es, mehrmals und neue Teile trug sie sogar so oft wie möglich, weil sie sich an etwas Neuem lange erfreuen konnte. Sie hatte ihren eigenen Stil entwickelt und es gab viele, die sagten, dass sie sich gut zu kleiden wusste. Aber sie rannte nicht jede Woche los, um zu sehen, ob die Geschäfte eine neue Kollektion herein bekommen hatten, oder ob der eine Rock endlich herunter gesetzt worden war. Sie kaufte eigentlich meistens bei Schlussverkäufen. Für anderes war sie teilweise zu geizig.
 

Eben weil sie stilsicher war, konnte sie auch beurteilen, was zu einem Menschen passte und was nicht. Dieses Teil passte eindeutig zu Ino, betonte es doch ihr provokantes Auftreten und zauberte durch die flatternden Ärmel einen Hauch von Eleganz zu der allgemeinen Sexyness hinzu. TenTen hielt sich an die Moderegeln – wenn du von einer Sache mehr zeigst, solltest du eine andere Sache verdecken. Wenn Ino ihren Bauch zu präsentieren gedachte, dann sollten Arme bedeckt, der Ausschnitt nicht zu tief und ihr Rock nicht zu kurz sein, denn sonst würde es billig wirken.
 

Ino fiel ihr beinahe vor Freude um den Hals. „Dankeschön! Das sieht ja wahnsinnig aus. Darf ich mir das vielleicht öfter mal ausleihen?“
 

TenTen lächelte nickend und sah zu, wie eine begeisterte Ino ihr Outfit komplettierte. Ein fliederfarbener Faltenrock, der ihr bis zur Mitte der Oberschenkel reichte, wurde zu einer schwarzen Strumpfhose, die nicht blickdicht war, kombiniert und sie würde zu dem Rock farblich abgestimmte Overknee-Stiefel tragen, sodass von ihren Beinen nur noch ein Hauch zu sehen war. Zuerst hatte sie ja eine Fischnetzstrumpfhose anziehen wollen, doch Tenten konnte dies erfolgreich verhindern. Für sie hätte das zu sehr nach Bordsteinschwalbe ausgesehen.
 

An Accessoires mangelte es der Blondinen nicht und mit denen konnte sie hervorragend umgehen. Unzählige Ohrringe, wie Kreolen und einfache Stecker, Ketten, Armreifen, Ringe und Gürtelkettchen hatte sie dabei. TenTen half ihr bei der Qual der Wahl, auch wenn sich die Yamanaka in dem Punkt kaum beraten ließ.
 

Danach stimmte sie ihre Schminke entsprechend ihrer Kleidung ab. Sie besaß viel mehr Produkte als TenTen und jedes einzelne erfüllte eine andere Aufgabe. Ein Roller für die Augen, damit Schwellungen vermindert wurden und die Augen frischer aussahen, Make-Up nur für die Augen, Gesichts-make-Up, unzählige Lidschatten, Augenbrauenstifte, Kajal, Eyeliner und Wimperntusche. TenTen kam sich etwas unbeholfen vor mit ihrem Abdeckstift, dem Kajal und dem Mascara. Sie benutzte hin und wieder Eyeliner, aber selten. Sie fühlte sich, als ob sie hier eine Kosmetiklektion erhielt.
 

Das Ergebnis war beeindruckend. Ino hatte eine violette Grundierung gelegt und mittels Eyeliner ein Tigerfellmuster aufgezeichnet. Es sah nicht nur kunstvoll aus, sondern betonte ihre großen, blauen Augen perfekt.
 

Für einen Moment vergaß TenTen alles und betrachtete nur Inos wunderschöne, tiefe Augen, deren Farbe von einem so satten Blau war, dass sie an Kornblumen im Sommer denken musste. TenTen lächelte still vor sich hin, bis Ino sie mit einem Handwedeln zurück in die verhasste Realität holte. „Hey, was ist denn los? Wir müssen uns langsam beeilen, oder?“
 

Verwirrt blinzelte sie mehrmals, bevor sie gedankenverloren nickte und sich langsam fertig machte. Was war das gerade gewesen? Es war so… vertraut.
 

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Mit ein wenig Verspätung konnten sie losziehen. Sie wanderten durch die nächtlichen Straßen, die feucht waren vom Nieselregen, der eingesetzt hatte – Ino hatte sich darüber lautstark beschwert, weil sie keinen Regenschirm dabei hatte –, und die Lichter der Laternen reflektierten sich in den Pfützen und glänzenden Straßen, sodass die Welt in ein schummriges Glühen getaucht war. Sie stiegen gemeinsam in den Bus des Nachtverkehrs und setzten sich in eine abgelegene Ecke, fern von den nach Alkohol stinkenden Gestalten, die laut andere Gäste anpöbelten oder wirres Zeug vor sich her lallten. TenTen fühlte sich in Anwesenheit solcher Leute immer unwohl, aber Ino schien das nichts auszumachen. Selbstverständlich und souverän, als wäre es Tag und diese Leute nicht anwesend, redete sie über dies und jenes und schien sehr gespannt auf das Dust zu sein, wie man die Disco im Allgemeinen abzukürzen pflegte.
 

Sie mussten einmal umsteigen, denn das Industrial lag in einem abgelegenen Stadtteil, das nur von einer Straßenbahn bedient wurde. Sie fühlte sich jetzt schon sicherer, denn in die Ecke kamen nicht viele Menschen, dementsprechend war es in der Straßenbahn recht leer und ruhig. Sie konnten ungestört reden.
 

«Aber bald werden wir auf Kiba treffen. So ein Scheiß, wie verhindere ich, dass die beiden miteinander privat reden?»
 

Allzu viel Zeit hatte sie nicht, sich darüber Gedanken zu machen, denn sie mussten aussteigen. Ino nahm sie ununterbrochen in Anspruch und sie musste im Dunkeln bei diesem rutschigen Untergrund aufpassen, dass sie nicht fiel. Sie hatte sich für hohe Absätze entschieden, denn sie hatte das Bedürfnis verspürt, mit Ino zu konkurrieren, weshalb sie in einem Outfit auftrat, das sie wohl in nächster Zeit nicht wieder anziehen würde.
 

Es dauerte nicht lange und sie erreichten die von außen sehr versifft wirkende Discothek. Der Security war sehr unaufmerksam bei seiner Kontrolle, sonst hätte er das Pfefferspray, das TenTen immer bei sich trug, sofort gefunden. Sie war es gewohnt und störte sich nicht daran, sondern regte sich nur über den Eintrittspreis auf, der in den letzten Jahren merklich angestiegen war.
 

Ino sah sich interessiert um, während TenTen wie blind durch den vorderen Flur ging, um zur Garderobe zu gelangen. „Das ist ganz schön groß! Nicht so riesig wie das Sky, aber kommt dem sehr nah. Mal sehen, wie das hier so ist!“ Ino war voller Vorfreude und Erwartung und TenTen musste trotz ihrer Sorgen lächeln. Sie gab ihre Jacke und Tasche ab und vergaß beim Eintreten in den Mainfloor, dass sie ja auf Kiba treffen könnten. Sie kaufte sich eine Flasche Mixbier und folgte dann der aufgedrehten Ino, die sich ihren Weg auf eine der beiden Tanzflächen bahnte.
 

Inos helle Haare waren das einzig beständige in dem flackernden Licht der Disco. Obwohl sie unter den grün, rot oder blau leuchtenden Strahlern immer wieder die Farbe wechselten, waren sie doch der einzige helle Punkt auf der dicht gedrängten Tanzfläche. Die meisten dieser Raver trugen schwarze, weite Sachen, die sie mit neonfarbenen Accessoires oder Knicklichtern aufpeppten. Aber in dieser vor Rauch stehenden Halle war kaum etwas klar zu erkennen. Aber dort war der helle Schopf eines übermütigen Mädchens, das sich der Musik hingab, in ihr verlor und sich danach bewegte, als hätte sie noch nie etwas Anderes in ihrem Leben getan. TenTen war nicht fähig, den Blick von ihr zu lösen.
 

Ino tanzte auf eine Weise, als ob sie die Welt vergaß, als ob sie niemand sehen könnte, so gelöst und frei, hingebungsvoll und leidenschaftlich. In diesem Moment war sie einfach…
 

… wunderschön.
 

„Ohayo, TenTen. Bist du schon lange hier?“
 

Entsetzt wandte sie sich um, um Fassung bemüht und starrte in das lächelnde Gesicht des Mannes, der ihr Herz unwissend noch immer in den Händen hielt.
 

„Kiba-kun…“
 

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TenTens Eingeweide hatten sich verknotet und eine innere Kälte hatte sie erfasst, die sie von ihrem Herzen ausgehend vereiste. Sie fühlte sich unfähig, sich zu rühren geschweige denn sprechen zu können. Ihr Blick war auf Kiba gerichtet und sie kam sich seltsamerweise so vor, als ob sie sich und ihn von außen betrachtete, als sie mechanisch ihre Arme um ihn legte, um ihn mit einer Umarmung zu begrüßen. Sie hörte dumpf sich selbst in ihren Ohren reden, ohne wirklich zu wissen, was sie sagte.
 

Und alles war überschattet von einem schmerzenden Herzen, das betäubend durch ihre Venen schrie.
 

Die Studentin war ihm irgendwann nachgegangen, wie ein begossener, betretener Hund seinem Herrchen auf Schritt und Tritt folgt. Sie hatte ihm idiotischer Weise gesagt, dass sich Ino auf der Tanzfläche austobte. Sie hatte ihm gezeigt, wo genau sie war. Und er hatte sie anhand der wunderbaren hellen Haare sofort erkannt und gefunden.
 

Ihre Gedanken überschlugen sich in ihrem Kopf, als sie einen Ausweg aus der Situation zu finden versuchte, aber sie schien über ihre eigenen Gedankengänge zu stolpern und zu keinem Ergebnis zu kommen. Ihre Hände zitterten, sodass sie sie in den Rock krallte, damit er es nicht bemerkte. Was sollte sie tun? Sie konnte sich nicht darauf verlassen, dass Ino ihn abwies. Sie konnte sich auf gar nichts verlassen. Wie konnte sie ihn auf sich aufmerksam machen? Sie sah heute aufreizender aus als früher, sie hatte sich in einen kurzen Rock gezwängt, auf Inos Anraten hin – und Ino, Ino würde sich doch gar nicht dazu hinreißen lassen, etwas zu tun, was TenTen nützen würde. Gar nichts nützte ihr, es war aussichtslos, sie hatte komplett verloren und versagt.
 

