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Narziss und Goldmund

Gedichte zum gleichnamigen Roman von Hermann Hesse
von

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Leben - Goldmund

In meiner Schulzeit, so erschien es mir

War ich ständig nur am Träumen

In den Pausen ohne Schule und Messe ruhte ich,

Anstatt anständig zu beten, lieber unter den Bäumen.
 

Griechisch verstand ich nicht,

Genauso wenig Latein,

Und du sagtest mir:

„Goldmund, es soll nicht sein,
 

Dass du Mönch wirst im Kloster,

Dass du zölibatär und asketisch lebst,

Dass du zwangsweise Denker und

Am Ende dann unglücklich wirst.
 

Ich will dich ermahnen, ziehe hinaus

In die weite Welt, die dich erwartet,

Bevor das Leben, das dein Vater dir wollte,

Am Ende noch darin ausartet,
 

Dass du, der nicht zum Denker geboren,

Am Ende noch einer der Mystiker wirst.

Nicht von deinen Vorstellungen loskommst

Und damit letztendlich die Jugend verdirbst.“
 

Nun bin ich, wie du’s mir befohlen,

Hinausgezogen in die weite Welt,

Hab nichts zu essen, zu trinken

Und auch keinen Groschen Geld.
 

Aber wie du es mir prophezeit,

Bin ich glücklicher mit dem Leben.

Ich lebe in den Tag hinein,

Nichts kann mir mehr Freude geben!
 

Jeden Tag bin ich woanders,

Lach mir viele Frauen an

Und genieße meine Jugend,

Solange ich es kann.
 

Oft denk ich an dich, Narziss,

Aber immer wieder frage ich mich,

Ob du mein lieber Freund und Lehrer

Auch ab und zu denkst an mich…

Leben - Narziss

Meine Schulzeit im Kloster, ich liebte sie,

Mochte den Unterricht und das Beten,

War fleißig, ward viel gelobt vom Abt,

Mein Leben sollte der Kirche gelten.
 

Als junger Bursche noch, wurde ich,

Als ich eigentlich noch Schüler war,

Heraufgehoben in den Lehrerstand,

Konnte es kaum glauben, doch es war wahr.
 

Ich wurde Denker, las Thomas von Aquin

Und auch den von mir bewunderten Platon

Und konnte es einfach nicht verstehen,

Wieso die Schüler keine Freude daran hatten.
 

Und dann kamst du, ein schwieriger Fall,

Den kein Lehrer so recht leiden wollte,

Weil du faul und verträumt warst

Aber ausgerechnet ich, Narziss, sollte
 

In dir etwas Besonderes sehen,

Gewann dich schnell zum Freund,

Und du zeigtest mir im Beisammensein,

Wie man lacht und wie man weint.
 

Die anderen Lehrer und auch schon der Abt

Befürchteten, dass du mich verdirbst,

Ja sie dachten am Ende, mein guter Freund,

Dass du Träumer mich liebst
 

Und dass das schlimme Konsequenzen hat,

Dass du mich verführen willst zu weltlichem Leben

Und das Kloster in mir einen Mönch verliere

Doch ich sage dir, ich wollte dir nur geben
 

Was du selber nicht vermochtest,

Den Anstoß das Leben zu leben,

Zu dem du geschaffen bist

Ja, das konnte ich dir geben!
 

Nun bist du fort und ich sitze im Kloster

Und bete und lehre und denk auch an dich

Doch frag ich mich manchmal

Denkst du auch an mich?

Pest - Goldmund

Ich tanze und singe

Jucheissa, Juchaa,

Schaut her, liebe Leute,

Die Pest ist da!
 

Sie frisst unermüdlich sich weiter,

Bald lebt niemand mehr im Dorf

Und während wir tanzen und singen,

Nimmt das Schicksal seinen Lauf.
 

Wir, die Armen, bleiben über,

Unsere Leichen liegen auf den Straßen,

Auch die Kirche hilft nicht,

Der Bischof hat die Stadt verlassen.
 

Und mit ihm alle die bei Verstand

Und bei genug Geld auch waren.

Aber wir, wir haben davon nichts

Und können nur hier ausharren.
 

Wenn wir schon hier sind,

Dann können wir doch,

Die guten Weinkeller plündern

Wir durchsuchen jedes Rattenloch
 

Und schnappen uns alles, was wir finden

Keuschheit vergessen, ein jeder liebt.

Wir feiern, wir lachen, wir trällern ein Lied,

Eben, weil es kein Morgen gibt.
 