In einem Moment tiefer Versunkenheit bemerkte sie nicht, wie ihr Kin den Weg versperrte. Ihre langjährige Freundin beschwerte ich prompt, als sie beinahe in sie hineingelaufen wäre: „Hey, begrüßt man so seine beste Freundin?“
 

TenTen blinzelte verwundert, als sie ihre dunkelhaarige Freundin erkannte, die mit einem Drink in der einen und einer Zigarette in der anderen Hand herausfordernd vor ihr stand. Sofort überzog ein Grinsen ihr Gesicht und sie umarmte Kin schnell und herzhaft und gab ihr einen kleinen Kuss auf die Lippen. „Na, das gefällt mir schon besser“, feixte daraufhin die Schwarzhaarige und zwinkerte ihr zu. „Wie läuft’s?“
 

Sie liebte Kin für ihre manchmal kratzbürstige, forsche und borstige Art, aber am meisten vergötterte sie sie für ihre spitze Zunge. Die Dunkelhaarige nahm kein Blatt vor den Mund. Sie scheute keine Herausforderung, was auch nicht ausschloss, dass sie anderen, die größer und stärker waren als sie selbst, über den Mund fuhr und zurechtwies. Für ihren Mut erntete sie Respekt und viele mieden Konfrontationen mit ihr, obwohl sie ihr eigentlich überlegen gewesen wären.
 

„Ich wollte dir meine neue Freundin Ino vorstellen.“ TenTens Züge verhärteten sich ein wenig und ihre Stimme klang etwas rau, als sie sagte: „Kiba ist gerade bei ihr.“
 

„Aha.“ Kins Gesicht nahm einen Zug leichter Verachtung an. Sie hatte Kiba nie gemocht, obwohl es vor der Trennung für sie nie einen Hinweis gegeben hätte, worauf diese Abneigung beruhte. Einmal gestand sie TenTen, dass sie bei ihm immer ein schlechtes Gefühl gehabt hatte, aber er wiederum auch nichts falsch machte, dass ihre Ahnung untermauert hätte. Deshalb hatte sie ihre Freundin damit nicht belasten wollen und es ihr nie gesagt.
 

Kin drehte sich ein wenig und sah dann auch Kiba neben einer hübschen, blonden Frau stehen, mit der er sich wohl unterhielt. Auf die Distanz konnten sie beide nicht sehen, ob Ino freudig oder genervt aussah, aber das würde nichts ändern. „Lass uns mal deren kleine Privatparty aufmischen“, brüllte ihr Kin entgegen, da nun die Musik anschwoll. Anscheinend war der Schuppen nun voll genug, damit der DJ voll aufdrehen konnte.
 

Kin ging zielstrebig voran und TenTen musste sich eilen, um ihr folgen zu können. Sie grinste in sich hinein.
 

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Kin half ihr aus der misslichen Lage, auch wenn sie nicht lange hatte bleiben können. Ino und sie hatten sich nach anfänglicher Skepsis blendend verstanden. Kin hatte dies genutzt, um sie in ein inniges Gespräch zu verwickeln, wodurch das blonde Mädchen ihren männlichen Gesprächspartner vollkommen vergessen hatte. TenTen beteiligte sich ebenfalls an dieser illustren Runde und verlachte innerlich Kiba, der schweigsam daneben stand, denn leider hatte er keine Ahnung von Stoffen, vom Nähen und Schnittmuster. Kurz stockte aber ihre Freude über diesen kleinen Sieg, als sie etwas in seinen Augen aufblitzen sah, dass wie bittere Enttäuschung wirkte.
 

«Ich dachte, sie interessiert ihn nicht weiter», überlegte sie kurz, bevor sie sich schalt, das nicht weiter näher an sich heranzulassen. Am Ende würde sich nur wieder ihr schlechtes Gewissen melden, das ihr sagte, dass sie sich wie eine falsche Schlange verhielt. Noch mehr Sorgen konnte sie nun wirklich nicht weiter gebrauchen.
 

Als Kin verschwand – der DJ, mit dem sie ein Techtelmechtel hatte, war endlich von Montage zurück und hatte vor Erschöpfung fast den gesamten Tag und die halbe Nacht durchgeschlafen und wollte nun Zeit mit ihr verbringen –, kam das Gespräch teilweise zum Erliegen. Kiba hatte versucht, es in eine Richtung zu lenken, bei der er mitreden konnte, doch TenTen ging absichtlich kaum darauf ein und Ino schien entweder wirklich keine Ahnung davon zu haben oder sie wollte ihn doch ignorieren. Tenten spürte eine eisige Beklemmung in sich aufsteigen. Sie versuchte, es niederzuringen und blendete die Tatsache, dass der Abend nur noch schleppend von dannen zog, einfach aus.
 

Irgendwann trieb es sie auf die Toilette und obwohl sie es hasste, auf solche verschmutzten, öffentlichen WCs gehen zu müssen, hatte sie keine andere Wahl. Sie schleifte Ino mit sich, einfach, um sie von Kiba wegzubekommen und um das berühmte Klischee zu bedienen, demnach Frauen nicht allein auf Klo gehen konnten.
 

Leider war sie unachtsam, als sie die Tür schwungvoll öffnete, denn eine betrunkene, junge Frau kam gerade heraus gestürmt und riss in ihrem TenTen mit sich zu Boden. TenTen, die sich noch hatte wegdrehen wollen, knickte mit dem Fuß weg und landete schmerzhaft auf ihrem Knie. Ino half ihr mit sorgenvoller Miene auf und fragte gleich: „Alles in Ordnung mit dir?“
 

Die Betrunkene stand schwankend, aber unverletzt auf und schritt von dannen, als wäre nichts gewesen. „Hey!“, zischte ihr Ino hinterher, doch entweder wurde sie ignoriert oder die andere war schon in einem Stadium, indem sie kaum noch etwas mitbekam. „Lass sie“, keuchte TenTen, die sich wacklig an die Wand lehnte. Sich auf der Lippe kauend betrachtete sie ihr Knie, das aufgescheuert war und rot anzuschwellen begann. Ihre hautfarbene Strumpfhose war aufgerissen und lange Laufmaschen zogen sich zum Fuß hinab. So ein Missgeschick konnte natürlich wieder nur ihr passieren!
 

Sie humpelte zu ihrer Kabine, um sich zu erleichtern und nach dem Händewaschen ließ sie kaltes Wasser auf das Knie perlen. Sie dachte zu Beginn, dass es nicht so schlimm werden würde, doch im Laufe des weiteren Abends schwoll das Knie weiter an und verfärbte sich dunkel. „Das sieht übel aus“, bemerkten sowohl Ino als auch Kiba. TenTen aber lächelte sie an. Sie dachten bestimmt, sie würde es tapfer ertragen, aber viel mehr dachte sie daran, dass ihre Verletzung – wenn man es denn so nennen konnte – die perfekte Ausrede für Ino war, um nicht mit Kiba mitzugehen, der sie natürlich in dieser Nacht wieder drauf angesprochen hatte. Ino könnte es niemals zulassen, dass TenTen allein und verletzbar nach Hause humpelte!
 

Ein dunkler Funke in ihrem Inneren lachte diabolisch auf. Zuerst war sie kurz darüber erschrocken, doch sie entspannte sich schnell wieder und ergab sich diesem erregenden Gefühl, dass sich endlich etwas in die Richtung bewegte, wie sie es wollte.
 

In TenTen begann sich etwas gefährlich zu verändern und niemand schien dies zu bemerken, am wenigsten sie selbst.
 

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Irgendwie hatte sie dennoch ihren Spaß, auch wenn sie manchmal innerlich vor Schmerzen zusammenzuckte. Sie wagte es nicht mehr zu tanzen und sie legte eine Uhrzeit für sich und Ino fest, wann sie gehen würden. Diese erklärte sich einverstanden und ging sofort auf TenTens Spiel ein, als diese sagte: „Aber ihr lasst mich doch nicht alleine rumhumpeln?“ Sie glaubte kurz ein schadenfreudiges Lächeln bei Ino gesehen zu haben.
 

Als Ino einmal tanzen ging und Kiba ihr hinterher trottete wie TenTen am Anfang der Nacht ihm hinterher gelaufen war, kam plötzlich Neji auf sie zu. Sie war überrascht ihn zu sehen, denn sie hielt ihn nicht für einen großen Partygänger. Er musterte sie von oben bis unten und sagte dann mit bedauerlichem Kopfschütteln leise: „Gefällt mir nicht.“
 

Sie öffnete den Mund zum Protest und ihre dunklen Augen funkelten angriffslustig. „Was soll das heißen? Ich habe oft genug gesehen, dass du anderen Miezen in solchen Outfits auch mal nachgesehen hast! Und mir soll das nicht stehen? Oder willst du sagen, dass sähe billig aus und ich hätte keinen Geschmack?“
 

Er hob abwehrend die Hände. Er hielt eine Flasche billigen Biers dabei mit nach oben. „Oh nein, das habe ich nicht gesagt. Es sieht sogar so an sich sehr gut aus.“
 

Irritiert fuhr sie sich durch die Haare. „Was meinst du dann?“
 

„Ich finde die äußerliche Veränderung, die du da gerade mitmachst, alles andere als ansprechend. Provokante Sexyness passt nicht zu dir.“
 

Sprachlos starrte sie zu ihm. Er verstand es wohl als Aufforderung. „Erinnerst du dich, als du das eine Mal in diesem Overall hergekommen bist? Das war vielleicht ein Monat nach deiner Trennung von Kiba. Er hat dich mit Augen verschlungen, so wie jeder andere Mann, der hier war und du hast das auf eine unnatürliche Art genossen, die nicht zu dir passen wollte. Und danach bist du mehrmals noch in kürzeren Fummeln hergekommen, als du davor je getragen hast. Es sah gut aus, selbstredend… aber du hast alles andere den Eindruck vermittelt, dass du das trägst, weil du dich darin wohlfühlst, sondern viel mehr, dass du allen anderen etwas beweisen willst – bitte, sag mir jetzt nicht, dass sei dir nicht bewusst gewesen. Und ich persönlich stehe nicht darauf, wenn man mir seinen Sexappeal entgegen kotzen will.“
 

Sie fuhr in sich zusammen und starrte schuldbewusst in ihre Hände. Er hatte recht, sie hatte sich immer ziemlich zurecht gemacht, in der Hoffnung, dass Kiba sich daran erinnerte, was für eine schöne Frau sie war und sie wieder begehrte. Sie hatte sich einreden wollen, dass sich doch jede Frau für eine Party auftakelte und dass sie sich so schnell nicht wieder in einen solchen Fummel zwängen würde – so wie heute auch -, doch letzten Endes tat sie es doch immer wieder.
 

Neji nippte an seinem Bier und sah zu ihr. Er schien auf etwas zu warten, doch sie wollte nicht weiter mit ihm sprechen. Sie war innerlich doch getroffen und verletzt von seinen harten Worten, auch wenn sie der Wahrheit entsprachen. Sie knetete ihre Hände, die kalt geworden waren, um sie wieder zu erwärmen. Für sie war das Thema jetzt erledigt und sie wollte einfach nur noch für den Moment allein sein.
 

„Hey, falls du jemanden zum Reden brauchst, ich bin immer für dich da.“
 

Als sie erschrocken ihren Kopf hob, hatte er schon auf dem Absatz kehrt gemacht und verschwand in den Mainfloor, um sich unter das Volk zu mischen. In ihrer Brust schien etwas zu zerreißen, weil sie zum ersten Mal die Worte gehört hatte, nach denen sie sich innerlich so sehr sehnte, obwohl sie sich das nicht offen eingestehen wollte.
 

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Als sich die Nacht dem Ende neigte, war er TenTens Meinung zu ihrer vollen Zufriedenheit verlaufen. Kiba war in ein eisiges Schweigen verfallen, das zeigte, wie genervt, enttäuscht und verletzt er darüber war, dass ihm Ino nicht die erhoffte Beachtung schenkte, die er sich erhofft hatte. Das war das einzige, das sie an der ganzen Situation störte – dass er beschlossen hatte, mit ihnen zusammen abzuhauen. „Ist eh nichts los“, hatte er brummelnd geantwortet, während sie innerlich die Augen rollte.
 

Ihr geisterten immer noch Nejis Worte in ihrem Kopf, während sie sich auf Inos Arm stützte. Er schien mehr zu bemerken als andere und konfrontierte die Personen mit seinen Worten, ohne sie dabei zu schonen, aber andererseits schien er sich doch um diejenigen zu kümmern, da er ihnen eine Schulter zum Anlehnen und ein Ohr zum Zuhören anbot.
 

Die Heimfahrt verlief weitgehend schweigend und TenTen hatte auch nicht die Absicht, dies zu brechen. Sie beobachtete Ino, deren Gesicht in regelmäßigen Abständen vom Licht der Straßenlaternen erhellt wurde und dann wieder in den Schatten fiel – das visualisierte Wechselspiel der guten und schlechten Seite des Menschen. Und beide Seiten von Ino sahen wunderschön aus.
 

In dieser Sekunde wurde TenTen bewusst, dass ihr Blick immer wieder den von Ino suchte.
 

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Als TenTen am nächsten Tag erwachte, spürte sie einen dumpfen Schmerz im Knie und sie erinnerte sich schlagartig an alles, was am Vorabend passiert war. Am klarsten durchzog die Erinnerung an Kibas Verabschiedung ihren Verstand, da sie den Schmerz in seinen Augen gesehen hatte – einen Schmerz, den er selbst nicht zu begreifen schien, den sie aber selbst gut genug kannte, um zu wissen, dass er sich zurückgewiesen fühlte.
 

Wahrscheinlich hatte es Ino auch gesehen oder etwas Anderes hatte sie getrieben, weswegen sie etwas tat, womit weder TenTen noch Kiba gerechnet hatten. Sie versprach ihm, den nächsten Tag mit ihm zu verbringen, wenn sie drei zusammen zu Mittag gegessen hatten. Innerlich hätte TenTen vor Wut aufschreien können, aber sie hatte Ino ihren Willen gelassen.
 

Sie bereitete sich auf das Mittagessen vor, das sie eigentlich gar nicht bestreiten wollte. Sie erlebte den Tag wie in Trance. Sie bekam kaum mit, wie Ino aufstand, sich fertig machte und alles andere als munter mit ihr den Weg in Richtung Stadt bestritt. Sie trafen sich am Subway wie mit Shino zwei Tage zuvor. TenTen hielt sich weitgehend zurück und antwortete nur knapp mit einem Nicken, als Kiba fragte, ob es ihrem Knie inzwischen wieder besser ginge. Sie wollte kein Mitleid von ihm.
 

Sie teilte sich ein Sandwich mit Ino, welches der Blonden im Nachhinein auf den Magen schlug. «Das hast du verdient», dachte TenTen grummelig, die sich eigenartigerweise verraten fühlte von ihrer neuen Freundin.
 

Als sie die beiden von dannen schickte, damit sie Zeit für sich hatten bei Kiba, sah sie mit grollend heißem Hass, dass die beiden plötzlich ein reges Gespräch führten und sich blendend zu verstehen schienen. Als sie bei ihrem Vater in den Wagen stieg, der sie abholen sollte, fühlte sie, wie sie in dem Moment den Boden unter den Füßen verlor.
 

Wie konnte das sein?
 


 

• Du kannst das Leben nicht manipulieren, sondern nur dich selbst zerstören. •
 

Teil III: "Irrlichtschein"-Herz


 

VERNARBT.
 

Informationen:

Neji wird noch eine wichtigere Rolle haben, selbstverständlich, immerhin bildet er mit TenTen das Hauptpairing, doch sein richtiger Auftritt wird erst noch kommen.

TenTen ist eine verletzte Seele, die in ihrer Eifersucht und Traurigkeit nicht mehr zwischen Richtig und Falsch unterscheiden kann. Zwar spürt sie, dass sie das Falsche tut, aber glaubt sich im Recht. Damit tut sie etwas, das schon viele Menschen schon vor ihr getan haben, auch wenn sie sich im Gegensatz zu manch Anderem ziemlich hineinsteigert. Aber wie viele haben nicht schon schlecht über ihren Expartner gesprochen, vielleicht sogar in seiner Anwesenheit, wenn man sich zufälligerweise begegnet? Ich habe mal ein Mädchen getroffen, die ihrem Ex vor allen anderen ein Haarbüschel herausgerissen hat und ihn als „Psycho“ beschimpfte, weil er unnatürlich anhänglich war und ihr angeblich immer noch auflauerte, dabei hatten beide nur denselben Freundeskreis und gingen in dieselbe Disco. Da fragt sich eigentlich, wer der wahre Psycho ist… Wie dem auch sei – nicht viele halten ihrer dunklen Seite stand und in diesem Fall auch unsere liebe TenTen nicht, selbst wenn ihr meint, dass das nicht zu ihrem Charakter passen sollte. Aber ich finde, es gibt FFs, da tut z.B. Sakura viel Schlimmeres und zu ihr passt das noch viel weniger, wenn ihr mich fragt.

Ich möchte hier schon einmal anmerken, dass ich den Verlauf des damaligen Geschehen schon stark abgewandelt habe und schon vieles ausgelassen habe, was passiert ist (ich glaube, sonst wäret ihr viel zu geschockt, denn es war wirklich bösartig und unter der Gürtellinie). Zudem ist es hier schon stark gekürzt, auch wenn man das nicht glauben mag xD
 


 


 

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Trotz allem brach der Schriftverkehr zu Ino nicht ab, nein, er verstärkte sich nach diesem einen verhängnisvollen Sonntag noch, da TenTen unbedingt wissen musste, wie es Ino gefallen hatte und ob irgendwas passiert war. Allerdings erfuhr sie nicht allzu viel, was sie verwunderte. Ino hatte angeblich ein Magenproblem vorgetäuscht, um Kiba auf Abstand zu halten. Er hatte ihr Kräutertee gemacht und versucht, ihr es so angenehm wie möglich zu machen und das sorgte dafür, dass bei TenTen das Blut kochte, weil es Ino wieder auf den Weg trieb, er könnte ja doch nett sein. Sie fühlte aber, dass Ino ihr etwas verschwieg. Am Anfang versuchte sie sich einzureden, dass sie vermutlich nur paranoid wurde, aber die hässliche Stimme in ihrem Kopf, die seitdem immer wieder leise zu ihr sprach, drängte sie dazu, sich die andere Seite von Kiba anzuhören. Eigentlich wollte sie das nicht tun, denn sie war noch wütender auf ihn als sonst. Er hatte ihr die Tour vermasselt, doch noch bekommen was er wollte, aber das war nicht das Schlimmste an dem Ganzen! Nein, er hatte nach dem Wochenende via Internet zu Shino geschrieben, dass sie, TenTen, ganz schön rumgejammert hätte, und deswegen Ino nicht bei ihm geblieben wäre. Shino hatte ihr dies anvertraut mit dem Wissen, dass sie wohl sauer werden würde, aber er fand es wohl besser, dass sie es wusste. Er hatte wohl die Hoffnung, dass ihr Herz, das noch immer für den Baka schlug, auf diese brutale Art allmählich abstarb und sie sie jemand Neuen suchen konnte.
 

1o1o: Und? Wie war’s noch am Sonntag? ;)

TheHoundOfBaskerville: joah… war noch ganz schön, hehe. aber kein sex, wenn du das wissen wolltest…
 

«Jesses!», jubilierte sie, auch wenn sie einen Hauch Ekel innerlich empfand. Sie fand es von sich selbst widerlich, dass sie es wissen wollte, ob was gelaufen war. Aber anders würde sich sonst ihr Kopf nicht mehr beruhigen.
 

1o1o: Hatte sie etwa wieder ihre Tage? xDDDDD

TheHoundOfBaskerville: HAHA! -.- nein, sie hatte voll bauchschmerzen, hat wohl das meatball-sub nicht vertragen. wir haben dann nen film geschaut und ich hab ihr immer tee gebracht. joah und das war nett eben.

1o1o: ôo Warum hab ich nur das dumpfe Gefühl, du lässt bei dieser Geschichte was Entscheidendes aus? -.-

TheHoundOfBaskerville: ^^

1o1o: Okay, Sex lief nicht… wieder oral?

TheHoundOfBaskerville: nope

1o1o: hm… fummeln?

TheHoundOfBaskerville: nope

1o1o: Habt ihr euch geküsst?

TheHoundOfBaskerville: hehe, ja.
 