Wenn ich wie oft schon ein Liebchen hab,

Und sie am Morgen dann tot ist,

Dann geh ich sie begraben,

Damit keine der Ratten sie frisst.
 

Wenn ich dann nach viel Plackerei fertig bin,

Und nüchtern vorm frischen Grabe steh

Dann werden mir Gefahr und Elend erst bewusst,

Ja, wenn ich sie sie nur anseh.
 

Narziss! Du hättest auch die Leute begraben

Und getröstet, getrauert und gebetet

Und wärst nicht davongelaufen wie der Bischof,

Ach, wenn ich dich nur einmal noch erlebte!

Pest - Narziss

Die Pest ist gekommen

Und mit bedrücktem Schweigen

Würdige ich dies grausame Szenario,

Dieses schreckliche Treiben!
 

Doch genug des Betens.

„Brüder, lasst uns ins Dorf gehen!

Wir wollen dort den Leuten helfen

Und nicht einfach nur zusehen.“
 

Doch anstatt Zustimmung höre ich nur:

„Du bist doch verrückt, bitte, nein!

Die, die schon dort sind, sterben sowieso,

Das muss bei dir doch nicht sein.“
 

Ihr seid so feige, würd ich am liebsten sagen.

Ihr denkt nur an das eigene Wohl

Ihr habt den Sinn des Mönchtums nicht verstanden,

Die einzige Frage, die bleibt, ist: Soll
 

Ich zum Trotze alleine von hier weg gehen

Und den Menschen helfen allein für Gottes Dank?

Oder dürft ich dann nimmer zurück zum Kloster,

Weil sie dann denken, ich wär auch schon krank?
 

Doch ich fürchte mich nicht vor der Pest

Und auch nicht vorm frühen Ende meinerseits,

Denn ich vertraue dem Herrn, dem ewigen Gott.

Der allmächtige Vater hat nämlich bereits
 

Alles für mich entschieden und lässt mich sterben,

Wann er will und nicht eine Stunde eher

Wieso also nicht nach draußen gehen?

Was will ich also mehr?
 

Doch eine Furcht, die gibt es in mir,

Weshalb ich nicht gehe in der Städte Straßen

Was wäre, wenn ich dich da draußen fände,

Mausetot, geschändet, von allen verlassen.
 

Ich würde dich, Goldmund, bei mir begraben

Im Klostergarten vorm heiligen Haus

Doch ich könnte es nicht ertragen, dich tot zu wissen

Und risse mir dann selber das Herz heraus.

Aussage der Geschichte

Doch eine Frage bleibt offen stehen

So mancher wird sich das schon fragen:

Was soll denn nun diese Geschichte,

Um die es hier geht, aussagen?
 

Da gibt es gar vieles und jeder Leser

Wird darin was anderes finden

Ich kann nur von mir reden

Und meine Meinung darbringen.
 

Als eine Aussage dieses Werkes

Finde ich, ganz einfach gesagt:

Dass nicht jeder zu dem

Von anderen Vorbestimmten taugt.
 

So hätt’s der lebensfrohe Goldmund

Schlecht als Mönch zu leben geschafft.

Genauso könnte ich mir auch nie vorstellen

Einen Narziss auf zielloser Wanderschaft.
 

So komm ich gleich zu dem Wichtigsten,

Das sicher am meisten auffällt.

Und mir ganz persönlich

Auch am besten gefällt.
 

Narziss und Goldmund, diese Zwei,

Sie sind grundverschieden

Gegensätzlicher, wie es kaum geht

Deshalb konnten sie einander gut leiden.
 

Jeder Mensch sucht unermüdlich

Nach seinem Gegenstück,

Das ihn vervollständigt,

Damit sie dann beide im Glück
 

Miteinander sein können.

Goldmund zieht in die Welt hinaus

Während Narziss nicht sucht,

Sondern scheu wartet in seinem Zuhaus.
 

So bewahrheitete es sich wieder mal,

Auch wenn viele nicht glauben daran,

Es ist doch immer wieder so:

Gegensätze ziehen sich an.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von: abgemeldet
2010-11-05T19:16:05+00:00 05.11.2010 20:16
Hallo namenlos,
vielen Dank erstmal, dass du dich doch noch entschlossen hattest, bei dem WB mitzumachen. Und selbst, wenn es nichts geworden wäre – die Gedichte, die daraus entstanden sind, wären hoffentlich auch so gekommen.
Ich bin leider noch nicht dazu gekommen, das Buch zu lesen (hab noch zwei Bücher hier ^^"), aber irgendwann werd ich das sicherlich machen.