TenTen spürte den altbekannten Knoten in ihren Eingeweiden, der sich in diesem Moment zu verhärten schien. Ihr stockte der Atem und ein laut brüllendes „Wieso?“ raste durch ihren Verstand, brachte alle anderen Gedanken zum Erliegen. Sie realisierte erst gar nicht, dass Kiba weitertippte und eine weitere Nachricht auf dem PC-Bildschirm flimmerte, die ihr absolut den Rest geben sollte.
 

TheHoundOfBaskerville: sie hatte sich auf die lippe gebissen und ich hab gemeint, sie soll darauf nicht rumknabbern, das würde sonst noch schlimmer werden. und da sagte sie dann, ich soll sie doch daran hindern. ich fragte so: wie denn? und sie: lass dir was einfallen. und da hab ich sie eben geküsst. ^^ war echt schön.
 

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Aus Rache entschied sie, so zu tun, als hätte sie die Nachricht von Shino, dass Kiba meinte, sie hätte zu viel gejammert, erst vor kurzem bekommen und machte bei Kiba deswegen ein paar Tage später eine Szene, die sich gewaschen hatte. Er entschuldigte sich aufrichtig, aber es war nur eine geringe Befriedigung, nachdem alles andere so schief gelaufen war. TenTen wusste, dass jetzt der Punkt gekommen war, an dem sie aufhören sollte, da es so schien, als ob sie längst verloren hätte… aber da gab es dieses hässliche Etwas in ihr, diesen schwarzen Fleck in ihrem Kopf, der mit ihrer eigenen Stimme zu ihr sprach und ihr sagte, dass immer noch eine Chance auf Rache bestünde. Nun müsste sie auch gegen Ino operieren, obwohl sie diese so lieb gewonnen hatte. Aber die Blondine hatte es auch nicht anders verdient, auch wenn diese sich entschuldigte und meinte, sie hätte ihn nur aus Neugier geküsst.
 

Die Tage wurden kühler und die Kälte legte sich auch auf TenTens Herz. Sie fühlte sich dumpf und mechanisiert. Alle ihre Handlungen folgten einem Ritus, der sich täglich wiederholte. Nichts, was sie tat, geschah aus eigenem Antrieb, sondern wie ein Roboter begann sie einfach nur noch das zu tun, von dem sie wusste, dass man es von ihr erwartete.
 

Sie stand morgens auf, ging zur Universität, hörte zu und traf sich entweder abends mit Freunden oder ging nach Hause, saß vor dem PC, um mit Ino zu schreiben und so versauerte sie einsam in ihrem Zimmer. Ihre Mutter warf ihr aus Besorgnis böse Bemerkungen an den Kopf, dass sie sich immer mehr verschlösse und sich von ihrer Familie immer weiter entfernte. „Du musst doch mal langsam über ihn hinweg sein!“
 

Wie sollte man das, wenn man immer noch mit ihm Kontakt hatte und mit seiner neuen Auserkorenen gut befreundet war? Wie nur?
 

Aber das wusste ihre Mutter nicht, denn sie war nicht in der Lage mit ihr darüber zu reden. Ihre Mutter hätte es eh nie gut geheißen, dass sie immer noch Kontakt zu ihm hielt, obwohl er ihr das Herz gebrochen und sie am Ende der Beziehung so kaltherzig behandelt hatte.
 

Antwort sollte ihr aber Kiba selbst liefern. Er gab ihr den einen entscheidenden Funken, der ihr Hoffnung gab, dass sie alles würde verhindern können und die ekelhafte Stimme in ihrem Kopf pflichtete ihr begeistert bei. Er gestand Shino, dass er nicht glaubte, verliebt zu sein, sondern schauen würde, wie sich alles entwickelte. Er hätte kein Interesse daran, einer Frau jemals wieder hinterher zu laufen, wie er es bei Temari getan hatte. Dieses Mal sollte sich die Frau um ihn bemühen.
 

Also waren seine Gefühle noch nicht tief genug und sie konnte immer noch alles vereiteln, indem sie Ino genau das Gegenteil eintrichterte, dass sie Kiba sie umwerben lassen sollte. Sie wusste nur nicht, wie sie das anstellen sollte. Da gab ihr Kiba den nächsten Anreiz.
 

Shino war bei Kiba zu Besuch gewesen und kurz bevor er hatte aufbrechen wollen, wurde Kiba von Ino angeschrieben und das flirtende Gespräch eskalierte zu einem perversen Sextalk, von dem Shino gar nichts hatte wissen wollen, doch sein Kumpel las ihm immer mehr von den extremen Sachen vor, die Ino schrieb. Shino, angewidert von ihr und seinem Freund, ging nach Hause und berichtete TenTen davon, die sich eifrig die Hände reibend, sofort daran machte Ino zu berichten, dass Kiba ihr „Privatgespräch“ weitergab. Ino explodierte, weil Kiba anscheinend doch das Arschloch war, wofür ihn alle wohl hielten und dass er sowas Intimes rumposaunte, „besonders zu dem komischen Typen mit der Sonnenbrille“, wie sie es beschrieb. Sie versprach TenTen, Kiba nicht drauf anzusprechen, da sonst Shino und TenTen mit Unannehmlichkeiten rechnen müssten und Ino wollte nicht, dass ihre beiden Freunde, die so ehrlich zu ihr waren und ihr erzählten, an was für ein Schwein sie geraten war, in Schwierigkeiten gerieten.
 

Vielleicht wurde doch noch alles gut… ?
 

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Der Redefluss ihres Dozenten verklang zu einem dumpfen Rauschen im Hintergrund ihres Gehörfeldes. Wie immer kreisten ihre Gedanken um Ino und Kiba und die unausstehliche Frage, wann die beiden einen intensiveren Kontakt aufgenommen hatten, sodass es soweit kommen konnte, dass sie perverse Gespräche via Chat führten. Nun gut, beide hatten ja schon vor TenTens Eingreifen Intimitäten ausgetauscht – sie schauderte, als sie auch nur im Anflug daran dachte, was zwischen den beiden gelaufen war –, aber sie hatte geglaubt, dass sie Ino erfolgreich von Kiba hatte fernhalten können, sodass die Gespräche bei beiden eingeschlafen wären.
 

Sie hatte sich geirrt und musste nun irgendwie anders vorgehen. Wann immer sie Zeit fand, feilte sie an ihren Plänen und betrachtete immer wieder alles aus verschiedenen Blickwinkeln, in der Hoffnung den entscheidenden Hinweis zu finden, der ihr den richtigen Weg weisen würde, um die beiden auseinander zu bringen, bevor sie überhaupt zusammen waren.
 

Sie wusste, dass sie das alles zu obsessiv verfolgte. Es war eine Sucht für sie geworden und manchmal in lichten Momenten fragte sie sich, was sie noch von einem Stalker unterschied. Sie fand darauf keine Antwort.
 

Um nicht davon wahnsinnig zu werden, dass ihre Gedankenwelt so sehr von zwei Menschen beherrscht wurde, die sie eigentlich hätte meiden sollen im ihren Kummer über ihre verlorene Liebe, blickte sie sich im Raum um. Die meisten Studenten sahen aufmerksam, aber mit einer eindeutig gelangweilten Körperhaltung zu ihrem Dozenten, da er zum wiederholten Male zusammenfasste, was sie in mehreren Seminaren zuvor besprochen hatten und ihnen eigentlich noch lebhaft im Gedächtnis war.
 

Ihr Blick blieb plötzlich an Neji hängen, der seinen Kopf zum Blatt hinunter neigte, um etwas zu schreiben. Sie wusste nicht, wie sie plötzlich darauf kam, aber ein blitzartiger Gedanke schoss durch ihren Kopf: «Irgendwie hat er aus diesem Blickwinkel eine gewisse Ähnlichkeit mit Kiba…»
 

TenTen hielt entsetzt inne und schüttelte sich innerlich. Als sie noch einmal hinsah, konnte sie keinen Funken Ähnlichkeit mehr erkennen. Es musste wohl ein Anflug geistiger Umnachtung gewesen sein, ein Zustand, der sie immer öfter überfiel. Aber sie konnte nicht umhin zuzugeben, dass es dafür sorgte, dass sie Neji eingehender betrachtete. Er sah gut aus, sehr gut sogar, eine Tatsache, die ihr noch nie wirklich aufgefallen war. Sein attraktives Äußeres wurde in ihren Augen immer noch von seinem damaligen Auftreten und Verhalten determiniert, weshalb ihr immer nur am Rande bewusst geworden war, wie sehr er sich zum Positiven gewandelt hatte.
 

Das war der Moment, als sie beschloss, verstärkt Kontakt zu Neji zu suchen.
 

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Inzwischen hatte sie immer viel zu viele Chatfenster offen. Sie schrieb mit Ino, Shino, Neji, Kin, ihren beiden Freundinnen aus der Uni und auch Kiba, aber leider verliefen sich die Gespräche mit ihm immer mehr im Sand. Er antwortete plötzlich nicht mehr, schrieb sie nicht mehr von sich aus an, wollte nichts mehr mit ihr unternehmen. Dass sie eine Zeit lang zusammen gefrühstückt hatten, weil seine Arbeitsstelle in der Nähe ihrer Uni lag und sie an manchen Tagen erst spät zum Seminar musste, hatte sich inzwischen auch wieder eingestellt, dabei war es für sie unglaublich schön und immens wichtig gewesen.
 

Vielleicht war das auch ein Grund, weshalb sie umso intensiver das Gespräch mit ihm suchte, auch wenn es nichts brachte. Wann immer er wieder nicht antwortete, öffnete sie ein anderes Fenster. Meist das von Ino oder Neji.
 

So wie auch jetzt.
 

1o1o: Weißt du, du hattest Recht… das, was du mir letztens im Dust gesagt hast. Ich meine, ich WILL mich verändern, aber anscheinend mache ich es nicht richtig…

Horus: Dagegen sagt ja niemand Etwas. Aber du bist zu eilig, du willst sofort eine Wendung von 180°. Das klappt nicht. Und… wie gesagt, du lebst das nicht wirklich. Es ist zu aufgesetzt.

1o1o: Ja ja, genug der Kritik, bitte! Ich möchte nicht weiter darüber reden. -.-

1o1o: Aber es ist zumindest interessant, wie aufmerksam der werte Neji auf meine Klamotten achtet. ;P

Horus: Auch wenn das jetzt untypisch für mich klingen mag: Ich bin ein Mann und definitiv nicht blind.
 

Sie stockte kurz und überlegte. Es war in den letzten paar Tagen vorgekommen, dass sie leicht zweideutige Gespräche geführt hatten, ohne dass Neji frivole Andeutungen in ihre Richtungen gemacht hatte, sondern einfach nur auf ihre Anmerkungen eingegangen war. Er war dabei sehr dezent gewesen, hatte sich zurückgehalten, doch sie hatte gespürt, dass sich unter seiner kühlen Fassade noch mehr verbarg und er anscheinend wie jeder Mann perverse Tendenzen besaß, auch wenn er sie weitaus besser zu verbergen wusste als andere.
 

Aber sie wollte sich kein allzu schnelles Urteil bilden, weswegen sie es erst einmal dabei beließ, ihm Bröckchen hinzuwerfen und seine Reaktionen zu beobachten.
 

TenTen musste feststellen, dass das Dilemma mit Ino und Kiba nicht nur ihren tiefen Hass und traurige Frustration in ihr hervorrief, sondern noch etwas gänzlich Anderes, womit sie selbst nicht einmal gerechnet hatte. Sie entwickelte allmählich ein Verlangen nach sexueller Bestätigung – sie wollte sich selbst beweisen, dass Kiba zumindest nicht aufgrund des Umstandes, dass sie zu hässlich und unattraktiv war, mit ihr Schluss gemacht hatte. Das Problem, das Neji bei ihr angesprochen hatte, rührte aus diesem Bedürfnis. Sie wollte, dass die Männer sie bemerkten, dass man sie sexy und schön fand, und dass sie begehrt wurde. Sie hatte aus diesem Grund schicke Fotos von sich in Dessous machen lassen, auch wenn sie vorher niemals geglaubt hätte, dass sie so etwas tun würde und sie war mehr als zufrieden mit dem Ergebnis. Die Fotos waren privat nur für sie, auch wenn sie eines, das doch sehr viel bedeckte, sie dennoch aber wunderschön fand, an ein paar Leute geschickt hatte, unter anderem Ino und Shino.
 

Ino war begeistert gewesen, hatte ihr immer wieder versichert, wie toll und wunderschön sie darauf aussah und Shino hatte eine Bemerkung fallen lassen… und zwar, dass es wirklich grandios aussah und er nicht verstünde, warum sie sich früher für sich selbst so geschämt hatte.
 

TenTen überlegte auch Neji dieses Bild zu schicken, aber sie zierte sich. Einerseits wollte sie gern seine Meinung wissen, denn er würde ihr angeschlagenes Ego bestimmt streicheln, andererseits war er Hobbyfotograf und konnte ihr vielleicht einen konstruktiveren Kommentar liefern. Doch das war sehr privat für sie, auch wenn sie nicht genau wusste, weshalb sie es Shino bereitwillig gezeigt hatte… vielleicht weil Shino für sie sexuell absolut nicht in Frage kam und Neji… seltsamerweise schon.
 

Es hatte sie kurz nach dem Seminar schlagartig getroffen. Sie fand ihn sehr attraktiv und sie hatte sich bei dem Gedanken erwischt, dass sie sich fragte, wie er unter seinem T-Shirt aussah… und sogar ein wenig mehr hatte sie sich vorgestellt. Sie hatte den Gedanken zwar sehr schnell von sich geschüttelt, da er doch sehr abstrus war - «Doch nicht mit Neji! Niemals!» -, aber er schlich sich immer wieder in ihren Kopf und nistete sich da fest.
 

Sie fragte sich, ob sie ihm gestehen sollte, dass sie sich mit ihm Sex vorstellen konnte.
 

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TenTen wusste, dass sie emotional am Ende war. Knapp drei Wochen waren vergangen, seitdem Ino sie das erste Mal besucht hatte und inzwischen lebte sie in einem beständigen auf und ab ihrer Gefühle. Sie war zerfressen von Rachegelüsten – tagtäglich reifte sie neue Pläne heran, was sie tun konnte, um Ino von Kiba fernzuhalten und wie sie die beiden auseinander bekam… eine Idee war bösartiger als die andere und manche waren so widersinnig, dass sie sich fragte, wie sie überhaupt darauf gekommen war.
 

Es war auch mehr als nachteilig gewesen, dass Ino nach einer Woche noch einmal wiedergekommen war, wobei sie aber nicht bei TenTen übernachtet hatte, sondern bei Kin, weil sie sich nach dem ersten Abend grandios mit ihr verstanden hatte. Sie hatte unbedingt noch einmal mit TenTen und ihrer Freundin feiern wollen, weshalb die brünette Studentin beschlossen hatte, Ino auch noch ihre andere Freundin Hinata vorzustellen. Die beiden schienen sich auch blendend zu verstehen, auch wenn Hinata sehr zurückhalten gewesen war.
 

Das Wochenende war darauf hinausgelaufen, dass TenTen in der Disco sich für einige Zeit in der Toilette einschloss, um allein zu sein. Der Alkohol, die emotionale Belastung und Kibas permanente Anwesenheit, da er um Ino umherschwirrte wie die Motte das Licht, hatten ihren Tribut gefordert. In ihrer kleinen Kabine hatte sie ein Weinkrampf geschüttelt, den sie kaum noch aufhalten konnte
 

Dann war dort das verwirrende Verlangen nach Neji, das rein auf der körperlichen Basis beruhte, auch wenn sie keinerlei Ahnung hatte, woher das rührte und wie sie das wieder unterbinden konnte. Es war nun einmal Neji. Der Typ, der 2007 so unglaublich seltsam ausgesehen hatte und der sie manchmal so schonungslos mit Wahrheiten konfrontiert hatte, Dinge, die sie gar nicht hatte wissen wollen.
 

Und dann war da noch etwas, das ihr an den Nerven zehrte: Nachdem Ino ihre Bilder gesehen hatte – da Ino nun einmal eine Frau und ihr eine gute Freundin war, hatte sie ihr bedenkenlos alle Dessousfotos zukommen lassen – benahm sie sich anders. Sie schrieb viel freudiger mit ihr, immer aggressiver und beleidigender über Kiba und machte süße Bemerkungen, wenn TenTen ihr etwas Verständnisvolles geschrieben hatte, wenn Ino wieder einmal über das komplizierte Verhältnis zu ihren Eltern sprach. Sie wusste nicht, wie sie mit dieser Veränderung umgehen sollte. Sie bekam ein absolut schlechtes Gewissen, da sie Ino nur auszuspielen gedachte, sich ebenfalls an ihr rächen wollte und Ino sie für alles immer mehr zu mögen schien.
 

Sie war so widerlich falsch und hinterhältig. Sie benutzte jemanden, den sie als ihre Freundin bezeichnete, und derjenige vertraute ihr auch noch blind.
 

Am heutigen Tag sollte sich alles ändern.
 

Sie führte ein Gespräch mit Ino, wo ihr die grausige Wahrheit zuteil wurde, dass Kiba Ino am nächsten Wochenende zu besuchen gedachte. Trotz allem, was geschehen war, hatten die beiden noch Kontakt und der war anscheinend noch so gut, dass sich Kiba traute zu fragen, ob er zu ihr kommen dürfte! Sie hätte es kaum geglaubt, aber der Knoten in ihren Eingeweiden verhärtete sich noch mehr und gefror zu einem eisigen Klumpen, der ihr schwer im Magen lag, und dafür sorgte, dass sie sich kaum noch rühren konnte. Tränen der Verzweiflung schossen in ihre Augen, denn sie wusste, dass sie es beenden musste, hier und jetzt, aber sie konnte es nicht. Sie konnte es nicht zulassen, dass die beiden ein Paar wurden, ihr Verstand schrie, dass sie das nicht zu ertragen vermochte und ihr Herz flüsterte, dass es danach zwar schlagen, aber dennoch tot sein würde.
 

Und obwohl da ein kleiner Funken war, der ihr wisperte, dass sie eine Chance hatte, wieder normal zu werden, es einfach zu lassen, da sie keine Kraft mehr für weitere Rückschläge hätte. Noch eine weitere Enttäuschung, weil ihr Plan nicht funktionierte, und sie würde endgültig wahnsinnig werden.
 

TenTen ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken und schluchzte hemmungslos. Sie versuchte sich zu sammeln und zu beruhigen. Sie hatte nur noch einen letzten Versuch, auf den kam es an! Sie musste zeigen, dass sie nur das Beste für Ino wollte, dass diese sich von Kiba fernhalten musste. Und ihr fiel nur noch eine einzige Strategie ein.
 

Vollkommen kraftlos tippte sie mit verweinten Augen, sich immer wieder korrigierend, weil die Tränen ihre Sicht auf den PC verschleierten, an Ino:
 

1o1o: Na ja, wenn ich ehrlich bin, heiße ich da deine Entscheidung, ihn trotzdem zu dir kommen zu lassen, nicht wirklich gut. Ich meine, glaubst du ehrlich, er will dich nur besuchen, weil er deine Stadt kennen lernen will und wie man bei euch so Party machen kann? Aber hey, das musst du wissen und ich rede dir da bestimmt nicht rein. Du weißt, was ich von Kiba halte und dass ich glaube, dass er dich einfach zu irgendwas überreden will, was

1o1o: du eigentlich gar nicht möchtest, aber du bist schließlich kein kleines Kind, das belehrt werden muss. Und ich bin ja nicht deine Mutter, die dir was vorschreiben kann. Aber ich hoffe, du weißt, dass ich nur das Beste für dich will, und ich einfach nicht glaube, dass es so richtig ist. :/

GoGo-Heart: und deshalb finde ich dich so toll! du bist immer so verständnisvoll und lieb und machst mir keine vorwürfe! wenn du solche sachen zu mir schreibst dann hab ich immer so ein kribbeln im bauch! wenn ich an kiba denke ist da gar nichts nicht mal irgendwie warm in mir drin aber bei dir kribbelt es bei mir immer :]
 

Sie stockte, starrte ungläubig auf den PC und das Herz schlug ihr bis zum Halse. Sie konnte kaum glauben, was sie dort las, denn wenn Ino nun wirklich das meinte, was sie gerade dachte, dann wäre nicht nur ihr Plan aufgegangen, sondern sie hätte ein neues Problem am Hals!
 

„Hat sie sich in mich verliebt?“, fragte sie sich laut, denn sie traute ihren eigenen Gedanken nicht mehr. Das hatte sie bedacht, nie einkalkuliert, dass dergleichen passieren könnte, ganz besonders nach all den Vorkommnissen nicht, die eigentlich eher hätten anmuten lassen, das Ino vielleicht etwas für Kiba empfand.
 