So, genug geplappert, auf geht's zur Auswertung:

Idee
Puh, nach dem Lesen des letzten Gedichts war ich wirklich, wirklich erleichtert. Ich hatte schon befürchtet, dass das Gedicht über das Buch fehlt. Aber damit hast du es ja reingetan. Schade war nur, dass wenig über die Grundstory zu lesen war – also über Narziss' und Goldmunds "Reisen" – sondern dann doch eher die Interpretation. Aber eine echt tolle Idee, das auch noch zu reimen, obwohl es ja "nur" deine Meinung war! :)
Und zur Struktur muss ich ja nicht viel sagen: Sehr gut gelungen. Bereits auf den ersten Blick, wenn man die FF öffnet, sieht man, dass du nachgedacht hast über die Struktur der Gedichte. Dementsprechend super Idee, super passend!
9/10

Umsetzung
Wie gesagt, bei der Interpretation fand ich's toll, dass du deine eigene Meinung in ein Gedicht gepackt hast. So hatte jedes Gedicht etwas "persönliches", da jedes ja aus der Sicht eines anderen Menschen war. Und gerade bei den Pest-Gedichten ist es dir gut gelungen, auch die Unterschiede zwischen Narziss' und Goldmunds Charakter zu zeigen. Toll!
Ebenso fand ich es total schön, dass die beiden Leben-Gedichte mit der selben Aussage enden. Hatte was hübsches.
Gibt eigentlich kaum was auszusetzen an allem, was du da gemacht hast...
9/10

Stil
Hier muss ich auf jeden Fall die volle Punktzahl geben: Erstaunlich passender Wortschatz – gerade für so ein "altes" Werk – und ein erstaunlich passendes Reimschema. Das hätte ich von richtig berühmten Dichtern erwartet – aber nicht auf Animexx. Muss ich ganz ehrlich sein, das hat mich schon überzeugt. Und obwohl die Sätze ab und zu in der einen Strophe anfingen und dann in die nächste übergingen, hat man nie den Überblick verloren.
Toll geschrieben, wirklich!
10/10

Rechtschreibung/Grammatik
Hier brauch ich auch nicht viel zu sagen... kein einziger Fehler. Nicht mal im Ansatz.
10/10

Gesamt: 38/40

Es wundert dich wahrscheinlich nicht, dass du den ersten Platz belegt hast, oder? ;) Bei diesen wirklich toll geschriebenen Gedichten ist das nicht verwunderlich. Ich hoffe dich stört es nicht, den Platz teilen zu müssen. ;)
Oh und wenn ich das Buch mal gelesen hab, muss ich unbedingt deine andere Geschichte dazu lesen. >.<
Von:  namenlos
2010-09-27T08:41:17+00:00 27.09.2010 10:41
Vielen Dank für deine Mühe mir so viele Kommentare zu schreiben!

Vorweg: Ich dichte immer so und ich tu das noch nicht lange.
Zweitens: Wenn ich meine Gedichte anderen Leuten zeige und die sich das durchlesen, dann höre ich oft der Höflichkeit halber: "Ja, is eh gut..." Ich habe einmal eher zufällig jemanden gebeten eine Stelle vorzulesen und das klang dann sehr holprig. Na gut, einmal ist keinmal - war wohl die falsche Person. Zweiter Versuch. Ist auch nicht besser geworden.
Wenn ich es jedoch vorlese, dann finden es auch andere richtig gut - der Großteil meiner Dichtung waren bis jetzt Geburtstagsgedichte, die ich auf Feiern vorgetragen habe.

Woran liegt das nur? Ganz ehrlich, die 100% richtige Antwort habe ich auch nicht parat, aber eine recht sinnvolle: Ich hatte eine sehr fähige Lateinlehrerin und ich habe auch in Latein maturiert, war fast die Einzige, die sich Dichtung genommen hat und in der Vorbereitung da habe ich mich sozusagen zu Tode skandiert. Ich weiß nicht, ob und wie viel Latein du hattest, aber am Anfang da tut man sich ja mit dem Skandieren sehr schwer, aber wir mussten dann das erste Gedicht auswendig lernen und wir haben die Gedichte wirklich vorlesen müssen (Begründung: damals wurden die Gedichte auch nur mündlich weitergegeben) und bei mir hat es irgendwann Klick gemacht und ich konnte die Gedichte ohne sie vorher gesehen zu haben richtig betont vorlesen. Lateinische Gedichte sind vollkommen anders als deutsche und es ist viel wichtiger die einzelnen Silben richtig zu betonen als dass dann irgendwo ein Reim sein soll. Ich versuche wohl Deutsch und Latein zu vereinen, ganz bewusst tu ich das nicht.

Indizien fürs Lateinische:
Ein bisschen was hast du schon gemerkt, nämlich Satzteile bewusst übergreifen zu lassen über dieses Viererpaket. Dadurch, dass das in deutschen Gedichten vollkommen unüblich, in Latein aber normal ist und auch noch eine Wirkung hat, findest du das natürlich fremdkörperisch.
Außerdem passiert es mir gerne, dass ich etwas, was dir vielleicht in seiner ersten Version besser gefallen hätte, ausbessere auf etwas "Holprigeres", weil es für mich einfach besser klingt von der Betonung her.
Was Gedichte normalerweise auch nicht tun, ist zu erzählen, wie man es in Prosa auch tun hätte können. Denn ganz ehrlich, mein Geschriebenes würd sich mit ein paar Veränderungen in Prosa auch gut machen. Im Lateinischen ist es sogar oft so, dass Gedichte Geschichten erzählen (bestes Beispiel sind wohl die Metamorphoses). Das erklärt auch, wieso ich direkte Reden einbaue.

Fazit: Ich sollte die Gedichte auf Band sprechen und dann so online stellen.
Von:  Chepseh
2010-09-26T20:23:03+00:00 26.09.2010 22:23
Viel Neues seit meinem Kommentar Nr. 1 hab ich auch hier nicht zu sagen; gleiches gilt für die beiden Pest-Kapitel (Narziss Gedicht finde ich persönlich auch da das Bessere). Hier beim Abschluss gefallen mir Strophe 2-5 am besten. Die "Verbindung" vom Ende der Strophe Sieben zum Anfang der Strophe Acht, was du da als Kunstgriff versuchst finde ich eine etwas haarige Sache, ich jedenfalls hab die Stelle zweimal lesen müssen bis mir aufging dass da ein Zusammenhang sein soll. Auch, dass du dieses Stilmittel nur wenige Male anwendest, lässt es etwas fremdkörperisch wirken. Allerdings wendest du es auch im Pest-Narziss Kapitel an, und zumindest das zweite Mal darin gefällt mir ganz gut.

Hach, und wieder, all mein Gekrittel - vielleicht bin ich auch nur zu wenig in der Welt der Gedichte bewandelt, als dass ich dein Werk richtig würdígen kann (wobei ich betone, so einiges gefällt mir ja auch, siehe etwa hier auch den obigen Hinweis auf die Strophen). Ich kenn wenn überhaupt nur ein kleines Gros klassischer Gedichte, vielleicht greifst du ja neuere Trends bei Zeilenlänge, Reim und etc. auf, mit denen ich bisher keinen Kontakt hatte. (Klingt das jetzt albern? Ist ernst gemeint!)

Von:  Chepseh
2010-09-26T19:54:27+00:00 26.09.2010 21:54
Mein Kommentar zu diesem Kapitel dürfte sich eigentlich mehr oder weniger mit dem decken, was ich schon bei Teil 1 schrieb, also plapper ich das nicht nochmal runter.

Positiv ist mir aufgefallen, das, auch wenn meine Kritikpunkte noch da sind, sie hier schon etwas weniger in's Gewicht fallen; alles wirkt auf mich ein Schrittchen harmonischer/ausgewogener, vielleicht weil du diesmal nur eine Person sprechen lässt.
Von:  Chepseh
2010-09-26T19:37:40+00:00 26.09.2010 21:37
Ein Gedicht! Hui, das hätte ich nicht erwartet, ich bin beeindruckt. Ich nahm an, es sei eine "normale" Fanfiction.

Gut gefallen mir die Strophen vor Narziss "Zitat" und die drei vorletzten Strophen. Was mir etwas kritisch aufiele, es gibt da ein paar Dinge die den Lesefluss imho etwas bremsen, und das wäre -

- das Reimschema ist nicht einheitlich. In der ersten Strophe ist es z.B. noch abca, in der zweiten schon abcb, in der letzten Strophe gibt es gar keinen Reim.

- die Strophen schwanken in der Länge teils sehr, siehe etwa Strophe Zwei verglichen mit fünf. Narziss gibst du längere und "kompliziertere" Wörter, ich kann nachvollziehen warum du es getan hast, aber wie erwähnt finde ich dass das dem Lesefluss leider nicht so gut tut. Da wo Goldmund zitiert, holpert man; mir scheint weniger Wörter täten da gut.

Hach, ich mecker rum, selber würde ich es aber nicht mal halb so klangvoll hinbekommen!! Bei mir wäre da nicht viel mehr als "Hab Mut, nimm den Hut, es tut gut". ;)


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