„Was mache ich denn jetzt?“, fragte sie und deutete ihr schnell schlagendes Herz als Aufregung und Nervosität. Sie zitterte und neue Tränen schossen ihr in die Augen. Sie wusste nicht einmal, warum ihr jetzt nach Weinen zumute war, vermutlich war die Last der vielen Eindrücke, Gedanken und Emotionen inzwischen zu viel für ihre Seele. Sie war fast gebrochen und jetzt sollte sich vielleicht doch etwas zum Guten wenden – das war einfach unmöglich, da sie doch langsam zu der Überzeugung gelangt war, dass Kami-sama sie hasste und ihr Leben zerstört sehen wollte. Sie stand am Ende ihres Glaubens: ihren Glauben in die Menschen, in das Glück und darin, dass das Leben für jeden einen Sinn enthielt und für jedermann etwas Positives bereithielt.
 

Ihr fiel nichts Weiteres ein, als der hässlichen Stimme in ihrem Kopf zu vertrauen, die sich plötzlich meldete und ihr riet, diesen Vorteil für sich zu nutzen. Was würde Kiba mehr treffen, als wenn sich seine neue Angebetete in seine Ex-Freundin verknallte?
 

Ein bitterböses Lachen umnachtete schwarz ihren Verstand. Sie war im Inneren schon zu sehr vergiftet.
 

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TenTen malte sich während des Seminars aus, wie sie Inos Gefühle für sich nutzen könnte und inszenierte in ihrem Kopf Gespräche, die wahrscheinlich niemals stattfinden würden. Sie sah vor sich, wie Ino ihr hinterherlief wie ein Rüde einer läufigen Hündin und Kiba dabei in einer Ecke, einsam und allein, zurücklassen würde. Sie empfand Mitleid für ihn, weil er nicht wusste, dass er ausgespielt und manipuliert wurde, aber in dieses Mitleid mischten sich Hass, Spott und Verachtung.
 

Es gab Tage, da zitterte sie und sie schämte sich für all das, was sie tat. Sie überlegte, ob sie ihm ihre bösen Taten beichten sollte, in der Hoffnung, dass er ihr irgendwann vergab, aber sie konnte sich nie dazu überwinden. Es gab aber auch Momente, da triumphierte sie, verlachte ihn und wünschte ihm die Pest an den Hals und glaubte, dass er all dies verdient hätte.
 

Sie fühlte sich als Siegerin, als ihr Ino eines Tages schrieb:
 

GoGo-Heart: ach vergiss den doch endlich das brauch dich nicht zu kümmern! ich mag dich viel lieber! <3
 

Die Studentin glaubte nun wirklich, dass sie sich nicht mehr vor dem Tag zu fürchten brauchte, wenn Kiba zu Besuch bei der Blondine wäre. Sie hatten die letzten Tage so viel geschrieben und dabei waren Worte gefallen, die sie immer zuversichtlicher stimmten, dass sie gewonnen hatte. Aber da nagte immer noch der Zweifel an ihr, der ihr riet, abzuwarten, bis er bei Ino gewesen und nichts passiert war.
 

TenTen schlenderte aus dem Seminarraum und atmete tief ein. Natürlich nagte das alles an ihr, zehrte an ihren Kräften und sie wunderte sich immer noch erneut, dass sie bisher nicht kollabiert und zusammengebrochen war. Irgendetwas hielt sie aufrecht und jetzt war dieser Hoffnungsschimmer da, der ihr neue Kraft gab und ihr half, durchzuhalten. Ihre Besessenheit hatte sich ausgezahlt.
 

„TenTen“, wurde sie angesprochen und erschrocken fuhr sie herum. Dort stand Neji und hatte wieder schwach die Mundwinkel erhoben. Sie blinzelte kurz, ihr merkwürdiges Begehren, das er in ihr auslöste, niederringend. Stattdessen versuchte sie abzulenken: „Hat es dich auch so gelangweilt wie mich?“
 

„Ich finde das Seminar eigentlich recht interessant, auch wenn ich glaube, dass 75% nur aus Wiederholungen der letzten Stunden besteht.“
 

„Genau deswegen langweilt es mich ja“, sagte sie Augen rollend.
 

Er trat an ihre Seite, signalisierte aber, dass er loszugehen gedachte. Sie ging mit ihm mit. Ihr fiel auf, wie groß er war. Bestimmt noch ein paar Zentimeter größer als Kiba und der war nicht gerade klein. Sie kam sich plötzlich sehr winzig vor.
 

„Gehst du heute wieder zu Shino?“
 

„Nein, da war ich von gestern zu heute. Ich kann ja nicht ständig bei ihm sein.“ Sie lachte, aber sie hörte selbst, dass es ein wenig zu künstlich klang, weshalb sie eilends verstummte. „Manchmal habe ich schon ein schlechtes Gewissen seinetwegen. Ich belästige ihn andauernd.“
 

„Denke ich nicht. Ich glaube sogar, er mag deine Gesellschaft recht gern.“ Sie blickte ihn fragend von der Seite an, aber er sagte nichts weiter dazu.
 

Sie gelangten zur Treppe und während sie die Stufen hinab stiegen, schwiegen sie sich an. Auch als sie aus der Eingangstür traten, sagten sie nichts. Eigentlich hätte sie sich jetzt nach rechts wenden müssen, da dort ihre Straßenbahn auf sie wartete, doch da fragte Neji: „Hast du nicht Lust, einen Kaffee trinken zu gehen? Ich will noch nicht nach Hause und das hatten wir eh noch vor.“
 

Sie schaute verwirrt und überlegte. Es konnte nicht schaden, wenn sie sich eine Pause gönnte und einfach mal wieder was Entspannendes mit einem Freund tat, das nicht auf Alkohol, Musik und Fleisch braten hinauslief. Sie lächelte und meinte: „Ich muss nur kurz zuhause anrufen, damit sie nicht mit dem Abendbrot auf mich warten.“
 

Das schwache Lächeln auf seinen Lippen schien sich ein wenig zu vertiefen.
 

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Das brünette Mädchen hatte sich erstaunlich gut mit Neji amüsiert. Sie erfuhr, dass er ausschließlich Tee trank, er verabscheute nämlich jegliche Form von Kaffee, und dass er sich weitgehend vegetarisch ernährte. Er versuchte, nur einmal die Woche Fleisch zu essen, da dies besser für den Körper wäre und er hatte festgestellt, dass es seine Migräne deutlich gemindert hatte. Er litt schon als kleines Kind daran, war deshalb häufig krank gewesen und es war lange Zeit nicht festgestellt worden. Seine Mutter rannte immer verzweifelt mit ihm ins Krankenhaus ohne Aussicht auf eine Diagnose. Er konnte sich damals noch nicht mitteilen und als Kleinkind wusste er nicht, dass Schmerzen in seinem Kopf keine Normalität waren, auch wenn er permanent drunter litt. Erst als er mit vier Jahren seinen Kopf gegen die Wand rammte, weil es ihm zu unerträglich geworden war und er in seiner kindlichen Unwissenheit dem ein Ende setzen wollte, verstanden die Ärzte und diagnostizierten eine schwere Migräne. Als Kind bekam er Tabletten, bis er sich allmählich daran gewöhnte. Heutzutage nahm er kaum noch etwas gegen die Anfälle, auch wenn er schnell Kopfschmerzen bekam. Er hätte sogar heute noch eine recht hässliche Narbe auf der Stirn von der Kopfverletzung, die er sich als Kind durch seine Überreaktion zugezogen hatte, weshalb er sie schon seit Jahren unter dem Stirnband verbarg.
 

TenTen war erstaunt, wie viel er ihr erzählte. Wenn man die richtigen Fragen stellte und aufrichtiges Interesse zeigte, schien er bereit für ein ausgiebiges Gespräch zu sein, anstatt immer nur den passiven Zuhörer zu mimen.
 

Sie berichtete ihm auch viel aus ihrem Leben – auch von der momentanen Situation. Ohne es aber zu wollen, verdrehte sie einige Fakten. Sie wusste nicht, warum, aber sie konnte ihm nicht die volle Wahrheit sagen. Sie fürchtete sich ein wenig vor seiner Reaktion.
 

„Er und ich mögen beide dasselbe Mädchen. Ich hab aber ein schlechtes ihm gegenüber, wenn ich ihm die potentielle Freundin ausspanne.“ Die Worte waren ihrem Mund entflohen, bevor sie genau nachdenken konnte. Es stimmte ja nicht einmal, dass sie auf Ino stand, sondern anders herum. Aber in ihr wuchs die nicht gerade geringe Angst, dass Neji und Kiba noch allzu engen Kontakt hatten und er das weiter erzählen würde, dass Kiba keine Chance bei Ino hatte, weil sie auf jemand anderen stand. Auf diese Weise, die noch so viel persönlicher und intimer war, würde er es für sich behalten. Zumindest hoffte sie das. Aber seine nächsten Worte ließen in ihr die Gewissheit wachsen, dass Neji von Kiba nicht mehr so viel hielt wie zu Beginn ihrer Freundschaft, und dass er wohl nichts ausplaudern würde.
 

„Würde er dich denn schonen, wenn er es wüsste? Sei ehrlich, er würde sich nehmen, was er will und wenn es dich verletzt, würde er am Ende sagen: Sie hat es so gewollt, also lebe mit der Entscheidung.“
 

Auch wenn es bitter war, es war letzten Endes die Wahrheit.
 

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Als sie am nächsten Tag erwachte, fühlte sie sich ausgeruhter als sonst. Es kam ihr vor, als hätte sie nach einer langen Zeit der Düsternis endlich wieder durchschlafen und sich erholen können. Das kleine Treffen mit Neji hatte ihr ungemein gut getan, auch wenn sie das wohl keinem unter die Nase binden würde. Es war ihr kleines Geheimnis, das ausnahmsweise süß war wie eine Erdbeere, ohne einen fauligen Beigeschmack der Rache. Es erleichterte ihr Herz, das inzwischen schwerer wog als ein massiver Fels, und sie schleifte dieses Ding mit sich, zog es durch ihr Leben und fühlte sich ausgebremst, geschwächt und matt.
 

Und heute war endlich mal wieder einer der Tage, an denen sie spürte, das sich das hässliche Ding in ihrem Kopf in seine stille Ecke zurückgezogen hatte, zwar lauernd und gierend nach dem nächsten Moment der Schwäche, aber TenTen versuchte dies erfolgreich zu verdrängen.
 

Es war Donnerstag und sie ging ausnahmsweise mit Elan zur Uni. Ihre Mutter, der sie durch Zufall morgens auf dem Weg zur Tür begegnete, sah ihr seit langem erleichtert lächelnd hinterher.
 

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Auch Freitag fühlte sie sich beschwingt, zufrieden, und frei von Sorgen. Sie gestattete ihrem Kopf keine Gedanken – wann immer sie dazu neigte, wieder an Kiba und Ino zu denken, schnappte sie ihren MP3-Player und schaltete ihn auf höchste Lautstärke. Der Ohren betäubende Bass verdrängte jede Regung in ihrem Kopf; ihr Körper war vollkommen damit beschäftigt, diese ungesund laute Beschallung zu verarbeiten.
 

Aber das klebrige, schwarze Etwas in ihrem Schädel war geduldig und beständig.
 

Sie war allein zuhause. Sie würde sich ausnahmsweise nicht mit Shino treffen, da er am Wochenende nach Berlin fuhr, um eine alte Bekannte zu besuchen. Er würde das gesamte Wochenende dort bleiben. Sie kannte Neji zu wenig, um mit ihm allein einen Abend in seiner Wohnung zu verbringen. Er war jemand, den man für ein paar Stunden traf oder eben mit einem weiteren Freund… einfach, weil man sonst zu wenige Gemeinsamkeiten hatte, um so viel Zeit miteinander verbringen zu können, ohne sich anzuschweigen. Kin genoss ihre wenigen Momente mit ihrem DJ und ihre anderen Freunde… nun ja, TenTen hatte zu viel Zeit mit ihrem jetzigen Trupp verbracht, als dass ihre alten Freunde wohl einfach so aufspringen würden, um zu ihr zu rennen, sobald sie rief.
 

Aber das störte sie nicht. Sie war eh voller Vorfreude. Ihre Eltern hatten ihr eröffnet, dass sie morgen spontan ihren Bruder Shinji besuchen würden. Er wohnte anderthalb Stunde entfernt in westlicher Richtung in der großen Stadt Osaka. Er war studienbedingt dort hingezogen und lebte nun schon seit einigen Jahren dort. Er war fünf Jahre älter als TenTen und lebte inzwischen sogar mit seiner Freundin Haruka zusammen. TenTen mochte Haruka sehr gern, auch wenn sie ihr manchmal zu kindisch war, wenn man mal bedachte, dass sie vier Jahre älter war als Shinji und damit konsequent auf die 30 zuging. Am Anfang waren sie alle ein wenig erstaunt gewesen, dass sich ihr Bruder eine ältere Frau ausgesucht hatte, aber der Abstand war letzten Endes recht gering und sie war nun einmal innerlich sehr jung geblieben.
 

TenTen freute sich sehr auf diesen Besuch. Es war inzwischen Anfang Dezember und das bedeutete, dass in Osaka inzwischen der europäische Weihnachtsmarkt aufgebaut worden war. Sie liebte diese Märkte mit dem riesigen Fundus an unnötigen Tinnef und Klimbim, das keiner brauchte. Außerdem gab es dort immer diese wunderbaren Naschereien, die sie so liebte. Kleine Süßigkeiten, die gebacken oder karamellisiert waren. Die Europäer verstanden sich aufs Essen.
 

Wie immer würde sie für Kin etwas mitbringen und sie dachte auch dieses Mal daran, dass sie Shino ein paar Süßigkeiten kaufen könnte. Vielleicht aß Neji so etwas auch gerne.
 

Die junge Studentin war glücklich und der Tag verflog so schnell wie ein Stück Papier im Wind.
 

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Das kleine schwarze Etwas in ihrem Schädel war wirklich geduldig gewesen. Den ganzen Tag hatte es gewartet, bis sie ihre Energien verbraucht hatte und wehrlos gegen seine Zweifel war. Es überfiel sie, als sie sich des Abends niederbetten wollte, um zu schlafen. Es biss sich in ihrem Verstand fest, vergiftete ihn mit seinen bösen, vorwurfsvollen Gedanken und säte eine Vorahnung, die sich kalt um ihr Herz schloss wie eine Faust aus Eis.
 

Plötzlich war da in ihr die schrecklich beklemmende Gewissheit, dass zwischen Kiba und Ino etwas geschehen würde. Sie wusste nicht was, aber es würde etwas sein und wenn es Kiba betraf, konnte es nur in Sex ausarten. Der Gedanke tat weh, schrecklich weh, und er hinterließ das saure Gefühl einer herannahenden Übelkeit, die sie die ganze Nacht hinweg durch ihre Träume verfolgte, wenn sie überhaupt schlief. In ihrem Kopf drehte es sich und immer wieder überschlug sich alles in ihren Gedanken, verwarf dies, erschuf jenes, aber letzten Endes war dort immer der dumpfe Nachhall einer gehässigen Stimme, die sagte: „Sie werden es tun. Sie werden es tun. Sie werden es tun. Du weißt das. Sie werden es tun.“
 

Sie wollte weinen, hatte aber keine Tränen mehr. Sie wollte schreien, aber inzwischen war sie längst stumm. Sie wollte Kiba schlagen, aber ihre Arme waren schon lange gefühllos.
 

Das schwarze Etwas hatte es geschafft, sie innerlich zu töten. All der Schmerz war explodiert in ihr, in der Sekunde der grausamen Gewissheit, dass das Schicksal sich doch gegen sie wenden würde. Und es hatte nur eine leere Hülle zurückgelassen. Eine Hülle, die so stark schmerzte, dass sie schon wieder taub war für jede Berührung.
 

Am nächsten Morgen erwachte TenTen aus einem zweistündigen Dämmerschlaf und sie glaubte, die Gewicht der Welt lastete auf ihren Schultern. Ihr Körper war schwer, bewegungsunfähig, aber wie mechanisiert richtete sie sich auf. Sie spürte plötzlich, wie routiniert ihr Körper all das tat, was er tun musste, ohne dass sie ein einziges Mal darüber nachdachte oder es überhaupt mitbekam. Sie registrierte nicht, dass sie sich Essen gemacht hatte und merkte nur wenig, dass ihr Körper heftig gegen die Nahrungsaufnahme rebellierte. Ihr war immer noch schlecht.
 

Wie ein Schlafwandler machte sie sich fertig, ging die Treppe hinab und traf auf ihre Eltern, die sich für die Autofahrt bereit machten. Sie lächelte mechanisch ihre Mutter an, sagte den beiden „Guten Morgen“ und setzte sich schweigsam in die Ecke. Im Auto sprach sie kaum ein Wort, schloss die Augen und ihre Familie dachte, dass sie wohl noch müde sei. Sie sollte schlafen.
 

Aber sie schlief nicht, sondern dachte nach. Projizierte Bilder in ihrem Geist, die sie quälten, sie sie eigentlich ausblenden sollte, aber sie konnte es nicht. Sie konnte es einfach nicht. Der Gedanke daran, dass er und sie es taten, zerstörte sie innerlich immer mehr. Aber sie konnte nicht wegsehen. Konnte nur noch daran denken, dass sie danach tot sein würde. Jeglichen Gefühls beraubt und am Ende all ihrer Kräfte.
 

Liebte sie ihn immer noch zu sehr?
 

Wie konnte er dann nur mit einer anderen Frau schlafen? Wie konnte er mit Ino schlafen und wieso ließ diese es zu? Hatte sie denn nicht genug von TenTen gehört, warum sie das nicht tun sollte? Machte sie das mit Absicht? Wollte sie ihr das Herz herausreißen? Oder hatte sie sogar mitbekommen, dass TenTen sie nur auszuspielen gedachte? Warum geschah es wohl sonst?
 

Aber war es denn schon geschehen? Tat sie Ino vielleicht Unrecht und sie wurde einfach nur wahnsinnig?
 

Doch sie spürte es so entsetzlich sicher, als wäre sie dabei gewesen. Sie hatten wohl gestern Sex gehabt, bestimmt, sonst hätte TenTen das doch nicht gewusst. Oder geschah es erst heute Nacht? Vielleicht jeden Tag an diesem Wochenende!
 

Ihr Geist war müde, so schwach und hilflos. Aber ihr Körper saß aufrecht. Fest und standhaft wie eine Maschine.
 

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TenTen wusste, dass sie schauspielern konnte, wenn sie wollte. Ihr Bruder und ihre Schwägerin merkten nichts. Sie sahen nicht die Verzweiflung in ihr, bemerkten nicht die abgehackten Bewegungen, als sie ihren Körper zwang sich zu bewegen, obwohl er lieber zusammengesackt wäre, um in der Kälte liegen zu bleiben und zu sterben.
 

Mit toten Augen sah sie zu, wie sie alle lachten, lächelte mit ihnen, redete mit ihnen und begleitete sie auf ihren Weg zum Weihnachtsmarkt. Sie konnte sich nicht auf die hoffnungsvoll blinkenden Lichter konzentrieren, achtete nicht auf die Lebkuchenherzen. Sie fühlte sich verspottet von der Glückseligkeit, die um sie herum herrschte. Sie hasste alle Paare, die hier anwesend waren, verwünschte sie bis aufs Blut mit dem bitteren Wissen, dass auch hier dies alles einmal gehört hatte. Die Freude, die Liebe, die Beschwinglichkeit. Es war alles mit ihm gegangen.
 

Jetzt vögelte er sich wahrscheinlich seinen beschränkten Verstand aus seinem Hirn. Mit ihr. Ino.
 

Sie wusste nicht, wie oft ein Herz brechen konnte. Wie klein es gemahlen werden konnte. Aber sie spürte innerlich wieder dieses Reißen und schien sogar beinahe ein zartes Klirren zu hören.
 

Dennoch grinste sie verschmitzt, als ihr Bruder sie um ein Foto bat, zusammen mit ihren Eltern. Sie lachte, als wäre nichts geschehen, als wäre ihr Herz und ihr Körper heil, als hätte sich der letzte Funken klaren Verstandes nicht schon längst verabschiedet.
 

Sie wollte das Bild sehen. „Zeig’s mir mal“, sagte sie zu Shinji und entriss ihm die Kamera eher, als dass sie sie ausgehändigt bekam.
 

Beinahe hätte sie vor Schreck die teure DigiCam fallen lassen.
 

Sie war unnatürlich blass, käsig weiß, als ob sie in jedem Moment in Ohnmacht fallen würde. Ihre Wangen waren eingefallen, abgehärmt, ihre waren Haare fettig und stumpf. Aber am schlimmsten waren ihre Augen – sie wirkten trüb, leer und waren vor Müdigkeit dunkel umrandet. Ihre Lider waren halb geschlossen, als ob sie kurz davor war, für immer ihren Blick vor allem und jedem zu verschließen.
 

Was hatten sie ihr nur angetan?
 

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TenTen fühlte sich wie ein Schwamm, der sich mit allen negativen Gedanken aufgesaugt hatte, die er nur absorbieren konnte, und nun zum Bersten gefüllt war. Kein schöner Vergleich, aber es entsprach der Wahrheit. Sie konnte nicht noch mehr ertragen. Mehr hielt sie nicht mehr aus.
 

Sie wusste selbst nicht, was sie dazu trieb, aber es war wohl der innere Zwang, der Wunsch nach Kontrolle – die sie sowieso schon längst verloren hatte –, der sie nun anstiftete, an den PC zu gehen und zu checken, ob sie irgendwelche Nachrichten von Ino erhalten hatte. Es war inzwischen Sonntagnachmittag, Kiba war vermutlich auf den Weg zurück nach Hause. Er musste schließlich morgen früh raus.
 

Als sie sich einloggte, fragte sie sich kurz, was sie eigentlich den ganzen Tag getan hatte, dass es inzwischen später Nachmittag war. Die Antwort war simpel – es war schlichtweg nichts.
 

Sie hatte nichts getan.
 

Sie hatte selbstmitleidig auf ihrem Bett gelegen, versucht Schlaf nachzuholen, hatte gelesen und sich vom Fernseher berieseln lassen. Sie hatte ihre Aufgaben für die Uni nicht erledigt und sie hatte die Zeit vorbeiziehen lassen. Nichts hatte sie regen können. Wie ein Stein auf einem freien Feld hatte sie einfach nichts getan.
 

Sie hatte eine neue Nachricht. Sie war von Ino. Und der Betreff lautete: „hey :(„
 

Eigentlich wollte TenTen das nicht lesen. Das hieß nichts Gutes, überhaupt nichts Gutes. Ihr Herz schlug wie wild und ihre Finger zitterten, als sie automatisch die Maus bewegte, um den Cursor auf die Nachricht zu lenken. Es war die berühmte Autounfall-Situation. Man will es nicht sehen. Man muss es aber. Das Gehirn verlangt nach Schrecken. Der Mensch ist immer masochistisch, egal, was er behauptet.
 

[Message von ~GoGo-Heart~]

hey…

oh tenten ich weiß gar nicht wie ich es dir sagen soll. ich hab was furchtbar dummes gemacht sowas dummes!!! ich weiß doch was ihr mir alle gesagt habt und das ihr mir alle davon abgeraten habt und ich bin echt ein dummer dickkopf das ich wieder nicht hören wollte aber ich kann nichts dafür ich muss immer meine eigenen erfahrungen machen!

ich hab solche angst das du mich jetzt hasst… ich hab nämlich mit kiba geschlafen…

oh ich schäme mich so aber er war so lieb am wochenende zu mir und ich war so verdammt neugierig und wollte wissen wie er so ist und ob er das wieder rumerzählt! ich hab ihm nämlich verboten das ganze zu erzählen und ich hoffe er hält sich diesmal dran. er war doch nämlich so lieb und da bin ich schwach geworden…

es tut mir echt furchtbar leid bitte bitte hass mich jetzt nicht… oh bitte du weißt doch wie wichtig du mir bist und wie lieb ich dich hab! ich hab so ein schlechtes gewissen ich hätte das nicht machen sollen ich hab danach nur an dich denken können!

hdgdl… cucu…
 

TenTen hörte ein furchtbar lautes Scheppern und dachte in der ersten Sekunde, es wäre ihr Herz, das nun endgültig in seine letzten Teile zersprungen war… oder sogar ihr Verstand, weil sie es doch gewusst hatte und sie nun wahnsinnig wurde.
 

Aber es war die Tasse gewesen, die sie vom Tisch gefegt hatte.
 

Stumm starrte sie auf die Scherben, stand langsam auf, ging die letzten Meter zu ihrem Bett, ließ sich fallen und zebrach.
 


 

• Es sind immer Menschen, die uns sterben lassen. •
 



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  kimje
2014-08-04T13:39:46+00:00 04.08.2014 15:39
Hallo,

ich mag deinen stil sehr. Du schreibst echt gut und ist bestimmt auch nicht
ganz einfach zu schreiben. ich finde das was ich biesher gelesen hab richtig gut.
mal was anderes und auch mal etwas düsterer bzw. nicht so lovy dovy.

ich hoffe es geht irgendwann weiter?

bis denn
Von:  fahnm
2011-03-25T00:11:49+00:00 25.03.2011 01:11
Hammer Kapi^^
Von:  moonlight_005
2011-03-24T21:17:55+00:00 24.03.2011 22:17
So, jetzt komme ich endlich mal zum Kommentieren. Ich musste das Lesen leider unterbrechen, weil ich noch an einem Referat ein paar Änderungen vorgenommen habe. Allerdings sollte man bei diesem Lesen nicht unterbrechen. Ich muss ehrlich sagen, Are, das ist eine der besten FFs, die du je geschrieben hast, vielleicht die Beste. Du schaffst es die menschliche Schwäche, die Verletztheit, aber auch die Realität in einer Weise einzufangen, die mir so noch nie begegnet ist. Man spürt, dass dieses Werk aus tiefster Seele kommt und spürt richtig diese Emotionen, die das Ganze auslöst.
Du hast das Ganze jetzt noch ein bisschen kompliziert werden lassen, durch die Beziehung von Ino und Kiba, was ja irgendwie passieren musste, damit, dass Neji immer mehr in den Fokus rückt (bin sehr gespannt wie du ihn letztlich reinbringst) und eben dadurch, dass sich zwischen Tenten und Ino auch etwas abspielt, was das letzte ist, dass Tenten jetzt noch gebrauchen kann.
Du hast Tentens Gefühle wunderbar eingefangen, die Chatpassagen darin haben noch irgendwie eine bittere Note hinzugesteuert, die alles irgendwie wieder in die Gegenwart gezerrt hatte. Eine Passage möchte ich noch mal besonders hervorheben, da sie mir unheimlich gut gefallen hat: "Sie wollte weinen, hatte aber keine Tränen mehr. Sie wollte schreien, aber inzwischen war sie längst stumm. Sie wollte Kiba schlagen, aber ihre Arme waren schon lange gefühllos."
Ich bin wirklich schon sehr gespannt wie das zuende geht. Die FF hat 5 Kapitel, oder???

hdl
moony
Von:  moonlight_005
2011-02-10T22:38:13+00:00 10.02.2011 23:38
Und wieder bin ich die erste (oder einzige?) Aber Moment mal: Wie kann es sein, dass das hier keiner kommentiert. Are, diese Geschichte ist realitätsnaher als diese ganzen anderen billigen Klischees. Das ist so typisch, kaum wird es anspruchsvoller, wird es nicht gelesen v__v
Es ist jetzt ziemlich interessant geworden. Ich mag diesen etwas passiven Stil mit den gut eingebauten, gelegentlichen Gesprächsfetzen. Auch die Jugendsprache via Chat und SMS ist gut eingebaut. Eigentlich hat die Story alles, womit man sich identifizieren könnte, obwohl es vielleicht nicht immer ganz so angenehm ist.
Was ich super finde: Du hast Shino reingebracht. Ich mag Shino und hier hast du ihn wirklich toll verkörpert. Besonders die Szene, wo Tenten sich betrunken all ihrer Sorgen Luft macht, und Neji und er sich nur einmal ansehen und zu einem stillschweigenden Einverständnis kommen, fand ich toll. Sowieso bringst du Neji da sehr authentisch rein. Ein bisschen direkt, aber das passt ja. Ich konnte dieses Gefühl des Durchschaut-worden-sein, das Tenten hatte, richtig gut nachvollziehen. Einfach, weil es so plötzlich, direkt und schonungslos kam. Als Leser hat man einfach nicht damit gerechnet und das ist gut. Halb habe ich ja damit gerechnet, dass Neji Tenten nach Hause bringt , wegen dem Knie und Kiba und Ino somit ganz allein sind - was zur nächsten Katastrophe führen würde, aber es kam dann ja doch nicht so. Bin mal gespannt, was du dir sonst noch so überlegt hast. ^^

hdl
moony
Von:  moonlight_005
2011-01-25T19:20:14+00:00 25.01.2011 20:20
Nanu? Noch gar keine Kommentare? Das werde ich mal ganz schnell ändern :)
Also das Konzept, das du aufgebaut hast, gefällt mir sehr gut. Langsam habe ich das Gefühl du beschäftigst dich richtig gerne mit der menschlichen Psyche, was? Wenn ich das richtig sehe ist es als eine etwas längere Sache ausgelegt. Darf man fragen, wie lang das wird???
So aber jetzt zum Inhalt:
Ich finde du baust die Beziehungen ziemlich gut auf. Es ist etwas schönes dabei, aber auch Verletztheit und Tenten's menschliche Schwäche, da sie sich rächen will. Was ja irgendwie auch verständlich ist. Kibas Standpunkt ist eher typisch Mann, der versucht alles richtig zu machen, aber ein wenig ignorant bei manchen Gelegenheiten ist und nicht versteht was er falsch gemacht hat. Das ist gut. Das ist realistisch und kommt leider viel zu selten in der Weise rüber.
Was ich auch gut fand war die Art und Weise wie du die Chatgespräche rein gebracht hat. Man hat sofort erkannt, wer was ist und der Übergang in der eher passiven Erzählweise war sehr flüssig und hat echt gut gepasst. Ich glaube so ein Timing hätte ich nicht gehabt.
Die Auflösung, dass Ino und Kiba was miteinander hatten, war am Schluss natürlich perfekt gewählt und irgendwie hat es mich überrascht, weil es davor nur um 'irgendein' Mädchen ging.
Übrigens, dass du Neji nur ganz kurz am Anfang erwähnt hast und erst mal nicht mehr auf ihn eingegangen bist, fand ich stilistisch echt klasse. Man vergisst ihn schnell und im Nachhinein hat man diesen 'Aha-Effekt', man muss nur genau hinsehen, wenn man einen Menschen wirklich kennen lernen will und sollte nicht nur das Oberflächliche sehen.

Ich bleibe auf jeden Fall dran. Eine tolle Geschichte :)

hdl
moony


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